NANO III Rauschen in elektronischen Signalen 08.04.2004 H.Hidber 1 Rauschen allgemein 1 • „Noise“ im weitesten Sinne ist: jede unerwünschte Störung, welche das gewünschte Signal stört und verfälscht. Im deutschsprachigen Raum wird zwischen Störsignalen und Rauschen unterschieden: • Rauschen: zufällige Fluktuationen, welche eine genauere Messung der Signale verunmöglichen. Rauschen ist oft durch grundlegende physikalische Prozesse bedingt und limitiert die Genauigkeit. • Störsignale: werden durch externe Systeme kapazitiv, magnetisch oder galvanisch (über Erdschlaufen) eingekoppelt. Diese Störungen können durch Massnahmen reduziert oder verhindert werden. 08.04.2004 H.Hidber 2 Rauschen allgemein 2 Eine Gleichspannung soll gemessen werden: Zusätzlich zum stabilen Mittelwert werden bei hoher Auflösung noch folgende störende Anteile sichtbar: • Rauschen: zufällige Fluktuationen, welche ohne wiederkehrende Periode völlig zufällig vom Wert abweichen. • Störsignale: der periodische Anteil, welcher in einem bestimmten Rhythmus wiederkehrt (hier die sinusförmige Störung von 50 Hz). 08.04.2004 H.Hidber 3 Thermisches Rauschen 1 Ladungsträger oberhalb des absoluten Temperaturnullpunkts befinden sich in zufälliger Brown‘scher Bewegung, dadurch erzeugen sie eine zufällige Fluktuation der Spannung am Leiter. Da diese Schwankungen ausser von physikalischen Konstanten nur von der Grösse des Widerstandes und der absoluten Temperatur abhängig sind, nennt man dieses Rauschen: „Das thermische Rauschen“. Dieses Phänomen kann durch eine in Serie zum Widerstand R geschaltete Rausch-Spannungsquelle ur in Veff beschrieben werden: ur = 4 kTR ∆ f wobei k = Bolzmann Konstante = 1.38 x 10-23 Ws/K, T = absolute Temperatur in K, R = el.Widerstand in Ohm (V/A), ∆f = Bandbreite des Rauschens in Hz. Merke: Ein Widerstand von 1 kOhm rauscht bei einer Bandbreite von 1Hz und bei Zimmertemperatur mit 4nV (effektiv)! 08.04.2004 H.Hidber 4 Thermisches Rauschen 2 Das thermische Rauschen wird oft auch nach seinen Entdeckern genannt: Johnson Rauschen (experimenteller Nachweis, Phys.Rev. 32, 97-109 (1928)) oder Nyquist Rauschen (theoretische Herleitung, Phys.Rev. 32, 110-113 (1928)). Die Rauschleistung ist unabhängig vom Widerstand: 2 u Pr = r = R ( 4 kTR ∆ f R ) 2 = 4 kT ∆ f Die Leistungsdichte pro Hz wird: Pr = 4 kT ∆f wobei k = Bolzmann Konstante = 1.38 x 10-23 Ws/K, T = absolute Temperatur in K, ∆f = Bandbreite des Rauschens in Hz. 08.04.2004 H.Hidber 5 Thermisches Rauschen 3 Das thermische Rauschen ist ein sogenanntes weisses Rauschen, d.h. die Rauschdichte ist unabhängig vom Frequenzintervall. Die auftretenden Amplituden gehorchen dabei der Gauss‘schen Normalverteilung. weisses Rauschen 08.04.2004 H.Hidber Häufigkeit der momentanen Werte 6 Rauschbandbreite 1 Die interessanten Frequenzbereiche der Signale und das darin enthaltene Rauschen können nur gemeinsam verstärkt werden. Zur Berechnung der Bandbreite gelten für die Signale und das Rauschen aber unterschiedliche Definitionen: Die Grenzfrequenz für Signale f2(-3dB Frequenz) wird erreicht, wenn die Leistung des Signals Ps auf ½ des maximalen Wertes gesunken ist: Ps Us Ps 1 1 oder für Spannungen: = = = = 0.707 Pmax 2 U max Pmax 2 Das Produkt Rauschbandbreite ∆f mal Quadrat der max. Spannungsverstärkung beinhaltet die gesamte Fläche mit dem Quadrat der Spannungs-verstärkung zu Frequenz Kurve. Oder aufgelöst nach ∆f: ∆f = 08.04.2004 ∞ 1 Au max 2 ∫ A (f ) u 2 df 0 H.Hidber 7 Rauschbandbreite 2 Je nachdem wie steil der Abfall bei hohen Frequenzen gewählt wird, differieren Signal- und Rauschbandbreite beträchtlich: Filtertyp (entkoppelt) Tiefpass 1.Ordnung Tiefpass 2.Ordnung Tiefpass 3.Ordnung 08.04.2004 Rausch-/Signal-bandbreite 1.571 1.222 1.155 H.Hidber 8 1/f Rauschen 1 1/f Rauschen wird auch als Excess Noise (Excess = Überschuss) oder Tieffrequenz Rauschen bezeichnet. Es entsteht zusätzlich zum thermischen Rauschen in stromdurchflossenen Materialien mit körniger Struktur, Halbleitern mit nichtperfektem Gitter oder dünnen Filmen. Kohlewiderstände zeigen dieses Zusatzrauschen, nicht jedoch Metallfilm-Widerstände! Das Leistungsspektrum des 1/f Rauschens zeigt, dass die Leistungsdichte linear zunimmt, bei linear abnehmender Frequenz. Dies bedeutet das die Rauschspannung mit der Wurzel der abnehmenden Frequenz ansteigt. 1/f Rauschen 10 1 0.1 1 10 100 1000 10000 Frequenz in [Hz] 08.04.2004 H.Hidber 9 1/f Rauschen 2 1/f Rauschen entsteht zusätzlich zum thermischen Rauschen. Bei hohen Frequenzen ist die 1/f Komponente klein, das Gesamtrauschen wird durch das thermische frequenzunabhängige Rauschen dominiert. Bei tiefen Frequenzen ist dagegen das 1/f Rauschen dominant. Dies bedeutet: Bei Anwesenheit von 1/f Rauschen kann die Messgenauigkeit eines Gleichspannungssignals nicht durch Verlängerung der Messzeit verbessert werden! 10 1 0.1 1 10 1/f 08.04.2004 100 thermis ch H.Hidber 1000 10000 1/f + thermis ch 10 Weisses ÅÆ rosa Rauschen Sind alle Frequenzen im Rauschspektrum gleich stark vertreten, so spricht man – in Analogie zum Spektrum des sichtbaren Lichts - von weissem Rauschen. weisses Rauschen Steigen die Rauschamplituden bei tiefen Frequenzen an, so könnte man – wieder in Analogie - von rotem Rauschen sprechen. Beim 1/f Rauschen erfolgt der Anstieg aber nur mit der Wurzel der abnehmenden Frequenz. Der Verlauf liegt zwischen der Kurve für weisses und rotes Rauschen. Zwischen Weiss und Rot liegt Rosa. Deshalb wird hier von rosa Rauschen gesprochen. rosa Rauschen 08.04.2004 H.Hidber 11 Schrot Rauschen Fliesst ein Strom in Dioden, Transistoren oder Vakuum-Röhren, tritt durch zu überwindenden Barrieren ein Rauschmechanismus ein, welcher Schrot Rauschen (Shot Noise) genannt wird. Der Strom in diesen Bauteilen ist nicht kontinuierlich, die Ladungsträger treffen z.B. als einzelne Ladungspulse auf die Elektrode und verursachen ein prasselndes Rauschen. Zu vergleichen mit dem Aufprallen von Regen oder Körnern auf einer Membrane. Da dies ein stochastischer Prozess ist, sind alle Frequenzen gleich häufig, das Rauschen hat ein konstantes Spektrum; d.h. es ist weisses Rauschen. Der Effektivwert des entstehenden Rauschstromes berechnet sich: ish = 2 qI DC ∆ f wobei q = elektrische Einzel-Ladung = 1.602 x 10-19 As (As = Coulomb), IDC = der fliessende Gleichstrom in A und ∆f = Rauschbandbreite in Hz (Hz = 1/s) 08.04.2004 H.Hidber 12 Popcorn Rauschen Metallische Verunreinigungen können in Halbleitern Burst Noise oder Popcorn Rauschen erzeugen. Das Rauschen kann durch Verbesserung der Prozesse bei der Herstellung minimiert werden. Das Rauschen erscheint auf einem Oszilloskop als Impulse mit fester Amplitude aber zufälliger Dauer und Wiederholungsrate. Auf einem Lautsprecher tönt dieses Rauschen wie das Zerplatzen der Maiskörner beim Herstellen von Popcorn, deshalb auch der Name. 08.04.2004 H.Hidber 13 Addition von Rauschquellen 1 Serieschaltung R1 u1 R0 R2 u2 u0 Die beiden rauschfreien Widerstände R1 und R2 mit den dazugehörenden thermischen Rauschquellen u1 und u2 sollen zur Ersatzschaltung mit dem rauschfreien Widerstand R0 und der dazugehörenden thermischen Rauschquelle u0 vereinfacht werden. Der Gesamtwiderstand ist gleich der Summe der Teilwiderstände: R0 = R1 + R 2 Da die zwei Rauschquellen voneinander unabhängiges Rauschen generieren sind deren Leistungen zu addieren : u =u +u 2 0 2 1 2 2 damit ergibt sich für die Gesamtrauschspannung: u0 = u + u 2 1 08.04.2004 H.Hidber 2 2 14 Addition von Rauschquellen 2 Die beiden rauschfreien Widerstände R1 und R2 mit den dazugehörenden thermischen Rauschquellen u1 und u2 werden zuerst in die gleichwertige Schaltung mit parallelen RauschStromquellen i1 und i2 umgewandelt. Parallelschaltung R1 R2 u1 u2 R1 i1 08.04.2004 R2 i2 u i1 = 1 = R1 4 kTR 1 ∆ f = R1 4 kT ∆ f R1 u2 i2 = = R2 4 kTR 2 ∆ f = R2 4 kT ∆ f R2 H.Hidber 15 Addition von Rauschquellen 3 Nun können alle Elemente parallel geschaltet werden und zur Ersatzschaltung mit dem rauschfreien Widerstand R0 und der dazugehörenden thermischen Rauschstromquelle i0 vereinfacht werden. Der Gesamtwiderstand ist: Parallelschaltung R1 i1 R2 i2 R1 R 2 R0 = R1 + R 2 Da die zwei Rauschquellen voneinander unabhängiges Rauschen generieren sind deren Leistungen zu addieren: i02 = i12 + i22 R0 R0 i0 u0 damit ergibt sich für den Rauschstrom i0 und die Rauschspannung u0: i0 = i12 + i22 2 u 0 = R0 i0 = R0 i12 + i22 = R0 08.04.2004 H.Hidber u1 u 2 + R1 R 2 16 2 Verstärkerrauschen 1 rauschfreier Widerstand R0 Signal us ur Rauschspannungquelle des Verstärkers uv Rauschquelle von R0 rauschfreier Verstärker iv Rauschstromquelle des Verstärkers Das Signal Us soll verstärkt werden Die Signalquelle hat einen inneren Widerstand R0. Also muss das Rauschen des Quellenwiderstandes in die Berechnung einbezogen werden. Dazu wird der Widerstand als rauschfrei angenommen und sein Rauschen mit der Rauschspannungsquelle ur berücksichtigt. Der Verstärker produziert zusätzliches Rauschen. Aber auch hier wird der Verstärker rauschfrei angenommen. Sein Rauschen wird in die Rauschspannungsquelle uv und in die Rauschstromquelle iv verlagert. Die gesamte Rauschspannung am Eingang des Verstärkers beträgt: u gesamtRaus chen = u + u + i R 2 r 08.04.2004 H.Hidber 2 v 2 v 2 0 17 Verstärkerrauschen 2 Das Rauschen der Verstärkerschaltung wird bei kleinem Quellenwiderstand durch das Spannungsrauschen, bei hohen Quellwiderständen durch das Stromrauschen dominiert. Nur im mittleren Bereich sinkt das Rauschen ans physikalische Minimum, nämlich optimal nahe an das thermische Rauschen. 10000 Rauschen in Abhängigkeit des Widerstands der Quelle mit Operationenverstärker LT1007 Rauschen in nV/sqrt(Hz) 1000 100 10 Thermisch Ur Verstärker Uv Verstärker Ir x R0 1 Gesamt U 0.1 0.01 0.001 0.0001 1.E+00 1.E+01 1.E+02 1.E+03 1.E+04 1.E+05 1.E+06 1.E+07 Widerstand der Quelle in Ω 08.04.2004 H.Hidber 18