2012 AutomatenMarkt Sportwettenbranche bereit für bundesweiten Start Sportwetten: Die erhoffte Liberalisierung des Sport­ wettenmarktes nimmt Formen an. Trotz positiver ­Stimmung kritisieren alle Anbieter drei geplante ­Eckpunkte: Die Steuerhöhe, die Deckelung auf zwanzig Konzessionäre und das Verbot, Wett-Shops und Spiel­ stätten im selben Gebäudekomplex unterzubringen. W ir fordern im Rahmen der Öffnung des Sportwettenmarktes eine vernünftige und wirtschaftliche Lösung für alle. Der aktuelle Gesetzentwurf der 15 Bundesländer ist vor der EU-Kommission so nicht haltbar“, prognostiziert Stefan Meurer, Geschäftsführer der Tipico Deutschland Marketing und Vertriebs GmbH. Diese Ansicht vertreten auch ­Meurers Branchenkollegen. Die Sportwettenanbieter sind auf einem guten Weg in Richtung Mitte der Gesellschaft. Dieser Weg wird aber aufgrund der vielen ­Schwächen des Glücksspieländerungsstaatsvertrages eher ein holpriger Bergpfad statt einer Autobahn. Fortschritt scheint auch bitter nötig zu sein: „Die Deutschen haben noch gar nicht richtig begonnen zu wetten. In diesem Bereich ist Deutschland ein Entwicklungsland“, so das Urteil von Dr. Armin Sageder, Geschäftsführer von Best Gaming Technology (BGT). Der Status quo ist: SchleswigHolstein ist Vorreiter und einsamer Wolf zugleich. Auf Grundlage des von Dänemark gut kopierten Glücksspielgesetzes werden ab März 2012 Lizenzen an zahlungswillige Unternehmen veräußert. Der Gesetzentwurf der 15 Bundesländer muss noch vor der EU-Kommission bestehen. In seiner aktu­ ellen Form rechnet keines der Sportwettenunternehmen damit. Entscheidend bei der geplanten bundesweiten Liberalisierung werden auch die Parameter sein. „Jedes Unternehmen möchte ­natürlich ohne Knebelverträge ­Lizenzen erwerben“, so Scott Mali- „Der aktuelle Gesetzentwurf hat viele Mankos“, sagt Scott Malinowski von Merkur Interactive. 36 AutomatenMarkt nowski, Sales Coordinator bei ­Merkur Interactive für den Bereich Cash Line-Sportwetten. Etwas härtere Töne schlägt Ingo Saager von Play and Win an: „Die deutsche Politik hat komplett versagt. Eine Beschränkung auf zwanzig Konzessionäre ist unverschämt.“ Zudem stellt sich die Frage, wie der Gesetzgeber begründen will, dass Sportwettbüros in einem Gebäudekomplex mit Spielstätten verboten sein sollen. „Das ist nichts anderes als eine versteckte Monopolstellung“, sagt Malinowski. Entwicklungsland Deutschland Was aus rein praktischen Erwägungen gegen einen Wett-Shop direkt neben einer Geldspiel-Konzession sprechen könnte, skizziert Stefan Meurer: „In einem Sportwetten­ büro durchleben die Anwesenden häufig große Emotionen. Stellen Sie sich die folgende Situation vor: ‚Die Heimmannschaft führt 1:0 und in der 89. Minute läuft der gegnerische Stürmer alleine auf das Tor zu. Da wird es schon einmal laut.‘“ Nichtsdestoweniger plädieren der Tipico-Geschäftsführer und alle an- Cashpoint-Vertriebsleiter Gerald Hinker setzt auf die Zusammenarbeit mit adp Gauselmann und GeWeTe. Februar 2012 Spiegel der Branche IMA 2012 „Tipico ist seit 2007 Aussteller auf der IMA. Für uns ist das gelebte Legalität“, so Geschäftsführer Stefan Meurer. deren Sportwettenanbieter für die Möglichkeit der gemeinsamen Unterbringung. Nur empfehlen die meisten Anbieter das Sportwettenangebot in eine stillgelegte Spielstättenkonzession oder Sportsbar zu verlegen, oder zumindest die räumlichen und ­akkustischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sowohl die mitfiebernden Wetter als auch die ruhesuchenden Geldspielgäste zufriedengestellt werden. Sollte der aktuelle Entwurf – wider Erwarten – Bestand haben, fällt die Option ­innerhalb der Spielstätte weg. Ein weiterer Kritikpunkt ist die ­umstrittene Steuerhöhe. Der Sportwettenmarkt brauche Meurer zufolge „faire, marktkonforme Abgaben“. Mit der Erhebung einer erdrosselnden Steuer sei ­niemandem geholfen. Nicht nur die willkürlich anmutende Besteuerung und das Verbot, WettShops und Spielstätten in einem Gebäudekomplex zu betreiben, sind die größten Mankos des aktuellen Gesetzentwurfes. Malinowski fragt auch: „Warum soll ein Unternehmen, das alle Auflagen erfüllt, keine Konzession erhalten, nur weil es bereits zwanzig Konzessions­ inhaber gibt?“ Sascha Prötsch, Prokurist von betstation, fragt sich auch, wie die ­„Limitierung auf zwanzig Konzessionsinhaber rechtlich zu begründen sein soll.“ „Sollte der aktuelle Gesetzentwurf der 15 Bundesländer vor der EU- Kommission bestehen, prognostieziert der Cashpoint-Vertriebschef Gerald Hinker schon jetzt: „Die Rechtsanwälte freuen sich. Die werden auf Jahre hinaus Arbeit haben.“ Rechtlich unsichere Situation Niemand sei bereit, in dieser rechtlich unsicheren Situation, große Investitionen zu tätigen, sagt Bernhard Polterauer von Ambassador, Anbieter von Wett-Shops und Wett-Terminals. Wie um dies zu „bestätigen“, brachte der Bundesrat am 31. Januar den Entwurf eines Gesetzes zur ­Besteuerung von Sportwetten ein. ➣ Gesetzentwurf in der Kritik Malinowski von Cash-Line bezeichnet fünf Prozent Besteuerung auf den Einwurf als „erheblich“. „Wesentlich sinnvoller und gerechter wäre doch eine Umsatzsteuer auf den Hold“, so Malinowski. Dem pflichtet Talip Aksu von TopSportWetten bei: „Für Branchen, die keine konstanten Einnahmen verzeichnen, wäre eine Umsatz­ besteuerung gerechter.“ „Gemeinsam neue Wege gehen!“ So lautet das Motto des dynamischen Teams von HappyBet. AutomatenMarkt Februar 2012 37 2012 AutomatenMarkt Jürgen Irsigler (r.), Admiral Sportwetten-Geschäftsführer, erläutert dem Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder Sportwetten-Terminals. Diesem unausgegorenen Entwurf zufolge, sollen Wetten nicht nur im Inland erfasst werden, sondern auch, wenn „der Spieler bei ­Abschluss des Wettvertrages zum Beispiel über das Internet bei einem ausländischen Anbieter seinen ­Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat“, heißt es in einer Pressemitteilung. Ein flüchtiger Blick auf diesen Entwurf offenbart, dass Fachfremde am Werk waren. Abseits der Querelen unter den 15 Bundesländern wirkt das kleine Schleswig-Holstein wie das richtungsweisende Nordlicht, nach dem leider – noch – nicht alle anderen Länder navigieren. Seit Anfang 2012 ist das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz in Kraft und Admiral Sportwetten-Geschäftsführer Jürgen ­Irsigler geht davon aus, bis Mai, also auch rechtzeitig zur Fußball-Europameisterschaft, im nördlichsten Bundesland tätig zu sein. Aufgrund der unklaren Situation in den anderen 15 Bundesländern konzentrieren sich fast alle Unternehmen mit ganzer Energie auf den Lizenzerwerb und das in wenigen Monaten beginnende Geschäft in Schleswig-Holstein. Vorbild im Norden „Es ist gut, dass Schleswig-Holstein vorprescht, allerdings haben Unternehmen wenig bis keine Planungssicherheit, wenn sie sich im deutschen Markt engagieren wollen“, so Ingo Saager von Play and Win. Während andere bereits jetzt ­bundesweit agieren, legt Admiral Sportwetten Wert darauf, „erst in den Markt zu gehen, wenn wir eine Lizenz haben. Bis dahin konzentrie- Helmut Schneller: „Admiral-Termi­ nals werden in Bingen produziert.“ ren wir uns stark auf SchleswigHolstein und sprechen mit unseren Kunden über Business-Modelle“, erläutert Helmut Schneller, Director International Sales bei Löwen. „Uns ist durchaus bewusst, dass uns kurzfristig der Markt verloren gehen kann, aber wir handeln nur seriös und haben einen langen Atem“, kündigt Schneller an. Unabhängig von der Marktstrategie der einzelnen Anbieter: Das Interesse der Messegäste am Thema Sportwetten war enorm. Das bestätigt auch Gerald Hinker von Cashpoint. Ohne die zu erwartende Liberalisierung dieses Marktes und der damit einhergehenden Euphorie von Ausstellern und potenziellen Franchising- „Wir liefern alles was der Wettbürobetreiber braucht, um sein Objekt einzurichten“, sagt Theo Kiesewetter. 38 AutomatenMarkt Februar 2012 ➣ 2012 AutomatenMarkt Sascha Prötsch, Josef Öhlinger und Thomas Riedl (v.l.) offerieren mit betstation Komplettsysteme. Nehmern, wäre der Besucher­ zuwachs der IMA 2012 sicherlich geringer ausgefallen. „Die Resonanz auf unseren Messeauftritt ist durchweg positiv. Unsere Erwartungen wurden insgesamt deutlich übertroffen“, so Meurer. So nutzten die Sportwettenanbieter die Gelegenheit, ihre Produkte auf der IMA der traditionellen Besucherschaft zu präsentieren. „Wir legen unser Hauptaugenmerk auf Automatenunternehmer“, betont Ronny Kießling, Vertriebsleiter bei HappyBet. „Die IMA ist für uns sowohl eine Plattform, um mit bestehenden Kunden den Kontakt zu pflegen, als auch eine gute Chance, Interessierte auf unser Franchise-Konzept für Sportwettbüros aufmerksam zu machen“, schildert Philipp Lorenz, Leiter Franchise bei Tipico. Während manche Automaten­ unternehmer die Vereinbarkeit des „BGT hat bereits 1 000 Systeme in Deutschland auf dem Markt“, sagt Dr. Armin Sageder. 40 gewerblichen Automatenspiels und von Sportwetten noch kontrovers diskutieren, entwickeln Hard- und Softwareanbieter im Sportwettenmarkt ihre Angebote stetig weiter. Der terminalbasierte Sportwettenmarkt in Deutschland steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber die Unternehmen denken bereits über Kundenbindungsinstrumente für Wettgäste nach. Mit dem Slogan „Take your chance. Everywhere“, ­bewirbt Cashpoint seine „member .card“. Mit dieser Kundenkarte kann der Kunde im Internet oder im Shop das gesamte Cashpoint-Angebot nutzen. Unabhängig davon, wo der Wetter die Kundenkarte einsetzt, profitiert der Unternehmer durch eine Beteiligung. „Bei uns werden die Kunden mit offenen Armen empfangen. Wir schreiben die persönliche Betreuung groß“, unterstreicht Hinker. Andere Unternehmen, wie zum Beispiel HappyBet, bringen ebenfalls Kundenkarten auf den Markt. Neben attraktiven Quoten verlangen Automatenunternehmer auch qualitativ hochwertige Hardware und Komponenten. Das Wiener Unternehmen Best Gaming Technology (BGT) bezeichnet sich auf seiner Webseite selbst als „Nummer Eins bei interaktiven Sportwett-Terminals“. Als Anbieter von Komplettlösungen arbeitet BGT weltweit mit großen Unternehmen, wie zum Beispiel William Hill, Betfred und wettpunkt .com zusammen. „Wir liefern Ter- AutomatenMarkt Februar 2012 minals und Software. Der Kunde muss nur noch das Marketing übernehmen“, sagt Dr. Sageder. Auch funworld bietet mit BET-­ solutions ein Vollsortiment an. Mit mehreren Terminals und flexiblem Quotenmanagement möchten die Österreicher auch deutsche Kunden überzeugen. Komplettsysteme In einem Vollmetallgehäuse präsentiert sich die neue betstation Orange double. Ein wh Münzprüfer und zwei 19-Zoll-Touchscreens bereichern das Wett-Terminal. „Die Kunden fragen häufig nach Komplettsystemen. Das können wir ihnen bieten“, so betstationProkurist Sascha Prötsch. Die Produktfamilie von Cashpoint zum Beispiel umfasst neben dem Tipomat Evolution auch den Evolution Duo mit Mittelkonsole und ­integrierten Merkur Dispenser 100. „Somit ist eine sichere Ein- und Auszahlung im Wettbüro gewährleistet“, stellt Hinker heraus. Laut dem Cashpoint-Vetriebschef Hinker würden die Kunden die Vorteile erkennen, die aus der Zusammenarbeit von Cashpoint mit ­renommierten Unternehmen, wie adp Gauselmann und GeWeTe, ­erwachsen. Die Verantwortlichen von betstation und HappyBet hingegen legen Wert darauf, „unabhängige Anbieter“ zu sein. „Bei HappyBet gibt es keine starren Strukturen. Bei uns werden neue ➣ 2012 AutomatenMarkt 42 „Wir begleiten unsere Kunden vom Auftrag bis zur Schlüsselübergabe“, so Talip Aksu von TopSportWetten, umrahmt von zwei Mitarbeiterinnen. „Ausführungsgesetze sind ent­ scheidend“, so Bernhard Polterauer. Themen sofort in Angriff genommen und in die Praxis umgesetzt“, legt Vertriebsleiter Kießling dar. Wie HappyBet präsentierten viele Unternehmen ihren Kunden sogenannte Shop in Shop-Konzepte. Dabei werden mit dem Design ­eines ­Unternehmens versehene Terminals und Einrichtung in ein bestehendes Ladengeschäft integriert. Sowohl HappyBet-Vertriebsleiter Ronny Kießling als auch Tipico-Geschäftsführer Stefan Meurer schwärmen von ihren jeweiligen neu ent­ wickelten Shop in Shop-Konzepten. Mit einer modernen Zusatzfunktion weiß die Novomatic-Tochter Admiral Sportwetten zu glänzen. Die Admiral-Terminals können mit einer „Wischtechnik, ähnlich der Ingo Saager von Play and Win: „Bei Sportwetten hat die Politik versagt.“ Christian Bimminger präsentiert mit BET-solutions Komplettlösungen. bei Apple-Produkten“, aufwarten, so Martin Zimmerl, Chief Technical Officer bei Admiral Sportwetten. Wichtig in puncto Technik ist vor ­allem ein geschlossener Geldkreislauf, den manche Unternehmen, wie zum Beispiel Cashpoint, anbieten. Ziel ist es, dass die Wett-Terminals nicht nur Münzen und Scheine annehmen, sondern auch aus­ zahlen. Hard- und Software sind nicht alles. Dass kreativ eingerichtete Wettbüros mehr Gäste anlocken als kahle Monitorhallen, versteht sich von selbst. Einrichtungsunternehmen und Zulieferer, wie Kiesewetter, schneiden ihr Angebot zunehmend auch auf Wettbüros zu. „Wir bieten ein modulares System an. Bei uns kann sich der Wettbürobetreiber eine komplette Einrichtung zusammenstellen, mit zum Beispiel Monitorwänden, Sitzmöbeln, Fußmatten und Wanddekorationen“, so der geschäftsführende Gesellschafter Theo Kiesewetter. Das „Projekt Sportwetten in Deutschland“ steht und fällt mit der Qualität des zu erwartenden Gesetzes. Und: „Es kommt entscheidend auf weitere verantwortungsvolle Ausführungsgesetze an, so Ambassador-Geschäftsführer Bernhard Polterauer. ❒ Während HappyBet anführt, auch in kleinen Läden individuelle Lösungen zu finden, stellt Tipico den ­Entertainment-Charakter seiner ShopKonzepte in den Mittelpunkt. Eine auf seine Bedürfnisse konzentrierte Beratung erscheint für jeden potenziellen Betreiber empfehlenswert. Shop in Shop-Konzepte AutomatenMarkt Februar 2012