1 ENTWICKELT SICH MEIN KIND ALTERSGEMÄSS? Die ersten zwölf Monate Kaum passt der neue Strampler, ist er auch schon wieder zu klein. Kein Wunder, denn in den ersten zwölf Monaten verdreifacht ein Säugling in etwa sein Geburtsgewicht und wächst im Schnitt 25 Zentimeter. Für diese reife Leistung braucht Ihr Baby neben Liebe und Zuwendung vor allem eins: eine ausgewogene und hochwertige Ernährung. Gewicht und Ernährung – ein paar Fakten und Zahlen Wie die gesunde Ernährung Ihres Säuglings im Detail aussieht, können Sie in diesem Buch nachlesen. Weil junge Eltern häufig nicht sicher sind, ob ihr Baby zu dick oder dünn ist, ob es genug isst oder zu wenig, finden Sie auf den folgenden Seiten Wissenswertes über Gewicht und Wachstum von Babys. Lesen Sie zunächst ein paar Fakten über das Gewicht Ihres Babys: ■ ■ ■ 8 Das durchschnittliche Geburtsgewicht von Mädchen beträgt rund 3300 Gramm, das von Jungen 3500 Gramm. Die durchschnittliche Körperlänge eines Neugeborenen liegt zwischen 46 und 55 Zentimetern. In den ersten Tagen verliert ein Säugling im Schnitt bis zu zehn Prozent seines Geburtsgewichts: Er verliert Fruchtwasser, Magen und Darm entleeren sich. Zudem müssen sich die Kleinen von den Strapazen der Geburt erholen, schlafen viel und trinken nur wenig. Nach einer Woche hat das Neugeborene sein Geburtsgewicht in der Regel wieder erreicht und nimmt von da an kontinuierlich zu (siehe Tabelle S. 9). Die ersten zwölf Monate ■ ■ Ein Baby wächst in den ersten Monaten durchschnittlich drei Zentimeter pro Monat, das entspricht einem Millimeter pro Tag! Am Ende seines ersten Lebensjahres wiegt ein Kind etwa sechs Kilo mehr als nach der Geburt und ist rund 25 Zentimeter gewachsen. Durchschnittliche Gewichtszunahme von Babys im ersten Lebensjahr Alter Zunahme pro Tag Zunahme pro Woche 1. bis 3. Monat 29 g 203 g 4. bis 6. Monat 20 g 140 g 7. bis 9. Monat 15 g 105 g 10. bis 12. Monat 12 g 84 g Energie für eine gesunde Entwicklung Bekommt das Baby ausreichend Nahrung, wird es sich normalerweise auch optimal entwickeln und sein Gewicht im Normbereich liegen. Babys wachsen nie mehr im Leben so rasant wie in den ersten zwölf Monaten. Und dafür brauchen sie jede Menge Energie: Ein Neugeborenes benötigt in etwa zwischen 110 und 120 Kalorien pro Kilogramm Körpergewicht. Würde man das beispielsweise auf eine erwachsene Frau mit 60 kg Körpergewicht umrechnen, entspräche das sage und schreibe 7200 Kalorien pro Tag! Dieser Energiebedarf sinkt jedoch mit zunehmendem Alter, sodass einem einjährigen Kind bereits 70 bis 80 Kalorien pro kg Körpergewicht für ein gesundes Wachstum ausreichen. Jedes Kind ist einzigartig Viele Mütter fragen sich: Ist mein Kind groß genug? Liegt sein Gewicht im Normbereich? Ist es zu dünn? Oder gar zu pummelig? Vergleiche mit gleichaltrigen Babys taugen wenig, da jedes Kind sehr individuell 9 1 ENTWICKELT SICH MEIN KIND ALTERSGEMÄSS? Somatogramm I 120 97% 110 50% Körpergröße in cm 100 3% groß 90 80 70 60 klein 50 45 U 1+2 0 U3 U4 1 2 U5 3 U6 4 5 6 U7 12 24 U8 36 48 Alter in Monaten Somatogramm II 3% 50% 120 97% 110 Körpergröße in cm 100 90 leicht 80 70 60 schwer 50 40 2 3 4 5 6 8 10 Körpergewicht in kg 10 12 14 16 18 20 22 Die ersten zwölf Monate wächst. Wer einschätzen möchte, ob sein Kind »normal« heranwächst, kann das am genauesten mithilfe der so genannten Percentilkurve (siehe Tabellen links) herausfinden, die Sie übrigens auch im Kinder-Untersuchungsheft Ihres Babys finden. Die Kurve ist das Ergebnis groß angelegter Studien, in denen das Wachstum und die Gewichtsentwicklung von tausenden Kindern verfolgt wurden. Um die Entwicklung Ihres Babys zu prüfen, tragen Sie in regelmäßigen Abständen (und bei den entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen) Alter und Körpergröße beziehungsweise Körpergröße und Körpergewicht in zwei Tabellen ein. Befindet sich der Wert jeweils innerhalb der beiden Linien, liegt das Gewicht Ihres Kindes im Normbereich. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn einmal ein Wert außerhalb der vorgegebenen Richtlinien liegen sollte. Schwankungen sind völlig normal. Sprechen Sie aber in jedem Fall mit dem Kinderarzt über die Entwicklung Ihres Babys. Nur er kann Ihnen sagen, ob bzw. welche Maßnahmen Sie ergreifen sollten. Die acht Wachstumsschübe Haben Sie das Gefühl, Ihr Kind wird nicht richtig satt? Womöglich hat es gerade einen Wachstumsschub und deshalb größeren Hunger. Holländische Forscher haben herausgefunden, dass Babys immer wieder Phasen durchleben, in denen sie mehr Nahrung benötigen, unruhig sind und besonders viel wachsen. Das zeigt sich zum Beispiel in häufigem Quengeln, Weinen und Anhänglichkeit. Oft liegt es daran, dass Babys ein bisschen Angst haben, ihre neuen Fähigkeiten anzuwenden. Gerade dann brauchen sie eine Extraportion Liebe und Zuwendung. Der Entwicklungskalender auf den folgenden zwei Seiten gibt Ihnen eine Übersicht über die schönsten Premieren im ersten Lebensjahr Ihres Nachwuchses – damit Sie sich nicht wundern, wenn Ihr Sprössling plötzlich doppelt so viel Appetit hat wie sonst. 11 1 12 ENTWICKELT SICH MEIN KIND ALTERSGEMÄSS? Zeitpunkt Was das Baby jetzt kann 4. bis 5. Woche Große Augen, Papas Brauen oder Mamas kirschroter Mund nehmen Ihr Baby gefangen. Starke Konturen und Kontraste kann es jetzt gut unterscheiden. Wenn Sie oder andere Personen sprechen, lauscht es neugierig. Auch Zusammenhänge wie: Es schreit – Sie nehmen es hoch, kann es verstehen und baut so Vertrauen zu Ihnen auf. 7. bis 9. Woche Das Schönste in diesem Zeitraum: Das Baby lächelt Sie zum ersten Mal an. Es schaut auf Ihren Mund und imitiert, was es bei Ihnen sieht. Wahrscheinlich probiert es bereits erste Vokale (zum Beispiel aiaiai, uuuhh) aus. In Bauchlage können die meisten Babys ihren Kopf selbstständig oben halten oder drehen, wenn sie ein Geräusch hören. Die Hände sind jetzt häufig leicht geöffnet und nicht mehr zu Fäusten geballt. 11. bis 12. Woche Das Baby kann meist von einem auf den anderen Tag besser hören, sehen, denken und sich bewegen. Es kann jetzt bewusst die Augen auf Dinge in seiner Umgebung richten oder abwenden und Dinge mit beiden Händen greifen. Auch das Köpfchen muss jetzt nicht mehr unbedingt gestützt werden. Das Baby zeigt außerdem seinen Willen, schreit je nach Anlass (Hunger, Ärger, Langeweile) anders, leiser oder lauter. 18. bis 20. Woche Babys machen jetzt riesige Fortschritte beim Sehen, Greifen, Fühlen und Tasten. Mit einem Mal sind sie sehr aktiv. Wenn man sie auf den Boden legt, vibrieren sie förmlich vor Energie. Viele Kinder schaffen es bereits, sich vom Bauch auf den Rücken zu drehen und versuchen, sich in den Sitz oder Vierfüßlerstand zu schieben. Die ersten zwölf Monate Zeitpunkt Was das Baby jetzt kann 25. bis 27. Woche Jetzt begreift ein Baby Zusammenhänge, sagt z. B. »bums«, wenn etwas hinfällt, »ei«, wenn es streichelt oder »hatschi« wenn jemand niest. Kurze Befehle wie »nein« oder »komm« verstehen die meisten Kinder. Spätestens jetzt merken Babys, wenn Mama sie allein lässt, und protestieren lautstark. 36. bis 40. Woche Nun erwacht der Humor. Babys lachen, wenn etwas anders ist als sonst, und können mit Gesten und Mimik schon eine Menge ausdrücken. Sie zeigen mit dem Finger auf Menschen und alles, was sie sonst interessiert. Viele Kinder werden jetzt eifersüchtig, wenn Mama sich zum Beispiel um ein anderes Kind kümmert, und brauchen besonders viel Nähe. 44. bis 48. Woche Auf Dinge zeigen, diese benennen und Zusammenhänge begreifen – all das ist für die meisten Babys nun ein Kinderspiel. Liebste Beschäftigung: etwas ausleeren und wieder einräumen. Außerdem möchten sie aktiv im Alltag mithelfen, sich selber anziehen und essen. 53. bis 57. Woche Ihr Baby weiß jetzt ganz genau, was man mit einem Telefon macht oder mit einer Haarbürste. Viele Kinder bringen die Schuhe, um zu signalisieren »ich möchte nach draußen«, oder bringen eine CD, die sie hören mögen. Am Ende des ersten Lebensjahres ist es dann wahrscheinlich so weit: Ihr Baby läuft los. 13 1 ENTWICKELT SICH MEIN KIND ALTERSGEMÄSS? Das sagt die Wissenschaft: Babys Speiseplan fürs erste Jahr Vom ersten Lebenstag an bis zum Ende des vierten Lebensmonats braucht Ihr Baby nach Ansicht des Deutschen Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKO) ausschließlich Milch. Wenn die Mutter nicht stillen kann oder möchte, ist Säuglingsanfangsnahrung (Pre-Nahrung) eine geeignete Alternative. Zwischen dem fünften und neunten Monat werden die einzelnen Milchmahlzeiten dann schrittweise durch Beikost ersetzt. Begonnen wird mit dem Gemüsebrei am Mittag, dem peu à peu zuerst Kartoffeln, später Fleisch zugegeben wird. Zur besseren Eisenverwertung sollte etwas Vitamin-C-reiches Obstmus unter den Brei gemischt – oder als Dessert gereicht – werden. Schafft das Baby ein ganzes Gläschen (ca. 190 Gramm), ersetzt etwa vier Wochen später der Milch-GetreideBrei die Abend- und wieder einen Monat später der Getreide-Obst-Brei die Nachmittags-Milchmahlzeit. Bis etwa zum zehnten Monat sollte die Umstellung auf feste Nahrung vollendet sein. Nun wird Ihr Kind nach und nach an die Familienkost gewöhnt – also drei Haupt- und zwei Zwischenmahlzeiten. Was aber nicht heißt, dass Sie nicht mehr stillen dürfen! Es ist immer noch sinnvoll, wenn Babys erste Tagesmahlzeit eine Milchmahlzeit ist. Wenn Sie nicht mehr stillen möchten, können Sie dem Kind morgens auch eine Säuglingsmilch anbieten. Gemüse, Kartoffeln, Fleisch – immer neue Zutaten kommen in den Brei. 14 Die ersten zwölf Monate Ernährungsplan für das erste Lebensjahr Vitamin D Fluorid Vitamin K BrotMilch-Mahlzeit Muttermilch oder Säuglingsmilch Zwischenmahlzeit GetreideObst-Brei Zwischenmahlzeit Brot-MilchMahlzeit Milch-Getreide-Brei Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Monate Die Übersicht zeigt Ihnen auf einen Blick, welche Ernährung zu welchem Zeitpunkt für Ihr Baby richtig ist. Übrigens: Sie müssen sich keinesfalls genau an diesen Speiseplan halten, er soll lediglich als Orientierung dienen. Vielleicht hat Ihr Baby bestimmte Vorlieben in puncto Brei, nach denen können Sie sich gern richten. Der erste Brei muss auch nicht unbedingt mittags gefüttert werden, wenn das Kochen um diese Zeit vielleicht nicht in Ihren Tagesrhythmus passt. Bei manchen Babys kommt der Hunger eher abends, wenn die ganze Familie am Tisch versammelt ist. Vielleicht schmeckt ihm der Brei sogar dann besser, wenn auch der Rest der Familie mit am Tisch sitzt. Schauen Sie einfach, was Ihrem Baby und Ihrem Familienleben am besten »bekommt«. 15