Kollegen hofft der Teilchenforscherjetzt darauf, dass sich noch höhere Kollisionsenergienerreichenlassen.Je weiter nämlich die kritische Energiedichte überschritten wird, desto länger bleibt der explodierende Feuerball im Plasmazustand. Mit Spannung werden deshalb die Experimente am neuen Relativistischen Schwerionen-Collider am BrookhavenNationallaboratorium in den USA erwartet. Diese Anlage, kurz "Rick" genannt (nach derAbkürzung RHIC für Relativistic HeavyIon Collider), wird noch in diesemJahr zwei gegenläufige Strahlenaus Blei-Ionen fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und dann aufeinanderprallenlassen(siehe "Der Urknall im Labor", Spektrum der Wissenschaft, 5/1999, S. 56). Die Cem-Forscher wer- den also gewissennaßendas Staffelholz in Kürze an ihre amerikanischenKollegen weiterreichen -und im Jahre 2005 wieder nach Genf zurückholen, wenn dort derLarge Hadron Collider (LHC) in Betrieb gehen wIrd. Mit diesem Beschleuniger dürfte sich die kritische Energiedichte um den Faktor sechsübertreffen lassen.Dann sollte auchein direkter Nachweis des Quark-Gluon-Plasmas über die von den freien Quarks emittierten Photonen möglich sein und der Zustandlange genug bestehenbleiben, dass sich die Eigenschaftendieser Quarksuppe bestimmenlassen. . Dr.UweReichertist Redakteurbei Spektrumder Wissenschaft. BIOCHEMIE gleitet von einem Entzündungsherd.Die Erkrankung verläuft in der Regel <;hronisch oder in Schüben. Obwohl sie nicht lebensbedrohendist, schränktsie die Lebensqualitätder Betroffenen stark ein. Bisherige Therapien sind vielfach sehr aufwendig, teuer und mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden, aber allesamt nur begrenztwirksam. Die einfachsteBehandlung bestehtim Erweichen und Ablösen der Schuppen sowie im Einreiben mit entzündungshemmenden Salben. Oft hilft aber nur dasAuftragen problematischerStoffe wie teerhaltiger Substanzen oder Dithranol (einem potenziell tumorfördemdenAbkömmling von Anthracen). Meist sind zusätzlich UV-Bestrahlungen erforderlich, teils in Verbindung mit lichtsensibilisierenden Stoffen. In schwerenFällen muss mit Retinoiden (zu dieserSubstanzklassegehört Vitamin-A) oder Zytostatika -ebenfalls potenziell krebsförderndenStoffen -das Zellwachstum gehemmt werden. Gewöhnlich sind Krankenhausaufenthalte unvermeidlich. Zudem sprechen einige Formen der Psoriasisauf die herkömmlichen Therapien kaum oder gar nicht an. Geradezuwundersammuss da ein Elektrotherapiekann mehr als verspannteMuskeln lösen. Behandlungsverfahren anmuten, das Mitarbeiter und ich am Institut für Jüngste Erkenntnissezur zellulären Wirkung niederfrequenter meine Medizintechnik und Biophysik des ForStröme und Feldereröffnenvöllig neue BehandlungsschungszentrumsKarlsruhe in den letzten Jahren wissenschaftlichbegründet möglichkeiten. Speziell bei der Schuppenflechtelassensich habenund das in einer ersten klinischen beeindruckendeErfolgeerzielen. Studie erfolgreich getestetwurde -und Von Hermann Dertinger M ehr als zwei Millionen Deutsche leiden unter Schuppenflechte(Psoriasis). Auf ihrer Haut bilden sich an bestimmten Stellen juckende rötliche Flecken, die mit silbrigen, leicht abkratzbaren Schuppenbedecktsinti. Ursache ist eine zehnfach erhöhte Teilungsaktivität zwar an der besondershartnäckigenPsoriasis palmaris, die die Hände befällt und gegen herkömmliche Therapien weitgehend resistentist. Dabei tauchendie Paihre große Zahl die charakteristische tienten einfach die befallenen Hände in massive Schuppunghervor. Ein großflä- wassergefüllte Plastik-Wännchen, durch chig erkrankter Patient kann an einem die ein pulsierender niederfrequenter Tag bis zu einer Kehrschaufel voller Wechselstrorqgeringer Stärkefließt. Schuppenproduzieren. Außerdem bildet Die Teilnehmer der klinischen Stusich in dem Bindegewebeunter der Haut die, die wir zusammenmit der Universiein Ödem(eine Wasseransammlung), be- täts-Hautklinik des Klinikums Mann- ~ der Zellen in der Basalschicht der Haut. Die Tochterzellenwandern unter Verhornung an die Oberfläche und rufen durch 16 Handbefall mit Schuppenflechte vor (oben) und nach einem dreimonatigen Behandlungszyklus mit Interferenzstrom (unten). heim durchführten, unterzogen sich dieser simplen Prozedur über einen Zeitraum von drei Monaten zweimal täglich für sechsMinuten. NachAnleitung konnten sie die Behandlung zu Hause selbst durchführen. Die Ergebnisse waren bestechend (Bild). Bei allen zwölf Patientenhatte die Erkrankung seit mindestens einem Jahr bestanden;übliche Therapien waren ohne Erfolg geblieben. Nach der viertel- , jährigen Wechselstrom-Behandlungje.. ! doch war bei elf der Probanden die i Schuppenflechte völlig abgeheilt oder! deutlich gebessert.Nur bei einem Patien- ! ten schlug die Therapie nicht an, weshalb er sie vorzeitig abbrach. Wie ist dieserungewöhnliche Thera- der Zellmembran sind dem Feld ausgepie-Erfolg zu erklären? Wer schon ein- setztund können beeinflusstwerden. mal eine ElektromassagegegenMuskelIm Einklang damit ergaben unsere verspannung oder Rückenschmerzener- Versuche,dass sich das Wechselfeld vor halten hat, weiß um deren zuverlässige allem auf Prozesse auswirkt, die durch Wirkung. Schon seit langem wird Strom Rezeptorenauf der Zellmembranvermitin vielfältigen Formen in der Physiothe- telt werden. In erster Linie handelt es rapie und in der Rehabilitation einge- sich um die chemischeÜbermittlung von setzt. Dabei hat sich der so genannte Informationen zwischen Zellen, bei der Interferenzstrom als besondershautver- sich ein Signalstoff -etwa ein Hormon träglich und frei von Nebenwirkungen an einen passendenRezeptoranlagert erWiesen. Er entsteht durch Überlage- und dadurcheine bestimmte Reaktion in rung zweier schwacher Wechselströme der betreffendenZelle auslöst. leicht unterschiedlicher Frequenz und entspricht damit beispielsweise einer Wirkung über Schwebungin der Musik (siehe Einschub zell internen Botenstoff im Kasten auf Seite 14). Der periodisch an- und abschwellende Strom löst bei Meist bewirkt das Andocken des Sientsprechender Stärke in dem Gebiet, gnalstoffs an den Rezeptor,dass auf der welches er zwischen den aufgelegten Membran-Innenseiteein so genannterseHaut-Elektroden durchfließt, Muskel- kundärer Botenstoff freigesetzt wird. kontraktionen aus. Dieser stößt seinerseitseine zellinterne Interferenzstromkann aber nicht nur Signalkette an, deren Endpunkt vielfach mit erregbaren Zellen in Muskeln und das Erbgut im Zellkern ist. Aus diesem Nerven wechselwirken, sondern beein- Grund lassensich mit einem elektrischen flusst -ebenso wie niederfrequenteelek- Wechselfeld indirekt auch Prozessebetrische Felder und Ströme allgemein - einflussen,die mit einerAktivierung oder offenbar Zellen jeglichen Typs. Dies ha- Abschaltung von Genen im Zellkern zuben Untersuchungen in meinem Labor sammenhängen-etwa die Differenzieam ForschungszentrumKarlsruhe unter- rung einer Zelle, das heißt ihre Spezialimauert. sierung auf eine bestimmte Aufgabe im Klar ist, dass sich die direkte Wir- Organismus, oder die Freisetzung von kung niederfrequenter elektrischer Fel- Stoffen,die die Immunabwehrsteuern. der weitgehend auf die Zelloberfläche Bei unserenUntersuchungeffsetzten beschränkt. Dies rührt daher, dass die wir verschiedeneZelltypen wie BindegeZellmembran -im Gegensatzzum Cyto- webs- oder Immunzellen in Kultur unter plasma, das von ihr umschlossen wird, streng kontrollierten Bedingungenbeund zum flüssigkeitsgefüllten Raum zwi- stimmten Strömenaus. Dadurch wollten schen den Zellen eines Gewebes-einen wir vor allem feststellen,wie die Wirkung sehr hohen elektrischenWiderstand auf- desInterferenzstromsvon der Stromdichweist. Deshalb schirmt sie das Zellinnere te und der Schwebungsfrequenzabhängt. gegenüber einem elektrischen Wechsel- Als Indikator dieserWirkung maßenwir feld ab. Lediglich Oberflächenstrukturen die Änderung der intrazellulärenKonzen- tration des sekundärenBotenstoffs cAMP (cyclischesAdenosinmonophosphat),der an vielen Signalübertragungenin Zellen beteiligt ist, direkt nach einer fünfminütigen Behandlung. Intuitiv würde man erwarten, dass das Ausmaß der biologischen Wirkung mit der Stromdichte zunimmt. Doch das ist keineswegsder Fall. UnserenMessungen zufolge geschieht bis zu einem Schwellenwert von etwa fünf Mikroampere pro Quadratzentimetergar nichts. Danach ändert sich die cAMP-Konzentration schlagartig um einen Betrag, den wir durch weitere Erhöhung der Stromdichte bis zum 1OOOfachen nicht mehr steigernkonnten -im Gegenteil: Der Effekt nahm sogat:wieder leicht ab. Dem" nach beruht die biologische Wirkung offenbar nicht primär auf einem Energieübertrag zwischenStromfeld und Zelle. Ein wesentlich komplexeres Muster zeigte sich, als wir die cAMP-Menge in Abhängigkeit von der Schwebungsfrequenzuntersuchten.So nahm bei 10 und 100 Hertz die Konzentration des Botenstoffes jeweils zu, während sie bei 50 Hertz sank und bei 20 Hertz konstant blieb (Kasten auf Seite 14). Interessanterweise galt das übereinstimmend für Bindegewebszellender Maus wie für bestimmte weiße Blutkörperchen(Granulocyten) des Menschen-offenbar weil in beiden Fällen ähnliche Rezeptoren betroffen sind. Schließlich experimentiertenwir statt mit zusammengesetzten Interferenzauch mit einfachenWechselströmen.Dabei fanden wir gleichfalls biologisch wirksame Frequenzenoder Frequenzbereiche ("Fenster"). Tatsächlich ergaben sich regelrechte Resonanz-Profile mit mehrerenWirkungs-Maxima. SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. APRIL 20DD Noch verstehenwir nicht alle Aspekte der Feld-Zelle-Wechselwirkung; so bleibt vorerst unklar, warum die Resonanzen genau bei den erwähnten Frequenzenauftreten. Sicher scheintjedoch, dass es sich im Wesentlichen um eine "enqopische" Wechselwirkung handelt, also eine, die auf Informationsübertragung beruht. Die biologisch wirksame Information steckt dabei im Frequenzund/oder Modulationsmuster des Feldes. Ähnlich wie ein Rundfunkempfänger arbeitet die Zelle frequenzselektiv und kann sogar ein zusammengesetztesSignal demodulieren,es also in seine Frequenzkomponentenzerlegen. (Die gleiche Fähigkeit hat übrigens auch das menschlicheOhr: Es nimmt unterschiedlich hohe Töne, die gleichzeitig erklingen, getrennt wahr.) Diese Ergebnisselegtenes nahe,wissenschaftlich zu untersuchen, inwieweit sich Interferenzstrom zur medizinischen Behandlung von Erkrankungen eignet, die auf Störungen der Zellfunktion beruhen. Dabei fungiert der Strom nicht als unmittelbares Therapeutikum; vielmehr übermittelt er den betroffenen Zellen am Erkrankungsort nur die gewünschtebio- von abwechselnd10und 100 Hertz anzulogische Information, die als Frequenz- wenden, der die intrazelluläre cAMPoder Schwebungsmustercodiert ist. Er Konzentration steigen lässt. Dieser Anstieg reduziert offenbar die Teilungsaktileistet ihnen also gewissermaßen"Hilfe zur Selbsthilfe", so dass sich ihre Funk- vität der Hautzellen. Noch nicht endgültion bei regelmäßiger Behandlung all- tig geklärt ist, ob der Interferenzstrom auch der Entzündungentgegenwirkt. mählich normalisiert. Abgesehen von ihrer Effizienz, beDieser Ansatz bietet unbestreitbare Vorteile. So lässt sich die weitgehend un- sticht die Interferenzstrom-Behandlung kritische Stromdichte so einstellen, dass durch Nebenwirkungsfreiheit und gerindie Information sicher am Krankheits- ge Kosten. Sobald die Hürden der kliniherd ankommt, dem Patientenaberkeine schenErprobung und Zulassung genomUnannehmlichkeiten entstehen. Außer- men sind, dürfte ihr deshalb ein fester dem kann lokal behandelt werden. Jede Platz im Arsenal der antipsoriatischen unnötige Belastung oder ~ar die Über- Therapieverfahren zukommen. Außerschwemmung des Patienten mit neben- dem könnte sie zur Behandlung anderer wirkungsbehafteten Therapeutika wird entzündlicher Erkrankungen,die mit geso vermieden. Schli~ßlich genügenKurz- störten Zellfunktionen verbunden sind, . zeitbehandlungenvon wenigen Minuten weiterentwickelt werden. Dauer, die nur über einen gewissenZeitraum regelmäßig durchzuführensind. Prof. Dt:HermannDertingerist DassdiesesTherapiekonzeptfunktiokommissarischerDirektor des niert, hat das Beispiel der SchuppenInstituts für Medizintechnik und flechte bewiesen. Es war bekannt, dass Biophysik am Forschungszentrum die übermäßig teilungsaktivenZellen der Karlsruhe und untersuchtbioBasalschicht weniger cAMP enthalten medizinischeWirkungenschwacher als normal. Daher lag es nahe, Interferenzstrom mit Schwebungsfrequenzen elektromagnetischerFeldel: PROTEINFALTUNG Junge Frauen kaum noch, aber Proteinesehr wohl. Wie Biochemiker nun herausfanden,können zehn Prozentder frisch synthetisierten Eiweißstoffein Bakterien nur dann ihre reife, funktionsfähige Gestalt annehmen,wenn eine molekulare Gouvernanteihnen dabei hilft. erhitzt habenund dabei "zerzaust" wurden, zurück zu einer tadellosenErscheinung. (Viele von ihnen gehörensomit zur nde der achtziger Jahre erkannten Gruppe der Hitzeschockproteine,die bei Biochemiker,dass heranwachsendeStress verstärkt hergestellt werden.) Die Biomoleküle in derZelle teils ähnlich Anstandsdamenmachenihren Schützlinbehütet werdenwie höhere Töchter in der genkeineswegsVorschriften,welche FalViktorianischen Gesellschaft.So genann- tungsmustersie annehmen sollen -das te "Chaperone", wie sie nach dem engli- müssendie Aminosäurekettenvon allein schen Wort für Anstandsdame heißen, "wissen" .:.,sonderngreifen nur unterstütachten darauf, dass sich die Aminosäure- zend ein. Ihre Hilfestellung bestehtledigketten frisch synthetisierter Proteine in lich aus einem Festhaltenund Loslassen schicklicher Weise zu dreidimensionalen zur rechtenZeit und am richtigen Ort. Inzwischen sind viele Feinheiten der Gebilden zusammenlegenoder "falten", ohne dabeiunzüchtige Kontakte zu ihres- Funktionsweise einzelner Chaperone gleichen einzugehen(Spektrum der Wis- insbesonderedes klassischenModellsyssenschaft,3/94, S. 16). Außerdemverhel- tems GroEI aus dem Darmbakterium fen sie solchen Eiweißstoffen, die sich Escherichia coli -aufgeklärt worden. Von Michael Groß SPEKTRUM DER WISSENSCHAFT. APRIL 2000 Röntgenstrukturanalysenvon diesemund anderen Chaperonen ermöglichten es, den Mechanismus der Faltungshilfe bis ins Detail nachzuvollziehen (Spektrum der Wissenschaft, 4/95, S. 16). Geometrisch gesehen,handelt es sich bei GroEl und seinenKonsorten um Fässermit Deckeln, die das zu faltende Protein in ihr Inneresaufnehmen. Eine wichtige Frage blieb jedoch bis vor kurzem unbeantwortet:Welche Proteine sind es,die nach ihrer Syntheseoder zu einem späteren Zeitpunkt den Beistand einer molekularen Gouvernante in Anspruch nehmen?Zwei neuerenArbeiten zufolge unterscheidensich das bakterielle GroEl und sein Pendantin höheren Organismensehr deutlich, was den angebotenenService und die jeweilige Kundschaft angeht (Nature,Bd. 402, S. 147). Für diese Untersuchungenkooperierte der ChaperonforscherF. Ulrich Hartl vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried mit seinenInstitutskollegen Christoph Eckerskornund Friedrich Lottspeich, die über langjährige Erfahrung in der Identifizierung auchwinzigster Spuren von Proteinen verfügen. Die Forscher wollten die beiden Funktionen des Chaperons auseinanderhalten, nämlich die Faltungshilfe direkt nach der Synthese einerseits und die späteren "Wartungsarbeiten" an schadhaftenProteinen andererseits.Deshalb beschränk-.. (Seiten18, 19 und 20, Anzeigeund Beihefte,) 17