Sozialpsychologie Vorlesung I Thema: Dissonanztheorie Dissonanztheorie – Literatur • Pflicht: Hogg & Vaughan, 2011, Chapter 6, pp. 215-227 (subchapter Attitude-behavior discrepancy and cognitive dissonance). • Eigenständige Lektüre: Johnston, L. C. & Macrae, C.N. (1994). Changing social stereotypes. European Journal of Social Psychology, 24, 581-592 • Basics: – Festinger, L. (1957). A theory of cognitive dissonance. Stanford: Stanford University Press. Dtsch: (1978) Bern: Huber. – Frey, D. & Gaska, A. (1993). Die Theorie der kognitiven Dissonanz. In D. Frey & M. Irle (Hrsg.), Theorien der Sozialpsychologie. Band 1 (S. 275324). Bern: Huber. – Außerdem: Joule, R.V. & Beauvois, J.L. (1998). Cognitive dissonance theory: A radical view. In W. Stroebe & M. Hewstone (eds.), European Review of Social Psychology, Vol. 8 (pp. 1-32). Chichester: Wiley. Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 2 Die Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger, 1957) 1. Grundelemente: Kognitionen, kognitive Elemente (…W, X, Y, Z), das sind Kenntnisse, Meinungen, Wissensinhalte Beispiel: X: Ich weiß, ich rauche. 2. Beziehungen zwischen kognitiven Elementen – – Irrelevant: X: Ich rauche. Z: Es regnet. Relevant: Konsonant: X: Ich rauche. Dissonant: X: Ich rauche. <----> >----< W: Rauchen beruhigt. Y: Rauchen erzeugt Krebs. 3. Stärke der kognitiven Dissonanz – – = f (Wichtigkeit der beteiligten Kognitionen) = f (Verhältnis dissonanter zur Gesamtzahl der Kognitionen) Beispiel: Dissonanz (Y >----< X) > (Y >----< X <----> W) 4. Dissonanz erzeugt ein Motiv/Druck zur Änderung der Dissonanz. 5. Möglichkeiten der Dissonanzreduktion – – – Addition Subtraktion Addition + Subtraktion von Kognitionen 6. Geändert wird das kognitive Element mit dem geringsten Änderungswiderstand. – Änderungswiderstand einer Kognition = f (Verbundenheit mit andere Kognitionen) 3 Festinger, L. (1957). A theory of cognitive dissonance. Stanford: Stanford University Press. Dtsch: (1978) Bern: Huber. Dissonanz nach Entscheidungen Attraktivität der Gegenstände Attraktivität der Gegenstände Spreading apart of alternatives Pre gewählter Gegenstand nicht gewählter Gegenstand Pre Post 1 attraktiver, 1 unattraktiver Gegenstand Post 2 hochattraktive Gegenstände Brehm, J. W. (1956). Post-decision change on the desirability of alternatives. Journal of Abnormal and Social Psychology, 52, 384-389. Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 4 9 Forced Compliance 8 Attraktivität der Aufgabe 7 6 5 4 3 2 1 0 Kontrolle (ohne Überredung) 1$ 20$ Festinger, L. & Carlsmith, J.M. (1959). Cognitive consequences of forced compliance. Journal of Abnormal and Social Psychology, 58, 203-210. Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 5 The forbidden toy paradigm Attraktivität der unterdrückten Handlung Kontrolle (keine Strafandrohung) niedrige Strafe hohe Strafe Aronson, E. & Carlsmith, J. M. (1963). Effect of severity on threat on the valuation of forbidden behavior. Journal of Applied Social Psychology, 66, 584-588. Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 6 Selektive Suche nach neuen Informationen Werbebotschaft über eigenen Wagen anderen Wagen Neuwagenbesitzer Altwagenbesitzer bemerkt (%) 70 66 bemerkt (%) 48 41 (Differenz = 22) (Differenz = 25) Neuwagenbesitzer Altwagenbesitzer gelesen (%) 67 41 gelesen (%) 35 30 (Differenz = 32) (Differenz = 11) Ehrlich, D., Guttman, I., Schönbach, P., & Mills, J. (1957). Postdecision exposure to relevant information. Journal of Abnormal and Social Psychology, 54, 98-102. Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 7 Suche nach sozialer Unterstützung Prophezeiung von Planeten. Clarions Aufruf an die Stadt: Fliehet vor der Flut. Sie wird am 21. Dezember über uns kommen. Vorstadtgemeinde durch Weltall informiert. Lake City wird nach der Aussage einer Hausfrau aus der Vorstadt kurz vor dem Sonnenuntergang am 21. Dezember vor einer vom Großen See herkommenden Flut zerstört werden. Mrs. Marian Keech, West School Street 847, erklärte dazu, dass diese Prophezeiung nicht von ihr stamme. Sie sagte, dass sie ihr durch automatisches Schreiben zugekommen sei … Die Botschaft sei ihr von höheren Wesen eines Planeten namens „Clarion“ übermittelt worden. Diese Wesen, so gab sie an, haben die Erde mehrmals in „fliegenden Untertassen“ besucht. Während ihrer Besuche hätten sie festgestellt, dass sich falsche Linien auf der Erdoberfläche befänden, die Vorboten des Untergangs seien. Mrs. Keech berichtete weiter, dass man ihr erzählt habe, die Flut werden einen Binnensee bilden, der sich vom Polarkreis bis zum Golf von Mexiko ausdehnen werde. Sie behauptet, dass im gleichen Augenblick eine Kataklysmus die Westküste von Seattle, Washington, bis Chile in Südamerika verschmelzen werde. Festinger, L., Rieken, H., & Schachter, S. (1956). When prophecy fails. Minneapolis MI: University of Minnesota Press. Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 8 „Zwei Elemente stehen in einer dissonanten Beziehung zueinander, wenn - zieht man nur diese beiden Elemente in Betracht – das Gegenteil des einen Elements aus dem Anderen folgt.“ Festinger, L. (1957). A theory of cognitive dissonance. (p. 26). Stanford: Stanford University Press. dtsch: (1978) Bern: Huber. Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 9 Zur Lektüre von empirischen Texten Lesen Sie zunächst, wenn vorhanden, die Zusammenfassung / das Abstract. Versuchen Sie, sich einen Eindruck davon zu machen, worum es im Text geht. Lesen Sie dann den Text. Am Ende sollten Sie die folgenden Fragen beantworten können: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Was sind die theoretischen Grundannahmen der Arbeit, was die Theorie(n)? Wie lauten die Untersuchungshypothesen? Was sind die Unabhängige(n) Variable(n), was die Abhängige(n) Variable(n)? Was sind die Erwartungen der Autoren in Bezug auf einzelne UVs und AVs? Wie werden die Hypothesen empirisch umgesetzt? Wie werden die UV(s) und AV(s) empirisch umgesetzt, d.h. operationalisiert? Wer sind die Untersuchungsteilnehmer? Wie lassen sich die hypothesenrelevanten Ergebnisse zusammenfassen? Wie stimmen die Ergebnisse mit den Hypothesen der Autoren überein? Welche Bedeutung haben die Untersuchungsergebnisse für die Theorie? Gibt es weitere wichtige Untersuchungsbefunde? Welche praktischen Konsequenzen ergeben sich aus dieser Untersuchung? Sozialpsychologie I Thema: Dissonanztheorie 10