Cytomegalievirus und Epstein-Barr-Virus

Werbung
JATROS
Infektiologie 1 I 2008
Prophylaxe und Therapie
Cytomegalievirus und
Epstein-Barr-Virus
C. Steininger, Wien
Cytomegalievirus (CMV) und Epstein-Barr-Virus (EBV) sind Herpesviren, mit denen rund 40–90% bzw.
80–90% der gesunden Bevölkerung chronisch infiziert sind. Die folgende Arbeit gibt eine Übersicht.
Grunderkrankung gedacht werden.
Schwangere Frauen mit Primärinfektion
Die Durchseuchungsrate mit CMV ist durch CMV können das Virus intrautestark von Lebensalter und -stil abhängig – rin an das Kind weitergeben. Symptomawährend Kinder höherer sozialer Schich- tische intrauterine Infektionen sind selten
ten ein relativ geringes Risiko für eine (~5–10% aller Primärinfektionen), aber
CMV-Infektion haben, sind HIV-infizierte schwerwiegend mit potenzieller BeteiliErwachsene zu beinahe 100% infiziert. gung von Zentralnervensystem, Augen,
Die Transmission von CMV erfolgt über Lunge, Leber und Haut.
Speichel, Urin, Transfusion von Blut und Nach Primärinfektion persistieren CMV
Blutprodukten, Geschlechtsverkehr und und EBV lebenslang in einer latenten,
Organtransplantationen, und jene von klinisch stummen Form. CMV und EBV
EBV über Speichel. Die Primärinfektion verfügen über zahlreiche Mechanismen
verläuft bei 90% der Patienten asympto- der Immunmodulation und -suppression,
matisch, bei wenigen Patienten mit dem die das Überleben des Virus im Wirten,
Bild einer infektiösen Mononukleose mit insbesondere in Zellen des ImmunsysFieber, Myalgien, Pharyngitis, zervikaler tems (Tab. 1) gewährleisten. Eine ReakLymphadenopathie und leichter Hepati- tivierung der latenten CMV-Infektion
tis. Abgeschlagenheit, Myalgien und sub- kann durch bisher schlecht definierte
febrile Temperaturen persistieren bei 10- Trigger auftreten. Die Gefahr einer Er20% der Patienten länger als 1 Monat. krankung besteht jedoch nur bei ImSchwere Verläufe mit Myokarditis, Pneu- munmangel. CMV-Erkrankungen könmonie oder Meningitis sind bei Menschen nen fast jedes Organsystem betreffen.
mit intaktem Immunsystem sehr selten, Die Häufigkeitsverteilung des betrofan die Gefahr einer spontanen Milzrup- fenen Organs ist von der zugrundelietur sollte jedoch auch bei Patienten ohne genden Immundefizienz abhängig. HIVinfizierte Patienten
Charakteristika von CMV und EBV
leiden am häufigsten an einer CMVCMV
EBV
Retinitis, während
Übertragung
Speichel, GeschlechtsSpeichel (perinatal/
bei organtransverkehr, Blut,
intrauterin)
plantierten Patiperinatal/intrauterin
enten primär das
Subklinische
90%
90%
transplantierte OrInfektionen
gan von einer
Latenz
Monozyten, EndothelB-Lymphozyten,
CMV-Erkrankung
zellen
Epithelzellen
betroffen ist und
Sero-Prävalenz
40–90%
80–90%
es sekundär zur
Affektion anderer
Tab. 1: Ausgewählte Charakteristika von CMV und EBV
Verbreitung
I 26
Organe kommen kann. Die zahlreichen
viralen Mechanismen der Immunmodulation erhöhen zusätzlich das Risiko für
andere opportunistische Infektionen sowie für eine Transplantabstoßung und
-dysfunktion. Die EBV-Infektion kann
zur malignen Transformation von Lymphozyten führen, insbesondere bei immunkompromittierten Patienten. Eine
enge Assoziation zwischen EBV und Neoplasie wurde bei lymphoproliferativen Erkrankungen (Burkitt-Lymphom, Mb.
Hodgkin, NK-T-Zell-Lymphom, Posttransplant-Lymphom), aber auch soliden
Tumoren hergestellt (nasopharyngeales
Karzinom). Risikofaktoren für lymphoproliferative Erkrankungen bei Immunkompromittierten schließen junges Alter,
kurzen zeitlichen Abstand zur Transplantation, intensive Immunsuppression,
CMV-Reaktivierung und EBV-Seropositivität ein (rund 10% der Transplant-Patienten mit lymphoproliferativer Erkrankung sind EBV-seronegativ).
Therapie von EBV und CMV
Eine antivirale Therapie ist bei infektiöser Mononukleose nicht indiziert, da die
Virusinfektion innerhalb weniger Tage erfolgreich durch das Immunsystem bekämpft wird und anhaltende Allgemeinsymptome auf eine überschießende CD8T-Zellantwort zurückzuführen sind. Die
immunsuppressive Therapie mit Kortison erbrachte jedoch ebenfalls keinen
nachweisbaren Benefit für Patienten mit
protrahierten Symptomen. Eine antivirale Therapie ist jedoch bei immunsupuniversimed.com
V I R O L O G I E
primierten Patienten erforderlich. An antiviralen Medikamenten stehen derzeit
Ganciclovir, Aciclovir und deren orale
Prodrugs Valganciclovir und Valacyclovir
sowie Foscarnet und Cidofovir zur Verfügung (Tab. 2). Ganciclovir und Valganciclovir haben ähnliche Wirksamkeit und
Nebenwirkungsprofile und sind bei der
Therapie der CMV-Erkrankung Aciclovir vorzuziehen. Die antivirale Therapie
einer EBV-assoziierten lymphoproliferativen Erkrankung (insbesondere Posttransplant-Lymphom) wurde mit Ganciclovir ebenso wie mit Aciclovir versucht;
jedoch mit geringer Ansprechrate. Die Inhibition einer viralen Replikation ist nach
maligner Transformation wahrscheinlich
nicht mehr für den Krankheitsverlauf relevant. Eine gut evaluierte und etablierte
Therapie des Posttransplant-Lymphoms
gibt es derzeit nicht. In den meisten Zentren wird nach dem Chemotherapieschema R-CHOP behandelt. Diese Therapie sollte jedoch spezialisierten Zentren
vorbehalten sein, da es unter Therapie
insbesondere bei gastrointestinaler Beteiligung zu Perforationen kommen kann.
Die antivirale Prophylaxe einer CMVErkrankung ist bei Patienten nach Organtransplantationen Standard. Die prophylaktischen Strategien unterscheiden
sich wesentlich in Dauer, Intensität und
Art der antiviralen Medikation (Abb.).
Insbesondere CMV-seronegative Patienten, die das Organ eines CMV-sero-
| schwerpunkt
positiven Spenders
Immunsupprimierter Patient
oder eine Induktionsoder Abstoßungstherapie mit einem lymphozytendepletie1a
2
3
renden Antikörper
1b
1b
(ATG, OKT3 etc.)
erhalten, haben ein
sehr hohes Risiko an
einer CMV Infektion
zu erkranken. Diese
Immunsuppressive Therapie
Patienten erhalten in
den meisten europäischen Zentren anti- Abb.: Prophylaktische und therapeutische Strategien bei CMV-Infektiimmunsupprimierter Transplant-Patienten. 1a, antivirale Prophylaxe
virale Medikamente on
– antivirale Medikamente werden über mehrere Monate nach Transüber mehrere Monate plantation verabreicht bis die Intensität der immunsuppressiven Theranach Transplantation pie reduziert werden kann; 1b, präemptive Therapie – antivirale Medikamente werden erst bei positivem Virusnachweis aber rechtzeitig vor
(Prophylaxe). Als al- symptomatischer Infektion verabreicht; 2, antivirale Therapie, 3, Sekunternative, präventive därprophylaxe; 4, adoptive Immuntherapie – Reduktion der immunsuppressiven Therapie zur Stärkung der virusspezifischen Immunabwehr bei
Strategie wird auch gleichzeitig erhöhtem Abstoßungsrisiko
die präemptive Therapie angewandt. Ziel der präemptiven einer CMV-Erkrankung das Virus in
Therapie ist die Gabe von antiviralen Blutproben von organtransplantierten
Medikamenten rechtzeitig vor Auftreten Patienten nachweisbar wird. Metaanalyeiner CMV-Erkrankung, sobald harte In- sen zeigten bisher eine vergleichbare
dikatoren für ein deutlich erhöhtes Ri- Wirksamkeit von präemptiver Therapie
siko für eine Erkrankung positiv werden. und Prophylaxe, wenn auch die DatenIn der Praxis werden in regelmäßigen In- lage für die prophylaktische Gabe antitervallen gewonnene Blutproben organ- viraler Medikamente wesentlich funtransplantierter Patienten mittels Anti- dierter ist.
gen-Tests oder PCR auf CMV unterN
sucht. Sobald CMV in einer Probe nachAutor: Dr. Christoph Steininger
weisbar wird, erhält der Patient für einige
Medizinische Universität Wien
Wochen antivirale Medikamente. GrundUniversitätsklinik für Innere Medizin I
lage für diese Strategie ist die ErkenntAbteilung für Infektionen und Tropenmedizin
nis, dass rund vier Wochen vor Beginn
inf080126
CMV: Prophylaxe und Therapie
Ganciclovir
(Cymevene)
Kompetitive Inhibition der
viralen DNA-Polymerase
Valganciclovir
(Valcyte)
Kompetitive Inhibition der
viralen DNA-Polymerase
Foscarnet
(Foscavir)
Nicht kompetitive Inhibition
der viralen DNA-Polymerase
Cidofovir
(Vistide)
Dosierung
1989
Induktion: 5mg/kg IV q12h für 7–14 Tage
Erhaltung: 5mg/kg IV q24h
Intravitreal (Vitrasert®): 4,5mg intraokuläres Implantat
renal
6–9
2001
Induktion: 900mg PO q12h für 21 Tage
Erhaltung: 900mg PO q24h
renal
60
1991
Induktion: 90mg/kg IV q12h oder 60mg/kg IV q8h für 14 Tage
Erhaltung: 90mg/kg IV q24h
Intravitreal: 2.400mg intravitreal
renal
0
Kompetitive Inhibition der
viralen DNA-Polymerase
1996
Induktion: 5mg/kg einmal wöchentlich für 2 Wochen*
Erhaltung: 5mg/kg alle 2 Wochen*
renal
<5
Leflunomid
(Arava)
Interferenz mit Zusammenbau der Virusbestandteile
n.a.**
Induktion: 100mg q24h für 3 Tage
Erhaltung: 20mg q24h
hepatisch
76–90
Fomivirsen
(Vitravene)
Inhibition der Translation
Induktion: 330µg intravitreal alle 2 Wochen
des „CMV major immediate 1998† Erhaltung: 330µg intravitreal einmal monatlich
early proteins”
renal
n.a.
Jahr der
Einführung
Orale
Bioverfügbarkeit [%]
Wirkmechanismus
Eliminationsweg
Medikament
(Handelsname,
Hersteller)
Wichtigste
Nebenwirkung
Myelosuppression
Myelosuppression
Nephrotoxizität
Nephrotoxizität
Gastrointestinal
Uveitis
Tab. 2: Antivirale Medikamente für Prophylaxe und Therapie einer CMV-Infektion. N.a., nicht anwendbar; ED50, median effective inhibitory dose; IV, intravenös; PO, per os; q8h, alle 8 Stunden; q12h, alle 12 Stunden; q24h, alle 24 Stunden. *mit ausreichend Flüssigkeit und Probenecid zur Nephroprotektion; **derzeit nicht zur Therapie der CMV-Erkrankung zugelassen; †Fomivirsen wurde 2002 vom europäischen Markt zurückgezogen, ist aber in den USA noch erhältlich
universimed.com
27 I
Herunterladen