Leitthema: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns Radiologe 2008 · 48:560–572 DOI 10.1007/s00117-008-1680-3 Online publiziert: 17. Mai 2008 © Springer Medizin Verlag 2008 K.M. Hartmann1 · M. Golinski2 · W. Reith1 1 Abt. für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Radiologische Klinik, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar 2 Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar ZNS-Infektionen bei immunsupprimierten Patienten Immuninkompetenz bedeutet die Unfähigkeit eines Organismus, eine normale Immunantwort zu entwickeln. Ursächlich hierfür können u. a. chronische Erkrankungen (Diabetes, HIV, rheumatologische und onkologische Erkrankungen, Antikörpermangelsyndrome, chronische Niereninsuffizienz), Malnutrition oder immunsuppressive Therapie (Chemotherapie, Knochenmark- oder Organtransplantation) sein. Bei immungeschwächten Patienten können eigentlich gering pathogene Erreger schwerwiegende, häufig letal verlaufende Infektionen verursachen. Einige Erreger infizieren durch ihre Neurotropie initial das ZNS, bei anderen liegt im Rahmen einer systemischen Infektion eine ZNS-Beteiligung vor. Die häufigsten Krankheitsbilder sollen im Folgenden genauer charakterisiert werden. Allen gemeinsam ist, dass es dem Wirtsorganismus durch seine eingeschränkte Immunkompetenz meist nicht gelingt, die Infektion lokal einzudämmen. Abgekapselte Infektionen wie beim Immunkompetenten sind selten, eine diffuse Entzündung häufig. Das klinische und radiologische Erscheinungsbild ist interindividuell sehr verschieden und direkt von der Immunlage abhängig. Diese große Variabilität macht die richtige Schlussfolgerung aus Klinik und Schnittbild zu einem schwierigen Vorhaben. 560 | Der Radiologe 6 · 2008 Morphologische Erscheinungstypen Prinzipiell ist die MRT der CT in der Diagnostik der ZNS-Infektion überlegen, lediglich bei der Darstellung von Verkalkungen erscheint die CT sensitiver. Die Verwendung von Kontrastmitteln ist grundsätzlich indiziert. Da ein Erreger inter- und sogar intraindividuell unterschiedliche morphologische Veränderungen hervorrufen kann, soll zunächst auf grundsätzliche Erscheinungsbilder eingegangen werden. Die aufgeführten Charakteristika sind jedoch keinesfalls zwingend vorhanden. Abszess Der Abszess stellt die adäquate Reaktion des Immunsystems auf eine Erregerinvasion dar. Die Erreger werden lokal in einer Hülle aus Leukozyten und Fibrinmatrix abgekapselt. Man kann zwischen purulenten (meist bakteriell) und nichtpurulenten Abszessen (z. B. durch Pilze) unterscheiden. Die Abgrenzung von einem Tumor kann schwierig sein, hilfreich erscheinen „diffusion-weighted imaging“ (DWI) und „apperent diffusion coefficient maps“ (ADC) sowie die MR-Spektroskopie. In der Literatur wurde mehrfach beschrieben, dass die Wasserdiffusion im Zentrum eines Hirnabszesses eingeschränkt (DWI signalgesteigert, ADC signalgemindert), in Hirntumoren dagegen normal bis gesteigert ist [1]. Diese Veränderungen sind jedoch nicht pa- thognomonisch: Abszesse können nicht diffusionsgestört sein, Hirntumoren eine eingeschränkte Diffusion aufweisen. Eine perakute, akute bis früh subakute intrazerebrale Blutung (ICB) kann ebenfalls eine zentrale Diffusionsstörung aufweisen, jedoch finden sich meist Suszeptibilitätsartefakte in T2w- und T2*w-Sequenzen durch paramagnetische Blutabbauprodukte [2]. Zusätzlich kann eine akute Blutung in der nativen CCT gut abgegrenzt werden (Blut +40 HU). Limitierend erscheint hier jedoch, dass auch infektiöse und tumoröse Herde bei Gefäßarosion einbluten können, die Ätiologie durch die Blutung im Akutstadium somit maskiert werden kann. Charakteristische Merkmale/Untersuchungstechniken: FPerifokalödem, Fzentral degenerative Veränderungen (Nekrose), Frandständiges Ringenhancement, FDWI/ADC: zentrale Diffusionsrestriktion (kontrovers diskutiert), FSpektroskopie: Laktatpeak, N-AcetylAspartat- (NAA-)Erniedrigung. Tumor-like lesion Viele Infektionen können gerade beim Immunsupprimierten eine tumoröse Läsion imitieren. Zusätzlich treten bestimmte Tumorentitäten überwiegend oder ausschließlich beim Immunsupprimierten auf. Oftmals gelingt die Differenzierung bildgebend nicht, sodass die histologische Aufarbeitung angestrebt werden muss. Zusammenfassung · Abstract Charakteristische Merkmale/Untersuchungstechniken für Tumoren: FPerifokalödem, Fzystische und solide Anteile, Frandständiges, knotiges, teilweise flächiges, inhomogenes KM-Enhancement, FDWI/ADC: zentral normale Diffusion, FSpektroskopie: Erhöhung des Cholin-/ NAA-Verhältnisses, bei zentraler Nekrose Laktatpeak. Gefäßwand wird so stark gestört, dass entzündliche Aneurysmen und Gefäßrupturen mit nachfolgender Blutung entstehen können. Die Infektion kann entlang der perivaskulären Räume aszendieren. Charakteristische Merkmale/Untersuchungstechniken: FDWI/ADC: Diffusionsrestriktion, FTOF-/MR-Angiographie/DSA: vaskulitische Kaliberschwankungen/Aneurysmen, FT1w nativ/CCT nativ: Blutung. Meningitis/Enzephalitis Stellenwert der Bildgebung Die Entzündung der weichen Hirnhaut wird als Meningitis bezeichnet. Greift die Entzündung auf das angrenzende Hirngewebe über, spricht man von einer Meningoenzephalitis. Ist ausschließlich das Parenchym betroffen, wird von einer Enzephalitis oder Zerebritis gesprochen. Beim Immunsupprimierten stellt die Meningitis die häufigste Form der ZNS-Infektion dar. Hauptsächlich entsteht sie durch hämatogene Streuung, seltener per continuitatem bei invasiver Sinusitus, nach Lumbalpunktion oder bei Katheterinfektionen. Bildmorphologisch kann eine prominente Kontrastmittelaufnahme der verdickten Meningen nachweisbar sein, bei enzephalitischer Beteiligung diffuse Parenchymschwellung und flächige Kontrastmittelaufnahme. Viele durch Erregernachweis gesicherten Fälle bleiben jedoch ohne bildmorphologisches Korrelat, eine unauffällige MRT schließt also die Meningitis nicht aus. Charakteristische Merkmale/Untersuchungstechniken: Fverdickte, KM-affine Meningen (z. T. in loco typico) in der T1w-Sequenz post Gadoliniumgabe, FDWI: Diffusionsrestriktion bei Enzephalitis (z. T. in loco typico). Die Bildmorphologie kann und sollte wegweisend für das weitere Procedere sein. Um ihre Sensitivität und Spezifität zu erhöhen, ist eine sinnvolle Kombination mit anderen Verfahren notwendig. Pathognomonische Bilder existieren nicht. Der Erregernachweis aus Liquor, Blutkultur oder Biopsie gilt als Goldstandard, zumal beim Immunsupprimierten sehr ungewöhnliche und seltene Erreger möglich sind, die einer speziellen Therapie ggf. nach Resistenztestung bedürfen. Infarkt/Blutung/Aneurysma Bei hämatogener Aussaat einer Infektion entsteht sehr häufig zunächst vor einer Parenchyminvasion eine lokale Entzündung der Intima, eine Vaskulitis. Die induzierte Intimaproliferation kann Gefäßverschlüsse mit konsekutiver Infarzierung zur Folge haben. Die Integrität der Erregerspektrum Siehe hierzu . Tab. 1. Tuberkulose Tuberkulose wird durch das säurefeste Stäbchen Mycobacterium tuberculosis hervorgerufen. Die Primärinfektion erfolgt meist in der Lunge, seltener in Haut oder Darm. Es entsteht der sog. Primärkomplex, in dem das Bakterium über eine lange Latenz asymptomatisch bleiben kann. Bei geschwächter Immunlage kann eine Reaktivierung erfolgen, die meist eine hämatogene, systemische Infektion bewirkt. Beim Immunsupprimierten, v. a. bei HIV-Infektion im AIDS-Stadium, können jedoch auch andere, normalerweise gering-pathogene, ubiquitär vorkommende Mykobakterien, sog. MOTT (mycobacterium other than tuberculosis) zu ähnlichen Krankheitsbildern führen: Mycobacterium avium, intercellulare, kansasii, fortuitum. Bei tuberkulösen ZNS-Infektionen herrscht die akute oder chronische Me- Radiologe 2008 · 48:560–572 DOI 10.1007/s00117-008-1680-3 © Springer Medizin Verlag 2008 K.M. Hartmann · M. Golinski · W. Reith ZNS-Infektionen bei immunsupprimierten Patienten Zusammenfassung Erregerbedingte Entzündungen des ZNS sind beim immunkompetenten Patienten selten, unter Immunsuppression jedoch häufiger. Zusätzlich findet sich ein grundlegend verschiedenes Erregerspektrum. Pathognomonische Befunde in der Bildgebung existieren nicht, oftmals ist die Schnittbilddiagnostik auch bei ausgeprägter Klinik unauffällig oder unspezifisch. Der vorliegende Artikel soll einen Überblick über die häufigsten Erreger und bildmorphologischen Erscheinungsbilder geben. Auch die moderne Radiologie kann jedoch den Erregernachweis nicht ersetzen. Schlüsselwörter ZNS-Infektion · Opportunistische Infektion · Immunsuppression · HIV CNS infections in immunocompromised patients Abstract CNS infections caused by infective agents are rare in immunocompetent hosts, but more frequent in immunocompromised patients. In addition, the spectrum of causative agents is completely different. There are no pathognomonic alterations in radiologic imaging, even in clinically severely ill patients imaging is often non-specific or inconspicious. This article gives a review of the most frequent infective agents and image alterations. Modern radiology is not yet able to replace the gold standard of pathogen detection. Keywords CNS infection · Opportunistic infection · Immunocompromised · HIV Der Radiologe 6 · 2008 | 561 Leitthema: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns Abb. 1 9 Zwölf Monate altes ehemaliges Zwillingsfrühgeborenes mit konnataler Tuberkelinfektion und überproportionalem Kopfwachstum, Dystrophie und Lethargie. a FLAIR-Sequenz: Ausgedehnte basale Ödematisierung von Marklager und Kortex bei hydrozephaler Konfiguration der Seitenventrikel. b T1w post KM: Kräftige meningeale und parenchymatöse Kontrastmittelaufnahme basal um den Hirnstamm. c T1w post KM sagittal: Kontrastmittelaufnahme ventral und dorsal des Hirnstamms, der Aquädukt ist nicht abgrenzbar. d CCT: Residualzustand, deutlicher Hydrocephalus internus mit Popcorn-artigen suprasellären Verkalkungen ningitis vor, seltener finden sich Tuberkulome, Abszesse oder eine Zerebritis. Die native CCT ist oftmals unauffällig oder zeigt unspezifische Veränderungen, z. B. einen Hydrozephalus. Häufig finden sich zentrale Verkalkungen in Tuberkulomen. Als Spätfolge können Popcorn-artige Verkalkungen in den suprasellären Zisternen mit oder ohne umgebende Kontrastmittelaufnahme resultieren. In der Gd-DTPA-angehobenen MRT zeigen sich verdickte, prominent Kontrastmittel aufnehmende Meningen insbesondere basal. Hier sammelt sich auch ein gelatinöses Exsudat, das zu einem kommunizierenden Hydrozephalus führen kann und in T2w- und T1w-Sequenzen iso- bis 562 | Der Radiologe 6 · 2008 hyperintens imponiert. Greift die im Liquor floride Entzündung auf die basalen Hirngefäße über, können daraus Infarkte resultieren. Tuberkulome können solitär oder multipel überall im Parenchym, den Meningen und dem Subarachnoidalraum entstehen. Die Größe des Perifokalödems ist sehr variabel und abhängig vom Ausmaß der Immunsuppression. Charakteristisch für Tuberkulome ist das prominente, knotige Ringenhancement [3]. Bei der Erstinfektion unter Immundefizienz oder Reaktivierung unter hochgradiger Immunsuppression kann eine fulminante mykobakterielle Landouzy-Sepsis auftreten. In der MRT können hier disseminierte, knotige, nur wenige Millime- ter messende Herde, sog. Milien, gefunden werden, eine Kontrastmittelaufnahme kann vorliegen oder fehlen. Häufig können keine Veränderungen nachgewiesen werden, weil sie unterhalb der MRTAuflösbarkeit liegen (.Abb. 1). Auch eine spinale Absiedelung oder Reaktivierung unter Immunsuppression ist möglich. Diese kann sich als Spondylodiszitis oder vertebrale Osteomyelitis manifestieren. Der klinische Verlauf ist langsam progredient, d. h. über Wochen bis Monate (im Gegensatz zur fulminanten durch Staph. aureus verursachten Spondylodiszitis). Smith et al. [4] konnten in einer kleinen, retrospektiven Fallanalyse zeigen, dass die tuberkulöse Spondylodis- Tab. 1 Erregerspektrum Tab. 2 Erscheinungstypen von Neurolues Bakterien Erscheinungstyp Akute Meningitis Parasiten Pilze Viren Tuberkulose Syphilis Listeriose Toxoplamose Candidose Aspergillose Kryptokokkose HIV HSV VZV EBV CMV HIV human immunodeficiency virus, HSV Herpes-simplex-Virus, VZV Varizella-zoster-Virus, EBV Epstein-Barr-Virus, CMV Zytomegalievirus. zitis häufig einem neoplastischen Geschehen durch große paravertebrale Weichteilanteile mit randständiger Kontrastmittelaufnahme und knöchernen Destruktion ähnelt. Als Unterscheidungskriterium können Verkalkungen im CT detektiert werden. Auch spinal erfolgt die Infektion entlang der versorgenden Gefäße. Im Anfangsstadium sind am häufigsten die vordere und mittlere Säule betroffen, eine Beteiligung der hinteren Säule sowie der Wirbelbögen kann folgen. Eine pathognomonische MRT-Bildmorphologie existiert nicht. Die Diagnosesicherung erfolgt durch Biopsie und Erregernachweis. Neurolues Die Lues oder Syphilis wird durch die Spirochäte Treponema pallidum verursacht und gehört zu den sexuell übertragenen Krankheiten (STD). Daher erklärt sich auch die gehäufte Koinzidenz zur HIVInfektion. Die Neurolues kann in jedem Stadium der Erkrankung auftreten, im Durchschnitt nach ca. 7 Jahren, die Inzidenz wird mit 5–10% der unbehandelten Infizierten beschrieben [5]. Man unterscheidet die in . Tab. 2 gelisteten Erscheinungstypen. Unter den Immunsupprimierten ist der akute meningitische Verlauf am häufigsten. Oft zeigen sich unspezifische Marklagerveränderungen. Da akute Schlaganfälle unter den HIV-Patienten sehr selten sind, sollte hier an eine infektiöse Vaskulitis gedacht und eine CT- oder MR-Angiographie durchgeführt werden [6]. Zerebrovaskuläre Neurosyphilis (Heubner- vs. Nissl- Arteritis) Enzephalitis Bildmorphologie Verdickte KM-affine Meningen, Exsudat Klinik Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Nackensteife, Hirnnervenlähmung Akuter Schlaganfall, Kopfschmerzen, Schwindel, vaskulitisches Nebeneinander Persönlichkeitsverändevon Stenosen und Ektasien rungen, akuter Schlaganfall Diffuses parenchymatöses KM-Enhancement Tabes dorsalis Atrophie der Hinterstrangbahnen, KM-Aufnahme möglich Syphilitische Gummata Kleine, von den Meningen ausgehende, umschriebene knotige Läsion, keine raumfordernde Wirkung, KMAufnahme, Ödem möglich Listeriose Langsam progrediente Demenz, Müdigkeit, Intentionstremor, Wahnvorstellungen Einschießende Schmerzen, Dysurie, Ataxie, Areflexie, Verlust der Propriozeption, Argyll-Robertson-Pupille Fokale Auffälligkeiten, oft mit Meningitis kombiniert Manifestation Innerhalb der ersten 2 Jahre Nach 5–7 Jahren Nach 10–20 Jahren Nach 15–20 Jahren Manifestation der Tertiärsyphilis Die Listeriose wird durch den grampositiven Anaerobier Listeria monocytogenes (spp. icterohaemorrhagiae) hervorgerufen und betrifft in der Regel nur Immunsupprimierte. Die systemische Infektion geht mit unspezifischen, grippalen Prodromi einher. Eine ZNS-Beteiligung ist häufig in Form von Meningitis, Meningoenzephalitis oder Abszessbildung. Typisch ist der Befall des Hirnstamms und Kleinhirns (Rhombenzephalitis). Klinisch treten sehr früh Hirnstammsymptome wie Nystagmus, Schwindel, Dysphagie, Schluckauf bis hin zum Atemstillstand auf. Die Mortalität beträgt bis zu 50% [7]. Bildmorphologisch zeigt sich die Prädilektion für das Rhombenzephalon (überwiegend pontomedullär) als diffuse Ödematisierung und Verschlusshydrozephalus bei Einengung des IV. Ventrikels. Eine meningitische oder enzephalitische Kontrastmittelaufnahme kann vorliegen. Bei bildmorphologischer Rhombenzephalitis und Hirnstammsymptomatik beim Immunsupprimierten sollte die Listeriose in Betracht gezogen und die Therapie schnellstmöglich auch ohne Erregernachweis initiiert werden. und stellt die häufigste opportunistische ZNS-Infektion dar. Beim Immungesunden verläuft die Erstinfektion meist asymptomatisch, selten als rezidivierende Retinochorioiditis. Die Durchseuchung liegt bei 10%/Lebensjahrzehnt. Unter Immunsuppression insbesondere bei AIDS kann die Infektion reaktiviert werden und klinisch als Enzephalitis in Erscheinung treten. Bildmorphologisch zeigen sich multiple, meist in den Stammganglien, periventrikulär, in der hinteren Schädelgrube oder an der Mark-Rinden-Grenze gelegene Läsionen, die raumfordernd wirken und ein Perifokalödem aufweisen (hyperintens in T2w- und FLAIR-Sequenzen, hypointens in der nativen T1w-Sequenz, hypodens im CCT). Typischerweise zeigt sich eine kräftige ringförmige Kontrastmittelaufnahme. Je nach Grund und Ausmaß der Immunsuppression können Kontrastmittelanreicherung und Ödembildung jedoch schwach bis fehlend sein. Die 1H-MR-Spektroskopie zeigt meist unspezifische entzündliche Veränderungen. Selten findet man lokale Hämorrhagien [8]. Eine Abgrenzung von primären ZNSLymphomen kann schwierig sein, Toxoplasmoseherde sind häufig kleiner und disseminierter (. Abb. 2; [9]). Toxoplasmose Candidose Die Toxoplasmose wird durch das Protozoon Toxoplasma gondii hervorgerufen Der Hefepilz Candida albicans ist der häufigste Erreger von Pilzinfektionen überDer Radiologe 6 · 2008 | 563 Leitthema: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns Abb. 2 8 26-jähriger Patient, Zustand nach Knochenmarktransplantation bei akuter lymphatischer Leukämie. Neu auf- getretene Krampfanfälle führten zur Bildgebung, die Diagnose Toxoplasmose wurde durch die stereotaktische Biopsie bei fehlendem Antikörpernachweis gestellt. a FLAIR-Sequenz: Flächige Signalsteigerung im rechten Nucleus caudatus, jedoch verhältnismäßig geringe Ausprägung des Perifokalödems. b T2*w-Bildgebung: Nachweis paramagnetischer Substanzen im Herd sowie weitere kleinere Herde linkshemisphärisch (exemplarisch rechts parietal dorsal des Hinterhorns). c und d T1w-Bild post KM: Satte Kontrastmittelaufnahme im rechten Nucleus caudatus. e Koronares T1w-Bild post KM: Weitere Kontrastmittelaufnahme auch links frontobasal ventral des Crus cerebri haupt. Generalisierte Infektionen sind beim Immungesunden jedoch selten, das höchste Risiko tragen AIDS-Patienten und Patienten mit Neutropenie. Bei ca. 1– 6% der systemischen Candidosen findet man eine ZNS-Beteiligung [10], die Mortalität wird unter adäquater Therapie mit 10–30% beziffert [11]. Die Candidose kann sich als Meningitis oder Mikroabszess manifestieren. Meningitische Symptome treten meist subakut auf, oft steht isoliertes Fieber im Vordergrund. Bei Abszessbildung findet man Fieber und eine unspezifische Enzephalopathie, fokale Defizite sind selten. Aufgrund der schlechteren Auflösung der CT kann trotz disseminierter Candida-Mikroabszesse die CCT unauffällig erscheinen. In der MRT zeigen sich kleine, ringförmig Kontrastmittel aufnehmende Läsionen mit oder ohne zentraler Einblu- 564 | Der Radiologe 6 · 2008 tung an der Mark-Rinden-Grenze. Die selteneren Makroabszesse können fokalneurologische Defizite durch ihre raumfordernde Wirkung verursachen und sind am häufigsten parietookzipital, seltener zerebellär anzutreffen [11]. Aspergillose Die wichtigste opportunistische Pilzinfektion wird durch Aspergillus spp. – am häufigsten Aspergillus fumigatus – hervorgerufen. Schimmelpilze kommen ubiquitär in der Umwelt vor. Prädisponierend für die invasive Aspergillose sind AIDS, Krebserkrankungen und Stammzell- oder Organtransplantation. Eine ZNS-Beteiligung findet sich in 44–94% der Fälle einer disseminierten Aspergillose [11]. Die Primärinfektion erfolgt über den Respirationstrakt (Lunge, Nasennebenhöh- len). Der Pilz ist angioinvasiv und streut hämatogen. Bei Erregerinvasion über die Nasennebenhöhlen, v. a. den Sinus sphenoidalis, kann eine ZNS-Infektion per continuitatem erfolgen und als Meningoenzephalitis in Erscheinung treten. Meist liegt zunächst eine infektiöse Vaskulopathie vor, die zu Hämorrhagien, Ischämien und mykotischen Aneurysmen [12] führen kann. Erst sekundär erfolgt das Übergreifen der Entzündung auf das angrenzende Gewebe und die Manifestation als Zerebritis oder seltener als Abszess. Auffällig ist das vaskulitische Verteilungsmuster: bevorzugt werden die Perforansarterien des vorderen, seltener des hinteren Stromgebiets befallen. Hier zeigt sich in der MRT auch das typische Bild der septisch-embolischen kortikal-subkortikalen Infarzierungen. Bei venöser Vaskulitis kann es zu hämorrhagischen Stauungsinfarkten kom- Abb. 3 8 26-jähriger Patient, Zustand nach Doppellungentransplantation bei Mukoviszidose, multiple postoperative Komplikationen, neu aufgetretene Krampfanfälle. Ein Erregernachweis gelang nicht, bei bildmorphologischem Verdacht auf Aspergillose klinische Besserung und Regredienz der Herde unter antimykotischer Therapie. a CCT nativ: bifrontal 2 flächige Hypodensitäten. b CCT mit KM: Ringenhancement. c FLAIR-Sequenz: geringes Ödem, 2 bifrontale Herde. d T1wBild: Nachweis des zytotoxischen Ödems. e T1 und f T1post KM: Ringenhancement men. Am häufigsten finden sich Infarkte in den Stammganglien und Thalami, dem Corpus callosum und im Hirnstamm. Die Erregerinvasion in infarzierte Areale erfolgt rasch. In Abhängigkeit vom Immunstatus des Organismus konsolidieren sich innerhalb weniger Tage umschriebene Abszesse, sog. Aspergillome, mit charakteristischem Ringenhancement. Beim Immunsupprimierten kommt es jedoch häufiger zu einer zerebritischen Ausbreitung mit diffuser parenchymatöser Kontrastmittelaufnahme. Ein Perifokalödem kann vorliegen. Obwohl DeLone et al. [13] eine leptomeningeale Beteiligung post mortem in fast allen Fällen nachweisen konnten, fehlte ante mortem ein bildmorphologisches Korrelat. Als Residuum größerer Läsionen können langfristig Parenchymverkalkungen im CT oder in T2w- oder T2*w-Aufnahmen vorliegen. In T2w können auch aktive Läsionen hypointense Bereiche durch paramagnetische Elemente wie Manganese, Eisen und Magnesium sowie Blutabbauprodukte aufweisen (.Abb. 3). Kryptokokkose Der Erreger der Kryptokokkose ist der bekapselte, hefeähnliche Pilz Cryptococcus neoformans. Der Erreger kommt ubiquitär vor und ruft überwiegend beim Immunsupprimierten, typischerweise beim AIDS-Patienten, eine Infektion hervor. Die Primärinfektion findet in der Lunge statt, von dort aus erfolgt eine hämatogene Disseminierung. Die Pathogenese ist der Tuberkulose verblüffend ähnlich. Man unterscheidet die meningitische von der parenchymatösen Infektion. Das klinische Bild ist das einer subakuten Meningitis, oftmals sind Kopfschmerzen das einzige Symptom. Die Meningitis ist basal betont und greift am häufigsten auf Hirnstamm, Mittelhirn und Stammganglien über. Charakteristisch ist eine perivaskulär aszendierende Infektion, die sich bildmorphologisch in zystischen Erweiterungen der Virchow-Robin-Räume mit muzinösem Sekret äußert. Als Kryptokokkome bezeichnet man die granulo- matöse Parenchymreaktion auf die Erregerinvasion. Die häufigste Lokalisation ist das Ependym der Plexus choroidei, hierbei kann ein obstruktiver Hydrozephalus entstehen. Beim Immunsupprimierten ist die Ausbildung granulomatöser Kryptokokkome jedoch selten. In den DWI- und kontrastmittelverstärkten MRT-Sequenzen gleicht ein Krytokokkom mehr einem nekrotischen Tumor als einem Abszess. Auch bei der Kryptokokkose kann die Vaskulitis in ca. 4% der Fälle zu einer zerebralen Infarzierung führen [12]. Tien et al. [18] konnten nachweisen, dass die sofortige und verzögerte kontrastmittelangehobene Untersuchung bei zweizeitig applizierter, insgesamt doppelter Kontrastmittelmenge eine höhere Sensitivität der MRT beim Immunsupprimierten erzielt. Herpesviridae Zur Gruppe der Herpesviridae gehören u. a. das Der Radiologe 6 · 2008 | 565 Leitthema: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns Abb. 4 9 57-jährige Patientin mit diffus hepatisch metastasiertem neuroendokrinem Tumor unklarer Lokalisation. Erste Bildgebung bei kognitivem Defizit, Kopfschmerzen und Übelkeit. Ein Erregernachweis gelang nicht, jedoch kam es zu einer klinischen und bildmorphologischen Besserung unter antiviraler Therapie. a, c und d FLAIRSequenz axial und koronar: Diffuse Signalsteigerung in Hirnstamm, Kleinhirn und beidseits im Temporallappen (rechts >links). Mehrere kleinere, rundliche Läsionen auch supratentoriell frontal. b DWI-Bild: Deutliche Signalsteigerung in Hirnstamm, Kleinhirn und Temporallappen, vereinbar mit einem zytotoxischen Ödem FHerpes-simplex-Virus (HSV) FHumane Herpesvirus-6 (HHV-6), FVarizella-zoster-Virus, FZytomegalievirus (CMV) und FEpstein-Barr-Virus (EBV). Allen Herpesviren gemeinsam ist, dass sie eine hohe Durchseuchung in der Normalbevölkerung bereits in der Adoleszenz aufweisen und im Organismus persistieren. Unter Immunsuppression tritt somit meist eine Reaktivierung auf, die Erstinfektion ist selten. HSV Die Herpes-simplex-Enzephalitis wird überwiegend durch das HSV-1-Virus hervorgerufen. Wie auch beim Immun- 566 | Der Radiologe 6 · 2008 gesunden persistiert das Virus meist im Ganglion Gasseri. Auch die Bildmorphologie ist ähnlich (s. auch Artikel „ZNSInfektionen beim Immungesunden“): Es findet sich ein Nebeneinander von zytotoxischem und vasogenem Ödem meist auf das limbische System bitemporal bis frontobasal beschränkt, zu deren Unterscheidung DWI- und ADC-Bilder besonders geeignet sind [15, 16]. Häufig zeigen sich Mikroblutungen, deren histopathologisches Korrelat eine hämorrhagischnekrotisierende Entzündung ist. Die Klinik der HSV-Enzephalitis beim Immunsupprimierten kann diffus und unspezifisch sein. Eine diffuse Ausbreitung der Enzephalitis über die frontotemporale Prädilektion ist möglich. Liquorverände- rungen können fehlen. Der Verlauf kann fulminant oder über Tage bis Wochen protrahiert sein (.Abb. 4). HHV-6 Das HHV-6-Virus ist der Erreger der Kinderkrankheit Exanthema subitum (Roseola, 3-Tage-Fieber). Die symptomatische ZNS-Beteiligung bei Primärinfektion ist sehr selten, es wird jedoch eine Viruspersistenz im Hirnparenchym diskutiert [17]. Beim Immunsupprimierten kann eine Reaktivierung zur Knochenmarksuppression und Pneumonie führen. Seltener sind nekrotisierende oder demyelinisierende Meningoenzephalitiden. In der Literatur sind jedoch nur wenige Fälle beschrieben, größere Studien liegen nicht vor. Abb. 5 7 55-jähriger Patient mit Zustand nach Doppellungentransplantation bei fortgeschrittener „chronic obstructive pulmonary disease“ (COPD). Bekannte generalisierte CMV- und Kryptokokkeninfektion. Unter Therapie fulminante neurologische Verschlechterung und Exitus letalis nach 6 Wochen. In der stereotaktischen Biopsie Nachweis eines EBV-assoziierten B-Non-HodgkinLymphoms. a T2-Sequenz koronar: Flächige Marklagerödematisierung um das linke Vorderhorn mit zentral solide imponierendem Anteil. b FLAIR-Bildgebung: Ödem. c und d T1w post KM axial + koronar: Randständige Kontrastmittelaufnahme um den soliden Anteil, zentral regressive Veränderungen Bildmorphologisch herrscht ein isolierter Befall des mesialen Temporallappens mit Hyperintensität in T2w- und FLAIR-Sequenzen vor. Eine Diffusionsrestriktion im DWI- bei Abschwächung im ADC-Bild lässt auf ein zytotoxisches Ödem schließen. Zusätzlich findet man einen frühen Volumenverlust des Hippokampus durch Nekrosenbildung, die sich als abnormale Signalsteigerung im ADC ausdrückt. Zur Darstellung der Temporallappen empfiehlt sich eine koronare Schnittführung. VZV Das Varizella-zoster-Virus ist der Erreger der Windpocken. Nach Erstinfektion persistiert das Virus in den Hirn- und Spinalnervenganglien. Eine spätere Reaktivierung kann zum klinischen Bild der Gürtelrose führen, die beim Immungesunden chronische neuropathische Schmerzen verursachen kann, eine ZNS-Beteiligung ist jedoch rar. Beim Immunsupprimierten hingegen besteht ein deutlich erhöhtes Risiko einer ZNS-Invasion mit oder ohne dermaler Manifestation [18, 19]. VZV kann eine diffuse Meningoenzephalitis, einen Herpes ophthalmicus, eine Neuritis mit Nervenlähmung und eine Myelitis hervorrufen. Atypisch ist die Spätmanifestation als Hemiparese 2–5 Wochen nach kontralateraler dermaler Effloreszenz (meist Zoster ophthlamicus), die durch vaskulitische Gefäßokklusion verursacht werden kann. Als Residuum einer Vaskulitis sind entzündliche Aneurysmen möglich. Die Invasion erfolgt vasogen. Bildmorphologisch zeigen sich hämorrhagische Infarkte bei Beteiligung der großen Gefäße, ein Nebeneinander runder oder ovaloider Demyelinisierungen (multifokale Leukoenzephalopathie – Differenzialdiagnose progressive multifokale Leukoenzephalopathie, PML) und Ischämien bei Befall der kleineren Gefäße. Selten ist eine Ventrikulitis bei Erregervermehrung im Ependym [19, 20]. Kontrastmittelaufnahme und Perifokalödem sind häufig. Die MR-Angiographie kann charakteristische Veränderungen nachweisen, ein Vaskulitisausschluss ist bei unauffälligem Bild jedoch nicht möglich [21]. Auch die Krankheitsbilder der VZVassoziierten Meningomyeloradikulitis und akut nekrotisierenden Myelitis wurden bei AIDS-Patienten beschrieben [22, 23]. CMV Die CMV-Enzephalitis ist eine typische opportunistische Infektion, die zu 85% HIV-Patienten, 12% anderweitig Immunsupprimierte und nur zu 3% Immungesunde betrifft [20]. Sie tritt meist erst im späten AIDS-Stadium (CD4-Zellen <50/ Der Radiologe 6 · 2008 | 567 Leitthema: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns Abb. 6 8 64-jähriger Patient mit Zustand nach Stammzelltransplantation bei Morbus Hodgkin 1973. Langsame Persönlichkeitsveränderung. Darstellung einer intrakraniellen Raumforderung. Bioptisch gesicherte EBV-assoziierte PTLD abdominell. a und b T2w- und FLAIR-Bildgebung: Marklagerödem im linken Thalamus sowie links frontal. c T1w-Sequenz: Zytotoxisches Ödem. d–f T1w-Bilder in 3 Ebenen: Flaue inhomogene Kontrastmittelaufnahme, weitere Herde finden sich im Mesenzephalon sowie rechts frontal µl) auf, zusätzlich leiden die Patienten oft an weiteren opportunistischen Infektionen. Am häufigsten manifestiert sich die CMV-Infektion bei HIV als Chorioretinitis (akuter Visusverlust), die in der fettsupprimierten MRT als verdickte, deutlich Kontrastmittel-affine Choroidea und Retina diagnostiziert werden kann. Weitere Manifestationen sind die Enzephalitis, Polyradikulitis, Gullian-Barré-Syndrom und multifokale Neuropathie. Die Enzephalitis zeigt sich periventrikulär subependymal sowohl im CT als auch in der MRT als zarte, scharf die Ventrikel nachzeichnende Kontrastmittelanreicherung [18]. Zusätzlich finden sich diffuse Demyelinisierungen im Marklager als Hypodensität in der CT, Signalsteigerung in T2wund FLAIR-Sequenzen. Als histopathologisches Korrelat konnten mikrogliale Knoten und fokale Parenchymnekro- 568 | Der Radiologe 6 · 2008 sen aufgezeigt werden. Ähnlich wie auch das VZV findet eine Erregervermehrung im Ependym statt, welche einerseits periventrikuläre Nekrosen und Störung der Blut-Hirn-Schranke, andererseits ein fibrinöses Exsudat hervorruft [24]. Durch die hohe Viskosität des intraventrikulären Exsudats kann es zu einer Liquorzirkulationsstörung mit konsekutivem hydrozephalem Aufstau kommen. Die klinische Symptomatik der Enzephalitis ist meist eine subakute, über Tage bis Wochen auftretende neurologische Verschlechterung, in ca. 30% der Fälle finden sich fokale Hirnstamm- und Kleinhirnsymptome. EBV Das Epstein-Barr-Virus weist eine nahezu komplette Durchseuchung im jungen Erwachsenenalter in der Normalbevölkerung auf. Wie alle Herpesviridae persis- tiert es lebenslang, jedoch nicht in Nervenzellen, sondern in den B-Lymphozyten. ZNS-Lymphome Die Virus-DNA kann in primären ZNSLymphomen nachgewiesen werden, die beim Immungesunden eine Rarität sind. Scheinbar sind EBV-infizierte Lymphozyten sensitiver für eine HIV-Infektion (CD4-Zellen <100/µl), eine maligne Transformation kann stattfinden. Klinisch stehen fokal neurologische Defizite wie Hemiparese, Krampfanfall oder Aphasie je nach topographischer Lage des Tumors im Vordergrund. Bildmorphologisch zeigen sich meist mehrere (1–3) multifokale, raumfordernde Massenläsionen mit kräftiger Kontrastmittelaufnahme. Die häufigsten Lokalisa- Abb. 7 7 45-jähriger Patient mit bekannter HIV-Infektion und progredienten kognitiven Defiziten. Bildmorphologisch handelt es sich um eine HIVE. a FLAIRBildgebung: Seitensymmetrische periventrikuläre Marklagerveränderungen, kortikale Atrophie. b T1wSequenz: Ohne Kontrastmittel keine Auffälligkeiten. c T1w post KM: Keine Kontrastmittelaufnahme, d DWI-Bild: Keine Diffusionsrestriktion tionen sind Großhirnrinde, Stammganglien und Hirnstamm. Die Prognose ist infaust (.Abb. 5; [25]). gung ist selten, aber mit einer schlechteren Prognose verbunden (.Abb. 6; [26]). Post transplant lymphoproliferative disorder (PTLD) HIV und Aids-definierende Infektionen Durch die iatrogen eingeschränkte Funktion der zytotoxischen T-Zellen nach Organtransplantation kann es zu einer fulminanten Replikation von EBV-Viren und infizierten Leukozyten (im ZNS hauptsächlich der B-Zell-Reihe) kommen [25]. Die so entstehenden High-grade-Lymphome sind lediglich immunhistochemisch von primären ZNS-Lymphomen zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist jedoch essenziell, da eine Reduktion der medikamentösen Immunsuppression Grundlage der Therapie ist. Die PTLD kann prinzipiell alle Organsysteme betreffen, eine ZNS-Beteili- Die Infektion mit dem Humanen Immundefizienzvirus (HIV), einem bekapselten Retrovirus mit hoher Affinität zum CD4Rezeptor, führt über die Virusreplikation in CD4+-Lymphozyten zu einer Störung der zellulären Immunität. Durch schnelle Mutationen (molekulare Mimikry) entgeht das Virus der Immunabwehr. Das Stadium des „aquired immunodeficiency syndrome“ (AIDS) wird durch eine AIDS-definierende Erkrankung und in den USA auch durch Absinken der CD4Zellen unter 200/µl definiert. Viele dieser Erkrankungen sind opportunistische Infektionen (.Tab. 3). HIV-assoziierte Enzephalopathie (HIVE) Auch das Gehirn wird während eine HIVInfektion zum Ort der Virusreplikation. Zerebrale Makrophagen und Gliazellen werden infiziert, über immunpathogenetische Mechanismen kommt es einer Störung der Integrität und Funktion von Neuronen. Das ZNS stellt ein partiell eigenständiges Kompartiment der Virusreplikation dar [27]. Im Vergleich zum nichtbetroffenen HIV-Patienten findet sich beim HIVE-Patienten eine signifikant erhöhte Viruslast in Liquor und Parenchym. Klinisch fallen Patienten mit HIVE durch den sog. HIV-Demenz-Komplex auf, eine langsam progrediente subkortikale Demenz ähnlich dem Morbus Alzheimer, die nach der Memorial-SloanKettering-Skala [31] klinisch in Stadien unterteilt wird. Der Radiologe 6 · 2008 | 569 Leitthema: Entzündliche Erkrankungen des Gehirns Abb. 8 8 39-jähriger Patient mit bekannter HIV-Infektion. Plötzlich aufgetretene homonyme Hemianopsie nach links. Bildgebend bei deutlich asymmetrischen Marklagerveränderungen Verdacht auf PML. Keine Kontrastmittelaufnahme in der T1w post KM (nicht abgebildet). a und b T2w-Bilder: Biokzipitale Marklagerveränderungen (rechts >links). c und d DWI-Sequenz: Deutliche rechtsbetonte Diffusionseinschränkung. e FLAIR-Sequenz koronar: Weitere asymmetrische Marklagerveränderungen rechts temporal und bifrontal Bildmorphologisch zeigen sich neben einer globalen Atrophie ausgedehnte, seitensymmetrisch konfluierende Marklagerveränderungen, die in der CT hypodens, in der MRT auf T2w- und FLAIRBildern hyperintens, in T1w-Sequenzen nativ isointens imponieren. Diese Veränderungen sparen die Rinde aus. Eine Kontrastmittelaufnahme spricht gegen HIVE. In der 1H-MR-Spektroskopie zeigt sich eine geringe NAA-Erniedrigung bei Cholin-Erhöhung (. Abb. 7; [14, 28]). Progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) Unter PML versteht man eine rasch progrediente multifokal demyelinisierende Erkrankung, die durch Reaktivierung des JC-Virus, einem dsDNA-Polyomavirus, entsteht. Es erkranken ca. 1–10% der HIVInfizierten [28], bei anderen Immunsupprimierten ist die PML deutlich seltener. 570 | Der Radiologe 6 · 2008 Zeitpunkt, Lokalisation und Symptomatik der Primärinfektion mit dem JC-Virus sind unbekannt, ca. 70–90% der Erwachsenen weisen Antikörper auf. Die PML bei HIV-Infizierten hat eine infauste Prognose, die Überlebenszeit nach Diagnosestellung beträgt nur wenige Monate. Unklar ist, in welchen Zellen das Virus persistiert. Bei Ausbruch der PML erfolgt die Replikation in den Gliazellen, die bei Virusfreisetzung zerstört werden. Die häufigsten Beschwerden sind kognitive Einschränkungen, aphasische Störungen, Kopfschmerzen, Gangstörungen, Lähmungen, Krampfanfälle, Gefühls- und Sehstörungen. Bildmorphologisch zeigen sich ähnlich wie bei der HIVE nichtenhancende, in T2w- und FLAIR-Sequenzen hyperintense Marklagerläsionen ohne raumfordernde Wirkung. Im Gegensatz zur HIVE zeigt sich eine asymmetrische Aus- breitung, der invasivere Charakter kommt durch Hypointensität in der nativen T1wBildgebung zum Ausdruck. Die Läsionen reichen bis an die Kortexgrenze, die begleitende Atrophie ist gering [29]. Magnetization-transfer- (MT-)Sequenzen sind den Standardsequenzen bei der Detektion der Marklagerveränderungen überlegen, da sie die Interaktion zwischen freien und in Makromolekülkomplexen gebundenen Protonen darstellen [28]. Auch die 1H-MR-Spektroskopie kann spezifische Veränderungen aufweisen (deutliche NAA-Erniedrigung, Kreatinerniedrigung, Laktatpeak; . Abb. 8; [28, 14]). Fazit für die Praxis Die bildmorphologische und klinische Präsentation und das Erregerspektrum von ZNS-Infektionen beim Immunsupprimierten sind sehr variabel und unter- Tab. 3 Infektiöse AIDS-definierende Erkrankungen mit möglicher ZNS-Beteiligung Systemische Candidose CMV-Enzephalitis CMV-Retinitis HIVE HSV-Enzephalitis Histoplasmose Kokzidioidomykose Kryptosporidiose MOTT PML Tuberkulose Toxoplasmose CMV Zytomegalievirus, HIVE HIV-assoziierte Enzephalopathie, HSV Herpes-simplex-Virus, MOTT mycobacterium other than tuberculosis, PML progressive multifokale Leukoenzephalopathie. scheiden sich grundlegend von denen des Immungesunden. Prinzipiell ist die Gd-DPTA-verstärkte MRTradiologisches Mittel der Wahl. Empfehlenswert sind folgende Sequenzen: FT2, FFLAIR, FT1 vor und nach Kontrastmittelgabe, FDWI, FADC map. Bei Verdacht auf Vaskulitis sollten Gefäßdarstellungen (TOF, KM-MR-Angiographie, DSA) ergänzt werden. Zur Detektion von Verkalkungen empfiehlt sich die CT. Grundsätzlich kann die Bildgebung nur wegweisend für die weitere Diagnostik sein, ein Erregernachweis aus Liquor, Blutkultur oder Biopsat ist anzustreben. Eine unauffällige Bildgebung schließt eine Infektion nicht aus. Erregerspezifische Veränderungen existieren und können im Einzelfall zur Diagnose führen, nicht selten zeigen sich jedoch nur unspezifische oder keine Auffälligkeiten. Oft fällt die Unterscheidung von einem Tumor schwer, eine MR-Spektroskopie kann hier nützlich sein. Die Schnittbilddiagnostik kann den Erregernachweis nicht ersetzen. Korrespondenzadresse Dr. K.M. Hartmann Abt. für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Radiologische Klinik, Universitätsklinikum des Saarlandes, 66421 Homburg/Saar [email protected] Interessenkonflikt. Die korrespondierende Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur 1. Desprechins B, Stadnik T, Koerts G et al. 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