58 Aktuell • 03-2013 Leptospirose Zerfall der roten Blutkörperchen bei Leptospirose kommt es zu einer ausgeprägten Blutarmut. Die klinischen Symptome können sehr variabel und unspezifisch sein und sind vom Immun­status des Hundes abhängig. Häufig erkranken junge Hunde (weniger als sechs Monate) besonders schwer. Sie gehört weltweit zu den am meisten verbreiteten Infektionskrankheiten, die Tiere und Menschen befallen können. Doch trotz regelmäßiger Impfungen steigen die Fälle. Woran liegt das? text: katharina von der leyen Unter dem Mikroskop zeigen sich die (eingefärbten) Erreger der Leptospirämie in Spiralform. (Serotypen) Leptospira icterohaemorrhagiae und canicola, stellte sich in den vergangenen Jahren heraus, dass die Krankheitsauslöser bei Hunden häufig Leptospira grippotyphosa, seltener der Untergruppe saxkoebing, bratislava, gelegentlich auch pomona waren. die übertragung Leptospiren werden direkt oder indirekt übertragen. Die direkte Übertragung geschieht bei direktem Kontakt mit Harn oder Blut von erkrankten Tieren (hauptsächlich wild lebenden Nagern wie Ratten, Mäusen oder Igeln), bei der Paarung oder durch Bisswunden von erkrankten Tieren. Eine indirekte Übertragung des Erregers ist durch Ratten-, Mäuse- oder Igelurin in Pfützen möglich, Urin in der Erde oder der das problem Nahrung und Einstreu. Vor allem im SomDie Herstellung von Impfstoffen gegen bak- mer gilt Pfützen- oder Brackwasser als eine terielle Erreger ist schwierig, weshalb man der Hauptansteckungsquellen, denn die trotz aller Bemühungen der Pharmakonzer- Bakterien sind in Wasser und feuchtem Mine nicht schnell genug mit neuen Impfstof- lieu wochenlang überlebensfähig. fen reagieren konnte. Noch dazu schützen Die Leptospiren dringen durch kleinsImpfstoffe gegen Bakterien meistens keine te Hautverletzungen besonders im Bereich vollen zwölf Monate, sondern häufig nur zwischen den Zehen oder die Schleimhäusieben bis neun Monate lang. Viele Hunde te von Nase und Maul in den Körper. Sehr sind also gegen Ende eines Jahres trotz rewichtig für den Krankheitsverlauf ist der gelmäßiger Impfung nicht mehr gegen Lep- jeweilige Immunstatus des Hundes. Hat ein tospirose geschützt. Impfte man zudem Tier, das mit Leptospiren infiziert wird, bisher klassisch gegen die Untergruppen einen hohen Antikörpertiter, wie zum Bei- spiel ein Welpe mit mütterlichen Antikörpern oder ein vollständig geimpfter erwach­ sener Hund, kann der Erreger meist eliminiert werden, ohne dass es zu einem Ausbruch der Krankheit kommt. Bei einem etwas niedrigeren Antikörpertiter kommt es zu einer wenig schweren oder kurzen Leptospirämie mit milden klinischen Anzeichen. Hat der Hund aber einen niedrigen Antikörpertiter oder gar keine Antikörper, so kommt es zu einer Vervielfältigung der Bakterien in Nieren, Leber, Milz, zentralem Nervensystem, Augen und im Genitaltrakt. die Symptome Weil ihre Anzeichen so unspezifisch sind, wird eine Erkrankung, die Leptospirämie, häufig nicht auf Anhieb erkannt. Wertvolle Zeit geht verloren, weil beispielsweise zuerst auf Verdacht eine Vergiftung behandelt wird. Nach einer Inkubationszeit von sieben bis zwölf Tagen kommt es zu klinischen Symptomen: vorwiegend Schlappheit, Futterverweigerung, Dehydratation, Durchfall, Erbrechen, Fieber oder erhöhtem Ausscheiden von Urin. Bei perakutem (sehr schnellem) Verlauf führt das Schockgeschehen ohne Ausbildung weiterer Symptome zum Tod. Häufig kommt es zu akuten Niereninsuffizienzen, Blutungen oder Leberfunktionsstörungen wie Gelbsucht. Durch den Foto: Photoshot die krankheit Leptospirose ist die am meisten verbreitete bakterielle zoonotische Erkrankung, also auch auf den Menschen übertragbar. Es gibt über zweihundert verschiedene BakterienUntergruppen. Auch wenn nur eine sehr überschaubare Anzahl davon für den Hund gefährlich werden kann, sind in den zurückliegenden Jahren zu den bisher üblichen noch drei bis vier weitere hinzugekommen. Normalerweise wird jeder Hund regelmäßig durch den allgemein gebräuchlichen Fünffach- oder Sechsfachimpfstoff dagegen geimpft. Es hat sich aber herausgestellt, dass die fürchterliche Krankheit Leptospirose beim Hund immer noch aktuell ist und ihre Verbreitung sogar bedenklich zunimmt. die Vorbeugung Die Leptospiroseimpfung ist gewöhnlich Teil der jährlichen Fünffachimpfung. Anders als bei Impfstoffen, die, wie die Impfkommission mittlerweile empfiehlt, nur alle drei Jahre nachgeimpft werden müssen, besteht die Wirksamkeit des Leptospirose­ impfstoffs meist nur über sechs bis neun die Diagnose Monate. Prof. Reinhard Straubinger, BakSie basiert nicht auf einem einzigen Test, teriologe und zweiter Vorsitzender der sondern auf einer Kombination bestimmter Ständigen Impfkommission, empfiehlt klinischer Symptome, Laborergebnissen so- eine Wiederholung der Leptospiroseimpwie direkten oder indirekten Erregernachfung alle sechs Monate. „Aufgrund der Art weisen. Üblich ist zunächst der Antikörper- der Impfstoffe sollte man die Impfungen nachweis mittels Mikroagglutinationstest gegen Leptospirose, Tollwut und/oder Bor(MAT). Ein weiteres serologisches Testverreliose auch möglichst auseinanderziehen, fahren ist der sogenannte ELISA, der eine um mögliche Impfreaktionen zu vermeigute Methode zur Unterscheidung von den“, rät der Fachmann. Einen Hund nicht Impftiter und Infektionstiter darstellen kann. oder nicht regelmäßig gegen Leptospirose Auch der indirekte Erregernachweis hat zu impfen, hält er für grob fahrlässig. Denn: Nur mit genügend hohem Antikörpertiter große Bedeutung bei der Diagnose: Etwa eine Woche nach Infektion treten die ersten können Leptospiren eliminiert werden. Ist Antikörper im Blut auf. Die Titer erreichen der ungenügend hoch, kann es zu einer milihren Höhepunkt etwa drei bis vier Wochen de verlaufenden Leptospirämie kommen. Bei ganz fehlenden Antikörpern kommt es nach Infektion und sinken langsam über allerdings zur raschen Vermehrung der ErWochen bis Monate ab. Der Erregernachweis mit Hilfe der Polymerase-Kettenreakti- reger im Gefäßsystem mit anschließender Besiedelung verschiedener Organe und on ist sehr spezifisch und im Gegensatz zu Gewebe wie Nieren, Leber, Milz, Gefäßwänden serologischen Nachweisverfahren im frühen Stadium der Infektion positiv. Dieser den, Lungen, Augen, Gebärmutter, SkelettNachweis kann über Urin und Blut erfolgen. muskulatur, Herzmuskel und der Bauch­ speicheldrüse. In Deutschland stand bis vor Kurzem im die Therapie Gegensatz zu den USA lediglich ein bivaBei allen Hunden mit leptospirosetypilenter Impfstoff (Serogruppen L. icteroschen Symptomen muss sofort eine antihaemorrhagiae und canicola) zur Verfübiotische Behandlung mit einem Breitgung. Heute werden Erkrankungen bandpenicillin eingeleitet werden. Die Therapie ist vom Schweregrad der Sympto- allerdings vor allem durch Serovare ausgeme, der Nieren- und/oder Leberbeteiligung löst, gegen die Impfstoff in der Regel nicht schützt. Aber die klinischen Symptome und den Komplikationen wie Lungenbe­ können durch eine unspezifische Impfung teiligung abhängig. Zusätzlich wird meist wenigstens deutlich gemildert werden. eine zweiphasige antimikrobielle Therapie Seit diesem Jahr sind in Deutschland durchgeführt. Je früher mit der antimikrovon verschiedenen Herstellern drei- und biellen Therapie begonnen wird, umso vierfache Impfstoffe gegen Leptospirose erwahrscheinlicher ist die Heilung der durch hältlich, die zusätzlich zu den beiden bisher Leptospiren bedingten Organschäden. Aus üblichen noch die Serovare L. grippotyphosa diesem Grund, aber auch wegen des potenund bratislava enthalten. Impfstoffe für den ziellen Zoonoserisikos ist bei Verdacht auf europäischen Markt, die zusätzliche SeroLeptospiroseinfektion mit antimikrobieller Therapie zu beginnen, auch wenn endgülti- gruppen enthalten, warten auf die Zulassung und werden folgen. ge Ergebnisse der Diagnostik noch fehlen.