22 Prolaktin | Physiologie, Hyperprolaktinämie Prolaktin Physiologie Prolaktin ist ein luteotropes Hormon, solange es im Referenzbereich liegt. Durch verschiedene Eigenschaften unterstützt es die Funktion des Corpus luteum. Physiologisch ist eine Erhöhung des Prolaktins in Schwangerschaft und Stillzeit. Stress, eine Hypothyreose und v.a. Medikamente können eine pathologische Hyperprolaktinämie auslösen. Stress führt allerdings häufig nur zu transienten Hyperprolaktinämien, die sich zwar in einzelnen Blutproben manifestieren, aber insgesamt auf das Zyklusgeschehen und v.a. die Corpus-luteum-Funktion keinen Einfluss haben. Ebenso lösen die vaginale Untersuchung und Mammapalpation eine Hyperprolaktinämie aus, sodass eine Prolaktinbestimmung vor und nicht nach einer gynäkologischen Untersuchung erfolgen sollte. In den meisten Fällen ist bei einer Hyperprolaktinämie der Prolaktinspiegel nur mild erhöht, der Zyklus ist nicht gestört und die betreffende Patientin ist symptomfrei (keine Galaktorrhoe). Diese Prolaktinspiegel können gelegentlich kontrolliert werden, bedeuten aber keine relevante Pathologie. Prolaktin | Medikamentöse Therapie der Hyperprolaktinämie Neben den genannten Ursachen führen Prolaktinome zu einer Hyperprolaktinämie. Man unterscheidet Mikroprolaktinome (< 1 cm) und Makroprolaktinome (> 1 cm). Diagnostik der Wahl ist das MRT. Ein MRT sollte veranlasst werden bei Prolaktinspiegeln > 50 pg/ml, die in einer separaten Blutprobe bestätigt worden sind. Indikation für ein MRT: bestätigte Hyperprolaktinämie > 50 pg/ml Medikamentöse Therapie der Hyperprolaktinämie Die Therapie einer Hyperprolaktinämie besteht in erster Linie in der Medikation mit Dopaminagonisten wie Bromocriptin, Cabergolin, Lisurid, Metergolin und Quinagolid. Einige der Präparate mit ihren Dosierungen sind in Tabelle 6 aufgelistet. Inhaltsstoff Dosierung Handelspräparate Bromocriptin 2,5 mg/Tablette 1,25 mg zur Nacht – 7,5 mg pro Tag (in 3 Einzeldosen) Bromocriptin AbZ, Bromocriptin beta 2,5 mg, Bromocriptin 2,5 mg CT, Bromocriptin HEXAL 2,5 mg, Bromocriptin ratiopharm 2,5 mg, kirim, Pravidel Cabergolin 0,5 mg/Tablette 0,5–3 mg/Woche in 2 Einzeldosen Cabergolin dura 0,5 mg, Cabergolin ratiopharm 0,5 mg, Cabergolin HEXAL 0,5 mg, Dostinex Lisurid 0,2 mg/Tablette 0,4–0,6 mg pro Tag Dopergin Metergolin 4 mg/Tablette 4–12 mg/Tag Liserdol Quinagolid 25, 50, 75, 150 µg/Tablette 25 µg–300 µg/Tag Norprolac Hyperprolaktinämie Leitsymptom der Hyperprolaktinämie ist die Galaktorrhoe. Diese entsteht durch die Stimulation des Mammagewebes, die physiologische Funktion des Prolaktins. Daneben kommt es zu Zyklusstörungen. Bis heute ist nicht endgültig geklärt, was die Ursache dafür ist. Pathognomonisch sind in jedem Fall die niedrigen bis nicht messbaren Gonadotropin- und insbesondere LH-Spiegel. Unerfüllter Kinderwunsch und verminderte Libido sind direkte Folgen der gestörten Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse. Der Östradiolmangel trägt zur Entwicklung einer Osteoporose bei. Allerdings hat das Prolaktin offenbar auch einen direkten Effekt auf den Knochen, sodass auch bei einer postmenopausalen Patientin, die ohnehin amenorrhoisch ist, eine Hyperprolaktinämie so therapiert werden sollte, dass die Werte im Referenzbereich eingestellt werden. Als ein Leitsymptom gilt schließlich noch der bilaterale Gesichtsfeldausfall, verursacht durch den Druck der vergrößerten Hypophyse auf das Chiasma opticum. Dies tritt allerdings nur bei größeren Raumforderungen (Makroprolaktinomen) auf. (Tabelle 5). Galaktorrhoe Wirkung von Prolaktin auf das Mammagewebe Zyklusstörungen Störung der Gonadotropinsekretion auf hypothalamisch-hypophsärer Ebene unerfüllter Kinderwunsch Zyklusstörungen Osteoporose Zyklusstörungen mit Östrogenmangel, direkte Wirkung von Prolaktin auf den Knochen bilteraler Gesichtsfeldausfall mechanische Wirkung eines Prolaktinoms Tabelle 5 Symptome und formalpathogenetische Ursachen bei einer Hyperprolaktinämie 23 Tabelle 6 Typische Dosierung verschiedener Dopaminagonisten zur Therapie der Hyperprolaktinämie. Bei den Dosierungen ist jeweils die Startdosis und eine übliche Maximaldosis angegeben. Die Maximaldosis kann in individuellen Fällen auch überschritten werden. Medikamentöse Primärtherapie ist heute meist ein Bromocriptinpräparat. Nachteilig ist gerade bei diesem Wirkstoff aber die häufige unerwünschte Wirkung der Kreislaufdysregulation. Empfehlenswert ist daher die abendliche Einnahme. Cabergolinpräparate sind nach Studienlage effektiver bei Makroprolaktinomen bzw. ausgeprägten Hyperprolaktinämien.35 Sie führen verlässlicher zu einer Verkleinerung von Makroprolaktinomen und einem schnelleren und weniger nebenwirkungsreichen Abfall der Prolaktinspiegel. Indikation für Cabergolinpräparate sind initiale Prolaktinspiegel > 50–100 ng/ml und/oder der Nachweis eines Makroprolaktinoms.