Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen Thema Nr. 9 Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen 12.1.2004-16.1.2004 Désirée Landgrebe 1) Was versteht man unter statischen, extrapolativen, adaptiven und rationalen Erwartungen? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den verschiedenen Erwartungsbildungshypothesen für die Stabilisierungspolitik des Staates? Mit dem Auftreten der Theorie der Quantitativen Wirtschaftspolitik (Tinbergen) wurde in den fünfziger Jahren verstärkt versucht, zukünftige Wirtschaftsentwicklungen über ökonometrische Modelle zu schätzen. Erwartungen wurden hierbei – wie bei Keynes – als exogene Variablen angesehen. In den siebziger Jahren sank aber die Prognosekraft dieser Modelle. Angeregt durch die Kritik von Lucas begann man, Erwartungen nicht mehr als konstante, exogene Parameter zu betrachten, sondern versuchte, sie zu endogenisieren: Erwartungsmodelle Erwartung = Prognose über künftige Entwicklung oder fremdes Verhalten 1. extrapolative Erwartungen • • 2. rationale Erwartungen Konstruktion der Erwartungsgröße aus den realisierten Werten der entsprechenden Variable aus der Vergangenheit. Es wird eine einwertige Erwartung gebildet, d.h. man erwartet einen konkreten Wert. • Bildung der Erwartungsgröße aufgrund des zugrunde liegenden realen Prozesses. • Diese Erwartungen werden mehrwertig genannt, da hierbei mehrere Werte bzw. eine Wahrscheinlichkeitsverteilung erwartet werden. 1. extrapolative Erwartungen: 1.1. allgemeine Form: Das Modell der extrapolativen Erwartung konstruiert die Erwartungsgröße aus den realisierten Werten der entsprechenden Variablen für die Vergangenheit, indem sie der Konstruktionsvorschrift eine entsprechende Gewichtungsfunktion W zugrunde legt: X t*+1 = W (L )X t X t = realisierte Größe in der Periode t X t*+1 = erwarteter Wert der Größe X in der Periode t+1 L = allgemeiner Lag-Operator (lag, engl., zeitliche Verzögerung) 1 Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen Die Erwartungsgröße X t*+1 kann wie folgt gebildet werden: X t*+1 = X t + b( X t − X t −1 ) Hier ist der Anpassungskoeffizient -1 < b < 1 als Konstante gegeben. Für b = 0 → statische Erwartung, da die realisierte Größe in der Periode t gleich dem Erwartungswert in der folgenden Periode ist; b = 1 → die Differenz zwischen X t und X t −1 wird als „Trend“ in die nächste Periode fortgeschrieben; b < 0 → Umkehr des „Trends“. Wählt man mehrere vergangene Perioden zur Bestimmung des Trends, dann werden die Gewichte als fallende geometrische Reihe gewählt. 1.2. adaptive Erwartungen: Hier werden die Fehler aus der Vergangenheit bei der Bildung des neuen Erwartungswertes verwendet und damit ein Element des Lernens eingebaut: ( X t*+1 = X t* + a X t −1 − X t*−1 ) a ist ein über die Perioden konstanter Anpassungskoeffizient, definiert für 0<a≤1. Die Erwartungsgröße X t*+1 wird gebildet aus der erwarteten Größe der Vorperiode, korrigiert um die Abweichung der realisierten von der erwarteten Größe der Vorperiode, gewichtet mit dem Koeffizienten a. a = 1 → statische Erwartung, d.h., Reproduktion der realisierten Größe als Erwartungsgröße. Die Differenz der Erwartungsgröße der folgenden (t+1) und laufenden Perioden (t) entspricht der Differenz der realisierten und erwarteten Größe in der vorhergehenden Periode (t-1). Beweis: ( ) X t*+1 − X t* = 1(X t −1 − X t*−1 ) X t*+1 − X t* = a X t −1 − X t*−1 X t*+1 − X t* = X t −1 − X t*−1 a < 1 → adaptive Erwartungen: Je weiter die Realisationsgrößen zurückliegen, desto geringer ist ihr Einfluss auf den zu bildenden Erwartungswert. Das adaptive Modell der Erwartungsbildung kann als Fehlerkorrekturverfahren angesehen werden, da der Erwartungswert um den Anteil a der Differenz zwischen der Realisation und dem entsprechenden Erwartungswert korrigiert wird. 2. rationale Erwartungen (Muth): Nach dem Konzept der rationalen Erwartungen bilden sich diese aus dem zugrunde liegenden realen Prozess. Hierbei sind zwei Annahmen grundlegend: a) b) Die Wirtschaftssubjekte sind im Besitz aller relevanten Informationen über gegenwärtige und vergangene Wirtschaftsdaten. Die Wirtschaftssubjekte besitzen ein richtiges Modell der Wirtschaft, so dass Ausgangsdaten in Zukunftsdaten transformiert werden können. 2 Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen Der in der Periode t gegebene Informationsstand I lässt sich somit als Informationsmenge aus relevanten Daten D und Kenntnis der Struktur des (wahren) Modells M zum Zeitpunkt t beschreiben: It = {Dt, Mt} Rationale Erwartungen sind formale Prognosen, die aus einer systematischen Auswertung von Erkenntnissen über Zusammenhänge zwischen relevanten Variablen gewonnen werden. Da die Wirtschaftssubjekte in der Lage sind, die Ausgangsdaten in Zukunftsdaten zu transformieren, gilt: X t*+1 = Et [X t +1 | I t ] Die Erwartungsgröße wird häufig gleich dem Erwartungswert der Größe bei gegebenem Informationsstand gesetzt, wenn man eine Normalverteilung unterstellen kann. Wegen der vorherrschenden Unsicherheit bei wirtschaftlichen Abläufen bauen die Modelle auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf, was einen mathematisch-statistischen Aufwand nötig macht. Kritik: Das Ziel der Erwartungsbildung ist die gedankliche Vorwegnahme der Zukunft, um die daraus fließenden Plandaten in das gegenwärtige Handeln so einzubauen, dass der Handlungserfolg optimal ist. Für das Modell der Erwartungen ergibt sich aus dieser Zielsetzung der Anspruch, alle für den Planungserfolg relevanten Daten zu berücksichtigen. • • Extrapolative Erwartungsmodelle beziehen nur Vergangenheitsdaten ein. Das bedeutet, dass die Abhängigkeit der Prozessentwicklung von anderen Größen als der betrachteten Erwartungsvariablen selbst ignoriert wird (z. B. kurzfristige Schocks). An den rationalen Erwartungsmodellen werden die beiden Annahmen der totalen Informiertheit in Bezug auf Berechenbarkeit (Modellreichweite) und der (kostenlosen) Datenverfügbarkeit kritisiert: Der Mensch ist nur bedingt in der Lage, Informationen zu verarbeiten. Ferner kennen Menschen in der Regel nicht das „wahre“ Modell, sondern sie lernen aufgrund von Beobachtungen der Verhaltensweise anderer. Rationale Erwartungsmodelle unterstellen implizit gleichgewichtssuchende Systeme und schränken damit die mögliche Komplexität der Realität ein. Konsequenzen für die Stabilisierungspolitik: Die Neue Klassische Makroökonomie (NKM) baute die rationale Erwartungsbildung in ihre Politikineffektivitätshypothese ein. Sie setzte folgte Annahmen: • • • Vollständige Markträumung Rationale Erwartungsbildung Fehlen jeglichen Informationsvorsprungs von Trägern der Wirtschaftspolitik Die NKM besagt, dass bei diesen Annahmen jede Stabilisierungspolitik unwirksam hinsichtlich der angestrebten Ziele ist. 3 Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen 2) Was spricht dagegen eine negativ geneigte Philips-Kurve als langfristig stabile Beziehung zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit anzusehen? Originäre Phillipskurve: Es besteht eine inverse, nicht-lineare Beziehung zwischen dem Anstieg der Nominallöhne ŵ und der Arbeitslosigkeit U (empirische Studie von A. Phillips, 1958). Originäre Phillipskurve ŵ U Modifizierte Phillipskurve (Samuelson/Solow, 1960): Sie beschreibt den negativen Zusammenhang zwischen (prozentualer) Veränderung des Preisniveaus p̂ bzw. der Inflationsrate π und der Arbeitslosigkeit U. Lohnerhöhungen im ∧ ∂Y Ausmaß des Wachstums der Arbeitsproduktivität sind hier inflationsneutral. ∂N Von der originären zur modifizierten Phillipskurve ŵ w ∂Y = p ∂N π ∧ ∂Y wˆ − pˆ = ( ) ∂N 2 0 0 U U ∧ ( ∂Y ) ∂N ∧ ∂Y pˆ = wˆ − ( ) ∂N ∧ ∂Y ) von Geht man von einer Wachstumsrate der (Grenz-)Produktivität der Beschäftigten ( ∂N 2% aus, dann zeigt sich anhand der obigen Graphik, dass Lohnerhöhungen ŵ von 2% inflationsneutral sind. 4 Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen Bei steigender Arbeitslosigkeit sinkt der Reallohn W/P wegen geringerer Lohnerhöhungen bei gegebener erwarteter Inflationsrate, d. h. der Faktor Arbeit wird günstiger für den Produzenten. Seine Nachfrage nach Arbeitskräften steigt an, die Anzahl der Arbeitslosen U sinkt. Dieser trade-off zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit hat nur kurzfristigen Charakter, da von einer gegebenen erwarteten Inflationsrate ausgegangen wird, diese sich aber im Laufe des Anpassungsprozesses verändern kann (bei rationalen Erwartungen). Insofern gibt es (nach M. Friedman und E. Phelps) ein gleichgewichtiges Niveau der Arbeitslosigkeit, bei dem die Inflationsrate konstant ist („natürliche“ Arbeitslosenquote oder „Non-accelerating inflation rate of unemployment“ in Punkt O). Diese natürliche Arbeitslosenquote ist eine Vertikale und wird auch langfristige Phillipskurve genannt. Langfristige Phillipskurve π πe =6 πe =4 πe = 2 6 4 πe =0 E D C B Kurzfristige Phillipskurven A 2 O U U Die Lage der Phillipskurve wird durch die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte bestimmt. Bei adaptiven /statischen Erwartungen orientieren sie sich an dem realisierten Wert in der Vorperiode. Lag z. B. in der Vorperiode die (erwartete und realisierte) Inflationsrate bei 2%, erwarten die Wirtschaftssubjekte auch 2% Inflation für die nächste Periode. Die wahre Inflation steigt indes in der betreffenden Periode langsam auf 4%. Als Folge sinkt die Zahl der Arbeitslosen kurzfristig wegen geringerer Reallöhne (Wanderung auf der kurzfristigen Phillipskurve von Punkt A zu Punkt B). Langfristig aber kehrt die Arbeitslosenquote auf das Niveau der „natürlichen“ Arbeitslosenquote zurück (Punkt C). Die Wirtschaftspolitik oder Geldpolitik kann also kurzfristig durch Steigerung der Inflation das Beschäftigungsniveau steigern: Preise steigen → Nominallöhne bleiben starr → Reallöhne sinken ! Arbeit wird billiger (auf kurze Sicht passen sich Preise schneller an als Löhne). Die Arbeitnehmer realisieren aber, dass ihre Reallöhne gesunken sind und fordern Kompensation in Form von höheren Nominallöhnen, d. h. der Reallohn steigt wieder und die Unternehmernachfrage nach Arbeit sinkt wieder. Dieser Kreislauf kann beliebig wiederholt werden (Punkte C,D und E), langfristig wird aber die „natürliche“ Arbeitslosenquote U nicht unterschritten. Eine negativ verlaufende Phillipskurve kann also nicht auf lange Sicht als eine stabile Beziehung zwischen der Inflation und der Arbeitslosigkeit angesehen werden. Sie stellt nur einen kurzfristigen trade-off der wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger dar, der auch nur 5 Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen solange funktioniert, wie die Wirtschaftssubjekte von den Maßnahmen der Politik überrascht werden können. Bei rationalen Erwartungen wissen die Wirtschaftssubjekte über die Geschehnisse auf den Märkten Bescheid. Das heißt, sie antizipieren die Eingriffe der Wirtschaftspolitik und berücksichtigen sie in ihrer Lohnforderung. Die Wirtschaftspolitiker haben keinen trade-off mehr, da die Inflation keinen Einfluss mehr auf die Beschäftigung hat. Bei rationalen Erwartungen und augenblicklicher Markträumung gilt die langfristige vertikale Phillipskurve auch kurzfristig! 3) Erläutern Sie anhand einer Zeichnung wie es dazu kommen kann, dass Inflation und Arbeitslosigkeit gemeinsam ansteigen. Wie bezeichnet man eine solche Situation? Bei einer Stagflation steigt das Preisniveau an (Inflation), aber die Beschäftigung und die Produktionsmenge/Output Y innerhalb einer Volkswirtschaft gehen zurück (Stagnation). Langfristig ist das Angebot durch Kapital und Arbeit festgelegt, kurzfristig aber ist das Angebot flexibel. Durch einen negativen exogenen Angebotsschock verschiebt sich die kurzfristige Angebotskurve von S1 auf S2. (Aufgrund gestiegener Rohstoffpreise sind die Produktionskosten bei jedem Outputniveau höher.) Das alte langfristige Gleichgewicht A wird verlassen. Das neue kurzfristige Gleichgewicht wird bei B realisiert. In B ist das Preisniveau gestiegen, der Output ist aber gesunken (Stagflation). Bei akkommodierender (hier expansiver) Geld- und Fiskalpolitik verschiebt sich die Nachfragekurve von D1 auf D2. Langfristig wird also der Punkt C als neues langfristiges Gleichgewicht erreicht. Ölkrise in den siebziger Jahre als Beispiel für eine Stagflation: Zwischen 1973-75 verknappte die OPEC die Ölzufuhr in den Westen. Die Folge war ein starker Anstieg der Ölpreise. Dieser „negative Angebotsschock“ verteuerte die Produktion, anschließende Lohnerhöhungen führten zu Inflation und steigender Arbeitslosigkeit. 6 Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen 4) Skizzieren Sie den „Politischen Konjunkturzyklus“. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die jeweilige Regierungspartei sich diesen Mechanismus auf Dauer zunutze machen kann? Welche Rolle spielen die verschiedenen „time-lags“ zwischen den wirtschaftspolitischen Maßnahmen und ihren Wirkungen auf die makroökonomischen Größen? Die Idee der Globalsteuerung der Wirtschaft beruht auf der Vorstellung, dass freie Volkswirtschaften zu konjunkturellen Schwankungen neigen. Dies führt zu Unterbeschäftigung, Arbeitslosigkeit, steigenden Konkursen, Liquiditätskrisen und Preisschwankungen. Die Ziele der Globalsteuerung sind demnach vor allem Vollbeschäftigung, Preisstabilität, stetiges Wachstum und Ausgleich der Zahlungsbilanz. Politiker sind aber nicht in erster Linie an Umsetzung der obigen vier Hauptziele interessiert, sondern primär an Stimmenmehrheit, um ihre politischen Ziele umzusetzen und Regierungsmacht zu erhalten. Die Parteien werden folglich die Ziele der Globalsteuerung nur dann anvisieren, wenn sie sich davon Stimmengewinne versprechen. Parteien haben also eine Neigung, opportunistisch in bestimmten Situationen zu handeln. Berücksichtigt man die Wahlperioden noch dazu, dann zeichnet sich ein politischer Konjunkturzyklus ab. Die Theorie des politischen Konjunkturzyklus sagt im Wesentlichen aus, dass • • durch die vorgegebene Sequenz der Wahltermine ein „künstlicher“ Konjunkturzyklus, d.h., ein Auf und Ab von Inflationsraten und Arbeitslosenquoten generiert wird und daraus unter bestimmten Umständen eine Tendenz zu Inflation resultiert. Annahmen des „Politischen Konjunkturzyklus“: 1. Parteien/Regierung sind Stimmenmaximierer zwecks Realisierung ihrer exogenen Ziele. 2. 2 Parteien. 3. Wähler bewerten Leistung der politischen Parteien nach der aktuellen konjunkturellen Entwicklung. 4. Kurzsichtigkeit der Wähler: Wähler lassen sich jeweils durch kurzfristige makroökonomische Daten (aktuelle Arbeitslosigkeit) bei ihrer (aktuellen) Bewertung der Leistung der Politiker beeinflussen, „erinnern“ sich jedoch nicht an frühere Daten aus der gesamten Legislaturperiode. 5. Kurzfristiger Trade-off zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit möglich → Phillips-Kurve. 6. time-lags: Zeitliche Verzögerungen zwischen Wahrnehmung einer Fehlentwicklung und der Wirkung der ergriffenen Maßnahmen. • inside lags = Verzögerung zwischen Wahrnehmung einer Fehlentwicklung und der Entscheidungsfindung über die geeigneten Maßnahmen („Entscheidungs-Lag“). • outside lags = Verzögerung zwischen Umsetzung der Maßnahmen und ihrer ersichtlichen Wirkung bzw. Wahrnehmung durch die Wirtschaftssubjekte („Wirkungs-Lag“). Wahrnehmung einer Fehlentwicklung - inside lag→ Entscheidung über geeignete -outside lag→ Gegenmaßnahmen Wirkung der Maßnahmen/ Wahrnehmung 7 Thema 9: Grenzen der Wirtschaftspolitik und rationale Erwartungen Unter diesen Annahmen versuchen Parteien vor einer Wahl die makroökonomischen Daten kurzfristig positiv zu färben: Die Arbeitslosenquote U ist wahrscheinlich die wichtigste Größe, wenn Wähler Regierungen beurteilen sollen. Eine Regierung neigt also kurz vor dem Wahltermin dazu, die Arbeitslosenquote kurzfristig zu senken, z. B. durch eine Expansion der Staatsausgaben (Schaffung neuer Arbeitsmarktstrategien, verstärktes Bemühen um Schaffung neuer Stellen, ABM-Einrichtungen, etc). Da die Wähler kurzsichtig sind, sehen sie vor einer Wahl nur den positiven Effekt dieser Maßnahmen. Die sinkenden Arbeitslosenraten können als politischer Erfolg der jeweiligen Partei zugesprochen werden. Die Chancen auf die Wiederwahl steigen. Erst nach der Wiederwahl zeichnen sich die negativen Folgen der Maßnahmen ab. Die tatsächliche Inflationsrate steigt an. Die Wirtschaftssubjekte werden nach einer gewissen Zeitverzögerung (outside lag) diese Steigerung wahrnehmen und ihre Inflationserwartungen anpassen. Die Arbeitslosenquote steigt wieder auf ihr altes Niveau. Dies ist für die jeweilige Partei nicht so gravierend, da sie für eine gesamte Legislaturperiode gewählt ist und somit kurz nach der Wiederwahl keine Stimmen maximieren muss. Folglich kann sie jetzt eine Anti-Inflationspolitik betreiben, die Inflationsrate senken und die Arbeitslosigkeit erhöhen. Am Ende der laufenden Periode werden die Wirtschaftssubjekte die Geschehnisse am Beginn vergessen haben. Einschränkungen: Die Theorie des politischen Konjunkturzyklus setzt voraus, dass • die Wahlperioden nicht zu kurz bemessen sind, • die Wähler kurzsichtig sind und nicht aus der Vergangenheit lernen. Ein weiteres Problem ist die Finanzierung der Staatsausgaben. Günstig wäre es natürlich, gleich nach der Wiederwahl unbeliebte Maßnahmen in Form von höheren Steuern durchzuführen. 8