4_ Gedächtnis - kognition.at

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4. GEDÄCHTNIS
= die mentale Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, zu speichern und wiederzugeben
4.1 Speicherstrukturen des Gehirns
4.1.1 Phylogenetische Entwicklung des Gehirns
Zu den wichtigsten Gehirnstrukturen für Lernprozesse zählen:
1. Hirnstamm (Aktivierungsregulation, vegetative Reaktionen)
2. Limbisches System (emotionale Reaktionen, Konsolidierung)
3. Großhirn (Speicherung und Klassifikation von Lerninhalten, Aufmerksamkeitssteuerung, Abruf von Speicherinhalten)
… „The Triune Brain“ (McLean, 1952)
4.1.1.1 Hirnstamm
◊ Formatio reticularis Die Region des Hirnstamms, die den cerebralen Cortex auf ein-
treffende sensorische Signale hinweist und für die Aufrechterhaltung des Bewusstseins
und das Erwachen aus dem Schlaf verantwortlich ist
◊ Aktivierung Lernen:
•
Im Kreis sitzen 11 Paare von Probanden, von denen jew. einer ein Drei- bis Zwölf-
•
Aufgabe: Sich alle vorgelesenen Worte (= auch jene der anderen) zu merken
•
•
•
buchstabenwort vorzulesen hat und der zweite nur zuhören muss
„Next-in-line-effect“
Selbst vorgelesen: ~85% (Reproduzieren)
Nur Zuhören: ~40% (Reproduzieren)
4.1.1.2 Limbisches System
= „Emotionszentren“
4.1.1.3 Großhirn
◊ Phylogenetische Entwicklung:
•
•
Frontallappen Aufmerksamkeit- und Handlungskontrolle
Parietal-, Temporal- und Okzipitallappen Fakten- und Wissensspeicherung
◊ Lateralisation von Funktionen:
Pointierte Darstellung funktionaler Unterschiede zw. linker und rechter Hemisphäre
aufgrund von:
•
•
•
Klinischen Erfahrungen (Gehirnverletzungen)
Neurologischen Studien (z.B. Split-Brain-Forschung)
Neuropsychologische Experimente (z.B. dichotisches Hören)
4.1.2 Gedächtnisverlust (Amnesie)
•
Operative Entfernung der Hippocampi (basale Anteile des Limbischen Systems)
•
Patient H. M. wurde wegen schwerer epileptischer Anfälle Teile beider Temporal-
•
Konsequenz: Vollständige und dauerhafte Einprägungsstörung – bei ansonsten
hat eine (anterograde) Amnesie zur Folge
lappen entfernt (einschl. Hippocampi)
erhaltener Intelligenz
4.1.3 Speichermechanismen
◊ KZG LZG:
Hebb (1949): Zirkulierende Erregungen in Nervenzellgruppen („reverberierende
neuronale Schaltkreise“)
◊ Langzeitpotenzierung:
•
Verbindung zw. Nervenzellen werden dann verstärkt, wenn beide gleichzeitig
•
Wenn z.B. ursprünglich eine Synapse der Nervenzelle A bei der Nervenzelle C
erregt sind („Hebb’sche Lernregel“)
einen geringen Output auslöst, diese anschließend gleichzeitig durch eine zweite
Nervenzelle B stärker erregt wurde, dann löst später die Reizung A bei C ebenfalls
einen stärkeren Impuls aus
4.2 Einprägen und Vergessen
4.2.1 Einprägen als psychische Abbildung der Wirklichkeit
•
•
•
•
Assoziative Netzwerke („Hopfield-Netzwerke“)
Jedes Element mit jedem anderen in Verbindung
„Hebb’sche Lernregel“
Maximale Zahl fehlerfrei speicherbarer Konfigurationen: 13% - 15% d. Neuronenanzahl
4.2.2 Begriffsbildung in neuronalen Netzwerken
•
Jones und Hoskins (1987): Training eines neuronalen Netzwerkes
•
Verhalten von Rotkäppchen im Wald: Hat jemand große Ohren, große Augen und
•
Einbezug einer Interneuronenschicht bildet Begriffe aus
große Zähne („Wolf“), dann sollte es weglaufen, schreien und d. Holzfäller suchen
4.2.3 Potenzgesetz des Lernens (Trainings / „power law of learning“)
•
Experiment von Pirolli & Anderson (1985)
•
Vpn lernten über 25 Tage hinweg je zwei Stunden pro Tag 15 einfache Sätze
•
Wissensprüfung: Täglich durch Vorgabe von korrekten und inkorrekten Sätzen
(„Der Doktor hasste den Rechtsanwalt“, „Der Matrose erschoss den Friseur“ …)
•
Zeit, wie schnell die Probanden mit Knopfdruck entscheiden konnten, ob der Satz
•
Die RT – als inverses Lernkriterium – nahm mit der negativen Potenz der Übungs-
zum Lernmaterial gehörte oder nicht
tage ab: Z = 1,40 * T-0,24
4.2.4 Potenzgesetz des Vergessens („power law of forgetting“)
•
Der Begründer der Gedächtnisforschung Herrmann Ebbinghaus (1850 – 1909)
lernte dreizehn „sinnlose Silben“ (z.B. DAX, TUF, NUP) auswendig, bis er sie
zweimal fehlerfrei aufsagen konnte
•
Dann testete er, wie viel der ursprünglichen Lernzeit (in %) er sich ersparte (E),
wenn er zu verschiedenen Zeitpunkten danach (S) die Liste wieder fehlerfrei
lernen wollte
•
Diese „Vergessenskurve“ lässt sich, wie viele andere auch, als Potenzfunktion darstellen: E = 47,56 * S-0,126
4.2.5 Vergessen von Vokabeln
Bahrick (1984) überprüfte die Vokabelkenntnisse von High-School- und College-
absolventen nach einem Spanischkurs über viele Jahre hinweg; drei Jahre nach dem Kurs
beherrschten Tp nur mehr ~40% der Vokabeln, dann aber blieb das Wortschatzniveau
über viele Jahrzehnte weitgehend gleich, um 50 Jahre danach immer noch bei 30% zu
liegen
4.2.6 Vergessenstheorien
1. Verfall von Speicherinhalten (Löschung)
2. Interferenzen zw. Speicherinhalten (Überlagerung)
3. Abrufstörung bei Speicherinhalten (Zugriffsstörung, „Tip-of-the-tongue“Phänomen, „Enkodierungsspezifität“)
4.2.7 Irreversible „Prägungen“
= irreversible Form des Lernens – Merkmale von Prägungsvorgängen:
•
•
Prägung findet statt, ohne dass Belohnung / Bestragung eine Rolle spielen
Prägung kann nur in bestimmten Zeitabschnitten stattfinden ( sensible Lebensphase)
•
Prägung ist unwiderruflich, das durch sie Gelernte wird besonders schnell und
•
Prägung erfolgt schnell und ist sehr effektiv
effektiv gelernt und auf Lebenszeit behalten
4.2.8 Enkodierungsspezifität („encoding specify principle“)
Im Experiment von Goddon und Baddeley (1975) hatten Taucher Listen von Worten
sowohl an Land als auch im Wasser zu lernen; Geprüft wurden sie im jeweils gleichen /
verschiedenen Kontext; Die Reproduktionsleistungen waren bei Übersteinstimmung zw.
Lern- und Prüfsituation um 10-12% der Gesamtleistung besser als bei Nichtübereinstimmung
4.3 Kurzzeitspeicherung
4.3.1 Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZG / Sensorisches Gedächtnis)
Ikonisches Gedächtnis: Bei ~10% vorwiegend jüngerer Personen (meistens Kinder)
hat das ikonische Gedächtnis eine Dauer von vielen Sekunden; In diesem Fall spricht
man von einem eidetischen („fotographischen“) Gedächtnis; Eine Person mit dieser
Begabung betrachtet das nebenstehende Beispielbild eine halbe Minute lang und kann
danach aus der Vorstellung die meisten der dargestellten Figuren wahrnehmungsgleich
beschreiben
4.3.2 Kurzzeitgedächtnis (KZG)
Im Experiment von Peterson und Peterson (1959) wurden Probanden einzelne Dreier-
kombinationen von Konsonanten zum Merken dargeboten (z.B. FCV, RNL) und danach zu
verschiedenen Zeitpunkten geprüft; Damit die Vpn die Tripletts in der Zwischenzeit nicht
wiederholen konnten, mussten sie während dessen dreistellige Zahlen nach rückwärts
zählen („Distraktoraufgabe“); Bis zu einer Dauer von 4 Sekunden konnten 50% der
bedeutungslosen Tripletts noch vollständig erinnert werden
4.3.3 Arbeitsgedächtnis
◊ Komponenten:
•
•
•
Zentrale Exekutive
Phonologische Schleife
Visuell-räumlicher Notizblock
◊ Anderson (1983):
1. Arbeitsgedächtnis übernimmt Daten aus der Außenwelt, interpretiert diese durch
Abruf von Begriffen, Fakten und Episoden aus dem deklarativen Gedächtnis und
speichert die neuen Daten
2. Arbeitsgedächtnis vergleicht mit Auslösern von Fertigkeiten im prozeduralen
Gedächtnis, Ausführimpulse werden rückgemeldet und das Arbeitsgedächtnis
entscheidet über Ausführung des Verhaltens (Anwendung: Verkettung von Prozeduren)
4.4 Langzeitspeicherung
Langzeitgedächtnis (LZG): In einer Untersuchung an etwa tausend Studenten ermittelten Palermo und Jenkins (1963) die durchschnittliche Assoziationshäufigkeit zw.
verschiedenen Begriffen; Das resultierende semantische Netzwerk ist eine Abbildung der
(mittleren) Wahrscheinlichkeiten mit denen in freier Assoziation (ohne Handlungsdruck)
ein bestimmter Begriff (z.B. Finger) einen anderen (z.B. Hand) ins Bewusstsein ruft (z.B.
p = 0.52)
4.5 Arten des Langzeitgedächtnisses
Überblick:
episodisch
semantisch
(räumlich und zeitlich definierte Erlebnisse)
(Begriffe, Klassifikationen, Begriffsnetzwerke)
(Sachverhalte, Wissen)
(Reiz-Reaktions-Folgen, Fertigkeiten)
(bildhaft)
(aufgabenbezogen)
deklarativ
epistemisch
proportional
(automatisch Gelerntes)
(absichtsvoll Gelerntes)
(Fakten, Sachverhalte)
(Abläufe, Aktionen)
… LZG:
(a) perzeptiv (implizit):
•
Wortformen
Objektformen
Raumformen
(b) deklarativ (explizit):
•
•
episodisch
semantisch
(c) prozedural (implizit):
•
analog / imaginativ
(Vorstellungen, kognitive Landkarten)
deklarativ
•
heuristisch
(aussagenlogisch, prädikatenlogisch)
implizit
•
prozedural
Habituation
explizit
nicht-deklarativ
•
•
•
Konditionierung
Priming
Fertigkeiten
4.6 Stadien langzeitlicher Gedächtnisbildung
4.6.1 Aufnahme von Wissen („Encoding“)
4.6.1.1 Arousal-Effekt
Lernexperiment (Kleinsmith & Kaplan, 1963):
•
48 Probanden
•
Merken von Paarkombinationen aus 8 Worten (z.B. Kuss, Raum, Examen, Tanz)
•
Indikator: Höhe des physiologischen Arousals, das durch die Worte ausgelöst
•
Hohes Arousal: Lernmaterial nach einer Woche noch zu 40% gemerkt
und 8 Ziffern
wurde („Psychogalvanische Reflex“, PGR)
(Unmittelbar nach dem Lernen konnten Inhalte mit hohem Arousal allerdings
schlechter reproduziert werden als solche mit geringem Arousal)
4.6.1.2 Distinctiveness-Effekt
Mäntylä und Nilsson (1988) ließen 24 Probanden für 30 Substantive (z.B. Admiral,
Ballet, Zirkel) spontan 3 charakteristische Beschreibungsmerkmale ausdenken, die ihnen
(was sie vorher nicht wussten) nach 1, 3 oder 6 Wochen als Erinnerungshilfen für die Abprüfung der Substantive vorgegeben wurden; Weitere 24 Probanden hatten die gleiche
Aufgabe, wurden aber darauf fokussiert, 3 distinktive (= zu anderen Begriffen möglichst
unterschiedliche) Charakteristika zu finden; Die Gruppe mit distinktiven „recall cues“
schnitt um 15% bis 45% besser ab als jene mit spontan entwickelten Mithilfen; Sogar
nach 6 Wochen konnte noch mehr als 80% des distinktiv enkodierten Materials erinnert
werden
4.6.1.3 Positionseffekt
Im Experiment von Jahnke (1965) wurden 48 Studierenden unterschiedlich lange
Wortlisten einmalig präsentiert, mit der Aufgabe, danach alle Worte, die erinnert werden
konnten, wiederzugeben; Es wurde immer festgehalten, an welcher Position die
reproduzierten Worte in der Liste standen: Sowohl die ersten als auch die letzten
Elemente in den Serien konnten bis zu viermal besser gemerkt werden als die mittleren
Elemente
4.6.1.4 Gliederungs- und Ordnungseffekt
Miller und Selfridge (1950) gaben ihren Vpn verschieden lange Wortketten (10 – 50
Worte) zu lernen, deren grammatikalischer Ordnungsgrad abgestuft war; Beginnend mit
zufälliger Auswahl von Worten aus dem Englischen (Grad 0), über zufällige Wortpaare
(Grad 1), Worttripel (Grad 2), Wortquartupel (Grad 3) usw. bis zu korrekt formulierten
Sätzen (Text); Die Reproduktionsleistung nahm erwartungsgemäß von 10-Wort-Ketten
bis zu 50-Wort-Ketten ab; Innerhalb der gleich langen Wortketten nahm die Merk-
fähigkeit mit dem Grad der Annäherung an die grammatikalische Struktur der Sprache
um 40% bis 50% zu
//
In überzeugender Weise konnten Bower und Mitarbeiter (1969) den Einfluss der
Gliederung bzw. der begrifflichen Klassifikation auf die Behaltensleistung nachweisen; In
ihrem Experiment lernten die Vpn 112 Wörter entweder nach oberbegrifflichen Baum-
diagrammen geordnet oder zufällig verwürfelt, wofür sie jeweils 4 Minuten Zeit hatten;
wenn die Liste geordnet vorgegeben wurde, konnten im Schnitt 65% reproduziert
werden, bei beliebiger, vermischter Vorgabe waren es nur 19%
4.6.1.5 Elaborationseffekt
Rogers und Mitarbeiter (1977) ließen Probanden 40 Worte von Eigenschaften entweder
nach deren Schriftgröße, nach möglicher Reimbildung, nach Bedeutungsübereinstimmung
mit einem anderen Wort oder nach dem Selbstbezug d. jeweiligen Eigenschaft einstufen;
Danach sollten sie (überraschend) so viele Eigenschaftsworte wie möglich wiedergeben;
Verglichen mit einer oberflächlichen Klassifikation des Lernmaterials (strukturell,
phonemisch) war die Leistung, wenn zuvor über die Bedeutung der Worte nachgedacht
werden musste (semantisch) besser, am besten war sie aber, wenn die Eigenschaften
vorher selbst-bezogen zu reflektieren waren
4.6.1.6 Imagery-Effekt
Bower (1972): Vorgabe von Merkaufgaben (Paarassoziationen von 5 x 20 Paaren
konkreter Worte, Lernzeit je Paar 5 sec)
Wiedergabeinstruktion („Wenn das linke Wort gezeigt wird, versuchen Sie bitte das
rechte Wort wiederzugeben“)
In der Kontrollbedingung: Erinnerungsleistung von 50% der Wortpaare
In der Versuchsbedingung: (bei Aufforderung), die Worte beim Lernen an der Vorstellung
miteinander visuell zu verbinden, z.B. Hund – Fahrrad, etwa durch die Vorstellung, wie
der Hund auf dem Rad herumfährt) eine Erinnerungsleistung von 80%
//
In einem Paarlernexperiment zur mnemotechnischen Nutzung der Hakenwort-Technik
fanden Wollen und Mitarbeiter (1972) bei visueller Vorstellung von Worten allein eine
Merkleistung 36%, bei Verknüpfung der Vorstellungen aber eine Reproduktion von 74%
(z.B. für die Wortkombination Klavier und Zigarre)
Spätere Untersuchungen (McDaniel et al., 1995) ergaben, dass humorige, absonderliche
oder bizarre (= distinkte) Vorstellungskombinationen (wie links unten) besser eingeprägt
werden als realistische (wie links oben)
4.6.1.7 Mnemotechniken
◊ Hakenwort-Methode:
0
Ei
(Merkinhalt)
1
Katze
(Merkinhalt)
2
Schwan
(Merkinhalt)
3
Dreizack
(Merkinhalt)
4
Kleeblatt
(Merkinhalt)
5
Hand
(Merkinhalt)
(z.B. Einkaufsliste in der richtigen Reihenfolge behalten)
(z.B. Merken der Zahl 5024 = Hand + Ei + Schwan + Kleeblatt)
In einem Experiment von Bugelski und Mitarbeitern (1968) lernte die Hälfte von 90 in
üblicher Vorgangsweise (Auswendiglernen der Kombinationen: 1 – 1; Wort, 2 – 3; Wort,
3 – 3; Wort etc.), die zweite Gruppe verwendete die Hakenwortmethode: Bei nur 2 Sek.
Lernzeit je Zahl-Wort-Paar gab es fast keine Leistungsunterschiede zw. den beiden
Methoden, bei 4 oder 8 Sekunden Lernzeit jedoch, in der für die Bildung einer visuellen
mnemotechnischer Unterstützung um 20% bis 30% besser ab
◊ PQ4R-Methode:
•
•
•
•
•
•
Preview (Grobe Gliederung, Inhalte)
Question (Interesse wecken, Spannung erzeugen)
Read (Strukturieren, Global- oder Teillernverfahren)
Reflect (Vernetzen, Bezugsetzen)
Recite (eigene Formulierungen finden)
Review (Bezug auf Fragen, Kontext etc.)
4.6.2 Festigung von Wissen („Storage“)
4.6.2.1 Konsolidierungseffekt
Um die Konsolidierungswirkung von Schlaf auf das Gedächtnis zu untersuchen ließen
Born und Plihal (2000) Gruppen von Probanden Wortpaar-Assoziationen (= deklarativer
Stoff!) entweder um 23 Uhr – vor dem frühen Schlaf (Tiefschlaf) – oder um 2 Uhr – vor
dem späten Schlaf (Traumschlaf) – lernen und prüften das Behalten jeweils ~3 Stunden
später; Eine KG lernte das gleiche Material, blieb aber zw. Lernen und Testung 3 Stunden
wach; Nach dem Tiefschlaf war ein Leistungszuwachs von ~15% (vgl. mit der Wachbed.)
zu verzeichnen; Beim Traumschlaf zeigte sich kein signifikanter Effekt
4.6.2.2 Wiederholungseffekt
Im Experiment von Towbridge & Cason (1932) sollten Vpn mit verbundenen Augen
eine drei Zoll lange Linie zeichnen; Die 1, Gruppe bekam keine Rückmeldung über die
Länge der tatsächlich gezeichneten Linie (kein KR: „knowledge of result“), die 2. Gruppe
erhielt nutzloses Feedback (irrelevantes KR), die 3. Gruppe hörte nur „richtig“ oder
„falsch“ (qualitatives KR) und die 4. Gruppe bekam die quantitative Abweichung zu einer
Drei-Zoll-Linie rückgemeldet (quantitatives KR)
//
„Spacing“:
Wie sich die Verteilung von Lerninhalten über bestimmte Zeiträume auf die Behaltens-
leistung auswirkt, überprüfte Keppel (1964) mittels Assoziationslernen; Bei einer Gruppe
von Probanden gab es acht Lerndurchgänge an einem Tag (verdichtetes Lernen), bei der
zweiten Gruppe je zwei Lerndurchgänge an vier aufeinander folgenden Tagen (verteiltes
Lernen); Unmittelbar nach den Lernphasen war zwar die Gruppe mit massiertem Lernen
etwas besser, fiel aber bereits nach einem Tag auf ~1/3 der Leistung der Gruppe mit
verteiltem Lernen ab
4.6.2.3 Interferenzeffekt
•
•
Proaktive Interferenz
Retroaktive Interferenz
(Abb. s. Folie 17/18)
4.6.2.4 Rekonstruktionseffekt
Aufteilung (Abb. s. Folie 19):
(a) Ober- oder Unterbegriffsbeziehungen
(b) Unterteilung:
•
•
Kausalbeziehungen
Logische Schlussfolgerungen
4.6.3 Abruf von Wissen („Retrieval“)
4.6.3.1 Abrufmodus-Effekt
•
•
Wiedergeben („recall“)
Wiedererkennen („recognition“)
Differenz beim Hören der Inhalte ~35%
4.6.3.2 Retrieval-Cue-Effekt
In einem Experiment von Carmichael und Mitarbeitern (1932) wurden 86 Stundenten
12 Figuren vorgegeben, mit der Aufgabe, sie nachher aus d. Gedächtnis nachzuzeichnen,
wobei jedoch die gleichen Figuren mit unterschiedlichen Worten kommentiert wurden,
wie z.B. „diese Figur ähnelt einer Brille“ (Wortliste 1) oder „… ähnelt Hanteln“ (Wortliste
2); Die danach produzierten Zeichnungen hatten zu ~75% eine Ähnlichkeit mit d. Wortbedeutungen, im Vgl. zu 45% bei einer KG ohne Begleitworte
//
Über einen Zeitraum von 5 Jahren notierte Wagenaar (1986) über 2000 Ereignisse in
seinem Leben und vermerkte dazu, wer dabei war, wo es stattfand, wann es war, wie
selten es war, den Emotionalitätsgrad usw.; In halbjährlichen Zeitabständen zog er nach
dem Zufall eine Ereignisbeschreibung und versuchte sich aufgrund einzelner Merkmale
(„cues“) an die Gesamtsituation (andere „cues“) zu erinnern; Nach 5 Jahren lag die Erinnerungsleistung mit Gedächtnishilfe bei 20%, unter Zuhilfenahme von drei „cues“
immerhin bei 60%
//
Bei der Befragung von Zeugen kann die Formulierung der Frage beträchtliche Ver-
fälschungen hervorrufen; Loftus und Palmer (1974) ließen Studenten einen kurzen Film
über einen Zusammenstoß zweier Autos sehen und befragten sie anschließend über die
vermutete Geschwindigkeit; Die Schätzungen der Personen sind zu den Frage-
formulierungen in Klammern hinzugefügt: „How fast were the two cars going when they
smashed into (66 km/h) / collided with (62 km/h) / bumped into (61 km/h) / hit (54
km/h) / contacted (50 km/h) each other?“
4.6.3.3 Schematisierungseffekt
Kintsch & Dijk (1978): Exp. zum Textverstehen; Studenten hatten eine Abhandlung
von 1300 Worten zu lesen, um sie danach in einem Bericht wiederzugeben; Um den
semantischen Gehalt quantifizieren zu können, wurden der Text und die Berichte in ihre
semantischen Einheiten (Propositionen) zerlegt; Dadurch konnte erfasst werden, welche
Inhalte bei den Erinnerungsberichten richtig reproduziert und welche nur rekonstruiert
wurden; Im Vgl. zur sofortigen Wiedererzählung gehen bei d. Testung nach drei Monaten
die Reproduktionen von 72% auf 48% zurück, während die Rekonstruktionen (logische
und plausible Schlussfolgerungen aus dem Text) von 25% auf 44% ansteigen
4.6.3.4 Motivations- und Erwartungseffekt
Ursachenzuschreibungen für Erfolg / Misserfolg:
Person
Aufgabe
(internal)
Stabil
Variabel
(external)
Fähigkeit
Schwierigkeit
Anstrengung
Zufall
4.7 Faktoren langzeitlicher Speicherung
Übersicht:
1. Arousal
8. Wiederholung
3. Position
10. Rekonstruktion
5. Elaboration
12. Erinnerungshilfen
7. Konsolidierung
14. Motivation und Erwartung
2. Distinktheit
4. Gliederung
6. Vorstellung
9. Interferenz
11. Abrufart
13. Schematisierung
4.8 Zusammenfassung
1. Gedächtnis ist die mentale Fähigkeit, Information aufzunehmen, zu speichern und
wiederzugeben
2. Die Lerngeschwindigkeit und die Vergessensgeschwindigkeit sind durch eine
(positive bzw. negative) Potenzfunktion beschreibbar
3. Vergessen wird durch Abschwächung der Einprägungen, durch Interferenzen
sowie durch Probleme des Zugriffs auf die Merkinhalte geklärt
4. Je nach Dauer der Einprägungen unterscheidet man UKZG, KZG und verschiedene
Arten des LZG
5. Die Dauer von Einprägungen wird durch relative viele Effekte in den Stadien der
Aufnahme, der Festigung und des Abrufes von Informationen beeinflusst
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