Augenärztliche Fortbildung Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen Ronald D. Gerste North Potomac Zusammenfassung: Die Neurofibromatose Typ 1 (NF-1) ist die häufigste Phakomatose und zeichnet sich durch die Beteiligung zahlreicher Organe aus. Für den Augenarzt sind vor allem Neurofibrome der okulären Adnexe, Lisch-Knötchen sowie Gliome der Optikusscheide relevant. Letztere können zu einem Exophthalmus und Gesichtsfeldausfällen führen. Nach derzeitiger Studienlage scheinen Optikusgliome unbehandelt eher nicht progredient zu sein. Eine Therapie ist daher sorgsam abzuwägen. Die wesentlich seltenere Neurofibromatose Typ 2 (NF-2) manifestiert sich vor allem mit einer Schwerhörigkeit durch ein Schwannom des N. vestibulocochlearis. Wichtigste ophthalmo­ logische Manifestation ist die einer chirurgischen Intervention gut zugängliche posteriore subkapsuläre Linsentrübung. Z. prakt. Augenheilkd. 32: 513 – 522 (2011) Stichworte: Neurofibromatose Typ 1, Neurofibromatose Typ 2, Optikusgliome, Lisch-­ Knötchen, Exophthalmus, Gesichtsfeldausfälle Summary: Neurofibromatosis 1 (NF-1), the most common phacomatosis, affects multiple organs. Ophthalmologically significant are neurofibromas in the vicinity of the eye, Lisch nodules and gliomas of the optic nerve. Those gliomas can lead to proptosis, visual field defects and a number of other visual problems. Since their natural history, however, might be less aggressive than previously anticipated, the decision for one of the therapeutic options has to be weighed carefully. Neurofibromatosis 2 (NF-2), much less frequent than NF-1, typically presents with bilateral acoustic schwannomas. The most important ocular manifestation is a posterior subcapsular cataract which can be treated surgically without major complications. Z. prakt. Augenheilkd. 32: 513 – 522 (2011) Keywords: Neurofibromatosis 1, Neurofibromatosis 2, Lisch nodules, gliomas of the optic nerve, proptosis, visual field defects A ls Neurofibromatosen wird eine Gruppe von Erbkrankheiten bezeichnet, die Neuro­ fibrome verursachen und in der Regel auto­ somal-dominant vererbt werden. Sie werden den Phakomatosen zugerechnet, einer etwas willkürlich definierten Kategorie, die durch Ver­ änderungen oder Fehlbildungen vornehmlich der Haut und des Nerven­systems charakteri­ siert ist. Ihr gehören neben der Neurofibroma­ tose noch die tuberöse Sklerose (BournevillePringel), die retino-­zerebelläre Angiomatose (Hippel-Lindau), die enzephalofaziale Angio­ matose (Sturge-Weber), die Ataxia teleangiec­ tatica (Louis-Bar) und das Peutz-Jeghers-Syn­ drom, eine intestinale Polyposis mit perioraler Pigment­ierung, an. Die Neurofibromatose Typ Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) 1 ist mit einer geschätzten Prävalenz von 1 auf 3 000 – 5 000 die häufigste Phakomatose. Auch wenn bis zu acht unterschiedliche Arten der Neurofibromatose unterschieden werden, kommt vor allem zwei Krankheitsbildern kli­ nische Bedeutung zu: der Neurofibromatose Typ 1 (NF-1) sowie der Neurofibromatose Typ 2 (NF-2). Für den Ophthalmologen stellt das Krank­ heitsbild eine diagnostische Herausforderung dar: Es gibt kaum ein anatomisches Segment des Auges, das nicht an der Neurofibromato­ se beteiligt sein kann. Einige dieser Manifesta­ tionen sind vergleichsweise harmlos, andere – vor allem die Gliome der Optikusscheide – können die visuelle Funktion einschränken. Unabhängigkeitserklärung der Autoren: Die Autoren versichern, dass sie keine Verbindungen zu einer der Firmen, deren Namen oder Produkte in dem Artikel aufgeführt werden, oder zu einer Firma, die ein Konkurrenz­produkt vertreibt, unterhalten. Die Autoren unterlagen bei der Erstellung des Beitrages keinerlei Beeinflussung. Es lagen keine kommerziellen Aspekte bei der inhaltlichen Gestaltung zugrunde. 513 R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen Neurofibromatose Typ 1 (NF-1) Die Neurofibromatose Typ 1, auch Morbus Reckling­ hausen genannt, ist das häufigste erbliche Tumor­ prädispositionssyndrom in der gesamten Medizin Fotos: © Universitätsaugenklinik Göttingen, M. P. Schittkowski Namensgeber der Krankheit sind die Neurofibrome, multipel auftretende, benigne Tumoren der Nervenscheiden peripherer Nerven. 514 Kernmerkmal der Neurofibromatose Typ 1 (NF-1) ist der Befall kranialer und peripherer Nerven durch die weiter unten beschriebe­ nen, meist benignen Tumoren, die aus den Schwann’schen Zellen entstehen, welche diese Nerven mit Myelin umgeben, „um­ manteln“. Diese Neurofibrome können fast überall im Körper in die Haut oder auch in die viszeralen Organe eindringen; unter den Hirnnerven sind vor allem der N. trigeminus und der N. oculomotorius betroffen. Potentiell visusrelevante Tumoren der Sehbahn, wie die Infiltration des N. opticus oder des Chiasmas durch ein Gliom, erleiden 15 – 20 % aller Pati­ enten mit NF-1 [7]. Die Neurofibromatose Typ 1, auch Morbus Recklinghausen genannt, wird autosomaldominant vererbt. Der Genlocus liegt auf Chro­ mosom 17 q11.2. Das Gen kodiert das Protein Neurofibromin, einen Tumorsuppressor, der eine Rolle im intrazellulären Ras-­GuanosinTriphosphat-Stoffwechselweg spielt, der die Zellproliferation und -differenzierung re­ guliert. Da der Genlocus mit rund 400 000 Basen­paaren sehr groß ist, bietet er reichlich Angriffsfläche für Neumutationen, die nach Schätzungen für etwa 30 – 50 % aller Erkran­ kungen verantwortlich sein dürften [4] Selbst wenn „nur“ 50 % der Erkrankungen genetisch bedingt sein sollten, ist die NF-1 damit den­ noch das häufigste erbliche Tumorprädispo­ sitionssyndrom in der gesamten Medizin [25]. Keine einhellige Meinung besteht zur Definiti­ on der Schweregrade der Neurofibromatosen und zu deren Einfluss auf die Lebenserwar­ tung der Patienten. Die NF-1 wird in der Li­ teratur nicht einheitlich definiert und Begriffe, wie z. B. Optikusgliom werden manchmal als Hamartome und dann wieder als Neoplas­ men bezeichnet. Einige Begriffe werden auch einfach falsch angewendet, wie zum Beispiel Neurom statt Neurofibrom. Studiendaten be­ stätigen, dass NF-1 eine progrediente, un­ vorhersehbare und durchaus mit vorzeitigen Todesfällen einhergehende Erkrankung ist. Es gibt kein einzelnes klinisches Merkmal, das pathognomonisch für die NF-1 ist. Für die Diagnosestellung müssen gemäß der „National Institutes of Health“ (NIH) Consen­ sus Development Conference von 1987 min­ destens zwei der folgenden sieben Kriterien erfüllt sein: n sechs oder mehr Café-au-lait-Flecken ei­ nes Durchmessers von mindestens 5 mm bei Patienten vor Einsetzen der Pubertät und von mindestens 15 mm postpubertär, n zwei oder mehr Neurofibrome oder ein plexi­formes Neurofibrom, n „Freckling“ axillär oder inguinal, n Optikusgliom, n zwei oder mehr Irishamartome (LischKnötchen), n abnormale Knochenentwicklungen wie ei­ ne Keilbeinflügel-Dysplasie, eine Skoliose der Wirbelsäule oder eine Tibia-Pseudoarthrose, n 1 Verwandter ersten Grades mit NF-1. Extraokuläre klinische Manifestationen Abbildung 1: Multiple kutane Neurofibrome Neurofibrome Namensgeber der Krankheit sind die Neu­ rofibrome, multipel auftretende, benigne Tumoren der Nervenscheiden peripherer Nerven (Abbildung 1). Die histologische Her­ kunft des den Nerven infiltrierenden Tumors Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen ist nicht eindeutig zu klären, da die Tumoren aus Schwann-Zellen, perineuralen Zellen und Fibroblasten zusammengesetzt sind. Plexi­ forme (geflechtartige) Neurofibrome zeich­ nen sich histologisch durch myxoide Nester oder Faszikel von Nerven in der tiefen Der­ mis aus (Tabelle 1). An der Körperoberfläche im­ponieren die Neurofibrome oft als halb­ kugelige Schwellungen von häufig normaler Hautfarbe, manchmal aber auch mit rötlichen, bläulichen oder violetten Verfärbungen. Bei digitalem Druck weichen sie – wodurch sie sich von einem Lipom unterscheiden – in die Tiefe aus („Knopflochphänomen“). Die am häufigsten von Neurofibromen betroffenen Hirnnerven sind der V. Hirn­ nerv (N. trigeminus) und der für die Bulbus­ motilität verantwortliche III. Hirnnerv (N. oculo­motorius) [7]. Nicht alle im Rahmen einer NF-1 auftreten­ den Tumoren sind gutartig. Maligne periphe­ re Nervenscheidentumoren mit rhabdomyo­ blastischen Elementen können schon bei jüngeren NF-1-Patienten auftreten. Neurofibrome können innere Organe wie die Leber, den Darm und die Harnblase infiltrie­ ren und deren Funktion beeinträchtigen. Die Prävalenz von Phäochromozytomen ist bei NF-1-Patienten ebenso erhöht wie die Häu­ figkeit der myelomonozytären Leukämie, des Wilms-Tumors und des Rhabdomyosarkoms. Café-au-lait-Flecken Eine für die Neurofibromatosen charakteristi­ sche Hauterscheinung sind die Café-au-laitFlecken (Abbildung 2). Diese imponieren bei Menschen mit europäischem Hintergrund in der Tat als milchkaffeefarben, bei Indivi­ duen dunkler Hautfarbe als eher bräunliche Flecken. Sie können in einer Größe von 1 bis 2 mm auftreten, aber auch Flecken mit einem Durchmesser von 20 cm und mehr sind beschrieben worden. Histologisch fällt ein vermehrter Melaningehalt sowohl in den Melanozyten wie in den basalen Keratozy­ ten auf; auch können sogenannte Makro­ melanosomen auftreten. Bei Menschen, die Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) Café-­au-lait-Flecken haben, ohne an NF-1 zu leiden, treten neue Veränderungen jen­ seits eines Alters von 6 Jahren kaum mehr auf, bei NF-1-Patienten hingegen bilden sich neue Flecken während der Kindheit und oft auch noch im Erwachsenenalter. Die Konversion eines Café-au-lait-Fleckens zu einem malignen Melanom braucht nicht befürchtet zu werden; in der Literatur sind lediglich zwei solcher Fälle beschrieben, die als zufällig und nicht mit den Flecken ursäch­ lich in Zusammenhang stehend eingestuft werden [23]. Café-au-lait-Flecken sind am Stamm und an den Extremitäten häufiger als im Gesicht. Letzteres deutet darauf hin, dass Sonnenlichtexposition bei ihrer Gene­ se keine Rolle spielt. Café-au-lait-Flecken können auch auftreten, ohne dass eine NF-1 vorliegt – dennoch ist die Chance, dass eine Neurofibromatose existiert, relativ hoch: In einer Kohortenstudie an 41 Kindern mit 6 oder mehr Café-au-lait-Flecken und einer Nachbeobachtungszeit von mindestens 2 Jahren wurde bei 58 % der Kinder eine NF-1 diagnostiziert. Eine andere Studie verfolgte 110 Kinder mit diesen Flecken über 4 Jah­ re. 31 % von ihnen erfüllte während dieser Beobachtungsperiode die diagnostischen Bedingungen einer NF-1, von jenen Kin­ dern mit mindestens 6 Café-au-lait-Flecken Eine für die Neurofibromatosen charakteristische Hauterscheinung sind die Café-au-lait-Flecken. Abbildung 2: Café-au-lait-Flecken 515 R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen waren es sogar 77 %. Ein Zusammenhang zwischen der Zahl und der Größe der Caféau-lait-Flecken einerseits und der Schwere des Krankheitsbildes der Neurofibromatose andererseits besteht nicht. Ein gravierenderer, allerdings recht seltener klinischer Befund, sind Defekte der knöchernen Orbitawand sowie peri­ orbitale Deformitäten. Freckling Ein weiteres dermatologisches Charakteristi­ kum der NF-1 ist das sogenannte Freckling. Hierunter versteht man das Auftreten von sommersprossenähnlichen Pigmentierungen an Körperstellen, die normalerweise keiner Sonnenexposition ausgesetzt sind wie zum Beispiel die Achselhöhlen und die Leisten­ beuge. Bei Patienten, die 7 Jahre und älter sind, liegt dieses Freckling in rund 90 % der Fälle vor [23]. Tabelle 1: Tumoren bei Neurofibromatose Neurofibrom Das Neurofibrom ist ein benigner Tumor (niedriger Malignitätsgrad, WHO Typ 1), der sowohl von der Schwann’schen Scheide als auch vom Endoneurium peripherer Nervenfasern ausgeht. Histopathologisch stellt es eine ungeordnete Proliferation von Schwann-Zellen, Fibroblasten und perineuralen Zellen dar, die den Nerven infiltriert. Das Stroma enthält reichlich Kollagenfasern. Obwohl Neurofibrome benigne sind, infiltrieren die Tumorzellen den Nerven, von dem sie ausgehen und spleißen dabei dessen Nervenfaszikel auf. Das solitäre Neurofibrom lässt sich deutlich gegen die Umgebung abgrenzen, während sich das plexiforme Neurofibrom diffus in die Umgebung ausbreitet. Schwannom (Neurinom, Neurilemmom) Das Schwannom ist ein benigner Tumor, der von Zellen der Schwann’schen Scheide ausgeht, Makroskopisch stellt es sich als scharf begrenzter, derber, teils zystischer Tumor mit einer Größe von bis zu 10 cm dar. Im Gegensatz zum Neurofibrom, das den betroffenen Nerven infiltriert, lassen sich beim Schwannom im Tumor selbst keine axonalen Strukturen nachweisen. Schwannome lassen sich in einen retikulären Antoni-A-Typ mit palisadenförmiger Anordnung spindelförmiger Zellen und einen retikulären Antoni-B-Typ, bei dem die Fortsätze der sternförmigen Tumorzellen ein lockeres Geflecht bilden, differenzieren. Gliom Gliome sind Neoplasmen der Neuroglia (Astrozyten, Oligodendozyten). Optikusgliome sind im typischen Fall fusiform mit dünner und gedehnter, aber intakter Dura über dem Tumor. Histopathologisch bestehen sie aus länglichen, spindelförmigen, haarähnlichen Astrozyten, die in sich überkreuzenden Bündeln angeordnet sind. 516 Rund ein Drittel der NF-1-Patienten weist orthopädische Probleme auf. Hierzu können Kyphoskoliosen der Wirbelsäule, Knochen­ zysten, die pathologisch erhöhte Neigung zu Knochenbrüchen bei eigentlich inadäquatem Trauma sowie Pseudoarthrosen an langen Röhrenknochen wie der Tibia gehören. Auffallend häufig sind bei NF-1-Patienten ei­ ne Makrozephalie (bis zu 45 %) und eine eher geringe Körpergröße (30 %). Okuläre Manifestationen der Neurofibromatose Typ 1 Lider und Adnexe Neurofibrome können, wie überall im Ge­ sichtsbereich, so auch in der unmittelbaren Nachbarschaft des Auges entstehen und nicht nur kosmetisch entstellend, sondern auch funktionell problematisch sein. So kann ein Neurofibrom des Oberlides zu einer ge­ sichtsfeldeinschränkenden Ptosis führen. Außerdem sind Oberlidneurofibrome in ge­ häuftem Maße mit kongenitalem Glaukom assoziiert [7]. Café-au-lait-Flecken können sich im Gesicht – wenn sie dort überhaupt auftreten – in un­ mittelbarer Nähe zum Auge befinden, sind allerdings eher ein kosmetisches, kein funkti­ onelles Problem. Ein gravierenderer, allerdings recht seltener klinischer Befund, sind Defekte der knöcher­ nen Orbitawand sowie periorbitale Deformitä­ ten, die eine Herausforderung für den okulo­ plastischen Chirurgen darstellen können. Lee hat in einer retrospektiven Studie 33 solcher Fälle beschrieben. Bei allen Patienten war das Oberlid involviert, bei 58 % von ihnen auch die Region des Unterlides. Auch die Tränen­ drüse konnte infiltriert sein [10]. Defekte des Os sphenoidale sind die häufigste Form einer Beteiligung der knöchernen Orbitawand bei NF-1. Ein Prolaps von Hirngewebe durch ei­ nen Defekt im Os sphenoidale in der Schädel­ basis kann einen pulsierenden Exophthalmus zur Folge haben. Ein Enophthalmus entsteht, wenn der Os-sphenoidale-Defekt eine Ver­ Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen größerung der Orbita und der Fissura orbitalis inferior bewirkt und Orbitafettgewebe in die Fossa infratemporalis prolabiert [6]. Hornhaut und Iris Die auffallendste und häufigste okuläre Ver­ änderung im Rahmen einer NF-1 sind kleine Hamartome der Iris, auch Lisch-Knötchen genannt (Abbildung 3). Bei Geburt sind sie oft noch nicht vorhanden, doch im Erwachse­ nenalter beträgt ihre Prävalenz bei Patienten mit NF-1 über 90 %. Eine Untersuchung von an NF-1 erkrankten Kindern fand sie bei der Spaltlampenuntersuchung bei 70 % der Pati­ enten. Lisch-Knötchen sind kleine, rundliche, scharf begrenzte und leicht erhabene Verän­ derungen mit einem hellen, gelblich bis bräun­ lichen Farbton. Die Anzahl dieser Knötchen nimmt mit dem Alter zu. Diese Hamartome sind gutartige, von Melanozyten ausgehende Gewebeveränderungen. Die Lisch-Knötchen sind asymptomatisch und nicht so groß, dass sie einem ophthalmologischen Laien beim tiefen Blick ins Auge eines NF-Patienten auf­ fallen würden; ihre Visualisierung erfordert in aller Regel die Spaltlampe. An der Hornhaut können bei der Spaltlam­ penuntersuchung prominente Nerven impo­ nieren. Es gibt eine Kasuistik einer 32jährigen Patientin mit einem offenbar aus der Horn­ haut entstandenen malignen iridokornealen Melanom [18]. logisch sind die Tumoren in der Regel juvenile pilozystische Astrozytome. Manche Autoren sehen in der Gefahr, die der Sehfunktion des Patienten durch diese Gliome droht, ein Ar­ gument für ein routinemäßiges Neuroimaging bei jungen Patienten mit NF-1: Der „wait and see“-Ansatz werde dadurch kompromittiert, dass bei Vorhandensein eines Glioms der Sehbahn das Abwarten zu einem permanen­ ten Visusverlust führen kann [5]. Die Magnet­ resonanztomographie ist die zum Nachweis der Gliome adäquate Methode (da sie relativ schwach in der Knochendarstellung ist, wer­ den zum Nachweis knöcherner Defekte im Gesichtsbereich einfache Röntgenaufnah­ men eingesetzt). Die Tumoren enthalten oft Mukus, der sich in der Bildgebung darstel­ len läßt. Gelegentlich können auch zystische Degenerationen in den Gliomen auftreten. (Abbildung 4). Die Wachstumsneigung der Optikusgliome bei NF-1 ist in der Literatur verschiedentlich als langsam oder auch als selbst-limitierend beschrieben worden. Eine umfassende Analyse von 623 Fällen ergab indes, dass alles möglich ist: Optikusgliome können extrem langsam, aber auch äußerst schnell wachsen. Eine Verallgemeinerung zum natürlichen Verlauf ist gerade bei einem so komplexen Krankheitsbild wie den Neuro­ Die auffallendste und häufigste okuläre Veränderung im Rahmen einer NF-1 sind kleine Hamartome der Iris, auch Lisch-Knötchen genannt. Augenhintergrund Fundusveränderungen, die nicht im Zusam­ menhang mit dem im Folgenden beschriebe­ nen Optikusgliom stehen, sind sehr selten. Am ehesten findet man Hamartome der Netz­ haut und der Uvea. Sehbahn Optikusgliome Die für die Prognose qoad visum wichtigste okuläre Veränderung im Rahmen einer Neu­ rofibromatose Typ 1 sind Gliome (Tabelle 1) der Optikusscheide. Ihre Prävalenz bei NF1-Patienten wird auf 15 – 20 % veranschlagt [7]. Oft treten die Gliome bilateral auf. Histo­ Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) Abbildung 3: Auffallendste okuläre Veränderungen sind kleine Hämatome, sog. Lisch-Knötchen an der Iris 517 R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen Von Optikusgliomen ohne Neurofibromatose unterscheiden sich die Gliome der NF-1-Patienten vor allem durch die geringe bis nicht-existente Wachstumsneigung im Follow-Up nach Diagnosestellung sowie durch die multizentrische Lokalisation. fibromatosen schwierig. Die Optikusgliome bei NF-1 scheinen aber in zwei Gruppen zu fallen: Ungefähr die Hälfte der Tumoren macht keine Symptome oder visuellen Pro­ bleme (in einem Kollektiv von 33 Patienten mit radiologisch nachgewiesenem Optikus­ gliom hatten nur 52 % klinische Symptome [12]. Sie wurden zufällig durch ein Neuroi­ maging-Screening entdeckt). Die Gliome der anderen Gruppe führen zu den im Folgenden beschriebenen klinischen Beschwerden, die aber, wenn sie erst einmal festgestellt worden sind, nur selten zunehmen [5]. Zum Präsentationsalter gibt es mehrere Stu­ dien; zwei von ihnen kommen zu fast iden­ tischen Resultaten und nennen ein Alter bei Diagnose des Optikusglioms von 10,9 und 10,2 Jahren [21, 26], eine andere Untersu­ chung kommt zu einem durchschnittlichen Präsentationsalter von 20,8 Jahren [11]. Diese Einschätzung kann als überkommen ange­ sehen werden. Neuere Arbeiten indes deu­ ten darauf hin, dass sich klinisch relevante Optikusgliome vor dem sechsten Lebensjahr entwickeln [22]. Das wichtigste klinische Symptom ist ein Exophthalmus; wird das Leiden erst mit diesem Befund und nicht durch ein MRTScreening festgestellt, liegen bei 33 – 89 % der Patienten bereits Seheinschränkungen vor. Die Untersuchung kann dann Befunde wie afferente Pupillenstörungen, Farbsinn­ störungen, Papillenödeme, Strabismus und Optikusatrophie ergeben. Kinder mit Gliomen der Sehbahn haben ein deutlich erhöhtes Risiko einer Pubertas prae­ cox. In einer Fallserie war sie bei 30 % der Betroffenen das zur klinischen Untersuchung führende Kardinalsymptom. Wahrscheinlich beeinflusst die Lage eines Glioms in der Nä­ he des Hypothalamus die sogenannte hypo­ thalamische-hypophysäre-gonadale Achse nachteilig. Von Optikusgliomen ohne Neurofibromatose unterscheiden sich die Gliome der NF-1-Pa­ tienten vor allem durch die geringe bis nichtexistente Wachstumsneigung im Follow-Up nach Diagnosestellung sowie durch die multi­ zentrische Lokalisation. Neurofibromatose Typ 2 Abbildung 1: Optikusgliom bei 14-jährigem Jungen mit bekannter Neurofibromatose 1 und subjektiven Sehstörungen. Visus bds. cc 0,7. Gesichtsfeld mit diffuser Herabsetzung der Empfindlichkeit. MRT: bds. Kontrastmittelanreichernde spindelförmige Auftreibung des Sehnervs 518 Die Neurofibromatose Typ 2 (NF-2, siehe Ta­ belle 2) ist wesentlich seltener als NF-1; sie tritt etwa einmal auf 50 000 Individuen auf, in einer englischen Untersuchung wurde ei­ ne Prävalenz von etwa 1: 25 000 ermittelt. Auch ihr Vererbungsmuster ist autosomaldominant, das verantwortliche Gen liegt in der Chromosomenregion 22q12. De-novoMutationen scheinen bei der NF-2 noch häufi­ ger zu sein als bei der NF-1, bei gut der Hälfte der Patienten liegt keine Familienanamnese mit NF-2 vor. Das NF-2-Gen kodiert das Tumorsuppressor­ protein Neurofibromin 2, das auch Schwan­ nomin oder Merlin genannt wird. Der Verlust Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen der Merlin-Expression trägt offenbar zur Aus­ bildung von NF-2-assoziierten Tumoren, wie den für diese Form der Krankheit so typischen Schwannomen (Tabelle 1) bei. Leitsymptom Akustikusschwannom Das klinische Leitsymptom der NF-2 ist das meist bilaterale Akustikusneurinom, das viel­ leicht klinisch wichtigste Schwannom. Die Patienten erleiden einen ein- oder in aller Regel beidseitigen Hörverlust, oft ergänzt durch Tinnitus und Gleichgewichtsstörun­ gen. Die auch als vestibuläre Schwanno­ me bezeichneten Tumoren können ebenso andere Hirnnerven komprimieren und zu charakteristischen Symptomen wie Doppel­ bildwahrnehmung als Folge einer Abduzens­ kompression, Taubheit des Gesichts durch Trigeminuskompression und Mimikverlust durch Kompression des N. facialis führen [7]. Eine rechtzeitige Diagnose der NF-2 ist aus otologischen Gründen schon im Kleinkin­ desalter erstrebenswert, weil die Prognose einer Operation der fast obligat auftretenden bilateralen vestibulären Schwannome im Ver­ hältnis zu deren Größe steht und durch die Operation eine Hörerhaltung im Frühstadium möglich ist [14]. Café-au-lait-Flecken Café-au-lait-Flecken sind nicht so häufig wie bei der Neurofibromatose Typ 1; sie treten bei 33 – 43 % der Patienten auf [23]. Juvenile hintere Kapseltrübung der Linse Das wichtigste ophthalmologische Merkmal der NF-2 ist die juvenile hintere Kapseltrü­ bung der Linse, die in den späten 1980er Jah­ ren von Kaiser-Kupfer beschrieben wurde [8]. Landau fand bei 6 von 12 Augen erwachsener NF-2-Patienten Katarakte, viermal waren die Trübungen kortikal und zweimal subkapsulär. Ebenfalls 6 von 12 Augen wiesen epiretina­ le Membranen auf. Bei 2 Augen lagen Op­ tikusgliome vor. Zwei der 6 Patienten waren bemerkenswerterweise ohne jedweden oph­ thalmologisch auffallenden Befund [9]. Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) Ragge fand Linsentrübungen bei 67 % der Patienten eines Kollektivs von 49 an NF-2 Er­ krankten, 22 % der Patienten hatten retinale Hamartome [16]. Mautner hat neben den Katarakten bei ei­ nem Kollektiv von 10 Kindern mit NF-2 auch retinale Hamartome und fibrotische Maku­ lopathien nachgewiesen. Zum Spektrum der Erkrankung im Kindesalter gehören da­ nach ebenfalls Sehverlust, Strabismus und Augen­muskelbewegungsstörungen durch Optikusmeningeome, Trigeminusneurinome und Hamartome [8]. Weitere okuläre Manifestationen Weitere okuläre Manifestationen der NF-2 sind somit neben der beschriebenen Linsen­ trübung vor allem Hamartome der Netzhaut, epiretinale Membranen und Lisch-Knötchen, Das klinische Leitsymptom der NF-2 ist das meist bilaterale Akustikusneurinom, das vielleicht klinisch wichtigste Schwannom. Weitere okuläre Manifestationen der NF-2 sind somit neben der beschriebenen Linsentrübung vor allem Hamartome der Netzhaut, epiretinale Membranen und Lisch-Knötchen Tabelle 2: Diagnostische Kriterien der Neufibromatose Diagnostische Kriterien der Neurofibromatose Typ 1 Für die Diagnose einer Neurofibromatose Typ 1 müssen 2 oder mehr Kriterien zutreffen. n6 Café-au-lait-Flecken (vor Pubertät größer als 5 mm, danach größer als 15 mm) n axilläre oder inguinale Pigmentierung (Freckling) n > 2 Neurofibrome oder 1 plexiformes Neurofibrom n 1 Verwandter ersten Grades mit Neurofibromatose Typ 1 n > 2 Lisch-Knötchen n Knochenläsionen Diagnostische Kriterien der Neurofibromatose Typ 2 nNachweis von bilateralen Akustikusneurinomen mittels bildgebender Verfahren. n1 Verwandter ersten Grades mit einer NF-2 und der Nachweis von Neurofibromen, Meningeomen, Gliomen, Schwannomen. n1 Verwandter ersten Grades mit einer NF-2 und der Nachweis einer juvenilen posterioren subcapsulären Katarakt Das Kern- oder Kardinalsymptom der NF-2 sind bilaterale Akustikusneurinome. Durch dieses Symptom ist die Krankheit definiert. Folgende Kriterien machen das Vorliegen einer NF-2 wahrscheinlich: nEinseitiges Akustikusneurinom vor dem 30. Lebensjahr und ein Meningeom, Schwannom, Gliom oder Linsentrübung. nMehrere Meningeome und 1 Gliom, Linsentrübung oder Schwannom vor dem 30. Lebensjahr 519 R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen die allerdings weitaus seltener sind als bei NF-1. Vereinzelt sind Unregelmäßigkeiten im ERG wie eine Reduktion der b-Welle be­ schrieben worden. Jüngst sind 2 Fälle von Papillenödem und schwerem Visusverlust bei NF-2-Patienten mit Hydrozephalus beschrieben worden. Zwei weitere NF-2-Patienten wiesen nach einer Kasuistik eine Morning-glory-Anomalie der Papille auf [13]. Studie der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH)/Society of Pediatric Oncology (SIOP) zur Therapie niedrigmaligner Gliome (LGG; low grade gliome) Prinzipiell können niedrigmaligne Gliome (LGG) in allen Abschnit­ ten des Zentralnervensystems entstehen. Am häufigsten kommen sie jedoch im Kleinhirn und in den zentralen Anteilen des Großhirns vor. Sie zeichnen sich durch eine niedrige Proliferationsrate und geringe Infiltrationstendenz aus, führen aber bei zentralem Sitz und eingeschränkter Operabilität zu schwierigen therapeutischen Situationen. Ziel der internationalen multizentrischen Therapie­ optimierungsstudie SIOP-LGG 2004 (Laufzeit 2004 bis 2012) ist es, für alle Kinder und Jugendliche mit einem niedrigmalignen Gliom jeglicher Subgruppe und jeglicher Lokalisation im zentralen Nervensystem (einschließlich Gliome der Sehbahn) eine nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse bestmögliche und angepasste Therapie im Rahmen eines umfassenden Gesamtkonzeptes zu bieten. Es sollen Empfehlungen zu Beobachtung, Chemo- (CT) oder Radiotherapie (RT) gegeben werden. Neben der Effektivität der adjuvanten Therapien wird die Bedeutung klinischer Parame­ ter für die Progression nach der Diagnose und Therapie geprüft. Studienleiterin für Deutschland: Dr. Astrid Gnekow, Klinikum Augsburg, I. Klinik für Kinder und Jugendliche Weitere Informationen, z. B. Deutsches KrebsStudienRegister (DKSR): http://www.studien.de/ PDF/371.pdf http://www.egms.de/static/de/meetings/sgkj2012/12sgkj08.shtml http://www.kinderkrebsinfo.de/e1676/e9032/e1758/e5400/ index_ger.html 520 Therapie der Neurofibromatosen Es gibt keine kausale Therapie der beiden Neurofibromatoseformen. Eine medizinische Notwendigkeit, die Café-au-lait-Flecken zu behandeln, gibt es praktisch nicht. Versuche zur Entfernung dieser Hautveränderungen geschehen aus kosmetischen Gründen, vor allem dann, wenn die Flecken im Gesicht allzu störend sind. Verschiedene medizini­ sche Laser (Q-switched Ruby Laser, ErbiumYag-Laser, 1064 nm-frequenzverdoppelter Q-switched Neodym-Yag-Laser, 510 nmPulslaser, Kupferdampflaser) sind mit sehr unterschiedlichen klinischen Ergebnissen zu diesem Zweck eingesetzt worden [23]. Akustikusschwannome Die Akustikusschwannome (Vestibularis­ schwannome) bei NF-2 sollten frühestmög­ lich operiert werden. Therapeutische Optio­ nen sind die operative Entfernung oder eine Strahlen- oder Chemotherapie. Optikusgliome Die Frage ist jedoch stets, ob eine solche Therapie wirklich notwendig ist. Für den oph­ thalmologischen Bereich stellt sich diese vor allem bei den Optikusgliomen. In einer jüngst erschienenen Studie an 32 Kindern mit Glio­ men der Sehbahn ohne Neurofibromatose, bei denen eine Strahlentherapie, die Che­ motherapie mit einer Carboplatin-­VincristinKombination oder eine kombinierte Strahlenund Chemotherapie zum Einsatz kamen, wur­ de eine unbefriedigende visuelle Prognose konstatiert. Zum Zeitpunkt der Diagnosestel­ lung zeigten 50 % der Kinder eine Sehstö­ rung, 25 % eine Pubertas praecox und 25 % eine Gedeihstörung. Nur bei 6 Patienten (5 davon mit Radiotherapie) besserte sich die Sehschärfe im Beobachtungszeitraum, bei 18 verschlechterte sich der Visus. Bei der letz­ ten Kontrolle, nach 6 Jahren, hatten 4 von 29 Kindern ein normales Gesichtsfeld, 7 eine bilaterale homonyme Hemianopsie [3] (siehe Kasten). Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen Oberstes medizinisches Gebot ist es, dem Patienten nicht zu schaden [5]. Da bei der überwiegenden Mehrheit der NF-1-Patien­ ten mit Optikusgliom dieses wahrscheinlich nie eine Progression zeigen wird, nachdem es entdeckt worden ist, und in der Vergan­ genheit viele Kinder in Unkenntnis um den natürlichen Verlauf des Glioms unnötig ag­ gressiv behandelt wurden, sollte eine relativ engmaschige Verlaufskontrolle Vorrang vor therapeutischem Aktionismus haben [5]. Empfohlen wird eine ophthalmologische Un­ tersuchung in dreimonatigem Abstand nach der Diagnosestellung über die nächsten zwei Jahre, ein MRT-Scan sollte nach 3, 9, 15 und 24 Monaten erfolgen. Danach kann jährlich kontrolliert werden, sowohl durch den Augen­ arzt wie durch den Radiologen. Sowohl die chirurgische, die strahlenthera­ peutische als auch die chemotherapeutische Option haben ihre Grenzen; die chirurgische Ausschälung eines exophytisch wachsenden Tumors kann im Einzelfall von Nutzen sein. Die Strahlentherapie ist lange Jahre überschätzt worden. Die publizierten „Ansprechraten“ auf die Bestrahlung spiegeln wahrscheinlich eher die geringe Wachstumstendenz des Glioms wider. Bei Kindern unter 6 Jahren bestehen vor allem aus endokrinologischen Gründen massive Vorbehalte gegen eine Radiatio. Diese kann zu einer Minderproduktion von Wachstumshormon und zu Panhypopituita­ rismus führen; auch scheint die Strahlenthe­ Z. prakt. Augenheilkd. 33: 513 – 522 (2012) rapie die neurokognitive Entwicklung von klei­ nen Kindern negativ zu beeinflussen. Ferner bestehen Bedenken, dass eine Radiatio in einem Tumor niedriger Malignität eine Muta­ tion auslösen oder ein sekundäres Malignom in einem nicht betroffenen Hirnareal indu­ zieren könnte [5]. Die Carboplatingabe hat, allein oder in Kombination mit Vincristin, bei Patienten mit bestehendem Gesichtsfeldde­ fekt und Chiasmabeteiligung in zwei Studien aus den 1990er Jahren zu guten Ergebnissen geführt [12]. Knöcherne Defekte der Orbita Chirurgisch und auf die individuelle Defor­ mität des Patienten auszurichten ist die Therapie bei knöchernen Defekten der Or­ bita. Auch periorbitale Neurofibrome, die zu einer Ptosis führen, müssen operativ ent­ fernt werden [10]. In vielen Fällen ist eine enge Kooperation von okuloplastisch spe­ zialisiertem Ophthalmochirurgen, Neurochi­ rurgen und plastischem Gesichtschirurgen notwendig. Gut einer Therapie zugänglich ist der wich­ tigste ophthalmologische Befund bei der Neurofibromatose Typ 2: Die meist als pos­ teriore subkapsuläre Trübung imponierende Katarakt. Diesen Patienten kann für dieses Symptom mit einer normalen und einer gu­ ten Prognose versehenen Phakoemulsifika­ tion samt IOL-Implantation geholfen werden. Auch periorbitale Neuro­ fibrome, die zu einer Ptosis führen, müssen operativ entfernt werden. Bei Kindern unter 6 Jahren bestehen vor allem aus endokrinologischen Gründen massive Vorbehalte gegen eine Radiatio. ➝ 521 R. D. Gerste: Ophthalmologische Manifestationen der Neurofibromatosen Literatur Korrespondenzadresse: Dr. med. Dr. phil. Ronald D. Gerste 14801 Softwind Drive North Potomac, Maryland 20878, USA E-Mail: [email protected] 522 1. Balcer L et al (2001) Visual loss in children with Neu­ rofibromatosis type 1 and optic pathway gliomas: relation to tumor location by magnetic resonance imaging. Am J Ophthalmol 131: 442 – 445 2. 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