5 Plattentektonik und Subduktion Subduktion ozeanischer Kruste an trenches (Tiefseegräben) war in der Kinematischen Betrachtung der Plattentektonik als Methode, Lithosphäre zu verschlucken, eingeführt worden – an rifts wird dagegen neue ozeanische Lithosphäre gebildet. Subduktion passiert auch, wenn ozeanische auf kontinentale Lithosphäre trifft, und in diesem Fall wird die dünnere ozeanische Lithosphäre unter die mächtigere kontinentale Lithosphäre subduziert. (Achtung: Es ist nicht wirklich die grössere Mächtigkeit, sondern die geringere Dichte, die die kontinentale Lithosphäre oben hält; dagegen unterstützt der Dichteüberschuss der abtauchenden, gegenüber dem umgebenen Mantel kühleren ozeanische Lithoshäre ihre Subduktion – Kap. 4.2) Die Frage, warum ozeanische Lithosphäre dünner ist als kontinentale, führt natürlich gleich auf die nächste Frage nach der Entstehung dieser beiden Lithosphärenarten, oder, noch fundamentaler: Warum gibt es überhaupt zwei grundsätzlich unterschiedliche Typen von Lithosphäre- mit Altersbandbreiten von 0-250 Millionen Jahren für die ozeanische, aber 0 – 3.5 Milliarden Jahre für die kontinentale Lithosphäre? Und was passiert, wenn zwei Abschnitte kontinentaler Lithosphäre auf einander treffen? 5.1 Ozeanische Lithosphäre und Inselbögen Ozeanische Lithosphäre entsteht an mittelozeanischen Rücken (da diese nicht notwendig in der Mitte eines Ozeanes sein müssen – Beispiel East Pacific Rise – ist der Begriff ungeschickt, besser ridge, spreading center), wenn mid ocean ridge basalts (MORB) an die Oberfläche gelangen und abkühlen (hier wird die Diskussion der Frage vermieden, aus welcher Tiefe diese basaltische Lava kommt, und ob der Prozess Teil einer Konvektionszelle ist, s. 4.1 und 4.2). Die Mächtigkeit der ozeanischen Lithosphäre ist über die thermische Diffusion direkt an ihr Abkühlungsalter und dieses, wie unter dem Stichwort seafloor spreading erklärt, an die Entfernung vom spreading center geknüpft: Solange die Plattengeschwindigkeit unverändert bleibt, gibt es eine lineare Beziehung zwischen dieser Entfernung und dem Alter, und dieses Alter ist wiederum mit der Eindringtiefe (Ausdringtiefe wäre angemessener, weil es sich um eine Abkühlung von innen nach außen handelt) 1 (1 i / ) 1 2 t abkühl / 2 q 1 i 2 (5.1) verknüpft, wie wir es in 3.1 für die geothermische Diffussion kennen gelernt haben. Wenn wir also t abkühl aus (5.1) in horizontaler und Re( 1 ) in vertikaler Richtung auftragen, ergibt sich eine liegende q Parabel, die gerade die Mächtigkeit der (abgekühlten) ozeanischen Lithosphäre als Funktion des Abstandes vom ridge oder spreading center beschreibt. Wenn zwei ozeanische Lithosphärenabschnitte auf einander treffen, wird einer subduziert. Die Form dieser Subduktionszone im Kartenbild (Ansicht von oben) kann ein Bogen sein (Beispiel Aleutenbogen), dessen Krümmungsradius rSubduktionsfront vom Abtauchwinkel abhängt: rSubduktionsfront rErde 2 (hier das Bild vom eingebeulten Pingpong-Ball einfügen) Weil Subduktion ein effektiver Transportprozess für (in Seesedimenten eingeschlossenes) Wasser ist, transportiert die Subduktion Wasser in den Mantel. (Hier u.U. Einschub über Morris et al. 1990, die das Beryllium-Isotop 10 Be in Laven von Inselbogen-Vulkanen fanden). Weil Wasser die Schmelztemperatur senkt, ist in etwa 150 km Tiefe die Schmelztemperatur in der Umgebung der abtauchenden Platte mit der tatsächlichen Temperatur (1000 °K) vergleichbar, so dass eine – vermutlich wässrige – Schmelze entsteht. (Einschub: Was ist Schmelztemperatur?) Diese ist für den Inselbogenmagmatismus verantwortlich: ‚Hinter‘ der Subduktionsfront entsteht eine ebenfalls bogenförmige Vulkankette, wobei der Abstand wieder vom Abtauchwinkel der subduzierenden Platte abhängt – bei 45° also 150 km, bei einem grösseren Abtauchwinkel ist der Abstand geringer (Beispiel Neue Hibriden) und bei eine kleineren Abtauchwinkel grösser (Beispiel NordChile, hier jedoch Subduktion einer ozeanischen Lithosphärenplatte unter kontinentale Lithosphäre). Beispiele für oz-oz Subduktion mit Inselbögen am Westrand der Pazifischen Platte sind Tonga, Neue Hebriden, Solomon-I., Mariannen, Kurilen, Aleuten, ausserdem Sunda-Banda südlich der Borneo Platte, sowie die kleinen Antillen und der Ostrand von Scotia Sea im Atlantik. 5.2 Gebirgsbildung I : Der aktive Kontinentalrand Wenn ozeanische Lithosphäre unter kontinentale subduziert, entsteht ein aktiver Kontinentalrand (was ist ein passiver Kontinentalrand?). Das Zusammenspiel von Subduktion und Magmatismus ist hier zunächst ähnlich wie bei der Kollision zweier ozeanischer Lithosphärenabschnitte; und 100 –150 km hinter der Subduktionsfront haben wir wieder Vulkanismus. Die geochemische Zusammensetzung der Schmelzen ist aber anders und sehr viel variabler als beim Inselbogenvulkanismus, ausserdem sind die Laven im Vulkanismus an aktiven Kontinentalränder reich an Silikaten. Dies und die grössere Variationsbreite der geochemischen Zusammensetzung kann zumindest qualitativ mit der Perkolation durch die kontinentale Kruste erklärt werden, bei der die Schmelze chemisch mit Krustenmaterial reagiert. Anders als bei der oz-oz Kollision verdickt sich die ‚obere‘ Platte (d.h. die kontinentale Lithosphäre wird über der Subduktion noch mächtiger). Die möglichen Gründe: Kompression in Richtung der Kollision, Anreicherung der Kruste durch Schmelzen, die nicht vollständig an die Erdoberfläche vordringen, und schließlich Isostasie: Die beiden erstgenannten Mechanismen führen auf Gebirgsbildung, also entsteht wegen des unter 1.1 beschriebenen isostatischen Ausgleichs auch eine Gebirgswurzel (hist: Tatsächlich wurde die Isostasie zuerst am Beispiel eines aktiven Kontinentalrandes - Anden - quantitativ beschrieben (Airy, 1855; Pratt, 1855) der freilich damals nicht als solcher erkannt wurde). Mit geophysikalischer Exploration der Kruste wurde lange versucht(bis 1995?), Schmelzen in der Kruste zu erkennen – besonders mit Seismologie (Abschwächung der Amplituden seismischer Wellen durch Schmelzen) und Elektromagnetischer Tiefenforschung (Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit durch Schmelzen). Können aktive Kontinentalränder zur Entstehung kontinentaler Lithosphäre beitragen? Ein möglicher Mechanismus ist die Akkretion von Mikrokontinenten (Terraenen‘), welche in die subduzierte ozeanische Lithosphäre eingeschlossen sind, durch die kontinentale Platte. Zwar sind in der ‚jetzigen‘ geodynamischen Situation nur wenige solcher Mikrokontinente bekannt (Japan, Neuseeland), aber eine geologische Karte Nordamerikas zeigt, dass dieser Mechanismus für Bildung des Westteils Nordamerikas mit verantwortlich war. Auch Mitteleuropa.... Beispiele für aktive Kontinentalränder sind große Teile der amerikanischen Westküste: Cascaden, Mittelamerika, Anden; sowie Alaska (östlich des oz-oz Aleutenbogens). Schließlich gibt es den aktiven Kontinentalrändern verwandte Subduktionssysteme unter den Kontinentalen Mikroplatten Japan, Neuseeland, Sumatra (westlich des oz-oz Inselbogens Sunda-Banda) und Agäis. 5.3 Gebirgsbildung II: Kontinent-Kontinent-Kollisionen Es gibt nur wenige Beispiele rezenter Kontinent-Kontinent Kollisionen; deshalb ist es schwierig, allgemeine Regeln zu formulieren. Vermutlich wird kontinentale Lithosphäre nicht subduziert – soweit (zB mit seismischen Methoden) Subduktionszonen sichtbar sind, enthalten diese vermutlich ozeanische Teile einer Lithosphärenplatte, die subduziert wurden, bevor der kontinentale Teil kam.Beispiel: nach Süden abtauchende Krustenwurzeln unter den Alpen – Kollision der Europäischen mit der Nubischen Platte, Schließung der Thetys, deren ozeanische Lithosphäre vorher subduziert wurde (ein kleiner Teil davon ist aber noch da, im Mittelmeer, aber vermutlich auch in den Kalkalpen). Ein anderes Beispiel ist der Südrand des Himalaya, des ‚saubere’ Rundung natürlich an die Form eines Inselbogens erinnert – vielleicht hat der Zusammenstoß der asiatischen mit der indischen Platte mit einer oz-oz Subduktion begonnen? 5.4 Zusammenfassung: Der Wilson-Zyklus Wilson (1966) schlug ein Model zyklischer Kontinentalverschiebung vor, dabei war das Öffnen und Schließen des Atlantischen Ozeans das Vorbild. Der Wilson-Zyklus beginnt mit dem Aufbrechen eines Kontinents längs eines rift valley (‚gegenwärtiges’ Beispiel: Kenia Rift). Der 2. Schritt ist die Bildung eines ridge oder spreading center (Beispiel: Rotes Meer) und der 3. Schritt die Bildung eines Ozeans (Beispiel: Atlantik) mit zunächst passiven Kontinentalrändern. Die ozeanische Lithosphäre wird an den Rändern immer mächtiger, im 4. Schritt ‚sinkt’ sie und wird unter den Kontinentalrand subduziert, der dabei zum aktiven Kontinentalrand wird. Die gesamte ozeanische Lithosphäre zwischen ridge und aktivem Kontinentalrand wird subduziert, bis das ridge selbst subduziert wird (Schritt 5, Beispiel: die Juan de Fuca ridge wird unter die nordamerikanische Westküste subduziert). Danach wird die restliche ozeanische Lithosphäre subduziert, und die beiden ursprünglich auf zwei ‚gegenüberliegenden’ Seiten des Ozeans gelegenen Kontinente stoßen zusammen (Schritt 6, Beispiel: Himalaya)