l c • 5.1.8 Überlagerung von Schwingungen

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416
5.1 Schwingungen
die FüUung bis h 1 usw. Bild 5.21 b zeigt den Verlauf der Wa erhöhe in Abhängigkeit von
der Zeit, also ein O sziUogramm der Kippschwingung. 0
Wie in Abschn. 5.Ll ausgeführt wurde, ist für eine chwingung typi eh, daß sich ein
bestimmter Energiebetrag periodisch von einer Form in eine andere umwandelt. Die
K i P psch w ingu nge n dagegen sind anders geartet: Au einem unbegrenzten E ne rgievor rat wird ein E n e r gi es pe ich e r kontinuierlich aufgefüllt aber di kontinuierlich
und periodisch entleert.
D Versuch 9. Elektrische Kippschwingungen erhält man, wenn man einen Kondensator C (Bild 5.22 a) aus einer Batterie 1 auflädt (wobei die Ladege chwindigkeit durch
einen Widerstand begrenzt wird) und über eine Glimmlampe 2 (vgl. Abschn. 3.2.6.2)
entlädt. Wenn die Kondensatorspannung
die Zünd pannung U z überschreitet, wird
die Gas trecke leitfähig, und die Entladung
R
des Konden ators etzt ein. Dadurch sinkt
l
jedoch seine Spannung LI. Unterschrei tet sie
T
c
die Lö eh pannung U L , so verliert die
,: 1
•
- 'Gasstrecke ihre Leitfähigkeit, die Entladung wird unterbrochen, und der Kondena) "-_ _ _ _ _
sator kann sich wieder aufladen. Bild 5.22 b
zeigt das 0 zillogramm dieser Kippschwingung. 0
u
~-----'
b)~
________________
5.22
Entstehung (a) und Oszillogramm (b) einer elektrischen
Kippschwingung
Anwendungen. Die in Versuch 8 geschilderten mechanischen )(jppschwingungen werden zur selbsttätigen
Was erspülung von ToileUenanlagen benutzt. Elektrische J(jpp chwingungen dienen z. B. zur Erzeugung
der Ablenkspannung für Oszilloskope. Allerdings werden meist owohl statt der Gljmmlampe al auch
statt des Ladewiderstandes R Halbleiterbauelemente verwendet. Damit las en sich wesentlich höhere
Frequenzen der )(jppschwingung und ein linearer Anstieg der Spannung mit der Zeit erzielen.
5.1.8 Ü berlagerung von Schwingungen
Unter dem Begriff" Überlagerung von Schwingungen" versteht man folgendes: Zwei (oder
mehrere) schwingungsfähige Systeme kön nen unabhängig voneinander schwingen. Ihre
Schwingungsgrößen - z. B. ihre Auslenkungen oder Spannungen - verändern gemeinsam über irgend eine Vorrichtung eine dritte Größe, z. B. die Lage eines Punktes, eines
Lichtflecks oder einer Spannung etc. Diese veränderte dritte Größe ist dann ein Bild der
ve k tor i e 11 e n S u m meder beiden Schwingungsgrößen. Sie i t im allgemeinen wieder
eine periodische Funktion der Zeit.
5.1.8.1 Parallele Überlagerung
Bild 5.23 zeigt eine mech an ische Anordnung, mit der das We entliehe erläutert werden
kann. Die folgenden Beobachtungen und Überlegungen la sen sich jedoch ohne weiteres auch
auf alle anderen Schwingung arten, insbesondere auf eie k t r 0 ID ag n e t i sc h e übertragen.
5.1.8 Überlagerung von Schwingungen
A
417
5 r---------------~
!
5.23
Überlagern und Oszillographieren zweier mechanischer Schwingungen
Die Versuchsanordnung (Bild 5.23) enthält zwei schwingungsfähige Systeme 1 und 2
bestehend aus je einer Blattfeder und je einem Spiegel I) an deren oberem Ende. Sowohl
Schwingungen des Systems 1 als auch des Systems 2 bewegen den Lichtfleck (von der
Lampe 3) auf der Wand 5 in y-Richtung. Eine Rotation des Polygonspiegels 4 dagegen
bewegt ihn in x-Richtung. Diese soll als Zeitachse dienen, d. h. auf der Wand 5 wird ein
Oszillogramm geschrieben.
o
Versuch 10. Überlagerung bei gleichen Eigenfrequenzen. Beide schwingungsfähigen
Systeme werden so justiert (Länge der Blattfeder), daß sie gleiche Eigenfrequenz haben.
Schwingt entweder das eine System 1 oder das andere 2 und rotiert der Polygonspiegel 4,
so erscheint jeweils die gleiche Sinuslinie auf der Wand 5. Auch wenn beide Systeme
gleichzeitig schwingen, erscheint eine Sinuslinie gleicher Frequenz. Ihre Amplitude hängt
jedoch von den Amplituden der Einzelschwingungen und von der Phasenverschieb u n g t:.cp zwischen diesen ab. Bei der Phasenverschiebung t:.<p = 0 addieren sich die
Beträge der Einzelamplituden, bei t:.<p = 1t subtrahieren sie sich. Falls also beide Teilamplituden den gleichen Betrag haben, und t:.<p = 1t ist, erscheint im zweiten Fall nur ein
Strich in x-Richtung. 0
o
Versuch 11. Überlagerung bei verschiedenen Eigenfrequenzen. Verlängert man in der
Anordnung nach Bild 5.23 eine der Blattfedern, so haben die beiden Systeme verschiedene
Eigenkreisfrequenzen C01 und C02' Man hat im wesentlichen drei Fälle zu unterscheiden:
I. Die Frequenzen der beiden Schwingungen unterscheiden sich nur wenig voneinander
(C02 = C01 + t:.co; t:.co < (01); die Amplituden sind gleich. Dann entsteht ein Oszillogramm
wie in Bild 5.24a, genannt eine "reine Schwebung".
11. Die Frequenzen unterscheiden sich ebenfalls nur wenig' aber die Amplituden sind
nicht gleich. Es entsteht ein Oszillogramm wie in Bild 5.24b, genannt eine "unreine
Schwebung".
1) gleiche Massen
418
5.1 Schwingungen
'M~VVv'~NNif"",
i
al
s
bl
(I
5.24 Oszillogramme zweier überlagerter
Schwingungen
a) Geringer Frequenzunterschied; gleiche Amplituden: Reine Schwebung.
b) Geringer Frequenzunterschied ; ungleiche Amplituden : Unreine Schwebung.
c) Größerer Frequenzunterschied : Die Schwingung des schnelleren Systems ist nicht symmetrisch zur t-Achse,
sondern zu der gedachten (im Bild gestrichelten) Linie, die durch das lan gsamere Sy tern allein aufgezeichnet
würde.
d) Zeigerdiagramm zu Versuch 10
e) Zeigerdiagramm zu Versuch 11
III. Die beiden Frequenzen unterscheiden sich deutlich voneinander (W2 = NWj;
N> 2); die Amplituden sind gleich. Dadurch entsteht ein Oszillogramm wie in Bild
5.24c. 0
Mathematisch bedeutet die Überlagerung eine Addition der beiden Auslenkungen mit
gleichen Frequenzen s = s sin (wt + CfJ01) und s* = §* sin (mt + CfJ02) zu der gemeinsamen
Auslenkung
Sges
= S + s* = SgcS sin (mt + CfJo)
Die in Abschn. 3.3.8.4 eingeführte Darstellungsweise von Wechselstromgrößen mit Hilfe
von Z e i ger n läßt sich natürlich für beliebige periodisch veränderliche Größen wie z. B.
hier unsere Schwingungsgrößen anwenden J). Bild 5.24 d ist eine solche Zeigerdarstellung
für den Fall gleicher Eigenfrequenzen. Mit Hilfe des Kosinussatzes läßt sich ablesen:
0
§;cs = §2 + §*2 - 2§§* cos e und (weil e = 180 -!':!.CfJ und !':!.CfJ = CfJ02 - CfJOl ist):
(5.43)
J) Vgl. z. B. [1] und Abschn. 3.4.3
5.1.8 Überlagerung von Schwingungen
419
Durch parallele Überlagerung von zwei sinusförmigen Teilschwingungen gleicher
Frequenz entsteht wieder eine sinusförmige Schwingung der gleichen Frequenz. Ihre
Amplitude hängt von den Amplituden der Teilschwingungen und von der Differenz
ihrer Nullphasenwinkel ab.
Sind speziell die beiden Einzelamplituden einander gleich, also .
= V 2s2(1 + cos !lcp), das sich vereinfachen läßt zu:
= 5*,
0
ergibt ich
SgCS
5ges = 25 cos 1/ 2 (CPOI - cpd
Bild 5.24 e schließlich ist die Zeigerdarstellung für den Fall ver s chi e den er Eigenfrequenzen Wl und W2, wobei W2 = Wl + !lw sei. Jetzt ist !lcp = !lwt + !lcpo, d. h. Zeiger
2 kreist um die Spitze von Zeiger 1 mit der Kreisfrequenz !lw. Der Zeiger der
resultierenden Schwingung ist dadurch auf zweierlei Weise veränderlich :
1. M it dem Ergebnis von Bild 5.24 d ergibt sich die resultierende Am pli t u d e zu
(5.44)
dies bedeutet eine Amplitudenmodulation ; wenn !lw ~ w ist, nennt man die eine
Sc h web u n g 1 ).
2. Die Fr e q u e n z der resultierenden Schwingung schwankt zwi chen w + !lw (beim
Höchstwert von Sges) und w - !lw (beim kleinsten Wert von 5g s), d. h. wir haben a uch eine
Frequenzmodulation.
Sind peziell die beiden Einzelamplituden einander gleich, also 5 = 5*, so ver chwindet die
Frequenzmodulation und der kleinste Wert von 5ges wird Null (Bild 5.24 a, " reine
Schwebung"):
Bei der parallelen Überlagerung zweier inusförmiger Schwingungen gleicher Amplitude 5 und wenig unterschiedlicher Freq uenzen 11und 12 ent teht eine chwingung mit
der sog. Mi ttenfreq uenz IM= 1/2(fl + 12), deren Amplitude mit der og. Sch webu ngsfreq uenz Is zwischen Null und 25 schwankt.
Da diese Schwebungsfrequenz definiert ist als der Kehrwert de Zeitinterva ll zwi chen
zwei aufeinanderfolgenden Amplitudennullstellen ergibt sich
Da über die Schwebungen immer sehr genaue Frequenzvergleiche möglich sind, gehören
Frequenzmessungen neben Wägungen zu den genauesten Meßmethoden.
Anwendungen. Das Auftreten von relati v langsamen Sc h we b u n ge n wird in der Akustik ausgenützt,
um den geringen Frequenzunterschied zweier Systeme, z. B. ei ne Mu ikin tr umente und einer
geeichten Stimmga bel, festzustellen. Fa lls die Eigenfrequenz eines Sy tem justierbar i t, kann man
auf diese Weise die Differenz sehr genau zu ull machen ("Stimmen"). Zur Erzeugung von Tön e n ,
d. h. mechanischen Schwingungen zwischen 16 Hz und 18 kHz, dienen in der lektroaku tik häufig
I) Dem An- und Abschwellen der Ampl itude n entspricht bei akusti chen chwingungen ein Lauterund Leiserwerden des Tones; davo n stammt die Bezeichnung., chwebung".
------------------------------------------------------------------------=-
420
5.1 Schwingungen
sog. Schwebungssummer. Die er ame ist aber irreführend, denn du r h ., e h\ ebung", d. h. du reh
line ares Überlagern nach dem Prinzip de Ver uche 11 eO! teht au z\ ei chwingungen keine
dritte· d. h. wenn man das Spektrum der Überlagerung aufnimmt, find e t ma n nur die beiden
Frequenzen fl und f2' nicht aber die chwebung rrequenz fs = (/1 - /2). (Dazu i t die sog.
Misch u n g von zwei Schwingun gen notwendig, d. h. nichtlineare der multiplikati e .. berlagern,
wobei sich im Spektrum dan n die beiden Frequenzen fl - f2 und fl + h finden .) Vgl. hierzu z. B.
(13), Bd. 1.
Auch die Zwischenfrequenz in Rundfunkempfängern, og. . berl age rung - oder uperheterodynempfangern, entsteht nicht durch ein fache . berlagerung ondern durch Mi hung.
5.1.8.2 Senkrechte Ü berlagerung
o
Versuch 12. Wenn man in der Anordnung von Bild 5.23 eine der chwingungsfähigen
Systeme, z. B. Blattfeder 1 mit Spiegel, nicht - wie gezeichnet - in dem kubischen Fuß
befestigt, sondern so, daß die Längsachse der Bla ttfeder enk recht zu der des Systems
2 und senkrecht zur Zeichenebene steht, so bewegt eine Schwingung des Systems 1 den
Lichtfleck auf der Wand 5 nun in x-Richtung, während eine Schwingung des Systems 2
weiterhin Auslenkung in y-Richtung ergibt. (Der Polygon piegel 5 ist nun überflüssig.)
Schwingen beide Systeme, so haben wir in der Bewegu ng des Lichtflecks eine
se n krech te Überlagerung der Schwingungsgrößen, e werden Figuren gezeichnet
von der Art wie in Bild 5.25 wiedergegeben die man Li s s aj 0 u - F i g ure n
nennt i). 0
o
Versuch 13. Wesentlich bequemer darzustellen i t die enkrechte Überlagerung
elektromagnetischer Schwingungen mjt einem 0 zillo kop, indem man die beiden
Schwingungen an die beiden Ablenkplattenpaare (für x- und y-Richtung) der
Braunschen Röhre legt. So sind auch die Lis ajou -Figuren von Bild 5.25 entstanden. 0
Die Form der Lissajous-Figuren hängt ab vom Verhältni der Frequenzen Ix :I y und vom
Verhältnis der Amplituden Ax : Ay der beiden überlagerten Schwingungen sowie von der
Differenz ihrer beiden Nullphasenwinkel, fJ.cp . Ist das Frequenzverhältois rational und die
Phasenverschiebung konstant, so ist die Lissajo u-Figur geschlossen und auf dem
Bildschirm stabil. Die Lissajous-Figuren erscheinen in ein Rechteck eingeschrieben
dessen Seitenverhältnis gleich dem Verhältnis der Amplituden ist. Nennt man die Anzahl
der Schnittpunkte mjt der x-Achse entlang einer geschlossenen Lissajous-Figur N., die mit
der y-Achse N y so gilt:
Ix :Iy = N y: N x·
Der Quotient aus dem Ausschlag in y-Richtung an der Stelle x = 0 (d. i. y(O)) und
Maximalausschlag in y- Richtung (d. i. y) ist gleich dem Sin us der Phasenverschiebung IJ.rp :
y(O) / y = sin fJ.cp.
Anwendung. Die Analyse von Lissajou -Figuren ka nn zur Analy e vo n Schwingungen hera ngezogen
werden; dies ist deshalb meßtechnisch interessant, weil sich die Analy e der Lissajous-Figuren in
bestimmten F ä llen automatisieren läßt.
I) Jul es Antoine Li ssajo u s (1822 bis 1880).
r=......- - - - - - . - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - --
5.1.9 Gekoppelte Schwingungssysteme
fx: f,
=1 : 1
1: 1
1 :2
1,5·
1: 3
1,5·
421
O·
1:2
2: 1
1: 3
3 :1
0·;60·
5.25 Beispiele von Lissajous-Figuren. Das Amplitudenverhältnis beträgt in allen Beispielen A.: Ar = 30 :23; die
Frequenzverhältnisse Ix:fr sind links oberh alb jeder Figur ange chrieben ; der Nullphasenwinkel <POx der
Schwingung in x-Richtung ist willkürlich = 0 gesetzt ; die Nullpha enwinkel <POr der Schwingung in
y-Richtung, bei denen die dargestellten Figuren auftreten, sind unterhalb jeder Figur angeschrieben.
5.1.9 Gekoppelte Schwingungssysteme
In Abschn. 5.1.6 wird ein schwingungsfähiges System beschrieben, da an eine tarre
Sinusbewegung, sozusagen an eine Sinusschwingung mit unerschöpflichem Energievorrat, gekoppelt ist ; dabei zeigen sich die Erscheinungen der "erzwungenen Schwingungen"
und der Resonanz. In Abschn. 5.1.8 werden die Bewegungen zweier schwingung fähiger
Systeme linear überlagert, ohne daß sich die Systeme gegenseitig beeinflussen ; dabei
beobachtet man die "Schwebungen".
422
5.1 SchwingungeLl
Eine dritte Möglichkeit der Kombination be teht darin, zwei chwingung fähige Systeme
mit ungefähr gleichem Energieinhalt zu koppe~n, wodurch i.e ich geg~n .eitig beei~Ou sen. Die Erscheinungen sollen zunäch t an emem mecham chen Bel plel be chneben
werden.
5.1.9.1 Mechanische Systeme
Bild 5.26 zeigt zwei Schwerependell und 2 mit gleichen Eigenfrequenzen 10. ie ind
über eine schwache Schraubenfeder 3 elastisch miteinander gekoppelt. Die Stärke der
Kopplung hängt von der Härte der Feder 3 und von der Lage ihrer Befe tigung entlang der
Pendellänge ab. Die Masse der Feder 3 soll vernachlä igbar klein ein gegen die Massen
der Pendel 1 und 2.
o
Versuch 14. Gekoppelte Pendel. Bei gelöster Kopplung wird zunächst gleiche
Eigenfrequenz 10 justiert und gemessen. Dann wird mit Kopplung da Pendel 1 durch
einmalige Zufuhr eines Energiebetrages zu einer Schwingung mit maximaler Amplitude
angestoßen. Dabei überträgt es jedoch über die Feder 3 Energie an da Pendel 2, das dadurch
mit zunächst kleiner Amplitude zu schwingen beginnt. Die Energieü bertragung läuft so lange
in dieser Richtung, bis die ganze anfänglich
zugeführte Energie auf das Pendel 2 übertragen ist, d. h. bi das Pendel 2 mit maximaler
Amplitude chwingt und das Pendel 1 zur
Ruhe gekommen ist. Das entspricht aber fast
dem Ausgang zustand, mit dem Unterschied,
daß Pendel 1 und 2 ihre Rollen vertauscht
haben. Daher beginnt der EnergieOuß in
umgekehrter Richtung usw.
5.26
Gekoppelte Schwerependel
Stärkere Kopplung bewirkt einen stärkeren Energiefluß, d. h. schnelleren Wechsel ; bei
schwächerer Kopplung verläuft das Wechselspiel entsprechend langsamer. In Bild 5.27
sind Oszillogramme der Pendel 1 und 2 bei stärkerer (a) und schwächerer Kopplung (b)
wiedergegeben.
Haben die beiden Pendel etwas ve rschi eden e Eigenfrequenzen 101 und 102, so verläuft
der Energieaustausch nicht vollständig. Der Energiefluß kehrt ich bereits um, bevor alle
Energie vom Pendel 1 zum Pendel 2 übergegangen ist. Je stärker die Kopplung ist, um so
schwächer wirken sich kleine Eigenfrequenzunterschiede in dieser Beziehung aus. Bild
5.27 c zeigt die Oszillogramme der beiden etwas verschiedenen Pendel. 0
o
Versuch 15. Fundamentalschwingungen. Wenn die beiden gekoppelten Pendel (Bild
5.26) gleiche Eigenfrequenzen 10 haben, gibt es zwei Möglichkeiten, bei de glei ch zei tig
und gleichstark anzustoßen, ohne daß ein Energieaustausch zwischen ihnen stattfindet: Man stößt sie entweder mit einer Phasenverschiebung /).<p = 1t, also im Ge gen ta k t
oder mit D.<p = 0, also im Gleichtakt an. In beiden Fällen chwingen die Pendel mit
konstanter Amplitude (abgesehen von Reibungsverlusten), im ersten Fall immer gegeneinander mit einer Frequenz 110 im zweiten Fall immer parallel zueinander mit einer
5.1.9 Gekoppelte Schwingungssysteme
Frequenz f2. Frequenzmessungen ergeben, daß f1 etwas
größer und f2 etwas kleiner
als fo ist. D
Definition: Schwingungen von gekoppelten Systemen, bei denen keine
Energie zwischen den
Einzelsystemen
ausgetauscht wird, nennt man
Fundamentalschwingungen.
Die Erhöhung der Frequenz
f1 gegenüber fo beim Gegeneinanderschwingen
wird
durch die zusätzliche rückstellende Kraft verursacht,
die die Kopplungsfeder in
diesem Fall liefert; die Erniedrigung von f2 gegenüber
fo beim Gleichtakt kommt
von der zusätzlichen Masse
der Kopplungsfeder. Je stärker die Kopplung ist, um so
mehr unterscheiden sich die
Frequenzen der Fundamentalschwingungen voneinander und umso schneller
wechselt die Schwingungsenergie bei einseitigem Anstoß (Versuch 14) zwischen
den Systemen hin und her.
Es liegt daher nahe, den Unterschied W1 - W2 zwischen
der Schwingungsenergie W1
5.27
Oszillogramme der gekoppelten
Pendel von Bild 5.26
a) starke Kopplung, gleiche
Eigenfreq uenzen
b) schwächere Kopplung, gleiche
Eigenfrequenzen
c) verschiedene Eigenfrequenzen
al
b)
S1
c)
423
424
5. 1 Schwingunge n
beim Gegeneinanderschwingen und der Schwingung energie W2 beim Gleichtakt chwingen als Maß für den Grad der Kopplung einzuführen. Au Dirnen io n gründ en nimmt
man besser den relativen Unterschied, indem man diese Differenz noch durch die
mittlere Schwingungsenergie (W1 + W2 )/2 dividiert. Bei gleichen Amplituden und gleichen
Massen sind diese Schwingungsenergien nach GI. (5.14) nur noch den Quadraten ihrer
Frequenzen proportional. Daher gilt folgende
Definition: Kopplungsgrad K zweier gleicher schwingungsfähiger Sy teme:
K
= 2 W1
W1
-
+
W2
W2
= 2
li - I~
n +I~
(Siehe auch Bild 5.30.)
Frequenzgang. Die Oszillogramme (Bild 5.24 a) und (Bild 5.27 a) sind einander gleich.
Gleichen Kurven müssen aber gleiche mathematische Funktionen zugrunde liegen und
damit auch analoge physikalische Tatbestände. Demnach kommt die Bewegung eines
gekoppelten Pendels zustande durch die Überlagerung zweier Schwingungen mit wenig
voneinander verschiedenen Eigenkreisfrequenzen (wohlgemerkt: auch bei vollständig
gleichen Eigenfrequenzen 10 der beiden Einzelpendel!). Diese beiden Ei gen freq uenzen sind die der Fundamen talschwingungen des gekoppelten Systems 11 und 12'
Die Freq uenz, mit der der Energietransport hin und her wechselt ist gleich der
D iffere n zfreq u en z zwischen djesen beiden. Bei stärkerer Kopplung (schnellerer
Wechsel!) unterscheiden sich die beiden Frequenzen demnach stärker.
Erregung von erzwungenen Schwingungen , d. h. eine Wiederholung von
Versuch 5 in Abschn. 5.1.6.1 müßte mit einem geko pp el ten System von zwei
gleichen Federpendeln statt des einen (Bild 5.16a) demnach zwei nahe benachbarte
Res 0 n a n z m a x i m a ergeben. Allerdings erhält man dieses Ergebnis nur bei relativ
starker Kopplung und sehr sorgfältiger Messung. Viel leichter i t dieser Effekt bei den
elektrischen Schwingkreisen des nächsten Abschnittes festzustellen, weil dort die notwendige hohe Meßgenauigkeit leichter zu erreichen ist.
5.1.9.2 Elektrische Schwingkreise
Zwei elektrische Schwingkreise kann man z. B. dadurch koppeln, daß man ihre beiden
Spulen nebeneinander anordnet, so daß das magnetische Feld der einen die andere
durchsetzt (Bild 5.28). Dieses gekoppelte elektrische System aus zwei Schwingkreisen mit
gleichen Eigenfrequenzen verhält sich genauso wie das mechanjsche im vorigen Abschnitt.
5.28
Elektrische Schwingkreise, indukti v geko ppelt
Wird die Schwingungz. B. durch Aufladen eines der Kondensatoren C angeregt, so pendelt die
Schwingungsenergie zwischen den heiden Einzelsystemen run und her. Zur Beobachtung dient
ein Oszilloskop. Damit kann auch das Verhalten bei erzwungener Schwingung
5.1.9 Gekoppelte Schwingungssysteme
425
beobachtet werden. Bild 5.29 zeigt zwei dabei gemessene Resonanzkurven mit je zwei Maxima,
ausgezogen mit verhältnismäßig starker Kopplung (z. B. geringer Spulenabstand) und
gestrichelt mit schwacher Kopplung, wobei die Kurve zwischen den Maxima praktisch nicht
mehr absinkt ; man nennt das kritische Kopplung.
Das wichtigste Ergebnis die es und des vorigen Abschnittes ist:
Ein System aus zwei gleichen, gekoppelten, schwingungsfähigen Teilsystemen besitzt
zwei Eigenfrequenzen, die sich um so weniger voneinander unterscheiden,je schwächer
die Kopplung ist.
Bild 5.30 zeigt die zunehmende" Aufs pal t u ng" der einheitlichen Eigenfrequenz fo mit
steigendem Kopplungsgrad K für I1f ~ f1 und f2'
f
5.29 Resonanzkurven eines Systems aus zwei gekoppelten, gleichfrequenten elektrischen Schwingkreisen bei verschieden starker Kopplung (gestrichelt:
schwächere Kopplung)
K
5.30 Aufspaltung: DilTerenz öf zwischen deo beiden
Fundamentalfrequenzenf. lIndf2 mit steigendem
Kopplllngsgrad K
In der Nachrichtentechnik nennt man ein System, das nicht nur durch eine bestimmte
Frequenz sondern durch ein ganzes Frequenzband zu amplitudenstarkem Mitschwingen erregt wird, ein Ban d f i I t e r. Verwirklich t wird ein derartiges System z. B. durch zwei
gekoppelte Schwingkreise mit ihrer verbreiterten Resonanzkurve (Bild 5.29).
Man kann die
0
bigen Überlegu ngen verallgemeinern:
Koppelt man nicht zwei, sondern N schwingungsfähige Einzelsysteme gleicher
Eigenfrequenz f 0 miteinander, so gibt es für das Gesamtsystem N Fundamentalschwingungen d. h. f 0 spaltet in die Frequenzen f[, f2' .. . , fN auf, umso stärker, je
stärker der Kopplungsgrad ist (s. a. Abschn. 5.2.4 und 7.3).
Anwendungen. In den meisten Rundfunkempfängern wird nicht nur die Resonanz von einfachen
Schwingkreisen, sondern auch die von Bandfiltern ausgenützt (vgl. Anwendungen in Abschn.
5.1.6.3), weil meist nicht eine bestimmte Frequenz, sondern ein Frequenzband ausgewählt werden
muß.
426
5.2 Wellen
Aufgaben zu Abschn. 5.1.7 bis 5.1.9
1. Bild 5.31 zeigt das Spektrum einer nichtsinusförmigen Schwingung. Man zeich ne da zugehörige
Oszillogramm von 1 = 0 bis t = I s mit allen ullphasenwinkeln ({JOI = ({J02 = ({J03 = O. Bei welcher
Zeit LI (0< t 1 < 1 s) hat dieses Oszillogramm einen ulldurchgang? Wieviele Minima und Maxima
hat es zwischen t = 0 und t l ?
2. Eine Kippschwingungsschaltung ähnlich der in Bild 5.22a enthält einen Ladewider tand, der
automatisch während der Aulladung so geändert wird, daß die Spannung am Kondensator linear mit
der Neigung 100 V/s ansteigt. Die Zündung erfolgt bei 90 V, die Entladung bi zur Löschspannung
20 V dauert 0,1 s. Welche Frequenz hat die entstehende sägezahnförmige Kipp chwingung?
3. Zwei gleiche Elektromotoren laufen ungefähr
mit der Drehzahl 3000 Umdrehungen pro
Minute. Der Ton, den man von beiden zusammen hört, wird pro Sekunde zweimal lauter und
lei er. Um wieviel Prozent difTerieren demnach
die Drehzahlen?
3
t
2
E
u
.s
<...,
00
3
2
finHz-
4
5.31 Spektrum zu Aufgabe 1
5
6
7
4. Zwei gleiche Schwingkreise sind gekoppelt.
Wird der erste einmal angeregt, dann schwingt
der zweite 1 s später mit Maximalamplitude.
Welchen Frequenzabstand haben die beiden
Maxima der gemeinsamen Resonanzkurve?
5.2 Wellen
Die logische Erweiterung der in Abschn. 5.1 behandelten Schwingungen ist die Untersuchung ihrer räumlichen Ausbreitung, wie sie sich im vorigen Teilabschnitt 5.1.9
"Gekoppelte Schwingungssysteme" bereits andeutet. Diese Phänomene heißen allgemein
Wellen. Entsprechend den mechanischen und den elektromagnetischen Schwingungen
gibt es auch mechanische und elektromagnetische Wellen. Wir behandeln aber wieder soweit dies möglich ist - beide parallel, um Äh nlichkeiten und Unterschiede deutlich zu
machen. D ie Frequenzen, die Wellen haben können, reichen über rund 24 Zehnerpotenzen; entsprechend vielfältig sind die Erscheinungsformen, die praktisch fast jedes
Teilgebiet der Physik, der Technik und der Natur berühren. Wie in den Abschnitten 5.3
und 6 gezeigt wird, besitzen erstaunlicherweise auch materielle Teilchen z. B. Elektronen,
Protonen, eutronen oder Atome Wel leneigenschaften. Auch diese lassen sich
formal wie mechanische oder elektromagnetische Wellen behandeln.
5.2.1 Grundbegriffe
Beispiele von Wellen kennt wohl jedermann aus dem täglichen Leben. Besonders leicht zu
beobachten sind Wasserwellen und Wellen entlang Seilen, Gummischnüren oder Kabeln,
wenn ein Ende periodisch senkrecht zur Längsrichtung bewegt wird. An straff gespannten
Drähten, z. B. elektrischen Freileitungen, sind die gleichen Wellen wegen der kleinen
Amplitude und der ho hen Geschwindigkeit schwieriger zu beobachten. Mindestens dem
Namen nach bekannt sind auch Erdbebenwellen, Schallwellen und elektromagnetische
Wellen.
5.2.1 Grundbegriffe
427
Gemeinsame Merkmale dieser verschiedenen Wellen sind:
1. Es erfolgt eine zeitabhängige Veränderung einer Größe, unter Umständen
periodisch wiederholt, al 0 eine Schwingung.
2. Diese Veränderung breitet sich in ein, zwei oder drei Dimensionen des Raumes mit
endlicher Geschwindigkeit aus.
3. Ursache dafür ist die Ko pp I u n g der einzelnen Teile des Raumes untereinander durch
elastische oder quasielastische Kräfte.
4. Es wird dabei Energie transportiert.
Nur wenn aUe vier Merkmale vorhanden sind, handelt es sich um Wellen.
5.2.1.1 Wellenmodell
Die zum Verständnis der Wellenvorgänge wichtigsten Grund begriffe sollen zunächst
an einem einfachen mechanischen Modell erläutert werden.
Bild 5.32 zeigt eine Reihe von gleichen
Federpendeln 1, die durch - untereinander ebenfalls gleiche - Federn 2 elastisch
miteinander gekoppelt sind. Es handelt sich
also um einen "eindimensionalen Raum"
(mit der Richtung x), zusammengesetzt aus
schwingungsfähigen Teilen, die miteinander durch elastische Kräfte gekoppelt sind.
5.32
Eindimensionales Modellmedium
Rückstell- und Kopplungsfedern
roit
getrennten
x-
o
Versuch 16. Führt man einem der Pendel (Bild 5.32) Energie zu, indem man den
Pendelkörper periodisch (mit der Eigenfrequenz des Pendels) auf und ab bewegt, so wird
die Schwingungsenergie über die Kopplungsfedern 2 an die benachbarten Pendel
weitergegeben. Dadurch beginnen auch diese zu schwingen und geben ihrerseits die
Energie an die nächsten Pendel weiter. 0
In unserem Wellenmodell sind alle Federpendel gleichberechtigt. Gleichgültig in welchem
Zeitpunkt man die Beobachtung beginnt, stellt man fest, daß von einem schwingenden
Pendel die Schwingungsenergie an die Nachbarn weitergegeben wird, d. h. daß von ihm
eine Welle ausgeht. Dieses Prinzip einer jeden Wellenausbreitung wurde zuerst von
Christian H u y gen s (1629 bis 1695) grundsätzlich erkannt und von A. J. Fr e s n e I (1788
bis 1827) genauer formuliert und heißt daher
Huygens-Fresnelsches Prinzip (ITeil): Jeder Punkt eines Mediums, der von einer Welle
er faßt wird, wird dadurch selbst zum Ausgungspunkt einer Welle, der sog. Elementarwelle.
Man sieht in Versuch 16 deutlich, wie sich der Schwingungszustand mit meßbarer
Geschwindigkeit ausbreitet. Daher spricht man von der Aus brei tu n gsgesch wind i gkeit von Wellen.
428
5.2 Wellen
Definition: Bei einer Welle bezeichnet man als Phasengeschwindigkeit c
den Quotienten aus dem Weg, den eine bestimmte Phase der Schwingung - z. B.
ein Maximum oder ein Minimum - zurücklegt, und der Zeit, die dazu benötigt
wird.
Der Abstand zwischen zwei gleichen , räumlich nebeneinanderliegenden
Schwingungszuständen innerhalb der Welle, z. B. zwischen zwei benachbarten Maxima
(Bild 5.35 b) ist immer der gleiche, unabhängig davon, zwischen welchem Paar derartiger
Schwingungszustände man ihn mißt. Der Abstand bleibt auch zeitlich konstant, während
er sich mit der Phasenge chwindigkeit bewegt.
Definition: Der zeitlich und räumlich konstante Abstand zwischen zwei benachbarten
gleichen Schwingungszuständen heißt Wellenlänge A. (Bild 5.35b).
Die Pha engeschwindigkeit c als Ausbreitungsgeschwindigkeit eines Schwingu n g zu s ta n des ist parallel zur Ausbreitungsrichtung x. Sie hat nichts zu tun mit der
Momentangeschwindigkeit der Pendelkörper oder irgend welcher Massenpunkte des
Modells (Bild 5.32). Zur deutlichen Unterscheidung nennt man bei Wellen die Geschwindigkeit der Massenpunkte nach Bild 5.3b Kurve 1 häufig " Schnelle " . Im Modell
(Bild 5.32) und bei vielen Wellenvorgängen in der Natur ist die Richtung der
Auslenkung und der Schnelle senkrecht zur Ausbreitungsgeschwindigkeit c. Das ist
jedoch nicht immer so. Bild 5.33 a zeigt eine Reihe von direkt aneinanderhängenden
Federpendeln aus einzelnen gleichen Pendelkörpern und nur einer Sorte von Federn,
die hier sowohl die rückstellenden Kräfte als auch die Kopplungskräfte liefern. Jeder
Pendelkörper kann unter anderem horizontal schwingen. Regt man einen von ihnen
entsprechend an, so pflanzt sich die Schwingung in horizontaler Richtung fort, d. h. es
breitet sich eine Welle aus, bei welcher Phasengeschwindigkeit und Schwingungsgröße
zueinander parallel sind. Man kann die einzelnen gesonderten Pendelkörper auch
weglasst'n. Bild 5.33 b zeigt eine lange Schraubenfeder. Durch sie läuft gerade eine Welle,
die von dem linken, in Richtung des Doppelpfeiles kurz bewegten Ende ausgeht.
Derartige Wellen sind in allen elastischen Festkörpern sowie in Gasen und Flüssigkeiten
möglich.
5. 33
a) Eindimen ionales Modellmedium mit nur
einer Federsorle
b) Longitudinalwelle in einer Schra ubenfeder
Eine andere mögliche Schwingungsrorm der Pendelkörper (Bild 5.33 a) sind D re h schwingungen um die Längsachse. Auch diese Schwingungen breiten sich in xRichtung aus. Ganz alIgemein gelten die
5.2.1 Grundbegriffe
429
Definitionen: Ist die Schwingungsgröße einer Welle ein Vektor, so nennt man die Welle
pol a ri siert und die Richtung des Vektors Polarisationsrichtung. Wellen , bei
denen die Polarisationsrichtung senkrecht zur Richtung der Phasengeschwindigkeit
ist, heißen Q u e r we il e n (transversale Wellen) ; solche, bei denen diese beiden
Richtungen parallel si nd, heißen L ä n gs weil e n (longitudinale Wellen); solche, bei
denen Drehschwingungen a uftreten, werden Torsionswellen genannt.
Besonders bei Querwellen ist die Angabe der Polarisationsrichtung wichtig, da es ja
unendlich viele Richtungen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung gibt.
Unpolarisierte Wellen sind solche, bei denen skalare Größen, z. B. der Druck p oder die
Ladung q, Schwingungsgrößen sind.
5.2.1.2 Verallgemeinerung der Modellvorstellung
Eindimensionale mechanische WeDen. An dem Modell (Bild 5.33 a) wird anschaulich klar, von
welchen Größen die P h ase ngesch w i ndigkei tabhängt. Je größer die an der Schwingung
beteiligten trägen Masse n sind, desto langsamer breitet sich die Welle aus,je größer dagegen
die rückstellenden oder die Kopplungskräfte sind, desto schneller pflanzt sie sich fort.
Verallgemeinert auf kontinuierliche Medien, bei denen Masse und Elastizität nicht mehr
räumlich getrennt sind - vgl. Bild 5.33 b
- heißt das, daß die Phasengeschwindigkeit
mit steigender D ich t e des Mediums abnimmt und mit wachsendem Elastizi tä tsmo d u I steigt. Bei Gasen und FI üssigkeiten
tritt an die Stelle des Elastizitätsmoduls der
Kehrwert der Kompressibilität (vgl. Abschn.
7.2, 1.6.1.1 und 1.6.2.1).
Eindimensionale elektromagnetische Wellen. In Bild 5.34 sind zwei parallele lange
Drähte gezeichnet. Verbindet man z. B. die
beiden linken Anfangspunkte 1 und 2 zur
Zeit t = 0 mit einer Spannungsquelle, so
beginnen Ladungen auf diesen "langgestreckten Kondensator" zu fließen. Mit
-\
\
1+++ +
1 ::::
1 1 1 1
1 1 1 1
...::r:.. 111 --+---C
...I.
1 1
I 1
1HH
---
1111
0)2.- - - -
b)
1
5.34 a) Lecherleitun g (nach E. Leche r , 1856 - 1926) aus zwei parallelen Drähten, über die eine elektromagnetische
Welle läu ft
b) im Querschnitt (elektrische Feld linien gestrichelt, magnetische dünn ausgezogen)
430
5.2 Wellen
dem Fließen des Stromes ist der Aufbau eines magneti chen Felde verbunden. Dieses
induziert in der Leitung eine Gegenspannung, die die Aufladung der Leitung verzögert.
Das elektrische Feld E zwischen den Drähten und die magneti che Induktion B um die
Drähte (Bild 5.34 b) breiten sich daher mit endlicher Ge chwindigkeit entlang der Leitung
aus. Die e .Störung" bewegt sich auch weiter wenn die Batterie wieder abgetrennt wird,
da das zusammenbrechende Magnetfeld eine Spannung induziert, die den Strom
weitertreibt. Die Leitung verhält sich al 0 zu einem Schwingkreis, wie die Federpendelkette (Bild 5.32) zu einem einzelnen Federpendel. Ersetzt man die Batterie durch eine
Wechselspannungsquelle, so läuft über die Leitung nicht eine einmalige Störung, sondern
eine periodische. Die räum I i c he Ausbreitung des zei t I i ch veränderlichen elektrischen
und magnetischen Feldes oder der zugehörigen Ströme und Spannungen nennt man - in
Analogie zu den mechanischen Wellen - elektromagneti che Wellen. Da die
elektrischen und magnetischen Feldlinien senkrecht zur Ausbreitungsrichtung stehen,
sind dies Q u erwe Ile n. Entsprechend den Analogiebetrachtungen in Abschn. 5.1.3.4 ist
zu erwarten, daß die Phasengeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen mit zunehmender Induktivität und Kapazität der Leitung sinkt.
Die Induktivität pro Länge kann z. B. dadurch erhöht werden, daß ein oder beide Drähte zu
langgestreckten Spulen gewendelt werden (Bild 5.38). Die Kapazität pro Länge steigt mit kleiner
werdendem Abstand der Drähte oder durch die Wirkung eines Dielektrikums zwischen denselben.
Genauso verhalten sich auch konzentrische Leitungen, die nur aus einem Draht und aus einem
leitfahigen zylindrischen Mantel, der den Draht umgibt, bestehen. äheres über sog. "geführte
Wellen" iehe z. B. [32].
5.2.2 Beschreibung einer Sinuswelle
Schwingungen von mechanischen oder elektrischen Systemen sind nicht immer sinusförmig, ebensowenig sind es ihre räumlichen Ausbreitungen, die Wellen. Man kann sie sich
dann aber überlagert denken aus mehreren verschiedenen sinusförmigen Wellen (vgl.
A bschn. 5.1.7). Wenn wir uns im folgenden auf die Beschreibung von Si n u s weil e n
beschränken, bedeutet das daher physikalisch keine sehr einschneidende Beschränkung.
5.2.2.1 Zeichnerische Darstellung
Greift man von einem eindimensionalen Medium, durch das eine Welle läuft, einen
beliebig gewählten Pu n k t heraus und zeichnet die Schwingungsgröße an diesem Punkt in
Abhängigkeit von der Zeit auf, so erhält man eine Sinuslinie, wenn der Ausgangspunkt der
Welle unged ämpft sinusförmig schwingt. Bild 5.35a zeigt zwei solche Oszillogramme
aus einer mechanischen Welle, ausgezogen die Auslenkung s = g(t) eines Punktes bei
Xl und gestrichelt die Auslenkung s* = g(t) eines Punktes bei X2. Der Punkt bei
X2 schwingt also genau 0 wie der Punkt bei X}, jedoch mit einer Phasenverschiebung W',
worin -r diejenige Zeit ist, die die Welle und damit jede Phase braucht, um von x 1 nach X2 zu
kommen . Betrachtet man das gleiche Medium zu einer bestimmten, beliebig
gewählten Zeit und zeichnet den momentanen Wert der Schwingungsgröße in
Abhängigkeit von der Längsausdehn ung X des Mediums auf, so erhält man auch
eine Sinuslinie. Dabei dürfen allerdings in dem Medium keine Energieverluste durch
Reibung oder ähnliches entstehen. Bild 5.35 b zeigt ausgezogen eine solche Mo m en t anvertei lun g der Auslenkung s = g(x), sozusagen eine "Momentaufnahme" der
5.2.2 Beschreibung einer Sinuswelle
431
Welle zur Zeit t 1 und ge trichelt eine zweite, die zur Zeit t 2 = t l + r aufgenommen wurde.
Man beachte die verschiedene Bedeutung der Abszissen in Bild 5.35a und b!
D as konstante Ze i tin te rv a 11 zwischen zwei gleichen aufeinanderfolgenden Schwingungszuständen in Bild 5.35 a ist bekanntlich die Schwingungsdauer T.
Der konstante r ä um I i c he Ab s t an d zweier gleicher benachbarter Schwingungszustände in Bild 5.35 b ist die Wellenlänge A..
Nimmt man die beiden Mo me n t an verteil u n gen s = g(x) speziell in einem zeitlichen
Abstand t gleich der Schwingungsdauer Tauf, so erhält man zwei Momentaufnahmen, die
sich decken weil jeder Punkt zur Zeit t 2 = t 1 + T wieder im gleichen Schwingungszustand ist wie zur Zeit t l .
E ben so er h ä I t m an zwei iden tische 0 szill 0 gr am m es = g(t) wenn man sie von
zwei Punkten bei x I und bei X2 aufnimmt, deren Abstand X2 - x 1 gleich der Wellenlänge A
ist. (Man denke sich in den Bildern 5.35a und b die gestrichelten Kurven nach recht
verschoben, bis sie sich mit der ausgezogenen decken.) Demnach legt eine be timmte
Phase der Welle in der Zeit t = T den Weg X2 - XI = A zurück, also i t ihre
Phasengeschwindigkeit c = 21T oder - mit der Frequenz 1= 11T C =
AI
(5.45)
Diese fundamentale Beziehung gilt für jede Art von Wellen.
Die hier geschilderte zeichnerische Darstellung gilt sowohl für Quer- als auch für Lä ngswellen. Denn
gleichgültig, welche Richtung die Auslenkung s bezüglich der Ausbreitungsrichtung x hat, muß ma n
im Diagramm s = g(x) die Werte von s senkrecht zur x-Achse auftragen (wie man sie ja auch im
D iagramm s = g(t) senkrecht zur t-Achse aufträgt). Die Bezeichnung "Momentaufna hme" für diese
Momentanverteilung s = g(x) ist allerdings nur bei Querwellen berechtigt. In Bild 5.36 sei die x-Achse
. ... .. .. . ..
Xl
Xl
X3
XI
Xs
Xi
Xl
Xa
Xg
X
' s : s j s ' s 1 S , sj s ' S
Xl -XI
5.35 Graphi sche Darslellung einer eindimensionalen
Sinuswelle
a) Oszillogramme, b) Momentaufnahmen
5.36 G raphische Da rstellung einer eindimensionalen
inusförmigen Lä ng welle
432
5.2 Wellen
ein eindimensionales Medium. Lä uft durch die es eine Lä ngswe lle, 0 c hwingen a lle ei ne Punkte in
x-Richtung mit den Au schlägen s hin und her. Für ei nige d ie e r Punkte (x 1 .•• X9 ) sind die
Auslenkungen s in Abh ä ngigkeit von der Zeit t (0 zillogra mm e s = g(L)) nac h unte n a ufgetragen. In
alle 0 zillogramme sind die Punkte nach jeweils gleichen Zeitinterva llen 1 wiede rh o lt ein gezeichnet.
Dadurch entsteht entlangjeder horizontalen gestrichelten Linie eine " Momenta ufn a hmc" der Welle
(vgl. Bild 5.33 b). Die einzelnen Verdichtungen (geringe horizontale Abstä nde) und Verdünnungen
(große horizontale Abstände) bewegen sich mit fort chreitender Zeit (von oben nach unten) in
Ausbreitungsrichtung der Welle (von links nach rechts).
5.2.2.2 Wellengleichung
Die obigen graphi chen Darstellungen einer Welle enthalten immer nur entweder die Zeitoder die Ortsabhängigkeit der Auslenkung. Erst eine mathematische Gleichung kann
diese als Funktion der Zeit und des Ortes beschreiben. Diese Gleichung läßt sich
folgendermaßen herleiten: Das Oszillogramm des Punktes bei Xl (Bild 5.35a) wird durch
die Schwingungsgleichung (5.4) mit dem Nullphasenwinkel <POl = 0 beschrieben:
s=
s sin 2nJt
Die Schwingungsgleichung des Punktes bei Xz dagegen ist
s* = s sin 2nJ(t - ,)
da dessen Auslenkung nicht zur Zeit t = 0 sondern erst zur Zeit t = L gleich 0 ist ; also ist
der Nullphasenwinkel <Poz = 2nJ" Während der Zeit L wandert die Welle mit der
Geschwindigkeit c um die Strecke Xz - Xl weiter. Also ist, = (xz - xd/c und somit
s*
= s sin 2nJ
(t _
Xz
~ Xl)
Setzt man darin statt der speziellen Strecke Xz - Xl allgemein den Weg X ein und nennt die
zugehörige Auslenkung nicht mehr speziell s* sondern allgemein s, so erhält man bereits
die Wellengleichung:
Wellengleichung für die Ausbreitung in positiver x-Richtung
s=ssin2nJ
oder wegen
s
(t- ~})
(5.46)
J = 1fT und c = AJ
= s sin 2n
(~
-
I)
(5.47)
Eine dritte Schreibweise ergibt sich, wenn man 2n/ T = wund 2n/ A = k setzt, wobei k den
Namen Kreiswellenzahl bekommt (in Analogie zur Kreisfrequenz w):
I) Häufig, aber nicht ganz korrekt, nennt man auch die Differentialgleichung einer Welle, z. B.
GI. (5.50), abgekürzt " Wellengleichung".
5.2.2 Beschreibung einer Sinuswelle
[
s
=
ssin (wt -
kx)
433
(5.48)
I
Hierin drückt sich also die sinusförmige Abhängigkeit der Au lenkung s von der Zeit t und
vom Weg x in einem verlustfreien eindimensionalen Medium aus.
5.2.2.3 Phasengeschwindigkeiten
Die Herleitung der Wellengleichung im vorigen Abschnitt liefert leider keine Aussage über
den Zusammenhang zwischen der Phasengeschwindigkeit c und den Eigenschaften des
Mediums. Eine solche erhält man erst, wenn man die Wellengleichung als Lösung einer
Differentialgleichung herleitet, ähnlich wie das in Abschn. 5.1.2.1 für die Schwingung gleichung geschah. Wegen des relativ großen mathematischen Aufwandes soll dies hier
jedoch nur an einem Beispiel für die Seil wellen und in Ab chn. 5.2.5.4 für freie
elektromagnetische Wellen durchgeführt werden.
Bild 5.37 zeigt ein Stück eines in x-Richtung durch die Kraft F 0 gespannten Seil , das den
Querschnitt A und die Dichte e hat. Gestrichelt ist die Ruhelage, ausgezogen eine
momentane Auslenkung gezeichnet. Die Auslenkung sei nur so stark daß die Gesamtlänge und die Spannkraft praktisch als konstant angenommen werden können. Ein
beliebiges Stück dx ist an seinem linken Ende um s, an seinem rechten Ende um s + ds
ausgelenkt ; an seinen Enden greift die Spannkraft unter den Winkeln a bzw. (a - da)
gegen die Horizontale an. Die Komponenten dieser Kräfte in s-Richtung sind
F 1 = F o sin a
bzw.
F2 = F o sin (a - da)
5.37
Zur DilTerentialgleichung einer ela tischen Querwelle (Seilwelle)
x---Die Differenz dieser beiden Komponenten dF = F 1
Seilstück dx, also
dF
=
-
F 2 ist die Rückstellkraft für da
F o [sin a - sin (a - da)]
Beschränkt man sich auf kleine Winkel, was ja wegen der geforderten Konstanz
von Spannkraft und Gesamtlänge sowieso notwendig ist, so i t einer eil
sin (a - dcx) ~ cx - dcx und sin cx ~ a; andererseits ist auch a ~ ds/dx. Da s nicht nur von
x sondern auch von t abhängt, schreibt man dafür meist den partiellen Differentialquotienten cx = osjox. Dann ist dcx = 02 S/ 0X 2 dx, also
02 S
F = F 0 ox 2 dx
Das 2. Newtonsche Axiom F = ma ergibt mit GI. (5.49), mit dm = eA dx und rllit a =
(5.49 )
02S/
ot 2
(5.50)
434
5.2 Wellen
Darin wird gelegentlich eA = Am/ V = m/I = f1 die Ma e pro Länge oder " Ma senbelegung" genannt. GI. (5.50) ist die Differentialgleichung einer eindimensionalen, el ast ischen Querwelle. Für alle anderen mechanischen und elektromagnetischen Wellen
lassen sich durch ähnliche Ansätze DifTerentialgleichungen der gleichen Form wie
GI. (5.50) herleiten. Bei allen ist die zweifache Ableitung der Schwingungsgröße nach der
Zeit derjenigen nach dem Ort proportional ; der Proportionalität faktor besteht aus
Größen, die die Eigenschaften des Mediums charakterisieren. Die e DifTerentialgleichungen werden alle durch einen Ansatz mit der Funktion g der Form
(5.51)
gelöst. Dabei ist y die jeweilige Schwingungsgröße, also y = s bei den mechanischen
Wellen oder y = u bzw. y = i bei elektromagnetischen Wellen auf Leitungen. Die
Funktion g kann beliebig sein, sofern sie zweimal nach x und t differenzierbar ist.
Physikalisch heißt das:
Jede beliebige Störung kann sich als Welle durch ein geeignetes Medium fortpflanzen.
Die Größe c in GI. (5.51) hat die Dimension einer Geschwindigkeit. Es handelt sich bier
ofTensichtlich um die Phasengeschwindigkeit der betreffenden Welle. Zweimaliges DifTerenzieren der GI. (5.51) nach x und t ergibt
1
a2 y
2
at 2
c
Differentialgleichung der eindimensionalen Welle
(5.52)
Durch Vergleich mÜ GI. (5.50) oder einer anderen der oben erwähnten Differentialgleichungen ergibt sich jeweils die
Phasengesch windigkei t
der el ast i s c h e n Q u e r weil e
der elastischen Längswelle
c=ß
c=A
der Längs wellen im I nn er n
von Flüssigkeiten
c=
der Längswellen in Gasen
c=
I) Siehe auch Abschn. 5.2.5.3.
(5.53)
(5.54)
ffx
(5.55)
ex
)x:o
l
)
(5.56)
5.2.2 Beschreibung einer Sinuswelle
der elektromagnetischen Welle
auf einer Lei tun g
c=
1
(Cf!) (LI l)
435
(5.57)
Darin bedeuten: F 0 = Spannkraft des Seils, Drahtes ete., {! = Dichte, A = Querschnitt,
E = Elastizitätsmodul (s. Abschn. 7.2), X = Kompressibilität (vgI. Absehn. 1.6.1.1 und
1.6.2.1), x = Adiabatenexponent (vgI. Abschn. 2.4.3.4), Po = Druck, Cf! = Kapazität
pro Länge, L I ! = Induktivität pro Länge.
Diese Phasengeschwindigkeiten ergeben sich also ganz unabhängig von der Form der
Welle, d. h. von der Art der Funktion in GI. (5.51). Es kommen in den GI. (5.53) bis (5.57)
nur die Eigenschaften der Medien vor, und bei der Herleitung der Differentialgleichungen
müssen meist kleine Amplituden angenommen werden.
Die Phasengeschwindigkeit elastischer und quasielastischer Wellen ist bei genügend
kleinen Amplituden nur von den Eigenschaften der betreffenden Medien abhängig,
nicht aber von der Amplitude.
Bei der weiteren Beschreibung der Wellen wollen wir uns aber auf Sinuswellen
beschränken.
Daher soll nun nicht mehr der sehr allgemeine Ansatz von GI. (5.51) verwendet werden,
sondern die im vorigen Abschnitt bereits hergeleitete Wellengleichung (5.47)
s = s sin 21t (ti T - xl }..) und für elektromagnetische Wellen entlang Leitungen ent prechend
u
= usin 2 1t
(~ - ~)
oder
i
= i sin 2 1t
(~ - ~)
(5.58)
Wie man durch zweimaliges Differenzieren dieser Gleichungen und Ein etzen in die
betreffenden Differentialgleichungen leicht feststellen kann, sind sie tat ächlieh Lö ungen.
Sie beschreiben also mathematisch zusammen mit GI. (5.53) bi (5.57) ela tische und
quasielastische sinusförmige Wellen, wie sie in den Bildern 5.35 graphisch darge teilt
sind.
5.2.2.4 Energietransport
Energiedichte
Um in einem Medium eine Welle zu erzeugen, muß man einen Teil des Mediums unter
Energiezu fu h r zum Schwingen anregen. Die am Ort de Wellenur prung zugeführte
Energie wird in Wellenausbreitungsrichtung x transportiert. Solange al 0 das Medium
von der Wellenbewegung erfaßt ist, enthält es Energie pro Volumen.
Diese Ener gied ich te soll näher untersucht werden, und zwar zunäch t für mechani che
Wellen:
Mechanische Wellen, z. B. die elastischen Wellen in einem Seil mit der Ma endichte {!.
Dabei soll en keine Energieverluste durch Reibung auftreten. Ein Teil tück d V die e
~-
436
5.2 Wellen
Mediums hat die Masse
{!
d V, seine Schwingung energie i t in
d
und [olglich
nlehnung an Gl. (5.14)
oder
rue
Energied ichte
dW
w= -
dV
1
= -
2
2-2
{!W S
1
= -
2
_2
(5.59)
{!V
Außer der Dichte {! kommen in dieser Gleichung keine pezifischen Eigenschaften de
Mediums vor. Daraus kann man schließen, daß sie nicht nur für elastische, sondern auch
für andere mechanische Wellen gilt, vorläufig noch mit der Beschränkung auf
langgestreckte, praktisch eindimensionale Medien.
Elektroma gnetische Wellen. Um eine analoge Aussage für elektromagnetische Wellen auf
einer Leitu ng rillt der Länge I der Kapazität C und der Induktivität L zu erhalten, dividiert
man am einfachsten GI. (5.24) durch I und erhält so (anstelle der obigen Energie pro
Volumen) die
Energie pro Länge
W I e -2
1 L ~2
u =--L
I
2 I
2 I
-=- -
(5.60)
Die GI. (5.60) besagt außerdem, daß CCt 2 = Li2 ist, also
u
Diese Gleich ung ist f 0 r m al dem Ohmschen Gesetz ähnlich (u und i sind hier jedoch Amplituden I).
Der Faktor hinter i hat also die Dimension eines Widerstandes und heißt
Wellenwid erstand für elektromagnetische Wellen
Z=
VL /C
oder mit GI. (5.57)
Z = cL/I
(5.61)
In Analogi e dazu definjert man auch einen Wellen widerstand für mechanische Wellen
Z =c(}
Diese Grö ßen sind wegen der Gleichungen (5.53) bis (5.57) für jedes Medium und die
zugehörige Welle charakteristisch. Immer wenn sie sich ändern, tritt Reflexion auf
(s. hierzu unten Aufgabe 3 zu Abschn.5.2.2). Außerdem machen sie gewisse Analogien
zwischen Gleichungen der Akustik und der Elektrizität deutlich, wie z. B. zwischen den
Gleichunge n (5.74) und (3.39).
~
5.2.2 Beschreibung einer SinusweUe
437
Leistung oder Energiestrom
Die oben beschriebene Energie wird von der Welle meist mit der Phasengeschwindigkeit c
transportiert. An einer Stelle des Mediums - z. B. Seil oder Saite mit dem Querschnitt
A und der Dichte Q - "strömt" daher in der Zeit t diejenige Energie vorbei, die vorher im
Volumen V = ctA enthalten war: W = ctAw. Mit GI. (5.59) erhält man
W
=
1
1
2" ctAQw 2 §2 = 2" ctAf2v 2
A
Die pro Zeit transportierte Energie, also der Energiestrom, die Leistung, i t daher
[
(5.62)
Für die ein d i m en si 0 n al e e l ek t ro m agn et i sche Welle läßt sich der Energiestrom
mit GI. (5.60) genauso herleiten. Es ist
W
W
1 C A2
1 L ~2
P= - = c - = - c - u = - C - l
t
I
2
I
I
2
Mit GI. (5.57) und GI. (5.61) erhält man daraus
1 /12
1
P = - - = - i 2Z
A
2 Z
2
Aufgaben zu Absehn. 5.2.2
1. Ein Stahldraht mjt 2 mm 2 Querschnitt ist 50 m weit mit der Kraft 964 gespannt. Schlägt man an
einem Ende senkrecht zur Spannrichtung gegen den Dra ht, so lä uft die c " Störung" als Querwelle
zum anderen Ende. ach welcher Zeit erreicht sie dieses ({1St.hl = 7,7 gfcm 3 )?
2. Wie groß ist die Phasengeschwindigkeit von L ä ngswellen in Stahl mit dem Elastizi tä tsmodul
1,8' 10 5 j mm 2 (QStahl = 7,7 gfcm 3 )?
3. Wie groß sind die Wellenwiderstände der Medien in den Aufgaben 1 und 2?
4. Die Pha engeschwindigkeit einer Längswelle in Blei ist 1226 m/ s, sei ne Dichte 11 ,3 gfcm J . Man
berechne den Elastizitätsmodul.
5. Die Geschwindigkeiten von Längswellen in Wasser und Luft (Schallwellen) bei Normbedin g un gen
sind Cw = 1450 m/ s bzw. CL = 332 m/ s. Die Dichten sind (lw = 1 t/ m 3 bzw. QL = 1,29 kg/ m 3 . M an
berechne dara us die Druckerhöhungen , die notwendig si nd. um Was er bzw. Luft um 1 % zu
kom prim ieren.
6. Eine elektri che Verzögerungsleitung be teht a us zwei Drä hten, von denen einer zu einer
langen Spule gewickelt ist sowie a us Kondensatoren zwi chen beiden Drähten (Bild 5.38). Jcder
Kondensa tor hat die Kapazi tät 10 pF. Ihre Abstände sind je JO cm, dazwischen liegt jeweil
o
5.38
Elektrische Vef2öger ungslei tung
o
I
I
I
I
I
I
I
T
438
5.2 Wellen
eine Induktivität 10 IIR. Wie schnell breitet sich eine elektromagnetische Welle in dieser Leitung
aus?
7. Ein Seil ist durch die Kraft 30 N horizontal gespannt. Durch dreimaliges Aufundabbewegen des
einen Endes wird ein sinusförmiger Wellenzug von 1,5 m Länge und 10 cm Amplitude erzeugt. Welche
Energie enthält dieser Wellenzug?
8. Über die in Aufgabe 6 beschriebene Leitung wird die Leistung 5 W übertragen. Wie groß sind
Spannungs- und Stromamplituden ? Welchen Wellenwiderstand hat die Leitung?
5.2.3 Reflexion von eindimensionalen Wellen
Ganz allgemein soll unter "Reflexion" die Erscheinung verstanden werden, daß in
bestimmten Fällen eine eindimensionale Welle ihre Ausbreitungsrichtung umkehrt.
Zur Demonstration der Reflexion von mechanischen Wellen dient ein Gummischlauch von mehreren Metern Länge, der vertikal aufgehängt ist (Bild 5.39 und 5.40).
o
Versuch 17. Reflexion am festen Ende. Diese kann man am Schlauch, dessen beide
Enden an star re n Kö rpern b efes ti g t sind, beobachten: Schlägt man horizontal z. B.
nahe dem unteren Ende gegen den Schlauch, so läuft diese kurze "Störung" mehrmals als
Querwelle auf und ab, da sie jeweils an den Enden re fl e k ti e r t wird (Bild 5.39). 0
t
c
t
c
~
/
a)
c
b)
5.39 Reflexion einer elastischen Querwelle am festen
Ende
a)
b)
5.40 Reflexion einer elastischen Querwelle am freien
Ende
Zur Erklärung denke man sich das "Medium" Gummischlauch an einem Ende in
mehrere Abschnitte unterteilt ("Punkte" im Sinne des Huygens-Fresnel-Prinzips,
s. Abschn. 5.2.1.1). Der letzte Abschnitt kann nicht schwingen, da er starr befestigt ist.
Daher kann der schwingende vorletzte Abschnitt seine Schwingungsenergie nicht an ihn
weiter-, sondern nur an den drittletzten zurückgeben. Dadurch kehrt die Welle um.
o
Versuch 18. Reflexion am freien Ende erhält man, wenn man das untere Ende des
Schlauches fre i hängen läßt und eine "Störung" durch einen (schwächeren) horizontalen
Schlag in der Nähe des oberen Endes erzeugt. Diese läuft als Querwelle abwärts zum
unteren freien Ende und kommt von dort (mit verringerter Amplitude) reflektiert zurück
(Bild 5.40). 0
5.2.3 ReOexion von eindimensionalen Wellen
439
Die Erklärung ist die gleiche wie oben zu Versuch 17: Auch hier kann die Schwingungsenergie zuletzt nicht weiter-, sondern nur zurückgegeben werden. Der Unter chied
zwischen diesen bei den Fällen ist folgender : Bei der Reflexion am fes te n Ende wird nicht
nur die Ausbreitungsrichtung, sondern auch die Richtung der Au s lenkung
u mgekeh rt. Bild 5.39 a und b zeigt die Störung kurz vor bzw. nach der Reflexion. Bei der
Reflexion am freien Ende bleibt dagegen die Richtung der Auslenkung erhalten
(Bild 5.40). Denkt man sich statt der einmaligen Auslenkung eine sinusförmige Welle durch
das Medium laufen, so kann man die hier gemachten Beobachtungen verallgemeinern:
Eine elastische Welle errährt bei Reflexion am festen Ende eine Phasenverschiebung
um 11:, am freien Ende nicht.
Die beiden in Versuch 17 und 18 untersuchten Fälle sind (idealisierte) Grenzfälle. Das
allgemeine Verhalten zeigt
o
Versuch 19. Füllt man die untere Hälfte des Gummischlauches von Versuch 17 mit
Sand, so ist dort seine Dichte größer, also nach GI. (5.53) die Phasengeschwindigkeit einer
Querwelle kleiner l ). Beide Enden sind fest. Schlägt man horizontal nahe dem oberen Ende
gegen den Schlauch, so beobachtet man dreierlei (Bild 5.41) :
1. Die Störung läuft wie in Versuch 17 als Welle den Schlauch mit der Ge chwindigkeit
Cl abwärts.
z
2. Von der Mitte ab - also im sandgefüllten
Teil - läuft sie mit deutlich verringerter
Geschwindigkeit C2 und verringerter Amplitude weiter.
Cl
3. Von der Mitte aus läuft eine Welle mit
umgekehrtem Ausschlag zurück, den leeren Cl
Schlauch aufwärts.
,
Ein Schlag nahe dem unteren Ende zeigt
Cl
prinzipielJ die gleichen Effekte, nur wird die
weiterlaufende Welle von der Mitte ab
schneller, und die an der Mitte reflektierte
hat die gleiche Ausschlagsrichtung wie die
ursprüngliche. 0
t
5.41
Reflexion und Durchgang einer elastischen Querwelle
bei zwei aneinandergrenzenden verschiedenen Medien
Im Grunde verlief die Reflexion in Versuch 17 ebenso wie hier, nur ist dort der Unter chied
der Phasengeschwindigkeit im Schlauch und in der Befe tigung (z. B. Zimmerdecke) 0
groß, daß man praktisch keine weiterlaufende Welle beobachtet. Dafür hat die reflektierte
Welle praktisch die ganze Energie. Beim freien Ende (Ver uch 18) wird zwar ein merklicher
') An sich ändert sich schon im leeren Schlauch die Phasenge chwindigkeit, wenn er vertikal
aufgehängt ist, da die Spannkraft durch das Eigengewicht nach oben zunimmt. Da die e Änderung
aber stetig verläuft, ist sie kaum zu beobachten.
440
5.2 Wellen
Energiebetrag an die umgebende Luft abgegeben, da i t aber hier nur an der verringerten
Amplitude der reflektierten Welle zu bemerken.
Zusammenfassend kann man also agen:
An der Grenze zwischen zwei Medien mit ver chiedenen Pha enge chwindigkeiten
wird eine Welle teilweise reflektiert, und zwar mit dem Pha en prung rr, wenn die
Geschwindigkeit im zweiten Medium niedriger ist als im er ten.
Diese Aussage gilt für alle Arten von Wellen.
5.2.4 Ü berlagerung von eindimensionalen WeHen
Wenn zwei oder mehr Wellen gleichzeitig durch das eibe Medium laufen, 0 ent teht eine
Überlagerung oder In terferenz dieser Wellen. In eindimensionalen Medien können
die Wellen dabei gleiche oder entgegengesetzte Au breitungsrichtung haben. Wir
wollen uns hier auf die Behandlung des zweiten Falles beschränken da bei eindimensionalen Wellen nur dieser prakti che Bedeutung hat. Die Interferenz bei gleicher Ausbreitungsrichtung wird bei den dreidimensionalen Wellen in Abschn. 5.2.6.3 behandelt.
Entgegengesetzte Aus breitungsricbtung
Die Interferenz zweier Wellen, die ein eindimensionales Medium gleichzeitig in entgegengesetzten Richtungen durchlaufen, erhält man am einfach ten indem man eine Welle an
einem Ende des Mediums reflektieren läßt. Dann läuft die reflektierte Welle im
Medium zurück, während die primäre Welle noch auf das Ende zuläuft.
Wir wollen diese Art der Interferenz zunächst theoretisch untersuchen. Das Medium soH
sich in x-Richtung erstrecken, so daß die hinlaufende Welle die Gleichung (5.47)
S
= s sm 2rr
A'
(1 Ix)
T -
hat. Die ihr entgegenlaufende Welle hat gleiche Amplitude, Frequenz und Wellenlänge,
läuft aber in negativer x-Richtung, gehorcht also der Gleichung
s * = s sm 2rr
A
'
(
Tt
x)
+I
(5.63)
Die Auslenkung irgend eines beliebigen Punktes x resultiert aus der Erregung durch beide
WeHen, ergibt sich also durch Addition von Gl. (5.47) und (5.63)
SgcS
= s
+ s*
=
S [sin 2rr
(~
-
I) +
sin 2rr
(~
+
I)]
Wendet man darauf die Additionstheoreme der trigonometrischen Funktionen an
[sin IX + sin ß = 2 cos (a - ß)/2 . sin (IX + ß)/2] und berücksichtigt, daß cos (-IX) = cos (IX)
und daß 2rr/ T = w ist, so erhält man
Sgcs
. wt
= 2'S cos 2rr Ix sm
(5.64)
5.2.4 Überlagerung von eindimensionalen Wellen
441
Da ist die Gleichung einer S;.nusschwingung mit der Kreisfrequenz w und der
periodisch vom 0 r t abhängigen Amplitude 2s cos (2rcx jJ..). Das heißt also, daß das ganze
Medium schwingt, daß aber die Amplitude dieser Schwingung von Ort zu Ort verschieden
ist. Je nach dem Wert von cos (2rcx jJ..) schwankt sie zwischen Null und dem Maximum 2s.
5.42 Fünf Momentaufnahmen zweier gegeneinander laufender Wellen und ihrer resultierenden stehenden Welle
Bild 5.42 zeigt 5 aufeinanderfolgende Momentaufnahmen der bei den erzeugenden Wellen
und ihrer Resultierenden. Punktiert ist die von oben nach unten, trichpunktiert die von
unten nach oben laufende Welle gezeichnet. Die ausgezogene Resultierende ver chiebt ich
nicht in x -Richtung sondern hat an den Stellen K immer die Auslenkung ull, an den
Stellen B Auslenkungen, die mit der Frequenz f = I j Tzwi chen 2s und - 2' chwanken.
Die ortsfeste Schwingung, die durch Überlagerung von zwei in entgegenge etzten
Richtungen laufenden gleichen Wellen entsteht, nennt man eine stehende We ll e.
Stellen, die nicht schwingen, da dort die Amplitude immer Null i t, heißen Knoten,
Stellen, die mit Maximalamplitude 2s schwingen, heißen B ä u c h e. In Bild 5.43 sind drei
stehende Wellen als " Zeitaufnahmen" wiedergegeben. Die Knoten ergeben ich überall
dort, wo cos (2rcxj J..) = 0 ist Bäuche entstehen überall dort wo co (2rcx jJ..) = ± 1 i 1.
Der Abstand zweier benachbarter Knoten oder benachbarter Bäuche i t immer eine
halbe Wellenlänge.
Stehende WeDen auf begrenzten Medien. A mAn fa n g (x = 0) de Medium liegt entweder
ein Bauch wenn von dort die Welle s ausgehen oll, oder bei ander artiger Anregung ein
Knoten. Wenn die entgegengesetzt laufende Welle s* durch Reflexion am End e de
442
5.2 Wellen
o
0
0
.%
Äf4
2%
2AA
3%
3%
4%
?/4
4V4
al
x
5 A/4
5 ''/4
SA/~
SV4=/
7 Af4;t
2Af4=t
b)
x
c)
x
5.43 Verschiedene Formen stehender elastischer Querwellen (auf begrenztem Medium!)
Mediums entstehen und die gleiche Amplitude oS haben soll, muß der Endpunkt x = I
entweder ganz frei oder starr befestigt sein (vgI. Abschn. 5.2.3). Im er ten Fall muß folglich
dort ein Bauch sein, im zweiten ein Knoten. Daher müssen Wellenlänge und Länge des
Mediums folgendermaßen aufeinander abgestimmt sein:
Damit sich in einem Medium der Länge l eine stehende Welle ausbilden kann, muß l bei
zwei freien Enden (Bild 5.43 a) oder bei zwei festen Enden ein geradzahliges Vielfaches
von ),,/4, bei einem festen und einem losen Ende (Bild 5.43 c) ein ungeradzahliges
Vielfaches von )../4 sein.
Diese Überlegungen gelten sowohl für Quer- als auch für Längswellen, da die Richtung
der Auslenkung dabei keine Rolle spielt. Die ersteren zeigt
o
Versuch 20. Stehende elastische Querwellen. Dazu dient wieder ein vertikal hängender
Gummischlauch (ähnlich wie in Versuch 17 und 18). Sein oberes Ende kann jetzt
periodisch mit veränderbarer Frequenz horizontal hin und her bewegt werden. Sein
unteres Ende hängt entweder frei oder kann in verschiedener Höhe festgemacht werden.
Um deutliche stehende Wellen z. B. wie in Bild 5.43 zu erhalten, werden entweder die
Frequenz oder die Länge oder die Spannkraft und damit nach GI. (5.53) die Phasengeschwindigkeit variiert. 0
Bei der obigen theoretischen Behandlung haben wir nur eine einmalige Rel1exion am Ende
des Mediums berücksichtigt. Die rücklaufende Welle kann aber auch wieder am Anfang
des Mediums rel1ektiert werden usf. Dadurch können die Amplituden in den Bäuchen
ganz erheblich anwachsen. Wir haben hier also Re sonanzerschein ungen vor uns
und zwar mit mehreren Eigenfreq uenzen l ). Es gilt:
Jedes begrenzte Medium hat beliebig viele Eigenfrequenzen. Diese sind stets ganzzahlige Vielfache einer Grundfrequenz.
I) Man vgl. z.B. die verschiedenen Möglichkeiten in Bild 6.13 a.
5.2.4 Überlagerung von eindimensionalen Wellen
443
o
Versuch 21. Stehende Längswellen in Gasen erhält man z. B. im sog. Kundtschen
R oh r (Bild 5.44 a). Vor dem ünken Ende eines Glasrohres 1 von mehreren Zentimetern
Durchmes er führt die Membran eines Lautsprechers 2 erzwungene Schwingungen in
Längsrichtung aus. Das rechte Ende ist entweder offen ("freies Ende") oder kann durch
einen verschiebbaren Kolben 3 verschlossen werden. Der Boden des Rohres ist mit einer
dünnen Schicht eines trockenen Staubes (z. B. Korkmehl oder Zigarettenasche) bestreut.
Bei offenem Ende kann man nun die Frequenz der Spannung am Lautsprecher so
verändern, daß die Rohrlänge lein geradzahliges Vielfaches einer Viertelwellenlänge
}../4 ist. Daß sich dann eine stehende Welle ausbildet, erkennt man am Staub:
An den Bäuchen und in ihrer Umgebung wird er aufgewirbelt, während er an den Knoten
und in deren Umgebung liegenbleibt (Bild 5.44b). Bei geschlossenem Ende muß die
wirksame Rohrlänge (Abstand Lautsprecher - Kolben) ein ungeradzahliges Vielfaches von A.j4 sein (Bild 5.44c). Zum Abgleich kann man auch entweder die Frequenz
verändern oder den Kolben verschieben.
Läßt man das rechte Ende nicht offen, verschließt es auch nicht mit dem starren Kolben 3, sondern mit
einem lockeren Wattebausch, so bildet sich keine stehende Welle aus, da keine Reflexion stattfindet,
sondern die ankommende Energie aufgezehrt wird. 0
h---
(Z
,1/a>===:::::::=====.L
b) c:;;;.
C)~
--
---
-
"<;'""--
-- --
-GI
~---
5.44 Stehende Schallwellen im sog. Kundtschen Rohr;
bei ""- aufgewirbelter Staub
o
[]I,=
I~ I,
~8
5.45 Zur Demon tration stehender elektromagnelischer Wellen auf einer Lecherleitung
Versuch 22. Stehende elektromagnetische Wellen (Bild 5.45) erhält man, indem man z. B.
zwei parallele Drähte 1 und 2 - eine sog. Lecherleitung - an einen elektronischen ender 3 für Frequenzen um 1 GHz anschließt. Am Ende der Lecherleitung, da entweder
offen oder durch einen Drahtbügel 4 kurzgeschlossen sein kann wird die hinlaufende
Welle reflektiert. Unter den analogen Bedingungen wie in Versuch 20 und 21 bilden ich
stehende Wellen aus. Da die elektromagnetische Welle durch eine Spannungs- und eine
Stromgleichung (5.58) beschrieben wird, sind auch Spannungs- und Strombäuche bzw.
-knoten zu erwarten. Zum Sichtbarmachen der S pa n n u ngs bä u c he und -knoten bringt
man z. B. eine handelsübliche Leuchtstoffiampe 5 zwischen die Drähte. An den Bäuchen
leuchtet sie auf, an den Knoten bleibt sie dunkel. Die Lage der Strom bäuche und
-knoten erhält man, indem man eine Drahtschünge 6 ("Induktionsspule"), die über eine
Diode 7 an einen Spannungsmesser 8 angeschlossen ist, zwischen den Drähten entlangführt. An den Bäuchen erhält man einen Zeigerausschlag des Instrumente an den Knoten
nicht. Am offenen Ende findet man einen Spannungsbauch und einen Stromknoten, am
kurzgeschlossenen Ende das Umgekehrte. Dementsprechend finden sich auch
entlang der Leitung die Stromknoten an den Orten der Spannungsbäuche und umgekehrt.
1
444
5.2 Wellen
Läßt man das Ende der Leitung nicht olTen (R = ) chli ßt e auch nicht kurz (R = 0),
ondern verbindet die Drähte durch einen Wirk wider tand R = Z wobei Z der in
Abschn. 5.2.2.4 behandelte We ll e n w i der ta n d i t, 0 i t keine tehende Welle herzustellen. Offenbar fmdet keine Reflexion statt, ondern die elektromagneti che Energie
wird in Wärme umgewandelt. D
ChJadoi-Figureo. Zur Ergänzung soUen noch stehende Wellen auf begrenzten zweidirnen ionalen Medien vorge teUt werden, obwohl wir hier on t nicht weiter auf
zweidimensionale Wellen eingehen können.
D Versuch 23. Eine quadratische oder runde Stahlblechplatte wird in ihrem Mittelpunkt
horizontal gehalten und von unten mjt einem Laut precher be challt. Variiert man die
Frequenz dieser BeschaUung so bilden sich bei bestimmten Frequenzen Te onanzartig
stehende Wellen aus. Deren Bäuche sind bier Flächenstücke, ihre Knoten sind Linien. Sie
werden sichtbar, wenn man die Platte vorher mit Sand gleichmäßig bestreut hat, der nun
von den Bäuchen weggeschüttelt wird und sich entlang der Knotenlinien sammelt. Die 0
entstehenden, mehr oder weniger symmetrischen Figuren ind nach ihrem Entdecker E. F.
F. Chladni (1756 bis 1826) benannt. In Bild 5.46 sind einige dieser reizvollen Figuren
wiedergegeben. 0
5.46 Chladni-Figuren
Anwendungen. Zur Erzeugung von Schall chwingungen bestimmter Frequenz (~ bestimmter Ton höhe)
djenen vielrach dje stehenden Wellen von Gassäulen und gespannten Saiten z- B. in Musikinstrumenten.
Die Bestimmung der Wellenlänge an stehenden Wellen ist in der Hochfrequenztechnjk ein häufiges
Meßverrahren. Mit c = J..jkönnen c oderfberechnet werden. Hochrrequenzlcitungen werden mit dem
Wellen widerstand abgeschlossen, wenn man Reflexion verhindern will.
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
445
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
Die meisten Wellen in der Natur sind dreidimensional. Wir wollen zunächst die Merkmale
und Eigen chaften besprechen, die allen gemeinsam sind.
5.2.5.1 Grundbegriffe
Von den ver chiedenen möglichen Anregungen und zugehörigen Wellen in einem al
Wellenmedium geeigneten Stoff wollen wir die zwei einfachsten betrachten:
1. Die Schwingungsenergie wird dem Medium in einem eng begrenzten Gebiet (punktförmig) zugeführt. Dazu kann z. B. ein elastisches Medium an einer Stelle periodisch
verdichtet werden (pulsierend schwingende Kugel).
Diese Schwingung breitet sich nach allen Seiten aus, d. h. durch das Medium läuft eine
Lä n gs w eU e (Ausbreitungsrichtung und Schwingungsrichtung sind parallel). Falls da
Medium in allen Richtungen gleiche Eigenschaften hat (i s 0 t r 0 p ist), werden nach allen
Seiten von der Welle in gleichen Zeiten gleiche Wege zurückgelegt. Damit liegen alle
Punkte, die in der Welle zu einem Zeitpunkt gleiche Phase haben, auf konzentri ehen
Kugeln um den Zentralpunkt. Allgemein werden Flächen gleicher Phase We 11 e n fr 0 nten genannt. Da diese bier kugelförmig sind, heißen die Wellen Kugelwellen.
2. Die Schwingungsenergie wird dem Medium flächenhaft zugeführt, z. B. indem alle
Punkte, die auf einer Ebene liegen, phasengleich periodisch hin und her bewegt werden, am
einfachsten senkrecht zu der Ebene. Dann läuft nach beiden Seiten je eine Lä n gs weIl e.
Im isotropen Medium sind die Wellenfronten zur Ausgangsebene parallele Ebenen.
Deshalb werden diese Wellen ebene Wellen genannt.
Alle Punkte die gleichzeitig von der Welle erreicht werden liegen auf einer Wellenfront;
jeder von ihnen sendet mit gleicher Phase seine Elementarwelle aus (vgl. den I. Teil de
Huygens-Fresnelschen Prinzips in Abschn. 5.2.1.1). Die Summe aB die er Elementarwellen
ist die fortschreitende Gesamtwelle. Das ist der 1I. Teil des Huygens-Fre nel chen
Prinzips. Wir können beide Teile zusammenfassen:
Huygens-Fresnelsches Prinzip: Jeder Punkt eines Mediums, der von einer Welle erfaßt
wird, wird dadurch zum Ausgangspunkt einer Elementarwelle. Die weiterlaufende
Welle ist die Resultierende aller dieser Elementarwellen.
Ist ein mehr oder weniger punktförmiges Wellenzentrum sehr weit (theoretisch unendlich weit)
vom Beobachtungsort entfernt, so ist die beobachtete Welle ebenfalls eben. In anisotropen
Medien, in denen also die Phasengeschwindigkeit von der Richtung abhängt, ind die
Wellenfronten zu komplizierteren Flächen deformiert. Auch durch andersartige Anregung
können kompliziertere Wellen entstehen. Wir werden uns aber hauptsächlich auf KugeJweIlen
und ebene Wellen beschränken, bei den mechanischen speziell auf Läng wellen.
5.2.5.2 Mechanische Wellen in kontinuierlichen Medien
AI dreidimensionale Medien für die Ausbreitung mechanischer Wellen kommen prakti ch alle Stoffe in Frage. In Festkörpern sind owohl Querwellen al auch
Längswellen möglich. In Flüs igkeiten und Ga en gibt e dreidimensional nur
446
5.2 Wellen
Lä ngs wellen, da diese Stoffe fast keine Querkräfte übertragen können. Die wichtigsten
mechanischen Wellen sind die Sc hall weil e n , auf die im b chn. 5.2.5.3 noch näher
eingegangen wird. Hier sollen die allgemeinen Eigen chaften in der gleichen Weise wie bei
den eindimensionalen Wellen (Ab chn. 5.2.1 und 5.2.2) behandelt werden.
Die Abhängigkeit der Phasengeschwindigkeiten von den Eigen chaften der
Medien sind hier wie dort gleich, omit gelten GI. (5.53) bi (5.56) hier unverändert.
Dagegen ergeben sich für den Energietran port und die Wellengleichungen teilweise
andere Beziehungen:
Energietransport und Wellengleicbung
Ebene Wellen. Zur Erzeugung einer ebenen Welle wird alle n Punkten eine isotropen
Mediums, die auf einer Ebene liegen, Schwingung energie zugeführt. Bei der Ausbreitung wird das ganze Medium von der Welle erfaßt, ohne daß ich die Flächen
ihrer Wellenfronten vergrößern. Also bleibt die Energiedichte kon tant genau wie bei
einer eindimensionalen Welle, und wir können GI. (5.59) und (5.62) unverändert
übernehmen:
Die Energiedichte
w=
1
-
2
{!W
1
2 2
S = -
2
{!V
2
(5.65)
und die pro Zeit durch eine Fläche A des Mediums (senkrecht zur Ausbreitungsrichtung) transportierte Energie, die Leistung oder der Energiestrom
1
P=2
•
2 2
CA{!W S
1
2
= -
cA{!v
2
sind bei einer ungedämpften ebenen Welle unabhängig vom Ort und von der Zeit.
Daher ist auch die Am pli t u d e der ebenen Welle konstant.
Folglich sind die GI. (5.46) bis (5.48) nicht nur die Wellengleichungen der eindimensionalen
Welle, sondern auch die der dreidimensionalen e ben e n We II e
S
= s sin 2n f
(t - ~) = ssin 2n (~ -
I) = s
sin
(wt - kx)
Das anschaulichste Maß für die, Stärke" oder In t e n s i t ä t einer räumlichen Welle ist
die Energie, die sie pro Zeit und pro Fläche transportiert, also die Leistung pro
Fläche.
Definition: Bei einer dreidimensionalen Welle heißt der Quotient aus der Leistung
P und der von ihr durchsetzten Fläche A In t en si tä t oder Ener gi es t r om di ch te
S = P/A
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
447
Mit GI. (5.62) wird die
Energiestromdichte ebener Wellen
1
S= 2
C(!W
2 2
1
S = 2
C(!V
2
(5.66)
Man findet bei allen Wellen, daß die Intensität oder Energiestromdichte dem
Qua d rat der Amplitude der Schwingungsgröße (hier 82 oder v2 ) proportional ist.
Der Vergleich mit GI. (5.59) ergibt außerdem
(5.67)
S = cw
(Genau genommen ist die Intensität ein Vektor S =
Vektor, S. 462.)
cw, vgl. Abschn. 5.2.5.4 Poyntingscher
Kugelwellen. Zur Erregung einer Kugelwelle wird einem isotropen Medium die Schwingungsenergie im mehr oder weniger punktförmigen Wellenzentrum (vgl. Abschn. 5.2.5.1)
zugeführt und breitet sich dann mit der Welle symmetrisch nach allen Seiten aus. Die
Gesamtenergie einer Schwingung bleibt dabei konstant (verlustfreies Medium I), muß sich
aber auf immer größere Kugelflächen verteilen, je weiter sie sich vom Zentrum entfernt.
Das gleiche gilt für die Leistung. Folglich nimmt die Leistung pro Fläche, die I n te n s i t ä t
in dem Maß ab, in dem die Kugelflächen zunehmen, also proportional1/x 2 , wenn x der
vom Zentrum aus zurückgelegte Weg ist (x = 0 sei ausgeschlossen).
Die Intensität einer Kugelwelle ist dem Quadrat des Abstandes vom WeHenzentrum
umgekehrt proportional.
Damit läßt sich auch die WeHengleichung einer KugelweHe angeben. Sie hat im Prinzip die
Form von GI. (5.4 7),jedoch muß die Amplitude mit dem Weg x abnehmen. Nach GI. (5.59)
ist die Amplitude proportional der Wurzel aus der Energiedichte, diese selbst aber
proportional 1/ x 2 . Also erhält man mit einem Proportionalitätsfaktor K , der durch die
Anfangsamplitude bestimmt ist und die Dimension einer Länge hat,
s= K
x
s sin 2n (!...T -~)
A
(x
=1=
0)
(5.68)
Strahlungsdruck
Trifft eine Welle der Energiedichte w auf eine Grenzfläche zu einem anderen Medium, so
wird nur ein Teil der Energie im anderen Medium weitertransportiert, der Rest wird
reflektiert (vgl. Abschn. 5.2.3) oder absorbiert (s. Abschn. 5.2.8). Mit beiden Vorgängen ist
eine Kraft F und ein Druck p = F /A auf die Grenzfläche in Ausbreitungsrichtung
verbunden. Wie groß dieser sog. Strahlungsdruck ist, wollen wir uns klarmachen ;
dabei nehmen wir der Einfachheit halber zunächst 100% -ige Reflexion an. Im zeitlichen
Mittel ist die Hälfte der Energie einer Welle kinetische Energie, das gleiche gilt für die
Energiedichten, also Wkin = w/2. Nun denken wir uns statt der Welle Materie auf die
448
5.2 Wellen
Grenzfläche zu- und abströmen. Ihre Geschwindigkeit sei gleich der Ge chwindigkeit
e der Welle und ihre Masse sei gerade so groß, daß ihre kinetische Energie gleich der
kinetischen Energie der Welle ist:
1
2
2 me =
Wkin
Aet =
W
2Aet
(5.69)
(Aet ist das Volumen, dessen Energieinhalt in der Zeit t auf die Fläche A trifft.)
Den Impuls me vor der Reflexion erhalten wir, indem wir die kineti che Energie mit 2jc
multiplizieren, also wird aus Gl. (5.69)
mc = wAt
Nach der Reflexion hat der Impuls gleichen Betrag, aber entgegengesetzte Richtung, also
ist die Impulsänderung
2me
= 2wAt
Die Impulsänderung ist nach Abschn. 1.3.4 gleich dem Kraftstoß, also
Ft
= 2wAt
die Kraft folglich
F = 2wA
und der gesuchte Strahlungsdruck (bei 100%-iger Reflexion)
PR
= F/A = 2w
Mit Gl. (5.65) und (5.66) wird schließlich der
Strahlungsdruck bei vollständiger Reflexion
PR = ew 2s2 = ef;2 = 2S j e
(5.70)
bei vollständiger Absorption wegen der nur halb so großen Impulsänderung nur
1
PA = -
ew2 s2 =
2
1
2
- ei?
S
e
Man kann in dieser Herleitung auch die fiktive Materie weglassen, indem man einfach
sagt, mit dem Transport der kinetische Energie ~<in sei prinzipiell ein Impuls 2 r-tkin je
verknüpft. Dieser Gedanke bewährt sich an anderer Stelle ausgezeichnet (s. Abschn. 5.3
und 6.1).
5.2.5.3 Schallwellen
Das menschliche Gehör erzeugt im Gehirn einen Sinneseindruck, wenn es von
mechanischen Wellen mit Frequenzen zwischen etwa 16 Hz und 20 kHz erregt wird.
Diesen Sinneseindruck nennen wir Sc hall und die erregenden Wellen Sc hall w e 11 e n. ] n
Erweiterung des Begriffes Schall nennt man mechanische Schwingungen unterhalb 16 Hz
Infraschall, oberhalb 20kHz Ultraschall.
5.2.5 Dreidimen ionale Wellen
449
Wir unterscheiden bei dem Sinneseindruck Schall außerdem noch die Empfindung der
Tonhöh e und die der Lautstärke. Die Tonhöhe ist direkt von der Frequenz der
erregenden Schallwelle, die Lautstärke von ihrer Intensität abhängig.
Eine sinusförmige Schwingung empfinden wir zwar als reinen, aber als " farblosen" Ton. Man nennt
ihn einen t> h y si k a i i s c h re i n en To n . 1st die erregende Schwingung nicht inusformig, so besteht
sie aus mehreren si nusförmigen Teilschwingungen mit verschiedenen Frequenzen (v gl. Abschn. 5.1.7).
Die unterste dieser Frequenzen bestimmt den Eindruck der Tonhöhe, wenn ihre Amplitude nicht viel
kleiner ist als die der anderen. Diese anderen dagegen, die 0 be r tön e , ergeben für uns den Ei ndruck
der Kl an g fa r be , das Charakteristikum bestimmter Schallquellen. Enthält das Frequenzgemisch
sehr viele (evtl. unendlich viele) eng benachbarte Frequenzen (evtl. sehr unterschiedlicher Amplitude),
so nennen wir den entstehenden Schalleindruck ein Ge rä u sc h. Eine sehr kurze Erregun g dieser Art
ist ein K na 11 . Einige Beispiele von Spektren solcher nicht sinusförmiger Schallschwingungen si nd in
Bild 5.47 wiedergegeben.
Schallausbreitung
Die Ausbreitung einer ebenen Schallwelle wird an sich durch die Wellengleichung (5.47)
eindeutig beschrieben. Die Auslenkung s ist aber bei den wichtigsten Schallwellen, den
Längswellen in Gasen, nur schwer zu messen. Nun bewirkt aber die periodi che
Auslenkung eine örtlich und zeitlich schwankende Druckänderung. Diese i t leichter zu
messen als die Auslenkung, und ihre Gleichung muß die Längswelle ebenf::lls be chreiben:
WeUengleichung des SchalJdrucks. Bild 5.48 stellt ein Stück einer Gassäule dar mit dem
Querschnitt A und der Längsausdehnung in x-Richtung. D arin herr cht zunächst der
t 1,0
Vokal ,0" wie in ,Tog'
~ 0,8
~
06
E"'
!
'
0
(1)
o
I. II I
0,5
1I1
1,0
1,5
X,
X
.
2.0
2,5
3,0
3,5
dV
:Pl
I
11
1
o
,1:":'1.
Xl
5.48 Zur Herleitung der Schallwellengleichung des
Druckes
Frequenz in kHz -
!l:ililld L
1
Frequenz in kHr
b)
t 1,0
Staubsougerge rö usch
~ 0,8
.~ 06
n
E'
!
0.4
.~ 0,2
11"
~ 0
cl
I
I
0.4
.~ 02
E
~
A
I
I
p, :
I ..... ./1
1\
It.... u \ ~\ r\ J"\ ...
'-.
o
8
frequenz in kHz -
10
12
-
14
16
5.47
Schallspektren
a) eines Vokals, b) eines Geigentones
und c) eine Staub augergeräusches (Einhüllende aller
Spektrallinien)
450
5.2 Wellen
"Ruhedruck" Po. Beim Durchgang einer Längswelle i tjedoch der Druck vom Weg x und
von der Zeit tabhängig, z. B. möge er zu einem be timmten Zeitpunkt an der Stelle XI den
Wert PI, an der Stelle X2 = XI + dx den Wert P2 = PI + dp haben. Auf ein Volumenelement d V = A dx wirkt also von der einen Seite die Kraft F I = PIA, von der anderen die
Kraft F 2 = P2A = (PI + dp)A. Die resultierende Kraft ist al 0 F = F I - F 2 = -dpA.
Diese Kraft erteilt dem Gas im Volumenelement mit der Ma e dm = f2 d V = f2A dx die
Beschleunigung d 2s/dt 2 , also ist nach dem zweiten 2. Newton chen Axiom
(5.71)
oder
2
Die Beschleunigung d s/dt 2 erhält man aus der Wellengleichung (5.46) durch zweimaliges
Differenzieren nach der Zeit: d 2s/dt 2 = (4rr. 2I T 2) s sin 2rr. (t / T - x 12) und damit aus
GI. (5.71)
dp
dx
=
4rr.
?
2
A.
f2S
Sill
(
2rr.
t
T -
x)
I
Als Lösung hierfür ergibt sich nach einfacher Integration der Verlauf des Gesamtdruckes
Pges =
Po
+
2rr.
( t
T 2 f22s cos 2rr. T -
x)
I
wovon man sich durch Differenzieren und Wiedereinsetzen leicht überzeugen kann.
Der Faktor vor dem Kosinus, die Amplitude, läßt sich mit 2rr. IT = wund 21T = C noch
vereinfachen. Es ist die
Sch all d r uckam pli t ude
P=
(5.72)
f2CWS
Die Wellenglei ch un g einer eindimensionalen und einer ebenen WeIl e mit dem
Schalldruck als Schwingungsgröße lautet somit
P=
ßcos 2rr.
(~ - ~)
(5.73)
Nach GI. (5.13) ist ws = D(D ist die Geschwindigkeitsamplitude oder maximale Schnelle,
hier "maximale Schall schnelle"). Damit wird aus GI. (5.72)
Tafel 5.49
Schallgeschwindigkeiten in m/s
Luft (O °C)
Kohlendioxid (O °C)
Wasser (20 °C)
Stahl
Glas
Ziegelmauer
331
258
1450
5000
5500
3500
ND
= (]C
(5.74)
d. h. der in Abschn. 5.2.2.4 eingeführte
WeUenwiderstand Z = f2C ist gleich dem
Quotienten aus Schalldruckamplitude und
maximaler Schallschnelle.
GI. (5.52) bis (5.56) gelten natürlich auch
für die Schallwellen. Meist interessiert
die Schallgeschwindigkeit in Gasen nach
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
451
V
GI. (5.56): C = xple· Setzt man hier GI. (2.18) pie = RsT ein, so erhält man die
Temperaturabhängigkeit der Schallgeschwindigkeit (in einem idealen Gas)
C
= VXRsT
Einige Schallgeschwindigkeiten sind in Tafel 5.49 aufgeführt.
schallstrahlungsdruck. Der Druck, den eine Schallwelle auf eine Wand ausübt, besteht
nicht nur aus dem Schalldruck p, der periodisch schwankt, z. B. nach GI. (5.73)
sinusförmig, sondern auch noch aus dem Strahlungsdruck nach Abschn. 5.2.5.2,jedenfalls
wenn die Wand absorbiert oder reflektiert. Dieser Strahlungsdruck ist wohlgemerkt ein
Gleichdruck! Man nennt ihn hier speziell Schallstrahl ungsdruck. Aus GI. (5.72)
ergibt sich mit GI. (5.70)
für den Fall vollständiger Reflexion
und bei vollständiger Absorption halb so viel. (Siehe Aufgabe 4 zu Abschn. 5.2.3 bis 5.2.5).
Schallmessung
Die Schallmessung erfolgt heute praktisch immer elektrisch mit sog. "Schallpegelmessern". Als Empfänger dient dabei ein Mikrophon. Dieses besteht immer aus einer
dünnen elastischen Fläche, der sog. Membran, die von der Schallwelle zu erzwungenen
Schwingungen angeregt wird. Daran schließt sich eine Anordnung zur Umwandlung von
mechanischer Schwingungsenergie in elektrische an (vgl. Abschn. 3.1.3.3 und 3.3.8.1). Die
so entstehenden elektrischen Schwingungen werden elektronisch verstärkt, gleichgerichtet
und auf einem Meßinstrument angezeigt.
Die einfachste Schallgröße, die auf diese Weise gemessen werden kann, ist die Sc ha 11druckamplitude ß. Die entsprechenden Skalen der Anzeigeinstrumente sind meist in
J.lbar oder Pa geeicht.
Außerdem werden noch die im folgenden definierten Schallgrößen verwendet.
Schallintensität. Für die Intensität (Energiestromdichte) von Schallwellen gilt natürlich
auch GI. (5.66): S = (1 /2) {lCW 2S2 = (1 /2) {lCI? Mit GI. (5.72) erhält man daraus
[
1 ß2
S= - 2 (lC
oder mit GI. (5.74)
1
S = - ßv
2
(5.75)
I
Nach GI. (5.75) kann also die Schallintensität S für einen bestimmten Wellenwiderstand
Z = {lC (z. B. in Luft Z ~ 414 kg /(m 2 s)) gleichzeitig mit der Schalldruckamplitude
ß angezeigt werden, wenn das Anzeigeinstrument des "Schallpegelmessers" eine entsprechend beschriftete zweite Skala hat (meist in W /m 2 ) .
Schallpegel. Die in der Praxis vorkommenden Sc ha 11 i n te n s i t ä t e n liegen mei t
zwischen etwa 10 - 12 W1m2 und 10 W1m2 , überdecken also 13 Zehnerpotenzen. Um
diesen Bereich zusammenzudrängen und handlichere Zahlen zu erhalten, führt man als
relatives Intensitätsmaß einen "Schallpegel" ein:
.
r.----~---~----~ .'---'-- =- ------------------~--~=""
452
5.2 Wellen
Definition: Der Schallpegel L ist der 10fache dekadi che Logarithmu vom Verhältnis
der Schallintensität S zu einer festen "Bezug schallinten ität" So = 10 - 12 W/ m 2
L
= 10 19 ~ I)
So
(5.76)
Die dimensionslosen Zahlenwerte für L erhalten einen Namen, nämlich Dezibel, dessen
Abkürzung dB wie ein Einheitensymbol hinter die Zahl geschrieben wird z. B. L = 15 dB;
26 dB. Diese Schreib- und Bezeichnungsweise ist ganz analog der in der Hochfrequenzmeßtechnik, z. B. für Verstärkung, üblichen.
Setzt man S aus GI. (5.75) in GI. (5.76) ein, so erhält man außerdem für den
SchaU pegel
L
P
= 20 19 -:Po
mit der "Bezugsschalldruckamplitude" Po = Y2 S oQc, für Luft bei Normbedingungen
~ 2,8 . 10 - 10 bar 2).
Die "Schallpegelmesser" sind meist für Luft (Z = 414 kg/(m 2 s)) geeicht.
Aus der Definition des Schall pegels ergibt sich, daß bei Verdoppelung der I n tensi tä t der
Schallpegel um etwa 3dB steigt (lg2=0,3010). Eine Verdoppelung der Schalldruckamplitude dagegen erhöht den Schallpegel um etwa 6dB.
Lautstärkepegel. Da die Schallwellen einen der wichtigsten menschlichen Si n n e, das
Gehör, ansprechen, genügt es häufig nicht, die p h y sik ali s c he n Größen Schallintensität
oder Schallpegel zu messen. Man braucht vielmehr eine Größe, die angibt, wie lau t der
Schall empfunden wird. Diese Größe muß zwar von der Intensität abhängen, aber dazu
noch berücksichtigen, daß das Ohr Wellen verschiedener Frequenz, aber gleicher
Intensität verschieden laut empfindet. Diese Größe heißt Lautstärkepegel L s·
Definition: Der Lautstärkepegel LSIOOO , den eine Schallwelle mit der Frequenz
1000 Hz hervorruft, ist gleich dem Schallpegel L dieser Welle
LSIOOO
=
L
Der Lautstärkepegel L s einer Welle mit an de re r F req ue nz wird durch subjektiven
Vergleich mit einer 1000 Hz-Welle bestimmt.
') Hätte man den Faktor 10 nicht in diese Definition eingeführt, kämen a ls Werte für L die Zahlen
0; 1; 2; ... 12; 13 vor. Zwischen werte müßten, wie bei allen Zahlen im Dezimalsystem üblich , durch
Zehntel nach dem Komma geschrieben werden, also z. B. 1,5; 2,6; ... Eine feinere Unterteilung ist in
der Praxis selten notwendig. Der Faktor 10 erweitert nun den Bereich auf 0 ... 130, macht also das
Komma für die Zwischen werte überflüssig.
2) Entsprechend ist der Effektivwert des Bezugsschalldrucks ßo /V2 = 2 . 10 - 10 bar.
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
453
Man erzeugt gleichzeitig oder abwechselnd mit dem Schall, dessen Lautstärkepegel zu messen ist,
einen 1000 Hz-Ton mit meßbar veränderlichem Lautstärkepegel (= Schallpegel) und verändert
diesen so lange, bis eine oder mehrere Personen die beiden Töne als gl e ich lau f bezeichnen. Dann
haben die beiden Töne gleichen Lautstärkepegel (im allgemeinen aber verschiedene Schallpegel L).
Nach dieser Definition ist also der Lautstärkepegel eine dimensionslose Zahl wie der
Schallpegel. Er erhält ebenfalls einen Namen - phon - der wie ein Einheitensymbol
hinter die Zahl geschrieben wird, z. B. Lautstärkepegel L s = 26 phon. Das menschliche
Gehör kann Unterschiede im Lautstärkepegel ALs ~ 1 phon gerade noch wahrnehmen!).
Stellt man bei der obigen Vergleichsmessung auch noch den Schallpegel der unbekannten
Schallwelle fest, so hat man eine Zuordnung zwischen L und L s, also die Ern p fi n d I ichkeit des Gehörs, für diese eine Frequenz und diesen einen Schallpegel. Für alle
anderen Werte muß die Vergleichsmessung wiederholt werden. Bild 5.50 zeigt das
Ergebnis solcher Messungen. Es sind Kurven gleicher Lau tstärkepegel. Jede von
ihnen gibt an, wie hoch der Schallpegel L einer Schallwelle in Abhängigkeit von der
Frequenz f sein muß, damit immer derjenige Lautstärkepegel L s (in phon) empfunden
wird, der an der Kurve steht.
140
dB
120
110
r....-
",",.' I'-...
~ ~ ........ i"---
~ i'...'"
90 ~ ~
100
t
Qj
Cl
QJ
.9-
130 phon
~ ~~ ~ -- --
Schmerzgrenze
120 pho~
IL __
r---r----
100
90 phon ........ ~--
t\.."'-.: i'- I--.
80 ~
80 phon......
~ ~" t-.,............ r---.
I\~ ~~ r--........... r---60
70 phon .....
70
~'\..'\ ~
'\..' ~
c;
50
-5
Vl
40
60 phon -
r-... ...
50 phon -
r-.:::: ....
40 phon
';:~"' r--..... "-
30
30 phon
"~ .......... "-
20
Hörschwelle;>"~
10
0
o
31
63
-Lj '//
l'-V/i '-"/-j.
"'-,;.
phon..........
/~ '/1
110 pho;--'"
125
-
"'......
20 phon
/~
'/1
r--..... [7~V/i
r--...... V~ 'l!J
t"-.V" r/h
r-- l7~ 'Iß.
i'- V~ r//1/
i'- V" VI.'
r-- VI VI
-
r-- VI,
-- i'--- V/
10 phon!---
250
500 1000 2000 4000
Frequenz f in H z -
8000 16000
5.50 Empfmdlichkeitskurven des menschlichen Gehörs
Der Wert dieser Kurvenschar (Bild 5.50) liegt darin, daß nun die oben erwähnte
Vergleichsmessung einer sin usförmigen Schallwelle mit einem 1000 Hz-Ton nicht bei
jeder "Phonmessung" durchgeführt werden muß. Man bestimmt nur die Frequenz und
den Schallpegel und entnimmt aus der Kurvenschar den Lautstärkepegel.
1) Die Aussage, einer Zunahme des Lautstärkepegels um 3 phon entspräche eine Verdoppelung des
Lautstärkeeindrucks , ist physikalisch nicht sinnvoll, weil sie sehr subjektiv ist.
454
5.2 Wellen
Leider i t da bei nicht inu förmigem chalI, al 0 chall mit ver hicdenen Frequenzen, nicht
möglich. Auch die subjektive Vergleich me ung i t dabei oft ehr ch, ierig. Da her begnügt man ich
praktisch meist mit der Me sung einer einfacheren Größe :
Bewerteter SchaUpegel
Dazu enthalten die Schallpegelme er meist drei ver chiedene, wahlwei e ein chaltbare frequenzabhängige Glieder, Schaltkrei e au Wider tänden (R) und Konden atoren (C) sog. R-C- etzwerke , die dem Meßgerät ungefähr die gleiche Empfindlichkeit geben ie die de Gehöre.
1000
500
200
100
50
t
da
~~
E Va l
~ ~
-20
~ ~A
V
B,C
/
11
7
20
J
/
-
/
7
~2
-=:;
.91
J
~f
0,5
-40
-
0,2
-60
16
63
frequenz f
250
In
1000
~ 000
16000
Hz -
5.51 Bewerlungskurven nach DI
45633
/
/
0,1 0 20 4-0 60 80 100 120
Lautstärkepegel Lsin phon - - 5.52 Laulheit und Lautstä rke
Die Messung erfolgt etwa folgendermaßen : Die einzelnen vom Mikrophon aufgenommenen
sinusförmigen Komponenten eines Klange , Geräusches o. ä. werden je nach ihrer Frequenz durch
das jeweils eingeschaltete R-C- etzwerk verschieden stark abgeschwächt, dann gemeinsam verstärkt
und darau ein mittlerer Schallpegel gebildet. Dieser wird auf einer entsprechend beschrifteten Skala
als bewerteter Schallpegel in dB angezeigt. Bild 5.51 zeigt die drei og. Bewertungskurven A, Bund
C nach DIN 45633 ; es sind die Frequenzgänge, die die R-C-Netzwerke der Schallpegelmesser haben
sollen. Meistens wird nach Kurve A gemessen. Die Kurve B soll verwendet werden, wenn man die
Lautstärkeempfindung von sinusförmigem Schall oberhalb 60 dB annähern will. Nach Kurve C mißt
man, wenn die Lautstärkeempfindung vo n sinusförmigem Schall oberhalb 100 dB angenähert werden
soll, oder wenn es sich um Schallwellen in Festkörpern (KörperschaII) handelt. Das Formelzeichen für
den bewerteten Schallpegel ist LA, Ln oder Lcje nach der verwendeten Kurve (also z. B. LA = 26 dB ;
oder auch 26 dB (A)).
Lautheit
Gelegentlich wird auch noch eine weitere Größe zur quantitativen Beschreibung de Gehöreindrucks
benutzt, die La u thei t. Ihr Zusammenhang mit dem Lautstärkepegel Ls ist Bild 5.52 zu entnehmen.
Wie man sieht, wird hier im wesentlichen die logarithmische Größe Ls delogarithmiert. Die so
entstehende ebenfalls dimensionslose Zahl erhält den Namen so n e.
5.2.5 Dreidimensionale WeJlen
455
Schalldämmung
Zur Abschwächung von Schallwellen, z. B. zur Lärmbekämpfung, dienen Wände aus
schallabsorbierendem und -reflektierendem Material, wie z. B. Glas- und Gesteinswollmatten, KunststofTschaumplatten, Faserplatten, aber auch einfach Holzwände oder
Steinrnauern. Als Maß für den Erfolg der Abschwächung gibt man die Differenz der
Schallpegel vor der Dämmwand L l und hinter der Dämmwand L 2
t"lL = L
1 -
L2
an. Mit GI. (5.76) erhält man dafür
t"lL = 10 Ig S 1 I)
(5.77)
S2
Ultraschall
Mechanische Wellen mit Frequenzen über 20 kHz sind - wie schon erwähnt - für
Menschen unhörbar und werden Ultraschall , oder ab etwa 109 Hz Hyperschall
genannt. Die obere Frequenzgrenze für mechanische Wellen ist etwa 10 12 Hz, weil die
zugehörigen Wellenlängen dann kleiner als die Molekülabstände werden.
Ultraschallwellen werden heute fast immer elektrisch erzeugt. Zu diesem Zweck wird in
einern Sender eine elektromagnetische Schwingung, meist mit einer Frequenz von einigen
100 kHz, erzeugt, piezoelektrisch oder magnetostriktiv (vgl. Abschn. 3.1.3.3 und 3.3.5.4) in
eine mechanische Schwingung umgewandelt und als Welle abgestrahlt.
Anwendungen. Die meisten Anwendungen des Ultraschalls beruhen auf den hohen Be s chi e uni gun ge n
(und damit den großen Kr ä ft e n), die im Schallfeld auch bei relativ geringer Leistung auftreten, da diese
proportional (02 sind. Technisch angewandt wird Ultraschall z. B. zur Herstellung oder Verbesserung von
Emulsionen ( = feinste Verteilung einer Flüssigkeit in einer anderen, mit der ersten nicht misch baren), zur
Erzeugung oder Aufrechterhaltung von Dispersionen (= feinste Verteilung von Feststoffen in
Flüssigkeiten), zur Reinigung von Werkstücken oder Textilien von öligen oder fe ten Verschmutzungen,
indem diese in einer umgebenden Flüssigkeit emulgiert oder dispergiert werden, zur Einleitung oder
Beschleunigung von chemischen Reaktionen, zum Entgasen von Flüssigkeiten, zur Erwärmung und
Trocknung von schallabsorbierenden Stoffen, zum Bohren, Fräsen und Schneiden kleinster Teile (z. B.
Zerteilen von Halbleiterscheiben), zum Auffinden von Fehlern im lnnern von Werkstoffen, z. B.
Gießlunkern, Rissen oder Schweißfehlern ("zerstörungsfreie Werkstoffprüfung"). Die Mögl ichkeit
schärferer Richtungsbündelung führte zu wesentlichen Verbesserungen von Echoloten. Medizinisch dient
Ultraschall z. B. zur örtlichen Erwärmung von Körpergewebe und zur Diagnostik.
5.2.5.4 Freie elektromagnetische Wellen
Die Überlegungen und Aussagen über eindimensionale elektromagnetische Wellen in Abschn.
5.2.1.2,5.2.2.3 und 5.2.2.4 lassen sich nicht ohne weiteres ins Dreidimensionale erweitern, weil
bier praktisch nur die Wellen im kontinuierlichen Medium und im Vakuum interessieren.
Ihre Existenz sagte bereits J. C. Max weil auf Grund der nach ihm benannten Theorie der
elektromagnetischen Induktion (vgl. Abschn. 3.3.6) folgendermaßen voraus :
Wenn sich an irgend einem Ort ein elektrisches Feld zeitlich ändert, entsteht ein
Magnetfeld, das das elektrische umfaßt und selbst zei tl i ch verän de r I ic hit. Als Folge
davon entsteht wieder ein elektrisches Feld, das das magnetische umfaßt, selbst zeitlich
veränderlich ist usw. Im Prinzip das gleiche geschieht, wenn das primäre veränderliche
') Näheres hierüber, z. B. über Schalldämmaß, s. [29).
456
5.2 Wellen
Feld ein magnetisches ist. Die primäre "Störung" breitet ich al 0 durch die "Verkettung"
der elektri chen und magnetischen Felder im Raum au , ähnlich wie ich eine Verformung
in einem elastischen Medium au breitet. Wir erhalten 0 eine freie elek tromagnetische Welle. Aus den Maxwellschen Gleichungen ( . Ab chn. 3.3.6) ergibt ich folgende:
Phasengeschwindigkeit und Wellengleichung
Angenommen wir haben ein zeitlich und örtlich veränderliche magneti che Feld
B = B(x; t) und ein ebensolches elektri ches Feld E = E(x; t). Beide stehen immer
senkrecht aufeinander. Der Einfachheit halber 011 B überall die Richtung de po itiven
y-Achse, E überall die der positiven z-Achse haben ; beide Felder ollen ich ört lich nur
in x-Richtung ändern. In Bild 5.53 a sind die magneti chen Feldlinien nur in der x-y-Ebene
gezeichnet, in allen dazu parallelen Ebenen muß man sich da Feldlinienbild wiederholt
denken. Das gleiche gilt für die nur in der x-z-Ebene gezeichneten elektrischen Feldlinien.
Wie üblich soll der Abstand der Feldlinien ein relatives Maß für den Betrag von B als auch
von E sein. Diese Beträge sind in Bild 5.53 b über der gleichen x-Ach e graphisch
-I
B
11
y
/
/
.x
bl
"X
5.53 Zur Integration der 11 . Maxwellschen Gleichung
dargestellt. Wohlgemerkt, alle drei Bilder sind Momentaufnahmen, die nichts über die
ze i t li c h e Änderung der beiden Felder aussagen. Wir wollen uns auch vorerst keine
Gedanken darüber machen, ob das elektrische Feld durch Induktion aus der Änderung
des magnetischen Feldes entstanden ist, oder umgekehrt (s. jedoch hierzu unten den Text
zu Bild 5.57), sondern wollen auf diese geometrisch möglichst einfach konstruierten Felder
die Maxwellschen Gleichungen (3.97) und (3.99) anwenden. Dazu ist in Bild 5.53 a
zwischen x und x + dx eine Fläche A in der x-z-Ebene eingezeichnet, die durch eine
geschlossene Figur, nämlich das strichpunktierte Rechteck, begrenzt wird. Damit können
wir nun die linke Seite der 11. Maxwellschen Gleichung (3.97)
J: j'
0
E . dS = - - JB dA
ot A
(5.78)
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
457
integrieren : Die Wegelemente ds sind hier nur die vier Rechteckseiten ßX; ßZ; - ßX und
-ßz. Von ihren skalaren Produkten mit der x-abhängigen Feldstärke E = E(x) sind zwei
Null, weil Ai und -ßx senkrecht auf E stehen, die beiden anderen sind - tu E(x) und
+ ß z E(x + ßX); ihre Summe ist bereits die linke Seite von GI. (5.78). Auf deren rechter
Seite ist die Integrationsfläche A = ßx ~z und, da B überall senkrecht auf A steht,
B N = B I). Wenn wir außerdem annehmen, daß B in A konstant ist, was na türlich nur
stimmt, wenn ßx gegen 0 geht (s. unten), so wird das Integral der rechten Seite einfach
B ~x ß z. Damit vereinfacht sich GI. (5.78) zu
[E(x
+ ß X)
Division durch
E(x
~x
- E(x)] ~z =
aB
-fu ~x ~z
ß z ergibt links den Differenzenquotienten
+ ß X) ~x
E(x)
oB
und die oben schon angekündigte Grenzwertbildung ~x
GI. (5.79) nicht mehr berührt, liefert schließlich:
oE
aB
ox
ot
(5.79)
at
-+
0, die ja die rechte Seite von
(5.80)
Das ist die II. Maxwellsche Gleichung speziell für den hier vorliegenden Fall. Sie
beschreibt den einfachen Zusammenhang zwischen der Zeitabhängigkeit der magnetischen Induktion B und der Ortsabhängigkeit der elektrischen Feldstärke E.
In Bild 5.54 sind die gleichen Felder wie in Bild 5.53 a auf die gleiche Weise darge-
') Man beachte den rechtswendigen Zusammenhang zwischen dem Umlaufsinn der Fläche A und der
Richtung der Flächennormalen.
458
5.2 Wellen
stellt I). Nur liegt jetzt die Fläche A in der x-y-Ebene und hat die Seiten tl.x, - tlx, tlji und
_tlji2). Die L Maxwellsche Gleichung (3.99) für den Fall] = 0 (d. h. keine Leitfähigkeit)
lautet
!j' B- . ds-
= J-lo ot0
f
D N dA
A
und kann dann in ganz analoger Weise wie oben integriert werden, und man erhält wegen
D = eoEo entsprechend
oB
oE 3)
= -eoJ-lo ox
ot
-
(5.81)
Um nun GI. (5.80) und (5.81), von denen jede alle 4 Variablen enthält, zu entflechten, kann
man entweder die erste nach x und die zweite nach t differenzieren oder umgekehrt. Im
ersten Fall bekommt man
02E
ox 2
02B
---
ot ox
02B
und
--
und
02B
ox 2
ox ot
02E
- eoJ-loot 2
(5.82)
02E
-eoJ-lo - ot ox
(5.83)
im zweiten Fall
02E
ox ot
02B
ot 2
Berücksichtigt man in beiden Fällen noch, daß wegen der Stetigkeit der Funktionen E(x; t)
und i3(x; t) die Reihenfolge der Differentiation gleichgültig ist, d. h. o/(ox ot) = o/Cot ox), so
kann man die Gleichungen (5.82) in die Form
0 2E/ox 2 = eoJ-lo(02 E/ot 2)
und die Gleichungen (5.83) in die Form
0 2B/ox 2 = eoJ-lo(02 B/ot 2)
schreiben, wodurch die Variablen Bund E getrennt sind. Diese beiden letzten Gleichungen
sagen formal aus, daß die zweifache Ableitung einer Größe nach der Zeit der zweifachen
Ableitung derselben Größe nach dem Ort proportional ist. In Abschn. 5.2.2.3 wird
gezeigt, daß 1. genau dies die Differentialgleichung einer Welle ist, daß 2. deren allgemeine
Lösung die Wellengleichung der Form (s. GI. (5.51))
y=g(t±~}
ist, daß 3. eine Sinuswelle ein Spezialfall hiervon ist und daß 4. die Proportionalitätskonstante der Differentialgleichung gleich dem Quadrat des Kehrwertes der Phasengeschwindigkeit ist. Hierher auf unseren Fall übertragen heißt das:
I) IBI und lEI über x wie in Bild 5.53 b.
2) Siehe Fußnote 1 auf der vorhergehenden Seite.
3) Das Minuszeichen rührt hier davon her, daß wegen des gewählten mathematisch positiven
Umlaufsinns des Linienintegrals die Flächennormale entgegengesetzt zu E gerichtet ist.
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
459
Jede zeitliche Änderung ("Störung") der magnetischen Induktion jj oder der elektrischen Feldstärke E breitet sich als sog. elektromagnetische Welle räumlich aus.
Speziell eine sinusförmige "Störung" mit Feldvektoren in der y-z-Ebene l ) ergibt eine
ebene Sinuswelle mit den Wellengleichungen
E_=" ;Et sin 2rc
oder auch, mit B
(tT - ;:x)
= I1rl1oH
";t
H_=
H sin 2rc
und
(t x)
_";t
und
B
= B sin 2rc T - ;:
B = I1rl1oH:
(t x)
(5.84)
T - ;:
Für die Phasengeschwindigkeit im Vaku um und in jedem Medium mit I1r =
ergibt sich
Co
und mit
=
Co
=1
J60~0
= 8,854' 10- 12 AsjVm und
60
6r
110 = 1,256' 10-
6
Vs/ Am
= 2,998 . 108 m /s
Dieser Wert entspricht genau der Vakuumlichtsgeschwindigkeit (vgl. Abschn.
4.3). In Medien mit 6 r > 1 oder I1r > 1 läßt sich in entsprechender Weise zeigen, daß die
Phasengeschwindigkeit
C=
1
(5.85)
ist.
Wellenausbreitung. Im Jahre 1888, also 23 Jahre nachdem Maxwell seine Theorie
entwickelt und die elektromagnetischen Wellen vorausgesagt hatte, gelang es Heinrich
Hertz (1857 bis 1894), sie experimentell nachzuweisen.
Zur Erzeugung der primären, periodisch wechselnden Felder benützt man - als sog.
Antenne - z. B. einen "linearen Hertzschen Oszillator", heute kurz Senderdipol
genannt. Seine Wirkungsweise läßt sich folgendermaßen verstehen: Bild 5.55 a zeigt eine
am rechten Ende offene Doppelleitung, die von links durch einen Sender gespeist wird (v gl.
Bild 5.45). Wenn die Länge der Leitung ein ungeradzahliges Vielfaches von J...j4 ist, bildet
sich eine stehende Welle aus, d. h. die Leitung ist in Resonanz. Für den einfachsten Fall,
1= Ä./4, ist das maximale elektrische Feld (Schwingungs bauch am rechten Ende)
eingezeichnet. Denkt man sich die beiden Drähte der Leitung auseinandergebogen
(Bild 5.55 b), so erhält man den "linearen Hertzschen Oszillator". Auf diesem können sich
1) Vgl. die Beschreibung der Felder am Anfang dieses Abschn. "Phasengeschwindigkeit und
Wellengleichung."
460
5.2 Wellen
weiterhin stehende Wellen ausbilden I). Bild 5.55 b zeigt das maximale elektrische Feld
(Bauch außen, Knoten in der Mitte). Es ist dem eines elektrischen Dipols ähnlich (vgl.
Bild 3.3), nur sitzen hier die Ladungen nicht nur an den Enden. Eine Viertelperiode später
ist das elektrische Feld verschwunden und dafür das magnetische aufgebaut (Bauch in der
Mitte, Bild 5.55 c). Dieses ähnelt dem eines stromdurchflossenen Leiters, nur ist hier der
Strom nicht auf der ganzen Länge konstant, sondern in der Mitte am stärksten (vgl. hierzu
auch Abschn. 5.1.3.4). Beide Felder ändern sich sinusförmig mit der Zeit, gegeneinander
um rr./2 phasenverschoben. Die elektrische Feldstärke und die magnetische Erregung
nehmen mit dem Quadrat des Abstandes x vom Senderdipol ab (vgl. z. B. das
Biot-Savartsche Gesetz Abschn. 3.3.2.1). Dadurch sind sie nur im sog. N ab bereich
wirksam (s. aber unten).
5.55
a) Lecherleitung mit stehender elektromagnetischer Welle im Augenblick des
maximalen elektrischen Feldes
b) zu einem Senderdipol auseinandergebogen, in der gleichen Phase wie in a)
c) desgleichen im Augenblick der maximalen magnetischen Erregung
c)
Außerdem sind diese Wechselfelder aber die Quelle von freien elektromagnetischen Wellen, die sich nach dem oben beschriebenen Mechanismus der gegenseitigen
induktiven Verkettung ausbreiten.
Zeichnerische Darstellung. Bild 5.56 ist eine Momentaufnahme einer solchen Welle. (Man
denke sie sich durch Rotation um den in der Mitte gezeichneten Senderdipol als
Rotationsachse räumlich ergänzt.) Die gestrichelten Linien sind die elektrischen Feldlinien, die Punkte und Kreuze markieren die Durchstoßpunkte der magnetischen
Feldlinien durch die Zeichenebene. Es ist nur die Feldverteilung im sog. Fern be reich
gezeichnet. (Im Nahbereich überlagern sich hierzu die oben beschriebenen Felder von
Bild 5.55b und c). Die genauere Verteilung der elektrischen Feldstärke E zu einem
bestimmten Zeitpunkt entlang einer Geraden x, die radial vom Senderdipol ausgeht, ist
ausgezogen in Bild 5.57 a gezeichnet. Punktiert und gestrichelt ist außerdem eingezeichnet,
wie die Feldstärke Eein kurzes Zeitintervall ot später entlang x verteilt ist. Man sieht, daß
1) Da sich beim Auseinanderbiegen die Kapazität pro Länge verringert, wird die Wellenlänge größer.
Daher muß entweder die gestreckte Länge L > 2/ sein oder die Senderfrequenz erhöht werden.
461
5.2.5 Dreidimen ionale Wellen
in dem ganzen punktierten Bereich, also von Xl bis X2 die Änderungen oE po itiv
sind (j), im gestrichelten Teil, also von X2 bis X3 dagegen negativ (!) und zwar jeweil
in der Mitte eines jeden Bereichs absolut am größten, gegen die Bereich grenzen
'-
.... -~,
I
"
I
"
t'-'"
\
- ""
,"
'\' ,
.....
,
\
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5.56 Schnitt durch eine sich räu mlich ausbreitende Welle. ( - - - ) e'ektri che Feldlinien ; (. ) ma gnclis h
Feldlinien 1- se nkrecht zur Zeichenebene von hinten nach vorne, ( x ) desgleichen von vorne nach hinte n.
hin absolut kleiner. Das gleiche gilt
auch für den Quotienten oE/at, da hier
ja at ein bestimmtes positives Zeitintervall sein soll. Nach GI. (5.81) ist aber
oE/at ~ aB/ax. Wir können uns also vorstellen, daß aB/ax einen Verlauf hat, wie
er im Teilbild b) über der gleichen xAchse gezeichnet ist. Wenn der Verlauf
von E(x) in a) sinusförmig ist, ist die
Kurve in b) cosinusförmig und folglich
ergibt sich für den Verlauf der magnetischen Induktion B = B(x) wieder eine
sinusförmige Kurve wie im Teilbild c)
~ezeichnet. Das heißt also, daß E und
B im gleichen Zeitpunkt an den gleichen
Stellen (hier z. B. Xl; X2; X3) ihre Extremwerte haben, also daß E und B in Phase
sind. (Das wurde auch schon in Bild
5.53, 5.54 und 5.56 berücksichtigt.) Die
Vorzeichen der Extremwerte spielen hier
0)
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B
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I
I
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C)~
.. x
5.57 Zur Phasengleichheit de elek trischen und magneti chen Felde im Fernbereich einer elektromagneti ehen Welle
462
5.2 Wellen
keine Rolle, da E senkrecht zu R ist. Geht man für die obig Überlegung von einem
sinusförmigen R(x) au und benützt GI. (5.80 , 0 kommt man zum gleichen
Ergebnis.
Wir fassen zusammen:
Elektromagnetische Wellen sind Querwellen, da die elektri chen und magneti chen
Feldlinien senkrecht zur Au breitung richtung ind' außerdem tehen die e auch
aufeinander senkrecht und ind im Fernbereich miteinander in Pha e.
Intensität und Strahlungsdruck
Ebene Wellen liegen praktisch dann vor, wenn entweder eine Quelle ehr weit vom
Empfangsort entfernt ist, oder wenn viele Senderdipole die alle auf einer Ebene liegen,
gleichphasig schwingen, oder wenn Kugelwellen durch Lin en oder Hohlspiegel (vgl.
Abschn. 5.2.6, 4.1.1.2 und 4.1.2.3) zu ebenen verformt werden.
Die Energiedich te im elektrischen Feld ist nach GI. (3.24) W c = (1/ 2) 6 r 6 0 E 2 , die im
magnetischen Feld nach GI. (3.88) W m = (1/ 2) JlrlJ.oH2.
Hier im elektromagnetischen Wechselfeld steckt die Energie zur einen Hälfte im
elektrischen, zur anderen Hälfte im magnetischen Feld. Die Gesamtenergiedichte ist also
(5.86)
Setzt man GI. (5.84) in (5.86) ein, so erkennt man, daß die Energiedichte in einer
elektromagnetischen Welle periodisch mit der Zeit schwankt (sin 2 •.• ). Meist interessiert
jedoch der zeitliche Mittelwert der Energiedichte w. Da der Mittelwert von sin 2
immer 1/ 2 ist, wird
Die In tensi tä t oder En ergies tro m dich te S erhält man daraus nach Gl. (5.67) durch
Multiplikation mit der Phasengeschwindigkeit, also mit GI. (5.85)
(5.87) I
Die Energie "strömt" sozusagen in Richtung der Phasengeschwindigkeit C, a lso senkrecht
zu den Wellenfronten. Die Intensität, als Ve k tor betrachtet, wird häufig" Vektor der
Energieströmung" oder Poyntingscher J ) Vektor S genannt und läßt sich nach
GI. (5.87) und dem oben über die Richtung Gesagten auch schreiben als
1:: ::
S=-ExH
2
1) J. H. Poynting (1852-1914).
5.2.5 Dreidimensionale Wellen
463
KugelweUen. Die Aussagen in Abschn. 5.2.5.2 über mechanische Kugelwellen gelten
sinngemäß auch für elektromagnetische, denn sie sind ja nur von der Geometrie der Welle
abhängig. Wir können also auch hier sagen:
Die Intensität einer elektromagnetischen Kugelwelle ist dem Quadrat des Abstandes
vom Wellenzentrum umgekehrt proportional
S ~ l /x 2
Wegen GI. (5.87) gilt daher auch
Die Amplituden E und fI der elektrischen Feldstärke bzw. der magnetischen Erregung
sind dem Abstand vom Wellenzentrum umgekehrt proportional.
Die Wellengleichung einer elektromagnetischen Kugelwelle muß al
faktor haben, der proportional I/x ist, ähnlich wie GI. (5.68).
0
einen Amplituden-
Ein Senderdipol strahlt in seiner Längsrichtung nicht aus (Bild 5.56). Aber auch in den übrigen Raum
wird die Energie nicht gleichmäßig abgestrahlt. Zum Beispiel ist bei einer Anregung des Senderdipol
wie in Bild 5.56 (L = 2/ 2) die Intensität proportional sin 2 0, wo () der Winkel zwischen der
Dipolläng achse und der betrachteten Ausstrahlungsrichtung i t. Bei anderen "Anregungsmoden ",
z. B. wenn L = 2 ist, erhält man auch andere "Ausstrahlungscharakteristika" d. h. andere Abhängigkeiten der Intensität vom Winkel B.
Strahlungsdruck. Trifft eine elektromagnetische Welle auf Materie mÜ mehr oder weniger
beweglichen Ladungsträgern, so beobachtet man einerseits makroskopi ch mehr oder
weniger starke Reflexion und Absorption der Welle. Andererseits ge chieht atomar dabei
folgendes: Die Ladungsträger werden durch die elektrische Feldstärke E in Bewegung
gesetzt (ii senkrecht zu C). Auf bewegte Ladungen wirkt aber die magnetische Induktion
jj mit der Lorentzkraft nach Abschn. 3.3.3.2, und zwar senkrecht zu vund 13, al 0 in
Richtung der Phasengeschwindigkeit c. Das ergibt wiederum makro kopisch eine Kraft
und einen Druck auf das absorbierende oder reflektierende Medium den S t rah I u n g d r u c k, ganz analog zu dem mechanischer Wellen in Abschn. 5.2.5.2 und 5.2.5.3. Dort i t
der Druck bei voller Reflexion PR = 2S/e, bei voller Absorption PA = Sie. Analog erhalten
wir hier mit GI. (5.87) und (5.85)
Dieser Druck ist zwar unter irdischen Verhältnissen meist recht klein und daher chwer
meßbar (erstmals 1901 durch P. N. Le bed ew), spielt aber in der Astrophysik eine wichtige
Rolle. Der Strahlungsdruck, den das Sonnenlicht auf der Erde bei voller Ab orption
maximal erzeugt, ist beispielsweise 4,6 . 10 - 6 N/m 2 !
Die bekannten "Lichtmühlen" nutzen daher auch nicht den Strahlungsdruck au , sondern funktioni eren
durch unterschiedliche Erwärmung des Ga es vor den spiegelnden und vor den ge chwä rzten Flächen.
5.2.5.5 Elektromagnetisches Gesamtspektrum
Die elektromagnetischen Wellen kommen mit Frequenzen zwi ehen einigen Hz und etwa
10 24 Hz vor. Tafel 5.58 gibt einen Überblick über die wichtigsten Frequenzbereiche und die
Namen, die die zugehörigen elektromagnetischen Wellen haben. Gleichzeitig i I auch
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