Germanische Frühzeit ( 4.-8. Jh.) Die Germanen lebten ursprünglich in Skandinavien und im nördlichen Deutschland. Sie waren kein einheitliches Volk, sondern eine Mischung zahlreicher Stämme (tribù). Es waren große Familien, die von Jagd und Ackerbau lebten. Ihre höchsten Werte waren Freundschaft, Bindung an die Sippe (= Großfamilie), Ehre, Treue, Tapferkeit, Rache und Verehrung der Toten und der Götter. Das Kriegerische spielte eine wichtige Rolle im Leben der Germanen, weil sie sehr oft mit anderen Völkern in Konflikt gerieten. Die Römer versuchten lange, die Germanen unter Kontrolle zu bekommen, aber umsonst. Im Jahre 9 n. Ch. (nach Christus) wurden die römischen Legionen von den Germanen im Teutoburger Wald vernichtet ( Hermannsschlacht ). Die Römer bauten also einen Schutzwall gegen die Germanen : den Limes , zwischen Rhein und Donau. Die Germanen besaßen eine Schriftsprache, die Runen, die sie aber nicht für literarische, sondern nur für religiöse, kultische Zwecke benutzten. Vor der Christianisierung kannten die germanischen Völker keine schriftliche Literatur : Zauberformeln und Heldenlieder wurden mündlich überliefert und erst im 12. Jahrhundert wurden sie in einem Buch gesammelt, das später Edda genannt wurde. Das älteste überlieferte germanische Literaturdenkmal war die Bibelübersetzung ins Gotische von dem Bischof Wulfila (im 4. Jahrhundert). Zwischen 150 und 300 n. Ch. begann die erste Völkerwanderung : die germanischen Stämme aus Nordeuropa suchten neue und bessere Siedlungsräume. Um 375 n. Ch. erreichte diese Bewegung ihren Höhepunkt, unter dem Druck der Hunnen. Aus der Verschmelzung von germanischer Lebensweise römisch-antiker Kultur Christentum entstand die mittelalterliche Welt Mittelalter In dieser Zeit entwickelt sich das sogenannte „ Heilige Römische Reich Deutscher Nation “ , eine Bezeichnung, die offiziell bis 1806 bestehen wird. Die Sprache der Literatur bis ins 11. Jahrhundert hinein bezeichnet man als „ Althochdeutsch “. Damit meint man die frühere Phase ( Alt- ) in der Entwicklung von den Dialekten, die in den südlichen, bergigen (-hoch-) Gebieten des Reiches gesprochen wurden, im Gegensatz zu den nördlichen Dialekten („Niederdeutsch“ oder „Plattdeutsch“, im flachen Norden). Es war keine einheitliche Schriftsprache. Damals war die Vulgärsprache in der Literatur nur aus didaktischen Gründen verwendet. In der Stauferzeit (1150 – 1270) entwickelt sich das „ Mittelhochdeutsch „ und mit der Ritterkultur entsteht eine relativ einheitliche überregionale Literatursprache. Diese dauert aber nicht lange. Erst mit dem Aufblühen eines „Frühkapitalismus“ gegen Ende des Mittelalters verstärken sich die Tendenzen zur Entwicklung einer einheitlichen Schreibsprache (nach 1300). Die Erfindung des Buchdrucks und die Bibelübersetzung Luthers bilden dann am Anfang der Neuzeit den wichtigsten Schritt auf dem Weg zu einer überregionale Deutsche Schreibsprache. Es ist das „ Neuhochdeutsch “ : das moderne Deutsch. I. Frühes Mittelalter (750-1150) Karl der Große förderte die Verbreitung des Christentums und der christlichen Kultur. Er versuchte, römische Traditionen, christlichen Geist und germanische Mentalität zu verschmelzen. Unter Otto I. spielte die Kirche noch eine entscheidende Rolle als Garantie der EINHEIT im Reich. Später entwickelte sich aber einen Konflikt zwischen Kaisertum und Papsttum (Investiturstreit). Diese Rivalität wurde von den Fürsten ausgenutzt : die Einzelstaaten verstärkten ihre Privilegien und ihre Macht dem Kaiser gegenüber und das war am Anfang der territorialen Zersplitterung Deutschlands . Kunst und Kultur sind in dieser Zeit von der Religion stark geprägt : sie stehen im Dienste (al servizio) der Kirche und haben immer eine symbolische Bedeutung und eine didaktische Funktion. der kaiserliche Hof die Klöster sind die einzigen Kulturzentren die Geistlichen sind die einzigen Kulturträger Latein ist die Kultursprache / Literatursprache Deutsch II. wird nur aus „didaktischen“ Gründen verwendet. Es entsteht in dieser Zeit der Begriff „theodisca lingua“, d.h. „ Vulgärsprache “ : vom germanischen Wort „ thiudisk “ (= Volk) , als Bezeichnung für die Dialekte der westdeutschen germanischen Stämme im Gegensatz zum Latein. Hohes Mittelalter (1150-1270) Die Landesfürsten, die Städte und das Bürgertum gewinnen immer mehr an Macht und Autonomie. Die Ritter (cavalieri) werden zum wichtigsten Stand, mit Verwaltungs- und Kriegsaufgaben. Kulturzentren Kulturträger die Burg die fürstenlichen Höfe die Ritter die ritterliche Ethik bestimmt auch die Literatur : ere (Ehre) und minne (Liebe) sind die wichtigsten Treibkräfte. Literarische Gattungen Das Heldenepos Das höfische Epos Höfische Lyrik Der „Minnesang“ : konventionelle Dichtung, stellt eine stilisierte Welt dar. - Parzival - Tristan Walther von der Vogelweide war der größte Lyriker im Mittelalter: er hat sowohl Minnelieder als auch politische Lieder geschrieben. Er verteidigt die Politik des Kaisers und kritisiert die Machtansprüche von Papst und Kirche. Er befreit sich von den poetischen Konventionen und schafft eine frische, originelle Dichtung. Die Helden streben nach maze (= Maß, Selbstbeherrschung, Gleichgewicht ) Es greift auf die Traditionen aus der Zeit der Völkerwanderung zurück und zeigt die typischen altgermanischen Werte : Selbstbehauptung, Ehre, Treue, Rache . Elemente, die mit den Rittertugenden nichts zu tun haben. Die Helden sind einem tragischen Schicksal ausgeliefert. - Das Nibelungenlied Parzival Der erste „Bildungsroman“ der deutschen Literatur : zeigt die Entwicklung der Hauptfigur von der Jugend bis zur Reife. Parzival ist am Anfang naiv und „dumm“ und ist vom Rittertum fasziniert. Er wird Ritter und erlebt viele Abenteuer. Er wird auf die Probe gestellt und muss aus seinen Fehlern lernen. Er geht auf die Suche nach dem heiligen Gral und wird am Ende Gralskönig. Das Ideal ist ein „ganzer Mensch“ , der menschliche, religiöse und ritterliche Werte in sich harmonisch vereint. Tristan Er hat seine Eltern früh verloren und wird von seinem Onkel zum Ritter erzogen. Er fährt nach Irland und holt Isolde, die seinen Onkel heiraten soll. Aber auf dem Schiff trinken sie einen Liebestrank und sie verlieben ineinander : ihre Leidenschaft wird stärker sein als die höflichen Konventionen. Der Text ist als Fragment geblieben. Architektur und Kunst Die Gotik Die Gotik war der autonomste Kunststil, den das Abendland seit der Antike hervorgebracht hatte. Der Name kam in der Spätrenaissance auf und war abwertend (dispregiativo) gemeint: damals (und auch noch im Barock) empfand man alle Beispiele dieses Stils und dieser Zeit als barbarisch (im Vergleich mit den Römern waren die Goten ja Barbaren gewesen !). Erst im späten 18. Jahrhundert wurden die Qualitäten der gotischen Kunst wiederentdeckt und aufgewertet. Als Herkunftsland der gotischen Architektur gilt Frankreich mit den Kathedralen von Chartres, Reims und Amiens (erste Hälfte des 12. Jahrhunderts). Die anderen europäischen Länder entwickelten dann Sonderformen (englische Gotik, deutsche Gotik, usw.). Kennzeichnend (caratterizzanti) für die gotischen Kirchen (in Straßburg, Magdeburg, Wien und Köln) sind : das Kreuzrippengewölbe (volta a crociera) der Spitzbogen (arco a sesto acuto) III. Spätmittelalter (1200-1500) sie bewirken den starken Vertikaldrang , und den mystischen Charakter, die für diesen Stil typisch sind. Bürgerliche Literatur Aufstieg des Bürgertums und Blütezeit der Städte, die miteinander Bünde schließen, um bessere Geschäfte zu machen (z. B. die Hanse ). Sie sind der wichtigste Schauplatz der KULTUR in Deutschland. Es werden auch die ersten Universitäten im deutschen Raum gegründet : Prag (1348), Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1389). Reiche Kaufleute und Handwerker prägen die Städte, die eine außerordentliche Anziehungskraft auf die Landbevölkerung ausüben (esercitano) (Man sagt „Stadtluft macht frei“). Kunst und Literatur lösen sich immer mehr von der Kirche los und bekommen einen weltlichen Charakter. Die bürgerlichen Werte spiegeln sich in die Literatur wider: - praktischer Sinn - Alltagsleben - Realismus - Komische Situationen Um 1450 stellt die Erfindung vom Buchdruck durch Johannes Gutenberg in Mainz ein Markstein der literarischen Entwicklung dar. Dank der Bücher verliert die Literatur ihren elitären Charakter und die Lesekultur erreicht eine bis dahin unvorstellbare Verbreitung (diffusione). Literarische Gattungen Lyrik Der Meistergesang Bürgerliche Nachahmung des ritterlichen Minnesang. Die „Meistersinger“ glaubten, die Dichtung „erlernen“ zu können und sie folgten pedantischen Regeln und genauen Gesetzen über Reim und Inhalt. Richard Wagner hat in seiner Oper „ Die Meistersinger von Nürnberg “ (1868) diese Zeit ironisch porträtiert. Drama - Das geistliche Drama Mysterienspiele, die die ganze Passionsgeschichte darstellen. Sie waren sehr lang, mit komischen Zwischenspielen . - Das weltliche Drama Fastnachtspiele : allegorische und satirische Szenen aus dem Alltag. Meistens waren dumme Bauern darin verspottet. Das Volkslied Volkslieder stammen von unbekannten Dichtern und kreisen um die verschiedensten Gelegenheiten des Alltagslebens ( Liebe, Abschied, Jahreszeiten, Krieg, ...). Sie sind vom Volk sehr beliebt, weil sie echte Gefühle und ein spontanes Empfinden ausdrücken. Sie sind später zum Symbol für Natürlichkeit und Volkstum (carattere nazionale) geworden. Prosa - Die Mystik Sie strebt nach einer innigen (intimo) Beziehung zu Gott durch Gefühl und Intuition. Die Mystiker versuchen ihre Visionen in Worte aufzufassen, deswegen hat ihre Sprache einen interessanten „experimentellen“ Charakter Sprachgeschichte Indoeuropäische Ursprache 5000 - 1000 v. Chr. 1. Germanische Lautverschiebung 500 v. Chr. Germanisch (450 v. - 750 n. Chr. ) 2. Germanische Lautverschiebung in Oberdeutschland Althochdeutsch 750 - 1050 n. Chr. Mittelhochdeutsch 1050 - 1250 n. Chr. Neuhochdeutsch 1250 - 1500 n. Chr. Hochdeutsch ab 1500 n. Chr. Einheitliche Schriftsprache im gesamten deutschen Sprachraum Die hochdeutsche Schriftsprache setzt sich durch, während sich das Niederdeutsche (die Dialekte von Norddeutschland) aus politischen Gründen nicht zur modernen Schriftsprache entwickeln konnte.