Impfmanagement durch Genotypisierung

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KREBSFRÜHERKENNUNG
Impfmanagement durch
Genotypisierung
Auch und gerade im Zeitalter der HPV-Vakzination ist der
HPV-Test eine seriöse Top-IGeL mit hohem Patientennutzen.
Ersetzt die HPV-Vakzination die Krebsfrüherkennung?
Keineswegs, denn „etwa 20 bis 30 Prozent der Infektionen werden durch die Impfung nicht erfasst“, erklärt der
Heidelberger Krebsforscher und Medizin-Nobelpreisträger Prof. Harald zur Hausen im Interview mit der ÄRZTLICHEN PRAXIS. „Es ist deshalb zum derzeitigen Zeitpunkt sehr sinnvoll, die Früherkennungsuntersuchungen
weiter zu verfolgen.“
Nicht im Impfstoff enthaltende HPV-Typen, unvollständig geimpfte Personen und seltene Impfversager erfordern
– auch bei Erreichen einer hohen Durchimpfung in der
Zielgruppe – die Fortführung der Krebsvorsorge. Aber mit
welcher Methode?
„Zahlreiche Studien zeigen, dass die Kombination aus
Zytologie und HPV-Test signifikant sensitiver ist als eine
Zytologie allein“, sagt Prof. Klaus Friese, Vorsitzender
des Leitlinien-Gremiums der Deutschen Gesellschaft für
Gynäkologie und Geburtshilfe. Die DGGG empfiehlt
deshalb in ihrer neuen S2-Leitlinie zur „Diagnostik und
Therapie der HPV-Infektion des weiblichen Genitals“
Muttermundabstriche in Kombination mit einem HPVTest. „Der HPV-Test gibt zusätzliche Sicherheit zum Pap-
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Test“, so Friese. Durch den HPV-Test könnten Vorstufen
erkannt und spätere Operationen vermieden werden.
Pap-Abstrich plus HPV-Test
Fällt das HPV-Screening negativ aus, ist die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten Jahren eine Neoplasie am Muttermund zu entwickeln, geringer als nach einem zunächst
unauffälligen Zytologiebefund. Zu diesem Ergebnis gelangten auch Prof. Jack Cuzick et al. von der Londoner
School of Medicine and Dentistry (Int J Cancer 122
[2008] 2294–2300), die Daten von rund 3 000 Frauen
ausgewertet hatten. Ein negativer HPV-Test biete für
mindestens sechs Jahre eine gewisse Sicherheit, folgert der
Studienleiter. „Eine Untersuchung von Gewebeproben
müsste schon nach drei Jahren wiederholt werden, um die
gleiche Sicherheit zu gewährleisten. Ergo könnten durch
die Suche nach einer HPV-Infektion die Screening-Intervalle auf sechs Jahre ausgedehnt werden.“
Impfung auch für erwachsene Frauen?
Derzeit ist nur der HPV-Test auf Hochrisikotypen bei
auffälliger Zytologie eine Kassenleistung. Für Privatpati-
Foto: Dron/Fotolia, KES (3)
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enten bieten synlab-Labore die Genotypisierung als kostenlose Zusatzleistung zum PCR-Screening an. Die reine
Vorsorgeleistung (IGeL) erlaubt über die Bestimmung
der Hochrisikotypen ein differenziertes HPV-Risikomanagement – auch und gerade im Zusammenhang mit der
HPV-Impfung. Denn:
ó Experten wie Harald zur Hausen oder Dr. Friederike
Gieseking, Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Gynäkologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf,
sprechen sich dafür aus, auch ältere Frauen gegen HPViren zu impfen. In der STIKO-Empfehlung heißt es
dazu: „Frauen, die zu dem von der STIKO empfohlenen
Zeitpunkt keine Impfung gegen HPV erhalten haben,
können ebenfalls von der Impfung profitieren. Es liegt in
der Verantwortung des Arztes, nach individueller Prüfung
von Nutzen und Risiko der Impfung seine Patientinnen
auf der Basis der Impfzulassung darauf hinzuweisen.“
ó Hauptzielgruppe des Impfstoffs ist die Gruppe der 12bis 17-jährigen Mädchen und jungen Frauen, die noch
keine sexuellen Kontakte hatten. Allerdings umfasst die
Altersspanne der Aufnahme der sexuellen Aktivität mehrere Jahre. 27 Prozent der 17-Jährigen sind noch nicht sexuell aktiv. Außerdem wird nicht zwangsläufig bei jedem
Sexualkontakt HPV übertragen. Dadurch kann es eine
nicht unerhebliche Anzahl von Frauen geben, die auch
nach Aufnahme der sexuellen Aktivität von der Impfung
profitieren könnten.
ó Bei der Entscheidung, ob eine Impfung (als Selbstzahlerleistung etwa 500 Euro) auch jenseits der Altersgrenze
von 17 Jahren noch sinnvoll ist, kann ein HPV-Test mit
Genotypisierung sehr hilfreich sein. Denn die Vakzination wirkt ausschließlich präventiv und hat keine therapeutische Wirkung auf eine bereits bestehende HPV-Infektion.
Beide zurzeit erhältlichen Impfstoffe richten sich gegen
die HPV-Hochrisikotypen 16 und 18, einer der Impfstoffe außerdem noch gegen die Warzenerreger 6 und 11. Aus
Studien ist bekannt, dass auch infizierte Frauen nur in 0,1
Prozent der Fälle alle vier HPV-Typen zugleich aufwiesen,
gegen die der tetravalente Impfstoff gerichtet ist.
ó Dem ärztlichen Beratungsgespräch könnte also mithin
ein HPV-Test mit Genotypisierung zugrunde gelegt werden, der Aufschluss darüber gibt, ob und in welchem Aus-
maß auch ältere Patientinnen noch
von einer Impfung profitieren.
Wichtig:
die Verlaufskontrolle
Für die Früherkennung des Zervixkarzinoms ist der Nutzen des HPVTests ohnehin unstrittig:
ó Fast alle Zervixkarzinome sind
das Endergebnis einer persistierenden Infektion mit wenigen HPVTypen. Von einer HPV-Infektion
bis zum Karzinom dauert es mindestens sieben Jahre. Nur bei 10 bis
40 Prozent der Frauen bleibt HPV
dauerhaft (CIN I- und CIN II-Vor- Zervixabstrich mit direkten und
stufen), wiederum nur bei 10 bis 25 indirekten HPV-Veränderungen.
Prozent der länger infizierten Frauen
entwickeln sich hochgradige Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs (CIN III). In diesen Fällen entwickelt sich meist
ein Tumor. Eine anhaltende Besiedelung des Gebärmutterhalses mit Hochrisiko-HPV-Typen wie HPV-16 und
HPV-18 über zwölf bis 18 Monate hinweg erhöht das
Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, um das
300-fache.
ó Für das Krebs-Risiko ist also entscheidend, wie lange
die Zervix von High-Risk-HP-Viren besiedelt ist. Ein
auffälliger Befund zu einem bestimmten Zeitpunkt sagt
tatsächlich noch nicht viel aus, da die Infektion sich auch
wieder zurückbilden kann.
ó Jedoch ist ein positiver HPV-Test überaus bedeutsam
für eine Verlaufskontrolle mit Genotypisierung, da eine
andauernde Infektion mit einem identischen HochrisikoHPV-Typen die Gefahr, an einem Zervixkarzinom zu erkranken, erheblich erhöht.
ó Deshalb sollten HP-Viren in Zellen des Gebärmutterhalses möglichst früh entdeckt und typisiert werden.
Verschwinden die Viren wieder: umso besser. Bleiben sie,
haben Arzt und Patientin Klarheit darüber, ob es sich um
eine ältere oder frische Infektion handelt. Die zytologischen Kontrollintervalle können so gegebenenfalls verkürzt werden.
Bernd Harder
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