Karthago - Beck-Shop

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Karthago
Aufstieg und Fall einer Großmacht
von
Klaus Zimmermann
1. Auflage
Karthago – Zimmermann
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG
Theiss Verlag, Stuttgart 2010
Verlag C.H. Beck im Internet:
www.beck.de
ISBN 978 3 8062 2281 4
vom mythos zur
kolonialmacht
U
m ihre Reputation im Geschichtsbild der Nachwelt sind die Karthager
nicht zu beneiden. Zwar kennt jedes Schulkind Hannibal als respektablen Feldherrn, doch in der Mehrzahl sind es Negativklischees, aus denen sich unsere
Wahrnehmung von Karthago und den Karthagern speist: ein Volk verschlagener
Kaufleute, mit seinen Hinrichtungspraktiken und Kinderopfern ein Hort rückständiger Grausamkeit, schließlich der unerbittliche Todfeind der Römer, mit
dem diese auf den Schlachtfeldern Italiens ums Überleben rangen. Sieht man genauer hin, tritt die Fragwürdigkeit solcher Topoi rasch zutage. Das Stereotyp des
durchtriebenen Händlers verdanken wir in erster Linie dem Umstand, dass die
Griechen und Römer die Karthager meist nur vom Hafen her kannten. Ob und
unter welchen Umständen die Karthager ihren Göttern (lebende?) Neugeborene
opferten, ist bis heute umstritten, und der Kampf um Macht, Besitz und Existenz
wurde den Karthagern durch Rom aufgezwungen, nicht umgekehrt. In unser Karthagobild haben sich also Verzerrungen eingeschlichen, für die es nach Gründen
zu suchen gilt.
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Dass unser Wissen über die Karthager so dürftig und einseitig gefärbt ist, hat seinen Grund in der historischen Überlieferung. Im Jahr 146 v. Chr. wurde die Stadt
Karthago völlig zerstört, und dieser Zerstörung fielen so gut wie sämtliche literarischen Zeugnisse zum Opfer, die uns aus erster Hand über das Leben in der
westphönizischen Metropole hätten berichten können. Wie man in Karthago über
Karthago dachte, sprach und schrieb, ging im Brand der Bibliotheken und Archive
unwiederbringlich verloren. Stattdessen sind Historiker seit der Antike bei der Behandlung Karthagos auf griechische und römische Quellen angewiesen, die zum
einen nie mehr als eine Außensicht bieten können, die dies zudem meist aus der
Perspektive und mit der Tendenz des Gegners tun und die sich schließlich jenseits
Aeneas und Dido auf der
Jagd: So stellte sich der Barockmaler Jan Miel um die
Mitte des 17. Jahrhunderts
die Romanze des flüchtigen
Trojaners mit der nordafrikanischen Königin vor.
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das blatt wendet
sich
W
as den Zweiten Punischen Krieg auf den ersten Blick von bisherigen
Auseinandersetzungen unterscheidet, ist die Anzahl der Kriegsschauplätze und
der beteiligten Mächte. Schon mit Nordafrika, Iberien als karthagischer Operationsbasis und Hannibals Zug nach Oberitalien war das westliche Mittelmeer nahezu vollständig in den Krieg involviert. Mittelmächte wie Syrakus und Numidien
versuchten, aus den Wechselfällen des Ringens der Großen Kapital zu schlagen.
Auf der Höhe seines Erfolges bemühte sich Hannibal, auch die hellenistischen
Mächte des Ostens zu mobilisieren, so dass man mit einiger Berechtigung von
einem »Weltkrieg« der Antike sprechen kann. Die Zäsur von Cannae bietet sich
an, den Gang der Ereignisse kurz zu unterbrechen, um einen Blick auf die Akteure
der – bisweilen gar nicht so unbedeutenden – Nebenrollen zu werfen.
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Nach seinem überwältigenden Sieg bei Cannae nahm Hannibal im Winter 216/15
v. Chr. Gespräche mit dem Makedonenkönig Philipp V. auf, die zum Abschluss
eines Bündnisses führten. Ein Athener namens Xenophanes reiste dazu als Bevollmächtigter Philipps zu Hannibal nach Capua, fiel jedoch auf dem Rückweg
mitsamt der karthagischen Gegengesandtschaft und den diplomatischen Schriftstücken in die Hände der Römer. Dieser Panne haben wir die Kenntnis des Vertrages im Wortlaut zu verdanken. Der Text wurde im römischen Staatsarchiv deponiert, wo ihn Polybios bei seinen Recherchen fand und abschrieb. Vereinbart
wurde allgemein gegenseitiger Beistand im Kriegsfall unter Einbeziehung der beiderseitigen Bundesgenossen. Im gegenwärtigen Krieg gegen Rom sollte Philipp
seinen Verbündeten »je nach Bedarf gemäß Absprache« unterstützen, ein eventueller Friedensvertrag nach einem karthagischen Sieg sollte auch die Makedonen
einschließen, die Römer sollten ihre kürzlich gewonnenen Stützpunkte jenseits
der Adria verlieren. Für den Fall, dass die Römer irgendwann erneut gegen einen
von beiden Partnern Krieg anfingen, sicherte man einander wiederum Beistand
Verpuffte in diesem Fall
wirkungslos: Der Angriff
der karthagischen Elefanten
in der Schlacht bei Zama.
Gemälde der römischen
Schule (1521).
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der freundschaftsvertrag mit makedonien
D
er Feldherr Hannibal und alle Mitglieder des karthagischen Rates, die bei
ihm sind, und alle Karthager, die mit ihm im Felde stehen, erklären, nachdem es
euch und uns so gut scheint, dass wir diesen Eid ablegen für Freundschaft und
aufrichtiges Wohlwollen, Freunde, Verbündete und Brüder zu sein, unter dieser
Bedingung: Es sollen König Philipp, die Makedonen und alle übrigen Griechen,
soweit sie ihre Bundesgenossen sind, Schutz und Beistand gewähren den Karthagern, dem Feldherrn Hannibal und denen, die bei ihm sind, und den unter karthagischer Herrschaft Stehenden, die die gleichen Gesetze haben wie sie selbst,
und den Einwohnern von Utica, und allen den Karthagern untertänigen Städten
und Stämmen, den Soldaten und Bundesgenossen, allen Städten und Stämmen
in Italien, dem Keltenland und Ligurien, mit denen wir Freundschaft haben und
mit denen wir dort noch Freundschaft und Bündnis schließen. Ebenso soll König
Philipp, den Makedonen und den anderen Griechen, die ihre Bundesgenossen
sind, Schutz und Beistand zuteil werden von den Karthagern, die mit uns im Felde stehen, den Einwohnern von Utica und von allen Städten und Stämmen, die
den Karthagern untertan sind, von den Bundesgenossen und Soldaten, von allen
Städten und Stämmen in Italien, dem Keltenland und Ligurien, und von allen,
die dort noch Bundesgenossen werden. Wir wollen gegeneinander keine Ränke
schmieden, uns keinen Hinterhalt legen, sondern in aufrichtiger Gesinnung und
mit allem Eifer, ohne Arglist und böse Gedanken, denen Feinde sein, die gegen
die Karthager Krieg führen, ausgenommen die Könige, Städte und Stämme, mit
denen wir beschworene Verträge und Freundschaft haben. Aber auch wir werden
Feinde sein denen, die gegen König Philipp Krieg führen, ausgenommen die Könige, Städte und Stämme, mit denen wir beschworene Verträge und Freundschaft
haben. Ihr werdet aber auch uns Bundesgenossen sein in dem Krieg, den wir mit
den Römern haben, bis die Götter uns und euch den Sieg geben, und ihr werdet
uns helfen, wie es erforderlich ist und wie wir übereinkommen. Wenn die Götter
uns den Sieg gegeben haben im Krieg gegen die Römer und ihre Bundesgenossen, wenn dann die Römer um einen Freundschaftsvertrag bitten, dann werden
wir ihn so abschließen, dass dieselbe Freundschaft mit euch bestehen soll, und
unter der Bedingung, dass es ihnen niemals erlaubt sein soll, Krieg gegen euch
zu beginnen, und dass die Römer nicht Herren sein sollen über Kerkyra, Apollonia, Epidamnos, noch über Pharos, Dimale, die Parthiner und die Atintanen. Die
Römer sollen Demetrios von Pharos alle seine Untertanen zurückgeben, die jetzt
zum römischen Herrschaftsbereich gehören. Wenn aber die Römer Krieg gegen
euch oder gegen uns beginnen, werden wir einander in diesem Krieg helfen, wie
es für jeden erforderlich ist. Ebenso, wenn irgendwelche anderen Krieg anfangen,
ausgenommen Könige, Städte und Stämme, mit denen wir beschworene Verträge
und Freundschaft haben. Wenn es uns aber gut scheint, von diesem Vertrag etwas
wegzunehmen oder etwas zu ihm hinzuzufügen, dann werden wir wegnehmen
oder hinzufügen, wie es uns beiden gemeinsam gut scheint. •
Polybios, Geschichte VII 9 (Übers. H. Drexler)
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Philipp V. von Makedonien, Bündnispartner Hannibals und der Karthager von 215 bis 205 v. Chr. und
Gegner Roms im Zweiten Makedonischen Krieg (200–
197 v. Chr.): Münzporträt.
je nach Bedarf zu. Bemerkenswerterweise ist von einer konkreten Zusammenarbeit in dem Dokument
nirgends die Rede. Beiden Parteien ging es offenbar
weniger um unmittelbare Unterstützung als vielmehr
darum, Roms Kräfte in einem Mehrfrontenkrieg zu
zersplittern. Hannibal hoffte darauf, dass ein Angriff
Philipps auf die römischen Positionen in Illyrien die
Römer zum Abzug von Truppen aus Italien zwingen
würde. Auch der Gedanke, sich durch den Schulterschluss mit einer hellenistischen Macht den Griechen
Unteritaliens und Siziliens als Partner gegen Rom zu
empfehlen, mag eine Rolle gespielt haben. Und Philipp war von weiteren karthagischen Erfolgen überzeugt genug, um gleichsam in deren Windschatten
den Kampf um seine Interessengebiete in Illyrien
aufzunehmen und zugleich seinen Besitzstand für
die Zukunft durch das Bündnis mit Karthago abzusichern.
Erfüllen sollten sich beider Hoffnungen nicht. Nur
kurze Zeit band die Eröffnung einer neuen Front
Kräfte des Gegners. Schon bald gelang den Römern
der Abschluss eines Bündnisses mit den Aitolern,
den traditionellen Gegnern Makedoniens, die fortan
die Hauptlast des Krieges gegen Philipp trugen. Erst
206 konnte der Makedone die Aitoler zum Frieden
zwingen. Ein Jahr später fand sich der König zu einem Frieden mit Rom bereit und brach damit den
zehn Jahre zuvor geschlossenen Beistandspakt mit
Hannibal, »bis die Götter uns und euch den Sieg geben« – er hatte die Hoffnung auf einen karthagischen
Sieg aufgegeben.
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------------------------------Für den modernen Historiker liegt
die Bedeutung des
Bündnisses zwischen Hannibal und
Philipp in seiner
---------------Einzigartigkeit als authentisches Zeugnis zu den Zie---------------len, die Hannibal im Zweiten Punischen Krieg verfolgte. Halten wir zunächst fest, ---------------dass der Vertrag an
der weiteren Existenz eines römischen
Staatswesens
---------------keinen Zweifel lässt: »Wenn … die
Römer
um Frie---------------den bitten, dann werden wir ihn unter der Bedingung
---------------schließen, dass …« – so beginnen
die Vereinbarungen. Im Folgenden behandelt der ---------------Text unter anderem
die Möglichkeit eines erneuten ---------------römischen Angriffs
auf Karthago oder Makedonien. Der Gedanke, Rom
zu zerstören und den römischen---------------Staat zu beseitigen,
lag Hannibal offensichtlich fern. ---------------Was der Karthager tatsächlich---------------beabsichtigte, zeigt
zum einen die Erwähnung der mit Karthago befreun---------------deten Städte und Völker. Die noch
nicht romanisierte Bevölkerung im Norden und ---------------Süden Italiens sollte von der römischen Herrschaft---------------befreit und durch
Bündnisse mit Karthago künftigem römischen Zu---------------griff entzogen, die italische Wehrgemeinschaft als
---------------Machtinstrument Roms zerschlagen
werden. Zum
anderen lassen Hannibals Zusagen
an Philipp den
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------König Philipp V. von
---------------Makedonien: Römi---------------sches Marmorporträt
aus dem 1. Jahrhundert
---------------n. Chr. (Rom, National---------------museum).
------------------------------119
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Heiß umworben und umkämpft war in den Jahren
nach Cannae eine griechische Macht, die uns im
Laufe der karthagischen Geschichte schon mehrmals
begegnet ist: Syrakus. Fast 50 Jahre lang war die sizilische Metropole Syrakus unter Hieron II. treu aufseiten der Römer gestanden, als Gelon, der Sohn
und Mitherrscher Hierons, unter dem Eindruck des
überwältigenden karthagischen Sieges 216 ein erstes
Mal einen Kurswechsel in Erwägung zog. Zwar starb
Gelon kurz darauf, doch als ihm ein Jahr später sein
Vater folgte, war für Hieronymos, Hierons 15jährigen
Enkel und Nachfolger, der Weg für eine neue Politik
frei, und er bot Hannibal durch Gesandte ein Bündnis an. Der Preis, den der selbstbewusste Herrscher
für ein Bündnis verlangte, war hoch: Nicht weniger
als den Besitz ganz Siziliens forderte er für den Fall,
dass er die Karthager in ihrem Kampf gegen Rom unterstützte. Obwohl sie damit auf die Wiederherstellung ihrer sizilischen Epikratie verzichteten, willigten
die Karthager in den Vorschlag des Königs ein, und
das Bündnis kam zustande. Doch Hieronymos war
kein langes Leben beschieden. 214 wurde er durch
innenpolitische Gegner ermordet, und die Stadt versank in Parteikämpfen zwischen den Vertretern eines prokarthagischen und jenen eines prorömischen
Kurses. In diesen Auseinandersetzungen schienen
zunächst die prorömischen Oligarchen die Oberhand
zu behalten, doch gestützt auf das Heer konnten sich
schließlich die Befürworter der Zusammenarbeit mit
Karthago durchsetzen.
Karthager und Syrakusaner errangen im Laufe des
Jahres 213 gemeinsam beachtliche Erfolge. Ein Großteil der sizilischen Städte, darunter das bedeutende
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erklären? Die Antwort liegt im Wesen der annalistischen Geschichtsschreibung, der es nicht um korrekte
Überlieferung historischer Sachverhalte, sondern um
die Befriedigung patriotischer Bedürfnisse der römischen Oberschicht und um Rechtfertigung von deren
Politik ging. Das Schreckensszenario eines eroberten,
geplünderten und dem karthagischen Staat eingegliederten Italien bildete eine effektvolle Antithese
zu dem letztendlichen Sieg. Je unversöhnlicher und
unersättlicher man die Gegner Hannibal und Philipp
zeichnete, in desto hellerem Licht erstrahlte die Leistung des römischen Volkes und seiner Elite, und desto
berechtigter erschienen die Vernichtungsfeldzüge, die
Rom später gegen Makedonien und Karthago führte.
Dank des bei Polybios erhaltenen Originaltextes ist in
diesem Fall die Geschichtsfälschung mit seltener Eindeutigkeit nachzuweisen. Überall dort, wo uns keine Parallelüberlieferung zur Verfügung steht, bleibt
gegenüber dem senatorischen Propagandaschrifttum
ein gesundes Misstrauen das einzige Korrektiv.
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Syrakus: Das Fort Euryalos mit seiner gewaltigen Toranlage sicherte das Stadtgebiet von
---------------Syrakus nach Westen, gegen das Inselinnere.
---------------------------------------------4ZSBLVTW $IS
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---------------*
---------------3zNFS
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------------------------------3zNFS
------------------------------------------------------------------------------------------Silberprägung des Hieronymos von Syrakus (215/14 v. Chr.):
Auf der hier gezeigten
Vorderseite ist das Porträt des Herr---------------schers mit Diadem zu sehen, auf der Rückseite ein Blitzbündel
---------------mit Legende. Der Frontenwechsel des jugendlichen Herrschers
stellte für die Karthager
eine hochwillkommene Verstärkung
---------------dar, doch seine Ermordung im Jahr darauf machte diesen
---------------diplomatischen Erfolg wieder zunichte.
------------------------------121
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---------------------------------------------,M)BGFO
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-------------------------------------------Willen erkennen, Roms Einfluss auf das italische
-----------Festland zu beschränken. Gleiches galt mit Sicherheit
-----------für den Westen, wo Karthago die verlorenen Positionen auf Sizilien und Sardinien beansprucht haben
-----------wird. Rom sollte innerhalb eines Gleichgewichtes der
-----------Kräfte als Regionalmacht Mittelitaliens fortbestehen,
----------ohne durch seinen Expansionsdrang weiterhin Unruhe stiften zu können. Umso bemerkenswerter ist
-----------vor diesem Hintergrund die Darstellung des Livius,
-----------die sich von dem Vertragstext bei Polybios diametral
-----------unterscheidet: »König Philipp sollte mit einer möglichst großen Flotte – angeblich konnte er 200 Schif-----------fe aufbieten – nach Italien hinüberfahren, die Küste
-----------verheeren und nach Kräften zu Land und zu Wasser
-----------Krieg führen. Sobald der Krieg beendet sei, sollte ganz
»Störe meine Kreise
-----------Italien mitsamt der Stadt Rom den Karthagern und
nicht!« Wie viele seiner
Hannibal gehören und die gesamte Beute Hannibal
-----------Mitbürger fiel auch
zufallen. Nach der Unterwerfung Italiens hatten sie
Archimedes unter den
-----------vor, nach Griechenland zu fahren und Krieg zu fühSchwertstreichen der
-----------ren, mit wem der König es wünschte; alle Städte des
Eroberer, nachdem
Festlandes und die Inseln im Einzugsbereich Makeseine Konstruktionen
-----------lange Zeit dazu beigedoniens sollten Philipp und seinem Reich gehören.«
-----------tragen hatten, jeden röNicht weniger als eine Aufteilung der Mittelmeerwelt
mischen Sturmangriff
-----------zwischen Karthago und Makedonien entlang der Adzu vereiteln. Ein Mosaria unter Liquidierung des römischen Staates war
-----------ik des 2. Jahrhunderts
demnach Gegenstand des Vertrages.
v. Chr. aus Herculane-----------Wie ist eine derart phantasievolle Entstellung der
um zeigt den Tod des
-----------Realität, die doch im römischen Staatsarchiv und
Gelehrten von der Hand
später im Werk des Polybios nachzulesen war, zu
des Legionärs.
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LN
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-------------------------------------------Akragas, wechselte die Seite. Man hatte mittlerwei-----------le Gelegenheit gehabt, die Nachteile der römischen
-----------Herrschaft kennenzulernen. Lange Zeit trotzte das
stark befestigte und von See her versorgte Syrakus,
-----------nicht zuletzt mit Hilfe der militärtechnischen In-----------novationen des Archimedes, der römischen Belage----------rung. Doch 212 wendete sich das Blatt: Nachlässigkeit der Verteidiger, der Ausbruch einer Seuche bei
-----------dem karthagischen Entsatzheer sowie Verrat führten
-----------zur Eroberung der Stadt. Archimedes fiel unter dem
-----------Schwert eines Römers, der »seine Kreise gestört« hatte. Die syrakusanisch-karthagische Kooperation war
-----------beendet. Kurze Zeit später fielen auch die übrigen
-----------sizilischen Stützpunkte wieder in römische Hand –
-----------ein schwerer Rückschlag für die Karthager, denen ein
-----------verbündetes Sizilien die Verbindung mit dem in UnUm
sie
vor
römischer
teritalien operierenden Hannibal bedeutend erleich-----------Gefangenschaft zu betert hätte.
-----------wahren, reicht der Numiderkönig Massinissa
-----------seiner frischvermählten
2YQMHMIR
-----------Gattin Sophoniba den
In unmittelbare Nachbarschaft Karthagos, nach NuGiftkelch: Gemälde
-----------midien, führt uns ein dritter Schauplatz karthagischer
von Vincenzo Guarana,
-----------Bündnispolitik. Zwei verfeindete Reiche, das der
1777.
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westnumidischen Masaisyler und das der ostnumidischen Massylier, standen sich hier gegenüber, deren
Herrscher ebenfalls bestrebt waren, aus der Konfrontation der Großmächte ihren Vorteil zu ziehen. Das
karthagische Engagement in Iberien nutzte der Masaisylerkönig Syphax 214 zu Expansionsbestrebungen in Nordafrika. Als die Karthager militärisch reagierten, schloss Syphax im Jahr darauf ein Bündnis
mit den in Iberien operierenden Scipionen. Um den
neuen Gegner zu neutralisieren, verbündete sich Karthago daraufhin mit dem Massylierkönig Gaia, dessen
in Karthago erzogener Sohn Massinissa den Karthagern als Kavalleriekommandeur auf dem iberischen
Kriegsschauplatz seit 212 wertvolle Dienste leistete.
Eine Umkehrung der Bündniskonstellation leitete
der Seitenwechsel Massinissas ein, der nach der Niederlage von Ilipa 206 die karthagische Sache verloren
gab und sich Scipio anschloss. Beide Mächte bemühten sich angesichts einer bevorstehenden römischen
Invasion Afrikas um Unterstützung durch Syphax,
und obwohl dieser zunächst die Allianz mit Rom bevorzugte, kam es schließlich zum Bündnis mit Karthago. Unsere Überlieferung macht für diese Kehrtwendung neben der notorischen Unzuverlässigkeit
der »Barbaren« Amors Pfeile verantwortlich: Der
karthagische Feldherr habe den heißblütigen Numider geködert, indem er ihm seine Tochter Sophoniba,
eine Frau von unwiderstehlichem Reiz, versprach. In
Wirklichkeit dürfte es wohl eher die Nachricht vom
Übertritt seines Gegenspielers Massinissa auf die Seite Roms gewesen sein, die Syphax dazu veranlasste,
für den weiteren Kampf um ein großnumidisches
Reich nunmehr den Schulterschluss mit Karthago
zu suchen. Seine anfänglichen Erfolge schienen ihm
Recht zu geben, doch mit Scipios Landung verließ
ihn das Kriegsglück. Bei einem römischen Überfall
nach fingierten Friedensgesprächen verlor der König einen Großteil seines Heeres, nach zwei weiteren
Niederlagen fiel er selbst dem Gegner in die Hände.
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Kehren wir nach diesem Exkurs zur karthagischen
Bündnispolitik zu den Ereignissen in Italien zurück.
Nach wie vor war es Hannibals strategisches Ziel,
Rom innerhalb des Bündnissystems zu isolieren.
Abermals signalisierte er den Bundesgenossen, dass
sein Kampf – trotz der immensen Verluste, die auch
sie bei Cannae erlitten hatten – nicht ihnen galt, indem er ihre gefangenen Angehörigen entließ. Und
diesmal verhallte sein Appell, die Sache Roms aufzugeben, nicht ungehört. Der bedeutendste einer Reihe
von Übertritten auf karthagische Seite war der des
kampanischen Capua. Nachdem eine Gesandtschaft
zu Varro kurz zuvor das ganze Ausmaß der Katastrophe von Cannae in Erfahrung gebracht hatte, beschlossen Senat und Volk, sich auf die Seite Hannibals zu schlagen und einigten sich mit ihm auf ein
Bündnis zu folgenden Bedingungen: Kein karthagischer Feldherr oder Beamter sollte einem kampanischen Bürger gegenüber irgendwelche Befugnisse
haben; kein Kampaner sollte zu Kriegs- oder anderen Diensten herangezogen werden. Capua behielt
seine Gesetze und seine Verwaltung. Die Kampaner
erhielten 300 römische Kriegsgefangene nach eigener
Wahl, um sie gegen 300 Mitbürger auszutauschen,
die als Reiter auf Sizilien im römischen Dienst standen. Zweifellos diente der Vertrag als eine Art Modell
für die Beziehungen zwischen Hannibal und übertrittswilligen italischen Gemeinden – und das Modell sollte Nachahmer finden. Ein Automatismus war
der Zerfall des römischen Bündnissystems allerdings
auch nach Cannae nicht. Wichtige Zentren wie die
griechischen Seestädte Kyme und Neapel blieben bei
ihrem prorömischen Kurs. Nur unter beträchtlichem
militärischen Aufwand konnte Hannibal bis 213/12
große Teile von Kampanien, Samnium, Apulien, Lukanien und Bruttium unter seine Kontrolle bringen.
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---------------Zurückhaltung nach Cannae den Römern weitere Niederlagen ersparte und so
---------------die Voraussetzung für den
allmählichen Umschwung schuf: augusteische Zeit,
Abschrift aus Arezzo.
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