Der metus punicus und die Ursachen für den 3

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Universität Bayreuth
Lehrstuhl für Alte Geschichte
Hauptseminar: Rom und Karthago
Dozent: PD Dr. Klaus Geus
Referent: Niklas Fischer
Der metus punicus und die Ursachen für den 3. Punischen
Krieg und die Zerstörung Karthagos
Passus aus den Friedensbedingungen von 201 v. Chr.(In: Polybios: Historiae, übersetzt von H.
Drexler, 2 Band, Zürich-München 1978, 15,18,4.):
Q1) „Offensiv Krieg führen sollten sie außerhalb Libyens überhaupt nicht, innerhalb Libyens
nicht ohne römische Genehmigung.“
Polybios zeitgenössische Wertung der römischen Kriegsmotive (In: Polybios: Historiae,
36,9,2-8.):
Q2)„Hinsichtlich der Karthager gingen die Meinungen und Urteile weit auseinander.
Manche billigten das Verhalten der Römer: sie hätten klug und verständig ihre
Machtinteressen wahrgenommen. Daß sie der ständigen Bedrohung ein Ende machten und
die Stadt, die ihnen so oft die Hegemonie streitig gemacht hatte und sie ihnen immer noch,
wenn die Umstände für sie günstig waren, streitig machen konnte, vernichteten und damit die
Herrschaft Roms sicherten, zeuge von politischer Vernunft und Weitblick.
Andere nahmen den entgegengesetzten Standpunkt ein: Sie hätten nicht an den Grundsätzen
festgehalten, mit denen sie die Hegemonie errungen hätten, und wären mehr und mehr zu der
Herrschsucht der Athener und Spartaner entartet, hätten zwar langsamer diesen Weg
beschritten, seien aber, wie die Tatsachen deutlich zu erkennen ließen, am selben Ziel
angelangt. Früher hätten sie mit allen nur so lange Krieg geführt, bis sie den Gegner besiegt
und zu dem Eingeständnis gebracht hätten, man müsse den Römern gehorchen und ihre
Befehle befolgen. Jetzt aber hätten sie, im Perseuskrieg, eine erste Probe ihrer eigentlichen
Gesinnung gegeben, als sie das makedonische Reich mit Stumpf und Stiel ausrotteten,
vollständig aber diese Gesinnung enthüllt zu der Zeit, bei der wir jetzt stehen, durch die
Entscheidung über Karthago. Denn ohne ein unverzeihliches Unrecht von ihnen erlitten zu
haben, wären sie hart und erbarmungslos mit den Karthagern verfahren, obwohl diese doch
auf alles eingingen und es auf sich nehmen wollten, jedem römischen Befehl zu gehorchen.
Wieder andere sagten, die Römer seien im ganzen ein zivilisiertes Volk, nähmen für sich in
Anspruch und rühmten sich, ihre Kriege anständig und ritterlich zu führen, ohne nächtliche
Überfälle, ohne sich in den Hinterhalt zu legen, da sie jede Art von Trug und List
verabscheuten und der Meinung seien, nur der offene Kampf Mann gegen Mann sei ihrer
würdig. Jetzt aber, in dem Krieg gegen die Karthager, seien sie nur mit Trug und List
vorgegangen, indem sie Schritt für Schritt jedesmal durch ein Angebot falsche Hoffnungen
weckten, ihre wahren Absichten aber wohlweislich verbargen, bis sie ihnen jede Aussicht auf
Hilfe von ihren Bundesgenossen(?) genommen hatten. Das sei haargenau das Intrigenspiel
eines Despoten, stehe im krassen Widerspruch zu den Grundsätzen eines zivilisierten Staates,
wie es die Römer seien. Um unumwunden die Wahrheit zu sagen: so und nicht anders sehe
eine Politik des Verrats und der Skrupellosigkeit aus.“
Catos Kriegstreiberei und die Entstehung des metus punicus aus der griechischen Perspektive.
(In: Appian von Alexandria: Römische Geschichte. Erster Teil: Die Römische Reichsbildung,
übersetzt von Otto Veh, Stuttgart 1987, Karthagisches Buch 312-314.):
Q3) „Da sich die römischen Gesandten aber mit einem in Einzelheiten gehenden
Schiedsgerichtsverfahren nicht einverstanden erklärten, machten sie kehrt, besichtigten noch
eingehend das betreffende Land und stellten fest, dass es sorgfältig bebaut war und große
Hilfsmittel bot. Sie betraten auch die Stadt und konnten sehen, über welch gewaltige Macht
sie verfügte und was für bedeutenden Bevölkerungszuwachs sie seit der noch gar nicht lange
zurückliegenden Unterwerfung durch Scipio erfahren hatte. Als dann die Gesandten wieder in
Rom waren, erklärten sie, Karthagos Zustand sei für sie nicht so sehr Gegenstand des Neides
als ernster Furcht, nämlich der vor einer so großen und nahe gelegenen Stadt, die feindlich
gesinnt sei und spielend anwachse. Besonders Cato war es, der immer wieder betonte, dass
selbst die Freiheit Roms niemals gesichert sei, bevor nicht Karthago in Trümmern liege. Als
der Senat dies vernahm, entschloss er sich zum Krieg, er brauchte aber noch Vorwände und
hielt daher seine Entscheidung geheim.“
Auch Catos innenpolitischer Gegner Scipio Nasica geht angeblich von einer karthagischen
Gefahr für Rom aus, wenngleich seine Argumentation auf den Erhalt des nordafrikanischen
Reiches abzielt (In: Ebd. 315.):
Q4) „Von diesem Augenblick an soll Cato, wie es heißt, immer wieder im Senat die Absicht
vertreten haben, dass Karthago nicht länger bestehen dürfe, während Scipio Nasica die
gegenteilige Meinung äußerte, man müsse Karthago belassen und zwar den Römern zum
Schrecken, die bereits zu entarten begännen.“
Aus der römischen Retrospektive schildert Livius die unmittelbaren Kriegsmotive der Römer.
Auch er berichtet ausführlich über die Meinungsverschiedenheit zwischen Cato und Nasica
(In: T. Livius: Römische Geschichte. Buch XLV, hrsg. von Hans Jürgen Hillen, Darmstadt
2000, 48,17,15-25.):
Q5) „Gulussa, der Sohn Masinissas, meldete, in Karthago würden Aushebungen
durchgeführt, eine Flotte ausgerüstet und ohne jeden Zweifel ein Krieg vorbereitet. Als Cato
riet, ihnen den Krieg zu erklären, sagte P. Cornelius Nasica, man dürfe nichts überstürzt
unternehmen, und man beschloß, zehn Gesandte zu schicken, die Nachforschungen anstellen
sollten. […].Als die Gesandten aus Afrika mit den karthagischen Unterhändlern und Gulussa,
dem Sohn Masinissas, zurückkehrten und berichteten, sie hätten in Karthago sowohl ein Heer
wie auch eine Flotte vorgefunden, beschloß man, eine Abstimmung durchzuführen. Cato und
andere führende Männer des Senats rieten dazu, sogleich ein Heer nach Afrika überzusetzten;
weil aber Cornelius Nasica sagte, das scheine ihm noch kein gerechter Grund für den Krieg,
beschloß man, vom Krieg Abstand zu nehmen, wenn die Karthager ihre Flotte verbrennen und
ihr Heer entlassen würden. Andernfalls sollten die Konsuln des nächsten Jahres den Krieg
mit den Puniern auf die Tagesordnung setzten.“
Q6) (In: Ebd. 48,18,3.):
„Man beschloß jedoch, weil sie dem Vertrag zuwider Schiffe hätten, weil sie mit ihrem Heer
die Grenzen überschritten, weil sie Masinissa, einen Bundesgenossen und Freund des
römischen Volkes, angegriffen und weil sie seinen Sohn Gulussa, der die römischen
Gesandten begleitete, nicht in die Stadt gelassen hätten, ihnen den Krieg zu erklären.“
Auch Zonoras lässt Nasica noch einmal nach der Eroberung Karthagos 146 v. Chr. für die
Erhaltung der Stadt eintreten und nennt die Gründe, die den Senat letztlich für die Zerstörung
der Stadt stimmen ließen (In: Cassius Dio: Römische Geschichte, übersetzt von Otto Veh,
Band I, Zürich-München 1985, Zonoras 9, 30,7.):
Q7) „So eroberte Scipio Karthago und er schrieb an den Senat folgende Worte: <Karthago
ist gefallen. Was ist nun euer Befehl?> Als man diese Zeilen gelesen hatte, berieten die
Senatoren über die weiteren Maßnahmen. Und Cato vertrat die Ansicht, man müsse die Stadt
zerstören und die Karthager auslöschen; Scipio Nasica hingegen war auch jetzt noch für die
Schonung der Einwohner. Daraufhin geriet der Senat in heftigen Zank und Streit, bis
schließlich ein Mitglied erklärte, dass eine Schonung den Karthagern wenn schon nicht aus
dem Grunde, so doch um der Römer selbst willen als nötig gelten müsse. Denn mit diesem
Volk als Gegenspieler seien sie gezwungen, Tüchtigkeit zu üben, und dürften sich nicht dem
Vergnügen und dem Luxus hingeben. Seien hingegen diejenigen aus der Welt geschafft, die
mächtig genug seien, sie zu kriegerischen Betätigungen zu veranlassen, dann würden sie
durch Fehlen von praktischen Übung einen Verfall erleben, weil sie keinen ebenbürtigen
Widersacher mehr hätten. Auf Grund der Aussprache gelangten die Senatoren samt und
sonders zu der einhelligen Auffassung, dass die Stadt zerstört werden müsse; denn sie werde,
wie sie deutlich fühlten, niemals Frieden geben. Und so wurde Karthago von Grund auf
vernichtet und der Beschluß gefasst, wonach jede Besiedlung ihres alten Standortes verflucht
sein sollte.“
Gegen die These von einer permanenten römischen Furcht vor den Karthagern scheint
folgender Auszug aus dem Werk Appians zu sprechen (In: Appian von Alexandria:
Karthagisches Buch, 457-458.):
Q8)„Beide hatten für ihren Gegner, den sie ja für entwaffnet hielten, nur Geringschätzung,
bis sie auf die neuen Waffen stießen und ganz überrascht von der unerwarteten
Entschlossenheit der Verteidiger den Rückzug antreten mussten. So erlebten die Angreifer
gleich am Anfang einen Rückschlag und hatten doch mit einer kampflosen Einnahme der
Stadt gerechnet. Auch ein erneuter Angriff führte nun zu einem Misserfolg. Das hob gar sehr
den Mut der Karthager, während die Konsuln sich vor Hasdrubal fürchteten, der in ihrem
Rücken jenseits des Sees und in nicht zu großem Abstand sein Lager aufgeschlagen hatte.“
Literaturverzeichnis
Astin, A.E.: Cato the Censor. Oxford 1978.
Gelzer, Matthias: Nasicas Widerspruch gegen die Zerstörung Karthagos.
In: Kleine Schriften. Bd. 2. Wiesbaden 1963. S. 39–72.
Hoffmann, Wilhelm: Die römische Politik des 2. Jahrhunderts und das
Ende Karthagos. In: Klein, Richard (Hrsg.): Das Staatsdenken der Römer.
Darmstadt
1966. S. 178 –230.
Huß, Werner: Karthago. München 1995 (Becksche Reihe 2025).
Kienast, Dietmar: Cato der Censor: Seine Persönlichkeit und seine
Zeit. Heidelberg 1954.
Welwei, Karl-Wilhem: Zum "metus Punicus" in Rom um 150 v. Chr. In:
Hermes 117 (1989). S. 314–320.
Zimmermann, Klaus: Rom und Karthago. Darmstadt 2005 (Geschichte
kompakt).
Quellen
Appian von Alexandria: Römische Geschichte. Erster Teil: Die Römische
Reichsbildung, übersetzt von Otto Veh, Stuttgart 1987, Karthagisches Buch.
Cassius Dio: Römische Geschichte, übersetzt von Otto Veh, Band I, ZürichMünchen 1985.
Polybios: Geschichte, übersetz von H. Drexler, 2 Band, Zürich-München 1978.
T. Livius: Römische Geschichte. Buch XLV, hrsg. von Hans Jürgen Hillen,
Darmstadt 2000.
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