Lungenbrief ELK-Informationen für Haus- und Fachärzte | Nummer 10 | Oktober 2010 Therapie beim in die Lunge metastasierten Brustkrebs Erfolgreich rezertifiziert Die Evangelische Lungenklinik Berlin wurde zum dritten Mal in Folge erfolgreich nach den Kriterien der „Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen“ (KTQ) im Juni 2010 zertifiziert. Höchste medizinische Qualität wird hier im Einklang mit dem fortwährenden Streben nach Wirtschaftlichkeit und Optimierung der Behandlungs­ abläufe erreicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei vor. Neben der Blockade der Steuerungshormone metastasiertem Brustkrebs liegt zwischen 2 des weiblichen Hormonhaushaltes im Ovar (sog. und 3,5 Jahren nach dem ersten Auftreten von GH-RH-Analoga) ist eine gezielte antihormonel- Metastasen, wobei 25 bis 30 % aller Patien- le Therapie mit einem Antiöstrogen klassischer tinnen 5 Jahre und 10 % mehr als 10 Jahre Ordnung, z. B. Tamoxifen oder neuere Substan- leben. Diese Unterschiede sind auf die variable zen, Standardtherapie. Bei der Chemotherapie Biologie des zugrunde liegenden Tumorgewe- der Lungenmetastasen im Rahmen einer syste- bes zurückzuführen und auf die heutzutage mischen Aussaat mit multiplen Manifestations- mögliche individualisierte Therapie des fortge- orten im gesamten Körper muss unterschieden schritten Brustkrebses. Wie die meisten anderen werden, ob es sich um eine isolierte Lungenme- Krebserkrankungen kann sich der Brustkrebs tastasierung handelt oder um einen Progress der auch prinzipiell in jedes Organ ausbreiten. Es Erkrankung in verschiedene andere Organsy- besteht jedoch eine höhere Wahrscheinlichkeit steme wie Leber und Knochen. Bei einer disse- für bestimmte Organe wie Knochen, Lunge und minierten Aussaat des Tumors (in verschiedene Leber, dass sich dort Metastasen ansiedeln. Organsysteme) ist eine Chemotherapie z. B. mit Noch ist unklar, warum bestimmte Metastasen- einem Taxan anzustreben. Bei einer isolierten orte vom Primärtumor gewählt werden. Auf- Befallsituation nur in der Lunge sind die o. g. fällig bleibt, dass es im Bereich der Lunge therapeutischen Optionen als selektive Maßnah- aufgrund deren starken Durchblutung zu men möglich. D. h. eine Lungenmetastasierung unterschiedlichen Absiedlungsformen kom- in isolierter Form, auch wenn sie beidseits in den men kann. Neben Lungenrundherden als Form Lungen vorliegt, macht eine Operation mittels der isolierten Metastase sind auch Ergüsse im minimal-invasiver Technik (inkl. Laserchirurgie) Rippenfellbereich (Pleuraerguss) beschrieben. möglich. Eine Entfernung eines Lungenlappens Ursache dieser Ergüsse sind die Besiedlungen oder -flügels im Rahmen der vorbeschriebenen der Rippenfelle durch kleinere Tumormetasta- Grunderkrankung ist aufgrund der deutlichen sen. Metastasen in der Lunge werden relativ Einschränkung der Lungenfunktion als Folgezu- Fortbildungen in der ELK häufig beobachtet. Symptome sind Kurzatmig- stand wenig sinnvoll. Hier steht erneut die vor- keit, chronischer Reizhusten und die Zunahme genannte hormonelle oder chemotherapeutische einer raschen Ermüdbarkeit. Therapieoption im Vordergrund. Aktuelle Beobachtungen, wo bei zuvor diagnos- Grundsätzlich gilt in der Behandlung von tiziertem (teilweise Jahre zurückliegendem) Lungenmetastasen Brustkrebs Lungenmetastasen entstanden sind, Brustkrebs, dass sowohl die klinische Gesamt­ unterstreichen die zentrale Bedeutung der situation als auch die Prognose der Patientin Tumornachsorge, um eine individuelle Thera- zu verbessern ist. Alle Patientinnen, die an pie einzuleiten. Neben der selektiven Metasta- diesem Krankheitsbild leiden, werden daher senchirurgie (konventionell per Thorakotomie im zertifizierten Lungenkrebszentrum der ELK bzw. videoassistierter thorakaler Endoskopie im Rahmen der arbeitstäglichen interdiszipli- oder auch per Laserchirurgie) stehen verschie- nären Tumorfallkonferenz vorgestellt, um eine dene Therapieoptionen wie eine Systemtherapie spezifische, patientenorientierte und individu- Jeden dritten Mittwoch im Monat beginnt 16:00 Uhr (Konferenzraum, Haus 207, Seiteneingang) die pneumologisch-thoraxchirurgische Fortbildung (zertifiziert durch die Ärztekammer Berlin). Themen 2010 sind „Diagnostik und antimikrobielle Therapie von Lungeninfiltraten bei febrilen neutropenischen Patienten“(20.10.), „Neue Therapieoptionen des Lungen­ karzinoms“ (17.11.) und „Aktuelle therapeutische Aspekte des Lungenemphysems“ (15.12.). Anmeldung: im Sinne einer antihormonellen Therapie bzw. elle Therapieoption zu ermöglichen. Der indi- eine Chemotherapie zur Verfügung. Als zentraler viduelle Therapieansatz wird im Rahmen von Behandlungspunkt steht die Linderung der sub- klinischen Beobachtungen und der Tumordoku- jektiven Beschwerden, wobei gezielt symptomori- mentation ständig überprüft, um eine entspre- entiert therapeutisch vorgegangen wird. chende optimale Therapie den Patientinnen Eine antihormonelle Therapie sieht bei Patien­ten zukommen zu lassen. vor den Wechseljahren eine systematische Ausschaltung der weiblichen Geschlechtshormone beim fortgeschrittenen Prof. Dr. med. Christian Grohé Chefarzt der Klinik für Pneumologie Telefon 030 94802-112 Modellprojekt Weaning Die AOK Berlin-Brandenburg und die Evangelische Lungenklinik Berlin haben eine Vereinbarung für Patienten geschlossen, die seit Jahren mit künstlicher Beatmung zu Hause oder in Heimen leben. Es wird individuell untersucht, ob durch eine Beatmungsentwöhnung (Weaning) mehr Lebensqualität erreicht werden kann, ohne die Vitalfunktionen zu beeinträchtigen. Das einjährige Modellprojekt beginnt im Oktober 2010 unter der Leitung von OA Dr. med. Barbara Wiesner, Leiterin des Zentrums für Beatmungs- und Schlafmedizin (Telefon 030 94802-130). [email protected] Personalien Seit 1. Oktober 2010 ist Dipl.-Pflegewirtin Bianka Grau, M.Sc., die neue Pflege­ direktorin der Evangelischen Lungenklinik Berlin. Das Qualitätsmanagement übernahm Ricco Freyberg. Diagnostik beim metastasierten Mammakarzinom Der Pleuraerguss beim Mammakarzinom Die radiologische Diagnostik spielt bei der Detektion und Verlaufsbeurteilung metastasierter Mammakarzinome eine wesentliche Rolle. Spezifisch thorakale Manifestationen des Mammakarzinoms sind überwiegend die pleurale und die pulmonale Metastasierung. Jährlich erkranken weltweit über eine Million Die Pleurakarzinose des Mammakarzinoms wird meist bei klinischer Symptomatik auf Übersichtsaufnahmen der Thoraxorgane als Pleuraerguss diagnostiziert. Zur Differentialdiagnose gegenüber Ergüssen anderer Genese ist die zytologische Untersuchung des Ergusses hilfreicher als die Schnittbilddiagnostik. Wesentlich für die Verlaufsbeurteilung der Pleurakarzinose nach Pleurodese ist die Kenntnis der radiologisch sichtbaren Pleurodesereaktion. Das ist eine entzündliche Mitreaktion des Lungenparenchyms, die innerhalb der ersten postoperativen Tage auftritt und sich im Verlaufe mehrerer Wochen allmählich zurückbildet. stasierung nach mehr als fünf Jahren weiter Oft liegt beim Mammakarzinom zusätzlich zu pulmonalen Rundherdmetastasen eine Lymphangiosis carcinomatosa mit einem charakteristischen radiologischen Bild vor. Rundherdmetastasen des Mammakarzinoms sind mitunter schwieriger von anderen, vor allem entzündlichen Veränderungen zu unterscheiden als Metastasen anderer Primärtumoren. Für die Differentialdiagnose hilfreich ist der Nachweis einer Größenprogredienz im zeitlichen Verlauf. Das sensitivste Verfahren hierfür ist die CT, am besten mit Volumenbestimmung der Herdbefunde. erguss ist als Zeichen der Generalisierung der CA PD Dr. med. Dag Wormanns Radiologisches Institut Telefon 030 94802-160 WHO-Krebs-Datenbank Laut Online-Datenbank der Weltgesundheitsorganisation (WHO), mit Daten aus dem Jahr 2008, wurden als häufigste Tumorarten weltweit 1,61 Millionen Fälle von Lungenkrebs und 1,38 Millionen Fälle von Brustkrebs neu registriert. http://globocan.iarc.fr/ Thorakoskopischer Befund einer Pleurakarzinose bei Mammakarzinom Frauen neu an Brustkrebs. Für Deutschland wird die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen mit über 57.000 angegeben. Anders als bei vie- Foto: ELK len anderen Tumorerkrankungen bleibt beim Mammakarzinom auch bei maximaler Therapie das Risiko für ein Rezidiv oder eine Spät-Metadeutlich erhöht: Metastasen können noch Jahrzehnte nach initial erfolgreicher Behandlung auftreten. Eine spezielle Form der Metastasierung ist der maligne Pleuraerguss. Dieser kann bereits bei Diagnosestellung vorhanden sein oder auch erst Jahre später im Rahmen der Nachsorge oder aufgrund einer klinischen Verschlechterung entdeckt werden. Die Ursache für den Erguss ist eine Karzinose der Pleura. Bei 46 % aller metastasierten Mammakarzinome kommt es im Verlauf der Erkrankung zum Auftreten eines Pleuraergusses. Andererseits sind ca. 30 % aller Pleuraergüsse durch ein Mammakarzinom bedingt. Der maligne PleuraErkrankung anzusehen. Wenn es sich um die erste und alleinige Fernmetastase handelt, ist die Prognose besser als bei weiteren viszeralen Metastasen. Die Patienten stellen sich meist wegen Husten, progredienter Dyspnoe oder Schmerzen vor. In der Diagnostik (Röntgen, Ultraschall, evtl. CT) zeigt sich dann der Erguss. Zytologisch lassen sich bei etwa zwei Drittel der Patienten maligne Zellen im Erguss nachweisen. Die Punktion der Flüssigkeit (diagnostisch und therapeutisch) schafft jedoch nur vorübergehend Abhilfe, da der Erguss meist rasch wieder nachläuft. Akute Atemnot lässt sich auf diese Weise allerdings sofort lindern. Die Therapie der Wahl besteht in einer Thorakoskopie mit Talkum-Pleurodese, d. h. einer Verklebung der viszeralen mit der parietalen Pleura. Der Vorteil der Thorakoskopie besteht in der Lösung von Verklebungen, wodurch eine bessere Verteilung des Talkums als bei der auch häufig praktizierten Einschwemmung erzielt wird. die Möglichkeit, unter Sicht ausreichend große Proben aus der Pleura zu entnehmen. Anhand dieser Proben ist zudem die Bestimmung der Hormon- und HER2-Rezeptoren möglich, die von Bedeutung für die weitere Therapiefest­ legung sind. Eine Thorakoskopie ist für Patientinnen in klinisch stabilem Zustand (hausintern hat sich ein Karnofsky-Index über 50 % bewährt) und hinreichender Immunkompetenz indiziert (d. h. der Nadir nach Chemotherapie muss überschritten sein). Ob eine Pleurodese sinnvoll und Erfolg versprechend ist, hängt darüber hinaus von der Ausdehnungsfähigkeit der Lunge ab. Bei gefesselter Lunge mit verbleibendem Hohlraum wird die Pleurodese keine Linderung der Beschwerden bringen. Dies kann entweder durch eine präoperative Drainageeinlage oder auch intraoperativ geprüft werden. Alternativ zur Pleurodese (bei schlechtem Allgemeinzustand oder sonstigen Kontraindikationen) kann thorakoskopisch, beispielsweise wenn eine Biopsieentnahme erforderlich ist, oder in Lokalanästhesie eine Dauerdrainage eingelegt werden. Dauerdrainagen sind weiche Silikonschläuche, die über eine kurze subkutane Tunnelung in die Pleurahöhle eingelegt werden und nach außen mit einem Rückschlagventil verschlossen sind. Es handelt sich daher um geschlossene Systeme, die eine häusliche Versorgung durch eine entsprechend eingewiesene Hauskrankenpflege ohne weiteres ermöglichen. Ein Termin zur konsiliarischen Begutachtung oder zur stationären Aufnahme kann – auch kurz­fristig – über die thoraxchirurgische Sprech­ stunde vereinbart werden. Sollte die Malignität mittels Punktion nicht gesichert worden sein, besteht darüber hinaus Herausgeber: Evangelische Lungenklinik Berlin – Krankenhausbetriebs gGmbH Lindenberger Weg 27 | 13125 Berlin | Telefon 030 94802-0 | www.pgdiakonie.de Geschäftsführer Bert Zeckser | Registergericht AG Berlin Charlottenburg | Reg.-Nr. 97 HRB 41784 Redaktion: Annett Kosche | Mail [email protected] | kostenfreier Versand (viermal pro Jahr) Fachärztin Mareike Graff Klinik für Thoraxchirurgie Telefon 030 94802-102