Sekretorische Aspartatproteasen - Paul-Ehrlich

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Originalarbeit
Sekretorische Aspartatproteasen von
Candida albicans als Ziel für neuartige
Antimykotika
M. Schaller1, H. C. Korting1, C. Schackert1, G. Eder1, B. Hube2
Für die Pathogenese von Infektionen durch Candida albicans (C. albicans) stellen
hydrolytische Enzyme, wie sekretorische Aspartatproteasen (Sap), einen bedeutenden Virulenzfaktor dar. Mit Hilfe eines In-vitro-Modells für eine orale Candidose auf der Basis von humanem rekonstituiertem Schleimhautepithel wurde das Expressionsmuster verschiedener SAP-Gene mit der RT-PCR-Technik und spezifischen
Primern untersucht und in Bezug zu den aufgetretenen histologischen Veränderungen gesetzt. Initiale Schleimhautläsionen korrelierten dabei zeitlich zur Expression von SAP1 und SAP3, das Auftreten von Hyphen mit der SAP6-Expression.
Im weiteren Infektionsverlauf zeigten sich auch Transkripte für SAP2 und SAP8.
Der direkte Nachweis der Proteasen erfolgte in den Candida-Zellen und im geschädigten Gewebe immunelektronenmikroskopisch mit Hilfe eines goldpartikelmarkierten, gegen Sap1-3 gerichteten polyklonalen Antikörpers. Die wichtige Rolle
dieser Enzyme für die Infektionsentstehung könnte einen neuen Ansatz für eine
antimykotische Therapie aufzeigen.
Schlüsselwörter: Candida albicans, Virulenz, sekretorische Aspartatproteasen, RTPCR
The secretion of hydrolytic enzymes such as secretory aspartyl proteases is a potential virulence factor in the pathogenesis of Candida albicans (C. albicans) infections. The expression of the SAP genes was investigated in an in vitro oral candidosis model based on reconstituted human mucosal epithelium by means of RTPCR and specific primers. The upset of initial morphological alterations corresponded to the expression of SAP1 and SAP3. Germtube formation was accompanied by
additional SAP6 expression. On the protein level it was possible to demonstrate
Sap antigenes within Candida albicans cells and markedly deteriorated epithelial
cells by using immunoelectron microscopy and a polyclonal antibody directed
against Sap1-3. The important role of secretory aspartyl proteases for the development of lesions in our in vitro model may indicate a new approach for an
antimycotic therapy.
Keywords: Candida albicans, virulence, secretory aspartyl proteases, RT-PCR
Candida albicans ist ein opportunistischer
Hefepilz, der sehr hŠufig als Saprophyt
im menschlichen Gastrointestinaltrakt
vorkommt [12]. Durch ImmunschwŠche
des Wirts oder prŠdisponierende Faktoren, wie beispielsweise lŠngere Antibiotika-Behandlung, Diabetes mellitus und
Stšrungen des physiologischen Milieus,
kann es zu oberflŠchlichen Infektionen
von Haut- und SchleimhŠuten sowie
unter besonderen UmstŠnden auch zu
systemischen Infektionen kommen [12].
FŸr die Pathogenese der in mehreren Stadien verlaufenden Candidose werden
verschiedene Virulenzfaktoren diskutiert
[13].
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Sekretorische Aspartatproteasen als Virulenzfaktor
Virulenzfaktoren sind zum einen der Dimorphismus, also die FŠhigkeit des Erregers, sowohl in der Hefe- als auch in der
Myzelform wachsen zu kšnnen, AdhŠsionsfaktoren, der Thigmotropismus und
das so genannte ãphŠnotypische switchingÒ, womit die FŠhigkeit des Sprosspilzes gemeint ist, ZelloberflŠcheneigenschaften, wie AdhŠrenz und antigene
Strukturen, reversibel zu verŠndern, was
zu unterschiedlichen Koloniemorphologien fŸhrt [13]. Zum anderen ist die
Sekretion hydrolytischer Enzyme wie
Lipasen, Phospholipasen und Aspartatproteasen zu nennen [2, 6, 13]. Vor allem
sekretorische Aspartatproteasen scheinen
wŠhrend der ersten Schritte der Infektion,
der EpitheladhŠsion und Epithelpenetration, eine entscheidende Rolle zu spielen,
da diese Prozesse vermutlich durch Hydrolyse von OberflŠchenproteinen in
starkem Ma§e unterstŸtzt werden [11].
Sekretorische Aspartatproteasen werden
bei C. albicans durch mindestens neun
verschiedene Gene (SAP1-9) kodiert
[11]. Die differentielle Regulation dieser
SAP-Gene konnte in vitro nachgewiesen
werden [7, 9, 19]. Auf der Grundlage
eines In-vitro-Schleimhautcandidosemodells untersuchten wir mit der RT-PCRTechnik das zeitliche Expressionsmuster
dieser Gene wŠhrend des Infektionsverlaufs, um mehr Ÿber die Funktion der einzelnen Gene zu erfahren [18].
In-vitro-Modell einer oralen
Candidose
Das von uns verwendete SchleimhautŠquivalent der Firma Skinethic (Nizza,
Frankreich) besteht aus einer Polycarbonatunterlage als Dermisersatz und
menschlichen Keratinozyten einer Tumorzelllinie, die ein mehrschichtiges,
hochdifferenziertes Modell der menschlichen Schleimhaut ohne Stratum corneum ausbilden (Abb. 1). Der pH-Wert ist
neutral und entspricht somit dem Milieu
1Dermatologische Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München
2Institut für Allgemeine Botanik, Angewandte
Molekularbiologie III, Universität Hamburg
Für die Verfasser:
Dr. med. Martin Schaller, Dermatologische Klinik
und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität
München, Frauenlobstraße 9-11, 80337 München
*Vortrag von C. Schackert bei der Festveranstaltung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. zur 90-jährigen Wiederkehr der
Nobel-Preisverleihung an Paul Ehrlich, Frankfurt,
24. Oktober 1998.
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Sekretorische Aspartatproteasen
Abb. 1. Rekonstituierte menschliche Schleimhaut vor Infektion mit C. albicans. Geschichtetes
Epithel ohne Hornschicht (x 400)
Abb. 2. Rekonstituierte menschliche Schleimhaut 48 h nach Infektion mit C. albicans. Ödem
und Vakuolenbildung einzelner Keratinozyten innerhalb des Epithels. Pseudomembran aus
nekrotischen Keratinozyten und Hefezellen auf der Epitheloberfläche (x 400)
der Mundhšhle. Die Inkubation der mit
2 x 106 C.-albicans-Zellen infizierten
Schleimhautkulturen sowie der nicht-infizierten Kontrollen erfolgte bei 37 ¡C,
5%iger CO2-AtmosphŠre und 100%iger
Luftfeuchtigkeit. Der Vorteil dieses Modells ist, dass wiederholt zu unterschiedlichen Zeiten nach Infektionsbeginn der
Infektionsverlauf anhand der Histologie
verfolgt werden kann. Gleichzeitig kšnnen mit Hilfe der RT-PCR-Technik und
spezifischen Primern fŸr SAP1-6 und
SAP8 Expressionsstudien durchgefŸhrt
werden [18].
Histologischer Infektionsverlauf und SAP-Expressionsmuster
36 Stunden nach experimenteller Infektion mit dem Wildtyp SC5314 zeigten
sich histologisch im Vergleich zur entsprechenden nicht-infizierten Kontrolle
keine nennenswerten SchleimhautverŠnderungen [18]. Zu diesem Zeitpunkt
konnten auch keine SAP-Transkripte mit
der RT-PCR nachgewiesen werden. 48
Stunden nach Infektionsbeginn fand sich
eine deutlich geschŠdigte Schleimhaut
mit zahlreichen šdematšs geschwollenen
Keratinozyten, Vakuolen und einzelnen
vorzeitig verhornten, so genannten dyskeratotischen Zellen [18]. Candida-Zellen und nekrotische Keratinozyten, die
aus dem Zellverband herausgelšst wurden, bildeten auf der LŠsionsoberflŠche
eine Pseudomembran aus (Abb. 2) [18].
Chemotherapie Journal
Neben Hefezellen waren auch zahlreiche
Hyphen nachweisbar. In unseren Genexpressionsuntersuchungen konnten, zeitgleich zur initialen EpithellŠsion, Transkripte fŸr SAP1 und SAP3 sowie zur
Hypheninduktion eine SAP6-Expression
nachgewiesen werden (Abb. 3) [18]. Erst
im weiteren Infektionsverlauf war eine
Expression von SAP2 und SAP8 nachweisbar [18]. Um mehr Ÿber die Funktion
einzelner SAP-Gene zu erfahren, wurde
die rekonstituierte Schleimhaut mit SAPNull-Einfachmutanten, bei denen entweder SAP1, SAP2 oder SAP3 [8] ausgeschaltet worden war, und mit einer
Dsap4-6-Dreifachmutanten [15] infiziert.
Dabei zeigte sich in unserem Invitro-Modell nur nach Infektion mit
den Einfachmutanten eine deutlich
schwŠchere EpithelschŠdigung als nach
Infektion mit dem Wildtyp SC5314 (unveršffentlichte Ergebnisse). Bei gleichzeitiger Applikation eines Proteaseinhibitors (Pepstatin A: 10 mM und 15 mM)
konnte bei der Wildtypinfektion eine
weitere LŠsionsabschwŠchung nachgewiesen werden (unveršffentlichte Ergebnisse).
Abb. 3. RT-PCR-Produkte aus mRNS (Spuren
2-8) 48 Stunden nach Infektion. Das 526 Basenpaare große Amplifikationsprodukt mit
EFB1 spezifischen Primern (EF1) beweist den
cDNS-Ursprung des eingesetzten Templates
(Spur 9). 891 Basenpaare großes Fragment
nach Amplifikation von genomischer DNS
mit gleichem Primerpaar (Spur 10). Größenmarker pBR322 DNS/Mval (M) (MBI Fermentas, St. Leon-Rot, Deutschland), Fragmentgrößen: 1857, 1058, 929 und 383 Basenpaare (Spur 1)
Candida-Zellen, aber auch in den geschŠdigten Epithelzellen fand sich eine
deutliche Goldpartikelmarkierung (Abb.
4).
Neue Therapieansätze
Aufgrund der wahrscheinlichen Bedeutung sekretorischer Aspartatproteasen fŸr
die Pathogenese der oralen Candidose im
In-vitro-Modell, versuchten wir mit
diesen Proteinen als Zielstruktur einen
neuen therapeutischen Ansatz abzuleiten.
Dies ist schon deshalb von gro§er Bedeutung, da mittlerweile gegen die, vor
allem zur Infektionsprophylaxe bei HIVPatienten hŠufig eingesetzten Azol-Derivate, allen voran Fluconazol, klinisch
relevante Resistenzen aufgetreten sind [1,
16, 17]. Auch bei den in der Therapie eingesetzten Allylamin-Derivaten Naftifin
Sap-Antigennachweis
Mit immunelektronenmikroskopischen
Untersuchungen gelang der Proteasenachweis im In-vitro-Modell. Dazu verwendeten wir einen gegen Sap1-3 gerichteten, goldmarkierten, polyklonalen
Antikšrper. Besonders innerhalb der
Abb. 4. Immunelektronenmikroskopischer
Proteasenachweis mittels eines gegen Sap13 gerichteten, goldmarkierten, polyklonalen
Antikörpers. Insbesondere innerhalb der
Candida-Zellen, aber auch der geschädigten
Epithelzellen deutliche Goldpartikelmarkierung (x 7,200)
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Sekretorische Aspartatproteasen
und Terbinafin, dem Morpholinderivat
Amorolfin und neueren Azolderivaten
wie Voriconazol kšnnten Resistenzprobleme auftreten, da auch diese Substanzen Enzyme der Ergosterolbiosynthese
als gemeinsame Zielstruktur haben
[1, 16, 17]. Trotz viel versprechender Ergebnisse im In-vitro-Modell eignet sich
Pepstatin A, aufgrund der raschen Metabolisierung in der Leber und schnellen
Elimination aus dem Blutkreislauf, nur
als Modellsubstanz [14]. Klinisch wirksame Proteaseinhibitoren, wie Saquinavir
und Indinavir, sind bereits fŸr die Therapie von HIV-Infektionen zugelassen. Da
die Saps von C. albicans ebenso wie die
HIV-Proteasen zur gleichen Gruppe von
Aspartylproteasen gehšren, kšnnte auch
eine direkte Beeinflussung durch diese
HIV-Proteasehemmer mšglich sein [10].
Zur KlŠrung dieser Frage haben wir das
Ausma§ der Proteaseinhibition durch Saquinavir und Indinavir photometrisch in
vitro bestimmt und mit der Hemmwirkung des klassischen Proteaseinhibitors
Pepstatin A verglichen. Dabei benutzten
wir C.-albicans-Isolate von HIV-infizierten und nicht-HIV-infizierten Patienten
und induzierten in einem Spezialmedium
die Sap-Sekretion. Die HIV-Proteaseinhibitoren wurden in einem Konzentrationsbereich eingesetzt, der normalerweise nach oraler Applikation im Rahmen
einer HIV-Behandlung in vivo therapeutisch erreicht wird [5]. Die erzielte dosisabhŠngige, im therapeutisch relevanten
Konzentrationsbereich liegende Inhibition der ProteaseaktivitŠt durch Saquinavir
und Indinavir lie§ sich durchaus mit den
ermittelten Werten fŸr Pepstatin A vergleichen (unveršffentlichte Ergebnisse).
Resümee
Die Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutung der Saps als wichtiger Virulenzfaktor des fakultativ humanpathogenen Hefepilzes Candida albicans und als Ziel-
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struktur fŸr neue therapeutische AnsŠtze.
Neben der Modellsubstanz Pepstatin A
sind die HIV-Proteaseinhibitoren Saquinavir und Indinavir in der Lage, Saps
wirkungsvoll zu hemmen und kšnnten
somit den Infektionsverlauf in vivo gŸnstig beeinflussen. DafŸr spricht auch, dass
mit der EinfŸhrung der HIV-Proteaseinhibitoren die PrŠvalenz der oralen Candidose, als die am hŠufigsten diagnostizierte Infektionskrankheit bei HIV-Patienten, deutlich reduziert wurde [4]. Die
Verbesserung oder das Verschwinden der
klinischen Symptome korrelierte kasuistisch nicht immer mit einem verbesserten Immunstatus der Patienten, sondern
wurde auch durch eine mšglicherweise
direkte Beeinflussung der Saps erklŠrt [3,
4]. Diese Beeinflussung eines wesentlichen Virulenzfaktors fŸr die Entwicklung
von C.-albicans-Infektionen durch HIVProteaseinhibitoren kšnnte zur Entwicklung eines neuen Therapieansatzes
fŸhren.
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