F Fallbeschreibung Chorionkarzinom - H. Emondts Einleitung Das Chorionkarzinom (auch malignes Chorionepitheliom) geht als extraembryonaler, maligner Tumor von den Zyto- und Synzytiotrophoblasten der Plazenta aus, entsteht somit in Verbindung mit einer Schwangerschaft oder mit einem Abort. Es stellt eine der eigenartigsten Tumoren dar, da die malignen Zellen ja fetaler Herkunft sind, im mütterlichen Organismus wachsen und zum Tode führen können. Das Chorionkarzinom ist in Europa und Amerika relativ selten, in Ostasien, z. B. Philippinen und Hongkong, bis zu 20 mal häufiger. Frühzeitig infiltrieren die Karzinomzellen das Myometrium, eröffnen und wachsen in die Blutgefäße ein. Daher kommt es meist zu ausgeprägten Blutungen. Eine hämatogene Metastasierung in Lunge und Vagina wird häufig beobachtet.1, 3, 4, 5 Rezidive einiger Chorionkarzinome können lange Zeit (10 Jahre und mehr) nach Hysterektomie auftreten.5 zeitig kommt es aufgrund dieser Hormonsekretion zur Follikelreifung, und es treten zahlreiche Corpus-luteum-Zysten auf. 1,3,5 Während das Chorionkarzinom früher ein zwar seltener, aber gefürchteter hochmaligner Tumor war, der bei jungen Frauen nach der Geburt oder Abort auftrat und rasch zum Tode führte, spricht dieser Tumor sehr gut auf Chemotherapie an, und die Heilungsrate liegt Abb. 3: Zellen eines Chorionkarzinoms (400x) Abb. 1: Zellen eines Chorionkarzinoms Maligne Chorionkarzinomzellen bilden – wie die normalen Zellen der Plazenta - Choriongonadotropin (hCG), das im Urin ausgeschieden wird und hier auch nachweisbar ist. Damit liegt für das Chorionkarzinom ein spezifischer Marker vor, der für Diagnostik und Therapie von großer Wichtigkeit ist. Die Höhe des Serumtiters korreliert mit der Tumorzellmasse. Gleich- Histologie Das typische histologische Bild zeigt Tumorzellen der Zytotrophoblasten und der Synzytotrophoblasten sowie Übergangsformen bei Zellarten. Die Zytotrophoblasten sind unreife, in der Regel einkernige, kleine bis mittelgroße Zellen mit hellem, granuliertem Plasma. Zellgrenzen sind deutlich, häufig sind Mitosen nachweisbar. Bei Synzytiotrophoblasten handelt es sich um vielkernige Zellen mit dichtem, stark eosionophil bis basophil angefärbtem, häufig vakuolisiertem Plasma. Übergangsformen der beiden Zellarten sind groß, einoder mehrkernig mit dichtem Zytoplasma.5 Immunhistologie Chorionkarzinome sind hCG und Cytokeratin positiv.2,3,5 Abb. 2: Zellen eines Chorionkarzinoms (400x) Zytologie In den meisten Fällen ist das Material stark blutig. Die Tumorzellen sind bizarr. Abhängig von ihrer Herkunft sind sie eher klein (von den Trophoblasten stammend) oder groß und mehrkernig (von den Synzytiotrophoblasten ausgehend), das Zytoplasma ist vakuolisiert. Nukleolen sind auffallend groß.4 57 Aus Cyto-Info 4/ 2006, Herausgeber: Verband Deutscher Cytologisch Tätiger Assistenten e.V inzwischen bei über 80 %. Therapeutisch werden Chorionkarzinome mit einer kombinierten Chemotherapie behandelt, selten nach Entfernung des Uterus und evtl. der Adnexen. Der hCG-Titer (humaner Choriongonadotropin-Titer) gilt als Indikator eines Rezidivs.5 Fallbeispiel Eine 32-jährige Patientin bei Zustand nach Abort vor vier Tagen sucht ihren Gynäkologen zur Nachuntersuchung und wegen starker Blutungen auf. Der BetahCG Spiegel im Urin ist erhöht. Die Klinikerin spricht den Verdacht auf Chorionkarzinom aus. Mikroskopischer Befund In einem blutigen, hochaufgebauten und leicht entzündlich veränderten Zellmaterial finden sich in Gruppen und Verbänden gelagerte Zellen mit ausgeprägter Anisokaryose, Polymorphie und prominenten Nukleolen. Häufig sind Mitosen nachweisbar. Zytoplasma ist meist vakuolisiert, das Chromatin vergröbert. Zytologische Begutachtung Es besteht der Verdacht auf ein Chorionkarzinom. Zytologischerseits ist ein Chorionkarzinom jedoch nicht sicher von einem Placental site trophoblastic Tumor (PSTT) oder von einer destruktiven Blasenmole zu unterscheiden. Abb. 5: Histologie des Chorionkarzinoms / HE-Färbung (200x) Schliesslich hat vor kurzem Pavelka (2006) auf den seltenen Fall eines primären Adenokarzinoms der Zervix hingewiesen, das in Metastasen typische Charakteristika eines Chorionkarzinoms aufwies. Aus Cyto-Info 4/ 2006, Herausgeber: Verband Deutscher Cytologisch Tätiger Assistenten e.V Histologischer Befund Chorionkarzinom Kommentar Der Nachweis von Chorionkarzinomzellen im gynäkologischen Abstrich ist extrem selten. Bei uns im Hause ist es seit Jahren der einzige Fall. Im zytologischen Schrifttum finden sich vereinzelte Berichte von extragenitalen Chorionkarzinomen und ihrem zytologischen Bild. So beschreibt Hudson (1983) das Bild von Lungenmetastasen im Sputum. Die Zellen sind ausgesprochen bizarr mit großen hyperchromatischen Abb. 6: Nekrotischer Tumorknoten eines Chorionkarzinoms im Fundus des Uterus (Bildquelle: PD Dr. Schneider, Freiburg) Verfasser: Hiltrud Emondts, CMIAC Schwerinstr. 54, 50733 Köln Literaturnachweis: 1 Doerr W, Uehlinger E: Spezielle pathologische Anatomie, Band 20/I, Springer Verlag Berlin Heidelberg New York, 1989, S. 125, 196, 210 2 DeMay RM: The Art and Science of Cytopathology, ASCP Press, Chicago, 1996, S. 449 f, 1159 f 3 Schneider V, Schneider ML: Gynäkologische Zytologie, Schattauer Verlag, Stuttgart New York, 1995, S. 225 ff. 4 Silverberg SG, Kurman RJ: Atlas of Tumor Pathology, Tumors of the uterine Corpus and gestational trophoblastic Disease, Armed Forces Institute of Pathology, Abb. 4: Verband von endozervikalen Drüsenepithelien neben Zellen eines Washington D.C., 1992, p. 252 ff. Chorionkazinoms (400x) 5 Hudson EA. Sputum cytology of metastatic choriocarcinoma. Acta Cytol 25: 29-32, 1981. Kernen. Die Patientin ist kurz darauf verstorben. Trillo (1979) illustriert das histologische und zytologische Bild eines primären Chorionkarzinoms im Ösophagus, und Yokoyama (1992) berichtet über primäre Chorionkarzinome der Harnblase. Wie in unserem Fall steht dabei die Polymorphie der Tumorzellen im Vordergrund. 58 6 Yokoyama S. et al: Primary and metastativ choriocarcinoma of the bladder: a report of two cases. Acta Cytol 36: 176-182. 1992 7. Trillo AA et al: Choriocarcinoma of the esophagus: Histologic and cytologic findings. Acta Cytol 23: 69-74. 1979 8. Pavelka JC et al: Adenocarcinoma of the uterine cervix with choriocarcinomatous metastases. Gynecol Oncol 101: 346-348. 2006.⁄