Kampf gegen Fast Food

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KampfgegenFastFood
SlowFoodundFörderunggesunder
ErnährunginderFoodieCommunity
UniversitätBern
Übung:AnthropologiedesEssens
Prof.Dr.HeinzpeterZnoj
KatrinNegele
Juli2016
4.Semester
Matrikelnummer:
14-120-364
„Letusrediscovertheflavoursandsavoursofregionalcookingandbanishthe
degradingeffectsofFastFood.“–TheSlowFoodManifesto,FolcoPortinari,1989
KatrinNegele
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AnthropologiedesEssens
Einleitung
DiemenschlicheNahrungsselektioniststarkinderKultureingebettet,wobei
biologischeFaktoren(Überleben,bestimmtePrädispositionensowienährwertbezogene
undmetabolischeCharakteristiken)alsprimäreDeterminantenunsererkulturellen
(nahrungsbezogenen)Praktikengelten(limitierenddurchRegelnundTabus,
ausdehnenddurchDomestizierung,ImportundTechniken),welchewiederumunsere
individuelleErfahrungenstarkbeeinflussen.(Rozin1982:38)
AlsOmnivorensindwirkonfrontiertmiteinergrossenBandbreiteanMöglichkeiten
(dasDilemmaderOmnivoren)(Schneider2009:387),unddadurch,dasswiralleessen
müssen,wirdunsereindividuelleWahlzueinementscheidendenSymbolunserer
Identität.(Fox2002:2)
AusdiesemZusammenhangentwickeltesicheinkulturellesPhänomen:Die
IdentifikationernährungsbegeistertenIndividuenals„Foodies“(Johnstonetal.2009,
Review).DefiniertwerdensiehierbeialsAmateuremiteinergrossenLeidenschaftfür
EssenundErnährungswissen(Cairns2010:592)undweisenmeistdemographische
CharakteristikenwieüberdurchschnittlicheBildungundEinkommen,kaukasische
AbstammungundZugehörigkeitzuroberenMittelschichtauf.(Cairns2010:597)
DieFoodie-CommunitystehthauptsächlichübersozialeMediensowieüber
verschiedeneFood-BlogsinVerbindung(DeSolier2013:13);hierbeiwerdenRezepte,
Anwendungsvideos,Ernährungsratschläge,RestaurantkritikenundneusteFood-Trends
ausgetauscht(Ruth2009:42),wobeioftmalsdieEinteilungin„gute“und„schlechte“
Nahrungsmittelzentralist(Johnstonetal.2009,Review)undsomitmoralischeUrteile
überdenKonsumgefälltwerden(DeSolier2013:24).
NestlesiehtdarineineauszahlreichenseparatenBewegungenzusammengesetzte
sozialeBewegungmitdemgemeinsamenZieleinesNahrungssystems,welchesdie
GesundheitfürMenschundUmweltgewährleistensollundstelltdieHypotheseauf,dass
wirunszurZeitinmitteneinerErnährungsrevolutionbefinden(Nestle2009:37).
UmgenaueraufdiesesaktuellenEntwicklungeneinzugehen,möchteichimfolgenden
EssayeinerseitsdieHintergründe,welchezuunsererheutigen„FastFoodNation“
führten,kurzerläuternsowieanschliessendaufGegenbewegungen(SlowFoodund
Antiglobalisierungsbewegungen,Anti-Junk-Food)undderenUmsetzunginsozialen
MedienderFoodie-Communityeingehen.
GeschichteunseresheutigenNahrungssystems(FastFood)
WährenddemZeitalterdereuropäischenExpansionundsomitdurchdieInkorporation
Asiens,AfrikasundderneuneWelterreichtenneueSubstanzenundNahrungsmittel
Europa,welchedieeuropäischeErnährungmassgeblichbeeinflussten.Mais,Kartoffeln,
TomatenundPfefferschoten,diverseFrüchte,Kakao,TeeundKaffeesowieGewürze,
anfangsnochalsexotischeDelikatessengesehen,fandennachundnachihrenWegin
dieAlltagskücheEuropas.EineweiterewichtigeVeränderungwardieAusbreitungdes
damalsbereitsbekanntenRohrzuckersindieneueWelt,woerbaldzueinerwichtigen
AnbaupflanzewurdeundsomitEuropamitZuckerversorgte(Mintz1997:358).
WährendderZuckerim13.JahrhundertnochbeinaheunbedeutendfürEuropawar,
wurdeerspäteralsMedizinundLuxusgutfürdieeuropäischeOberschichtverwendet
undentwickeltesichnachundnachzumGrundnahrungsmitteleuropäischerStädte,
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welchesaufgrundseinerEigenschaftenalsschneller,relativbilligerEnergielieferant
auchbaldvondenUnterschichtengeschätztwurde.Nochvor1900wurdeeralstägliche
NotwendigkeitallerKlassenangesehenundverdrängteundersetztesomitandere
Nahrungsmittel.BeispielsweisewurdenNahrungsmittelnunhäufigmitZucker
konserviertstatttraditionelleingelegtoderfermentiert(Mintz1997:360/361).
DieIndustrialisierungtrugmassgeblichzurEntwicklungdesFastFoodsbei.Einerseits
wurdenNahrungsmittel(z.B.Brot,Marmelade)industriellgefertigtundersetztensomit
durchihreEinfachheittraditionelleGerichte(z.B.Porridge),andererseitsführteden
EintrittvonFrauenindenArbeitsmarktdazu,dasssiewenigerZeitzuhause
verbrachtenundsomitwenigerZeithatten,Nahrungsmittelselbstzuzubereiten,
weshalbdiesenachundnachdurcheinfachen,schnellen,billigen,kalorienreichenund
somiteffizienten„Junk-Food“ersetztwurden.(Mintz1997:365)
DesWeiterenführtendieUrbanisierung,dieKommerzialisierungderLandwirtschaft
sowiedieweitereExpansiondesinternationalenHandelszurReduktionder
Selbstversorgung,waswiederumdieAbhängigkeitvonderCash-CropProduktion
verstärkteundzumAnstiegvonFehlernährungführte(Messer1984:216)
DurchdiezunehmendeMobilitätvonMenschenundIdeenüberKücheundErnährung
wirdauchdieGlobalisierungderNahrunggefördert.
InzwischengeltenNahrungsmittelalsmobileRohstoffeineinerinternationalen
ZirkulationvonGüterninderNahrungsmittelproduktion,organisiertvontransnational
expandierendenKonzernenundüberwachtvonglobalenInstitutionen(Phillips2006:
38).
Um1940entstandendieerstenFastFoodRestaurantsinSüdkalifornien,welchesich
dannrasantausbreiteten,zuerstinnerhalbderUSA,späterglobal.Seitden1970er
JahrenhatsichdieFastFoodIndustrieumbeinahedas20-fachevergrössert,was
wiederumdramatischeVeränderungeninderAgrikultur,Beschäftigung,Ökonomie
sowiederGesundheitinnerhalbderBevölkerunghervorrief.Heutekonsumiertjeder
vierteAmerikanertäglichNahrungausFastFoodRestaurants(Freeman2007:2224).
KritikamWeltnahrungssystem
NoninisprichtvoneinerglobalensozialenundkulturellenInstabilität(Nonini
2013:267),welchezugrossemMisstrauenindasglobaleAgrarsystem,mitwelchemdie
MenschenhauptsächlichüberSupermärkteinKontaktkommen,führt.
DemSystemwirdvorgeworfen,dieGesundheit,dasökonomische,mentaleund
spirituelleWohlergehensowieschlussendlichsogardasbiologischeÜberlebender
menschlichenPopulationzugefährden.
AktivistensprechenvonfehlenderTransparenzundsomitvonfehlendenInformationen
überVerfügbarkeit,Produktionsbedingungen,WachstumundVerarbeitungvon
Lebensmitteln,waswiederumzuMisstrauengegenüberZertifikaten(z.B.biologische
Lebensmittel)führt,welchenurvonentfernten,auswärtigenInstitutionenkontrolliert
werden.
AusserdemwirddasWeltnahrungssystemallgemeinalsnichtnachhaltigbezeichnet,da
esdurchProduktionundTransportvonfossilenBrennstoffen,derArbeitunbekannter
immigrierterArbeitsowievonDüngemittelundPestiziden(welchewiederum
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unkontrolliertundingrossenMengenverwendetwerden)abhängigistunddie
logistischenStrukturenstarkbelastetbishinzuüberfordertsind.
DasSystemistinsgesamtansichnichtvertrauenswürdig,daesvielzugross,zu
komplex,zufragilundzuanfälligist(Nonini2013:271).DieTransportwegesind
unübersichtlich,unddasZurückverfolgenderWegeunsererNahrungsmittelsehr
aufwändig,waswiederumzumMisstrauenbeiträgt(Phillips2006:28).
Ebenfallswirddieunpersönlichetop-down-PlanungdesglobalenNahrungssystem
wederökologisch,sozialnochfinanziellalsnachhaltigangesehen(Grasseni2014:94).
DurchdiegrossenDistanzenzwischenProduzentundKonsumenthatderKonsument
wederEinfluss-nochKontrollmöglichkeiten,undaufgrundfehlenderpersönlicher
BeziehungenkannkeinVertrauenaufgebautwerden,esfindetkeineZusammenarbeit
statt,waswiederumzurÜberproduktionundNahrungsmittelverschwendungbeiträgt.
(Grasseni2014:95)
DesWeiterenbedrohendieindustrielleAgrikultursowiediehomogenisierenden
EffektederGlobalisierungdieBiodiversitätsowiedielokaleAgrarökonomie–geradein
den1980erund1990erJahrekamvermehrtgentechnischverändertesSaatgut(GMO)
zumEinsatzundverdrängteteilslokaleSpezies(Schneider2009:387)unddurchden
KonsumimportierterLebensmittelnwirddielokaleLandwirtschaftvernachlässigt
(Schneider2009:388).
EinweitererKritikpunktistdiezunehmendeVerdrängungtraditionellerGerichtedurch
denImportneuer,exotischerLebensmittelsowiedurchschnellere,billigere
Alternativen,wiediesebeispielsweisevonFastFoodRestaurantsbereitgestelltwerden
(Schneider2009:390).
DieseAlternativenhabenwiederumeinengrossenEinflussaufunsereGesundheit:bei
FastFoodhandeltessichmeistumstarkverarbeiteteLebensmittelmitstandardisierten
ZutatenundProduktionstechniken.HäufigwerdenNahrungsmittelinTransfetten
frittiert,waszueinemhohenCholesterinlevelsowiezueinemerhöhten
Herzinfarktrisikoführenkann.DurchdensehrhohenStärke-undZuckergehaltverfügt
FastFoodzusätzlichübereinenhohenglykämischenIndex,d.h.eskommtzueinem
starkenAnstiegdesBlutzuckerspiegels,waswiederumzuÜbergewichtundDiabetes
beiträgt.AusserdemwerdenhäufigvielechemischeZusatzstoffeverwendet,welche
wiederumunzureichendgekennzeichnetwerden(Freeman2007:2225)
DurchdasrasanteWachstumderFastFoodIndustrie(Freeman2007:2224)konnte
insgesamteinedramatischeZunahmeernährungsbedingterKrankheitenbeobachtet
werden.Statistikenzufolgesind65%derBevölkerungindenUSAübergewichtig,30%
davonfettleibig.DieaufÜbergewichtzurückzuführendenTodesfälleüberschreiten
zahlenmässigdiejenigenvonAutounfällen,Drogen,AlkoholundSchusswaffen
zusammen(Freeman2007:2229).
UmdenstetigwachsendenBedürfnissenderFastFoodGigantengerechtzuwerden,
sindintensiveLandwirtschaftundMonokulturennotwendig;diesführtzurDestruktion
vonUmweltnischen,zumAussterbennichtgeeigneterSortenundbezüglichdes
KonsumstierischerProduktewirdvoneinernochniedagewesenen,brutalen
Tierquälereigesprochen.EbenfallsgefährdetderAnbauvonMonokulturendas
ökonomischeÜberlebenvonBauern(durchfehlendeSicherungbzw.PufferinForm
andererAnbauprodukte),waswiederumzumRückgangderruralenPopulationführt
(Freeman2007:2226).AuchwerdendurchdieschnelleAbfertigungdurchFastFooddie
sozialenAspektedesEssens(beispielsweisedasgemeinsameEssenamTischundsomit
qualitativeZeitzurPflegesozialerKontakte)vernachlässigt(Cairns2010:600).
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Antiglobalisierungstendenzen:BeispielSlowFoodBewegung
AngesichtsdieserKritikpunkteistesnichtverwunderlich,dasssichGegenbewegungen
entwickeln.
NestleunterschiedetzwischenaufKonsumundaufProduktionberuhenden
Bewegungen.KonsumkritischeStrömungenhierbeisindbeispielsweiseKampagnen
gegenanKinderadressierteFastFoodWerbungen,fürbessereErnährunginSchulen
oderdenEinsatzfürobligatorischeNährwertkennzeichnungen(NutritionFactsLabels),
währendproduktionskritischeStrömungendenEinsatzfürbiologische,regionaleoder
saisonaleLebensmittel,fürartgerechteTierhaltungundfaireProduktionsbedingungen
bezeichnen.AuchdasSlow-Food-Movementlässtsichhiereinordnen(Nestle2009:37).
AlleinschondurchdenNamenstelltessichdemFastFoodentgegenundwill
Alternativenaufzeigen(Schneider2009:387).DieinternationaleSlow-FoodBewegung
entstandoffiziellimNovember1989amSlowFoodManifest,anwelchemDelegierteaus
15Nationenteilnahmen.InseinerRedesprachderGründerFolcoPortinaridavon,dass
wirzuSklavenderGeschwindigkeitwurden,dasssichdasschnelleLebenwieeinVirus
ausbreitetundunsereGewohnheitenunterbricht,inunserePrivatsphäreeindringtund
unsdazuzwingt,FastFoodzuessen.DieProduktivitätkommtaufKostenunseres
gewohntenDaseinszustandeundbedrohtUmweltundLandschaft.Ebenfallsbezeichnet
er„SlowFood“alsdieeinzigewirklichprogressiveAntwortundistüberzeugtdavon,
dassSlowFoodunseinebessereZukunftgarantiert(Potrinari,1989).
DieBewegungengagiertsichfürdenSchutztraditionellerundnachhaltiger,qualitativer
Nahrungsmittel,Kultivierungs-undVerarbeitungstechnikensowiefürdenErhaltder
Biodiversität.DieAgrikultursolltedemnachlokalgefördertwerdenundinHarmonie
mitdemlokalenÖkosystemstehen.
DiedreiGrundprinzipiensindhierbei„good,clean,fair“,wobeimit„good“
geschmacksvoll,frischundzufriedenstellendgemeintist,„clean“einerücksichtsvolle
Produktionsweisebzgl.Umwelt,ÖkosystemundmenschlicherGesundheitbezeichnet
undmit„fair“diesozialeGerechtigkeitundfaireBedingungenfüralleInvolvierten(von
ProduktionüberKommerzialisierungbishinzumKonsum)gemeintist(Schneider
2009:390).
DurchlokaleLebensmittelversorgungensolltenNahrungsmittelkettengekürztwerden
undsozialeBeziehungensowieKollaborationenzwischenKonsumentundProduzent
gestärktwerden(„knowyourlocalfarmer“).SomitberuhtdieVersorgungwieder
vermehrtauflokalerBasismiteigenenKapazitätenundRessourcen,waszulokaler
EntwicklungsowiestärkerersozialerInklusionführt,waswiederumdielokale
Gemeinschaft,Kooperation,KommunikationsowiedieSolidaritätstärkenunddadurch
Überkonsumvermeidensoll,InteresseanlokalerProduktionundsomitauchdas
WiederauflebenderRegionundaktivePartizipationinderlokalenPolitikführensoll
(Grasseni2014:94/95)
Einletzter,essentiellerAspektderSlowFoodBewegungistBildunginallen
ernährungsbezogenenBereichen:DieMenschensolltendieFrage,wassieessensollten,
effektivbeantwortenundihreAntwortenbegründenkönnen(Schneider2009:399);
wichtigisthierbeiaufdieKombinationvontraditionell-regionalemWissensowie
wissenschaftlichemWissen(Schneider2009:390).
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GegenbewegungeninderFoodie-Community
IndenletztenzweiJahrzentenwareinwachsendesöffentlichesInteresseinnachhaltige
Landwirtschaft,lokalenundbiologischenNahrungsmittelnsowieAktivismusund
BewegungenwieurbanerGartenbau,Bauernmärkte,solidarischeLandwirtschaftund
Fischereizubeobachten(Nonini2013:269).
DieseTrendsspiegelnsichwiederuminderFoodie-Communitywider:Kriterien
qualitativerNahrungsmittelstimmenmehrheitlichmitdenForderungenderSlow-Food
Bewegungüberein(frisch,natürlich,lokal,saisonal,traditionell,...),und
Massenproduktion,FertigproduktesowiestarkverarbeiteteLebensmittelgeltenals
anspruchslosundwerdendementsprechendgemieden(DeSolier2013:21).
DiesesallgemeineEinverständnisüber„gute“und„schlechte“Nahrungsmittelist
folglichauchindensozialenMedienderFoodie-Communityerkennbar.Ichbeschränke
michandieserStelleaufBlogsmitdazugehörendenYoutube-Kanälen,woVideosvon
Rezepten,TechnikenundErnährungswissenveröffentlichtwerdenundeinemgrossen
Publikumzugänglichsind.
WährendsichvieleBlogsaufdengesundheitlichenAspektderNahrungfokussieren,
werbenanderefürhausgemachteKostundVerwendungregionalerProdukte,wiederum
anderesehenKonsumentenimallgemeinenalsVerantwortungsträgerundmöchtendas
BewusstseinfürdieKonsequenzenunsererNahrungsselektionfördern.
ZurerstenKategoriegehörenBlogswie„Rawvegannotgross“vonLauraMiller
(103.285AbonnentenaufYoutube),welchesichvonveganerRohkosternährt.Sie
bezeichnetdieseErnährungsweisenichtalsDiät,sondernalsMöglichkeit,ihre
psychischeundphysischeGesundheitzuverbessern(undsomitDepressionund
dauerndeErschöpfungzuüberwinden)undveröffentlichtRezeptefürgesündere
VariantenbeliebterSnacksundGerichte(z.B.Burritos,Zimtschnecken,pop-tarts).
ÄhnlicheRezepteveröffentlichtauchAlyssiaSheikhaufihremBlog„Mindovermunch“
(260.487AbonnentenaufYoutube),jedochweitauswenigerstrengundohnekonkrete
Restriktionen.SiebezeichnetihreMissionals„NeudefinierungderGesundheit“und
möchte„schuldfreieundfigurfreundlicheAlternativen“bieten,ohnedabeiden
GeschmackderSpeisenzuvernachlässigen–diesmitdemSlogan„Un-JunkYourFood“.
EinweiteresBeispielfüreinenBlogmitdemFokusGesundheitist„GreenKitchen
Stories“(35.326AbonnentenaufYoutube,316'000FolloweraufInstagram)vondem
dänisch-schwedischenPaarDavidFrenkielundLuiseVindahl(mitInszenierungihrer
TochterElsainVideos).SiebeschreibenihrenBlogalsabwechslungsreichegesunde,
einfache,vegetarischeKüchemitnatürlichenundbiologischenZutaten,Vollkorn,
gesundenFetten,FrüchtenundGemüseundversprechensichdurchdiese
nährstoffreicheErnährungsweisevielEnergie.ImZentrumstehtdabeidas
Wohlergehen:„Eatingisaboutfeelinggood,notfollowingrules!“.
DeririscheKochbuchautorundTV-ModeratorDonalSkehan(399.080Abonnentenauf
Youtube)veröffentlichtaufYoutubezahlreicheVideosvonRezeptenundmöchte
dadurchdazuinspirierenundanregen,wiedervermehrtzuhausezukochen(„simple
homecookeddeliciousrecipes“).ObwohlauchereineWiedergabelistemitvielen
gesundenRezeptenerstellthat,stehthierklardieAlltagskücheimFokus.Inseinem
VorstellungsvideodemonstriertSkehanaussderdemseinefreundschaftliche
BeziehungenzumörtlichenMetzerundFischer(Verbindungzum„knowyourlocal
farmer“-PrinzipderSlowFoodBewegung)undsprichtvonseinemGlück,direkten
Zugangzuqualitativen,regionalenProduktenzuhaben.
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EinenbeinaheutopischenAnsatzvertrittderJapanerRyoyaTakashimamitseinemBlog
„PeacefulCuisine“(280.729AbonnentenaufYoutube),mitwelchemerzumveganen
Lifestyleaufruft:„Eatfoodsthataregoodforallpeople,allcreaturesandthe
environment.Worldpeacethroughthefoodchoiceswemake“.DieVideossindneutral
gehaltenundzeigeninkünstlerischerWeiseRezepteundTechniken,ohnedabeizum
Veganismusaufzurufen.AufseinemWebseitebeschreibtTakashimaaberdetailliertdie
VorteileseinesLifestylesundbezeichnetesalsseinePflicht,seinWissenzuteilen,unser
LebenzubereichernundsomitunsererStrebennachGlückundWeltfriedenzu
unterstützen.SeinerMeinungnachlassensichWasserkonsum,Abholzung,derKonsum
fossilerBrennstoffeundallgemeinerRessourcensowiedieCO2-Bilanz,Abfälleund
durchallgemeineVerbesserungderGesundheitauchSteuern(durchgeringere
AusgabenimGesundheitswesen)durchAdaptioneinerveganenLebensweisedrastisch
reduzieren.Wichtigistihmaber,niemandemseineAnsichtenaufzudrängen;vielmehr
versuchterdurchseinenYoutube-KanalundseineKochkurseeineVorbildrolle
einzunehmenundsomitanderezuinspirieren.
DerbritischeKochJamieOliverselbstlanciertedurchseine2010herausgegebene
Fernsehsendung„JamieOiver’sFoodRevolution“eineeigene,nochimmerandauernde
Bewegung.
Hierbeiversuchter,mitseinemSlogan„joinus–let’smaketheworldhealthy“eine
Plattformbereitzustellen,aufwelchererdieFreudendesKochenspropagiertsowiedie
„hässlicheWahrheitüberdieNahrungsindustrie“aufgedecktwerden.Somitsollten
Mitgliederstetsinformiertsein,diskutierenundsichaktivfürVeränderungeneinsetzen.
OliverstelltStatistikenzurVerfügungundfordertdazuauf,etwasgegenden
Welthunger,LebensmittelverschwendungundÜbergewichtsowiefürunserenPlaneten,
Nachhaltigkeit,KochenundFairnesszuunternehmen.DenFokuslegteraufKinder
sowiederenRechtaufgute,frischeundnährstoffreicheErnährung.
AuchverfügtOliverübereinenYoutubeKanal:JamieOliver’sFoodTube(2.480.818
AbonnentenaufYoutube):Hierbeikochternichtnurselbst,sondernarbeitetengmit
anderenKöchensowie„neuenTalenten“zusammen,welcheoftmalsselbstFoodBlogs
undYoutube-KanälehabenundihreeigenenRezepteveröffentlichen.DiesesNetzwerk
(„FoodTubeFamily“)bezeichnetsichselbstdasdiegrössteFoodie-Communityin
Europa.
ZudiesergehörenauchdieirischenZwillingsbrüderDavidundStephenFlynnmitihrem
YoutubeChannel„TheHappyPear“(61.246AbonnentenaufYoutube),welchesichzum
Zielgesetzthaben,ihreAbonnentenzueinerglücklicherenundgesünderenWeltzu
inspirieren.DiesversuchensieeinerseitsdurcheineneigenenLaden,inwelchemsie
selbstzubereiteteProduktesowieProdukteihrereigenenFarmverkaufensowiediese
inihremRestaurantanbieten,andererseitsdurchKurseübergesundeErnährung
(welcheauchonlineangebotenwerden).SiesetzensichdurchwegsfürdiePrinzipien
derSlow-FoodBewegungeinundwerbenfürnatürliche,lokale,biologische,saisonale,
frischeundhausgemachteProdukte:„wewanttomakehealthyeatingmainstream,
accessibleandattractive“.AuchsindsieMitglieddesnationalenirischen
Nachhaltigkeitsprogramm„OriginGreen“.
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Fazit
DieNachfragefürbiologischeLebensmittelistindenletztenJahrenstarkangestiegen;
BauernverbessernsomitdieBiodiversitätundNachhaltigkeitihrerProduktion.Gründe
derKonsumentenfürbiologischeNahrungsmittelsindvielfältig:Gesundheit,
Umweltbewusstsein,Ethik,sowieIdentitätundVertrauenwerdengenannt.Auchistder
KonsumvonFunctionalFood,d.h.vonmitNährstoffenangereichertenLebensmitteln
undNahrungsergänzungsmittelninallenindustrialisiertenGesellschaftenangestiegen;
diesaufgrunddereinfachenVerwendung(Bequemlichkeit),erhofftengesundheitlichen
VorteilenundeinemhektischerenLebensstil.
InsgesamtsinddasBewusstseinsowiedieAchtsamkeitbezüglichderGesundheitstark
gewachsenundwerdentendenziellauchweiterhindurchverbessertenZugangzu
InformationenundhöhererBildungzunehmen(Kearney2010:2800)
Gleichzeitigwirdvonder„NutritionalTransition“(Ernährungswende)gesprochen,
welcheeineSerievonVeränderungeninErnährung,physischerAktivitätund
GesundheitinLändernmitmittlerembisniedrigemEinkommenbeschreibt.Konkret
bezeichnetesdieVerdrängungtraditionellerNahrungsmitteldurchwestliche
Ernährungsweisen,hierbeijedochmeistensungesunde,fett-undzuckerreiche
Nahrungsmitteln(FastFood).DieserwachsendeKonsumungesunderNahrungführtzu
höhererPrävalenzvonÜbergewichtundFettleibigkeitundkanngravierende
AuswirkungenaufdasGesundheitswesensowiedasWirtschaftswachstumhaben.
BesondersdavonbetroffensindSchwellenländer(z.B.China,Mexiko,Brasilien)
(Kearney2010:2801).
DieseBefundebestätigen,dasssichdievonNestle(2009:37)implizierte„food
revolution“aufdiehöhereMittelklasseindustrialisierterGesellschaftenbeschränkt,für
welchegesundeNahrungsmittelaucherschwinglichist.ZudieserSchichtgehörenauch
mehrheitlichdieFoodies.
EbenfallssetztensichlängstnichtalleFoodiesmitgesunderErnährungauseinander
(Cairns2010:599),obwohlichmichhieraufdiesenAspektbeschränkthabe.Zahlreiche
FoodBlogsfokussierensichbeispielsweiseaufDessertsundBacken
(www.mycupcakeaddcition.com,www.howtocookthat.net,www.gretchensbakery.com),
auf„normale“Alltagsküche(www.thedomesticgeek.com,www.foodwishes.com,
www.tatyanaseverydayfood.com),oderauchaufJunkFood
(www.hellthyjunkfood.com).
Ebenfallswirddiskutiert,obmanüberhauptvoneiner(sozialen,nationalenodersogar
internationalen)Bewegungsprechenkann,oderobessichnurumloseAllianzen
kleinererOrganisationenhandelt(Nonini2013:267).AufdiesenAspektbinichindieser
ArbeitnichtweitereingegangenundhabesomitdenBegriff„Bewegung“frei
verwendet.
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