Seite 1 Tollwut Die Tollwut ist eine akute, in der Regel tödlich verlaufende Infektionskrankheit, an der nahezu alle gleichwarmen Tiere und der Mensch erkranken können. Sie ist seit der Antike bekannt und mit Ausnahme weniger Länder (Großbritannien, Skandinavien, Malta, Zypern sowie Japan, Australien und Ozeanien) weltweit verbreitet. Obwohl fast alle Säugetiere empfänglich für Tollwut sind, tritt die Krankheit überwiegend bei Fleischfressern auf. In Europa gilt der Rotfuchs als wichtigster Überträger, der über Hunde, Katzen und Weidetiere oder ausnahmsweise direkt den Menschen infiziert. Dachse, Marder und andere Säugetiere spielen eine Nebenrolle. Der Erreger der Tollwut ist das Lyssavirus aus der Familie der Rhabdoviridae. Das Virus ist empfindlich gegenüber Fettlösungsmitteln und Emulgatoren und ist daher einfach durch eine Reihe von Desinfektionsmitteln wie Formalin und Seife zu inaktivieren. Es wird leicht durch Hitze und Sonnenlicht zerstört, ist aber bei niedrigen Temperaturen stabil. Unter normalen Umweltbedingungen bleibt es außerhalb seines Wirtes nicht lange infektiös. Der Krankheitserreger wird mit virushaltigem Speichel durch Biss eines erkrankten Tieres übertragen. Schon 3-5 Tage vor Ausbruch der Erkrankung beim Tier ist dessen Speichel ansteckungsfähig. Von der Eintrittspforte gelangt das Virus über Nerven und Rückenmark in das zentrale Nervensystem und wandert von hier aus in die Organe, v.a. in die Speicheldrüsen. Die Virusvermehrung findet v.a. im Nervengewebe und in den Speicheldrüsen statt. Das Virus vermag die intakte Haut nicht zu durchdringen. Die Gefahr der Übertragung der Tollwut durch Gegenstände, die mit infiziertem Speichel kontaminiert sind, ist gering. Eine Infektion über Hautverletzungen und Schleimhäute (Bindehäute) ist möglich. Ein an Tollwut verendetes Tier trägt noch infektiöses Virus. Je fortgeschrittener die Verwesung, desto sicherer ist das Virus inaktiviert. Bei niedrigen Temperaturen kann der Kadaver für 4 Wochen und länger infektiös sein. In eingetrockneten Sekreten oder Blut ist das Virus innerhalb weniger Stunden inaktiviert. Der Ausbruch der Erkrankung ist abhängig von Art, Umfang und Lokalisation der Bissverletzung, aber auch von der in die Wunde gelangten Erregermenge. Die Zeit von der Infektion bis zum Auftreten von Krankheitssymptomen beträgt 10 Tage bis 3 Monate. Der klinische Verlauf der Tollwut umfasst 3 Phasen, die sich häufig überlappen. Nicht alle Tiere durchlaufen alle Phasen und das Erscheinungsbild kann ziemlich variabel sein. Das Prodromalstadium kann beim Hund 2-3 Tage, bei der Katze 1-2 Tage dauern. Es ist durch eine deutliche Verhaltensänderung charakterisiert. Die Tiere können ängstlich, unausgeglichen und erregbar wirken. Es kann eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Licht und Lärm auftreten. Zurückhaltende Tiere werden zutraulich, zutrauliche Tiere dagegen werden aggressiv und ziehen sich an dunkle Plätze zurück. Die Tiere können sich an Bissstellen selbst verstümmeln. Im Exzitationsstadium werden die Tiere immer nervöser, erregbar und wild. Sie neigen zu Angriffen und zum Beißen oder sie sind desorientiert und starren ins Leere. Sie zeigen Muskelzittern, Schlaffheit, Inkoordination, Schwierigkeiten beim Schlucken und Speicheln. Das Paralysestadium ist von generalisierter Lähmung gefolgt von Koma und Tod gekennzeichnet. Manchmal fehlt das Exzitationsstadium ganz und das Prodromalstadium geht direkt in das Paralysestadium über. In diesem Fall spricht man von stiller Wut. Seite 2 An Tollwut erkrankte Wildtiere verkriechen sich oder verlieren die natürliche Scheu vor dem Menschen, reagieren aber bei Berührung mit Beißen. Die Immunprophylaxe darf beim Tier nur als präinfektionelle Schutzmaßnahme durchgeführt werden. Die erste Impfung sollte nicht vor der 12. Lebenswoche durchgeführt werden. Die einzige Möglichkeit beim Menschen nach einem Biss eine Erkrankung zu verhindern besteht in der sofortigen Wundbehandlung und der postexpositionellen Impfstofftherapie (= Impfung nach Biss). Die lokale Wundbehandlung beinhaltet das sofortige Waschen und Spülen der Wunde mit Seife und Wasser. Ihre Kleintierklinik am Landratsamt Dr. H. Scholl, J. Fritz, Dr. S. Dahnken