Peptide Peptide: Ketten aus Aminosäuren Enzymatische Prozesse vermögen Aminosäuren im Organismus zu größeren Molekülen, den Peptiden, zu verknüpfen1. Diese erfüllen vielfältige physiologische Aufgaben, einige Beispiele sind unten beschrieben. Das Peptid bildet sich durch Reaktion der COOH-Gruppe einer Aminosäure mit einem Wasserstoff der NH2-Gruppe einer zweiten Aminosäure. Formal handelt es sich um eine Kondensationsreaktion unter Wasserabspaltung. H H O H H O H N C C OH + H N C C R Enzyme OH R H H O H H O H N C C N C C R OH + H2O R Ein vereinfachtes Modell der Peptidsynthese 133 pm Tatsächlich läuft die Reaktion im Organismus nicht mit zwei freien Aminosäuren ab, sondern ausschließlich über aktivierte Aminosäuren, deren Aktivierungsenergie durch das Enzym (Peptidsynthetase) herabgesetzt ist.2 Bei der Peptidsynthese im Labor verwendet man anstelle der Enzyme z. B. Säurehalogenide der Aminosäuren R zur Aktivierung. Die bei der PepH C tidsynthese entH standene Bin- 151 pm 116 ° 119,5 ° 102 pm dung heißt PepN 118,5 ° 120,5 ° C tidbindung. 124 pm 123,5 ° 122 ° 146 pm Die einfachsten O Peptide sind die C O aus zwei AmiH C N nosäuren gebilR deten Dipeptide. H Je nach Anzahl ...etwas einfacher Die Peptidbindung der beteiligten Aminosäuren werden die Peptide als Tri-, Tetra-, Pentapeptide usw. bezeichnet oder generell als Oligopeptide; geht die Anzahl über ca. 10 hinaus, spricht man von Polypeptiden vor. Polypeptide mit mehr als etwa 100 Aminosäuren heißen Proteine. Die Abbildung legt nahe, daß zwei isomere Formen der Peptidbindung existieren. Die ist in der Tat der Fall, jedoch ist um die HNCO-Achse keine Drehung möglich. In der Natur kommen überwiegend trans-Bindungen vor. 1 Umgekehrt können Peptide durch Hydrolyse wieder in Aminosäuren zerlegt werden, s.u. Zur Erinnerung: Bei der Katalyse wird eine chemische Reaktion dadurch forciert oder überhaupt erst möglich gemacht, daß ein Stoff, nämlich der Katalysator, zugegen ist, der aber an der Reaktion selbst nicht beteiligt ist. In der Biochemie stellen die Enzyme Biokatalysatoren dar. 2 H H O H H O H N C C + OH H N C C R H H O OH + H N C C R OH R H O H H O H H H2N C C N C C N C C R R R O OH + 2 H2O Beispiel für die Bildung eines Tripeptids H H O H H O H H O H H O H H O H H O H H O H O H N C C N C C N C C N C C N C C N C C N C C N C R R N-Terminus R R R R R OH C-Terminus Beispiel für eine Polypeptidkette Aus zwei Aminosäuren können zwei verschiedene Dipeptide entstehen: je nachdem, ob eine Aminosäure mit ihrer Säure- oder ihrer Aminogruppe mit der zweiten Aminosäure reagiert, fällt das Ergebnis unterschiedlich aus. Beispielsweise entsteht das Glycin-Alanin-Dipeptid, wenn die OH-Gruppe des Glycins mit der NH2-Gruppe des Alanins reagiert, während beim Alanin-Glycin-Dipeptid die OH-Gruppe des Alanins mit der NH2-Gruppe des Glycins reagiert. In der Natur werden Peptide vorwiegend durch die Proteinbiosynthese aus α-Aminosäuren in der natürlichen L-Form gebildet. H H O H N C C H H O OH + H OH Alanin H N C C OH + H2O OH + H2O CH3 OH H Glycin H H O H H O H N C C N C C CH3 H Alanin-Glycin-Dipeptid Eine Aminosäure hat (grob gemittelt) eine Molmasse von etwa 100 g/mol. Ist die Molmasse eines Polypeptids bekannt, läßt sich die Anzahl der Aminosäuren leicht abschätzen: Molmasse M = 420 g/mol M = 1380 g/mol M = 34700 g/mol M = 82980 g/mol Dreibuchstabencode, Einbuchstabencode + H H O N C C Glycin-Alanin-Dipeptid H H O CH3 H H O H N C C H Alanin H H O Wie viele Aminosäuren? OH CH3 Glycin H N C C H N C C Anzahl der Aminosäuren ca. 4 Aminosäuren ca. 14 Aminosäuren ca. 347 Aminosäuren ca. 830 Aminosäuren Üblicherweise verwendet man zur Darstellung der Peptide nicht die Aminosäureformeln, sondern eine vereinfachte Schreibweise, nämlich die ersten drei Buchstaben des Namens der betreffenden Aminosäure. Neben diesem Dreibuchstabencode findet man auch häufig den aus der Bioinformatik stammenden Einbuchstabecode. Dreibuchstabencode Ala Val Cys Alanin Valin Cystein Einbuchstabencode A V C In der vereinfachten Schreibweise sieht ein Tetrapeptid aus den Aminosäuren Glutaminsäure, Valin, Threonin und Glycin so aus: Glu –– Val –– Thr –– Glyc Die Verbindungsstriche symbolisieren die Peptidbindungen; die Carboxylgruppe der vorangegangenen Aminosäure ist mit der Aminogruppe der nachfolgenden verbunden. N- und C-terminale Aminosäuren Bei die Aufklärung der Struktur von Peptidketten spielt die Endgruppenbestimmung eine wichtige Rolle. Die Aminosäure am Ende einer Peptidkette mit einer freien α-Aminogruppe heißt N-terminal. Eine entsprechende Aminosäure an der anderen Seite der Kette mit einer freien Carboxylgruppe nennt man C-terminal. O H H2N CH C R α-C R N... CH C H O H O N CH C N CH ... C N CH C O R α-C H R O H R Endständige Aminosäure mit freier Aminogruppe: N-terminal OH Endständige Aminosäure mit freier Carboxylgruppe: C-terminal Enzymatische Spaltung von Peptiden Bei Abbauvorgängen, z. B. bei der Verdauung, werden Peptide durch Enzyme hydrolytisch in Aminosäuren aufgespalten. H O NH2 C C R H H H + H2O H NH2 C COOH + NH2 C COOH N C COOH R R R Spaltung eines Dipeptids in zwei Aminosäuren Diese Spaltung ist sehr spezifisch. Beispielsweise spaltet das Enzym Trypsin eine Peptidkette immer nur zwischen Arginin und Lysin. Trypsin Gly Gly Glu Glu Cys Cys Arg Arg Trypsin Lys Ala Leu Ile Arg Lys Ala Leu Ile Arg Lys Lys Gly Gly Beispiel für eine enzymatische Spaltung Bei solchen Verdauungsprozessen können opioide Peptide, morphinähnliche Substanzen, gebildet werden, die von manchen Personen nicht weiter verstoffwechselt werden und ernsthafte gesundheitliche Schäden hervorrufen können. Einige Beispiele für Peptide Aspartam Asparaginsäure und der Methylester von Phenylalanin3 bilden den Süßstoff Aspartam, ein Dipeptid, das die zweihundertfache Süßkraft des Zuckers besitzt. In der Liste der Lebensmittelzusatzstoffe ist Aspartam unter der Bezeichnung E 951 genannt, einer der Handelsnamen ist „NutriaSweet“. Aspartamhaltige Produkte müssen mit dem Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ oder „mit Phenylalanin“ versehen sein. Glutathion Das Tripeptid mit der Zusammensetzung Glu – Cys – Gly ist misch wichtige Glutathion, das Glutaminsäure eines der wichtigsten AntioxidantiH en darstellt, zugleich als CysteinReserve fungiert und im gesamten H2N C COOH Organismus in hoher KonzentratiH C H on vorkommt. Glutathion stellt ein biologisches H C H Redoxsystem dar: zwei Moleküle C H H O H Glutathion können sich unter AbO N C C N spaltung je eines H-Atoms an der SH-Gruppe des Cysteins miteinanH C H der verbinden, wobei sich eine DiCystein SH sulfidbrücke bildet. Glu Glu | | Cys – SH + HS – Cys | | Gly Gly Peptidhormone (- 2 H) (+ 2 H) das bioche- H Glycin C COOH H Glu Glu | | Cys – S – S – Cys | | Gly Gly Im Hypothalamus, der Hirnanhangdrüse, werden mehrere Peptidhormone synthetisiert. Diese stimulieren oder hemmen ein weiteres in der Hypophyse gebildetes Hormon, das aus 39 Aminosäuren bestehende Adrenocorticotrope Hormon (ACTH), das wesentlich an der Hormonregulation für den gesamten Organismus beteiligt ist. Daher heißen diese Peptide Freisetzungsfaktoren (releasing factors) oder Hemmfaktoren (release-inhibiting factors). 3 Zur Erinnerung: mit Methylalkohol verestertes Phenylalanin. Ein Beispiel für einen solchen Freisetzungsfaktor ist der aus 41 Aminosäuren bestehende Corticotropin Releasing Factor (CRF). Ser Gln Glu Pro Pro Ile Ser Leu Asp Leu Glu Leu Val Glu Arg Leu Leu His Phe Thr Met Thr Lys Ala Asp Gln Leu Ala Gln Gln Ile Asp Leu Leu Lys Arg Asn Ser His Ala Ala-NH2 CRF des Schafes Ser Tyr Ser Met Glu His Phe Arg Trp Gly Val Pro Arg Arg Lys Lys Gly Val Pro Lys Lys Val Tyr Pro Asn Gly Ala Glu Asp Glu Phe Glu Leu Pro Phe Ala Glu Als Ser ACTH des Menschen Ebenfalls ein Peptidhormonen ist das Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse erzeugt wird. Seine 51 Aminosäuren sind in zwei Ketten, der A- und der BKette, angeordnet; die A-Kette enthält 21, die B-Kette 30 Aminosäuren. Beide Ketten sind durch zwei Disulfidbrücken miteinander verbunden, innerhalb der A-Kette liegt eine weitere Disulfidbrücke. Stark schematisierte Darstellung des Insulins (© NASA) Insulin senkt den Blutzuckergehalt, während Glucagon – ebenfalls ein Peptidhormon – ihn erhöht. Wird zuwenig oder gar kein Insulin produziert, führt dies zur lebensgefährlichen Zuckerkrankheit (Diabetes). Zyklische Peptide Zyklische Peptide (Cyclopeptide) sind Ringe aus Aminosäuren; sie besitzen daher keine C- und N-terminalen Aminosäuren. D-Phe Tyrocidin beispielsweise ist ein Gemisch L-Phe L-Asn fünf verschiedener Cyclopeptide aus je 10 Aminosäuren und wirkt als Antibiotikum. L-Gln Charakteristisch sind die beiden D- L-Pro Aminosäuren im Ring. Die Abbildung zeigt eines der fünf Tyrocidine, nämlich D-Phe L-Tyr Tyrocidin A. L-Leu L-Val Zwei weitere Vertreter der ringförmigen L-Orn Peptide sind die Heptapeptide Phalloin und Phalloidin, die Giftstoffe des grünen Knollenblätterpilzes. Das hochtoxische Phalloidin ist bicyclisch wird auch durch Erhitzen beim Kochen nicht zerstört. Diese beiden Peptide führen ebenso wie die verwandten und ebenfalls zyklischen Amatoxine zu tödlichem Leberversagen.