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Informationsmaterial vom 27.10.2011
Schmerzen in den Beinen
Manche Betroffene denken sogar an Selbstmord. Bei anderen steht die berufliche Existenz auf dem Spiel. Und für manche heißt die düstere Perspektive: Rollstuhl. Ständige
Schmerzen und Unruhe in den Beinen machen das Leben zur Hölle.
Wenn wir schlafen oder sitzen, dann
haben die Beine normalerweise Ruhe.
Doch es gibt Menschen, die haben ständig Schmerzen in den Beinen oder verspüren dort ein unaufhörliches Kribbeln.
Bei anderen wiederum zucken und zappeln die Beine. Hinter den Schmerzen,
Missempfindungen
und
Zuckungen
können Durchblutungsstörungen stecken. Häufig sind es aber Funktionsstörungen der Nerven.
Schlaflose Nächte - das RestlessLegs-Syndrom
Meistens meldet sich die schreckliche
Unruhe in den Beinen nachts. Man muss
aufstehen, umherwandern, hüpfen oder
sich irgendwie bewegen, um Linderung
zu erfahren. Schlafstörungen sind die
logische Folge. Schon aus dem 17. Jahrhundert gibt es Aufzeichnungen über
dieses merkwürdige Phänomen. Heute
hat die Medizin einen Begriff dafür:
Restless-Legs-Syndrom (Deutsch: ruhelose Beine), kurz RLS. Manche beschreiben
das Leiden als Kribbeln, andere als Spannungsgefühl oder Bewegungsdrang,
wieder andere haben vorrangig Schmerzen. Bei manchen Menschen sind auch
die Arme betroffen.
Ein undurchsichtiges Leiden
Die genauen Ursachen von RLS sind unbekannt. Wissenschaftler vermuten eine
Störung im Stoffwechsel des Hormons
Dopamin. Diese Störung macht die Nervenbahnen in den Beinen überempfindlich. Bei der primären (angeborenen)
Form sind die Ursachen unbekannt,
durch familiäre Veranlagung gibt es ein
erhöhtes Erkrankungsrisiko. Zum anderen gibt es sekundäre (erworbene) Ursachen, d.h. Auslöser ist eine andere Erkrankung. Dazu gehören Nierenerkrankungen, eine Eisenmangelanämie, Nervenleiden, Morbus Parkinson und Multiple Sklerose. Auch durch Medikamente
und in der Schwangerschaft können die
Symptome ausgelöst oder verstärkt
werden.
Anlaufstelle ist immer der Neurologe.
Im Rahmen der Untersuchung werden
unter anderem Temperatur- und Berührungsempfinden getestet. Mit der
Stimmgabel kann man das Vibrationsempfinden ermitteln. Weiterhin können
Zusatzuntersuchungen sinnvoll sein, wie
z.B. Elektrophysiologie und Laborunterdiagnostik oder auch eine Hirnwasseruntersuchung, um eine Entzündung
im Gehirn auszuschließen.
Therapie mit Tücken
Eine sekundäre Form bessert sich, wenn
sich die auslösenden Faktoren ändern
bzw. behandelt werden. Ein angeborenes RLS ist dagegen im Normalfall nicht
heilbar.
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Zur symptomatischen Behandlung wird
bei leichten Fällen L-Dopa eingesetzt.
Das ist eine Vorstufe des Hormons Dopamin. Meist tritt eine sofortige Linderung der Beschwerden ein. Diese Medikation muss aber wohl überlegt sein,
weil eine dauerhafte Gabe die Beschwerden ändern oder sogar verschlimmern kann. Im Lauf der Zeit kann
auch die Wirksamkeit nachlassen. Bei
schweren Fällen, in denen RLS täglich
auftritt, sind Medikamente, die wie der
Nervenbotenstoff Dopamin wirken (sog.
Dopaminagonisten), das Mittel der ersten Wahl. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen muss die Dosierung individuell angepasst werden. Deshalb sollten unterstützend auch immer nichtmedikamentöse Maßnahmen ausprobiert werden, mit denen manche Patienten gute Erfolge erzielen. Dazu gehören
eine Verbesserung der Schlafhygiene,
leichter Sport, Physiotherapie, Yoga,
Massagen oder das Abduschen mit kaltem oder heißem Wasser. Insgesamt
bleibt für viele Patienten die Situation
aber unbefriedigend.
Schleichendes Leiden - die Polyneuropathie
Eine weitere häufige Ursache für
Schmerzen und Missempfindungen in
den Beinen ist die sogenannte Polyneuropathie. Das ist der Oberbegriff für
Erkrankungen des peripheren Nervensystems. Häufig sind Entzündungsprozesse beteiligt. Es gibt viele verschiedene Ursachen. Unter Diabetikern ist die
Krankheit besonders verbreitet, da der
erhöhte Blutzucker die Nervenenden
regelrecht zerstört. Heike Stephanik,
Neurologin am Universitätsklinikum
Magdeburg: "Der Diabetes mellitus ist
mit ca. 30 Prozent die häufigste Ursache. Die zweithäufigste mit ähnlicher
Häufigkeit ist der Alkohol. Weitere Ursachen sind Entzündungen des Nervensystems, Medikamente, Vitaminmangel
sowie Nieren- und Lebererkrankungen."
Auch eine chronische Gastritis kann eine
Polyneuropathie auslösen. Dabei kommt
es zu einer Schädigung der Magenschleimhaut. Dies führt dazu, dass das
wichtige Vitamin B12 nicht mehr ausrei-
chend aufgenommen wird. Das hat eine
Störung der Nervensensibilität und eine
Gangunsicherheit zur Folge.
Oftmals lässt sich aber auch für eine Polyneuropathie keine eindeutige Ursache
finden. Schmerzen, Gefühlsverlust, unruhige Beine bei Nacht (RLS) oder die
Unfähigkeit, normal laufen zu können,
sind typische Beschwerden. Sie entwickeln sich schleichend. Nach und nach
und von Jahr zu Jahr schlimmer erleben
die Patienten, wie ihnen die Gliedmaßen praktisch absterben. Meist bei den
Füßen beginnend, entwickelt sich Taubheit, später kommen die Schmerzen. Das
Gehen wird unsicher, weil die Betroffenen nicht mehr spüren, was unter ihren
Füßen ist, ob Teppich oder Steine, Wiese
oder Schnee. Dies führt zu einem Verlust
an Sicherheit.
Auch Gifte machen Nerven kaputt
Dass Schadstoffe aus der Umwelt Nervenschäden auslösen können, ist für die
Medizin noch eine relativ neue Erkenntnis. Die Rolle des Alkohols ist dagegen
schon längst bekannt. Chefarzt Christoph Kern von der Klosterwald-Klinik
stellt bei Alkoholikern immer wieder
Probleme in den Beinen fest: Reflexund Empfindungsstörungen, ausgelöst
durch das Suchtmittel. "Alkohol führt
einfach aufgrund seiner Wirkung dazu,
dass es zum Untergang von Nervenzellen kommt und dann werden die Symptome immer deutlicher", erklärt Christoph Kern die Folgen. Eine Patientin
beschreibt, was der Alkohol angerichtet
hat: "Ich habe das Gefühl, dass meine
Füße gar nicht da sind - die sind total
taub. Ich denke gar nicht, dass ich eigentlich laufen kann, weil ich das Gefühl habe, meine Füße sind gar nicht
da."
"Die Lähmungserscheinungen führen
natürlich dazu, dass ein Patient unter
Umständen rollstuhlpflichtig ist, da er
nicht mehr selber laufen kann", erklärt
Christoph Kern. Um das zu verhindern,
hilft nur eins: Abstinenz! Denn Alkohol
ist ein Nervengift. Kommt man davon
los, kehrt Leben in die tauben Füße zu2
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rück. Physiotherapie sorgt dafür, dass
die betroffenen Nerven wieder angesprochen und dauerhaft angeregt werden. Insbesondere die Lähmungserscheinungen bilden sich zum Teil sogar
vollständig zurück, während die subjektiv empfundenen Missempfindungen
zunächst stärker von den Patienten
wahrgenommen werden.
Patienten, die mit Schwermetallen zu
tun haben oder eine Chemotherapie
machen, können ebenfalls an Polyneuropathie erkranken. Auch Schadstoffe
wie Arsen, Blei und Quecksilber sind
mögliche Auslöser.
Polyneuropathie - schwierig zu behandeln
Ist eine Ursache bekannt, muss natürlich
zunächst diese behandelt werden, um
die Beschwerden zu beseitigen. Bei Diabetikern ist der Blutzucker optimal einzustellen. Dies macht Schäden an den
Nerven leider nicht rückgängig, verhindert aber eine dramatische Verschlechterung. Wird keine Ursache gefunden,
bleibt nichts weiter übrig, als die Symptome so gut es geht zu behandeln,
zum Beispiel mit Schmerzmitteln. Auch
die Physiotherapie ist neben der medikamentösen Behandlung eine wichtige
begleitende Maßnahme. Elektrotherapie und Wasseranwendungen können
Schmerzen und Missempfindungen lindern. In der Krankengymnastik kann der
Therapeut zusammen mit dem Patienten Restpotentiale für Bewegung herausfinden, notwendige Ausweichbewegungen entwickeln und eine Eigenbehandlung anleiten.
Beschwerden lindern - Selbsthilfe
hilft!
Kleine Trainingsrunden, regelmäßig in
den Alltag eingebaut, können verblüffende Verbesserungen bewirken.
Für die Füße:
- Morgens oder abends wechselwarme
Duschen oder Fußbäder; zwei bis drei
Wechsel; morgens mit kaltem Wasser
beenden, abends besser mit warmem
Wasser.
- Mehrmals am Tag die Schuhe wechseln, evtl. ein Paar Extraschuhe am Arbeitsplatz bereithalten, damit die Füße
unterschiedlich belastet werden und die
Gefahr für Druckstellen möglichst gering
gehalten
wird.
- In der Wohnung barfuß gehen, damit
die Fußmuskeln gut arbeiten können.
- Bei stehenden Arbeiten auf einer
Grundplatte für Steckbausteine (Kinderspielzeug) stehen, um Fußmuskeln und
Sensoren in den Füßen anzuregen.
- Beim Sitzen in Büro oder Straßenbahn
oder zu Hause die Zehen in den Schuhen
bewegen, z. B. gegen die Innensohle
einrollen oder gegen das Oberleder drücken; evtl. einzeln wie beim Abzählen
mit
Fingern
bewegen.
- Massieren der eigenen Füße mit Ziehen an den einzelnen Zehen, Walken
des ganzen Fußes u. ä., gern auch mit
Creme, um die Haut zu pflegen und zu
schützen
- Intensivübungen im Sitzen oder Stehen: beide Füße auf und ab bewegen
(wie bei dem Fußbrett einer alten Nähmaschine), einseitig und beidseitig.
- Beide Füße hochziehen, oben halten
und die Zehen dabei einrollen und ausstrecken (einseitig und beidseitig).
- Beide Hände auf die Knie und beide
Füße auf die Zehenspitzen stellen und
langsam senken (einseitig und beidseitig).
Für die Hände:
- Kleine, mit Mehl gefüllte Gefriertüten,
die für längere Zeit im Tiefkühlschrank
lagen und Kirschkernsäckchen oder
Körnerkissen, die in Herd oder Mikrowelle erwärmt wurden, abwechselnd
mit beiden Händen "durchkneten".
- Die Hände intensiv mit Creme massieren.
- Lockerungsübungen - z.B. Schwungübungen - für die obere Schulter- und
Nackenpartie.
- Fäuste ballen und betont öffnen und
dabei
die
Finger
strecken.
- Auf dem Tisch mit den Fingerspitzen
"Klavier spielen".
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Chinesische Therapie gegen RLS und
Plyneuropathie
Die an Polyneuropathie erkrankte Rita
Groß hatte die Hoffnung auf eine Linderung ihrer Beschwerden schon aufgegeben. Bei ihren Recherchen im Internet
stieß sie dann auf eine Klinik, die Polyneuropathie mit Traditioneller Chinesischer Medizin behandelt. Christian
Schmincke, Leiter der Klinik am Steigerwald, erklärt: "Aus Sicht der chinesischen Medizin ist sogenannter Tan zentrale Ursache der Erkrankung. Tan umschreibt Substanzen, die bei gesunden
Menschen problemlos über die Schleimhäute ausgeschieden werden. Ist der
Organismus gestört, verursacht Tan Entzündungen und blockiert den Stoffwechsel. Auch die Diagnostik der TCM
gestaltet sich vollkommen anders, als in
der Schulmedizin. So interessieren sich
TCM-Experten für die subjektive Seite
der Krankheit wie Schlafverhalten,
Schwitzen, Müdigkeit und seelisches
Befinden. Puls- und Zungendiagnose
helfen dabei, feinste Körpersignale zu
empfangen."
Erst, wenn die individuellen Ursachen
der Krankheit feststehen, beginnt die
Klinik mit der Behandlung. Dabei stellen
die TCM-Experten qualitativ kontrollierte Substanzen für chinesische Arzneien
zusammen. "Neben chinesischer Arzneitherapie wenden wir immer auch auf
das Krankheitsbild spezifisch zugeschnitten Akupunktur, Tuina-Massagen, Qi
Gong und die Ernährungslehre an. Mithilfe chinesischer Arzneien gelingt es,
entzündliche Substanzen aufzulösen, in
die Zirkulation zu überführen und über
geeignete Schleimhautventile auszuscheiden", so Christian Schmincke.
Bald zeigten sich auch bei Rita Groß erste Fortschritte. Ihre Gehfähigkeit verbesserte sich und die Körpertherapie
wirkte sich positiv auf ihr Allgemeinbefinden aus: "Ich lebe nahezu beschwerdefrei und erfreue mich an den kleinen,
schönen Dingen des Alltags - Spaziergänge, gemütliche Fernsehnachmittage
und entspanntes Schlafen", beschreibt
Groß ihrer derzeitige Lebenssituation.
Und das ganz ohne Gehstock, Rollator
oder Rollstuhl. Sogar ihrem Beruf als
Sportlehrerin geht sie wieder mit Passion nach.
Für eine erfolgreiche Therapie ist in der
Regel ein dreiwöchiger Klinikaufenthalt
notwendig. Die beträchtlichen Kosten
von 269 Euro pro Tag (Stand November
2011) werden von Privatkassen meistens, von den gesetzlichen Kassen aber
in der Regel nicht übernommen.
Morgens fit - abends gelähmt. Das
Guillain-Barré-Syndrom
Eckhard Schröter war immer ein Mann
voller Elan. Doch an einem einzigen Tag
änderte sich sein Leben: Plötzlich versagten alle Bewegungen - Gefangenschaft im eigenen Körper. Dass er an der
Seite seiner Ehefrau wieder gehen kann,
dauerte lange. Dass er zum Pflegefall
wurde, war eine Sache von Stunden:
früh Kribbeln in den Beinen, abends
Beatmung auf der Intensivstation. "Es
war so, dass meine Frau am nächsten
Tag schlagartig einen völlig gelähmten
Mann hatte, der vorher eigentlich sehr
sportlich war", erinnert sich Eckhard
Schröter. Er war am sogenannten Guillain-Barré-Syndrom erkrankt, einer Zerstörung der Schutzhülle der Nerven.
Dadurch entstehen "Leitungsprobleme":
Muskeln werden kaum oder gar nicht
mehr angesteuert - bei Eckhard Schröter
erst in den Beinen, dann aufsteigend bis
zur Komplettlähmung.
Es dauerte ein Jahr, bis sich Nerven und
Muskeln allmählich wieder erholten.
Physiotherapeutin und Patient bemühen
sich derzeit um das Beheben der Fußheberschwäche. Die Nervenstörung heilt
meist wieder aus. Doch bei Eckhard
Schröter war sie so heftig, dass Muskeln
und knöcherne Strukturen unumkehrbar
geschädigt sind. Kein Einzelfall.
Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine
akut auftretende neurologische Erkrankung. Dabei treten plötzlich entzündliche Veränderungen des peripheren Nervensystems auf. Die Ursache bleibt meistens unbekannt. In einigen Fällen werden vorausgegangene Infektionen verantwortlich gemacht. GBS kann sich in4
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nerhalb von Stunden oder Tagen entwickeln. Wird die Krankheit schnell als
solche erkannt, kann sie mit Medikamenten gut behandelt werden. Doch
nicht immer erfolgt tatsächlich rasch die
richtige Diagnose. Dann sind Folgeschäden meist unvermeidlich; aber auch bei
einer zügigen Behandlung behalten
etwa 20 Prozent der Betroffenen Funktionsausfälle. In fünf Prozent der Fälle
stirbt der Patient am Guillain-BarréSyndrom.
Experten in der Sendung:
Heike Stephanik, Neurologin am Universitätsklinikum Magdeburg
Dr. Christian Schmincke, Klinik am Steigerwald
Adressen:
Deutsche Restless Legs Vereinigung RLS
e.V. Schäufeleinstr. 35
80687 München
Telefon: 089/550 2888-0
Deutsche GBS-Initiative e.V.
Carl-Diem-Straße 108
41065 Mönchengladbach
Telefon: 02161/480499
www.gbsinfo.de
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