Univ. Prof. DI. Dr. rer. nat. techn. Mohammad Manafi Die hygienische Bedeutung von Schimmelpilzen in Innenräumen Schimmelpilze als eine der Ursachen des Sick Building Syndrom (SBS) können auf verschiedene Weise unsere Gesundheit beeinträchtigen: • allergene Wirkung durch Schimmelpilzsporen, die von der individuellen Prädisposition sowie vom allergenen Potential der Sporen abhängig ist. • Geruchsbelästigung durch MVOC (Microbial Volatile Organic Compounds). • Toxische Wirkung von Mykotoxinen und Zellwandbestandteilen von Schimmelpilzen (Glukane). • Die infektiöse Wirkung spielt vor allem bei immungeschwächten Menschen eine Rolle. Schimmelpilze sind einfache Mikroorganismen, die nahezu überall gedeihen, sofern die klimatischen Voraussetzungen gegeben sind. Zu den bekanntesten Vertretern zählen die Penicillium- und AspergillusArten. Pilze pflanzen sich über Sporen fort, die sie als feinen, in der Regel nicht sichtbaren Staub an die Atmosphäre abgeben. Sie werden über die Atemwege aufgenommen und können zu Infektionen oder allergischen Reaktionen führen. Sensibilisierte Menschen reagieren bei erneutem Kontakt auf die Allergene mit Niesen, Schnupfen, verstopfter Nase, gereizten Augen, Kopf- und Gliederschmerzen, Hautausschlag oder Müdigkeit. In der Folge kann sich ein allergisches Asthma mit Fieber, Atemnot und Hustenreiz einstellen. Auch eine Infektion von Lunge, Darm und anderen Organen ist bei immungeschwächten Personen möglich (Mykosen). Die Produktion und die Freisetzung der Schimmelpilzallergene bzw. -toxine ist vor allem von Art der Spezies, Nährstoffangebot, Lebenszyklus und Stressfaktoren abhängig. Häufige Ursache einer Schimmelpilzbildung ist die Bildung von Kondenswasser. Besonders gefährdet sind deshalb Bereiche, die deutlich kälter sind als ihre Umgebung. Die Problematik der Schimmelbildung liegt in den Temperaturdifferenzen, dem mangelnden Luftaustausch und der anfallenden Innenraumfeuchtigkeit. Die Schimmelpilzbelastung tritt auf wenn: • bauliche Mängel vorliegen bzw. vermutet werden (Neubau-Restfeuchte), • ein aktueller Schaden aufgetreten ist (Wasserrohrbruch), • der Einfluss einer Sanierungsmassnahme wie der Isolierung der Aussenwände und der Austausch von Fenstern mit Einfachverglasung gegen Fenster mit Wärmeschutzverglasung, die den Luftaustausch erheblich verringern, • Eine sich das Wohnverhalten verändert hat (Lüftungsverhalten, Wäschetrocknung) mikrobiologische Geruchsbelästigung, Untersuchung bei hoher im Innenraum soll bei Materialfeuchtigkeit sichtbaren ohne Schäden, sichtbaren bei Befall, Problemkonstruktionen ohne sichtbaren Befall, bei gesundheitlichen Beschwerden sowie als Kontrolluntersuchung nach einer Sanierung durchgeführt werden. Abschließend werden einige mikrobiologische Untersuchungsmethoden wie Impaktionsverfahren oder Abklatschmethoden vorgestellt. Zur Beurteilung aus hygienischer Sicht sind alle Ergebnisse wie Angaben des Begehungsprotokolls, physikalischen Daten, mikrobiologischen Daten und Informationen der Betroffenen und gegebenenfalls des behandelnden Arztes im Gesamtzusammenhang auszuwerten. Die hygienische Bedeutung von Schimmelpilzen in Innenräumen Allgemein: Als Schimmelpilze fasst man in der Mikrobiologie eine systematisch heterogene Gruppe von Pilzen (Fungi) zusammen, die aufgrund ihrer Lebensweise in bestimmten ökologischen Nischen für den Menschen besondere Bedeutung gewonnen haben. Pilze kommen in der Umwelt weit verbreitet vor, etwa 180.000 Arten wurden bereits beschrieben. Die Pilze stellen neben den Bakterien, Protisten, Pflanzen und Tieren ein eigenes Reich dar. Schimmelpilze sind einfache Mikroorganismen, die nahezu überall gedeihen, sofern die klimatischen Voraussetzungen gegeben sind. Sie benötigen zum Wachstum vor allem Nährstoffe und Feuchtigkeit. Die Schimmelpilze können sich als Symbionten, Saprophyten oder Parasiten ernähren. (Köpfchenschimmel), Bekannte Rhizopus Schimmelpilzgattungen (gemeiner sind Brotschimmel), Mucor Aspergillus (Gießkannenschimmel), Penicillium (Pinselschimmel) und Alternaria. Die Vermehrung der Schimmelpilze erfolgt meistens auf ungeschlechtlichem Wege über Sporen, die überall in der Luft vorhanden sind und bei schimmelbildenden Schlauchpilzen – wie etwa Aspergillus oder Penicillium – Konidien genannt werden. Dazu erzeugen die Myzelfäden nach einiger Zeit zahlreiche sich vertikal von der Oberfläche erhebende Sonderhyphen, die Konidienträger. Umweltmedizinisch relevante Schimmelpilze in der Innenraumluft: Schimmelpilzsporen finden sich, wenn auch in unterschiedlicher Anzahl, überall in der Luft und im Innenraum. Schimmelpilzwachstum tritt vor allem infolge von erhöhter Feuchtigkeit und ungünstiger Luftzirkulation an sichtbaren oder verdeckten Flächen in einem Raum auf. Diese Feuchtigkeit – an Wänden, Fensterstöcken oder Möbeln – entsteht oft durch Kondensation der Luftfeuchtigkeit. Ursachen sind meist mangelnde oder falsch angebrachte Wärmedämmung, schlechte Belüftung, Wasserschäden, aufsteigende Bodenfeuchte oder Tauwasserbildung (z.B. an Wärmebrücken) oder die Freisetzung von Feuchtigkeit durch die menschlichen Aktivitäten in der Wohnung. Aber auch Wasseraustritt durch Schäden an der Wasserinstallation, eine undichte Gebäudehülle oder aufsteigende Feuchte über Wände können Schimmelbildung hervorrufen. Aus verschiedenen Studien geht eindeutig hervor, dass bei Feuchteschäden und Schimmelpilzwachstum gesundheitliche Beeinträchtigungen auftreten können. Erhöhte Sporenkonzentrationen können besonders bei Allergikern sensibilisierend wirken. Schimmel stellt aber auch für Nicht-Allergiker das Risiko einer möglichen Gesundheitsschädigung dar. In seltenen Fällen, verursacht durch ein geschwächtes Immunsystem, treten Schwerwiegende Infektionen auf. Die von Schimmelpilzen abgegebenen organischen Stoffe können empfindliche Menschen belasten, typischer Schimmelgeruch beeinträchtigt stark die Wohnqualität. Allergien und hypersensitive Reaktionen auf Pilze Eine Schimmelpilzallergie ist eine Überempfindlichkeit auf die Sporen von Schimmelpilzen bzw. Makromoleküle wie Proteine, Enzyme oder metabolische Nebenprodukte. Allergene Wirkung durch Schimmelpilzsporen ist von der individuellen Prädisposition sowie vom allergenen Potential der Sporen abhängig. Bei Kontakt mit menschlichen Schleimhäuten setzen die Sporen Substanzen frei, die bei dem Allergiker z. B. Fließschnupfen, Husten, Niesanfälle, Nesselfieber oder Asthma auslösen. Grundsätzlich sind alle Schimmelpilze geeignet, Allergien hervorzurufen. Hierbei handelt es sich um Typ I- Allergien, sowie Typ III - und IV Allergien. Die Typ I-Allergie wird durch IgE-Antikörper vermittelt. Beim Kontakt des Körpers mit dem Schimmelpilz-Allergen kann es zu einer Bildung von spezifischen IgEAntikörpern kommen (Sensibilisierung). Die spezifischen Antikörper werden an die Oberfläche von Mastzellen gebunden und bei erneutem Einwirken des Antigens führt die Bindung des Antigens an den Antikörper zu einer Histamin-Freisetzung aus Mastzellen (allergische Reaktion). Allergische Rhinitis, chronische Rhinosinusitis (CRS), allergische Pilzsinusitis (AFS), Asthma, exogen allergische Alveolitis (EAA) und allergische bronchopulmonale Aspergillose gehören zu den schimmelpilzbedingte Allergien. Geruchsbelästigung durch MVOC (Microbial Volatile Organic Compounds). Über Freisetzung von flüchtigen organischen Verbindungen verursachen Schimmelpilze ein schlechtes Raumklima, das in der Regel mit modrigem Geruch einhergeht. Das kann zu unspezifischen Beeinträchtigungen, wie Schleimhautreizungen und Kopfschmerzen führen. Die MVOC umfassen Verbindungen mit Siedepunkten von 0° bis 250°C und können einem breiten Spektrum unterschiedlicher chemischer Stoffklassen zugeordnet werden. Bisher wurden etwa 30 solcher Verbindungen identifiziert, die von Schimmelpilzen gebildet werden können. Die von Schimmelpilzen freigesetzten MVOC mit Reizwirkung zählen vor allem zu den Stoffgruppen der Alkohole, Ester, Aldehyde und Ketone. Substanzen wie Geosmin, 1-Octen-3-ol oder 3-Methylfuran sorgen z. B. für den typischen Schimmelgeruch in der Raumluft. Toxische Reaktionen: Schimmelpilze können ebenso wie Zerfallsprodukte aus ihrer Zellwand (Glukane) auf Haut und Schleimhäute durch Freisetzung von Entzündungsmediatoren aus Epithelzellen und Makrophagen toxische Wirkung haben. (Douwes et al. 1997). Mykotoxine wie z.B. Aflatoxine, sind eine häufige Ursache von Lebensmittelvergiftungen, wenn verschimmelte Lebensmittel verzehrt wurden. Sie können aber auch über die Raumluft unspezifische gesundheitliche Probleme wie Kopf- und Gliederschmerzen, Schleimhautreizungen und erhöhte Infektanfälligkeit hervorrufen. Zu der Gruppe der toxischen Reaktionen gehören das organic dust toxic syndrom (ODTS) und die diffuse pulmonale Hämorrhagie bei Kindern. Irritationen: Unter der Einwirkung von schimmelpilzhaltigen Aerosolen werden kurzfristig auftretende Entzündungen von Haut, Bindehaut und Schleimhäuten beschrieben. Zu dieser Gruppe gehören: Irritationen der Haut wie Austrocknen der Haut, Jucken und Exantheme wurden als Ergebnis von Schimmelpilz-Expositionen beschrieben (allergische Dermatitis). Irritationen und Entzündungen der Augen können als Folge einer Schimmelpilzbelastung auftreten (Keratitis, Konjunktivitis). Pilzmetabolite wie VOCs können nicht nur unangenehm riechen, sondern auch in höheren Konzentrationen Heiserkeit, Husten und Atembeschwerden verursachen. Es wurden Symptome im Bereich der Schleimhäute der unteren Atemwege verbunden mit grippeähnlichen Allgemeinsymptomen wie Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen berichtet. Pilzinfektionen (Mykosen): Infektionen durch Schimmelpilze im Innenraum sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit lokaler oder allgemeiner Abwehrschwäche. Lokale Infektionen sind auf die Eintrittspforte beschränkt, systemische Infektionen breiten sich von dort auf dem Blutweg in andere Organsysteme aus. Die infektiöse Wirkung spielt vor allem bei immungeschwächten Menschen eine Rolle. Bei abwehrgeschwächten Personen können normalerweise harmlose Schimmelpilze durch Besiedelung schwere Mykosen hervorrufen. Hierzu gehören in erster Linie die Immunsuppression nach Organtransplantation und die zytostatische Behandlung von Tumoren. Daneben können auch chronische Lungenerkrankungen, Diabetes und schwere Infektionen die Invasion von Schimmelpilzen begünstigen. Eine Assoziation zwischen feuchten Wohnungen, Milben und/oder Schimmelpilzen und Atemwegserkrankungen wurde häufig beschrieben. Weitere Faktoren wie individuelle Empfindlichkeit, andere biologische Verunreinigungen der Wohnung, chemische Schadstoffe, Tabakrauch spielen hier eine wichtige Rolle. Das Wachstum von Schimmel in Wohnräumen ist auf alle Fälle unerwünscht und wenn immer möglich zu vermeiden. Allergische bronchopulmonare Aspergillose (ABPA) Infektion des Atemtraktes durch Aspergillus-Arten mit allergischen Symptomen Invasive Aspergillose (IA) Infektion eines Gewebes durch Aspergillus-Arten Aspergillom kugeliges Myzelwachstum in einer Körperhöhlung z. B. Nasennebenhöhlen Exogen-allergische Alveolitis (EAA) Chronische Entzündung der Lungenbläschen mit allergischen Reaktionen Candidiasis Infektion mit Candida-Hefen Sick Building Syndrome (SBS) gebäudebezogene Störung des Allgemeinbefindens Zygomykosen Infektion mit Zygomyzeten Histoplasmose Infektion mit Histoplasma capsulatum Sporotrichose Infektion mit Sporothrix schenkii Blastomykose Mykose durch Blastomyces dermatitidis Mykotoxikosen Vergiftung durch Mykotoxine Endophthalmitis Infektion/Entzündung der Netzhaut Konjunktivitis Infektion/Entzündung der Bindehaut des Auges Dermatomykose Hautmykose Onychomykose Nagelmykose Otomykose oder Otitits externa Ohrmykose Phaeohyphomykose Mykosen durch braun pigmentierte Schimmelpilzhyphen Chromoblastomykose Mykosen durch Schwärzepilze mit Knotenbildung in der Unterhaut Myzetom Blasige, eitrige Schimmelpilzinfektion des Unterhautgewebes Subkutane Mykose Mykose des Unterhautgewebes Sinusitis Infektion der Nasen- und Stirnhöhlen Opportunistische Mykosen Mykosen, die bei immungeschwächten Personen auftreten Schimmelpilze in der Raumluft: Schimmelpilze benötigen zum Wachstum eine relative Luftfeuchte von 60 - 85%, in Innenräumen besiedeln sie daher vorwiegend Küchen, Keller, Bäder, Fensterecken, Klimaanlagen, Luftbefeuchter, Topfpflanzen und Lebensmittel. Die Luft in Innenräumen ist meist wärmer und nimmt deshalb mehr Wasser als die kalte Außenluft auf, die relative Luftfeuchtigkeit sollte aber 70% nicht übersteigen. Wird feuchte Luft nicht ausreichend und in geeigneter Weise abgeführt, so kann sie an verschiedenen Stellen im Haus kondensieren. Hohe Gehalte der Luftfeuchtigkeit in Wohnräumen können bauliche und/oder nutzungsbedingte Gründe haben. Baulich bedingte Ursachen: Unzureichende Isolierung, konstruktive Wärmebrücken, Neubaufeuchte, falsche Materialien und Bauteildurchfeuchtung können einige dieser Ursachen sein. Baustoffe wie Beton oder Polystyrol weisen nur eine beschränkte Wasserdampfaufnahme und Dampfdiffusion auf. Ohne gezielte Lüftung führt die deutlich verbesserte Isolation von Gebäuden zu erhöhter Luftfeuchtigkeit im Raum und zur Kondenswasserbildung an kalten Oberflächen. Defekte Wasserleitungen, schadhafte Dachabdichtung, undichtes Mauerwerk sind weitere baulich bedingte Ursachen der Schimmelpilzbildung. Problemstellen im Mauerwerk oder in Decken sowie bauliche Wasserschäden (Wasserrohrbruch, Überflutung, defekte Dichtung an einer Dusche) müssen schnell getrocknet werden. Durch die Wärmedämmung wird der Austausch zwischen (relativ) feuchter Innenluft und (relativ) trockener Außenluft verringert, regelmäßiges Lüften ist hier notwendig. Kaltwasserleitungen können ebenfalls Kondenswasser anziehen und sollten wie Warmwasserleitungen isoliert werden. Bei Dachkonstruktionen sind die Konstruktionshölzer (Sparren, Pfetten, Balken etc.) voll wärmegedämmter Dächer natürlich stärker gefährdet als die hinterlüfteten Dachkonstruktionen, bei denen eingedrungene Feuchtigkeit von der vorbeiströmenden Luft wieder abgeführt wird. Auch Dispersionsfarben oder gar wasserdampfundurchlässige Tapeten auf den Fensterlaibungen in der Küche und im Schlafzimmer begünstigen den Schimmelpilzbefall. Bei den Anstrichen sind Kalkfarben oder rein mineralische Farben auf der Basis von Calcium-Silikat den Dispersionsfarben vorzuziehen, weil sie viel Feuchtigkeit aufnehmen, an die vorbeistreichende Luft wieder abgeben und damit ein gesundes Raumklima schaffen. Benutzerbedingte Raumtemperierung Ursachen: und Falsches falsche Lüftungsverhalten, Möblierung können unzureichende Ursachen der Schimmelpilzbelastung im Innenraum sein. • Da kalte Luft wesentlich weniger Wasserdampf aufnehmen kann als warme Luft, ist die Außenluft im Winter stets trockener als die Luft in beheizten Wohnräumen. Mangelhafte Dämmung der Außenteile eines Baukörpers führt zu kalten Innenwänden und Niederschlag von Kondenswasser. Mehrmals täglich regelmäßig Stoßlüften für ca. 5 Minuten, insbesondere in Badezimmern, Küchen oder anderen Feuchtstellen ist eine wichtige Maßnahme um den Schimmelpilzbefall vorzubeugen. • Regelmäßige Kontrollen auf Pilzbesiedelung, vor allem der schwer zugänglichen Flächen. • Verwendung von leicht zu reinigendem Baumaterial, z.B. Parkett, Stein, Fliesen oder glatte Bodenbeläge. • Überprüfung von nicht isolierten Wasserleitungen wegen der Kondenswasserbildung, die zu einem Schimmelbefall führen können. • Auch die Wahl des Heizungssystems kann die Schimmelpilzbildung positiv oder negativ beeinflussen. Strahlungswärme (Kachelöfen) oder „Temperieranlagen“ bewirken, dass die Oberflächentemperatur der Wände höher ist als die der Raumluft, so dass sich dort keine Luftfeuchtigkeit niederschlagen kann und folglich keine Schimmelpilze wachsen. Sämtliche Räume nie unter 18 Grad Celsius absinken lassen. • Verbesserte Haushaltshygiene, d.h. gründliches Reinigen der Wohnung auch hinter den Möbeln und besonders der Nassräume wie Küche und Bad minimiert das Risiko, durch Pilzsporen zu erkranken. Untersuchung von Schimmelpilzwachstum im Innenraum: Eine Schimmelpilzuntersuchung wird durchgeführt bei o Sichtbaren Schimmelschäden (Größe des Befalls, Ursachen) o Überprüfung eines nicht sichtbaren Schimmelpilzbefalls (Geruchsbelästigung, gesundheitlichen Beschwerden und Feuchtigkeit oder Befall) o Sanierungskontrolle Im Rahmen einer Ortsbegehung sind die möglichen Ursachen für eine Schimmelpilzbelastung durch bauphysikalische und biologische Daten abzuklären wie z. B. relative Luftfeuchtigkeit, Luftaustauschrate, feuchte Wände bzw. Material, Temperaturdifferenzen innerhalb der Wohnung und im Tagesverlauf. Untersuchungsmethoden: Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Methoden findet man im Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung von Schimmelpilzwachstum im Innenräumen (www.umweltbundesamt.de). Einige Untersuchungsmethoden werden hier kurz beschrieben. Materialproben wie z. B. Tapete, Putz und Holz, aber auch Wasser aus dem Befeuchter raumlufttechnischer Anlagen werden untersucht, wenn sichtbarer Schimmel vorhanden oder angenommen wird. Diese werden nach Zerkleinerung im Labor in verschiedenen Verdünnungsstufen auf verschiedene Nährmedien aufgebracht und kultiviert. Die koloniebildenden Einheiten werden ausgezählt und hochgerechnet. Bei der Bestimmung bzw. der späteren Verdünnung ist darauf zu achten, dass mindesten 10 besser 20 KBE und höchstens 100 KBE pro Platte auszuzählen sind. Abklatschprobe: Bei der Abklatschprobe wird ein geeignetes Nährmedium auf eine Fläche gedrückt, von der vermutet wird, dass Schimmelpilzbefall vorliegt. Diese so gewonnene Probe bzw. das Nährmedium wird im Labor bebrütet. Bei der Methode können sich einige Pilzarten sehr gut, manche aber weniger gut vermehren. Abstrichprobe: Mit einem trockenen sterilen Wattetupfer wird eine Probe von der befallenen Oberfläche entnommen und auf die entsprechenden Agarplatten aufgetragen. Klebefilm: Mit einem Klebefilm werden die Schimmelpilzsporen von der befallenen Oberfläche abgenommen und vor Ort auf einem Objektträger befestigt. Der Nachweis der Schimmelpilze erfolgt dann mikroskopisch im Labor. Staubprobe: Eine definierte Menge des vorhanden Hausstaubes wird in dem betroffenen Raum aufgesammelt und im Labor in verschiedenen Verdünnungsstufen auf Nährmedien aufgebracht und kultiviert. Ein Nachteil dieser Methode ist, dass neben lebenden Sporen auch abgestorbene Schimmelpilzsporen und andere Bestandteile der Raumluft (z. B. Fasern, Staubpartikel u. ä.) enthalten sein können. Luftkeimsammlung: die Sporen in der Raumluft werden mit einem Luftkeimsammler (Impaktion oder Filtration) aktiv bei einem definierten Probenvolumen auf einem oder mehreren Nährmedien bzw. Filtern "eingesammelt". Die Nährmedien werden im Labor kultiviert, die koloniebildenden Einheiten ausgezählt und über das Probeluftvolumen hochgerechnet. Eine Bestimmung der Gattungen bzw. Arten der vorhandenen Schimmelpilze ist damit möglich. Auch relativ leichte und kleine Sporen werden bei dieser Messung berücksichtigt. Sedimentaionsverfahren: Bei der Messung nach dem Sedimentationsverfahren werden offene Nährmedien in dem zu messenden Raum über eine definierte Zeitspanne aufgestellt, danach im Labor kultiviert und die koloniebildenden Einheiten (KBE) ausgezählt. Eine Bestimmung der Gattungen bzw. Arten der vorhandenen Schimmelpilze ist möglich. MVOC Messung: Bei einer MVOC Messung werden gasförmige Stoffe, die beim Wachstum von Schimmelpilzen und Bakterien entstehen, gemessen. In machen Fällen sind diese Stoffe geruchlich wahrnehmbar. Gut geeignete Messverfahren hierzu sind die Sammlung mittels Aktivkohleröhrchen und einer anschließenden Analyse im Gaschromatographen oder die Probenahme mit Tenaxröhrchen in Verbindung mit einer Thermodesorption. Durch MVOC- Messungen kann teilweise ein verdeckter Schimmelpilzbefall festgestellt werden. Schimmelspürhund: Zur Feststellung verdeckter Schimmelpilzschäden werden speziell ausgebildete Hunde eingesetzt. Sanierung: Schimmelpilzwachstum im Innenraum stellt ein hygienisches Problem dar, das aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden kann. Bei nachweislichem Schimmelpilzwachstum im Innenraum müssen fachgerechte Sanierungsmassnahmen zur Beseitigung der Schimmelpilze durchgeführt werden. Eine Beseitigung des Schimmelpilzbefalls hat aber nur dann Sinn, wenn zuvor im Zuge einer Begehung die Ursachen geklärt wurden. Ein oberflächliches Entfernen eines Befalls ohne Beseitigung der Ursachen ist keinesfalls ausreichend. Bauseitige Ursachen sind zu beheben. Liegt die Ursache bei einer falschen Nutzung der Räume, sind die Raumnutzer darüber aufzuklären, wie in Zukunft ein Schimmelpilzwachstum vermieden werden kann. Nach Abschluss der Sanierung sind die Räumlichkeiten gründlich zu reinigen, es sollte eine Freimessung vorgenommen werden. Schimmelpilzwachstum an mangelhaft belüfteten Flächen kann oft durch einfache Maßnahmen (z.B. Abrücken der Möbel) verhindert werden. Bei Neubauten ist für eine verstärkte Lüftung zu sorgen, um die Restbaufeuchte abzulüften. Zusammenfassend ist das Ziel der Sanierung die Herstellung des hygienisch einwandfreien Zustandes, also die Entfernung und dauerhafte Verhinderung der Ansiedlung von Mikroorganismen, vor allem von Schimmelpilzen. Diese Sanierung wird in folgenden Schritten durchgeführt: • Erfassung der Belastungssituation (Ortsbefund, Feuchtigkeitsprofil, Keimzahlbestimmung). • Bewertung und Interpretation der Ergebnisse. • Abschottung des belasteten Bereiches und Entfernung des belasteten Materials • Desinfektion und Trocknung • Wiederaufbau und Erfolgskontrolle Sofortige Maßnahmen: Grundsätzlich sollten mit Schimmelpilz befallene Flächen nie trocken abgerieben werden (Erhöhung der Konzentration der Schimmelpilzsporen im Raum). Die bearbeiteten Flächen werden mit 80 % igem Alkohol dezinfiziert. Gezieltes Heizen und Lüften kann die Feuchtigkeit an der befallenen Stelle reduzieren und ein weiteres Schimmelpilzwachstum einschränken. Ist ein größerer Schimmelpilzschaden vorhanden, sollte der betroffene Bereich räumlich mit Plastikfolie abgeschottet werden um die Freisetzung von Sporen in die Raumluft zu unterbinden. Langfristige Maßnahmen: • Auffinden und Beseitigen der Ursachen der Schimmelpilzbildung ist die Voraussetzung einer dauerhaften Verhinderung der Schimmelpilzbelastung. Die anschließende Trocknung soll eine Rekontamination verhindern. • Befallene poröse Materialien (Tapete, Gipskartonplatten, poröses Mauerwerk, poröse Deckenverschalungen) und Einrichtungsgegenstände mit Polsterung (Sessel, Sofa) können nicht mehr gereinigt werden und sollten beseitigt werden. • Bei der Sanierung von Schimmelpilzbefall auf Materialien können sehr hohe Konzentrationen an Sporen freigesetzt werden. Eine Sanierung sollte daher nur unter geeigneten Sicherheits- und Arbeitsschutzbedingungen von fachlich qualifizierten Personen durchgeführt werden. • Des Weiteren ist zu beachten, dass z.B. für Allergiker oder Vorgeschädigte mit chronischen Erkrankungen der Atemwege sowie für Personen mit geschwächtem Immunsystem ein gesundheitliches Risiko nicht ausgeschlossen werden kann, so dass dieser Personenkreis keine Sanierungsarbeiten durchführen sollte. Schutzmaßnamen bei Sanierungsmaßnahmen: • Schimmelpilze nicht mit bloßen Händen berühren (Schutzhandschuhe). • Schimmelpilzsporen nicht einatmen (Mundschutz). • Schimmelpilzsporen nicht in die Augen gelangen lassen (Schutzbrille) • Nach den Sanierungsmaßnahmen duschen und Kleidung waschen. GRENZWERTE: Von unterschiedlichen Institutionen wurden allgemeine Richtwerte für Schimmelpilze in der Raumluft beschrieben. Eine Meßmethode wie die Impaktionsmethode wird üblicherweise eingesetzt. Die Werte sind in KBE/m3 angegeben (KBE = Koloniebilde Einheiten). Es wird angenommen, dass ab 100 KBE /m3 Raumluft nach Abzug der Außenluftwerte Allergien auftreten können. Bei einer einzigen Pilzart sind lediglich bis zu 50 KBE/m3 akzeptabel. Toxische und pathogene Pilze dürfen nur bis maximal 30 KBE/m3 nachgewiesen werden. ACGIH (American Conference of Industrial Governmental Hygienists): • < 100 KBE/m3 (normal) • 100-1000 KBE/m3 = natürliche Schwankungen, wenn typische Außenluftkeime • 1000 KBE/m3 = nur in bestimmten Bereichen wie z. B. landwirtschaftliche Betriebe AIHA (American Industrial Hygienists Association) > 1000 KBE/m3 = impliziert eine "untypische" Situation. Sind Innenraumkonzentration deutlich über Außenluft dann ist eine Innenraumquelle vorhanden CEC (Kommission der europäischen Gemeinschaft) • < 200 KBE/m3 = niedrig • < 1.000 KBE/m3 = mittel • < 10.000 KBE/m3 = hoch • 10.000 KBE/m3 = sehr hoch USOSHA (United States Occupational Safety and Health Administration) • 1.000 KBE/m3 = Kontamination/ mikrobieller Schaden • 1.000.000 Pilze/Gramm Staub = Kontamination/mikrobieller Schaden WHO (Weltgesundheitsorganisation) • 50 KBE/m3 und nur eine Schimmelpilzart = Quelle muss identifiziert werden • < 150 KBE/m3 und verschiedene Arten = kein Handlungsbedarf • < 500 KBE/m3 = in Ordnung falls nur allg. Außenluftkeime wie Cladosporium spp. Deutschland (Baubiologische Richtwerte) • < 200 KBE/m3 = keine Anomalie • < 500 KBE/m3 = schwache Anomalie; im Sinne der Vorsorge besteht langfristig Handlungsbedarf • 500 - 1.000 KBE/m3 = starke Anomalie; Sanierungen sollten umgehend durchgeführt werden • Ø 1.000 KBE/m3 = extreme Anomalie Empfehlungen um dem Schimmelbefall vorzubeugen:: Man muss auf ausreichende Wärmedämmung achten, Wärmebrücken und tote Ecken im Raum, die nicht belüftet werden können, müssen vermieden werden. Möbel und Kästen an Außenwänden können ein Risiko sein. Einen ausreichenden Wandabstand fördert die Umlüftung und beugt dem Schimmelbefall vor. Regelmäßiges und ausreichendes Querlüften und Stosslüftung um die Feuchtigkeit zu verringen ist ratsam. Auf Kunststofftapeten soll verzichtet werden, damit die Wasserdampfdiffusionsfähigkeit der Mauer nicht beeinträchtigt wird. Ao. Univ.-Prof. Dr. M. Manafi, Klinisches Institut für Hygiene und Med. Mikrobiologie, Medizinische Universität Wien, Kinderspitalgasse 15, 1095 Wien. [email protected] Tel: 0043/1/40490/79450, Fax: 0043/1/40490/9794, email: