Nachweis aktiver mikrobieller Abbauzonen im Grundwasserabstrom von Abfallablagerungen von T. Struppe, S. Kühn, C. Charle Im BMBF-Verbundvorhaben KORA wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem man mikrobielle Abbaueffekte als Teil von natural attenuation (NA) im Grundwasserabstrom von Abfallablagerungen nachweisen kann. Davon ausgehend, dass mikrobieller Abbau von organischen Inhaltsstoffen zu einer Erhöhung der Bakterienzahlen im Grundwasser führt, können durch die Quantifizierung von Bakterien im Grundwasserabstrom aktive Abbauzonen kostengünstig erkannt und lokalisiert werden. An insgesamt neun Abfallablagerungen in Deutschland wurden hierzu Grundwassermessstellen im An- und Abstrom beprobt und die vorhandenen Bakterien mit dem Fluoreszenzfarbstoff DAPI (4’,6-Diamidino-2-phenylindol-dihydrochlorid) gefärbt und ausgezählt. Parallel dazu wurden die Grundwasserhauptinhaltsstoffe und der DOC bestimmt, um eine Abnahme der Stoffkonzentrationen zu belegen. Die Ergebnisse belegen, dass es keinen generellen „Hintergrundwert“ für die Anzahl an Bakterien im Grundwasser von Lockergesteinsaquiferen gibt. Ein Anstieg der Bakterienzahlen kann also nur durch einen lokalen Vergleich mit dem Anstrom ermittelt werden. In den meisten Fällen war ein solcher Anstieg der Bakterienanzahl am Rande der Ablagerungen, wo auch die höchsten Konzentrationen an Grundwasserinhaltsstoffen zu finden sind, am größten. Durch Emissionen toxischer Inhaltsstoffe können jedoch die aktiven Abbauzonen aber verschoben werden, so dass aktive Abbauzonen erst in größerer Entfernung von den Ablagerungen auftreten. Eine Erhöhung der Bakterienzahlen im Grundwasserabstrom findet ferner nur durch Emissionen im Bereich über dem geogenen Hintergrund statt, so dass eine Erhöhung der KBE/ml gegenüber dem Anstrom als deutliches Zeichen für mikrobiellen Abbau gewertet werden kann. Die Effektivität der Abbauzonen werden überwiegend vom Abfallinventar und der Art und Stärke der Emissionen sowie dem Volumen der Abfallablagerung bestimmt. Die Methode der Bestimmung von Gesamtzellzahlen mittels des fluoreszierenden Farbstoffs DAPI stellt eine routinemäßig durchführbare Methode dar, mit der bakterielle Abbauzonen (NA-Zonen) im Grundwasser von Abfallablagerungen nachweisbar sind. Thomas Struppe Struppe & Dr. Kühn Umweltberatung GbR Hochspannungsweg 22 12359 Berlin [email protected] Nachweis aktiver mikrobieller Abbauzonen im Grundwasserabstrom von Altablagerungen durch Quantifizierung der Bakterien Von Thomas Struppe, Stephan Kühn und Christoph Charlè* Struppe & Dr. Kühn Umweltberatung GbR * Protekum Umweltinstitut GmbH Die untersuchten Abfallablagerungen Ablagerung Größe [m³] Befüllungs- Abfallarten zeitraum Berlin 1 1500.000 1963-72 HM, Schl, SM, GM Berlin 2 150.000 1965-75 BS, Bo, BM Berlin 3 400.000 1965-75 BS, Bo, BM Berlin 4 50.000 1952-60 HM, BS, Schl 1930-2009 HM Sachsen-Anhalt 1 5900.000 HM= Hausmüll, Schl=Schlacke, SM=Schlämme, GM=Gewerbemüll, BS=Bauschutt, Bo=Bodenaushub, As=Asche, SpM=Sperrmüll, Ga=Gartenabfälle, BE=Bleicherden (aus Margarineindustrie) 1 Die untersuchten Abfallablagerungen Ablagerung Größe [m³] Befüllungszeitraum Abfallarten Sachsen-Anhalt 2 600.000 1992- HM, BS, As Niedersachsen 220.000 1963-87 HM, SpM, GM, BS SchleswigHolstein Brandenburg 60.000 1966-2004 BS, Bo, Ga, BE 50.000 1980-92 HM HM= Hausmüll, Schl=Schlacke, SM=Schlämme, GM=Gewerbemüll, BS=Bauschutt, Bo=Bodenaushub, As=Asche, SpM=Sperrmüll, Ga=Gartenabfälle, BE=Bleicherden (aus Margarineindustrie) Methodik Probenahme nach DIN 38 402 T 13 mit Grundfos MP1-Pumpe Probenvolumen 50 ml teilweise mit Formaldehyd fixiert 1 ml Probe mit 10 µl DAPI (4’,6-Diamidino-2-phenylindoldihydrochlorid) versetzt 30 Min bei Raumtemperatur stehen lassen Filtration über einen schwarzen Membranfilter 2 x Spülen mit je 1 ml Igepal-Lösung 10 Gesichtsfelder unter dem Fluoreszenzmikroskop auszählen Umrechnung auf KBE/ml 2 Definition der „Neutralmessstellen“ Von den Emissionen der Abfallablagerung nicht beeinflusste GWMS als Vergleichsmaßstab Entweder im Anstrom gelegen oder in weiterer Entfernung im Abstrom Konzentration der Grundwasserhauptinhaltsstoffe unter dem 84,1%-Perzentil (760 mg/L) Grundwasserhauptinhaltsstoffe sind Na, K, Ca, Mg, Fe, Mn, HCO3, NO3, NH4, Cl, SO4 und TOC Ergebnisse der DAPI Färbung an der Abfallablagerung Berlin 1 3000000 2500000 KBE/ml 2000000 1500000 1000000 500000 0 4007 5001 10 m 20 m 5002 4125 60 m 80 m 5003 120 m 5004 200 m 3 Grundwasserhauptinhaltsstoffe an der Ablagerung Berlin 1 Ergebnisse der DAPI Färbung an der Ablagerung Sachsen-Anhalt 2 5000000 4500000 4000000 3500000 KBE/ml 3000000 2500000 2000000 1500000 1000000 500000 0 GWMS 1 Anstrom GWMS 2 20 m GWMS 3 200 m GWMS 4 400 m 4 Grundwasserhauptinhaltsstoffe an der Ablagerung Sachsen-Anhalt 2 Anstrom 20 m 200 m 400 m Organische Einzelstoffe Toxikol. Relevanz Cyclohexen, 3-(bromomethyl)- relevant 3-Oxatricyclo[4.1.1.0(2,4)] octane, 2,7,7-trimethyl- unbekannt 2-Chloro-5-methylaniline hoch relevant (-)-à Phenethylurethane unbekannt n-Pentyl-methylphosphonofluoridate relevant Phlorobutyrophenone unbekannt 2-Propanol, 1-chloro-,phosphate (3:1) hoch relevant Benzylbutylphtalat relevant Dodecan, 2-methyl- unbekannt Dibutylphtalate relevant Heptacosane unbekannt 3,4-Hexanedione, 2,2,5-trimethyl unbekannt 5 Korrelation KBE/ml mit dem Nährstoffgehalt (DOC) Korrelation KBE/ml und Grundwasserhauptinhaltsstoffe 6 Korrelation zwischen KBE/ml und Nährstoffen bzw. Grundwasserhauptinhaltsstoffen Korrelationskoeffizient KBE/ml und DOC mit allen GWMS (43) 0,524 ohne die Ablagerungen mit toxischen Emissionen (36 GWMS) 0,857 z Hohe Nährstoffgehalte sind nicht immer emissionsbedingt (moorige Böden) z Korrelationskoeffizient zwischen KBE/ml und Grundwasserhauptinhaltsstoffen mit allen GWMS 0,373 ohne 0,823 z z z Korrelation zwischen Bakterienanzahl und Emissionsstärke ist offenbar nicht linear. Beeinflussung durch Milieuverhältnisse. Je mehr Sauerstoff vorhanden ist, desto mehr Bakterien sind bei geringen Gesamtbelastungen vorhanden Die Korrelation ist nicht mehr gegeben, wenn die Konzentration der GWhauptinhaltsstoffe unter 800 mg/L liegt, dies entspricht in etwa der ubiquitären Belastung Technische Voraussetzungen z z z Grundwassermessstellen müssen mindestens ein halbes Jahr möglichst ein Jahr alt sein, da sonst Beeinflussung der mikrobiellen Besiedlung durch Messstellenbau zu groß ist GWMS sollten nicht zu weit voneinander entfernt sein, um Einflüsse der Emissionen von anderen differenzieren zu können Schwebstoffe können die Auszählung der Bakterien behindern (kann durch alternative Farbstoffen verbessert werden) 7 Schlussfolgerungen z z z z Es gibt keinen allgemeinen Hintergrundwert für die Anzahl an Bakterien in unbeeinflusstem Grundwasser Die Ermittlung eines Anstiegs der Bakterienzahlen ist nur durch Vergleich mit einer lokalen Neutralmessstelle möglich Eine signifikante Erhöhung der Bakterienanzahl weist aktive Abbauzonen im Grundwasser nach Im Bereich des geogenen Hintergrunds ist diese Abhängigkeit nicht mehr signifikant Wir möchten den folgenden Einrichtungen und Personen danken BMBF- PTJ Protekum Umweltinstitut GmbH Fr. Dr. Kuhlmann, Inst. F. Wasserforschung Schwerte Fr. Dr. Szewzyk, Umweltbundesamt Berlin und Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit 8