Das Heliumatom Seminar zur Atom- und Molekülphysik Emmanuel Stamou 16. Mai 2007 Emmanuel Stamou Das Heliumatom Inhalt Helium in alten Quantenmechanik (Bohr) Helium in neuen Quantenmechanik (Wellenbild) Resonanzen und Autoionisation Chaoseffekte Emmanuel Stamou Das Heliumatom Alte Quantenmechanik Einführung 1913 von Niels Bohr Beschreibung des Wasserstoffatoms 1 Elektron als klassisches Teilchen 2 Quantisierung des Drehimpulses bzw. der Energie des Elektrons Diskrete Elektronenbahnen 3 Ergebnis Sehr gute Beschreibung des Wasserstoffspektrums Nächster Schritt ∧ Heliumatom = Drei-Körperproblem Emmanuel Stamou Das Heliumatom Alte Quantenmechanik Einführung 1913 von Niels Bohr Beschreibung des Wasserstoffatoms 1 Elektron als klassisches Teilchen 2 Quantisierung des Drehimpulses bzw. der Energie des Elektrons Diskrete Elektronenbahnen 3 Ergebnis Sehr gute Beschreibung des Wasserstoffspektrums Nächster Schritt ∧ Heliumatom = Drei-Körperproblem Emmanuel Stamou Das Heliumatom Alte Quantenmechanik Einführung 1913 von Niels Bohr Beschreibung des Wasserstoffatoms 1 Elektron als klassisches Teilchen 2 Quantisierung des Drehimpulses bzw. der Energie des Elektrons Diskrete Elektronenbahnen 3 Ergebnis Sehr gute Beschreibung des Wasserstoffspektrums Nächster Schritt ∧ Heliumatom = Drei-Körperproblem Emmanuel Stamou Das Heliumatom Semiklassische Versuche Hoffnung: Helium 1. nicht-triviales Prbblem der Atomphysik Vorgehensweise: Suche nach Orbitalen für die zwei Elekronen. Wissenschaftler: Bohr, Heisenberg, Born, Sommerfeld, Landé, Kramers, Van Vleck,... Randbedingungen Dem Grundzustand entspricht ein Orbital mit zwei Elektronen Elektronen bewegen mit bestimmten Symmetrien um den Kern Stöße zwischen Elektronen und Kern sicht nicht erlaubt Quantenzahlen sind ganze Zahlen Abbildung: Semiklassische Orbitale Emmanuel Stamou Das Heliumatom Jahr 1913 1921 1921 1922 1922 1923 1998 Wissenschaftler Bohr Langmuir Langmuir Van Vleck Heisenberg Kramers Bergeson (exp.) -E 3,06 2,17 2,31 2,765 2,904 2,762 2,903 693 775 Abbildung: Negative Grundzustandsenergie des Heliumatoms in atomaren Einheiten Ergebnisse: Sehr enttäuschend, mit großen Abweichungen von den damaligen Messungen. Alte QM konnte nichtmal den Grundzustand von Helium beschreiben. Anmerkung: Heisenbergs Ergebniss wurde nie veröffentlicht und ist als Zufall zu betrachten. Ausweg: Radikal neue Theorie. Emmanuel Stamou Das Heliumatom Neue Quantenmechanik Werner Heisenberg (1926) Matrizenmechanik Unschärferelation Arbeit ’’Quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen’’ Erwin Schrödinger (1926) ∧ Schrödingergleichung = Wellengleichung für Teilchen ∂ ~2 i~ ∂t ψ(r, t) = − 2m ∆ψ(r, t) + V (r, t)ψ(r, t) Äquivalenz dieser Formulierung zur Matrizenmechanik Emmanuel Stamou Das Heliumatom Neue Quantenmechanik Werner Heisenberg (1926) Matrizenmechanik Unschärferelation Arbeit ’’Quantentheoretische Umdeutung kinematischer und mechanischer Beziehungen’’ Erwin Schrödinger (1926) ∧ Schrödingergleichung = Wellengleichung für Teilchen ∂ ~2 i~ ∂t ψ(r, t) = − 2m ∆ψ(r, t) + V (r, t)ψ(r, t) Äquivalenz dieser Formulierung zur Matrizenmechanik Emmanuel Stamou Das Heliumatom Dreikörperproblem im Wellenbild Hamiltonoperator im Ruhesystem des Kerns Ĥ = − ~2 2 2µ ∇r1 − ~2 2 2µ ∇r2 − ~2 M ∇r1 · ∇r2 − Ze 2 4π0 r1 − Terme Kinetische Energie der Elektronen Polarisatiosterm aus der Transformation zum Ruhesystem des Kerns Potentiele Energie der Elektronen ohne gegenseitige Wechselwirkung Wechselwirkungsterm ∧ µ = reduzierte Masse = ∧ M = Masse des Kerns me M me +M Emmanuel Stamou Das Heliumatom Ze 2 4π0 r2 + e2 4π0 r12 Dreikörperproblem im Wellenbild Hamiltonoperator im Ruhesystem des Kerns Ĥ = − ~2 2 2µ ∇r1 − ~2 2 2µ ∇r2 − ~2 M ∇r1 · ∇r2 − Ze 2 4π0 r1 − Terme Kinetische Energie der Elektronen Polarisatiosterm aus der Transformation zum Ruhesystem des Kerns Potentiele Energie der Elektronen ohne gegenseitige Wechselwirkung Wechselwirkungsterm ∧ µ = reduzierte Masse = ∧ M = Masse des Kerns me M me +M Emmanuel Stamou Das Heliumatom Ze 2 4π0 r2 + e2 4π0 r12 Dreikörperproblem im Wellenbild Hamiltonoperator im Ruhesystem des Kerns Ĥ = − ~2 2 2µ ∇r1 − ~2 2 2µ ∇r2 − ~2 M ∇r1 · ∇r2 − Ze 2 4π0 r1 − Terme Kinetische Energie der Elektronen Polarisatiosterm aus der Transformation zum Ruhesystem des Kerns Potentiele Energie der Elektronen ohne gegenseitige Wechselwirkung Wechselwirkungsterm ∧ µ = reduzierte Masse = ∧ M = Masse des Kerns me M me +M Emmanuel Stamou Das Heliumatom Ze 2 4π0 r2 + e2 4π0 r12 Dreikörperproblem im Wellenbild Hamiltonoperator im Ruhesystem des Kerns Ĥ = − ~2 2 2µ ∇r1 − ~2 2 2µ ∇r2 − ~2 M ∇r1 · ∇r2 − Ze 2 4π0 r1 − Terme Kinetische Energie der Elektronen Polarisatiosterm aus der Transformation zum Ruhesystem des Kerns Potentiele Energie der Elektronen ohne gegenseitige Wechselwirkung Wechselwirkungsterm ∧ µ = reduzierte Masse = ∧ M = Masse des Kerns me M me +M Emmanuel Stamou Das Heliumatom Ze 2 4π0 r2 + e2 4π0 r12 Dreikörperproblem im Wellenbild Hamiltonoperator im Ruhesystem des Kerns Ĥ = − ~2 2 2µ ∇r1 − ~2 2 2µ ∇r2 − ~2 M ∇r1 · ∇r2 − Ze 2 4π0 r1 − Terme Kinetische Energie der Elektronen Polarisatiosterm aus der Transformation zum Ruhesystem des Kerns Potentiele Energie der Elektronen ohne gegenseitige Wechselwirkung Wechselwirkungsterm ∧ µ = reduzierte Masse = ∧ M = Masse des Kerns me M me +M Emmanuel Stamou Das Heliumatom Ze 2 4π0 r2 + e2 4π0 r12 Näherungen Schrödinger-Gleichung ist nicht separabel Sinnvolle Näherungen werden gemacht Kernmasse Beobachtung: m M ≈ 10−4 Annahme: M = ∞ Folge: Polariationsterm wird vernachlässigt Emmanuel Stamou Relativistische Effekte Alle relativistische Effekte werden vernachlässigt. Spin wird durch Pauli-Prinzip berücksichtigt. Das Heliumatom Independent Particle Model Untersuchung der qualitativen Struktur des Helium-Spektrums Die e-e-Wechselwirkung wird vernachlässigt, um den “ungestörten Hamiltonian“ H0 aus Einteilchenoperatoren zu erhalten. Ĥ 0 Ĥ0 1 wird vernachlässigt r12 Z 1 Z 1 = − ∇2r1 − − ∇2r2 − 2 r1 2 r2 = (1) (2) = ĥ0 + ĥ0 Diese Einteilchenoperatoren entsprechen Wasserstoffhamiltonians, deren Eigenzustände ψni ,li ,mi (~ri ) bekannt sind. Daraus können die Eigenfunktionen Ψ0 (~ r1 , r~2 ) von Ĥ0 kostruiert werden. Konstruktion h i Identische Teilchen ⇒ P̂, Ĥ0 = 0 ⇒ Ψ0 (~ r1 , r~2 ) symmetrisch oder antisymmetrisch. Unter Berücksichtigung des Pauli-Prinzips wird komplette Basis erzeugt. Emmanuel Stamou Das Heliumatom Resultate Ĥ0 Ψ(0) (~ r1 , r~2 ) En(0) 1 ,n2 (0) r1 , r~2 ) Ψ0 (~ = E (0) Ψ(0) (~ r1 , r~2 ) Z2 1 = − 2 n2 + n12 1 = 2 Z 3 −Z (r1 +r2 ) π e Das Spektrum muss mit dem Wechselwirkungsterm korrigiert werden. e-e-Abstoßung wird jede Energie vergrössern. Emmanuel Stamou Das Heliumatom Störungstheorie für Grundzustand 0 Idee: Repulsionsterm Ĥ = Störung betrachtet werden. 1 r12 klein bzgl. Ĥ0 kann also als kleine Störungsrechnung 1. Ordnung (1) E0 (0) 0 (0) = hΨ0 |Ĥ |Ψ0 i Z 1 = |ψ(~ r1 )|2 |ψ(~ r2 )|2 d 3 r1 d 3 r2 r12 5 = Z 8 Rechnung in Kugelkoordinaten und Entwicklung von 1 r12 mithilfe von Legendre Polynomen. (1) Somit ist: E0 = E (0) + E0 = −Z 2 + 58 Z −→ 5% Abweichung vom Grundzustand. Emmanuel Stamou Das Heliumatom Variationsmethode Idee: Die beste Eigenfunktion des Grundzustandes minimiert dessen Energie. Funktional Bedingung E [Φ] = hΦ|H|Φi E0 ≤ E [Φ] −→ δE = 0 Welche Variationsvariablen wählen? Diskussion Elektronen im Grundzustand schirmen sich gegenseitig ab. Elektronen sehen nicht Ladung Z sondern effektive Ladung Ze Also Wellenfunktion Φ(~ r1 , r~2 ) = Emmanuel Stamou Ze3 −Ze (r1 +r2 ) π e Das Heliumatom Funktional D E [Φ] = Φ T1 + T2 − Z r1 − Z r2 + E 1 r12 Φ Jeder Term wird einzel behandelt. Minimierung Berechnetes Funktional ∂E ∂Ze = 2Ze − 2Z + 5 −→ Ze = Z − 16 E [φ] ≡ E (Ze ) = Ze2 − 2Z + 85 Ze 5 2 Damit ist: E (Ze ) = − Z − 16 −→ 2% Abweichung vomGrundzustand. Emmanuel Stamou Das Heliumatom 5 8 =0 Mit entsprechenden Methoden und Korrekturen sind Grundzustand und einzelangeregte Zustände mit guter Präzision berechnet worden. Methoden Störungstheorie mehrerer Ordnungen Geeignetere Basis von Eigenfunktionen (Hylleraas; Byron und Joachain) Kombination von Störungsrechnung und Variationsprinzip Emmanuel Stamou Korrekturen Masse des Kerns Korrektur mit reduzierte Masse µ Polarisationsterm Störungsrechnung Relativistik Entwicklung des Hamiltonoperators Das Heliumatom Schnellkurs durch angeregte Zustände Angeregte Zustände Jeder angeregte Zustand besitzt auch eine Lebensdauer (Fermis Goldene Regel). Lebensdauer bedeutet, dass angeregte Zustände als Resonanzen auftreten. → Resonanzen entsprechen komplexe Energieeigenwerte E. Resonanz: ∧ Position = Re(E ) ∧ Breite = −2 · Im(E ) Bei doppelangeregten Zuständen sind n1 , n2 > 1 Emmanuel Stamou Das Heliumatom Spektrum und Autoinistation Abbildung Bei jeder Spalte ist die Quantenzahl des “inneres“ Elektrons fest Striche entsprechen diskreten Zweielektronen-Zuständen Kontinuierliche Bereiche entprechen den Kontinua Vertikal sind die Eigenenergien der Resonanzen aufgetragen Emmanuel Stamou Das Heliumatom Spektrum und Autoinistation Beobachtungen Zu jedem diskreten Zustand ab n1 > 1 gibt es mindestens ein Kontinuum mit gleicher Energie. Je größer n1 desto mehr Nachbar-Kontinua gibt es. Für großes n1 (ab n1 = 5) übelappen sogar die Serien diskreter Zustände mit unterschiedlichen n1 . Emmanuel Stamou Das Heliumatom Autoionisation Es gibt zwei Zerfalls-Möglichkeiten für doppelangeregten Zustand! Übergang in niederenergetischen diskreten Zustand Übergang in Nachbar-Kontinuum Autoionisation Der Effekt indem ein diskreter Zweiteilchen-Zustand strahlungslos in einen Kontinuum zerfällt nennt man Autoionisation und dieser ist oft viel wahrscheinlicher als andere Zerfälle. Doppelangeregte Zustände sind also eine Mischung aus einem diskrete Zustand |ϕ i und einen Kontinuumszustand! Z |E i = aϕ |ϕ i + |ε ibε dε Dabei ist die Energie des Zustands der komplexe Energieeigenwert: E = E0 − i Emmanuel Stamou Γ 2 Das Heliumatom Experiment: Bestimmung von Zuständen ist nicht zugänglich. Man mißt Übergänge Theorie: Zwei Möglichkeiten für einen diskreten Anfangszustand |i i angeregt zu werden: Anregung in den gemischten Zustand |E i Anregung in Kontinuumszustand Vergleich beider Übergangswahrscheinlichkeiten durch R. R= |hE |D̂|ii|2 |hε|D̂|ii|2 Dabei ist D̂ der elektrische Dipoloperator. Emmanuel Stamou Das Heliumatom Experiment: Bestimmung von Zuständen ist nicht zugänglich. Man mißt Übergänge Theorie: Zwei Möglichkeiten für einen diskreten Anfangszustand |i i angeregt zu werden: Anregung in den gemischten Zustand |E i Anregung in Kontinuumszustand Vergleich beider Übergangswahrscheinlichkeiten durch R. R= |hE |D̂|ii|2 |hε|D̂|ii|2 = (qΓ/2) + (ε − E0 ) (ε − E0 )2 + (Γ/2)2 Dabei ist D̂ der elektrische Dipoloperator. Die Form von R ist ein Fano-Profil und kann experimentell gemessen werden. Die Form des FanoProfis hängt vom shape index q(ε, E0 , |i i ) ab. Emmanuel Stamou Das Heliumatom Nummerische Methoden Bis vor 10 Jahren lag das Experiment hinter der Theorie bei der Bestimmung des Heliumspektrums. Der Grund war das Fehlen monochromatisches Lichtes für spektroskopische Experimente hoher Auflösung. Heute ist es genau umgekehrt. Experiment Doppelangeregte Resonanzen bis zu n = 26 Theorie Nummerisch bis n = 20 Nummerische Methoden Feshbachs Projektions-Formalismus Adiabatische hypersphärische Approximation: Dabei wird eine Koordinaten-Transformation gemacht zum Elektron-Elektron-Vektor ~ und zum Vektor Kern-Elektronenmitte-Vektor. R wird als R langsamändernde Variable betrachtet, um SG-Gleichung zu separieren. R-Matrix Methode Konfigurierte Hartee-Fock Methode Komplexe Rotation Emmanuel Stamou Das Heliumatom Komplexe Rotation Suche: Resonazen mit Positionen und Breiten Weg: Wähle möglichst große Basis und diagonalisiere H Problem: Wegen des Nachbar-Kontinuums erhält man nummerisch nicht die Resonanzen sondern das Kontinuum. Ausweg: Klevere Koordinatentranformation Koordintentransformation x → e iθ x, p → e −iθ p wobei θ ein reeler Winkel ist Hamiltonian 2 p̂ Ĥ = e −2iθ 21 + p̂22 2 − e −iθ Z r1 + Emmanuel Stamou Z r2 + e −iθ r12 Das Heliumatom Komplexe Rotation Folgen Ĥ symmetrisch aber nicht mehr hermitisch Kontinuums-Schnitte werden um 2θ rotiert Resonanzen werden aufgedeckt Nun wählt man eine möglichst große Basis aus quadratintegrablen Eigefunktionen und diagonalisiert Ĥ. Abb. Einfluss koplexer Rotation auf Kontinua und Resonanzen Emmanuel Stamou Das Heliumatom Chaoserscheinungen im Heliumspektrum Vertikal ist die Energie der Resonanzen aufgetragen Bei jeder Serien bleibt die Quantenzahl des inneren Elektrons konstant Emmanuel Stamou Das Heliumatom Rydberg Regime ∆n 1 Kein Einfluss der e-e-WW wegen vollständiger Abschirmung Wasserstoff + Quantum Defekt Jeder Resonanz werden eindeutige Quantenzahlen zugeordnet Kleine reguläre Realteile Kleine reguläre Imaginärteile Emmanuel Stamou Das Heliumatom Wigner Regime Kleiner Einfluss der e-e-WW Zuordnung von Quantenzahlen immer noch gut Kleine Resonanzbreiten Irregularitäten im Realteil Keine Energieformel beschreibt die Energien Resonanzen spüren das unterliegende Chaos Emmanuel Stamou Das Heliumatom Ericson Regime Imaginärteile wachsen nicht mehr monoton Völlig chaotische überlappende Resonanzen Emmanuel Stamou Das Heliumatom Zusammenfassung Alte Quantenmechanik ◦ Semiklassische Modelle ◦ Misserfolg Neue Quantenmechanik ◦ Independent particle model ◦ Störungstheorie ◦ Variationsprinzip Doppelangeregte Zustände ◦ Autoionisation ◦ Nummerische Methoden ◦ Sensitivität der Resonanzen zu M Emmanuel Stamou Das Heliumatom