w w t zc . w -b er e .d n li ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722/5067 Informationen für Ärzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. Übersicht Therapie der Enzephalitis Die Enzephalitis ist definiert als die Manifestation eines inflammatorischen Prozesses im Gehirn mit klinischen Zeichen pathologischer neurologischer Funktionen.1 Das Syndrom der akuten Enzephalitis beinhaltet zahlreiche klinische Befunde der akuten Meningitis (Fieber, Schmerzen, Bewusstseinsstörungen). Es ist daher wichtig, beide Diagnosen beim individuellen Patienten zu berücksichtigen. Andere Symptome mit Dominanz bei Patienten mit Enzephalitis sind lokale neurologische Symptome, Krampfzustände, Wesensveränderungen sowie akute kognitive Dysfunktionen. Von Bedeutung ist es, die infektiöse Enzephalitis zu unterscheiden von der postinfektiösen oder Postimmunisations-Enzephalitis, auch Enzephalomyelitis genannt. Diese letzteren Syndrome werden zumeist von immunologischen Vorgängen verursacht, die durch eine vorangegangene antigene Stimulation eines Infektionserregers oder durch andere Antigene z.B. im Rahmen einer Vakzination gesehen werden. Derartige Syndrome werden auch als akute disseminierte Enzephalomyelitiden bezeichnet. Ätiologie Eine Vielzahl von Erregern wird in der Ätiologie der Enzephalitis beschrieben. Allerdings bleibt bei vielen Erkrankungen (32 % - 75 %) trotz intensiver diagnostischer Untersuchungen die Ätiologie unklar. In einer großen Studie mit 1570 Erkrankungen über einen Zeitraum von sieben Jahren wurde die Ätiologie nur in 29 % der Erkrankungen gesichert bzw. als sehr wahrscheinlich beurteilt. 2 Von diesen Fällen erwiesen sich 69 % als viral ausgelöst, 20 % als bakteriell, 7 % durch Prione, 3 % durch Parasiten und 1 % durch Pilze. Unter den viralen Erregern sind mit Abstand Herpes simplex-Viren führend, dabei sind HSV1-Infektionen häufiger im Erwachsenenalter, HSV2-Infektionen finden sich mehr bei Neugeborenen. Weitere virale Erreger sind Enteroviren, andere Herpes-Viren und in den USA zu- 6/2008 Inhalt Übersicht — Therapie der Enzephalitis Seite 51-52 Wichtige Erreger in Klinik und Praxis ( 30 ) — Burkholderia Neueinführung – Rifaximin Seite 53 Seite 53 -56 Enteritis — Unnötiger Antibiotikagebrauch — Vakzination bei Reisediarrhö? Seite 56 Seite 56 C. difficile — Ein „schwieriger“ Erreger? — Rifaximin-Resistenz Seite 56 -57 Seite 58 Mittel der Wahl – Vancomycin: problematisch bei MRSA-Sepsis? – Fluconazol empirisch bei Intensivpatienten? – Neue Vakzine gegen H5N1-Inf luenza – Probiotika bei der Pankreatitis? Seite 58 Seite 58 Seite 58 -59 Seite 59 Veterinärmedizin und Resistenz – Antibiotikaverbrauch – MRSA-Kolonisation bei Schweinen Seite 59 Seite 59- 60 Pharmakokinetik – Moxif loxacin in der Prostata nehmend auch West-Nil-Viren. Unter den bakteriellen Erregern ist Mycoplasma pneumoniae der häufigste nachgewiesene Keim, wobei die Bedeutung allerdings unklar ist. Dieser Erreger ist nicht neurotropisch und wird nur sehr selten innerhalb des zentralen Nervensystems nachgewiesen. Diagnostik Trotz einer eher seltenen ätiologischen Klärung sollte der Nachweis einer Ursache diagnostisch angestrebt werden. Vor dem Hintergrund epidemiologischer Daten können die diagnostischen Untersuchungen gezielter durchgeführt werden. So sind anam- Seite 60 nestische Hinweise bezüglich Infektionserkrankungen im Wohngebiet, jahreszeitlicher Saison, geografischer Lokalisation sowie Reiseanamnese, Freizeitaktivitäten, berufliche Expositionen, Insektenkontakte, Tierkontakte, Impfanamnese und der immunologische Status des Patienten von Bedeutung. Basierend auf diesen Informationen sollte die Diagnostik für jeden Patienten individualisiert werden. Kulturen von Blut, Liquor, Stuhl, Nasopharynxabstrichen und Sputum sind häufig erforderlich. Serologische Untersuchungen akut und in der Rekonvaleszenzphase sowie Biopsien aus spezifischem Gewebe (z. B. Lymphknoten) für Kulturen, Antigenbestimmungen, PCR- 51 November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. Zeitschrift für Chemotherapie Analysen und histopathologischen Untersuchungen sollten erwogen werden. Jeder Patient mit einer Enzephalitis sollte ein MRT des Gehirns erhalten; ein FDG-PET wird nicht routinemäßig empfohlen. Erforderlich ist weiterhin unbedingt die Analyse des cerebrospinalen Liquors, indem z.B. spezifische virale IgM-Antikörper gegen zahlreiche Viren diagnostisch wegweisend sein können. Darüber hinaus kann über die Analyse des Liquors eine Beteiligung von Bakterien und Pilzen ausgeschlossen werden. Der Einsatz von Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren (z.B. PCR) bei der Analyse des Liquors kann insbesondere bei Virusinfektionen durch Herpesviren die Diagnose relativ schnell sichern. Ein EEG wird ebenfalls bei allen Patienten mit Enzephalitis empfohlen. Therapie Obwohl zahlreiche Viren eine Enzephalitis verursachen können, ist eine spezifische antivirale Behandlung nur möglich bei Infektionen durch Herpesviren, insbesondere durch Herpes simplex-Virus. Je früher diese Behandlung gegen eine Herpes simplex-Enzephalitis begonnen wird, umso eher wird ein tödlicher oder ein komplikationsreicher Verlauf verhindert. Aciclovir (ZOVIRAX u.a.) sollte bei allen Patienten mit dem Verdacht auf eine Enzephalitis so schnell wie möglich eingesetzt werden bis die Ergebnisse der diagnostischen Untersuchungen vorliegen. Weitere empirisch zu verabreichende antimikrobielle Substanzen sollten sich an anamnestisch zu erhebenden spezifischen epidemiologischen oder klinischen Befunden orientieren (z.B. Exposition als Arzt oder Krankenschwester mit vermehrtem Risiko gegenüber VZV, HIV, Influenza-Viren, Masern-Virus usw.). Auch sollte bei klinischer Indikation oder Verdacht auf eine bakterielle Meningitis eine antibiotische Therapie eingeleitet werden und bei Patienten mit Verdacht auf Rickettsien- oder Ehrlichiosisinfektionen während bestimmter Jahreszeiten sollte Doxycyclin (VIBRAMYCIN u.a.) zusätzlich verabreicht werden. Spezifische Behandlung Nach Erhalt einer endgültigen ätiologischen Klärung der vorliegenden Infektion kann eine spezielle Therapie vorgenommen werden. Bei Herpes simplex-Virusinfektionen wird Aciclovir als Mittel der Wahl in einer Dosierung von 10 mg/kg intravenös alle acht Stunden täglich bei Erwachsenen und Kindern über 14 bis 21 Tage gegeben. Bei Neugeborenen wird neuerdings eine höhere Dosis mit 20 mg/kg i.v. alle acht Stunden über drei Wochen empfohlen, was die Letalität auf 5 % gesenkt hat. In retrospektiven Analysen 52 der Herpes simplex-Virus-Enzephalitis erwies sich die Letalität nach 18 Monaten mit 28 % als sehr hoch. Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf waren ein höheres Alter über 30 Jahre, die Tiefe der Bewusstseinsstörung und die Dauer der Symptomatik von über vier Tagen vor Beginn der Aciclovir-Therapie. Die Letalität konnte auf 8 % gesenkt werden, wenn mit der Therapie innerhalb der ersten vier Tage nach Beginn der klinischen Symptomatik begonnen werden konnte. Rückfälle einer Herpes simplex-Enzephalitis wurden in 8 % bei Neugeborenen beobachtet, soweit die Dauer der Therapie auf zehn Tage begrenzt wurde. Ein negatives PCR-Ergebnis im Liquor am Ende der Therapie war mit einem günstigen Verlauf assoziiert. Die zusätzliche Gabe von Kortikosteroiden wurde bisher nur in einer retrospektiven Studie bei 45 Patienten analysiert, wobei diejenigen ohne Kortikosteroid-Therapie einen ungünstigeren Verlauf aufwiesen. 3 Die Behandlung einer Varizella-ZosterVirus-Enzephalitis entspricht der Herpes simplex-Virus-Therapie. Eine Behandlung über 10 bis 14 Tage mit Aciclovir in einer Dosis von 10 bis 15 mg/kg i.v. alle acht Stunden ist Therapie der Wahl. Die optimale Therapie einer Cytomegalie-Virus-Enzephalitis ist noch nicht eindeutig definiert. Ganciclovir (CYMEVEN u.a.) in einer Dosierung von 5 mg/kg i.v. alle 12 Stunden über zwei bis drei Wochen wird empfohlen, jedoch sind therapeutische Misserfolge recht häufig. Eine Kombination aus Ganciclovir (5 mg/kg i.v. alle 12 Stunden) plus Foscarnet (FOSCAVIR) (60 mg/ kg i.v. alle acht Stunden oder 90 mg/kg i.v. alle 12 Stunden) wurde über drei Wochen gegeben, gefolgt von einer Erhaltungstherapie. Diese Kombination war erfolgreich bei HIV-infizierten Patienten mit einer Verbesserung und Stabilisierung bei 74 % von 31 Patienten mit einer CMV-Enzephalitis oder Myelitis.4 Da eine CMV-Enzephalitis praktisch nur im Rahmen einer ausgeprägten zellulären Immunsuppression auftritt, sollte parallel auch angestrebt werden, die immunsuppressive Therapie – soweit wie klinisch vertretbar – zu reduzieren. Die Replikation von Epstein-Barr-Viren in vitro wird durch Aciclovir vermindert; eine Metaanalyse von fünf klinischen Studien ergab jedoch keinen Erfolg der Therapie mit Aciclovir bei der infektiösen Mononukleose. 5 Kortikosteroide waren in Einzelfällen bei neurologischen Komplikationen durch Epstein-Barr-Virusinfektionen mit enzephalomyelitischer Beteiligung erfolgreich und wurden insbesondere bei Patienten mit erhöhtem intrakranialen Druck eingesetzt. Diese Mitteilungen deuten auf einen günstigen Effekt der Steroide bei ausgewählten Patienten hin, jedoch muss das mögliche Risiko einer derartigen Therapie bezüglich der ungünstigen Beeinflussung einer Virusin- fektion oder auch Verzögerung der Diagnose eines AIDS-bedingten ZNS-Lymphoms berücksichtigt werden. Bei Knochenmarktransplantierten Patienten kann sich eine Infektion durch humanes Herpes-Virus-6 manifestieren. Kontrollierte klinische Studien zur optimalen Therapie liegen nicht vor, jedoch werden Ganciclovir oder Foscarnet allein oder in Kombination bei einer derartigen Enzephalitis empfohlen. Therapeutische Hinweise bei anderen Virus-induzierten Enzephalitiden sind ebenfalls nicht in kontrollierten Studien belegt. So wird bei Masern-Virus-Enzephalitis Ribavirin (REBETOL u.a.) bei schweren Verläufen empfohlen, wobei die Substanz für mindestens zwei bis drei Wochen verabreicht werden sollte. Oseltamivir (TAMI FLU) wurde bei Kindern mit Influenza B-assoziierter Enzephalitis eingesetzt, wobei der zusätzliche therapeutische Effekt im Rahmen des Krankheitsverlaufes nicht sicher beurteilt werden konnte. Zusätzliche unspezifische therapeutische Ansätze wie die Gabe von Interferon alpha oder Immunglobulinen zeigten in begrenzten kontrollierten Studien keine positiven Effekte. ZUSAMMENFASSUNG: Die infektiöse Enzephalitis stellt unverändert eine diagnostische Herausforderung an den behandelnden Arzt dar. Jeder Patient sollte ein MRT und eine Analyse des Liquor cerebrospinalis erhalten. Die Ätiologie einer Enzephalitis wird in vielen Fällen ungeklärt bleiben. Unter den Infektionserregern dominieren Viren, insbesondere Herpes simplex-Viren sind in bis zu 15 % der Fälle führend. Die sofort einzuleitende empirische antimikrobielle Therapie sollte deshalb mit Aciclovir (ZOVIRAX) intravenös in optimaler Dosis bis zum Erhalt der diagnostischen Ergebnisse eingeleitet werden. Bei klinischer Indikation muss unbedingt auch eine bakterielle Meningitis antibiotisch mit behandelt werden. Nach Erhalt der endgültigen Ätiologie sollte eine spezifische Behandlung soweit wie möglich vorgenommen werden; eine empirisch eingeleitete und nicht effektive Therapie sollte hingegen konsequenter Weise abgesetzt werden. 1. TUNKEL, A.R. et al. Clin Infect Dis 2008; 47: 303 - 327 2. GLASER, C.S. et al. Clin Infect Dis 2006; 43: 1565 - 1577 3. KAMEI, S. et al. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2005; 76: 1544 - 1549 4. ANDUZE-FARIS, B.M. et al. AIDS 2000; 14: 517 - 524 5. TORRE, D. und TAMBINI, R. Scand J Infect Dis 1999; 31: 543 - 547 Zeitsc November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. Zeitschrift für Chemotherapie Wichtige Erreger in Klinik und Praxis (30) Burkholderia cepacia Morphologie und Kultur: Der Name Burkholderia cepacia (früher Pseudomonas cepacia) leitet sich von dem amerikanischen Mikrobiologen Walter Burkholder ab, der den Keim erstmals 1950 aus faulenden Zwiebelknollen isolierte. Heute werden unter der Bezeichnung Burkholderia cepacia -Komplex mindestens zehn nahe verwandte Spezies zusammengefasst (Genomovare), die vereinfachend auch als Burkholderia cepacia bezeichnet werden. Es handelt sich um ca. 1 x 2,5 μ m große aerobe gramnegative Stäbchenbakterien mit polarer Begeißelung. Die Burkholderiaarten sind wie die Pseudomonaden nicht in der Lage, Kohlenhydrate zu verwerten, und werden folglich den sogenannten „Non-Fermentern“ zugeordnet. Der Nachweis des Erregers im mikrobiologischen Routinelabor ist aufgrund der genotypischen und phänotypischen Vielfalt schwierig (s. u.). Pathogenese und Krankheitsbilder: Burkholderia cepacia ist ein primär pflanzenpathogener Keim, der in feuchter Umgebung und im Boden vorkommt. Das natürliche Habitat sind Gewässer sowie der Knollenbereich von Gemüse (z. B. Zwiebeln) und anderen Pflanzen. Nachdem in den 70er Jahren zunächst nur Berichte über den Nachweis von Burkholderia cepacia bei Patienten mit Mukoviszidose (Synonym: Zystische Fibrose, CF) erschienen waren, wurde 1984 in Toronto (Kanada) erstmalig ein endemieartiges Auftreten des Erregers bei CF-Patienten mit z. T. schweren Infektionen bekannt. Burkholderia cepacia gilt heute als einer der wichtigsten Erreger bei CF-Patienten. Darüber hinaus wurde er als Erreger von Pneumonien bei Patienten mit chronischer Granulomatose sowie als nosokomialer Erreger bei immunkompetenten Patienten beschrieben. Die Übertragung erfolgt in der Regel aerogen. Dabei stellen mit Burkholderia cepacia besiedelte Patienten die größte Gefahr für eine Übertragung dar. Im Privatbereich kann eine Kontamination auch über die orale Aufnahme von Wasser oder Pflanzenteilen erfolgen. Die wichtigste Infektionsquelle im Krankenhaus stellen kontaminierte Desinfektionsmittel dar. Die Besiedlung erfolgt im Respirationstrakt, wo der Erreger mit Hilfe von Pili und anderen Faktoren an Epithelzellen adhäriert, in die er anschließend penetrieren und sich dort vermehren kann. Die genauen Pathomechanismen sind jedoch noch nicht geklärt. Der Krankheitsverlauf kann sehr unterschiedlich sein. Bei den Neueinführung Rifaximin – eine sinnvolle Option bei Reisediarrhö? Die Diarrhö stellt eine im Allgemeinen selbstlimitierende Komplikation bei Reisen dar, die in Abhängigkeit von dem Reiseziel in sehr unterschiedlicher Häufigkeit auftreten kann. Mehrere antibakteriell wirksame Arzneimittel stehen zur Therapie der Reisediarrhö zur Verfügung. Am häufigsten werden Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.), Cotrimoxazol (COTRIM u.a.) und Azithromycin (ZITHROMAX u.a.) angewandt. Klinische Studien im Vergleich mit Placebo haben gezeigt, dass die Dauer der Erkrankung durch eine antibakteriell wirksame Substanz um ca. 1 bis 2,5 Tage verkürzt meisten Patienten verschlechtert sich die Lungenfunktion nicht, während in ca. 20 % der Fälle eine akut verlaufende nekrotisierende Pneumonie mit Sepsis auftritt (sogenanntes Burkholderia cepacia -Syndrom). Dabei scheint der Verlauf der Infektion zum einen von der Virulenz des Erregers und zum anderen von den individuellen Faktoren der betroffenen CF-Patienten bestimmt zu sein. Aufgrund der im Vergleich zu Pseudomonas aeruginosa deutlich höheren Infektiosität dürfen mit Burkholderia cepacia besiedelte CF-Patienten nicht mit anderen CF-Patienten in Kontakt kommen. Diagnostik und Resistenzsituation: Der Nachweis des Erregers erfolgt durch Anzucht aus Respirationstraktmaterialien. Die Identifizierung ist allerdings nicht einfach. Bei der Verwendung der üblichen kommerziellen Testverfahren oder Selektivmedien wurden Burkholderia cepacia oft falsch identifiziert oder übersehen. Der Gebrauch spezieller phänotypischer Tests erlaubt zwar eine bessere Abgrenzung, insbesondere zu Burkholderia gladioli, Stenotrophomonas maltophilia oder Ralstonia spp.; für eine eindeutige Zuordnung von Bakterien zu den Genomovaren des Burkholderia cepacia -Komplexes ist aber die Anwendung molekularbiologischer Methoden erforderlich. Burkholderia cepacia zeichnet sich durch eine Resistenz gegen zahlreiche Antibiotika aus. Von Natur aus besteht eine Resistenz gegen Aminoglykoside und Polymyxine. Darüber hinaus besteht meist eine Resistenz gegen zahlreiche Betalaktam-Antibiotika, die auf der Produktion chromosomal-kodierter Betalaktamasen oder veränderter Penicillinbindeproteine beruht. Therapie: Die Therapie umfasst in der Regel mehrere Antibiotika. Die höchsten Sensibilitätsraten wurden für Ceftazidim (FORTUM) und Piperacillin/Tazobactam (TAZOBAC) berichtet; auch die Carbapeneme, Tetrazykline, Fluorchinolone und Chloramphenicol sind in vitro teilweise wirksam. Die in-vitroAktivität besitzt aber nur einen geringen prädiktiven Wert für die therapeutische Anwendung bei CF-Patienten, weil die Erregerelimination aus dem Sputum auch durch in vitro wirksame Antibiotika meist nicht gelingt. Als Ursache für diese Beobachtung kommt die Fähigkeit der Erreger zur Biofilmbildung in Betracht. Die wichtigste therapeutische Maßnahme stellt somit die konsequente Bronchialtoilette dar. werden kann. Mit Rifaximin (XIFAXAN) steht nun ein weiteres Medikament zur Verfügung, das vor kurzem zur „Behandlung der durch nicht-invasive enteropathogene Balkterien verursachten Reisediarrhö bei Erwachsenen“ zugelassen wurde.1,2 Antibakterielle Aktivität, Spektrum Rifaximin ist ein halbsynthetisches Derivat des Rifampicins (RIFA u.a.), das sich von diesem durch einen zusätzlichen Pyridoimidazolrest unterscheidet. Es handelt sich nicht um einen neu entwickelten Wirkstoff: die Eigenschaften der Substanz werden bereits seit 1983 in der medizinischen Literatur beschrieben. Ebenso wie andere Rifamycine blockiert auch Rifaximin die bakterielle RNS-Synthese durch Hemmung der ß-Untereinheit der DNS-abhängigen RNS -Polymerase. Gegenüber den wichtigsten Erregern einer Reisediarrhö, wie zum Beispiel Salmonellen oder ETEC (Enterotoxin-bildende E. coliStämme) liegen die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK90 -Werte) bei 4 bis 64 mg/l. Im Vergleich mit Ciprofloxacin sind dies sehr hohe Konzentrationen. Die Aktivität des Chinolons ist wesentlich ausgeprägter: nur 0,016 bis 0,25 mg/l sind notwendig für eine Hemmung dieser Erreger. Eine Wirksamkeit des Rifaximins angesichts der hohen MHK-Werte lässt sich durch die beträchtlichen Konzentrationen des Antibiotikums erklären, die im Stuhl erreicht werden. Angesichts der Gemeinsamkeiten zwischen Rifaximin und Rifampicin liegt es nahe, die Möglichkeit einer Selektion von resistenten Stämmen des Tuberkuloseerregers M. tuberculosis zu überprüfen. Die bisher verfügbaren Daten aus gezielt durchgeführten Studien zu dieser Fragestellung lassen kein entsprechendes Risiko erkennen. 3 53 Zeitschrift für Chemotherapie November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. Pharmakokinetische Eigenschaften Nach oraler Gabe werden weniger als 0,4 % einer oral verabreichten Rifaximin-Dosis resorbiert. Die maximalen Plasmakonzentrationen lagen daher auch nur bei ca. 0,004 mg/l (3,8 ng/ml). Die Eliminationshalbwertzeit beträgt etwa 6 Stunden. Das Antibiotikum wird fast vollständig unverändert mit dem Stuhl ausgeschieden. Bei Patienten mit Reisediarrhö, die drei Tage lang mit 2 x täglich 400 mg Rifaximin behandelt wurden, wurde die Konzentration des Antibiotikums im Stuhl nach Abschluss der Behandlung mit 7961 μ g/g Stuhl bestimmt.4 In vitro wurde gezeigt, dass Rifaximin ähnlich wie Rifampicin zu einer Induktion von Monooxygenasen führt. Ein beschleunigter Metabolismus von Midazolam (DORMICUM u.a.) aufgrund einer möglichen Induktion von Cytochrom-P450-Enzymen konnte in klinischen Studien jedoch nicht nachgewiesen werden; offenbar sind die systemisch erreichten Konzentrationen nicht ausreichend für eine Enzyminduktion Klinische Studien Bei gesunden Freiwilligen, die bereits vier Dosen von 200 mg Rifaximin erhalten hatten, wurde eine Infektion mit Shigella flexneri verhütet, während sechs von zehn Probanden in der Placebogruppe eine Infektion aufwiesen. Andererseits entwickelten 13 von 15 Probanden nach Gabe von S. flexneri trotz Einnahme von Rifaximin eine Diarrhö und erhielten zur Therapie Ciprofloxacin. In Placebo-kontrollierten Vergleichsstudien bei Patienten mit Reisediarrhö konnte gezeigt werden, dass Rifaximin signifikant besser wirksam ist als Placebo und hinsichtlich einer Verkürzung der Krankheitsdauer nicht weniger wirksam ist als Ciprofloxacin. Bei Gabe eines Placebos (n = 101) vergingen insgesamt 65 Stunden vom Beginn der Behandlung einer Reisediarrhö bis zum letzten ungeformten Stuhl; diese Zeit konnte bei Gabe von dreimal täglich 200 mg Rifaximin auf 32 Stunden reduziert werden (n = 197). Es bestand kein signifikanter Unterschied zur Verkürzung dieses Zeitintervalls auf 28,8 Stunden nach Behandlung mit Ciprofloxacin (2 x 500 mg tgl.) bei 101 Patienten in der Vergleichsgruppe. 2,5 Die Rifaximin-Behandlung war unwirksam bei der Mehrzahl von 46 Patienten, bei denen vor der Therapie invasive Erreger nachgewiesen worden waren (einschließlich Salmonella spp. und Shigella spp.) und nur vier von 17 Patienten, bei denen C. jejuni isoliert wurde und die mit Rifaximin behandelt wurden, zeigten eine Besserung. Die Häufigkeit einer Reisediarrhö war unter prophylaktischer Gabe von Rifaximin in einer Dosierung von dreimal täglich 200 54 Strukturformel von Rifaximin mg über zwei Wochen deutlich niedriger als bei Gabe eines Placebos (13 % vs. 54 %). 2 Verträglichkeit, Wechselwirkungen Rifaximin war in den klinischen Zulassungsstudien gut verträglich. Art und Häufigkeit der unerwünschten Ereignisse waren ähnlich wie unter Placebogabe. Trotz der geringen Bioverfügbarkeit kann Rifaximin zu einer rötlichen Verfärbung des Urins führen. Über eine mögliche Beeinflussung der Östrogene bei gleichzeitiger Einnahme von oralen Kontrazeptiva ist wenig bekannt. Zu alternativen kontrazeptiven Maßnahmen wird jedoch geraten, wenn die Verhütung mit einer so genannten „Mikropille“ mit weniger als 50 μ g Östrogengehalt erfolgt.1 Hinsichtlich der Risiken einer Rifaximingabe während der Schwangerschaft gibt es unterschiedliche Bewertungen. In den USA wird auf das teratogene Potenzial der Substanz hingewiesen, obwohl das Antibiotikum kaum resorbiert wird. Zu den im Tierexperiment beobachteten Fehlbildungen gehören Kieferveränderungen, Augenfehlbildungen und Gaumenspalten. In der deutschen Fachinformation (SPC) heißt es dagegen: „Aus Tierversuchen ergeben sich keine Hinweise auf [...] schädliche [...] Auswirkungen auf die embryonale/fötale Entwicklung“. Das Medikament soll während der Schwangerschaft „nur unter strenger Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses und unter direkter ärztlicher Aufsicht“ angewendet werden. Die Umsetzung dieser Empfehlung in der Praxis ist nicht nachvollziehbar. ZUSAMMENFASSUNG: Rifaximin (XI FAXAN) ist ein lang bekanntes Antibiotikum, das nun zur Behandlung der Reisediarrhö zugelassen wurde. Die Aktivität gegen die relevanten Erreger, wie zum Beispiel Enterotoxin-bildende E. coli -Stämme, ist deutlich geringer als die, der sonst bei dieser Indikation eingesetzten Antibiotika. Aufgrund der hohen Konzentration des kaum resorbierbaren Antibiotikums im Stuhl wird jedoch eine ausreichende antibakterielle Wirkung erreicht. Die klinischen Studien zeigen für Rifaximin eine gleich gute Wirksamkeit wie für Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.). Die Verträglichkeit in den klinischen Zulassungsstudien war gut. 1. XIFAXAN, Fachinformation (SPC), Norgine, Niederlande, Stand: 08/2008 2. ROBINS, G.W. und WELLINGTON, K. Drugs 2005; 65: 1697 - 1713 3. SORO, O. et al. Clin Microbiol Infect 1997; 3: 147 - 151 4. JIANG, Z. D. et al. Antimicrob Agents Chemother 2000; 44: 2205 - 2206 5. FDA Clinical study RFID3001 (www.fda.gov/cder) ANMERKUNG DER REDAKTION: Eine Reisediarrhö im Sinne der Indikation für XIFAXAN ist eine „in einem mediterranen, subtropischen oder tropischen Land erworbene Diarrhö bei Reisenden“.1 Angesichts dieser exakt definierten Indikation, stellt sich die Frage, ob es sich bei einer Einnahme des Präparates zur Behandlung einer in der Ukraine oder im Himalaya erworbenen Reisediarrhö um einen „off label use“ handelt. Zumindest bei Reisen nach Italien kann empfohlen werden, das Präparat in Italien und nicht in Deutschland zu kaufen. Unter dem Handelsnamen NORMIX kostet es dort 8,76 Euro und ist damit deutlich preiswerter als in Deutschland (39,85 Euro). Hinweis: Dieser Artikel ist einer von 150 ausführlichen Beschreibungen von Arzneimitteln zur antiinfektiösen Therapie, die auf unserer Internetseite www.zct-berlin.de unter der Rubrik „Neueinfuehrungen/ Kurzbeschreibungen“ zur Verfügung stehen. Rifaximin bei Morbus Crohn? Als Ursache eines Morbus Crohn wird eine fehlerhafte Immunreaktion auf die intestinale Mikroflora angesehen. Demnach könnten Antibiotika einen Nutzen im Rah- Zeitschrift für Chemotherapie November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. 55 November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. Zeitschrift für Chemotherapie men der Therapie dieser chronisch-entzündlichen Darmerkrankung haben. Bei akuten Schüben, insbesondere wenn die Erkrankung auch das Kolon betrifft oder bei septischen Komplikationen, werden häufig Ciprofloxacin (CIPROBAY u.a.) oder Metronidazol (CLONT u.a.) angewandt. Die Ergebnisse der zugrunde liegenden klinischen Studien sind allerdings nicht eindeutig und die unerwünschten Wirkungen der verwendeten Antibiotika müssen bei einer Therapieentscheidung berücksichtigt werden. In einigen Kasuistiken wird über die positiven Wirkungen von Rifaximin (XIFAXAN) bei Patienten mit M. Crohn berichtet. So beobachteten Ärzte in Florida (USA) eine Besserung der Symptomatik bei drei von fünf Patienten, bei denen ein M. Crohn neu diagnostiziert wurde. Sie wurden mit Rifaximin in einer Dosierung von 800 mg täglich für mindestens drei Monate behandelt. Die Autoren beschreiben eine überraschend deutliche Besserung bei diesen Patienten, die 26 bis 31 Wochen lang das Antibiotikum als einziges Medikament erhielten.1 In Italien wurde in einer Doppelblindstudie die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer speziellen, magensaftresistenten Zubereitung von Rifaximin bei Patienten mit M. Crohn untersucht. Die Patienten erhielten entweder Placebo (n = 29) oder Rifaximin in einer Dosierung von einmal (n = 25) oder zweimal (n = 29) täglich 800 mg. Nach 12 Wochen wurde eine klinische Remission bei 52 % der Patienten erzielt, die zweimal täglich Rifaximin erhalten hatten, bei niedriger Dosierung oder bei Behandlung mit Placebo waren es 32 % bzw. 33 %. Die Unterschiede zwischen den Gruppen waren statistisch nicht signifikant. 2 FOLGERUNG DER AUTOREN: In einigen Kasuistiken wird ein therapeutischer Nutzen von Rifaximin (XIFAXAN) bei Patienten mit M. Crohn beschrieben. In einer Doppelblindstudie an insgesamt 83 Patienten wurde im Vergleich zu Placebo kein statistisch signifikanter Therapieerfolg festgestellt. Weitere, kontrollierte Studien sind notwendig, um den möglichen Nutzen und eventuelle Risiken dieses Antibiotikums bei Patienten mit M. Crohn zu definieren. 1. SHAFR AN, I. und BURGUNDER, P. Am J Gastroenterol 2008; 103: 2158 - 2160 2. PR ANTER A, C. et al. Aliment Pharmacol Ther 2006; 23: 1117 - 1125 Enteritis Unnötiger Antibiotikagebrauch bei akuten Diarrhöen Eine Antibiotikatherapie bei akuten Diarrhöen ist sehr selten indiziert und die 56 derzeitigen Empfehlungen verlangen eine positive Stuhlkultur, bevor eine antimikrobielle Behandlung eingeleitet wird. In einer umfangreichen Studie aus dem mittleren Westen der USA analysierten Infektiologen im Zeitraum zwischen 1995 bis 2004, wieweit diese Empfehlungen in der Praxis befolgt werden. Nur 5 % (15.820) von insgesamt 315.828 Durchfallepisoden wurden mittels Stuhlkulturen diagnostiziert. 32.949 Patienten (10,4 %) erhielten allerdings eine antimikrobielle Therapie. Von diesen Patienten mit einer antibiotischen Behandlung waren nur 3.504 (10,6 %) bakteriologisch untersucht worden. In der multivarianten Regressionsanalyse ergab sich, dass Patienten mit weißer Hautfarbe, Stadtbewohner, Patienten unter einer antimikrobiellen Therapie und Patienten ohne eine gleichzeitige Diagnose einer respiratorischen Infektion häufiger bakteriologisch diagnostiziert worden waren. FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Ergebnisse dieser retrospektiven Analysen zeigten, dass viele Patienten eine unnötige antibiotische Therapie erhielten und demgegenüber nur sehr wenige bakteriologisch untersucht wurden. Eine antimikrobielle Therapie kann in Einzelfällen den Verlauf der Durchfallerkrankung ungünstig beeinflussen (Clostridium difficile) sowie zusätzlich auch die Kosten und die Resistenzrate unnötig erhöhen. CARPENTER, L.R. et al. J Infect Dis 2008; 197: 1709 - 1712 Reisediarrhö – stellt die Vakzination eine Alternative zur Antibiotikatherapie dar? Enterotoxinbildende Stämme von Escherichia coli (ETEC) sind die häufigsten Erreger einer Reisediarrhö. Jährlich sind etwa 27 Millionen Reisende betroffen. Darüber hinaus stellt die Infektion eine erhebliche Gefahr für Kinder in Entwicklungsländern dar. Es wird geschätzt, dass es zu etwa 380.000 Todesfällen unter den 210 Millionen erkrankten Kindern kommt. Eine Behandlung mit Antibiotika ist zwar möglich, aber mit den bekannten Nachteilen, wie dem Auftreten von Nebenwirkungen und einer Förderung der Resistenzverbreitung, verbunden. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass intensiv versucht wird, eine Vakzine gegen die weltweit bedeutsame Infektion zu entwickeln. Nach oraler Aufnahme kolonisiert der Erreger den Dünndarm und bildet ein hitzelabiles und ein hitzestabiles Toxin, welche die Diarrhö verursachen. Das hitzelabile Toxin spielt bei etwa zwei Dritteln der Fälle eine Rolle, eine erworbene Immunität gegen dieses Toxin schützt vor einer ETEC-verursachten Erkrankung. Aus Verträglichkeitsgründen kann es jedoch nicht oral oder parenteral verabreicht werden. Daher wurde ein spezielles Pflaster zur transkutanen Immunisierung entwickelt. Es wird auf die Haut geklebt und gibt innerhalb von sechs Stunden 37,5 μ g des Toxins ab. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit des Präparates wurden in einer Placebo-kontrollierten Phase-II-Studie an 170 Personen aus den USA überprüft, die nach Mexiko oder Guatemala reisten. Während der Vorbereitung auf diese Reise wurde das Pflaster zweimal im Abstand von zwei bis drei Wochen aufgeklebt. Unter den 111 Personen in der Placebogruppe entwickelte sich bei 24 (22 %) eine Diarrhö, bei 11 Reisenden (10 %) lag eine ETEC-Erkrankung vor. Insgesamt 9 von 59 (15 %) der immunisierten Personen erkrankten an einer Diarrhö. Bei jenen Reisenden in der Verumgruppe, die eine Diarrhö entwickelten, verlief die Erkrankung leichter und die Krankheitsdauer war signifikant verkürzt (0,5 vs. 2,1 Tage). Der Unterschied zur Placebogruppe war insgesamt nicht signifikant, bei einer Betrachtung der Fälle mit schwerem Verlauf zeigte sich allerdings ein statistisch signifikanter Unterschied zur Placebogruppe. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten nicht auf, bei etwa zwei Drittel der Teilnehmer kam es jedoch zu Juckreiz und Ausschlag an der Applikationsstelle. FOLGERUNG DER AUTOREN: Mit dem hitzelabilen Toxin aus enterotoxinbildenden E. coli-Stämmen (ETEC) konnte durch transkutane Immunisierung ein gewisser Schutz gegenüber einer Reisediarrhö erzielt werden. Die Studie war nicht umfangreich genug, um eindeutige Aussagen zur Wirksamkeit der Vakzination zu erhalten. Die Hinweise auf eine Protektion sind aber deutlich genug, um eine weitere Studie an einem größeren Kollektiv sinnvoll erscheinen zu lassen. 1. FRECH, S.A. et al. Lancet 2008; 371: 2019 - 2025 2. SOONAWALA, D. et al. Lancet 2008; 372: 1542 - 1543 C. difficile C. difficile – in der Tat ein „schwieriger“ Erreger Bereits 1935 wurde im Stuhl von gesunden Neugeborenen ein grampositives, anaerobes Zytotoxin-produzierendes Bakterium isoliert, das von den Entdeckern zunächst Bacillus difficile genannt wurde. Mit dem Namen sollte auf die Schwierigkeiten hin- Zeitsc November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. Zeitschrift für Chemotherapie gewiesen werden, die mit der Isolierung und Kultur des Erregers verbunden waren. Heute ist das Bakterium allgemein als Clostridium difficile bekannt und bereitet ganz andere Schwierigkeiten, als vor mehr als 70 Jahren vermutet werden konnte. Entsprechende Infektionen nehmen seit Jahren an Häufigkeit und Schweregrad zu. Insbesondere ältere, hospitalisierte und antibiotisch behandelte Patienten sind betroffen. In einer umfangreichen Studie wurde die Infektion bei 6,9 % (117 von 1703) der Patienten als direkte Todesursache erkannt, bei weiteren 7,5 % der Patienten trug die Infektion zum Tode bei.1,2 Vancomycin 100 90 80 * 70 60 98% 90% 97% 76% 0 leichte Infektion Toxinbildung Mit detaillierten mikrobiologischen Methoden, konnten wesentliche Veränderungen bei den Eigenschaften des Erregers nachgewiesen werden. Dabei spielt insbesondere ein Stamm eine Rolle, der in den 1980er Jahren identifiziert wurde und zunächst als BI bezeichnet wurde. Heute ist er allgemein unter der Abkürzung NAP-1/027 bekannt (vgl. ZCT 2006; 27: 21-24). Auch in Deutschland konnte dieser Stamm nachgewiesen werden; es sollte allerdings nicht vergessen werden, dass andere Stämme, wie zum Beispiel der Ribotyp 001, ebenfalls Ausbrüche verursachen können. 3 Drei Eigenschaften tragen offenbar zur erhöhten Virulenz von C. difficile bei: eine erhöhte Produktion der Toxine A und B, Resistenz gegenüber Fluorchinolonen und die Produktion eines binären Toxins. Die genaue Bedeutung dieser Faktoren ist allerdings nicht geklärt. Stämme, die ausschließlich das binäre Toxin bilden, sind offenbar nicht pathogen; andererseits lässt sich eine enterotoxische Wirkung dieses Proteins in vitro nachweisen. Die Häufigkeit von Stämmen, die das binäre Toxin produzieren, lag bei 6 % der C. difficile-Isolate. Dieser Anteil steigt durch die zunehmende Verbreitung des NAP-1/027 Stammes an. Es wird angenommen, dass das binäre Toxin für schwere Verläufe der Krankheit verantwortlich sei, weil eine synergistische Wirkung mit den wesentlichen Pathogenitätsfaktoren, den Toxinen A und B, bestehen könnte. Hinsichtlich ihres Wirkungsmechanismus unterscheiden sich die Toxine: das binäre Toxin ist mit dem iota-Toxin aus C. perfringens homolog, es besteht aus einer enzymatischen Komponente und einer Bindungskomponente. Die Toxine A und B binden ebenfalls an die Oberfläche der Darmepithelzellen, werden dann in die Zelle aufgenommen und inaktivieren die zytoplasmatischen Rho-GTPasen durch Glucosylierung. Die Glucosylierung erfolgt an einem Threoninrest, wodurch Rho-abhängige Signalprozesse blockiert werden. Als Folge kommt es schließlich zur Auflösung des Zytoskeletts und zum Tod der Zelle. Metronidazol % schwere Infektion Ansprechraten einer C. difficile-Infektion auf Behandlung mit Metronidazol oder Vancomycin in Abhängigkeit vom Schweregrad der Infektion (% der Patienten). Der Unterschied war bei Patienten mit schwerer Infektion statistisch signifikant (p=0,02) mod. nach Zar et al., 2007 Therapie von Rezidiven Bei einer Therapie von C. difficile-assoziierten Erkrankungen müssen die Änderungen hinsichtlich der Pathogenität des Erregers berücksichtigt werden. Seit dem Jahr 2000 wird zunehmend Therapieversagen nach Behandlung mit Metronidazol (CLONT u.a.) beobachtet. In einer prospektiven, direkt vergleichenden Studie wurde nur eine geringe Überlegenheit von Vancomycin (VANCOMYCIN ENTEROCAPS u.a.) im Vergleich zu Metronidazol bei leichten Verlaufsformen gesehen. Eine statistisch signifikante Überlegenheit ergab sich jedoch für das Glykopeptid bei schweren Verläufen der Erkrankung (siehe Abbildung).4 Nach erfolgreichem Abschluss einer Erkrankung kommt es häufig zu einem Rezidiv, das ein erhebliches therapeutisches Problem darstellt. Beim ersten Rezidiv werden, wie bei der Ersterkrankung, Metronidazol oder Vancomycin in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung eingesetzt. Beim zweiten Rezidiv kann eine etwa siebenwöchige Therapie mit Vancomycin in ausschleichender Dosierung nach folgendem Schema versucht werden: 1) 4 x tgl. 125 mg für 14 Tage 2) 2 x tgl. 125 mg für 7 Tage 3) 1 x tgl. 125 mg für 7 Tage 4) 1 x 125 mg alle 2 Tage (4 Dosen) 5) 1 x 125 mg alle 3 Tage (5 Dosen) Eine weitere Option besteht in der Gabe von Rifaximin (XIFAXAN). Das Antibiotikum wird aus dem Magendarmtrakt praktisch nicht resorbiert und erreicht sehr hohe Konzentrationen im Stuhl. C. difficile wird bereits durch Konzentrationen in einem Bereich von 0,015 bis 2 mg/l gehemmt, resistente Stämme wurden allerdings beschrieben. In einer kleinen Studie bei acht Patientinnen mit vier bis acht Rezidiven konnten weitere Rezidive verhindert werden 5 (vgl. ZCT 2007; 28: 38-39). Bei einem dritten Rezidiv wird es nach der initialen 14-tägigen Behandlung mit 4 mal täglich 125 Vancomycin als eine Alternative zu der Vancomycin-Behandlung in ausschleichender Dosierung empfohlen. Es sollten dann zweimal täglich 400 mg 14 Tage lang gegeben werden. 2 Weitere Erfahrungen sind allerdings notwendig, um Nutzen und Risiken des Präparates bei diesen Patienten abzuschätzen. In Deutschland ist es für diese Indikation derzeit nicht zugelassen. ZUSAMMENFASSUNG: Infektionen mit Clostridium difficile nehmen an Häufigkeit und Schweregrad zu. Insbesondere die Therapie der häufigen Rezidive bereitet Schwierigkeiten. Zur initialen Therapie werden Metronidazol (CLONT u.a.) oder Vancomycin (VANCOMYCIN ENTEROCAPS u.a.) für 10 bis 14 Tage empfohlen. Bei Rezidiven kann diese Therapie erneut versucht werden; es wird außerdem eine längerfristige Behandlung mit Vancomycin in ausschleichender Dosierung über insgesamt etwa sieben Wochen empfohlen. Alternativ kann die zweiwöchige Therapie mit Rifaximin (XIFAXAN) nach einer initialen Vancomycin-Behandlung versucht werden. 1. LOO, V.G. et al. N Engl J Med 2005; 353: 2442 - 2449 2. KELLY, C.P. und LAMONT, J. T. N Engl J Med 2008; 359: 1932 - 1940 3. GRAF, K. et al. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2008; (online) 4. ZAR, F.A. et al. Clin Infect Dis 2007; 45: 302 - 307 5. JOHNSON, S. et al. Clin Infect Dis 2007; 44: 846 - 848 57 Zeitschrift für Chemotherapie Rifaximin-resistente Stämme von C. difficile Rifaximin (XIFAXAN) ist ein Rifamycinderivat, das durch Hemmung der DNS-abhängigen RNS-Polymerase antibakteriell wirksam ist. Es weist eine recht hohe Aktivität gegen C. difficile auf und wird bei entsprechenden Indikationen derzeit klinisch geprüft. Resistente Stämme sind beschrieben worden, über die Mechanismen der Resistenz ist allerdings bisher wenig bekannt. In den USA wurde geprüft, ob sich ein kommerziell erhältlicher Test („Etest“) zum Nachweis der Resistenz auf das verwandte Antibiotikum Rifampicin (RIFA u.a.) eignet, um auch die Resistenz gegen Rifaximin zu untersuchen.1 Insgesamt wurden 80 verschiedene klinische Isolate analysiert. Die Resistenz gegen beide Antibiotika verlief in hohem Maße parallel: die minimalen Hemmkonzentrationen der Stämme waren für beide Substanzen entweder sehr hoch oder sehr niedrig (≤0,002 mg/l). Es wurden 14 Stämme mit Resistenz gegen beide Antibiotika (MHK: 32 mg/l oder höher) nachgewiesen. Als Ursache konnte eine veränderte Aminosäuresequenz in der ß-Untereinheit der RNS-Polymerase identifiziert werden. Neun der 14 Stämme gehörten zu dem BI/ NAP-1/027 Typ, der in den vergangenen Jahren für zahlreiche Ausbrüche in Nordamerika und Europa verantwortlich war. Um die Bedeutung dieses Befundes besser einschätzen zu können und um die Anwendbarkeit von Rifaximin bei Patienten mit C. difficile-Infektionen zu überprüfen, sind klinische Studien unumgänglich. Eine kontrollierte vergleichende Studie mit Rifaximin und Vancomycin wurde bereits im Dezember 2005 begonnen, ist derzeit aber noch nicht abgeschlossen. 2 FOLGERUNG DER AUTOREN: Rifaximin (XIFAXAN) wirkt gegen C. difficile bereits in niedrigen Konzentrationen. In einer mikrobiologischen Untersuchung wurde allerdings bei 14 von 80 untersuchten Stämmen eine Resistenz festgestellt. Die resistenten Isolate gehörten überwiegend zum BI/NAP1/ 027 Typ. 1. O`CONNOR, J.R. et al. Antimicrob Agents Chemother 2008; 52: 2813 - 2817 2. www.clinicaltrials.gov Mittel der Wahl Vancomycin-Therapie der MRSASepsis problematisch In den letzten Jahren ist eine Zunahme der minimalen Hemmkonzentrationen von Vancomycin (VANCOMYCIN CP u.a.) 58 November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. gegenüber Staphylokokken, insbesondere von Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) zu beobachten. In einer retrospektiven Analyse von 92 Patienten mit einer MRSA-Sepsis in New York wurde der Frage nachgegangen, wie weit ein erhöhter MHKWert mit einem therapeutischen Misserfolg verbunden sein könnte. 28 der 92 Patienten wiesen einen Behandlungsmisserfolg auf, der entweder definiert war als Letalität bis zum Tag 30 (16 Patienten), kontinuierlich positive Blutkulturen nach zehn und mehr Tagen der Behandlung (6 Patienten) oder als Sepsisrezidiv innerhalb von 60 Tagen nach Abschluss der Vancomycin-Behandlung (12 Patienten). Verglichen mit den 26 Patienten mit einem Vancomycin-MHK-Wert von < 1,5 mg/l wiesen die 66 Patienten mit einem MHK-Wert von ≥1,5 mg/l einen längeren medianen Hospital-Aufenthalt auf (21 Tage versus 10,5 Tage) und auch vermehrte therapeutische Misserfolge (36,4 % versus 15,4 %). Das Erreichen eines Talspiegels von mindestens 15 mg/l Vancomycin 72 Stunden nach Beginn der Therapie war nicht mit einer höheren Erfolgsrate assoziiert. Eine Multivarianzanalyse ergab, dass ein Vancomycin-MHK-Wert von ≥1,5 mg/l, ein hoher APACHE-II-Score und ein Körpergewicht von 112 kg und mehr unabhängige Risikofaktoren für einen Behandlungsmisserfolg waren. FOLGERUNG DER AUTOREN: Misserfolge einer Therapie mit Vancomycin (VANCOMYCIN CP u.a.) bei einer MRSA-Sepsis treten offensichtlich bei einem MHK-Wert von ≥ 1,5 mg/l signifikant häufiger auf. Allerdings waren nur sechs der 26 Therapiemisserfolge letztlich mit einem Versagen der antimikrobiellen Therapie zu erklären. Die optimale Behandlung einer MRSA-Sepsis ist bisher nicht bekannt, da randomisierte kontrollierte Studien fehlen und alternative Antibiotika wie Daptomycin (CUBICIN) bisher nicht erfolgreicher als Vancomycin waren. LODISE, T.P. et al. Antimicrob Agents Chemother 2008; 52: 3315 - 3320 Empirische Fluconazol-Therapie bei Intensivpatienten? Invasive Candida-Infektionen erhöhen die Morbidität und Letalität bei Patienten mit langem Intensivaufenthalt. Einige kleinere Studien wiesen darauf hin, dass die prophylaktische Gabe einer antimykotischen Substanz die Inzidenz derartiger Pilzinfektionen möglicherweise reduzieren kann. Diese Strategie führt jedoch dazu, dass viele Patienten ohne Candida-Infektion behandelt werden und damit das Risiko für die Ent- wicklung von resistenten Candida-Spezies vermehrt entsteht. In einer doppelblinden multizentrischen Studie wurde in den Jahren 1995 bis 2000 bei erwachsenen nichtneutropenischen Intensivpatienten mit erhöhtem Risiko einer invasiven CandidaInfektion und anhaltendem Fieber trotz breiter antibiotischer Therapie versucht, diese Frage zu klären. Als Behandlungserfolg wurde eine summarische Definition aus Fieberbeseitigung, mangelndem Nachweis einer invasiven Pilzinfektion, keinem Abbruch der Therapie wegen Unverträglichkeitsreaktionen und der mangelnden Notwendigkeit einer anderweitigen antimykotischen Therapie bewertet. Die 270 Intensivpatienten wurden randomisiert in zwei Gruppen mit täglich 800 mg Fluconazol (DIFLUCAN) intravenös oder einer Placebo-Infusion. Sie wurden über 14 Tage behandelt und dann über weitere 30 Tage nachbeobachtet. Die Erfolgsraten für den summarischen Endpunkt lagen bei 36 % in der Fluconazolgruppe und bei 38 % in dem Placebo-Vergleichsarm. FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Rate der invasiven Pilzinfektionen in dieser Studie war niedriger als erwartet. Die Ergebnisse deuten allerdings darauf hin, dass es keinen eindeutigen positiven Effekt einer empirischen Fluconazol (DIFLUCAN)-Gabe bei Intensivpatienten gab. Bessere und schnellere Labormethoden sind dringend erforderlich, um eine invasive Pilzinfektion frühzeitig zu diagnostizieren. SCHUSTER, M.G. et al. Ann Intern Med 2008; 149: 83 - 90 Neue präpandemische Vakzine gegen H5N1-Influenza-Virus Die europäische Zulassungsbehörde (EMEA) hat die erste präpandemische Vakzine gegen H5N1 Influenza-Virus zugelassen. Die Vakzine wird unter dem Namen PREPANDRIX von der Firma GlaxoSmithKline (GSK) vertrieben. Durch die Einführung einer Öl- und Wasser-adjuvanten Lösung konnte der Antigen-Gehalt auf nur 3,8 μ g reduziert werden, die Zubereitung unterscheidet sich damit deutlich von der nicht adjuvantierten Vakzine von Sanofi-Pasteur mit 90 μ g Antigen. In der GSK-Vakzine wurde das Antigen abgeleitet aus dem H5N1-Virusstamm A/Vietnam/ 1194/04, aus dem auch die frühere SanofiPasteur-Vakzine entwickelt wurde. Dieser H5N1-Vakzine-Stamm ist ein sogenanntes Clade-1-Virus, wobei allerdings in letzter Zeit der Typ Clade-2 in Südostasien dominanter geworden ist. In einer Konferenz am Seadesee in Atlanta wurde diskutiert, wie weit die derzeit verfügbaren Vakzinen schon präventiv an die Bevölkerung abge- November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. Zeitschrift für Chemotherapie geben werden sollten oder ob bis zu einem gesicherten Ausbruch einer H5N1-Pandemie abgewartet werden sollte. Die Meinungen zu dem optimalen Vorgehen sind bisher kontrovers, so könnte eine allfällige Pandemie durchaus auch von einem anderen Influenza-Serotyp ausgelöst werden. Darüber hinaus waren die Erfahrungen aus dem Jahre 1976 mit der präventiven Impfung bei dem epidemischen Ausbruch der Schweine-Influenza so ungünstig, dass die Mehrzahl der Experten ein abwartendes Verhalten empfiehlt. IDSA News; 30. Juni 2008 Probiotika gefährlich in der Prophylaxe der akuten Pankreatitis Die Inzidenz der akuten Pankreatitis in Europa und in den USA nimmt um etwa 5 % jährlich zu, vorwiegend wegen vermehrter biliärer Pankreatitis. Ein Fünftel dieser Patienten entwickelt eine nekrotisierende Pankreatitis, die mit einer 10-30 %igen Letalitätsrate verbunden ist. Ursächlich hierfür sind infektiöse Komplikationen, insbesondere Infektionen des pankreatischen bzw. peripankreatischen nekrotischen Gewebes. Eine antibiotische Prophylaxe bei diesem Krankheitsbild wurde in zwei Placebokontrollierten Doppelblindstudien als nicht wirksam evaluiert. Probiotika als Zusatz bei der enteralen Ernährung sollen dazu beitragen, derartige infektiöse Komplikationen zu vermeiden, wobei insbesondere die Normalisierung der bakteriellen Dünndarmflora, eine Wiederherstellung der gastrointestinalen Barrierefunktion sowie auch eine Modulation des Immunsystems als Wirkmechanismen angenommen werden. In einer Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie in Holland wurde der Stellenwert der Probiotika bei 298 Patienten mit einer schweren akuten Pankreatitis untersucht. Die Patienten mussten einen APACHE II-Score von ≥8 aufweisen und/oder eine CRP-Konzentration von über 150 mg/ l. Innerhalb von 72 Stunden nach Beginn der Symptome erhielten 153 Patienten eine Präparation aus Probiotika oder Placebo, diese wurden zweimal täglich über 28 Tage verabreicht. Das probiotische Produkt (Eecologic 641) bestand aus sechs unterschiedlichen Bakterienarten: Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus caseei, Lactobacillus salivarius, Lactococcus lactis, Bifidobacterium bifidum und Bifidobacterium lactis in einer gesamten täglichen Dosis von 1010 Bakterien. Der primäre Endpunkt der Studie war die Summe der infektiösen Komplikationen, wie infizierte Pankreasnekrosen, Bakteriämie, Pneumonie, Urosepsis oder infizierter Aszites; diese Komplikationen wurden während des Krankenhausaufent- haltes und bis zum Tag 90 der Nachbeobachtung erfasst. Am Ende der Studie konnten die Daten von 152 Patienten in der Probiotikagruppe und 144 in der Placebogruppe analysiert werden. Beide Gruppen unterschieden sich nicht bezüglich des Alters (59 bzw. 60 Jahre), des Geschlechtes (60 % bzw. 58 % Männer) sowie auch der Ursachen der Pankreatitis, überwiegend (61 % bzw. 52 %) handelte es sich um biliäre Pankreatitiden. Infektiöse Komplikationen traten bei 46 (30 %) der Patienten in der Probiotikagruppe und bei 41 (28 %) der Patienten in der Placebogruppe auf. 24 (16 %) Patienten in der Probiotikagruppe verstarben, verglichen mit neun (6 %) in der Placebogruppe, was statistisch hochsignifikant unterschiedlich war. Neun Patienten in der Probiotikagruppe entwickelten eine Dünndarmischämie, an denen acht verstarben; kein Patient der Placebogruppe hatte diese Komplikation. FOLGERUNG DER AUTOREN: Bei Patienten mit der Entwicklung einer schweren akuten Pankreatitis reduzierte eine probiotische Prophylaxe nicht die infektiösen Komplikationen. Im Gegenteil war die Gabe dieser Prophylaxe mit einem erhöhten Letalitätsrisiko verbunden. Eine probiotische Prophylaxe sollte daher bei derartigen Patienten nicht verabreicht werden. BESSELINK, M.G.H. et al. Lancet 2008; 371: 651 - 660 Veterinärmedizin und Resistenz Antibiotikaverbrauch in der Humanmedizin im Vergleich zur Veterinärmedizin Allgemein wird anerkannt, dass der gesamte Verbrauch an Antibiotika eng korreliert zur bakteriellen Resistenzentwicklung. In der Europäischen Union wurde daher schon vor zehn Jahren angeregt, den Antibiotikaverbrauch sowohl in der Humanmedizin als auch in der Veterinärmedizin quantitativ zu erfassen. In Frankreich wurde diese Anregung aufgegriffen und der Umfang des Antibiotikaeinsatzes zwischen 1999 und 2005 komplett erfasst. Verantwortlich hierfür waren zwei getrennte Institutionen, von denen jeweils eine entweder für den Verbrauch in der Tiermedizin oder für den Einsatz in der Humanmedizin zuständig war. Die Daten wurden vorwiegend über die Verkaufszahlen der pharmazeutischen Firmen gewonnen. Es stellte sich heraus, dass praktisch sämtliche humanmedizinisch eingesetzten Substanzen auch in der Veterinärmedizin zur Anwendung kamen. Nur wenige Ausnahmen, wie Ureidopenicilline, Monobactame, Carbapeneme, Streptogramine und Glykopeptide wurden nicht in der Tiermedizin angewandt. In der Veterinärmedizin dominierten zu 80 % vier antimikrobielle Klassen: Mit großem Abstand Tetrazykline, gefolgt von Kombinationen aus Sulfonamiden und Trimethoprim, Betalaktamen und Aminoglykosiden. In den letzten Jahren der Erfassung wurde insbesondere eine Zunahme des Einsatzes der Cephalosporine um 38 % und der Fluorchinolone um 32 % beobachtet. Die Mehrzahl der Substanzen wurde in der Tiermedizin oral verabreicht; parenteral nur etwa 10 %. Der Gesamtumfang an Antibiotika im Jahre 2005 betrug in der Veterinärmedizin 1320 Tonnen, was mit 84 mg/kg Lebendgewicht der Tiere korrespondierte. Die entsprechenden Zahlen für die Humanmedizin lagen im Jahre 2005 bei 760 Tonnen, was einer Menge von 199 mg/kg Körpergewicht entsprach. In der Humanmedizin lagen die Betalaktamantibiotika mit über 50 % an erster Stelle, gefolgt von Makroliden und Fluorchinolonen. 88 % des Antibiotikaverbrauchs in der Humanmedizin erfolgten außerhalb des Krankenhauses. FOLGERUNG DER AUTOREN: Der Verbrauch an Antibiotika sowohl in der Humanmedizin als auch in der Veterinärmedizin ist beträchtlich, wobei in beiden Bereichen praktisch die gleichen Antibiotika eingesetzt werden. MOULIN, G. et. al J Antimicrob Chemother 2008; 62: 617 - 625 MRSA-Kolonisationen bei Schweinen – Bedrohung für den Menschen? In den letzten Jahren haben Berichte über MRSA-Kolonisationen und Infektionen bei Tieren beträchtliche Aufmerksamkeit erregt. So wurde aus Kanada über das gehäufte Auftreten von MRSA-Infektionen bei Pferden berichtet und aus den Niederlanden über eine massive Verbreitung von MRSA als nasale Besiedler bei Schweinen in Mastanlagen. Auch in Deutschland sind MRSA als nasale Besiedler von Schweinen in Mastanlagen nicht selten; die Untersuchungen von Nasenabstrichen von Schweinen aus 347 verschiedenen Beständen ergab: 85 Tiere aus 62 Beständen waren positiv. Zumeist handelt es sich dabei um einen MRSA der klonalen Linie ST398, welcher ein charakteristisches molekulares Typisierungsprofil aufweist. Bei Menschen mit beruflicher Exposition ist der Nachweis von MRSA ST398 vergleichsweise häufig, so waren insgesamt 39 von 122 Beschäftigten in Schweinemastbetrieben positiv. Mit geringer Häufigkeit ist MRSA ST398 aber 59 Zeitschrift für Chemotherapie November/Dezember 2008 - 29. Jahrg. auch bei Familienangehörigen ohne Exposition nachweisbar (sieben von 53 Untersuchten). MRSA ST398 war nicht unter 108 Isolaten von S. aureus, die bei der Untersuchung von Nasenabstrichen von Bewohnern einer Stadt in Mecklenburg-Vorpommern gewonnen wurden. MRSA ST398 besitzt offenbar keine ausgeprägte Wirtsspezifität und konnte früher bereits aus Infektionen beim Hund sowie bei Pferden nachgewiesen werden. Insgesamt gesehen sind Infektionen mit MRSA ST398 bisher beim Menschen noch selten. So sind im deutschen nationalen Referenzzentrum für Staphylokokken in den Jahren 2006 und 2007 bei insgesamt 3.544 MRSA-Einsendungen nur neun Fälle (0,25 %) von Infektionen mit MRSA ST398 festgestellt worden. Vorwiegend handelte es sich dabei um Hautinfektionen (sechs). Bisher ist bei MRSA ST398 auch kein Virulenz-assoziiertes Gen, wie z.B. PantonValentin-Leukozidin (PVL), nachgewiesen worden. FOLGERUNG DER AUTOREN: Menschen, die in Schweinemastanlagen tätig sind oder Umgang mit Schlachtkörpern haben, sollten vor geplanten Operationen auf Besiedlung von MRSA ST398 untersucht werden; bei positivem Nachweis ist eine Sanierung anzustreben. RKI Epidem. Bull. 2008; 18: 141 - 144 Pharmakokinetik Moxifloxacin-Konzentrationen in Prostataflüssigkeit und Ejakulat Die chronische Prostatitis mit ihrem oft nicht charakteristischen Beschwerdebild ist eine der häufigsten Erkrankungen in der urologischen Praxis. Gramnegative und grampositive Erreger sind die dominierenden Bakterien bei der bakteriellen Prostatitis, wobei auch Erreger wie Chlamydia trachomatis, Mycoplasma spp und Ureoplasma spp als zusätzliche Erreger diskutiert werden. Fluorchinolone weisen günstige Penetrationseigenschaften in die Prostata auf und werden daher häufig bei dieser Indikation eingesetzt. Informationen über die erreichbaren Konzentrationen dieser Antibiotikagruppe sind daher von therapeutischem Interesse. Bei 12 gesunden männlichen Probanden wurden die Konzentrationen in der Prostataflüssigkeit und dem Ejakulat nach der Gabe von 400 mg Moxifloxacin oral analysiert. Die Probanden erhielten gleichzeitig 3,24 g Iohexol (OMNIPAQUE-300) intravenös, um die Urinkontamination der Prostataflüssigkeit und des Ejakulats zu be- 60 stimmen. Die Plasmakonzentrationen wurden über einen Zeitraum fortlaufend bis zu vier Stunden mittels HPLC bestimmt, auch die anderen Flüssigkeiten wurden mit dieser Methode analysiert. Die mittleren Spitzenplasmakonzentrationen des Moxifloxacins wurden nach im Mittel 1,6 ± 0,9 Stunden mit 2,8 ± 0,5 mg/l gemessen. In der Prostataflüssigkeit nach im Mittel 3,5 Stunden lagen die Moxifloxacinkonzentrationen bei 3,8 ± 1,2 mg/l und das Verhältnis der Konzentrationen zwischen Prostataflüssigkeit und Plasma lag bei 1,6 ± 0,5. Im Ejakulat wurde die Konzentration mit im Mittel 2,5 ± 0,7 mg/l bestimmt und das Verhältnis entsprechend mit 1,0 ± 0,2. Impressum WAGENLEHNER, F.M.E. et al. Int J Antimicrob Agents 2008; 31: 21 - 26 Kündigung des Abonnements jeweils drei Monate zum Jahresende. Die gewählten Produktbezeichnungen sagen nichts über die Schutzrechte der Warenzeichen aus. Zeitschrift für Chemotherapie Eichenallee 36a, 14050 Berlin Herausgeber: Prof. Dr. med. H. Lode Mitherausgeber: Prof. Dr. med. R. Stahlmann 1980 Zeitschrift für Chemotherapie (H. Lode), Berlin Redaktion: Prof. Dr. med. H. Lode (verantwortlich), Prof. Dr. med. R. Stahlmann, Frau R. Schoeller-Wiley (Fachärztin), Dr. M. Kresken, Bonn, Fr. H. Pretorius (Redaktionsassistentin). Die Zeitschrift für Chemotherapie erscheint zweimonatlich. Bezug nur im Abonnement. Jahresbezugspreise für Ärzte, Apotheker und Einzelpersonen 36,- Euro, für Studenten und Pensionäre 27,- Euro (Nachweis erforderlich), für Firmen, Behörden und andere Institutionen mit Mehrfachlesern 66,- Euro. Bestellschein FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Konzentration von Moxifloxacin (AVALOX u.a.) in der Prostataflüssigkeit lag etwa 60 % höher als im Plasma, während die Konzentrationen im Ejakulat in etwa denen der Plasmakonzentrationen entsprachen. Auf der Basis dieser günstigen pharmakokinetischen Befunde könnte Moxifloxacin auch bei der Indikation der akuten und chronischen Prostatitis mit bakterieller Ätiologie erfolgreich eingesetzt werden. Alle Rechte weltweit vorbehalten. Diese Publikation darf auch nicht auszugsweise ohne schriftliche Einwilligung des Copyright-Eigentümers auf irgendeine Weise und in irgendeiner Sprache vervielfältigt werden. Obwohl die in dieser Publikation enthaltenen Informationen mit großer Sorgfalt zusammengestellt und auf Richtigkeit geprüft wurden, übernehmen weder die Verfasser, der Herausgeber, die Angestellten oder ihre Vertreter die Verantwortung dafür, dass die Information ihre Gültigkeit behalten, noch haften sie für Irrtümer, Auslassungen oder Ungenauigkeiten in dieser Publikation, die durch Fahrlässigkeiten oder andere Ursachen entstanden sind sowie für alle sich hieraus ergebenden Folgen. Als Abonnent erhalten Sie sechs Ausgaben zum jährlichen Bezugspreis von • 36, - Euro • 27, - Euro ermäßigt für Studenten und Pensionäre • 66, - Euro für Mehrfachleser • 48, - Euro für Sendungen ins Ausland Vor- und Zuname Anschrift Datum und Unterschrift Bitte senden Sie Ihre Bestellung an den Verlag ZCT, Eichenallee 36a, D-14050 Berlin, per Fax an 030-312 47 42 oder per E-Mail an [email protected] (schriftl. Widerruf ist innerhalb eines Monats möglich). Wir bedanken uns für Ihr Interesse!