Histologische Untersuchungen zur Gefäßinnervation der distalen Gliedmaße des Pferdes unter Berücksichtigung der klinischen Anwendung bei perivaskulärer Sympathektomie Silke Buda1, H. Jaugstetter2, K.-D. Budras1 und R. Jacobi2 1Institut für Veterinär-Anatomie, FU Berlin, 2Pferdeklinik Barkhof, Sottrum 1 Zielsetzung: Zur Behandlung des Podotrochlose- und Sesamoidose-Syndroms wird in der Pferdeklinik Barkhof die perivaskuläre Sympathektomie, d. h., die Entfernung des Bindegewebes (Adventitia) und der darin verlaufenden Strukturen um die zuführenden Blutgefäße des Hufes, durchgeführt (Abb. 1). Ziel dieser Behandlung ist es, durch die Entfernung der sympathischen vasokonstriktorischen noradrenergen Fasern eine langfristige Vasodilatation und damit eine verstärkte Duchblutung der distalen Gliedmaße zu erreichen. Nach Untersuchungen von Jaugstetter et al. (2003) wird durch diese Therapie ein verstärktes Hornwachstum und eine Besserung der Symptomatik über viele Wochen beobachtet. Ziel dieser Arbeit war es, die Adventitia der Arterien und Venen in den entsprechenden Operationsfeldern zu untersuchen und die dort verlaufenden Strukturen zu bestimmen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Nervenfasern gerichtet, die die glatten Muskelzellen der Gefäßwände innervieren. Methode: Für die Untersuchung wurden die Arteria, die Vena und der Nervus digitalis palmaris / plantaris medialis und lateralis von sieben Pferden, die aus unterschiedlichen Gründen eingeschläfert werden mußten, postmortem entnommen, teils unfixiert in flüssigem Stickstoff eingefroren, und teils in einer Fixationslösung nach Zamboni fixiert. Die Präparate wurden mit histologischen, histochemischen und immunhistochemischen Methoden untersucht, wobei zunächst eine HE-Übersichtsfärbung von der entsprechenden Probe angefertigt wurde (Abb. 2). Zusätzlich wurde bei drei Tieren das während der Sympathektomie-Operation an mehreren Lokalisationen entfernte Bindegewebe histochemisch untersucht (Abb. 3). Zum Nachweis von noradrenergen Nervenfasern wurde die Glyoxyl-induzierte Katecholaminfluoreszenz benutzt, cholinerge Nervenfasern konnten mit der Acetylcholinesterase-Reaktion nach Tago dargestellt werden. An den vollständig entnommenen Gefäßabschnitten wurden zusätzlich sensible Nervenfasern immunhistochemisch mit Antikörpern gegen die Neuropeptide Substanz P (SP) und Calcitonin gene-related peptide (CGRP) dargestellt. 3b V 500 µm V 3c V V 50 µm 50 µm Abb. 3 a - c: Entfernte Adventitia (3 a), Darstellung größerer Nerven (3 b) und einzelner Nervenfasern (3 c),Vasa vasorum (V); Ach-Esterasenachweis nach Tago 4a 1 mm Abb. 2: Arteria, Vena und Nervus digitalis palmaris medialis (HE - Übersichtsfärbung) Abb. 1: Abpräparation der Adventitia 3a 2 CGRP CGRP 4b Ergebnisse: Noradrenerge Nervenfasern konnten mit der gewählten Methode in keinem Präparat nachgewiesen werden, weder in den während der Operation gewonnenen Adventitiafetzen, noch in den Gefäßpräparaten. Cholinerge und sensible Nervenfasern kommen in relativ geringer Anzahl in der Adventitia der Blutgefäße vor (Abb. 4 - 6). Die Zahl der Nervenfasern um die Arterie bzw. Vene ist in etwa gleich. In dem die Gefäße begleitenden (Haupt-)Nerv sind je nach Nachweismethode unterschiedliche Anteile der dort verlaufenden Nervenfasern markiert (Abb. 7 - 9). Auch in den Adventitiafetzen, die währende der Operation entnommen wurden, ließen sich cholinerge Nervenfasern nachweisen. Zusätzlich verlaufen dort sehr viele kleine Blutgefäße, Vasa vasorum, die auch sehr viel dichter innerviert sind (Abb. 3, 6). 7 AchE 100 µm Abb. 7: AchE - positive Nervenfasern im Nervus digitalis palmaris medialis Schlussfolgerungen: 50 µm 50 µm Abb. 4 a + b: Darstellung CGRP-immunpositiver Nervenfasern am Übergang Adventitia Tunica media, Arteria (4 a) und Vena (4 b) digitalis palmaris medialis 5a AchE 50 µm 5b AchE 50 µm Abb. 5 a + b: Darstellung AchE-positiver Nervenfasern am Übergang Adventitia Tunica media, Arteria (5 a) und Vena (5 b) digitalis palmaris medialis 6a CGRP 6b SP Das Ergebnis dieser Untersuchung war überraschend, zumal die nachgewiesenen Neurotransmitter (Acetylcholin) bzw. Neuromodulatoren (SP und CGRP) alle als potente Vasodilatatoren wirken. Eine Entfernung der Nervenfasern sollte also eher zu eine Vasokonstriktion als zu einer Vasodilatation führen. Sympathische vasodilatatorische Nervenfasern sind in der Haut und Muskulatur von Katzen, Hunden und Kaninchen nachgewiesen worden. Als mögliche Erklärung der Ergebnisse der klinischen Untersuchungen (Jaugstetter et al., 2003) nach perivaskulärer Sympathektomie sind folgende Punkte zu bedenken: Die Innervationsdichte der Gefäße dieses Kalibers ist eher spärlich im Vergleich zu den sogenannten Widerstandsgefäßen, kleineren Arterien und Arteriolen. Außerdem werden durch die Entfernung der Adventitia auch die versorgenden Gefäße (Vasa vasorum) der Hauptgefäße mitentfernt. In den während der Operation gewonnenen Proben waren deutlich mehr kleine Gefäße als (cholinerge) Nervenfasern enthalten. Die nachgewiesenen Auswirkungen auf das Hornwachstum und die Verbesserung der Symptomatik können durch eine Vielzahl von Faktoren, wie die Entfernung der Vasa vasorum und der sensiblen Nervenfasern mit nachfolgenden reflektorischen Effekten zustande zu kommen. Allerdings sollte in diesem Zusammenhang über einen neutraleren Begriff für die Operationsmethode nachgedacht werden, da mehr als eine Sympathektomie im eigentlichen Sinne vorgenommen wird. 8 25 µm CGRP Abb. 8: CGRP - immunpositive (marklose) Nervenfasern im Nervus digitalis palmaris medialis 9 SP Literatur: Jaugstetter, H., R. Jacobi, L.-F. Litzke und O. Dietz Perivasculäre Sympathektomie, eine Therapiemöglichkeit beim Podotrochlose-/Sesamoidose-Syndrom. Tierärztl Prax 2003; (G): 46 - 51 50 µm 25 µm 50 µm Abb. 6 a + b: CGRP- und SP - immunpositive Nervenfasern um eine kleinere Arterie in der Adventitia der Hauptgefäße Kontakt: Dr. Silke Buda, Institut für Veterinär-Anatomie, Koserstr. 20, D-14195 Berlin Email: [email protected] Abb. 9: SP - immunpositive (marklose) Nervenfasern im Nervus digitalis palmaris medialis