FAKTEN. COPD Chronisch obstruktive Lungenerkrankung von Frank Richling 1. Auflage FAKTEN. COPD – Richling schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Thieme 2006 Verlag C.H. Beck im Internet: www.beck.de ISBN 978 3 13 143621 4 8.2 Medikamentöse Langzeittherapie 63 Anwendung von Kombinationspräparaten bei gesicherter Indikation den Einzelwirkstoffen im Hinblick auf eine verbesserte Compliance überlegen (s.u.). 9 Kombination von Bronchodilatatoren: Eine Kombination verschiedener Bronchodilatatoren hat einen additiven antiobstruktiven Effekt. Dies ist v.a. bei Patienten (ins. ältere Patienten, die bei Dosissteigerung eines Präparates zu Nebenwirkungen neigen (Tachykardien, HRST, Angina pectoris) eine sinnvolle Therapiealternative: Statt Dosissteigerung kann ein weiterer Bronchodilatator dazugegeben werden. Prinzipiell lassen sich alle Bronchodilatatoren (β2-Sympathomimetika, Anticholinergika, Methylxanthine) kombinieren. ! Cave: Eine Kombination von β2-Sympathomimetika und Theophyllin führt zu einer erhöhten Rate von NW! Ist die Indikation zur Kombinationstherapie gegeben, ist die Anwendung von Kombinationspräparaten im Hinblick auf eine verbesserte Compliance überlegen (s.o.). § Maßnahmen bei Nichtwirksamkeit: Sollte die Therapie mit einem Bronchodilatator nicht zum Erreichen des Therapiezieles (S. 60) führen, kann zunächst eine Dosisintensivierung des aktuellen Präparates versucht werden. Führt dieses nicht zur Besserung bzw. wird durch unerwünschte Nebenwirkungen limitiert, ist der Wechsel auf einen anderen Bronchodilatator sinnvoll. Ist auch dieser nicht wirksam, sollte als nächster Schritt die Kombination von zwei verschiedenen Bronchodilatatoren versucht werden. Kurz wirksame β2-Sympathomimetika ! Hinweis: Die Wirkdauer kurz wirksamer β2-Sympathomimetika beträgt 4–6 Stunden. Die Wirkung tritt sofort nach Inhalation ein. § Indikationen: 9 Wirksame Therapie akuter Atemnot (= „Bedarfsmedikamente“, siehe Stufenschema der COPD Tab. 8.6). In dieser Indikation können sie gut mit kurz wirksamen Anticholinergika kombiniert werden. 9 Bei 4-maliger täglicher Anwendung können sie als Dauertherapeutika eingesetzt werden. § Wirkmechanismus: 9 Stimulation der G-Protein-gekoppelten β2-Rezeptoren im Bronchialsystem: Die Aktivierung der Adenylatcyclase führt zur vermehrten Bildung von cAMP, was zur Erschlaffung der glatten Bronchialmuskulatur führt. aus: Richling, COPD (ISBN 3131436212) © 2006 Georg Thieme Verlag 64 8 Therapie der COPD Verbesserung der mukoziliären Clearance. Hemmung der Freisetzung von Histamin und Leukotrienen aus Mastzellen über die erhöhte intrazelluläre cAMP-Konzentration. 9 Ödemschutz der Bronchialschleimhaut durch verminderte Freisetzung inflammatorischer Mediatoren aus Mastzellen (s.o.). 9 Hemmung der Infiltration von Entzündungszellen in die Bronchialschleimhaut. § Präparate und Dosierungen: Siehe Tab. 8.7, Tab. 8.8 und Tab. 8.9. 9 9 Tabelle 8.7 Fenoterol HN Inhalativ: Berotec® Aerosol 100µg/Hub Ind/ Dos Bedarfstherapie der COPD: 1–2 Hübe Dauertherapie der stabilen COPD: 3– 4 × 1 – 2 Sprühstöße/d max. TD: 800µg = 8 Hübe max. ED: 400µg = 4 Hübe NW 1–10 %: Palpitation, Tremor o.A.: Übelkeit, Schwindel, KS, Unruhe, Angst- und Erregungszustände, Schlafstörungen, HF ↑, RR ↓, K+↓, metabol. Azidose, HRST, EKG-Veränderungen KI Herzerkrankungen (KHK, frischer HI, Myokarditis, Mitralvitien, HOCM, WPW-Syndrom, pulmonale Hypertonie), Tachykardie, tachykarde Arrhythmie, Hyperthyreose, Phäochromozytom WW β-Blocker (gegenseitige Wirkungsaufhebung); Antidiabetika (deren Wirkung ↓); Digitalis, Sympathomimetika, Theophyllin (deren Verträglichkeit ↓); β-Mimetika, Xanthin-Derivate, Anticholinergika (gegenseitige Wirkungsverstärkung) HI Sinnvolle Kombinationspräparat: Mit Ipratropiumbromid = Berodual® (Inhaletten, Lsg., Dosieraerosol) aus: Richling, COPD (ISBN 3131436212) © 2006 Georg Thieme Verlag 8.2 Medikamentöse Langzeittherapie Tabelle 8.8 Salbutamol HN Inhalation: Dosieraerosole: Apsomol®, Broncho-Spray novo®, Eqap®, Salbulair®, Salbutamol (Generika), Sultanol® – alle: 0,1 mg/Hub Inh.-Lsg.: Apsomol®, Broncho®, Sultanol®, Broncho®, Salbulair®, Salbutamol (Generika), Sultanol® – alle: 5 mg/ml (= 20 Trpf.); Fertiginh.-Lsg.: Apsomol®, Broncho®, Sultanol® – alle: 1,25 mg/Amp. à 2,5 ml Kapselinhalation: Cyclocaps® 0,2/0,4 mg/Kps. p.o.: Apsomol® ret. 8 mg/Ret.-Kps., Loftan® 4/8 mg/Ret.-Tbl., Salbulair® 2/4 mg/Tbl., Volmac® ret. 4/8 mg/Ret.-Tbl. Ind/ Dos Bedarfstherapie der COPD: Dosieraerosol : 2 Hübe Fertig-Inh.-Lösung bzw, Inhalationslösung: 1,25mg Kapselinhalation: 0,2–0,4 mg Dauertherapie der stabilen COPD: Dosisaerosol: 3–4 × 2 Hübe/d max. TD: 10 Hübe /d Inh.-Lösung: 3–4 × 5–10 Trpf. = 1,25–2,5mg, max. TD: 60 Trpf./d = 15mg/d Fertig-Inh.-Lösung: 3–4 × 1,25mg/d max. TD: 6 ED à 1,25mg = 7,5mg/d Kapsel-Inhalation: 3–4 × 0,2–0,4 mg/d p.o.: 2 × 4 mg bis zu 2 × 8mg ret./d p.o. NW > 10 %: p.o.: KS, Unruhe, Palpitationen, Muskelkrämpfe,Tremor 1–10 %: p.o.: Geschmacksstörungen, Übelkeit, Schwitzen, Schwindel, Hypokaliämie, Hyperglykämie; inhalativ: KS, Tremor, Unruhe, Palpitatonen < 1 %: p.o.: HRST, AP, Miktionsstörungen, o.A.: periphere Vasodilatation, paradoxe Bronchospasmen KI KHK, frischer Herzinfarkt, schlecht eingestellte Hypertonie, HOCM, Tachykardie, Tachyarrhythmie, Aneurysmen, Hyperthyreose, Phäochromozytom WW β-Blocker (gegenseitige Wirkungsaufhebung); Antidiabetika (deren Wirkung ↓); Digitalis (dessen Verträglichkeit ↓); Sympathomimetika, Theophyllin (gegenseitige Wirkung ↑); MAO-Hemmer, trizyklische Antidepressiva (sympathomimetische Wirkung von Salbutamol ↑); L-Dopa, L-Thyroxin, Oxytocin, Alkohol (Dysregulation von Herz-Kreislauf-Funktionen); Digitalis, Diuretika, Methylxanthine, Kortikosteroide (Kalium ↓); Ipratropiumbromid (akutes Engwinkelglaukom); halogenierte Kohlenwasserstoffe (HRST) aus: Richling, COPD (ISBN 3131436212) © 2006 Georg Thieme Verlag 65 66 8 Therapie der COPD Tabelle 8.8 Fortsetzung HI • Die Inhalation ist der systemischen Gabe vorzuziehen: Geringere NW, schnellere Wirkung • Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz (p.o.): – GFR 10–50 ml/min → Dosisreduktion um 25 % – GFR < 10ml/min → Dosisreduktion um 25–50 % Tabelle 8.9 Terbutalin HN Inhalativ: Aerodur® Turbohaler 0,5 mg/Hub p.o.: Bricanyl® Duriles, Contimit®, Terbul®, Terbutalin (Generika) – alle: 2,5 mg/Tbl., ret. 7,5 mg/Ret.-Tbl., Bricanyl® Elixier Lsg. 0,3 mg/ml Ind/ Dos Bedarfstherapie bei COPD: Akut 2 Hübe Dauertherapie der COPD: Inhalativ: 3–4 × 0,25–0,5mg/d max. TD: 6mg (= 12 Hub) p.o.: 2 × 2,5–5mg/d oder ret. 1–2 × 7,5mg/d max. TD: 15mg/d NW 1–10 %: Tremor, Palpitationen, KS, Muskelkrämpfe, Tachykardie, Schlafstörungen, GIT-Beschwerden 0,1–1%: Miktionsstörungen, Hypokaliämie, Hyperglykämie, AP, ventrikuläre HRST, Blutdruck ↑/↓ < 0,01: allerg. Reaktionen, paradoxe Bronchospasmen KI HOCM, Tachykardie, Hyperthyreose, Phäochromozytom; relative KI: Diabetes mellitus, frischer HI, arterielle Hypertonie, schwere KHK, Myokarditis, WPW-Syndrom, tachykarde HRST, Mitralvitium, Hypokaliämie, schwere Niereninsuffizienz (s.u.) WW β-Blocker (Wirkungsaufhebung); Antidiabetika (deren Wirkung ↓); Digitalis, Sympathomimetika, Theophyllin (Verträglichkeit ↓); LDopa, L-Thyroxin, Oxytocin, Alkohol (ggf. Herz-Kreislauf-Effekte ↑) HI • Möglichst über Dosieraerosol geben → geringere NW, geringere Dosis (10 % der Oralpräparate!) und rascherer Wirkungsbeginn • Aufgrund schlechter Bioverfügbarkeit und hohem First-passMetabolismus ist die inhalative Gabe zu bevorzugen • Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz (p.o.): – GFR 10–50 ml/min → Dosisreduktion um 50 % – GFR < 10 ml/min → Kontraindikation (s.o.) aus: Richling, COPD (ISBN 3131436212) © 2006 Georg Thieme Verlag 67 Gehört das Händezittern (Tremor) zur COPD? Händezittern, gelegentlich auch Zittern der Beine, ist eine Nebenwirkung verschiedener Medikamente (z.B. β2Sympathomimetika und Theophyllin), die die Bronchien erweitern. Durch Änderung der Dosis und Auswechseln des Medikamentes kann der Lungenfacharzt oder Hausarzt wieder Ruhe in die Hände bringen. Lang wirksame β2-Sympathomimetika ! Hinweis: Lang wirksame β2-Sympathomimetika führen zu einer Steigerung der Lebensqualität, zur Verbesserung der Lungenfunktion und zu einer Reduktion der Exazerbationshäufigkeit und -schwere. In der TRISTAN-Studie erhielten 1465 Patienten mit mittelgradiger bis schwerer COPD randomisiert und placebokontrolliert über einen Zeitraum von > 12 Monaten inhalativ entweder Fluticason (2 × 500 µg/d), Salmeterol (2 × 50 µg/d) oder die Kombination beider Medikamente. Alle aktiven Therapien zeigten versus Plazebo zeigten hinsichtlich des primären Entpunktes der Lungenfunktion (FEV1) und der sekundären Endpunkte eine signifikant bessere Wirkung. Die Kombination erbrachte die besten klinischen Ergebnisse (Exazerbationsrate –39 % vs. Plazebo). § Indikationen: Dauertherapie ab Stufe II des Stufenschemas der COPD (Tab. 8.6). ! Hinweise zur Therapie: Lang wirksame β2-Sympathomimetika beugen aufgrund ihrer Wirkdauer von 12 Stunden effektiv einer nächtlichen bronchialen Obstruktion vor! Bis zur Entfaltung ihrer Wirkung brauchten sie etwa 20–30 Minuten (Formoterol schneller als Salmeterol, s.u.). Sie besitzen daher keine Indikation zur Notfalltherapie der akuten bronchialen Obstruktion. § Wirkmechanismus: Siehe kurz wirksame β2-Sympathomimetika, S. 63. § Präparate und Dosierung: Siehe Tab. 8.10 und Tab. 8.11. aus: Richling, COPD (ISBN 3131436212) © 2006 Georg Thieme Verlag FAQ8 8.2 Medikamentöse Langzeittherapie