1 Aussagen und Beweise 1 Aussagen und Beweise • Erkenntnistheorie • Wissenschaftstheorie • Logik Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 1 (51) 1 Aussagen und Beweise Erkenntnistheorie Was ist Wissen? Wie erkennt das Subjekt? Wie ist unser Verhältnis zu Außenwelt? Die Erkenntnistheorie beschäftigt sich mit der Natur, der Quelle und den Grenzen menschlicher Erkenntnis und menschlichen Wissens. Wissenschaftstheorie Was ist Wissenschaft? Welches sind ihre Methoden? Die Wissenschaftstheorie beschäftigt sich mit der methodologischen Begründung der Einzelwissenschaften und denjenigen Fragen, die allen Einzelwissenschaften (als Wissenschaften) gemeinsam sind. Logik Was ist ein Argument? Was ist ein Beweis? Was ist Wahrheit? Die Logik beschäftigt sich mit den Fragen nach der Gültigkeit von Argumenten und der Wahrheit von Aussagen. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 1-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Gute Entscheidungen kommen von Erfahrung. Leider kommt Erfahrung gewöhnlich von schlechten Entscheidungen. unbekannt Dies gilt auch für Modellierungen!! Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 2 (51) 1 Aussagen und Beweise Kommunikation Wahrig Deutsches Wörterbuch: Kommunikation Verständigung (zwischen den Menschen) [<lat. communicatio Mitteilung ] • Wie findet Kommunikation statt? – Inhalte – Medien – Intention • Wieso funktioniert Kommunikation? Gemeinsame Basis für die Verständigung Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 3 (51) 1 Aussagen und Beweise Symbolische Welt Gegenstand der Kommunikation muss geeignet kodiert werden. Modell Kommunikation Abstraktion System 1 Modell Transfer ? = System 2 Domäne Modell ideell vorgestellt oder materiell realisiertes System, das einen Forschungsgegenstand adäquat widerspiegelt oder spezifische Eigenschaften und Relationen analog reproduziert ... Version 0.1 – 14. August 2003 Modellierung WS 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 . 4 (51) 1 Aussagen und Beweise Modellierung Ziel: Erwerb von neuem Wissen Modell Simulation Abstraktion System Verhalten Transfer Experiment Verhalten Domäne Modell ideell vorgestellt oder materiell realisiertes System, das einen Forschungsgegenstand adäquat widerspiegelt oder spezifische Eigenschaften und Relationen analog reproduziert und ihn so zu vertreten vermag, dass sein Studium es dem Menschen ermöglicht, neue Erkenntnisse über diesen Untersuchungsgegenstand zu erhalten oder zur besseren Beherrschung des Untersuchungsgegenstandes selbst beizutragen. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 5 (51) 1 Aussagen und Beweise Terminologie (1) Gegenstand Sammelbegriff für das, worauf sich das Interesse oder die Beobachtung richtet und worüber berichtet und diskutiert werden kann In der Logik und Semantik wird all das als Gegenstand bezeichnet, • wofür ein Eigenname eingesetzt werden kann, oder • ein konkreter (singulärer) Gegenstand, d.i. ein Individuum oder abstrakter Gegenstand, d.i. Klassen oder Relationen von Gegenständen oder die Eigenschaften oder Beziehungen von Gegenständen, oder • eine Aussage, über die eine Metaaussage getroffen wird. Begriff komplexe Gesamtheit von Gedanken über Unterscheidungsmerkmale eines untersuchten Objektes, die in Urteilen ausgesprochen werden und allgemeine und gleichzeitig möglichst wesentliche Eigenschaften des Objektes angeben sollen. Jeder Begriff hat einen Begriffsinhalt, das ist die Gesamtheit der in ihm fixierten Unterscheidungsmerkmale, und einen Begriffsumfang (Extension), das ist die Gesamtheit der durch den jeweiligen Begriff bezeichneten Gegenstände. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 6 (51) 1 Aussagen und Beweise Für die Gegenstände unserer Umwelt haben wir eine Vielzahl von Begriffen geschaffen. Ein Begriff bezeichnet eine Idee oder ein Konzept, allgemein eine Struktur im Denken, die uns Gegenstände vermitteln. Begriffe bezeichnen nicht nur Klassen von Gegenständen, sondern auch abstrakte Vorstellungen. Für die Begriffe haben wir sprachliche Ausdrücke, die wir verwenden, wenn wir miteinander kommunizieren (direkt im Gespräch oder indirekt z.B. über Telefon oder eine Notiz). Geprochene oder geschriebene Ausdrücke können wir als Symbole auffassen, die stellvertretend für die Begriffe stehen. Eine Voraussetzung für eine Kommunikation ist, dass die Kommunikationspartner gleiche Zuordnungen von Symbolen für Begriffe (vgl. Kryptographie) und von Begriffen für Konzepte (vgl. Rechts-Links-Verwechslung) und Gegenstände verwenden. Diese gleiche Zuordnung kann man durch die Verwendung von Definitionen erreichen, die neue Begriffe durch Verwendung bekannter Begriffe beschreibt. Allerdings kann man dieses Verfahren der Definition nicht beliebig weit anwenden. Es muss einen Anfangsbestand von Begriffen geben, von dem wir voraussetzen, dass er bei beiden Gesprächspartner fast gleich sein muss, zumindest soweit es den Gegenstand der Kommunikation betrifft. Wie unsicher diese Voraussetzung ist, bemerkt man immer wieder bei Wörtern, die Begriffe zu Empfindungen beschreiben, etwa Liebe. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 6-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Terminologie (2) Begriffsbestimmung logische Operation, durch die der Inhalt eines Begriffes erklärt wird. Um einen Begriff zu definieren, ist die Grenze zu finden, die die von dem jeweiligen Begriff erfassten Gegenstände von allen ihm ähnlichen Gegenständen trennt. Dazu muss man die (möglichst wesentlichen) Eigenschaften eines Gegenstandes feststellen. Mit Zunahme des Begriffsinhalts wird der Begriffsumfang kleiner und umgekehrt. • Definition über die nächste Gattung und den Artunterschied • genetischen Begriffsbestimmung Definition Satz, der die Merkmale angibt, welche die Eigenschaften von Gegenständen widerspiegeln oder die Bedeutung eines entsprechenden Terminus aufdecken. Ein X ist Definiendum ein Y mit Z . Definiens In logisch-semantischer Hinsicht ist die Definition ein Denkverfahren, mit dessen Hilfe die Bedeutung eines Zeichenausdrucks ermittelt, präzisiert oder eine Sprache durch Einführung eines neuen Zeichens erweitert wird. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 7 (51) 1 Aussagen und Beweise In der mathematischen Logik identifiziert man meistens den Begriff mit dem Begriffsumfang und versteht unter einem Begriff ein Prädikat, das sich auf einen bestimmten Bereich von Gegenständen bezieht, über die die Diskussion geht und dessen Elemente nicht genauer fixiert sind. Der Begriff Himmelskörper wird z.B. durch das Prädikat „x ist ein Himmelskörper “ beschrieben, dessen freie Variable x mit einer beliebigen Art von Gegenständen belegt werden kann und das genau auf jene Gegenstände zutrifft, die Himmelskörper sind. Die unmittelbar umfassendere Klasse von Gegenständen (Gattung), zu der die betrachteten Gegenstände gehören, wird als nächsthöhere Gattung bezeichnet. Für Alkalimetall z.B. ist Metall die nächsthöhere Gattung Artunterschied heißt ein Merkmal, durch das sich Gegenstände der einen Art von Gegenständen anderer Arten unterscheiden, die zur selben Gattung gehören. Eine genetische Begriffsbestimmung ist eine Definition, in der auf die Herkunft des Gegenstandes verwiesen wird, dessen Begriff definiert wird, auf die Art und Weise, in der dieser Gegenstand geschaffen wird. In der Geometrie wird z.B. der Begriff Kreis genetisch definiert durch Ein Kreis ist eine Kurve, die durch die Bewegung eines Punktes in einer Ebene mit gleichem Abstand um ein Zentrum gebildet wird. Für die genetische Definition bleiben die Regeln der Definition über die nächste Gattung und den Artunterschied gültig. Im genetisch erhaltenen Begriff sind Hinweis auf die nächste Gattung und den Artunterschied enthalten. • Definitionen geben für Begriffe die (möglichst wesentliche) Merkmale und Erscheinungen eines Gegenstandes wieder, um den Gegenstand durch Hinweis auf seine charakteristischen Eigenschaften von allen anderen Gegenständen zu unterscheiden. • Definitionen geben eine Bedeutungserklärung eines Wortes, Namens oder eines Terminus, der einen Begriff bezeichnet. (Ein neuer Terminus wird eingeführt als Abkürzung für einen anderen Ausdruck, es wird die Bedeutung eines neu in die Theorie eingeführten Zeichens Wortes oder Ausdrucks erklärt. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 7-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Für eine Definition muss die Forderung nach gegenseitiger Ersetzbarkeit von Definiendum und Definiens hinsichtlich der entsprechenden Sätze der Sprache erfüllt sein, es sei denn, die Erfüllung dieser Forderung wird durch die Struktur der Definition selbst oder durch den Wissensstand verhindert. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 7-2 (51) 1 Aussagen und Beweise Feststellende Definition Eine feststellende Definition eines Audrucks A der Sprache S bemüht sich, den Sinn genau wiederzugeben, den dieser Ausdruck in der Sprache S besitzt. Es gelingt nicht immer, eine feststellende Definition zu konstruieren. In einigen Fällen sogar ist diese Aufgabe nicht zu bewältigen. Grund der Schwierigkeiten sind die Vagheit des Begriffsumfangs und die Unbestimmtheiten sowie Schwankungen im Sinn sehr vieler Ausdrücke, vor allem derjenigen, die in weniger exakten Kontexten auftreten, z.B. in der Alltagssprache. Festsetzende Definition Eine festsetzende Definition des Ausdrucks A in der Sprache S liegt vor, wenn der Ausdruck A in der Sprache S vor der Einführung der Definition ungebräuchlich war, oder wenn sie für den Ausdruck A einen neuen Sinn festsetzt, ohne sich um den bereits festgestellten Sinn dieses Ausdrucks zu kümmern. Die Anwendung der festsetzenden Definition auf einen bereits vorhandenen Terminus hat manchmal zum Ziel, die wissenschaftliche Verwendbarkeit eines Begriffes wiederherzustellen. In anderen Fällen wird man dagegen mit Hilfe der festsetzenden Definition einigen Ausdrücken der Umgangssprache ein emotionales Potential verleihen oder ändern, um diese Termini zum Zweck der Überredung und zur Formung emotionaler Einstellungen der Menschen benutzen zu können. Regulierende Definition Eine regulierende Definition des Ausdrucks A in der Sprache S liegt vor, wenn sich diese Definition teilweise an den Sinn hält, den dieser Ausdruck in S bereits hatte, und teilweise von diesem Sinn abweicht, z.B. um den Begriffsumfang des Ausdrucks A schärfer zu bestimmen und ihn so für bestimmte wissenschaftliche Zwecke brauchbar zu machen. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 7-3 (51) 1 Aussagen und Beweise Häufige Fehler in Definitionen (1) Inadäquatheit In einer adäquaten feststellenden Definition muss das Definiens so gewählt werden, dass sein Umfang dem festgestellten Umfang des Definiendum gleicht. Zu weite Definition: Ein Rechteck ist eine geometrische Figur mit vier Ecken. Zu enge Definition: Ein Rechteck ist eine Seitenfläche eines Würfels. Zirkularität Man kann einen Ausdruck nicht mit Hilfe desselben Ausdrucks definieren. Unmittelbarer Zirkel: Ein Quadrat ist ein quadratisches Viereck. Mittelbarer Zirkel: bei zwei oder mehr Definitionen Definition des Unbekannten durch Unbekanntes Das Definiendum wird durch ein Definiens bestimmt, das selbst unbekannt ist und daher zuvor definiert werden muss. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 8 (51) 1 Aussagen und Beweise Häufige Fehler in Definitionen (2) Widersprüchlichkeit Eine Definition ist widersprüchlich, wenn aus ihr ein widersprüchliches Paar von Sätzen folgt, d.h. Sätze, von denen der eine bestreitet, was der andere behauptet. Beispiel: Die Quadratwurzel einer Zahl x ist eine Zahl y , deren Quadrat der Zahl x gleicht, d.h. sqrt(x) genau dann, wenn y 2 = x. =y Unklarheit Eine Definition muss in verständlichen und bekannten Wörtern ausgedrückt werden, die eine Mehrdeutigkeit ausschließen. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 9 (51) 1 Aussagen und Beweise Wissen Der Planet Pluto dreht sich um die Sonne. Wissen über einen Sachverhalt • Wahrheit Der Sachverhalt muss zutreffen. • Glaube Man muss von der Wahrheit des Sachverhaltes überzeugt sein. • Begründung Man muss die Wahrheit des Sachverhaltes begründen können. Problem: Wie steht es mit den Begründungen? • unendliche Regress: für jede Begründung eine neue Begründung finden • Zirkelschluss: bereits vorgebrachte Begründung wiederverwenden • Dogmatismus: Begründungskette irgendwo Ű– vielleicht willkürlich Ű– abbrechen Der Skeptizismus bezweifelt prinzipiell die Möglichkeit sicherer Erkenntnis. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 10 (51) 1 Aussagen und Beweise Formen des Wissens Wissen = Erkenntniszustand allgemeiner intersubjektiv-vermittelter Sicherheit • Wissen-Dass: Propositionales Wissen Wissen, dass etwas der Fall ist, dass eine bestimmte Proposition wahr ist Ich weiß, dass Bonn am Rhein liegt. • Wissen-Von: Kenntnis Wissen durch Bekanntschaft Ich kenne den Geruch von Ananas. • Wissen-Wie: Verfahrenswissen Wissen, wie etwas zu tun ist Ich weiß, wie man ein Fahrrad fährt. These: Wissen-Wie und Wissen-Von sind auf propositionales Wissen reduzierbar Problem: Propositionales Wissen muss vorhanden sein und artikuliert werden können! Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 11 (51) 1 Aussagen und Beweise Kurt Gödel (1906-1978) Amerikanischer Logiker und Mathematiker österreichischer Herkunft. Emigrierte 1939 in die USA und lehrte in Princeton. Als einer der größten Logiker aller Zeiten leistete er bahnbrechende Beiträge zur mathematischen Grundlagenforschung und zur Mengenlehre. 1930 bewies er die Vollständigkeit der Prädikatenlogik, 1938 bewies er, dass die Mengenlehre widerspruchsfrei bleibt, wenn man die Kontinuumshypothese zum Zermelo-Fraenkelschen Axiomensystem der Mengenlehre hinzunimmt. Seine bedeutendste Leistung veröffentlichte er in dem Aufsatz Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme (1931). In dieser Arbeit bewies Gödel erstens, dass es mathematische Sätze gibt, die sich weder beweisen noch widerlegen lassen. Überdies zeigte er zweitens, dass sich die Widerspruchsfreiheit der Zahlentheorie nicht mit Mitteln der Zahlentheorie selbst beweisen läßt. Die philosophische Bedeutung dieser beiden sog. Unvollständigkeitssätze liegt darin begründet, dass Gödel hier erstmals die formalen Grenzen mathematischen Wissens aufgezeigt hat und damit jahrhundertelange Vorstellungen von Mathematik zerstört hat. Nicht einmal in der exaktesten Wissenschaft ist es möglich, alles zu wissen, da es Sätze gibt, die sog. unentscheidbaren Sätze, die man weder beweisen noch widerlegen kann. Überdies können wir niemals sicher sein, dass selbst die Zahlentheorie frei von Widersprüchen ist, da ein Beweis dieser Tatsache Mittel erfordern würde, die komplizierter als die Zahlentheorie selbst sein müßten. Diese Mittel wären in ihren Voraussetzungen noch problematischer als die Zahlentheorie selbst, in dem Sinne, dass jeder Beweis der Widerspruchsfreiheit dieser Mittel wieder kompliziertere Mittel als diese erfordern würde. Version 0.1 – 14. August 2003 Modellierung WS 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 . 11-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Urteil sowohl der sprachliche Ausdruck des Aussagesatzes wie „Prag liegt an der Moldau.“ — auch Proposition oder Aussage genannt — als auch der Aussageinhalt selbst, der mit einem Aussagesatz ausgedrückt wird. In einem Urteil wird immer ein Sachverhalt zum Ausdruck gebracht. Daher sind Urteile entweder wahr oder falsch. SaP SiP Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann di kt or --- ra nt ko partikular verneinend subaltern SoP h isc universal verneinend or kt di SeP --- partikular bejahend ra SiP nt universal bejahend subaltern ko SaP SeP konträr isc h Logisches Quadrat subkonträr SoP Modellierung WS 2003 1 . 12 (51) 1 Aussagen und Beweise Ein kategorischesUrteil enthält keine weiteren Urteile und besteht lediglich darin, dass ein Prädikat von einem Subjekt ausgesagt wird. Kategorische Urteile teilt man in singuläre Urteile, in denen der Subjektausdruck ein Name oder eine bestimmte Beschreibung eines Einzeldings enthält, und generelle Urteile, die die universalen Urteile und die partikulären Urteile Zusammenfassen. Universale Urteile (oder auch allgemeine Urteile) sind generelle Urteile die mit Hilfe von Quantoren wie alle oder keine formuliert werden. Partikuläre Urteile sind solche die den Quantor einige enthalten. definit partikulär: nur einige S sind (oder sind nicht) P unbestimmt partikulär: mindestens einige — aber vielleicht auch alle — S sind (oder sind nicht) P Den kategorischen Urteilen stehen Urteile gegenüber, die ein oder mehrere Urteile in Verbindung mit einer oder mehreren logischen Konstanten enthalten. Hier unterscheidet man u.a. zwischen Negationen (Es regnet nicht), Konjunktionen (Es regnet, und die Straße ist nass), Disjunktionen (Es regnet, oder es schneit), bedingten Urteilen und Bi-Konditionalen (Die Straße ist genau dann nass, wenn es regnet). Bedingt bzw. hypothetisch man also ein Urteil, in dem die Abhängigkeit einer Erscheinung von irgendwelchen Voraussetzungen, Bedingungen widergespiegelt wird, wobei Begründung und Folge meist durch die logische Kopula wenn ..., so ... verknüpft werden, z.B. Wenn es regnet, so wird die Strraße nass. Die Kopula zeugt von einem Zusammenhang zwischen Begründung und Folge. Ein bedingtes Urteil ist falsch, wenn die Begründung wahr ist, aber die Folge falsch. Es ist wahr, wenn sowohl Begrüdung als auch Folge wahr ist. Statt von Negationen redet man auch von negierenden oder verneinenden Urteilen. Urteile die nicht verneinend sind heißen affirmativ oder bejahend. Affirmative und negierende Urteile darf man nicht mit bejahten und negierten Urteilen verwechseln. Das Wesen der verneinten oder negierten Urteile wird nicht durch die affirmative oder negierende Form bestimmt, sondern durch den Charakter der Wechselbeziehung zwischen den jeweiligen Urteilen. Als verneinendes Urteil bezeichnet man ein Urteil, das auf die Falschheit eines anderen Urteils hinweist, das dann verneint heißt. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 12-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Durch die Vereinigung der Urteile in affirmative und negierende bzw. in partikuläre und allgemeine lassen sich die vier Urteilsarten allgemein bejahendes Urteil, partikulaer bejahendes Urteil, partikulär bejahendes Urteil und partikulär verneinendes Urteil untrscheiden. Die allgemein bejahenden und die partikulär verneinenden Urteile sowie die allgemein verneinenden und die partikular bejahenden Urteile bilden jeweils ein Paar kontradiktorischer Urteile, sie können nicht zugleich wahr oder falsch sein. Die allgemein bejahenden Urteile und die allgemein verneinenden Urteile sind ein Paar konträrer Urteile, sie können nicht zugleich wahr, aber zugleich falsch sein. Die partikular bejahenden Urteile und die partikular verneinenden Urteile bilden ein Paar subkonträrer Urteile sie können nicht zugleich falsch, aber zugleich wahr sein. Die allgemeinen bejahenden Urteile und die partikular bejahenden Urteile bzw. die allgemein verneinenden Urteile und die partikular verneinenden Urteile sind subaltern. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 12-2 (51) 1 Aussagen und Beweise Aussagen Zweck: (mathematische) Aussagen über Eigenschaften von (mathematischen) Objekten machen E Aussage: E ist ein sprachliches Gebilde, dem genau einer der Wahrheitswerte a) wahr (Abkürzung w , W , t, T , , L oder 1) oder b) falsch (Abkürzung f , F , ⊥ oder 0) zugeordnet werden kann. Sprachliche Gebilde sind endlich! Beispiele • Die Woche hat 7 Tage. • Der Ball ist rund. • Wasser siedet bei 100 Grad Celsius. • Die 458.594.758.234.te Stelle von π ist 8. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 13 (51) 1 Aussagen und Beweise Die Tatsache, dass einer Aussage genau einer der Wahrheitswerte wahr oder falsch zugeordnet ist, darf nicht mit dem Problem verwechselt werden, den richtigen Wahrheitswert festzustellen. Dies kann ein überaus schwieriges, sogar unlösbares Problem sein. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 13-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Prinzip der Zweiwertigkeit Prinzip der Zweiwertigkeit bzw. Bivalenzprinzip: Semantische Prinzip, wonach jeder Satz entweder wahr oder falsch sein muss, unabhängig von unserer Fähigkeit, seinen Wahrheitswert festzustellen. Aus dem Prinzip der Zweiwertigkeit folgen zwei Prinzipien: • Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch: Keine Aussage ist zugleich wahr und falsch. • Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten: Jede Aussage ist wahr oder falsch. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 14 (51) 1 Aussagen und Beweise Aussageformen Zweck: Aussagen über Eigenschaften aller oder weniger Objekte machen Eine Variable ist ein Platzhalter für ein beliebiges Objekt, das wir an seiner Stelle einsetzen. E(x1 , . . . , xn ) Aussageform mit freien Variablen x1 , . . . , xn : E(x1 , . . . , xn ) ist ein sprachliches Gebilde, das die Variablen x1 , . . . , xn enthält. Durch Einsetzen von Objekten für die Variablen wird aus der Aussageform eine Aussage und erhält damit einen Wahrheitswert. Die Anzahl der Variablen ist endlich! Beispiele • x hat 7 Tage. • x ist nicht rund. • x siedet bei y Grad Celsius und x ist y . Wir können Aussageformen als Schemata auffassen, die stellvertretend für die Menge aller Aussagen stehen, die durch die möglichen Einsetzungen von Objekten für Variable entstehen. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 15 (51) 1 Aussagen und Beweise Verknüpfungen von Aussagen (1) Mit verschiedenen Verknüpfungsoperationen lassen sich aus einzelnen Aussagen neue Aussagen zusammensetzen. Den zusammengesetzten Aussagen werden in folgender Weise Wahrheitswerte zugeordnet: a) Der Aussage „E und F “ ist der Wahrheitswert wahr zugeordnet, wenn beiden Aussagen also E und F der Wahrheitswert wahr zugeordnet ist. Ansonsten wird E und F der Wahrheitswert falsch zugeordnet. b) Der Aussage „E oder F “ ist der Wahrheitswert wahr zugeordnet, wenn einer der beiden Aussagen E oder F der Wahrheitswert wahr zugeordnet ist. Ansonsten wird E oder F der Wahrheitswert falsch zugeordnet. Beispiele • Die Woche hat 7 Tage und Wasser siedet bei 100 Grad Celsius. • Der Ball ist rund oder eckig. Abkürzung für: Der Ball ist rund oder der Ball ist eckig. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 16 (51) 1 Aussagen und Beweise Verknüpfungen von Aussagen (2) c) Der Aussage „nicht E “ ist der Wahrheitswert wahr zugeordnet, wenn der Aussagen E der Wahrheitswert falsch zugeordnet ist. Ansonsten wird nicht E der Wahrheitswert falsch zugeordnet. Beispiele • Die Woche hat nicht 7 Tage. • Der Ball ist nicht rund. • Wasser siedet nicht bei 100 Grad Celsius. • Die Nacht ist nicht weiß, sondern ... Die Wahrheitswerte der zusammengesetzten Aussagen werden über die Wahrheitswerte der enthaltenen Teilaussagen bestimmt. Analog können auch Aussageformen und Aussagen oder nur Aussageformen miteinander verknüpft werden: es entstehen wieder Aussageformen. Durch Einsetzen entstehen dann zusammengesetzte Aussagen, deren Wahrheitswert wie oben bestimmt wird. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 17 (51) 1 Aussagen und Beweise Achtung: Gegensätze und Verneinungen dürfen nicht verwechselt werden. Beispiele für Gegensätze sind • weiß und schwarz • heiß und kalt • oben und unten Aber jedes Objekt, dessen Farbe nicht weiß ist, sondern z.B. rosa oder himmelblau hat die Eigenschaft nicht weiß. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 17-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Wenn-Dann-Aussagen „Wenn es regnet, wird die Straße nass.“ Allgemein: „Wenn Aussage E , dann Aussage F .“ • Wenn-Dann-Aussagen sind häufig Aussagen über Ursache-Wirkung-Zusammenhänge. • Wenn-Dann-Aussagen werden für Voraussagen über die Wahrheit von Aussagen benutzt. • Die Wahrheit von Wenn-Dann-Aussagen wir über die Wahrheitswerte der Teilaussagen bestimmt. Wahrheitswert von Wenn-Dann-Aussagen d) Der Aussage „wenn E , dann F “, in Zeichen „E ⇒ F “, ist der Wahrheitswert wahr zugeordnet, wenn beiden Aussagen also E und F der Wahrheitswert wahr zugeordnet ist oder wenn E der Wahrheitswert falsch zugeordnet ist. Ansonsten wird Wenn E , dann F der Wahrheitswert falsch zugeordnet. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 18 (51) 1 Aussagen und Beweise All-Aussagen Zweck: Aussagen über Eigenschaften aller Objekte machen a) Ist E(x) eine Aussageform und x die einzige darin enthaltene freie Variable, so entsteht eine AllAussage durch: „Für alle x gilt E(x).“ Die Aussage ist wahr, falls für keine Einsetzung von Objekten für x die entstehende Aussage falsch ist. b) Ist E(x1 , . . . , xn ) eine Aussageform und xi mit 1 ≤ i ≤ n eine der vorkommenden Variablen, aber nicht die einzige Variable, so entsteht eine Aussageform durch: „Für alle xi gilt E(x1 , . . . , xn ).“ Diese Aussageform hat die freien Variablen x1 , . . . , xi−1 , xi+1 , . . . , xn . Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 19 (51) 1 Aussagen und Beweise Beispiele für All-Aussagen • Für alle x gilt, dass x 7 Tage hat. • Für alle x gilt, dass x rund ist. • Für alle x gilt x ist y . Die Wahrheit von All-Aussagen wird über die Wahrheitswerte der durch Einsetzung entstehenden Teilaussagen bestimmt. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 20 (51) 1 Aussagen und Beweise Allgemeine Wenn-Dann-Aussagen Zweck: Aussagen über Eigenschaften aller Objekte, meist in Wenn-Dann-Form • Für alle x gilt, dass wenn E(x), dann F(x). • Für alle x gilt, dass F(x), wenn E(x). • Für alle x mit E(x) gilt F(x). • F(x) für alle x mit E(x). • Die Erfolgsaussichten sind rosig für alle fleißigen Studenten. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 21 (51) 1 Aussagen und Beweise Woher kommen Allgemeine Wenn-Dann-Aussagen? Hypothetisch-deduktive Methode in den Wissenschaften nach Karl Raimund Popper (1902-1994): 1. Zu erklärendes Problem (Menge von Beobachtungen) 2. Hypothesenbildung (mögliche Erklärung des Problems, Theorie) 3. Ableitung von Voraussagen aus der Hypothese 4. Test der Hypothese durch Beobachtung bzw. Experiment Eine Allgemeine Wenn-Dann-Aussage kann man auffassen als Theorie zu einer Menge von Beobachtungen, die noch nicht falsifiziert wurde. Beispiel: Basis: Messreihen mit verschiedenen festen Widerständen und unterschiedlichen Spannungen Theorie: Ohmsches Gesetz: U = R · I Voraussage der Ergebnisse über den Rahmen der Experimente hinaus • für beliebige Widerstände • für beliebige Spannungen innerhalb vernünftiger Grenzen (Experimentierumgebung, Messgenauigkeit, Messbarkeit,...). Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 21-1 (51) 1 Aussagen und Beweise Existenz-Aussagen Zweck: Aussagen über Eigenschaften einzelner Objekte machen a) Ist E(x) eine Aussageform und x die einzige darin enthaltene freie Variable, so entsteht eine Existenz-Aussage durch: „Es gibt ein x mit E(x).“ Die Aussage ist wahr, falls es Einsetzung eines Objektes für x gibt, so dass die entstehende Aussage wahr ist. b) Ist E(x1 , . . . , xn ) eine Aussageform und xi mit 1 ≤ i ≤ n eine der vorkommenden Variablen, aber nicht die einzige Variable, so entsteht eine Aussageform durch: „Es gibt ein xi mit E(x1 , . . . , xn ).“ Diese Aussageform hat die freien Variablen x1 , . . . , xi−1 , xi+1 , . . . , xn . Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 22 (51) 1 Aussagen und Beweise Beispiele für Existenz-Aussagen • Es gibt ein x mit x hat 5 Tage. • Es gibt ein x mit x ist rund. • Es gibt ein x mit x siedet bei y Grad Celsius. • Für alle x gibt es ein y mit x ist y . Die Wahrheit von All- und Existenz-Aussagen wird über die Wahrheitswerte der durch Einsetzung entstehenden Teilaussagen bestimmt. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 23 (51) 1 Aussagen und Beweise Beweise Wir unterscheiden zwei Typen von Aussagen: • Axiome sind Aussagen, deren Wahrheit wir ohne Begründung hinnehmen. • Für alle anderen Aussagen muss eine Begründung für deren Wahrheitswert wahr oder falsch gegeben werden. Eine solche Begründung nennen wir Beweis. Ein Beweis für eine Aussage A besteht aus einer Folge von Aussagen A1 , . . . , An mit An = A und der Eigenschaft, dass jedes Ai entweder ein Axiom ist oder die Konklusion eines Schlusses mit Prämissen aus A1 , . . . , Ai−1 ist. Beispiel: 1 2 3 4 5 A ⇒ (B ⇒ C) A B B⇒C C Axiom Axiom Axiom Modus Ponens mit 1,2 Modus Ponens mit 3,4 Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 24 (51) Modellierung WS 2003 1 . 25 (51) 1 Aussagen und Beweise Zulässige Schlüsse (1) • Schluss vom Allgemeinen auf das Einzelne Für alle x gilt E(x) E(t) • Schluss vom Allgemeinen auf das weniger Allgemeine Für alle x gilt (E(x) ⇒ F(x)) Für alle z gilt (F(z) ⇒ G(z)) Für alle x gilt (E(x) ⇒ G(x)) • Schluss vom Einzelnen auf das Partikuläre E(t) Es gibt x mit E(x) • Distributiver Schluss nicht E E oder F F Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 Aussagen und Beweise Zulässige Schlüsse (2) • Modus Ponens E E ⇒F F • Modus Tollendo Tollens nicht F E ⇒F nicht E • Widerspruchsbeweis E ⇒G (nicht F) ⇒ (nicht G) E ⇒F Um einen Beweis einer Wenn-Dann-Aussage zu führen, nehmen wir die Aussagen des Wenn-Teils als zusätzliche Voraussetzung (Axiom) und versuchen, einen Beweis für den Dann-Teil zu führen. Version 0.1 – 14. August 2003 Modellierung WS 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 . 26 (51) 1 Aussagen und Beweise Schlüsse mit Wenn-Dann-Aussagen Wenn-Dann-Aussagen sind unmittelbare Folgerungen für Spezialfälle: „Wenn 36 durch 12 teilbar ist, dann ist 36 auch durch 6 teilbar.“ Bestimmung der Wahrheitswertes von E ⇒F • Die Wahrheitswerte von E und gegebenenfalls auch für F müssen bekannt sein. Bestimmung der Wahrheitswertes von F • Die Wahrheitswerte von E und von E ⇒ F müssen bekannt sein. E In Zeichen: E ⇒F F Wenn-Dann-Aussagen führen • nicht zur Festlegung eines Wahrheitswertes für F , • sondern zur Entdeckung des Wahrheitswertes für F . Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 27 (51) 1 Aussagen und Beweise Anwendung von allgemeinen Wenn-Dann-Aussagen 1. Der Wahrheitswert der Aussage E(a) für ein Objekt a ist wahr. 2. Der Wahrheitswert der Regel ist wahr : „Für alle x gilt (E(x) ⇒ F(x))“. 3. Bilde den für die Anwendung der Wenn-Dann-Aussage benötigten Spezialfall der Wenn-Dann-Aussage durch Einsetzung von a für x. „Wenn E(a) gilt, dann gilt F(a).“ Der Spezialfall der Wenn-Dann-Aussage ist wahr. 4. Die Voraussetzung des Spezialfalles der Wenn-Dann-Aussage ist erfüllt, daher ist der Wahrheitswert der Aussage F(a) wahr. In Zeichen: E(a) Für alle x gilt (E(x) ⇒ F(x)) F(a) Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 28 (51) 1 Aussagen und Beweise Fehlschlüsse (1) • Unterschieben einer These Nachdem man begonnen hat, eine These zu beweisen, beginnt man im Verlaufe der Beweisführung eine andere These zu beweisen, die der ersten nur äußerlich ähnelt. • Wer zuviel beweist, beweist gar nichts! Aus dem Gegebenen folgt bei diesem Fehlschluss nicht nur eine These, sondern auch eine direkt entgegengesetzte oder falsche These. • Fundamentaler Fehler Eine These wird mit bewusst falschen Argumenten begründet. Ein Argument dieses Typs geht also von falschen Voraussetzungen aus. • Fehlender Kausalzusammenhang post hoc, ergo propter hoc Aus der zeitlichen Aufeinanderfolge wird auf einen Kausalzusammenhang geschlossen. Nicht alles, was einer Erscheinung zeitlich vorausgeht, bildet auch ihren Grund. • Falsche Disjunktion Falscher disjunktiver Schluss, weil im Obersatz nicht alle Alternativen aufgeführt werden. Beispiel: Jeder Winkel ist entweder ein rechter oder ein spitzer Winkel. Der gegebene Winkel ist nicht spitz. Daraus folgt: Der gegebene Winkel ist ein rechter Winkel. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 29 (51) 1 Aussagen und Beweise Fehlschlüsse (2) • Vorwegnahme des Grundes Als Begründung für eine These wird eine These angeführt, die zwar nicht offensichtlich falsch ist, aber selber eines Beweises bedarf. • Tautologie in der Definition In einer Definition ist das Definiens nur eine einfache Wiederholung dessen, was im Definiendum enthalten ist. Die Tautologie in der Definition ist ein Spezialfall des unmittelbaren Zirkel. • Zirkelschluss Eine These wird aus Argumenten abgeleitet, die ihrerseits aus derselben These gefolgert werden. • Vermengung vieler Fragen zu einer In einer Frage werden gleichzeitig mehrere mit ja oder nein zu beantwortenden Fragen zusammenfasst, so dass sich die Antwort auf jede beliebige aus der Reihe der gestellten Fragen beziehen kann. Auf derartige Fragen kann man nicht nur mit ja oder nein antworten. Ein klassisches Beispiel ist der Sophismus: Schlägst Du jetzt Deinen Vater? Die Antwort Nein bedeutet anzuerkennen, daß es früher so war. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 30 (51) 1 Aussagen und Beweise Fehlschlüsse (3) • Zu viele Begriffe Der Fehler besteht darin, dass im Schluss (Jedes A ist B . Jedes B ist C . Daraus folgt: Jedes A ist C .) ein vierter Begriff erscheint. Gewöhnlich kommt dieser Fehler bei der Homonymie (gleiches Wort, verschiedene Bedeutung) vor. Bereits in der Antike war folgende Fehlschluss bekannt: Die vom Kranken eingenommene Arznei ist gut. Je mehr Gutes man tut, desto besser ist es. Daraus folgt: Arznei muss man möglichst viel einnehmen. In diesem Sophismus wird die Mehrdeutigkeit des Wortes gut ausgenutzt. Es bezeichnet im Obersatz die Wirkung einer Arznei auf den Kranken, kennzeichnet aber im Untersatz das Handeln von Menschen, anderen Gutes, Angenehmes, Nützliches zu tun. • Schluss vom bedingt Gesagten zum schlechthin Gesagten Eine nur unter bestimmten Bedingungen wahre These wird als ein Argument verwendet wird, das unter allen Bedingungen richtig ist. • Schluss vom Nichtwissen auf die Nichtexistenz Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 31 (51) 1 Aussagen und Beweise Beweis von Allaussagen Eine Allaussage Für alle x gilt E(x). kann bewiesen werden, indem man einen Beweis für die Aussage E(x) angibt, ohne konkrete Objekte für x einzusetzen. Der Beweis für E(x) ist also ein Beweisschema, das für jede Einsetzung eines Objektes a für x zu einem Beweis für E(a) wird. Daher kann in einem solchen Beweis kein Gebrauch von Eigenschaften bestimmter Objekte gemacht werden, die für x eingesetzt werden können. Satz 1.1 Für jedes x ∈ R gilt x = x. Beweis: Sei x ∈ R. =⇒ x = x. Satz 1.2 Für jedes x ∈ N gibt ein y ∈ N mit x < y . Beweis: Sei x ∈ N fest aber beliebig. Wähle y = x + 1. =⇒ y ∈ N mit x < y Version 0.1 – 14. August 2003 Modellierung WS 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 . 32 (51) 1 Aussagen und Beweise Beweis von Existenzaussagen Eine Existenzaussage Es gibt ein x mit E(x). kann bewiesen werden, indem man angibt, wie ein Wert für x zu ermitteln ist und zeigt, dass für diesen so ermittelten Wert x die Aussage E(x) gilt. Enthält die Existenzaussage freie Variable, so muss zur Ermittlung von x ein Verfahren angewendet werden, dass die möglichen Einsetzungen für die freien Variablen berücksichtigt. Satz 1.3 Es gibt eine Quadratzahl x (Quadrat einer natürlichen Zahl), die kleiner als 10 ist. Beweis: Wähle x = 9. =⇒ 9 ist Quadratzahl und 9 Satz 1.4 Für jedes x < 10 ∈ N gibt ein y ∈ N mit x < y . Beweis: Sei x ∈ N fest aber beliebig. Wähle y = x + 1. =⇒ y ∈ N mit x < y Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 33 (51) 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition und Vollständige Induktion Induktive Definitionen sind eine spezielle Form von Definitionen für Grundbereiche. Es wird beschrieben, wie Objekte aus Grundbausteinen aufgebaut werden. Beispiel: Lego (mit beliebig vielen Bausteinen) Man definiert induktiv Konfigurationen von zusammengebauten Steinen. Spezielle Konfigurationen sind die fertigen Bausätze. Für eine induktiv definierte Menge M kann man mit dem Prinzip der Vollständigen Induktion Aussagen dieses Types zeigen: Für alle x ∈ M gilt E(x). Unabgekürzt: Für alle x gilt: ( wenn x ∈ M , dann gilt E(x)). Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 34 (51) 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition Eine induktive Definition beschreibt die Elemente einer Menge von Objekten durch Bildungsgesetze für die Objekte. Eine induktive Definition einer Menge M besteht aus • Vorschriften über die Anfangselemente: Induktionsanfang: Welche Elemente sollen als Anfangselemente in M enthalten sein? • Vorschriften über die Konstruktion weiterer Elemente: Induktionsvoraussetzung: Wir verfügen bereits über Elemente aus M . Induktionsschluss: Wie konstruiere ich aus bekannten Elementen von M ein oder mehrere neue Elemente von M ? • Abgrenzung: Nur nach den Vorschriften erhaltene Elemente sollen in M enthalten sein. Es können sowohl mehrere Vorschriften für Anfangselemente als auch mehrere Konstruktionsvorschriften für M angegeben werden, aber immer nur endlich viele. Insgesamt sollte aber für jedes Element nur genau eine Vorschrift zutreffen: es ist entweder ein Anfangselement oder ein nach genau einem Konstruktionsprinzip gewonnenes Element. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 35 (51) 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition Definition 1.5 (Zeichenketten über Alphabet Σ) Sei Σ eine endliche Menge von Zeichen, Σ = {s1 , ..., sk } mit k Zeichenketten über dem Alphabet Σ wird induktiv definiert durch ∈ N. Die Menge aller nicht-leeren 1. Für jeden Buchstaben si ∈ Σ ist si eine Zeichenkette über Σ. 2. Ist w eine Zeichenkette und si ∈ Σ, dann ist wsi eine Zeichenkette über Σ. 3. Nur so gebildete Zeichenketten sind nicht-leere Zeichenketten über Σ. Die Menge dieser Zeichenketten wird mit Σ+ bezeichnet. Definition 1.6 (leere Zeichenkette) Die leere Zeichenkette wird mit ε bezeichnet. Sie besteht aus einer Folge von 0 Zeichen. Für das Alphabet Σ bezeichnet Σ∗ := Σ+ ∪ {ε} die Menge aller Zeichenketten über Σ. Version 0.1 – 14. August 2003 Modellierung WS 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 . 36 (51) 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition der natürlichen Zahlen Es bezeichne N die Nachfolgerfunktion, also N (x) := x + 1. Definition 1.7 (natürlichen Zahlen N) Die Menge der natürlichen Zahlen N wird induktiv definiert durch 1. 0 ist natürliche Zahl. 2. Mit der natürlichen Zahl x ist auch N (x) eine natürliche Zahl. 3. Nur nach 1. und 2. gebildete Zeichenketten sind natürliche Zahlen. Natürliche Zahlen kann man also als Zeichenketten sehen (Terme) und diese Terme zur Abkürzung mit den üblichen Zahlen bezeichnen (Schachtelungstiefe der Funktion N ). Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 37 (51) 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition Definition 1.8 (Endliche Summen über R) Sei (ak )k∈N eine Folge reeller Zahlen und m n endlichen Summe ∈ Z . Für n ∈ Z mit m ≤ n wird der Wert der endlichen ai induktiv definiert durch i=m m 1. ai := am i=m 2. Für n ∈ N mit m ≤ n sei n+1 ai := i=m n i=m Definition 1.9 (Endliche Summen über R) Sei (ak )k∈N eine Folge reeller Zahlen und m n endlichen Summe ai definiert durch i=m ai + an+1 m ∈ Z . Für n ∈ Z mit m < n wird der Wert der endlichen ai := 0. i=m Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 38 (51) 1 Aussagen und Beweise Beweis durch Vollständige Induktion Ein Beweis durch Vollständige Induktion liefert eine Begründung für eine Aussage über alle Elemente einer induktiv definierten Menge von Objekten. Ein induktiver Beweis prüft für jedes Bildungsgesetz die hierdurch erzeugbaren Elemente. Ein induktiver Beweis für eine induktiv definierte Menge M besteht aus • Induktionsanfang: Gilt die Aussage für alle Anfangselemente von M ? Beweis • Induktionsvoraussetzung: Wir nehmen an, dass die Aussage bereits für Elemente aus M nachgewiesen wurde. Induktionsschluss: Gilt die Aussage für die aus diesen Elementen von M erzeugbaren neuen Elemente von M ? Beweis • Abgrenzung: Andere Elemente sind in M nicht enthalten. Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion können wir dann schließen, dass die Aussage für ALLE Elemente von M gilt. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 39 (51) 1 Aussagen und Beweise Typen der Vollständigen Induktion Die Induktion wird in zwei Spezialfälle unterschieden: a) In der Induktionsvoraussetzung wird gefordert, dass die zu beweisende Eigenschaft nur für die Elemente schon gezeigt ist, die unmittelbar für die Konstruktion der neuen Elemente benötigt werden. b) In der Induktionsvoraussetzung wird gefordert, dass die zu beweisende Eigenschaft für alle bisher konstruierten Elemente gilt. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 40 (51) 1 Aussagen und Beweise Beispiel: Typen der Vollständigen Induktion für die natürlichen Zahlen Aussage: Für alle n ∈ N gilt E(n). Induktion Typ I • Induktionsanfang: Zeige E(0). • Induktionsvoraussetzung: Es gilt E(n) für EIN n ∈ N. Induktionsschluss: Zeige E(n + 1). Induktion Typ II • Induktionsanfang: Zeige E(0). • Induktionsvoraussetzung: Es gilt E(k) für ALLE k ∈ N, k ≤ n, wobei n ∈ N fest. Induktionsschluss: Zeige E(n + 1). Mit dem Prinzip der vollständigen Induktion können wir in beiden Fällen schließen, dass die Aussage E(n) für alle n ∈ N gilt. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 41 (51) 1 Aussagen und Beweise Vollständige Induktion Definition 1.10 (Potenzen mit natürlichen Exponenten) Für x ∈ R wird der Wert xn induktiv definiert durch x0 := 1 Satz 1.11 Für alle natürlichen Zahlen n xn+1 := xn · x und ∈ N gilt n < 2n . Beweis: Induktion über den Aufbau der natürlichen Zahlen Induktionsanfang: n = 0 Es gilt 0 < 1 und nach Definition 20 0 =⇒ 0 < 2 = 1. Induktionsvoraussetzung: Für n ≥ 0 gilt n < 2n . Induktionsschluss n → n + 1: Zeige n + 1 < 2n+1 Es gilt nach Definition 2n+1 = 2n · 2 und 2n · 2 = 2n + 2n . =⇒ 2n+1 = 2n + 2n Nach I.V. gilt n < 2n . =⇒ n + 1 ≤ 2n und 0 < 2n =⇒ n + 1 < 2n + n + 1 ≤ 2n + 2n = 2n+1 Version 0.1 – 14. August 2003 Modellierung WS 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 . 42 (51) 1 Aussagen und Beweise Vollständige Induktion Satz 1.12 Für alle natürlichen Zahlen n ∈ N und n ≥ 3 gilt 2 · n + 1 ≤ n2 . Beweis: Induktion über den Aufbau der natürlichen Zahlen Induktionsanfang: n =3 Es gilt nach Definition 2 · 2 + 1 = 5 ≤ 8 = 23 . Induktionsvoraussetzung: Für ein n Induktionsschluss n ≥ 3 gilt 2n + 1 ≤ n2 . → n + 1: Zeige 2(n + 1) + 1 ≤ (n + 1)2 Es gilt nach Definition (n + 1)2 Nach I.V. gilt 2 · n + 1 = n2 + 2n + 1. ≤ n2 und n ≥ 3, also 2n + 1 ≥ 2. =⇒ 2(n + 1) + 1 = 2n + 2 + 1 ≤ 2n + 1 + 2n + 1 ≤ n2 + 2n + 1 = (n + 1)2 Alternative Formulierung der Behauptung: Für alle natürlichen Zahlen n ∈ N gilt 2 · (n + 3) ≤ (n + 3)2 . Für diese Aussage läge der Induktionsanfang bei n Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann = 0. Modellierung WS 2003 1 . 43 (51) 1 Aussagen und Beweise Vollständige Induktion Satz 1.13 Für alle natürlichen Zahlen n ∈ N und n ≥ 4 gilt n2 ≤ 2n . Beweis: Induktion über den Aufbau der natürlichen Zahlen Induktionsanfang: n =4 Es gilt nach Definition 42 = 16 und 24 = 16. =⇒ 42 ≤ 24 Induktionsvoraussetzung: Für n Induktionsschluss n → n + 1: Zeige (n + 1)2 ≤ 2n+1 Es gilt nach Definition 2n+1 Nach I.V. gilt n2 ≥ 4 gilt n2 ≤ 2n . = 2n · 2 = 2n + 2n . ≤ 2n . Mit obigem Satz gilt 2n + 1 ≤ n2 . =⇒ (n + 1)2 = n2 + 2n + 1 ≤ n2 + n2 ≤ 2n + 2n = 2 · 2n = 2n+1 Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 44 (51) Modellierung WS 2003 1 . 45 (51) 1 Aussagen und Beweise Vollständige Induktion Satz 1.14 Für alle natürlichen Zahlen n ∈ N gilt n i=0 i= 1 n(n + 1) 2 Beweis: Induktion über den Aufbau der natürlichen Zahlen Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition Definition 1.15 (Spezielle Zeichenketten über Alphabet Σ) Sei Σ eine endliche Menge von Zeichen, Σ = {s1 , ..., sk } mit k ∈ N mit k ≥ 2. Die Menge M1 von Zeichenketten über dem Alphabet Σ wird induktiv definiert durch 1. ε ∈ M1 2. Ist w ∈ M1 eine Zeichenkette und si ∈ Σ, dann ist si wsi ∈ M1 . 3. Nur so gebildete Zeichenketten gehören zu M1 . Die Menge M2 von Zeichenketten über dem Alphabet Σ wird induktiv definiert durch 1. ε ∈ M2 2. Ist w ∈ M2 eine Zeichenkette, dann ist s1 ws2 ∈ M2 . 3. Nur so gebildete Zeichenketten gehören zu M2 . Welche Zeichenketten gehören zu M1 , welche zu M2 ? Version 0.1 – 14. August 2003 Modellierung WS 2003 c Dr. Theodor Lettmann 1 . 46 (51) 1 Aussagen und Beweise Vollständige Induktion Satz 1.16 Alle Zeichenketten w ∈ M1 haben eine gerade Länge. Beweis: Induktion über den Aufbau der Zeichenketten in M1 Satz 1.17 In allen Zeichenketten w ∈ M2 kommt s1 genauso oft vor wie s2 . Beweis: Induktion über den Aufbau der Zeichenketten in M2 Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 47 (51) 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition Vorgriff auf Termbereiche Definition 1.18 (Arithmetischer Ausdruck über Z) Die Menge der arithmetischen Ausdrücke über Z wird induktiv definiert durch 1. Jede Zahl aus Z ist ein arithmetischer Ausdruck. 2. Jede Variable x ist ein arithmetischer Ausdruck. 3. Sind t1 und t2 arithmetische Ausdrücke, so sind auch (t1 + t2 ), (t1 − t2 ) und (t1 · t2 ) arithmetische Ausdrücke. 4. Keine anderen Zeichenketten sind arithmetische Ausdrücke. Beispiele: 123, (x + (3 · y)), (((x + x) + x) + x) Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 48 (51) 1 Aussagen und Beweise Vollständige Induktion Vorgriff auf Termbereiche Satz 1.19 Jeder Term mit n Funktionssymbolen enthält genau 2n Klammern. Beweis: Induktion über den Aufbau der Terme Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 49 (51) 1 Aussagen und Beweise Induktive Definition Vorgriff auf ungerichtete Graphen Definition 1.20 (gerichteter Baum) Die Menge der gerichteten Bäume wird induktiv definiert durch 1. Jeder Graph B mit nur einem Knoten ist ein gerichteter Baum. B 2. Ist k ∈ N und sind B1 , . . . , Bk gerichtete Bäume, so ist auch B ein gerichteter Baum: B B1 Bk 3. Keine anderen Strukturen sind gerichteten Bäume. Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 50 (51) 1 Aussagen und Beweise Vollständige Induktion Satz 1.21 Alle binären gerichteten Bäume der Tiefe n haben maximal 2n Blätter. Beweis: Induktion über den Aufbau binärer Bäume fehlende Begriffe: binärer Baum, Blatt, Tiefe Version 0.1 – 14. August 2003 c Dr. Theodor Lettmann Modellierung WS 2003 1 . 51 (51)