BASICS Grundlagen und Anwendungen Laseraufweitungssysteme Von Thomas Thöniß, LINOS Göttingen In komplexen Lasersystemen, z.B. zur Materialbearbeitung (Bild 1), nehmen neben aktiven optischen Komponenten, wie z.B. Pockels-Zellen zur zeitlichen oder Galvo-Spiegel zur räumlichen Modulation des Bearbeitungslasers, auch passive optische Komponenten und Systeme eine zentrale Rolle ein. Ihre Aufgaben reichen von der einfachen Strahl- Bild 1: Prinzipieller Aufbau optischer Systeme für die Lasermaterialbearbeitung. umlenkung durch Spiegel über Strahlprofilformung, z.B. mittels Zylinderlinsenarrays, bis hin zur letztendlichen Fokussierung des Lasers auf das Werkstück durch Hochapertur-Laserobjektive (HALOs) oder Scan-Objektive [1]. Eine immens wichtige Rolle spielen neben diesen Komponenten und Systemen auch Strahlaufweitungssysteme – Beam Expander: großer Strahldurchmesser für kleinen Laserspot Zur effizienten Erzeugung feinster Strukturen bei der Lasermaterialbearbeitung ist ein minimaler Laserfokus mit möglichst hoher Energiedichte auf dem zu bearbeitenden Werkstück erforderlich. Bei der Erzeugung eines Fokus mittels Laserlicht lässt sich die 1/e2-Spotgrösse d f näherungsweise mittels (1) berechnen: (1) Beam Expander oder kurz: BM.X – zur Anpassung des Strahldurchmessers an die jeweilige Bearbeitungsaufgabe. No. 1 | 1. Quartal 2004 optolines λ ist hierbei die verwendete Laserwellenlänge, f’ die Brennweite des fokussierenden Objektivs und d1 der Strahldurchmesser des Laserstrahls an der ersten Linsenoberfläche des Objektivs. Es wird hierbei vorausgesetzt, dass die Rayleigh-Länge zR des fokussierten Laserstrahls sehr viel kleiner ist als f’ und der Linsendurchmesser mindestens 1,5-fach größer als d1 [2]. Aus Gleichung (1) lässt sich leicht entnehmen, dass besonders ein großer Strahldurchmesser zu einem kleinen Laserspot führt. Die Aufweitung des Lasers auf den geeigneten Querschnitt erfolgt mittels der bereits erwähnten Beam Expander und wird zweckmäßigerweise erst kurz vor der räumlichen Modulation bzw. direkt vor der fokussierenden Optik vorgenommen, um die vorherigen optischen Komponenten in ihren Dimensionen klein und somit im Preis günstig gestalten zu können. Ähnlich Fernrohren sind Beam Expander afokale Systeme. Sie bestehen aus zwei optischen Teilsystemen: der Eintritts- und der Austrittsoptik. Beide Teilsysteme sind so angeordnet, dass der bildseitige Brennpunkt der Eintrittsoptik F´in mit dem objektseitigen Brennpunkt der Austrittsoptik Fout zusammenfällt. Das Aufweitungsverhältnis m als Quotient des Austrittstrahldurchmessers Dout zum Durchmesser des unaufgeweiteten Strahlbündels Din vor dem Beam Expander lässt 11 BASICS sich mit f´in als Brennweite der Eintrittsoptik und f´out als Brennweite der Austrittsoptik sowie h=Din /2 und h’=Dout /2 wie folgt berechnen: (2) Durch den allgemeinen Zusammenhang (3) zwischen der lateralen Vergrößerung m – entspricht dem Aufweitungsfaktor bei afokalen Systemen – und der Winkelvergrößerung mang : (3) lässt sich auf einfache Weise ein weiterer Effekt beim Einsatz von Beam Expandern ableiten [3]: Divergenzen bzw. Kollimationsfehler, die in der Natur der verwendeten Laserlichtquelle liegen bzw. durch vorhergehende Strahlformungs- und Strahlführungsoptiken eventuell eingeführt wurden, äußern sich in einer Winkelabweichung der idealerweise achsparallelen Strahlen. Derartige Fehler verhindern eine ideale Fokussierung des Strahlbündels zu einem möglichst perfekten Fokus. Für objekt- und bildseitige Strahlwinkel gilt bei optischen Systemen: Bild 2: Kepler-Aufweitungssystem. (4) u ist hierbei der Winkelfehler vor und u’ der übertragene Winkelfehler nach der Aufweitung. Bei einem Aufweitungsfaktor von m>|1| werden somit die angularen Strahlrichtungsfehler bzw. Strahldivergenzen um den Faktor der Strahlaufweitung verringert! Prinzipielle Arten von Beam Expandern Wie bei Fernrohren gibt es auch bei den Strahlaufweitungssystemen zwei prinzipielle Arten der optischen Realisierung: a) die Kepler-Anordnung, bestehend aus zwei positiven Linsen oder Linsengruppen, b) die Galilei- oder holländische Konfiguration mit einem negativen und einem posi- 12 Bild 3: Galilei-Aufweitungssystem. tiven Teilsystem. Beide Konfigurationen sind in Bild 2 und Bild 3 durch die Anordnung von paraxialen Linsen verdeutlicht. Der reelle Zwischenfokus bei der KeplerAnordnung ist bei der Erzeugung von hochwertigen Referenzwellenfronten mit homogener Intensität, z.B. in der Interferometrie, von Vorteil, da am Ort des Zwischenfokus eine Blende (Pinhole) zur Ortsfrequenzfilterung positioniert werden kann. Bei dem Einsatz leistungsstarker Laser, z.B. in der Materialbearbeitung, ist der Galilei-Typ vorzuziehen, da die enormen Leistungsdichten im Zwischenfokus des Kepler-Aufbaus zur Hitzeentwicklung bis hin zu Luftdurchbrüchen führen können. Ein Einsatz von Raumfiltern ist auf Grund der hohen Energie im Brennpunkt ohnehin nicht möglich. Ein weiterer genereller Vorteil der Galilei-Anordnung ergibt sich durch die verringerte Baulänge L (siehe auch Bild 3 und Bild 4), die sich näherungsweise durch L=|f´out|-|f´in| im Gegensatz zum Kepler-Aufbau mit L=|f´out |+|f´in| ergibt. Flexibilität durch Zoomund Modulare Systeme Ist eine besondere Flexibilität, z.B. in der Erprobungsphase eines Laserbearbeitungssystems, gefordert, sind variable (Zoom-) optolines No. 1 | 1. Quartal 2004 BASICS Aufweitungssysteme sinnvoll. Hier wird beim Aufweitungssystem vom Galilei-Typ typischerweise die negative Eingangsoptik in zwei Subgruppen, z.B. eine positive und eine negative Gruppe, aufgespaltet. Durch die Variation des Abstandes e12 der beiden Subgruppen mit ihren Einzelbrennweiten f´1 und f´2 wird die Gesamtbrennweite f’in dieser Eingangsoptik nach Gleichung (5) variabel. (5) Durch eine geeignete Verschiebung der beiden Gruppen zur Austrittsoptik lässt sich somit eine kontinuierliche Veränderung des Aufweitungsfaktors erzielen. Ähnlich wie bei Zoom-Objektiven in der Fotografie muss bei der Berechnung und Konstruktion ein Kompromiss zwischen der Abbildungsgüte, dem Aufweitungsbereich und dem konstruktiven Aufwand gefunden werden. In Bild 4 ist beispielhaft der schematische, paraxiale Aufbau eines variablen 2x bis 7x Aufweitungssystems dargestellt. Durch die Gleichung (6) und (7) ergibt sich der Zusammenhang zwischen den Einzelbrennweiten f´n, den Abständen en,n+1 zwischen den Linsen und dem Aufweitungsfaktor m bei paraxialen Aufweitungssystemen mit drei Gliedern [4]: Bild 4: Paraxiales Layout eines 2x-7x Zoom Beam Expander. (6) und (7) Ist ein nur einmaliges Anpassen des Lasersystems auf eine Applikation hinsichtlich der Spotgröße erforderlich, sind modulare Beam Expander von LINOS eine interessante Alternative. Diese Beam Expander erlauben durch ihre Modulbauweise ein einfaches Austauschen der Strahleingangsoptik. Somit kann mit nur einer Strahlaustrittsoptik (Grundmodul) der Aufweitungsfaktor des Systems durch den Anwender problemlos an neue Aufgaben angepasst werden. Es sind Aufweitungsverhältnisse Bild 5: Modulare Beam Expander von LINOS. > Kontakt Autor: Thomas Thöniß [email protected] No. 1 | 1. Quartal 2004 optolines 13 BASICS von 3x, 5x, 8x und 10x wählbar (Bild 5). Durch die diskreten Aufweitungsverhältnisse lassen sich die Eingangsoptiken speziell auf das Grundmodul abstimmen und garantieren somit eine optimale Abbildungsqualität. Die Fokussierbarkeit der Eingangsoptik erlaubt ein zusätzliches Anpassen der axialen Fokuslage und Fokusgröße des Gesamtsystems. Ein reines Verschieben der Optik ohne Verdrehung beim Fokussieren garantiert bei der Einstellung die notwendige Fokusstabilität. Kombination hochwertiger Materialien und ansprechendes Design Bei der Auslegung des optischen Designs eines Beam Expanders spielt der später verwendete Wellenlängenbereich eine wichtige Rolle. Bei der eingesetzten Wellenlänge soll eine möglichst kleine Wellenfrontdeformation des Laserbündels durch nachgeschaltete Fokussieroptiken die Erzeugung eines kleinen Laserspots ermöglichen. Strahlaberrationen, wie z.B. sphärische Aberration (Öffnungsfehler), würden eine exakte Fokussierung erschweren und kleinste Spots unmöglich machen! Normalerweise wird das Optik-Design von einem derartigen System nur auf die zu erwartende Arbeitswellenlänge abgestimmt. Durch eine spezielle Art des optischen Designs der LINOS BM.X-Reihe wurde eine minimale Wellenfrontdeformation für Wellenlängen von 458nm bis 1064nm ermöglicht. Lediglich das leichte Nachfokussieren der Frontoptik ist beim Wechsel der Wellenlänge innerhalb dieses Spektrums notwendig. Eine extrem breitbandige und reflexarme Vergütung der Optiken (Bild 6) unterstützt die Anwendung im Wellenlängenbereich von 458nm bis 635nm (Restreflexion weniger als 0,5%) und zusätzlich bei 1064nm (Restreflexion weniger als 0,3%). Um die Anwendung von Aufweitungssystemen bei hohen Laserleistungen zu ermöglichen, spielt auch die Materialauswahl für die einzelnen optischen Komponenten des Systems eine entscheidende Rolle. Linsen, an denen besonders hohe Laserleistungen z.B. durch kleine Strahlquerschnitte auftreten, sollten Bild 6: Gesamttransmission eines LINOS BM.X-Aufweitungssystems. aus hochwertigem Quarzglas gefertigt sein, da dieses durch seine geringe Absorption eine besonders hohe Zerstörschwelle aufweist. Auch alle weiteren Optiken sollten aus möglichst absorptionsarmen Gläsern hergestellt werden. Durch den Einsatz derartiger Materialien in Kombination mit dem hochwertigen Coating ergibt sich bei den LINOS BM.X-Systemen z.B. bei einer Laserwellenlänge von 1064nm eine Laserfestigkeit von mehr als 100J/cm2 bei 20ns Laserpulsbreite (S-on-1-Messung). Nicht zuletzt bestechen die LINOS Beam Expander durch ein ansprechendes äußeres Design. Quellen: ● [1] Thomas Thöniß, Sabine Dreher, Rainer Schuhmann: „Photonik-Puzzle, optische Komponenten und Systeme für Laseranwendungen“; Laser+Photonik 2 (Juni 2003), S. 14-21 ● [2] Wolfgang Demtröder: „Laser Spectroscopy”; Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1982 ● [3] Christian Hofmann: „Die optische Abbildung”; Geest & Portig, Leipzig 1980 ● [4] Fu-Ming Chuang, Ming-Wen Chang: „Solution areas of three-component afocal zoom systems”; Optik 101. No. 1 (1995), S.10-16 Bild 7: Der LINOS BM.X Beam Expander. > Kontakt BM.X Beam Expander: FON +49 (0)5 51 / 69 35-0 [email protected] 14 optolines No. 1 | 1. Quartal 2004