Hager 2009 Frühe menschliche Nutzung von Feuer

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Frühe menschliche Nutzung von Feuer
eine Spurensuche
Vortrag vom 19.10.2009
im Interdisziplinären Forschungskolloquium ("Kränzli") IPNA und Seminar UFG, Universität Basel
Daniela Hager (dipl. phil. nat. UFG)
Inhalt
I.
Einleitung
Bedeutung von Feuer für Menschen des Paläolithikums
Beispiele von paläolithischen Feuerstellen
II. Nachweismöglichkeiten und Beispiele
für erhitzte Materialien
•
wie erhitzte Silizes, gebrannte Knochen, Holzkohlen, Aschen, weitere
Brennmaterialien
für Befunde, die auf anthropogene Nutzung von Feuer verweisen
•
wie Konzentrationen von gebrannten Materialien, erhitztes linsenförmiges Sediment
für Erzeugnisse mittels und von Feuer
•
wie Feuerzeug, Birkenpech, verarbeitetes Bitumen, getemperte Silizes, Keramik, etc.
III. Schlussfolgerungen
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
2
Naturfeuer als Teil der Umwelt
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Szenario einer Nutzung von natürlichen Feuern: (Wolf / Burian 1979, 70-71)
sich annähern in sicherer Entfernung und dessen Schutz suchen,
3
behändigen, mittragen, in eine Gruppe hineintragen, unterhalten.
Die maximalen Temperaturen beim Durchgang einer Feuerfront hängen
vom Vegetationstyp, der Verweildauer, dem Holzanteil und der Trockenheit,
bzw. Jahreszeit ab.
(nach P.W. Rundel in Körner 2002, Abb. 13-8)
•
Maximale Bodenoberflächentemperaturen in unterschiedlichen
Vegetationstypen beim Durchgang einer Feuerfront.
•
•
Ein Buschfeuer im Herbst erreicht Bodenoberflächentemperaturen, welche
Silizes springen oder Knochen verkohlen lassen.
Nach Seabloom 1991 würde schon ein Steppenbrand organisches Material
wie Knochen und Geweih durch Schwärzen und Verkohlen substantiell
verändern.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
4
(nach Vareschi 1962 in Walter / Breckle 2004, Abb. C-9)
Temperaturen von natürlichen Feuern
Bedeutung von Feuer für Menschen des
Paläolithikums
Vogelherd
(Foto: Holger Uwe Schmitt)
(Schnieper - Kruse-Schulz 2001)
•
•
•
•
•
•
Schutz
Wärme (in Höhlenlagen, höheren Breitengraden, kühlen Nächten,
Winter, unter Abris und in Höhleneingängen, Anpassung zu
Beginn von Kaltzeiten, etc.
Licht
Erweiterung des Ernährungsspektrums
Aufbewahrung von Nahrungsmitteln (Räuchern)
Ort der Geselligkeit, Entstehung von Sprache?
Abfallentsorgung?
Brandlegung für Treibjagd, Ausräuchern von Bienenstöcken?
5
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
(Maraszek / Burbulla 2003)
Beispiele für aktuelle Feuerstellen
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
6
(Henri Breuil 1949)
•
•
Beispiele von prähistorischen Feuerstellen:
Schweizersbild
(vorwiegend Spät-Magdalénien, nach 12,6 ka)
Schweizersbild 1892. Feuerstelle und Werkstätte.
A Werkstätte, B Amboss, C Feuerstelle, D untere Nagetierschicht, E Brecchie.
(Fotografische Aufnahme und Zeichnung nach Nüesch 1986, zitiert in Höneisen / Peyer 1994, 69)
7
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Monruz
(Klassisches Jung-Magdalénien 13 ka)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
8
Menez-Dregan, Bretagne
aus 5c eine Struktur mit Steinplatten, die im Kreis
angeordnet waren, assoziiert mit einer Konzentration
von verkohlten Materialien:
(ESR an
Quarz/
Quarzit)
Foto (oben)
Abguss (links)
(Expo "Les premiers d'habitants
d'Europe, Tautavel, 2006)
Ausgrabungen seit 1991 unter Jean-Laurent Monnier
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
9
Beeches Pit, Suffolk, Südwestengland
http://www.liv.ac.uk/researchintelligence/
issue17/kindlingpassion.html
•
(Gowlett et al. 2005)
(Preece et al. 2006)
Deutlich abgegrenzte Strukturen (features), etwa
1 m Durchmesser, mit dunklen Verfüllungen und geröteten Substraten und
Rändern (Gowlett 2006).
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
10
Beeches Pit, Suffolk, Südwestengland
30 Anpassungen eines biface roughout
– eines bifaziellen Rohlings
Insgesamt 100 Anpassungen
(Gowlett et al. 2005, Preece et al. 2006)
11
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Gesher Benot Ya'aqov
Oberer
Jordan
•
•
•
Ausgedehnte Feuchtbodenstationen an den PaläoUfern des Hula-Sees im nördlichen Jordantal
Ausgrabungen zwischen 1989 und 1997 in mehreren
Gräben ergaben eine zusammengesetzte 34 m
mächtige Stratigrafie von Strandablagerungen (mit
etwa 14 archäologischen Horizonten des Acheuléen),
lakustrinen sowie fluviatilen Fazies.
Die Ablagerungssequenz umfasst eine Dauer von
100ka und schliesst B/M-Umkehr vor 790 ka ein.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Ausgrabung der tektonisch
verkippten Strandablagerung
V-6 - mit Phantom Hearths
(Alperson-Afil / Richter / Goren-Inbar 2007)
12
Gesher Benot Ya'aqov
•
Es gibt keine evidenten Strukturen von
Feuerstellen; aber die verschiedenen
archäologischen Ablagerungen
enthalten Indizien für Feuer
–
–
–
•
gebrannte Silizes
gebrannte Holzstücke
verkohlte Früchte und
Grassamen
Auf latente Feuerstellen verweist eine
nicht zufällige Verteilung der
gebrannten Mikroartefakte aus Silex.
We suggest that clustering of the burned
microartifacts indicates the location of
Acheulian hearths.
Beispiel aus Schicht V-5:
Karten der relativen Dichten
(Goren-Inbar et al. 2004)
•
Die Dichtekarten aus 10
archäologischen Ablagerungen
lassen Clusters erkennen.
Continual fire-making by
Hominins at Gesher Benot Ya'aqov
(Alperson-Afil 2008)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
I.
A von 4415 ungebrannten und
B 82 gebrannten Mikroartefakten.
Diese verteilen sich auf zwei
Clusters => latente Feuerstellen
Dichten und Verteilung der
82 gebrannten Mikroartefakte
pro Viertelsquadrat
13
(V-5 ist 30 cm mächtig)
Einleitung
Bedeutung von Feuer für Menschen des Paläolithikums
Beispiele von paläolithischen Feuerstellen
II. Nachweismöglichkeiten und Beispiele
für erhitzte Materialien
•
wie erhitzte Silizes, gebrannte Knochen, Holzkohlen, Aschen, weitere
Brennmaterialien
für Befunde, die auf anthropogene Nutzung von Feuer verweisen
•
erhitztes linsenförmiges Sediment, Konzentrationen von gebrannten Materialien,
Verteilmuster und Funddichten
für Erzeugnisse mittels und von Feuer
•
wie Feuerzeug, Birkenpech, verarbeitetes Bitumen, getemperte Silizes, Keramik, etc.
III. Schlussfolgerungen
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
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Spuren von Feuer
in Hummal
• 649 potentiell erhitzte Stücke
– 80% (524) Silizes
– 10% (64) Brandknochen
– 8% (50) Holzkohlen
– 2% (11) Gerölle, Steine
Eingemessene potentiell gebrannte Materialien im West-OstQuerschnitt mit ungefährer Projektion auf ein Grabungsfoto am Ende
der Kampagne 2006.
16
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Erhitzte Silizes
• haben für die Erkennung von frühen Feuerstellen
erstrangige Bedeutung.
• makroskopische Veränderungen in Farbe, Struktur und
Textur hängen ab von
– vom Eisengehalt einer Silexvarietät
– Temperatur, insbesondere Temperaturschocks
• Merkmale:
–
–
–
–
–
–
Verfärbungen
Haarrissbildung, Craquelierung (cracking)
Fragmentierung in Trümmer und Absplisse
näpfchenförmige Aussprünge (pot lids), konvexe Abplatzungen
gläserner schimmernder Glanz (lustre)
beschädigte Kanten
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
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Beispiele von erhitzten Silizes
Haarrisse
(Richter 2007, Abb. 2g)
Silexvarietät aus der Gegend von El Kowm vor und
nach dem Brand: Verfärbung zu grau-schwarz
Aussprung mit charakteristischer Bruchfläche
Seite 1 (oben)
Seite 2 (unten)
näpfchenförmige
Aussprünge
Craquelierung an
gebranntem Silex aus
Berigoule, Vaucluse
(Wagner / Glasmacher 2003, Fig. 1)
(oben und unten)
Trümmer und Absplisse
von ursprünglich 10
makrolithischen Proben
aus eigenem FeuerMikrolithische Fragmente mit Näpfchen, ohne Bulbus
experiment.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Glanz an
Bruchkante
(Richter 2007, Abb. 2e)
18
Fragmentierungsgrad
•
Feuer bewirkt eine Grössenreduktion bei Silizes aufgrund von Hitzeschocks,
bei Knochen aufgrund erhöhter Fragilität.
•
Von den 10 experimentell „befeuerten“
Makrolithen wurden zwei in +/- ursprüngliche
Grösse geborgen. Alle anderen wurden
mittels 4-mm-Sieb als kleine Fragmente
ausgelesen (130 Stück).
•
Durch Hitze fragmentierte Silizes
sind kantig und quaderartig, mit zinnenförmigen (crenelated) und
zuckrigen (sugary) Oberflächen.
(Moore et al. 2009)
•
Experimente zeigen, dass Feuerstellen aufgrund von
stark gebrannten lithischen Fragmenten (2 mm – 1 cm),
zusammen andern gebrannten Materialien
identifiziert werden können. (Sergeant et al. 2006)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
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Beispiele von nicht erhitzten Silizes…
Silex mit Näpfchen und konkavem
Aussprung, von Tell Arida, Lesefund.
Silex mit konkaven Abplatzungen, aus der
Grande Sebkha, Lesefund (F. Wegmüller).
•
Sind hier Prozesse der Frost-, Insolations-,
Salzverwitterung wirksam?
•
Kryogene Verwitterungsprozesse mit kleinsten bombierten
Abplatzungen oder Bechern (cupules) sind experimentell
reproduzierbar, mit thermischem Kälteschock
von +20°C auf -30°C … nach 200 Zyklen. (Ouzouf 2002)
Silizes mit konkaven Abplatzungen
(Musée de Nyons)
"Thermal Spall of Chert",
Bethlehem, eine Fauna-Fundstelle
(Clark 1961, Plate 18,2)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
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Thermolumineszenz (TL) und
Ausheizplateautest
•
•
•
Mit dem "Ausheizplateautest" wird geprüft, ob eine Probe sich für eine TLDatierung eignet und die aufwendige Präparation durchgeführt werden soll.
Es wird damit beurteilbar, ob ein Silex in prähistorischer Zeit genügend
(d.h. auf über 450°C) erhitzt und die "TL-Uhr" auf Null gesetzt worden ist.
Der Test misst die Intensitäten von zwei Teilproben, welche schrittweise
aufgeheizt werden. Eine der beiden Teilproben wurde additiv mit einer
künstlichen Dosis β bestrahlt. Es resultieren zwei Leuchtkurven, welche die
Intensitäten von natürlicher TL (N) und von künstlich induzierter TL (N+β)
abbilden.
–
–
Bei einem geeigneten Silex sollte die künstlich induzierte TL proportional höher ausfallen.
Bei einem nicht erhitzten Silex ist anzunehmen, das die Probe gesättigt ist und dass sich die
TL nicht durch diese additive Dosis β erhöhen wird.
•
Danach wird das Verhältnis der beiden Intensitäten aufgetragen. Bildet
diese Verhältniszahl (N+β) /N im stabilen Temperaturbereich zwischen 300450°C ein Plateau, so besteht eine Probe den Test.
Silizes, die den Aufheizplateautest bestehen, können als gesichert gebrannt
auf über 450°C angesehen werden.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
21
Beispiele für Ausheizplateautest
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
22
Angewandtes Beispiel für den Aufheizplateautest
• Für Gesher Benot Ya'aqov konnte Daniel Richter zeigen, dass alle
untersuchten Proben mit makroskopischen Merkmalen von Erhitzung
(n=8) auch tatsächlich erhitzt worden sind.
Nira Alperson-Afil / Daniel Richter / Naama Goren-Inbar, Phantom hearths and controlled use of fire at Gesher Benot Ya'aqov, Israel. Journal of
Anthropological Archaeology, 2007, 1-15.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
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Beispiel für Hummal
P.7-c13-25
HU-45
•
•
NTL
NTL+β
60
50
40
TL-Intensität
•
Aus dem Profil P.7 in Sektor West wurde 1999
aus Schicht 13 ein débris brûlé entnommen und
für eine TL-Datierung an Daniel Richter, MPI
Leipzig, geschickt.
Dieser Silex No. 25 zeigte näpfchenartige
Abplatzungen und Craquelierungen.
Die Probe wurde dem sog. Ausheizplateautest
unterworfen. Das Äussere der Probe weist bei
einer Aufheiztemperatur von 340°C einen Peak
in der Intensität der Thermolumineszenz aus.
Die Peak-Temperatur ist etwas tief und die
Verteilung leicht schief (d.h. nicht GaussVerteilung, Abb. oben). Der Vergleich von
künstlicher und natürlicher Thermolumineszenz
(NTL+β / NTL) ergibt jedoch ein deutliches
Plateau, was auf Erhitzung mit Fragezeichen
verweist und die aufwändige Probenpräparation
rechtfertigte (Abb. unten).
Eine wiederholte Messung von NTL und NTL+β
des präparierten Innern ergab das eindeutigere
Ergebnis, dass das Stück erhitzt worden war!
30
20
10
0
250
300
350
400
Aufheiztemperatur (°C)
450
Plateautest
3
NTL+β / NTL
•
2.5
2
1.5
1
0.5
0
250
300
350
400
Aufheiztemperatur (°C)
450
24
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Gebrannte Knochen
•
•
•
•
•
•
Farbliche und strukturelle Veränderungen
Vergleich mit experimentell verbrannten Knochen
Mikromorphologischen Untersuchungen
CHN-Elementanalyse (C:N ratio)
FTIR (cristallinity factor), REM, Lichtmikroskop
Electron probe micro analysis (EPMA)
• Karkanas et al. 2007 für Qesem
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
25
Erhitzungsexperimente mit Knochen
(Stiner et al. 1995, Fig. 2)
Stufe 0
---
---
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Stufe 4
Hirschknochenproben,
die während 1,5 Std.
erhitzt worden
sind:
Forschungskolloqium,
19.10.2009, D. Hager
(Munro et al. 2007, Fig. 1)
Stufe 5
Stufe 6
26
Differenzialdiagnose
Brandknochen oder Metalloxid?
• Mineralische Verfärbungen finden sich
Geschwärzter Knochen aus
normalerweise nur an der Oberfläche
Hummal (W2146 aus Niveau
5a4, C36)
und nicht im Knocheninnern.
• Zur sicheren Unterscheidung, ob ein geschwärzter
Knochen a) gebrannt, b) von Mineralen imprägniert oder
c) beides ist, dienen spektralanalytische Methoden.
• Beispiel für Zhoukoudian:
FTIR-Analyse von 2 Proben:
a durchgehend geschwärzten Knochen
b gelbe Knochen mit schwarzen Flecken
IR-Spektren ergaben für
a Brandknochen
b Mangan- oder anderes Metalloxid
(Weiner, Goldberg et al. 1998)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
31
Holzkohlen
• Nachweismöglichkeiten:
– Mikromorphologische Untersuchungen von Holzkohlepartikeln:
• Glänzendes Aussehen im Streiflicht,
• Grösse (Hinweis für Entfernung der Brandstätte)
– Anthrakologische Untersuchung (und Bestimmung)
• potentielles Brennholz?
• Differentialdiagnose:
– Inkohlte Pflanzenreste?
– Schwärzung aufgrund von Metalloxiden?
32
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Holzkohle kann am glänzenden Aussehen von
Inkohlungen unterschieden werden.
Makroskopisch
Glanz einer frischen
Holzkohle (Eukalyptus)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Auch erkennbar im Dünnschliff
bei bestimmtem Einfallswinkel eines Streiflichtes.
Glänzendes
Holzkohlefragment im
Dünnschliff (ArbonBleiche 3, um 3370 v. Chr.,
M28.1, Bildbreite 2,1 mm)
Bei gegebenem Einfallswinkel
des Streiflichtes ist ein deutlicher
Glanz beim oberen
Holzkohlefragment und kein
Glanz beim unteren
Holzkohlefragment zu erkennen
(Cham-Eslen, 4250-4000 v. Chr.,
M1.2, Bildbreite 5,4 mm)
33
ein 2 mm grosser Beleg für Feuer aus
Hummal: der Holzkohleflitter glänzt.
Grosser Holzkohleflitter, NN,
Bildbreite 2,3 mm.
•
•
•
Der Holzkohleflitter glänzt unter Streiflicht
(aus Pfeilrichtung), Bildbreite 1 mm.
Holzkohleflitter aus Niveau 5fI, eine Fazies des Schwarzen Tons
zu gross für einen äolischen Eintrag (>360 µm) => Beleg für nahes Feuer
5fI ist korrelierbar mit OIS 5c (um 96 ka)
34
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Mikromorphologische Untersuchung einer Profilprobe
aus der Sondage Sud S1 von Hummal
Sondage
Sud S1
Hummal mit Blick nach Süden auf die „Sondage Sud“ (Okt. 2006).
Sondage Sud S1 mit Schichtangaben in der
Rückwand (Profil P.58) und Markierung der
Profilprobe in der Westwand (Profil P.59).
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Abb. 64 Westwand (Profil P.59) der Sondage Sud S1, unter
Angabe der entnommenen Probe sowie einer Projektion aller
Funde, die im Quadratmeter davor eingemessen wurden.
35
Holzkohlepartikel: autochthone Entstehung
oder Fernflug?
•
Abschätzung der Verfrachtungsdistanz von Holzkohlepartikeln aufgrund von
bekannten Grössen für Quarzkörnern:
Verfrachtungsdistanz
Ø von Quarzkörner
Ø von Holzkohle
>200 μ
>360 μ
Transport bis 300 km
200 μ bis 30 μ
>360 bis 50 μ
Entfernter Transport
> 300 km
< 30 μ
< 50 μ
Relativ nahe Ablagerung
Ein Holzkohlefragment kann für eine gleiche Verfrachtungsdistanz 1,8 Mal
grösser sein als ein Quarzkorn.
Ein Holzkohlepartikel muss als Beleg für ein nahes Feuer im Durchmesser
> 360 µ gross sein.
Solche Holzkohlepartikel, die Fernflug unwahrscheinlich machen, sind
mikromorphologisch für Hummal bisher (von KIM) aus den Schichten 6, 7 und
10 belegt worden (vor allem in den Ton-Fazies).
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
36
Holzkohlefragmente aus Sondage Sud 5e
von 0,5-2,5 cm Grösse (ausnahmsweise auch 5-6 cm)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
37
Anthrakologische Untersuchung und vorläufige Bestimmung
eines 6 cm langen Fragmentes, ca. 2 cm breit
Unbestätigter Vorschlag: eine Art der Gattung Equisetum –
einen Schachtelhalm, vielleicht von Equisetum telmata
38
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
0,5 cm dünnes Fragment (von der Seite)
Anthrakologische Untersuchung und
Bestimmung von Holzkohle
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Holzkohlefragment von Laubholz
Bildbreite 12,9 mm
aus Hummal Sondage Sud, c. 5e
unter Silex S8224
korrelierbar mit OIS 5c (um 39
96 ka)
Asche
Kebara 60-48 ka (P. Goldberg)
Isolierende Ascheschicht, Feuerexperiment auf
Tell Arida
•
Frische Asche besteht zu 98% aus
feinkörnigem Kalzit
–
•
•
unter dem Mikroskop: meist
Agglomerate von mikrokristallinen
rhomboedrischen Kalzitpartikeln
(um 15-20 µm)
•
•
(b) Buche: Rhomboeder (Balken= 5 µm)
(c) Föhre: langgestrecktes Rhomboid
(Balken=15 µm) (Courty et al. 1989, Fig. 7.1)
unter Gunstbedingungen erhalten.
makroskopisch erkennbar als
weisse bis graue Bänder und
Schichten, feinkörnig, fragil
im Dünnschliff im Allgemeinen
bleichgrau (pale grey) und stark
doppelbrechend
Fossile Asche kann anhand
diagenetischer Produkte von Kalzit
erkannt werden:
Nadelkristall von Newberyit,
BSE, Grotte XVI C
(Karkanas et al. 2002)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
40
Phytolithen
•
•
Charakteristische Form für
Phragmites australis (Schilfrohr)
Von Aschen bleiben allenfalls diagenetische Produkte von Kalzit
sowie widerstandsfähige silikatischen Bestandteile übrig (wie Phytolithen).
Phytolithen bestehen aus hydrasiertem Kieselgel (SiO2. H2O oder Opal),
welches sich im Zellgewebe einer Pflanze ausscheidet. Phytolithen bilden die
Zellmorphologie ab.
Für die Frage von Feuerstellen sind folgende drei
Merkmale relevant:
1.
Phytolithen werden in grossen Mengen von Gräsern
und in kleineren Mengen von anderen Pflanzen wie
Bäumen produziert.
2.
Phytolithen werden in grösserer Menge in Blättern
und in kleinerer Menge in Holz und Rinden
hergestellt.
3.
Die Phytolithen in Holz und Rinden zeichnen sich
durch eine grosse Variabilität in ihrer Morphologie
aus: In ihren Zellen mit zerknitterten und unebenen
Oberflächen bilden sich gehäuft unregelmässige oder
sphärische Formen.
Phytolithen aus dem Holz der
Tabor-Eiche (Quercus ithaburensis)
mit unregelmässiger, variabler (v) und
konsistenter (c) Morphologie
(Albert / Weiner 2001, Fig. 3)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Wenn in Aschen ein hoher Anteil variabler
Phytolithen gefunden wird, verweist dies
auf Holz (ev. Brennholz) und weniger auf
41
Gras oder Blätter.
Beispiele von im DS erkennbare Phytolithen aus Hummal
unter Durchlicht (NN)
unter gekreuzten Polarisatoren (N+)
Langer dünner trapezoider Phytolith (Gramineae) aus c. 5h West, Bildbreiten 0,13 mm
Mehrere lange Phytolithen mit glatter Kante (Monocotyledonen), c.7*-7b West, Bildbreiten 0,4 mm.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
(Photos von Kristin Ismail-Meyer)
42
Weitere Brennmaterialien
• In vegetationsarmen Regionen ist Dung
das Brennmaterial erster Wahl.
– Relativ geringe Temperaturen, Kuhdung max. 630°C,
Schafsdung max. 570°C (immerhin).
– Kotkegel schwelen ausserordentlich lange;
20-30 kg getrockneter Schafsdung glüht
gut eine Woche lang….
– Nachweisbar mittels mikromorphologischer
Untersuchung mit Bestimmung des
Phosphatgehaltes.
Feuerstelle mit Dung, unterhalten von Arbeitern
in Nadaouiyeh
(R. Jagher)
• Weitere Brennmaterialien wie Erdöl, Braunkohle (z.B. Les Canalettes),
Schwarzkohle (z.B. Petřkovice), Guano? sind in Betracht zu ziehen.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
43
Verteilmuster dem Moustérien-Komplex von
Hummal, mit einer Konzentration an potentiell gebrannten Materialien
Lage von Niveau 5a4 in der
topografischen Landschaft
(Stand 2001) von Hummal.
Fläche
(Quadratmeternetz)
E
44
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Erhitzter abgrenzbarer Horizont
• Von einer Feuerstelle kann das erhitzte Substrat noch erkennbar
sein: rund/oval in Aufsicht, linsenförmig im Profil
• Die Auswirkungen von Erhitzung nehmen schnell ab und
konzentrieren sich i.d.R. auf die obersten 10 cm.
Profil durch das Grubensubstrat der
experimentelle Feuerstelle nach markanter
Erhitzung
Profil im Zentrum des Grubensubstrates
mit dunkelbrauner Verfärbung der
obersten 5 cm.
• Das eigene Experiment bestätigt dies: trotz Temperaturen des
Feuers von 950°C in der Mitte und anhaltenden Temperaturen
zwischen 350-400°C beschränkt sich die braune Verfärbung auf die
obersten 5 cm des Grubensubstrates.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
45
Ein schwarzbraune Verfärbung…
•
•
… kann unter reduzierenden Bedingungen entstehen. Auf Steinen
bilden sich dann russige oder teerartige Überzüge.
… kann aber auch auf eine Oxidation von zweiwertigen Mangan-Oxiden
zu Manganhydroxiden zurückführbar sein.
46
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
Paläomagnetische Untersuchungen
•
•
•
Hat das Sediment oder ein Gestein eine thermoremanente Magnetisierung (TRM)
durch Erhitzung erfahren?
Mehrmalig genutzte Lagerfeuer weisen im Feld magnetische Anomalien der totalen
magnetischen Intensität aus.
Dies lässt sich für in situ Befunde im Labor feststellen, wenn die Proben unter
genauer Feldlage (v.a. Orientierung) geborgen werden (je 7 Proben aus potentieller
Struktur und 7 Kontrollproben aus der Umgebung).
•
Laboruntersuchungen umfassen
–
–
–
–
–
Messung der magnetische
Suszeptibilität,
Paläointensität,
Stabilität der Reaktion auf
Wechselfeldentmagnetisierung,
Akquisition einer isothermalen
remanenten Magnetisierung
Koerzitivkraft
Proben einer potentiellen Struktur vor ihrer Entnahme mit markierter
Orientierung auf horizontaler ebener Gipsfläche.
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
47
Erhitzte Gesteine
•
Wie erhitzte Gesteine makroskopisch aussehen, hängt von Faktoren wie
Gesteinsvarietät, Brandtemperatur, Geschwindigkeit von Erhitzung, Grösse ab.
•
Im Fall von experimentell stark erhitzten Gesteinen aus Hummal zeigte sich,
dass die Proben nicht nur äusserlich, sondern auch im Innern deutlich dunkler
und grauer wurden.
Vergleichssammlung anlegen!
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
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Farbunterschiede von erhitzten karbonatischen
Gesteinen aus Hummal (N=11)
Munsell Soil Color Charts (MSCCC) basiert auf Hue (Farbton), Value (Helligkeit) und Chroma (Sättigung)
z.B.
light brownish gray =
2.5Y
8
/
2
Die experimentelle Erhitzung von 11 Geröllen ergibt folgende vorläufigen Resultate:
• Die Helligkeitsunterschiede sind das herausragende Merkmal! Die Sättigung nimmt leicht ab. Der
Farbton änderte sich nicht.
• Dunkle Gesteine (mit Helligkeitswerten 3 und 2) liegen nur gebrannt vor.
• Helle Gesteine (mit Helligkeitswerten von 6 bis 7) liegen nur bei ungebrannten Gesteinen vor.
• Drei Gesteinsproben aus Fundhorizont 5b5, Sektor West weisen Helligkeitswerte von 2 und 3 auf;
sie sind ergo gebrannt!
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Erzeugung von Feuer
• Erzeugung von Funken via Reiben (Friktion) oder Schlagen
(Perkussion)
JHough 1987/88, Abb. 47
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ein Feuerzeug
der Innuit:
Funken
schlagen mittels
Pyrit auf Pyrit
Experimentell erzeugtes
Feuer durch kräftiges
Reiben eines Pyrit' mit
Silex
Stapert / Johansen 1999, Fig. 10
Bogoras 1904, Fig. 166
Ein Tschuktsche beim
Feuermachen mittels
Feuerbohrer
50
Feuerzeuge
•
Dazu braucht es
(1) eine Funkenspender: Schwefelkies, Eisen, Zündholz
(2) einen Funkenerzeuger: aus Feuerstein/Silex, einem 2. Schwefelkiesknollen
oder (1) + (2) zwei Reibhölzer
(3) einen Funkenempfänger: Zunderschwamm, Weidenkätzchen, Holundermark, Flechten,
trockenes Gras, etc.
•
Die meisten Bestandteile eines Feuerzeugs erhalten sich nur unter
Gunstbedingungen. Ausnahmen:
Schwefelkiesknolle aus einer
Magdalénien-Schicht von Trou de
Chaleux, Belgien mit einer Kerbe, die
durch wiederholtes Reiben oder Schaben
mit einem Silex entstanden ist (nach
Dupont 1872, 153 zitiert in Roussel /
Boutié 2006, S. 15)
Schwefelkiesknolle mit randlichen
Abnutzungsspuren vom
Funkenschlagen aus der
Vogelherdhöhle; L=52 mm, B=43
Schwefelkiesknolle aus dem
Drachenloch, Schweiz, M. 1:1
(Weiner / Floss 2003, Abb. 7; Foto:
Kantonsarchäologie St. Gallen)
cm; Dicke=41 mm; Gewicht=145 g
(Aurignacien, 32 ka) (Weiner / Floss 2003
und Weiner 2006)
Bisher kaum untersucht sind hingegen die Verwendung von Silizes als
Funkenerzeuger.
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Silizes mit Gebrauchsspuren eines
Funkenerzeugers
• Markante Reibspuren an Silizes sind durch
Gebrauchsspurenanalyse feststellbar. (D. Stapert / L. Johansen (1991)
Pinksteine aus den Cortaillod-Schichten von Twann;
1 rechts Silexeinsatz in Handschäftung einer Geweihsprosse von Rothirsch eingeklebt
(Uerpmann 1981, Tafel 14 und 13)
Forschungskolloqium, 19.10.2009, D. Hager
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Erzeugnisse mittels Feuer … ergäbe eine
endlose Aufzählung
• Birkenpech
oder
Campitello, Italien: Birkenpech an unretuschiertem
Abschlag, gaschromatografisch bestätigt, datiert in ein
Stadial am Ende des Mittelpleistozäns (>130 ka)
(Mazza et al. 2006)
Bitumen als Klebstoff für Schäftungen
Hummal: Bitumen an Klinge aus Hummal-Sanden 1a (α-h),
gaschromatografisch bestätigt (Connan 1998)
170-206 ka (TL an erhitztem Klingenfragment E30-195 aus HU99, α-h)
• Hitzebehandlung von silikatischem Rohmaterial zur Verbesserung der
Schlageigenschaften (seit 72 ka für Pinnacle Point 5-6, Südafrika, experimentell bestätigt (Brown et al.
2009)).
• Keramik (Terrakotta) aus der Höhle Yuchanyan, China, datiert auf
18 ka cal. BP (14,8 ka BP), nochmals 1000 Jahre früher als die
Keramik der Jomon-Kultur, Japan (Boaretto et al. 2009).
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IV. Schlussfolgerungen
• Frühe Nutzung von Feuer kann wahrscheinlich gemacht werden,
– wenn mehrere gebrannte Materialgattungen an einem Ort vorliegen und diese
als gebrannt bestätigt werden können,
•
•
•
•
•
•
Artefakte aus Silex mit Merkmalen von Erhitzung
Verkohlte und verbrannte Knochen
Holzkohle
Erhitzte Gesteine
Aschen und deren diagenetische Produkte, darunter insbesondere verwitterungsbeständige
silikatische Aggregate und Phytolithen von Bäumen (Brennhölzer)
Weitere Brennmaterialien (Dung, fossile Brennstoffe, etc.)
– wenn Befunde vorliegen, die auf anthropogene Nutzung von Feuer verweisen,
•
•
Erhitzte abgrenzbare Horizonte, rund/oval in der Aufsicht, linsenförmig im Profil
Verteilmuster der verschiedenen Materialgattungen; Dichten an klein fragmentierten Silizes und
Knochen.
– wenn natürliches Feuer ausgeschlossen werden kann, d.h. die postsedimentären
Prozesse untersucht und verstanden worden sind.
– Wenn Bestandteile von Feuerzeug oder Erzeugnisse vorliegen, die mittels
gekonnter Handhabung von Feuer hergestellt wurden.
•
•
•
Schwefelkies (Markasit, Pyrit) mit Gebrauchsspuren
Silizes mit Gebrauchsspuren eines Funkenerzeugers
Schäftungen aus Harzen wie Birkenpech oder verarbeitetem Bitumen
• Für den Nachweis von anthropogenem Feuer stehen eine Vielzahl
von Methoden zur Verfügung (je nach Grabungsstrategie, den zeitlichen und finanziellen
Ressourcen).
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