Soziale Schicht und Kriminalität

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Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis .................................................................................................................. III
Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................. IV
1. Einleitung ............................................................................................................................... 1
2. Abweichendes Verhalten, Kriminalität und Sanktion ............................................................ 4
2.1 Abweichendes Verhalten und Kriminalität ....................................................................... 4
2.2 Die Anomietheorie Robert K. Mertons ............................................................................. 6
2.2.1 Kritik an der Anomietheorie ...................................................................................... 9
2.3 Sanktion als Folge von Kriminalität ............................................................................... 10
3. Der soziale Schicht- und Milieubegriff ................................................................................ 12
3.1 Soziale Schicht ................................................................................................................ 12
3.2 Soziale Milieus ................................................................................................................ 15
4. Bewährungshilfe in Mecklenburg Vorpommern .................................................................. 17
4.1 Bewährungsstrafe, Führungsaufsicht, Bewährungshilfe und Widerruf – Begriffliche .. 17
Klärungen ............................................................................................................................. 17
4.2 Die Sozialen Dienste der Justiz in Mecklenburg-Vorpommern ...................................... 19
4.2.1 Aufbau der Bewährungshilfe.................................................................................... 19
4.2.2 Aufgaben der Sozialen Dienste ................................................................................ 20
4.3 Neuerungen der differenzierten Leistungsgestaltung ..................................................... 21
5. Stand der Forschung in Deutschland ................................................................................... 23
6. Entwicklung der Hypothesen ................................................................................................ 28
7. Daten und Methoden ............................................................................................................ 32
7.1 Daten .............................................................................................................................. 32
7.1.1 Stichprobendesign und Umfang der Erhebung ........................................................ 32
7.1.2 Erhebung der Daten: Aktenanalyse und Fragebogen.............................................. 34
7.1.3 Bias und Repräsentativität ....................................................................................... 36
7.2 Methoden ........................................................................................................................ 38
7.2.1 Kreuztabellen und Chi² Unabhängigkeitstest .......................................................... 38
7.2.2 Logistische Regression – Odds Ratio ...................................................................... 39
8. Operationalisierung ............................................................................................................. 41
8.1 Unabhängige Variable Schicht ....................................................................................... 41
8.2 Abhängige Variablen ...................................................................................................... 43
I
8.3 Konfundierende Variablen ............................................................................................. 44
8.3.1 Konfundierende Variablen der ersten Hypothese .................................................... 44
8.2.2 Konfundierende Variablen der zweiten Hypothese .................................................. 46
9. Ergebnisse ............................................................................................................................ 48
9.1 Univariate Auszählungen ............................................................................................... 48
9.2 Bivariate Untersuchungen .............................................................................................. 49
9.3 Stufenmodelle der logistischen Regression .................................................................... 53
9.3.1 Modell zur Untersuchung der sozialen Schicht und der Kriminalität ..................... 54
9.3.2 Modell zur Untersuchung der sozialen Schicht und des Widerrufes ....................... 57
10. Diskussion der Ergebnisse ................................................................................................. 60
10.1 Allgemeine Diskussionen der Ergebnisse ..................................................................... 60
10.2 Diskussion der ersten Hypothese .................................................................................. 62
10.3 Diskussion der zweiten Hypothese ............................................................................... 66
10.4 Soziale Milieus und Kriminalität .................................................................................. 68
11. Zusammenfassung .............................................................................................................. 70
12. Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 72
Anhang ..................................................................................................................................... 79
A. Abbildungen und Tabellen zum Text .................................................................................... 79
B. Univariate Ergebnisse ...................................................................................................... 83
C. Bivariate Ergebnisse ........................................................................................................ 88
D.
²- Tests nach Pearson ................................................................................................... 94
E. SPSS Syntax ...................................................................................................................... 95
F. Fragebogen zur Aktenanalyse………………………………………….………..……………101
II
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Typologie der Formen individueller Anpassung....................................................... 7
Tabelle 2: Beispiel einer einfachen Vier-Felder Kreuztabelle................................................ 38
Tabelle 3: Übersicht der Modelle der logistischen Regression für beide Hypothesen ............ 54
Tabelle 4: Stufenmodell der ersten Hypothese, mit den relativen Risiken vermehrt Straftaten
zu begehen in den unteren sozialen Schichten ......................................................................... 55
Tabelle 5: Stufenmodell der zweiten Hypothese, mit den relativen Risiken einen Widerruf zu
erhalten in den einzelnen Schichten ......................................................................................... 57
Tabelle 6: Einteilung der Interventionskategorien, nach der Einführung der differenzierten
Leistungsgestaltung .................................................................................................................. 81
Tabelle 7: Übersicht der Hypothesen mit ihren abhängigen und konfundierenden Variablen
(Drittvariablen) ........................................................................................................................ 82
Tabelle 8: Kreuztabelle der Schicht und der Vorstrafen.......................................................... 88
Tabelle 9: Kreuztabelle des Alters und der Vorstrafen ............................................................ 88
Tabelle 10: Kreuztabelle der Arbeitssituation und der Vorstrafen .......................................... 88
Tabelle 11: Kreuztabelle des Geschlechtes und der Vorstrafen .............................................. 88
Tabelle 12: Kreuztabelle des Suchtverhaltens und der Vorstrafen .......................................... 89
Tabelle 13: Kreuztabelle des Familienstandes und der Vorstrafen ......................................... 89
Tabelle 14: Kreuztabelle des Bildungsgrades und der Anzahl der Fehltermine ..................... 89
Tabelle 15: Kreuztabelle des Bildungsgrades und der Anzahl der Fehltermine ..................... 90
Tabelle 16: Kreuztabelle des Bildungsgrades und das Auftreten eines Kontaktabbruchs....... 90
Tabelle 17: Kreuztabelle des Bildungsgrades und des Auftretens eines Kontaktabbruchs ..... 91
Tabelle 18: Kreuztabelle der Schicht und des Widerrufs ......................................................... 91
Tabelle 19: Kreuztabelle der Strafform und des Widerrufs ..................................................... 91
Tabelle 20: Kreuztabelle der Anzahl an Vorstrafen und des Widerrufs .................................. 91
Tabelle 21: Kreuztabelle der differenzierten Leistungsgestaltung und des Widerrufs ............ 92
Tabelle 22: Kreuztabelle der Anzahl an Fehlterminen und des Widerrufs .............................. 92
Tabelle 23: Kreuztabelle des Kontaktabbruchs und des Widerrufs ......................................... 92
Tabelle 24: Kreuztabelle der Strafform und der Arbeitssituation............................................ 92
Tabelle 25: Kreuztabelle des Widerrufs aufgrund neuer Straftaten und der Schicht .............. 93
Tabelle 26: Kreuztabelle des Widerrufs aufgrund einer neuen Straftat und der
Vorstrafenanzahl ...................................................................................................................... 93
Tabelle 27: Kreuztabelle der Sucht und der Schicht ................................................................ 93
III
Tabelle 28: Chi²-Testergebnisse zur ersten Hypothese ............................................................ 94
Tabelle 29: Chi²-Testergebnisse zur zweiten Hypothese.......................................................... 94
Tabelle 30: Chi²-Testergebnisse der Hilfshypothese ............................................................... 94
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Soziale Schichtung der westdeutschen Bevölkerung, 2000 ................................ 13
Abbildung 2: Formel zur Berechnung von Chi² ....................................................................... 39
Abbildung 3: Berechnungsformel der Odds und Odds Ratio (OR) .......................................... 40
Abbildung 4: Schichtaufbau der Bevölkerung Deutschlands im Zwiebel-Modell ................... 79
Abbildung 5: Soziale Schichtung der Bevölkerung Deutschlands im Haus-Modell ................ 79
Abbildung 6: Die SINUS-Milieus Deutschlands 2010 ............................................................. 80
Abbildung 7: Organigramm der Sozialen Dienste in Mecklenburg-Vorpommern .................. 80
Abbildung 8: Darstellung der Stichprobenbeschreibung zur Evaluation der differenzierten
Leistungsgestaltung .................................................................................................................. 81
Abbildung 9: Darstellung der tatsächlichen verurteilten Personen im Hellfeld 2009 ............ 82
Abbildung 10: Univariate Verteilung der Probanden auf die Schichten ................................. 83
Abbildung 11: Verteilungen der beiden Variablen zur Bildung der Schicht ........................... 83
Abbildung 12: Univariate Verteilung der vorbestraften Probanden ....................................... 84
Abbildung 13: Univariate Verteilung des Alters ...................................................................... 84
Abbildung 14: Univariate Verteilung der Arbeitssituation ...................................................... 84
Abbildung 15: Univariate Verteilung des Vorliegens einer Suchtproblematik ........................ 85
Abbildung 16: Univariate Verteilung des Familienstandes ..................................................... 85
Abbildung 17: Univariate Verteilung des Widerrufs ............................................................... 85
Abbildung 18: Univariate Verteilung der Strafform ................................................................ 86
Abbildung 19: Univariate Verteilung der Anzahl an Vorstrafen ............................................. 86
Abbildung 20: Univariate Verteilung der differenzierten Leistungsgestaltung ....................... 86
Abbildung 21: Univariate Verteilung der Anzahl an Fehlterminen ......................................... 87
Abbildung 22: Univariate Verteilung des Vorliegens eines Kontaktabbruchs ........................ 87
Abbildung 23: Übersicht der Anzahl der Fehltermine untergliedert nach den Bildungsgraden
(absolute Zahlen)...................................................................................................................... 90
IV
1. Einleitung
Kriminalität spielt in jeder Gesellschaft eine nicht wegzudenkende Rolle. Auch in
Deutschland ist täglich kriminelles Verhalten zu beobachten, ob es sich dabei um Diebstahl
im Supermarkt, Graffitis an Häuserwänden oder körperliche Gewalt auf der Straße handelt.
Die Medien berichten in regelmäßigen Abständen über Personen die in U-Bahnhöfen
Passanten gegenüber gewalttätig werden und von anderen Straftaten, wie Mord oder Betrug.
Im Jahr 2010 wurden alleine in Deutschland knapp sechs Millionen Straftaten registriert. Das
Bundesministerium des Inneren verzeichnet damit zwar erstmals einen Rückgang unter die
sechs Millionen Grenze, diese Zahl verdeutlicht aber auch, dass Kriminalität ein nicht wegzudenkendes Problem dieser Gesellschaft darstellt. Wird weiterhin berücksichtigt, dass es sich
bei dieser Zahl nur um das Hellfeld, also der Polizei bekannt gewordenen Kriminalität
handelt, wächst die Bedeutung von Kriminalität in der Gesellschaft weiter (vgl. BMI 2011: 3,
6). Die Dunkelziffer der Kriminalität liegt noch einmal wesentlich höher. Émile Durkheim
und Rainer Geißler stellten im Bezug auf Kriminalität bereits fest, dass es sich dabei um ein
normales Phänomen in unserer Gesellschaft handelt (vgl. Durkheim 1974: 3; vgl. Geißler
1987: 156). Kriminalität spielt im gesellschaftlichen Zusammenleben eine Rolle. Das ist auch
der Grund, warum sich bereits zahlreiche Soziologen mit dem Problem des abweichenden
Verhaltens und dadurch mit der Kriminalität auseinander setzten. Zu diesem Thema existiert
allerdings nicht eine allgemeingültige Theorie, vielmehr existieren zahlreiche verschiede
Erklärungsansätze nebeneinander. Einer dieser Ansätze versucht die Ursache für Kriminalität
in der sozialen Schichtung der Gesellschaft zu begründen. In diesem Erklärungsrahmen spielt
die Anomietheorie Robert King Mertons noch heute eine wichtige Rolle, da sie in ihrer
Konstruktion sehr plausibel und empirisch fundiert ist (vgl. Geißler 1987: 141). Merton sieht
den größten Druck zu abweichendem Verhalten in den unteren sozialen Schichten. Man kann
von einer Theorie der Unterschichtenkriminalität sprechen. Diesen Zusammenhang von
Schicht und entdeckter Kriminalität konnte Geißler bereits 1987 belegen (vgl. ebd.: 138f.).
Der Zusammenhang gewinnt vor allem unter dem Aspekt an Brisanz, da noch immer von
einer Schichtung in der Bevölkerung ausgegangen werden kann. Wie die Organisation für
wissenschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bekannt gab, ist Deutschland
stark von wachsender Einkommensungleichheit betroffen (vgl. OECD 20111). Die Einkommensgruppen der Mittelschicht drohen zunehmend wegzubrechen und die der oberen und
1
Unter: http://www.oecd.org/document/54/0,3746,de_34968570_35008930_49176950_1_1_1_1,00.html
[22.12.2011 11:21]
1
unteren Schichten tendenziell weiter zu zunehmen (vgl. Goebel et al. 2010: 3). Ein Anwachsen der Unterschicht würde nach der Theorie Mertons ein Ansteigen der Kriminalität in
Deutschland in der Zukunft erwarten lassen.
Wird der Blick speziell auf Mecklenburg-Vorpommern gerichtet, so zeigt sich auch hier, dass
Kriminalität ein Phänomen ist das zum gesellschaftlichen Alltag zählt. Im Jahr 2010 wurden
der Polizei knapp 130 Tausend Straftaten bekannt (vgl. LKA M-V 2011: 5). Die Zahlen
sinken zwar auch hier, der Effekt ist allerdings nicht auf eine sinkende Zahl an delinquenten
Personen zurückzuführen, sondern viel eher auf den demographischen Wandel des Bundeslandes (vgl. a.a.O.: 4). Würde die Bevölkerungszahl des Landes wider der Prognosen von
Bornewasser et al. (2008) steigen, so ließe sich auch ein erneuter Anstieg der Kriminalität
vermuten. Die erste Prognose von Bornewasser et al. ab dem Jahr 2005 lässt einen kontinuierlichen Rückgang der Kriminalität auf etwa 103 Tausend Taten im Jahr 2030 annehmen (vgl.
Dinkel 2008: 350). Diese Zahl ist jedoch noch immer weit davon ab, das Thema der
Kriminalität als ein gelöstes Problem in Mecklenburg-Vorpommern zu betrachten. Mögliche
Aspekte, die auch zukünftig Einfluss auf die Kriminalität ausüben könnten, sind das
Einkommen und die Bildungssituation. In diesen Punkten liegt Mecklenburg-Vorpommern
hinter dem bundesdeutschen Durchschnitt (vgl. Bornewasser 2008: 50, 55.). Wird anhand
dieser beiden Determinanten ein Schichtgefüge erstellt, so leben in MecklenburgVorpommern mehr Menschen in unteren sozialen Schichten, als es in anderen Bundesländern
der Fall ist. Mit Rückbezug auf Mertons Theorie würde dies wiederrum bedeuten, dass der
prozentuale Anteil der kriminell handelnden Personen an der Gesamtbevölkerung höher läge,
als in anderen Teilen Deutschlands. Wird das der Fall, ist es nötig Effekte und Einflussfaktoren auf die Kriminalität aufzudecken und diese bestmöglich zu beseitigen oder den
Einfluss dieser zu minimieren.
Auf Grund der anhaltenden Kriminalität in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern2,
und der Berücksichtigung der Schichtproblematik, soll in dieser Arbeit der Frage
nachgegangen werden, ob Kriminalität ein Problem sozialer Schichten und Milieus ist. Dabei
wird speziell die Fragestellung untersucht, ob es sich bei Kriminalität um ein Unterschichtenphänomen handelt, wie Robert King Merton es in seiner Anomietheorie bereits
formulierte, und ob als Folge von Kriminalität Angehörige der unteren Schichten vermehrt
unter Bewährung stehen. Oder ist Kriminalität in allen Schichten M-Vs gleich stark
vorzufinden? Ebenfalls soll hinterfragt werden, ob Bewährungen in den unteren sozialen
Schichten seltener erfolgreich verlaufen und das Risiko eines Scheiterns, also ein
2
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird Mecklenburg-Vorpommern mit M-V abgekürzt.
2
Bewährungswiderruf, hier größer ist. Bei der Untersuchung dieser Fragen soll dem
Bildungsgrad der Klienten in der Bewährungshilfe eine große Bedeutung beigemessen
werden. Um diesen Punkt zu analysieren wird ebenfalls hinterfragt, ob ein niedriger Bildungsgrad einen Einfluss auf das regelmäßige Wahrnehmen von Terminen mit der Bewährungshilfe
hat.
Als Ausgangspunkt zur Untersuchung dieser Fragen dienen Daten aus der Bewährungshilfe
M-V. Bei der Untersuchung der Fragestellung wird sich hauptsächlich auf die Analyse der
Personen in ihrer Schichtzugehörigkeit bezogen. Milieus können aus Gründen des Umfanges
der Arbeit und der fehlenden persönlichen Daten, der Klienten in der Bewährungshilfe, im
Datensatzes nur am Rande beleuchtet werden. Besonderes Interesse gilt dabei den Aspekten
Bildung, Geschlecht, Alter. Es soll untersucht werden, ob diese auf die Fragestellung einen
entscheidenden Einfluss nehmen oder nicht.
Um der aufgeworfenen Fragestellung nachgehen zu können, sollen zunächst begriffliche und
theoretische Vorüberlegungen dargestellt werden. Es wird geklärt was unter abweichendem
Verhalten, Schicht, Milieu und Bewährungshilfe zu verstehen ist (Kapitel 2 bis 4). Auf die
Theorie Mertons zu abweichendem Verhalten soll vertiefend eingegangen werden. Aufbauend
auf die theoretischen Vorüberlegungen, schließt sich eine Darstellung des aktuellen
Forschungsstandes in Deutschland an (Kapitel 5). Es werden kurz Studien erläutert, die sich
auf Kriminalität im Zusammenhang mit sozialen Schichten und Milieus beziehen.
Anknüpfend an diesen Überblick, sollen die Hypothesen für die eigenen Untersuchungen der
Fragestellung hergeleitet werden (Kapitel 6). Der folgende Abschnitt der Arbeit befasst sich
dann mit einer Beschreibung des verwendeten Datensatzes und den genutzten Methoden zur
Untersuchung der Daten (Kapitel 7). Die Operationalisierung, der für die Untersuchung der
Hypothesen notwendigen Variablen, schließt sich daran an (Kapitel 8). Im Anschluss erfolgt
die Vorstellung der einzelnen Teilergebnisse (Kapitel 9) mit anschließender kritischer
Diskussion dieser (Kapitel 10). Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der
gewonnenen Ergebnisse (Kapitel 11).
3
2. Abweichendes Verhalten, Kriminalität und Sanktion
Aufbauend auf die eingangs aufgeworfene Fragestellung sollen in diesem Abschnitt zunächst
die Begriffe abweichendes Verhalten, Kriminalität und Sanktion umrissen werden. Diese
begrifflichen Vorüberlegungen bilden die Grundlage für die späteren Untersuchungen der
Forschungsfrage. Aufgrund des Umfanges der Arbeit soll dabei nur auf eine Theorie des
abweichenden Verhaltens näher eingegangen werden. Die Wahl fiel auf die Anomietheorie
von Robert King Merton, da dieser in seiner Theorie eine Verbindung zwischen sozialer
Schicht und Kriminalität aufzeigt. Diese soll im Folgenden dargestellt werden, gefolgt von
einer kritischen Betrachtung der Theorie. Ebenso werden erste grundlegende Gedanken über
die Kriminalität in der Theorie Émile Durkheims beschrieben und der Begriff der Sanktion
erläutert.
2.1 Abweichendes Verhalten und Kriminalität
In der Soziologie wird unter abweichendem Verhalten eine große Spanne an Handlungen
verstanden, die nicht der sozialen Norm entsprechen. Peuckert definiert es folgendermaßen:
Mit abweichendem Verhalten werden Verhaltensweisen bezeichnet, die gegen die in einer
Gesellschaft oder einer ihrer Teilstrukturen geltenden sozialen Normen verstoßen und im Falle
der Entdeckung soziale Reaktionen hervorrufen, die darauf abzielen, die betreffende Person,
die dieses Verhalten zeigt, zu bestrafen, zu isolieren, zu behandeln oder zu bessern (Peuckert,
2008: 108).
Konkreter wird dieser weite Begriff, wenn nur die Kriminalität, als eine Form von
abweichendem Verhalten, in den Fokus der Begriffsbestimmung gerückt wird. Es handelt sich
also im Weiteren um eine juristische Definition von Abweichung. Diese hat sich in der
Soziologie als sinnvoll erwiesen (vgl. Lamnek 2001: 44) und auch im Rahmen dieser Arbeit
zeigt sich die Erläuterung auf diese Weise am Schlüssigsten, denn in der Auswertung der
Daten handelt es sich um strafrechtlich verurteilte Personen. Die Kriminalität selbst kann
verstanden werden als ein Verhalten, welches der strafrechtlichen Norm einer Gesellschaft
widerspricht und teilweise von Instanzen der Strafverfolgung sanktioniert wird. Das
Rechtssystem bildet dabei die formale Antwort auf Kriminalität, indem verschiedenste Strafen
verhängt werden können, von Bewährungsstrafen bis hin zu Gefängnisstrafen (vgl. Treiber
2011: 588f.).
Die ersten relevanten Beiträge zur Kriminalsoziologie stammten von Émile Durkheim. Sie
können als der eigentliche Beginn des „modernen kriminologischen Denkens betrachtet
[werden]“ (Eifler 2002: 17; vgl. auch König 1974: X).
4
Durkheim beschreibt Kriminalität als ein normales Phänomen der Gesellschaft, die weiter in
jeder Gesellschaft zu finden ist:
Es gibt keine Gesellschaft, in der keine Kriminalität existierte. Sie wechselt zwar der Form
nach; es sind nicht immer dieselben Handlungen, die so bezeichnet werden. Doch überall und
jederzeit hat es Menschen gegeben, die sich derart verhielten, daß die Strafe als
Repressionsmittel auf sie angewendet wurde. (Durkheim 1974: 3)
Um das Phänomen der Kriminalität aus einer Gesellschaft zu eliminieren, wäre es Durkheims
Ansicht nach nötig eine „allumfassende und so absolute Uniformität“ (Durkheim 1974: 6) zu
schaffen. Dies ist aber unmöglich, da zum Einen Kriminalität auf diese Weise nur die Form
verändern würde: Wird die Scheu gegenüber einer bestimmten Straftat größer und gelingt es
schließlich diese komplett aus der Gesellschaft zu eliminieren, werden andere zuvor nur als
moralisch bedenkliche Handlungen an die Stelle der in der Gesellschaft nicht mehr
begangenen Straftaten rücken. Sie gehen „aus der Gattung der rein moralischen Vergehen in
die der Verbrechen über.“ (Durkheim 1974: 5; vgl. Peuckert 2008: 111). Zum Anderen macht
die individuelle Verschiedenheit der Menschen eine Eliminierung der Kriminalität unmöglich.
Es gibt keine vollkommene Gleichheit unter den Personen einer Gesellschaft, die es brauchen
würde um Kriminalität zu beseitigen. Durch die verschiedenen Prägungen und Erfahrungen
eines jeden Einzelnen können sich nicht alle Personen gleich verhalten (vgl. Durkheim 1974:
5).
Für Durkheim stellt die Kriminalität etwas Notwendiges und Nützliches dar. Sie ist für die
Entwicklung von Recht und Moral unabdingbar und macht sie zu einer Grundbedingung eines
jeden sozialen Lebens (vgl. Durkheim 1974: 6f.). Sie ist die Voraussetzung für wichtige
gesellschaftliche Änderungen und leitet diese gegebenenfalls selbst ein. Er sieht in dem
Verbrechen von heute eine mögliche Moral von morgen (vgl. ebd.). Dieser Aspekt der
Kriminalität wird auch später in der Anomietheorie von Robert King Merton aufgegriffen.
Die Theorie Mertons baut auf Durkheims ersten begrifflichen Erläuterungen der Anomie auf.
Bevor im folgenden Kapitel auf die Anomietheorie Mertons eingegangen wird, sollen kurz die
Ausführungen Durkheims zur Anomie angeführt werden.
Durkheim selbst entwickelte zu seinem Begriff der Anomie zwei Erklärungsansätze. In
seinem Werk „Über die Teilung der sozialen Arbeit“ (1977: 410) beschreibt er die Anomie als
einen Zustand, indem die Arbeitsteilung keine Solidarität erzeugt. Das liegt daran, dass die
Beziehungen der einzelnen Organe nicht geregelt sind. Es fehlen „kollektive moralische
Prinzipien, an denen sich das individuelle Verhalten orientieren kann.“ (Eifler 2002: 18). In
seinem Werk „Der Selbstmord“ (1993) erklärt Durkheim die Anomie anders. Hier beschreibt
Durkheim, dass die Wünsche der Menschen unbegrenzt seien und sie immer weit über das
5
hinausgehen, als das was ihm an Mitteln zur Verfügung steht (vgl. ebd.: 281). Um zu
verhindern, dass das Anstreben unerreichbarer Ziele zu einer „ewigen Unzufriedenheit“ (ebd.)
führt, müssen dem Menschen Grenzen gesetzt werden, an denen er sich orientieren kann und
in dessen Rahmen er Ziele anstreben kann. Laut Durkheim ist die Gesellschaft dazu in der
Lage. Fallen diese, von der Gesellschaft definierten, Schranken weg, kommt es zur Anomie.
Das Individuum kennt keine Grenzen mehr und es kann zu „sozialen Fehlanpassungen“
(Eifler 2002: 19), wie dem Selbstmord3, kommen.
2.2 Die Anomietheorie Robert K. Mertons
Aufbauend auf Durkheims Erklärungen der Anomie, die er in seiner Selbstmordstudie
entwarf, entwickelte Robert King Merton eine der noch heute bekanntesten Theorien
abweichenden Verhaltens, die Anomietheorie. Dabei bezieht er sich stark auf die Kriminalität
als abweichendes Verhalten. Anders als Durkheim versteht Merton die Anomie nicht mehr als
eine Eigenschaft der Gesellschaft im Ganzen, sondern als einen gesellschaftlichen Druck der
auf das Individuum, also den Einzelnen, ausgeübt wird (vgl. Kunz 1998: 161; Merton 1974:
284). Die Sozialstruktur der Gesellschaft ist für ihn dabei ein zentraler Aspekt der zu
abweichendem Verhalten führt. Merton rückt damit von der biologischen Sicht4 auf
Kriminalität ab und entwickelt den anthropologischen Ansatz Durkheims weiter (vgl. Gephart
1990: 92). Der Fakt der Sozialstruktur muss jedoch nicht zwangsweise negativ gedeutet
werden, denn wie Merton (1974) erklärt: „Wo immer die Sozialstruktur Handlungen unterdrückt, bringt sie auch neue hervor“ (ebd.: 284f.). Dies kommt in seiner „Typologie der Arten
individueller Anpassung“ (ebd.: 293) vor allem in der Rebellion zum Ausdruck. Gerade der
Punkt der Berücksichtigung der Sozialstruktur macht seine Theorie für die Analyse der bereits
aufgeworfenen Fragestellung so interessant und soll im Kommenden näher beschrieben
werden.
Als Grundlage seiner Theorie stellt Merton zunächst zwei Strukturen heraus, die ursächlich
dafür sind, wenn es zu abweichendem Verhalten kommt. Das ist zum Einen die kulturelle
Struktur und zum Anderen die soziale Struktur. Merton unterteilt die kulturelle Struktur
nochmals und stellt in ihr zwei Elemente von zentraler Bedeutung heraus. Einerseits kulturell
festgelegte Ziele, Absichten und Interessen, welche allen, oder unterschiedlich platzierten
Mitgliedern der Gesellschaft, als legitime Zielsetzungen dienen und andererseits kulturelle
3
Genauere Ausführungen zu diesem, von Durkheim als anomisch bezeichneten, Selbstmord finden sich in
seinem Werk „Der Selbstmord“ (1993).
4
Kriminalität wird hier gesehen als ein Durchbrechen der sozialen Ordnung („gesellschaftliche Triebunterdrückung“ (Merton, 1995: 127) auf Grund der biologischen Triebe des Menschen.
6
Strukturen, die die zulässigen Formen die zur Erreichung der Ziele bestimmt und kontrolliert
(vgl. Merton 1974: 286f.). Dem gegenüber steht die soziale Struktur. Sie bezeichnet den
„Komplex sozialer Beziehungen […], in die die Mitglieder der Gesellschaft oder Gruppe
unterschiedlich einbezogen sind.“ (ebd.: 292). Merton geht, auf die Strukturen aufbauend, in
seiner zentralen Hypothese davon aus, „daß abweichendes Verhalten als Symptom für das
Auseinanderklaffen von kulturell vorgegebenen Zielen und von sozial strukturierten Wegen,
auf denen diese Ziele zu erreichen sind, betrachtet werden kann.“ (ebd.: 289). Als Anomie
selbst bezeichnet er den Zusammenbruch der kulturellen Struktur. Das geschieht besonders
dort, wo eine starke Unstimmigkeit besteht zwischen den kulturellen Elementen auf der einen
Seite und den Möglichkeiten, welche die Sozialstruktur zum Handeln bietet, auf der anderen
Seite (vgl. ebd.). Die Diskrepanz entsteht dabei dort, wo die gesellschaftlichen Ziele durch die
Position in der Gesellschaft, also die Schichtzugehörigkeit, nicht oder nur erschwert normgerecht erreicht werden können.
Auf Grundlage der Elemente der kulturellen Struktur entwickelte Merton eine „Typologie der
Formen individueller Anpassung“ (Merton 1995: 132) in der Gesellschaft. Er unterscheidet
dabei fünf verschiedene Typen der Anpassung. Diese differenziert er anhand von Annahme,
Ablehnung und „Ablehnung der bestehenden Werte durch Ersatz durch neue“ (ebd.) in Bezug
auf die kulturellen Ziele und die institutionellen Mittel. Es entsteht dabei folgende Übersicht:
Tabelle 1: Typologie der Formen individueller Anpassung
Anpassungsform
1. Konformität
Kulturelle Ziele
+
Institutionelle Mittel
+
2. Innovation (Neuerung)
+
−
3. Ritualismus
−
+
4. Apathie (Rückzug)
−
−
5. Rebellion
±
±
(„+“ = Annahme; „−“ = Ablehnung; „±“ = Ablehnung der bestehenden Werte durch Ersatz durch neue)
Quelle: Merton, 1974: 293
In der Konformität sieht Merton den größten Anteil der Menschen einer Gesellschaft
angepasst. Sie akzeptieren die Ziele und Normen der Gesellschaft und das Handeln dieser
Personen ist nicht abweichend. Wäre dieser Typ nicht der am Weitesten verbreitete, so könnte
die Stabilität der Gesellschaft nicht aufrecht erhalten werden (vgl. Merton 1974: 294). Die
eigentliche Form der Anpassung, in welcher sämtliche Formen von Kriminalität zusammengefasst werden können, ist die der Innovation (vgl. Peuckert 2008: 116). Hierbei kommt es
zur „Anwendung institutionell nicht erlaubter, aber oft wirksamer Mittel“ (Merton 1974: 294),
7
um die kulturell vorgegebenen Ziele dennoch zu erreichen. Begründet ist dies darin, dass das
kulturelle Ziel akzeptiert, die institutionellen Normen jedoch nicht internalisiert werden (vgl.
ebd.). Dabei liegt der stärkste Druck sich abweichend zu verhalten auf den unteren Schichten
einer Gesellschaft. Die Erklärung sieht Merton darin, dass das kulturelle Ziel des Erfolges mit
den der Unterschicht zur Verfügung stehenden Mitteln, nicht umsetzbar ist. Die kulturellen
Ziele und die Möglichkeiten, die die Sozialstruktur bietet, klaffen hier weit auseinander. Die
unteren sozialen Schichten werden vor „unvereinbare Anforderungen“ (a.a.O. 297f.) gestellt.
Sie sollen nach Wohlstand streben, doch sind ihnen die Wege dazu versperrt. Es bleibt den
Angehörigen dieser Schichten keine Alternative, als auf abweichende Verhaltensweisen
zurückzugreifen, um das kulturelle Ziel dennoch zu erreichen. Merton selbst erläutert das
Problem wie folgt: „Durch das Zusammentreffen von kulturell vorgegebenen Werten und der
Sozialstruktur erst wird der starke Druck zum Abweichen ausgelöst“ (ebd.). Merton sieht
einen Grund dafür darin, dass die Gesellschaft das gleiche Ziel für alle definiert, ohne zu
berücksichtigen, dass es Personen gibt die dieses kulturelle Ziel nicht verfolgen. Schranken,
die durch die soziale Schichtung entstehen, kennt die Gesellschaft dabei nicht (vgl. ebd.). Der
von Merton hier eingeführte Erklärungsansatz von Unterschichtenkriminalität soll auch als
theoretische Grundlage der eigenen folgenden Untersuchungen dienen.
Neben der Innovation gibt es noch drei weitere Anpassungsformen. In der Form des
Ritualismus herrscht laut Merton keine Kriminalität. Hier sieht er die untere Mittelschicht
verortet, jedoch bezieht er sich dabei auf Amerika (vgl. Merton 1995: 145ff., vgl. Kapitel
2.2.1). Die kulturellen Ziele werden abgelehnt beziehungsweise herunter geschraubt. Auf
diese Weise sollen Frustrationen und Gefahren vermieden und Sicherheit und Zufriedenheit
erlebt werden (vgl. ebd.). Der Rückzug ist in der Typologie Mertons der seltenste
Anpassungstyp. Hierbei kommt es zur Aufgabe sowohl der kulturellen Ziele als auch der
institutionalisierten Mittel. Sie gehören laut Merton zwar in die Gesellschaft, aber nicht zu ihr.
Zu diesen Menschen gehören „Psychotiker, Autisten[…], Alkoholiker und Drogensüchtige“
(ebd.). Die letzte Anpassungsform ist die der Rebellion. Hier kommt es zur Entfremdung von
den vorherrschenden gesellschaftlichen Zielen und Normen (vgl. ebd.: 150). Eine neue und
veränderte Sozialstruktur wird von den Menschen dieser Anpassung angestrebt. Diese kann
sogar in eine neue, geänderte Sozialstruktur führen5.
Die Theorie Mertons hat im Anschluss noch einige Erweiterungen und Präzisierungen, die zu
einer konkreteren empirisch prüfbaren Theorie führen sollten, erfahren (vgl. Lamnek 2001:
5
Siehe hierzu auch dieses Kapitel, Seite 4, erster Absatz
8
134)6. Die Erweiterungen zielen hauptsächlich darauf ab die Kritikpunkte der Theorie
Mertons zu beseitigen. Auf diese Kritik soll im folgenden Abschnitt kurz eingegangen
werden.
2.2.1 Kritik an der Anomietheorie
Bei Merton ist der Begriff der Anomie dadurch geprägt, dass er Kriminalität mit
abweichendem Verhalten mehr oder weniger gleichsetzt. Die Plausibilität der Theorie bezieht
sich, so Lamnek (2001: 246), hauptsächlich auf Abweichungen von den Normen des
Strafrechtes. Dieser Fakt ist jedoch im Zusammenhang mit dieser Arbeit nicht hinderlich, da
sich die später folgenden Analysen auf abweichendes Verhalten im Sinne von Kriminalität
und Verletzung der Strafrechtsnorm beziehen. Weiter stellt Mertons Theorie nicht den Anspruch zu klären, welche Folgen abweichendes Verhalten hat. Es geht ihm um die Erklärung
welche sozialstrukturellen Aspekte ursächlich sind für Devianz (vgl. ebd.: 142; Merton 1974:
284). Kritik erfährt die Theorie auch dadurch, dass Merton seine Theorie stark an dem
erfolgsorientierten Amerika ausrichtet. Kunz (1998: 162) kritisiert, dass Merton den Erfolg als
das kulturell vorgegebene Ziel sieht und damit verbunden die äußeren Anzeichen dieses Ziels,
der Reichtum und die Macht. Dieses Konzept lässt sich kaum noch auf heutige Gesellschaften
anwenden, da nicht-materielle Ziele dominanter werden (vgl. Kunz 1998: 162; vgl. auch
Merton 1995: 136). Merton selbst geht auf diesen Kritikpunkt in seiner Theorie ein und sagt,
dass es neben dem Ziel des Erfolges noch andere gemeinsame Ziele gibt. Als Beispiel hierfür
führt er geistige und künstlerische Leistungen an. Werden diese von der kulturellen Struktur
mit Prestige versehen und ermöglicht die soziale Struktur einen Zugang zu diesen Alternativen, so kann das System stabilisiert werden und potentiell abweichende Personen können
sich dank dieses „Hilfs-Wertesystems“ (Merton 1995: 152, 173) doch konform verhalten.
Hierin kann gleichzeitig eine Erklärung gefunden werden, warum sich nicht alle Menschen
der Unterschicht deviant verhalten. Generell wird an der Anomietheorie Mertons kritisiert,
dass er keine Bedingungen nennt, wann sich eine Person konform verhält, eine andere Person
in gleicher Lage jedoch rebelliert (vgl. Kunz 1998: 163; Franke 2000: 95; Jung 2007: 77).
Diese Kritik findet ihre Berechtigung darin, dass auch erfolgreiche Personen kriminell werden
und anders herum Personen der Unterschicht Normkonform handeln trotz des hohen
6
Zu nennen seien hier die Erweiterungen durch Dubin und Harary (nachzulesen bei Lamnek (2001: 127-134).
Die wohl umfangreichste Präzisierung der Anomietheorie erfolgte aber durch Karl-Dieter Opp, dem es
hauptsächlich um die Erklärung abweichenden Verhaltens geht und der die sozialstrukturellen und kulturellen
Elemente ausklammert (vgl. ebd.: 134-141; auch Opp, 1974: Abweichendes Verhalten und Gesellschaftsstruktur).
9
„Anomie-drucks“ (Kunz 1998: 163). Merton bietet für diese Personen keine Erklärung. Es
besteht noch ein Klärungsbedarf der auch an dieser Stelle nicht gelöst werden kann.
Dennoch stellt diese Theorie eine gute Erklärungsmöglichkeit für abweichendes Verhalten
und Kriminalität im Rahmen dieser Arbeit dar. Sie berücksichtigt die soziale Struktur und
sieht Kriminalität in den unteren sozialen Schichten angesiedelt. Somit bietet die Theorie eine
gute Ausgangsbasis für die folgenden Untersuchungen, da Kriminalität als ein gesellschaftliches Phänomen betrachtet wird und Abweichung nicht im Individuum gesehen wird.
Es würde also eine Schichtspezifik in der Kriminalität M-Vs begründen.
2.3 Sanktion als Folge von Kriminalität
Unter Sanktionen versteht sich nicht zwingend etwas Negatives. Es bezeichnet lediglich eine
Reaktion auf ein Verhalten oder Handeln, „mit dem Ziel Konformität zu erzeugen“ (Schäfers
2008: 33). Konformität in der Gesellschaft kann beispielsweise durch Loben, eines als positiv
empfundenen Handelns, erreicht werden. Diese Form der Sanktion nennt sich daher auch
positive Sanktion (vgl. ebd.).
Wird jedoch Verhalten, dass von der Norm einer Gesellschaft negativ abweicht - speziell
Kriminalität - aufgedeckt, kommt es zu einer negativen Sanktion auf diese Handlung. Diese
Mechanismen einer Gesellschaft sind Teil der sozialen Kontrolle. Ihre Aufgabe ist es,
innerhalb der Gesellschaft die soziale Ordnung zu erhalten (vgl. Meier 2009: 1). Unter
sozialer Kontrolle werden „alle Strukturen, Prozesse und Mechanismen verstanden, mit deren
Hilfe eine Gesellschaft oder soziale Gruppe versucht, ihre Mitglieder dazu zu bringen, ihren
Normen Folge zu leisten.“ (Peuckert 2008: 108). Diese beschriebene Kontrolle umfasst sowohl externe, als auch interne Kontrollprozesse7. Handelt es sich um externe Prozesse
sozialer Kontrolle, geht es um die konkrete Bestrafung einer die Norm verletzenden Person.
Die externen Kontrollprozesse können wiederrum untergliedert werden in formale und
informale Sanktionen. Bei den formalen Sanktion sprechen Treiber/ Lautmann (2011) davon,
dass feststeht „worauf reagiert wird, wer reagiert und welchen Inhalt die Reaktion hat“ (ebd.:
589). Bei der informellen Bestrafung obliegt es der geschädigten Person oder Personengruppe, wie sie den Normbrecher bestraft (vgl. Kaiser 1996: 209f.).
Im Falle der für diese Arbeit relevanten Begriffsklärung liegt das Hauptaugenmerk auf den
formalen (negativen) Sanktionen. In großen und komplexen Gesellschaften wie Deutschland
ist es erforderlich solche formalen Sanktionen festzulegen. Sack (2007) erklärt die Not-
7
Auf eine Erläuterung der internen Kontrollprozesse, welche sich mit der Sozialisation und der Persönlichkeit
von Personen befassen wird nicht näher eingegangen. Siehe hierzu Peuckert 2008.
10
wendigkeit von formellen Sanktionen mit zahlreichen konkurrierenden Vorstellungen über
angemessenes Handeln. Die Tatsache, dass die Menschen nicht in so engen Gemeinschaften
zusammenleben als das informelle Sanktionen innerhalb der Gemeinschaft ausreichen würden, ist ebenfalls ein Grund. Reicht eine informelle Bestrafung, wie etwa Spott, nicht mehr
aus, muss auf formelle Sanktionen zurückgegriffen werden (vgl. ebd.: 195ff.). Das Recht stellt
dabei unter allen formalen Sanktionierungen das am „stärksten formalisierte und rational
durchgebildete“ (Kaiser 1996: 210; Meier 2009: 3) Teilsystem dar. Stellt man den
Zusammenhang zwischen Kriminalität und formalen Sanktionen her, so bedingt Ersteres eine
Tat die eine Norm der Gesellschaft verletzt. Diese Tat hat bereits Eingang in das Strafgesetz
gefunden und durch die „Gewalt und Berechtigung des Staates zur Verhängung von
Sanktionen“ (Sack 2007: 196) werden die geltenden Normen geschützt, die der Straftäter
gebrochen hat. Das Strafrecht ist in dem Falle von besonderer Bedeutung (vgl. Meier 2009:
3). Es dient zur Ahndung besonders gravierender, gegen das Recht verstoßender, Handlungen
und soll den Menschen vor starkem Schaden schützen (vgl. Sack 2007: ebd.). Welche
Handlungen dies genau umfasst und in welcher Form sie sanktioniert werden ist im
Strafgesetzbuch verankert. Von kleinen kriminellen Handlungen, die nicht weiter gerichtlich
verfolgt werden, reicht das Maß der Bestrafung in Deutschland bis zu einer Bewährungs- oder
Gefängnisstrafe mit einer anschließenden Führungsaufsicht (siehe zur Erklärung der Begriffe
Kapitel 4.1)8. Zur Umsetzung der formalen Sanktionen dient der Gesellschaft ein eigens dafür
geschaffener Sanktionsapparat (vgl. Treiber 2011: 589). Dazu gehören die Gerichte, die
Polizei und die Staatsanwaltschaft.
Im Wandel der Gesellschaft entstehen stets neue Straftaten (vgl. Sack 2007: 196). Andere
Taten sind heute nicht mehr als Straftaten anzusehen, als Beispiel hierfür ist die Homosexualität anzusehen.
8
Auf die rechtswissenschaftlichen Hintergründe von Sanktionen und einzelne gesetzliche Regelungen soll an
dieser Stelle nicht vertiefend eingegangen werden.
11
3. Der soziale Schicht- und Milieubegriff
Bereits in der Anomietheorie Mertons spielt die Sozialstruktur und konkreter die soziale
Schicht einer Person eine zentrale Rolle für abweichendes Verhalten. Dem gegenüber steht
ein jüngeres Konzept aus der Sozialstrukturanalyse, die sozialen Milieus. Beide Konzepte
unternehmen den Versuch einer Unterteilung und Analyse der Gesellschaft in Untergruppen.
Die Milieuanalyse baut dabei auf der Schichtanalyse auf, indem versucht wird Kritikpunkte
an letzterem zu beseitigen. Diese beiden Entwürfe einer Unterteilung der Gesellschaft in
einzelne Schichten beziehungsweise Milieus sollen auf den kommenden Seiten kurz in ihren
Kernpunkten kritisch zusammenfassend erläutert werden. Dabei wird zunächst auf das ältere
Modell, die sozialen Schichten, eingegangen. Anschließend wird das Milieukonzept
beschrieben.
3.1 Soziale Schicht
Die Analyse der Sozialstruktur, im Hinblick auf die Unterscheidung sozialer Sichten, ist
zurückzuführen auf die 30er Jahre das 20. Jahrhunderts. Der Begriff der sozialen Schicht
wurde zu der Zeit von Theodor Geiger entscheidend soziologisch präzisiert (vgl. Geißler
2008: 93; Pöge 2007: 10ff.). Grundlage dafür bot der Klassenbegriff von Karl Marx, mit dem
Geiger sich in seiner Studie zur „Soziale[n] Schichtung des deutschen Volkes“ (1932)
ausführlich auseinandersetzt und festhält, dass „ein Bevölkerungsteil
von bestimmter
ökonomisch-sozialer Lage [ein] typisches Rekrutierungsfeld einer Schicht von bestimmter
Mentalität“ ist (ebd.: 5).
Aufbauend auf diesem ersten Versuch der Definition sozialer Schichten wurde das Konzept
Geigers in den kommenden Jahrzehnten entscheidend weitergeführt und inspiriert die
Schichtdiskussionen bis in die Gegenwart (vgl. Rössel 2009: 138). So auch Geißler (2008),
der in Weiterentwicklung Geigers, eine zusammenfassende Definition gibt:
Die Begriffe Schicht und Klasse9 fassen Menschen in ähnlicher sozioökonomischer Lage
zusammen, mit der aufgrund ähnlicher Lebenserfahrungen ähnliche Persönlichkeitsmerkmale
[…] sowie ähnliche Lebenschancen und Risiken verbunden sind (ebd.: 94)
Soziale Schichten einer Gesellschaft entstehen durch eine Einteilung in Gruppen, bezeichnet
als Schichten, anhand vertikaler Ungleichheiten. Geißler bezeichnet dies als „Vertikalität“
(a.a.O.: 103). Die Schichten können anhand eines Merkmals festgemacht werden (eindimen-
9
Klassenmodelle unterscheiden sich in der Regel durch eine sehr viel ökonomischere Sichtweise von
Schichtmodellen. So werden Einteilungen der Klassen beispielsweise an dem Besitz von Produktionsmitteln
festgemacht. Durch diese ökonomische Perspektive auf Gesellschaft und die starke Berücksichtigung von
Konflikten und Machtverhältnissen zwischen den Klassen soll dieser Begriff in den folgenden Beschreibungen
nicht weiter berücksichtigt werden (zur genaueren Erläuterung der Unterschiede siehe Geißler 2008: 94ff.).
12
sionale Modelle), oftmals das Berufsprestige, oder anhand mehrerer Konstruktions-kriterien
(mehrdimensionale Modelle), wie Einkommen, Bildung, Qualifikation und Berufs-prestige/position (vgl. Endruweit 2000: 5; vgl. Rössel 2009: 126, 135; Geißler 2008: 103). Anhand
dieser Kriterien werden die Personen in Schichten eingeteilt. Die Grenzen zwischen den
einzelnen Schichten sind dabei, in modernen und differenzierten Gesellschaften, nicht als starr
zu betrachten. Die Schichten gehen ineinander über und überlappen sich (vgl. Geißler, 2008:
101). Ebenfalls existieren verschiedene Schichten nebeneinander, nicht ausschließlich übereinander. Dies zeigt sich im Zwiebel-Modell von Bolte (Bolte/Hradil 1988: 220) und im
Haus-Modell Dahrendorfs (Dahrendorf 1971: 97, die entsprechenden Modelle befinden sich
im Anhang, Abbildungen 4 und 5). In der Weiterentwicklung des Dahrendorf Modells bei
Geißler (Geißler 2008: 100) ist dies ebenfalls zu beobachten, wie in Abbildung I zu sehen ist.
Es handelt sich bei allen Modellen um mehrdimensionale Darstellungen des Schichtgefüges.
Das von Bolte hervorgebrachte Modell unterscheidet sieben verschiedene Schichten, von der
Oberschicht bis zum „sozialen Bodensatz“ (Bolte/Hradil 1988: 218ff.). Dahrendorf entwickelte sein Modell, in Anlehnung an das Theodor Geigers weiter, indem er neben ökonomischen
Aspekten und Machtverhältnissen auch die Schichtmentalitäten berücksichtige und die
Schichteinteilung differenzierter betrachtet (vgl. Ziegler 2009: 16f.; vgl. Geißler 2008: 99).
Der von Geiger beschriebene Mittelstand ist
in Dahrendorfs Augen zunehmend hetero-
Abbildung 1: Soziale Schichtung der
westdeutschen Bevölkerung, 2000
morph, also zu verschieden in den Mentalitäten. Eine Mittelschicht könnte folglich
nicht alle Menschen beschreiben (Dahrendorf
1971: 96f). So führt Dahrendorf in seinem
Modell weitere Mittelschichten ein. Ganz oben
sieht er in seinem Modell, dass ebenfalls
sieben Schichten umfasst, die „Elite“ (ebd.:
97). Darunter gibt es sechs weitere Schichten,
die Teils neben- und untereinander existieren.
Er bemerkt dabei, dass „Schichten reale
Gruppierungen [bilden], auch wenn anzuerkennen bleibt, daß sie in sich differenziert
sind und an ihren Grenzen mit benachbarten
Schichten verschwimmen.“ (ebd.: 94). Geißler
entwickelt das Modell Dahrendorfs weiter. Er
13
Quelle: Geißler, 2008: 100
baut dessen Haus-Modell um und modernisiert es (vgl. Geißler 2008: 100). Berücksichtigt
werden auch Migranten (siehe Abbildung 1). Die Berechnungen der Schichten wurden auf der
Basis des Sozioökonomischen Panel (SOEP) 2000 getroffen. Weiter fällt auf, dass Geißler in
seinem Modell noch mehr Schichten differenziert, verglichen mit Dahrendorf. Allen drei
Modellen ist gemein, dass sie zwischen Ober-, Mittel- und Unterschicht unterscheiden. Diese
Schichten werden in allen Modellen abermals untergliedert, sollen an dieser Stelle aber nicht
explizit erläutert werden.
Was alle drei Modelle berücksichtigen ist die Möglichkeit, sich zwischen den Schichten zu
bewegen. Bezeichnet wird dieses Phänomen als soziale Mobilität, wobei eine Person die
soziale Position wechselt. Geht es um Bewegungen zwischen sozialen Positionen, die sich als
besser oder schlechter differenzieren lassen, spricht man von vertikaler Mobilität (vgl. Hradil
2001: 377). Solche Wechsel können bedingt sein durch eine sich ändernde Berufsposition
oder ein höheres Einkommen.
Die Modelle der sozialen Schichtung sind in den letzten Jahrzehnten verstärkt der Kritik
ausgesetzt worden. Stefan Hradil kritisiert das Schichtkonzept in seinem Werk zur „Sozialstrukturanalyse in einer fortgeschrittenen Gesellschaft“ (1987). Er beanstandet eine sehr
ökonomische und berufsorientierte Ausrichtung der Schichtanalyse (Hradil 1987: 88ff; Hradil
2001: 370; vgl. Rössel 2009: 142f.). Diese Ausrichtung macht es schwer unter anderem
Arbeitslose, Studenten oder Rentner in das Schichtmodell zu integrieren. Weitere Kritik
erfährt das Schichtmodell dadurch, dass die in den 70er Jahren in den Fokus gerückten „neuen
Dimensionen sozialer Ungleichheiten“ (Hradil 1987: 88) keine Berücksichtigung finden in
der Einteilung der Schichten. Eine Unterteilung der Geschlechter, nach der Region oder dem
Alter wird in den sozialen Schichten nicht vorgenommen (ebd.; vgl. Hradil, 2001: 371; vgl.
Rössel, 2009: 147; vgl. Geißler, 2008: 114). Ebenso finden Faktoren wie soziale Sicherheit
oder die Wohnbedingungen keinen Eingang in die Modelle.
Die größte Kritik misst Hradil jedoch dem Fakt bei, dass die Schichtmodelle die Mentalitäten
und Lebensweisen der Menschen nicht berücksichtigen. Die ausschließlich vertikale
Schichtung der Gesellschaft lässt zu, dass innerhalb einer Schicht Menschen mit vollkommen
unterschiedlichen Lebensweisen leben. Als Beispiel führt er an, dass nach Einstufung
objektiver Merkmale ein Landwirt mit wenig Besitz in der gleichen Schicht zu verorten ist
wie ein Beamter im mittleren Dienst (vgl. Hradil 2001: 90). Es mangelt in dieser Schichtgleichstellung an dem Gedanken, dass diese Menschen eine völlig unterschiedliche Mentalität
haben und völlig andere Lebensstile. Gerade in Hinblick auf die Pluralisierung der
14
Lebensstile10 und der zunehmenden „Auflösung der schichtspezifischen Subkulturen“
(Geißler 2008: 115, vgl. Hradil 1987: 166) ist es bedeutender geworden ein Modell zu
entwickeln, dass auch die Vielzahl der neuen Lebensarten abbildet. Als Konsequenz aus
diesem Gedanken zieht Hradil den Schluss, dass ein neues Modell der „Sozialstrukturkonzeption“ (Hradil 1987: 93) benötigt wird, dass es vermag auch die verschiedenen
Einstellungen und Lebensweisen zu erfassen. Dieses Konzept wird in den sozialen Milieus
versucht umzusetzen.
3.2 Soziale Milieus
Aufbauend auf der Kritik an den sozialen Schichten bildete sich in den 1980er Jahren ein
neues Konzept zur Einteilung der Gesellschaft heraus. Dabei handelt es sich um die
Konkretisierung des bereits zuvor existierenden Milieubegriffs. Das Konzept wurde entscheidend von Stefan Hradil weiterentwickelt:
So fassen „soziale Milieus“ Gruppen Gleichgesinnter zusammen, die gemeinsame
Werthaltungen und Mentalitäten aufweisen und auch die Art gemeinsam haben, ihre
Beziehungen zu Mitmenschen einzurichten und ihre Umwelt in ähnlicher Weise zu sehen und
zu gestalten (Hradil, 2001: 45).
Es lassen sich in den sozialen Milieus zwei Arten von Ungleichheiten unterscheiden, welche
Berücksichtigung in dem Konzept finden. Zum Einen sind das die von Hradil beschriebenen
subjektiven Aspekte, wie die Mentalität oder Ziele einer sozialen Gruppierung, zum Anderen
die objektiven Lebensbedingungen, wie Einkommen und Bildung (vgl. Hradil 1987: 165f.).
Diese objektiven Faktoren prägen die Milieus allerdings nicht völlig, sie bieten lediglich einen
Rahmen, der die subjektive Lebensweise zu beeinflussen, zu begrenzen und anzuregen weiß
(vgl. ebd.; Hradil 2001: 426). Milieus werden als ein „gemeinsames Produkt beider Arten von
Konstitutionsprozessen begriffen“, eine Unabhängigkeit von den ökonomischen Faktoren
herrscht also nicht (ebd., vgl. Burzan 2011: 104). Hierin liegt der Unterschied zu den
Schichtmodellen, welche die Mentalitäten zwar berücksichtigen, diese jedoch als eine Folge
der Schichtzuordnung sehen und anhand dieser keine Einteilung vornehmen. Im Schichtgefüge bezieht sich die Zuordnung ausschließlich auf die objektiven Faktoren der
gesellschaftlichen Ungleichheiten.
Bei einem sozialen Milieu handelt es sich in erster Linie um eine Zusammenfassung von
Menschen mit gleicher Gesinnung in ihrer Lebensgestaltung. Die Gestaltung ihres Lebens
geschieht auf eine ähnliche Art und Weise (vgl. Hradil 2001: 426). Bezieht man das Konzept
10
Expliziter geht Ulrich Beck in seinem Werk Risikogesellschaft auf die These der zunehmenden Pluralisierung
und Individualisierung der Lebensstile ein. Er formuliert den Gedanken, dass Schichten immer mehr aus der
Lebenswelt der Menschen verschwinden werden und im Alltag weniger von Bedeutung sind (vgl. Geißler, 2008:
114f.)
15
der Milieus, bei denen die subjektiven Faktoren im Vordergrund stehen, nun wieder auf die
objektiven Faktoren, so lässt sich trotzdem beobachten, dass es „typische Unterschicht-,
Mittelschicht- und Oberschichtmilieus“ (ebd.) gibt. Der Rückbezug auf die Schichten ist
innerhalb der Milieus wieder gegeben. In einer sozialen Schicht sind jedoch mehrere Milieus
vorzufinden und ebenfalls gibt es Milieus, welche sich über Schichtgrenzen hinweg erstrecken (vgl. ebd.). Die Übergänge zwischen den einzelnen Milieus sind dabei fließend und
lassen sich nicht scharf gegeneinander abgrenzen (vgl. Geißler 2008: 110), diese Eigenschaft
ließ sich bereits in den Schichten vorfinden, in der die Schichtgrenzen auch nicht als starr
betrachtet werden sollten.
Hradil trifft weiterhin die Unterscheidung zwischen Mikro- und Makromilieus. Bei Ersteren
handelt es sich um Lebensstilgruppen in denen die Angehörigen miteinander direkt in Kontakt
stehen, beispielsweise Familien. Makromilieus stellen hingegen Milieus dar, in denen alle
Angehörigen mit gleichem Lebensstil versammelt sind ohne jeden persönlichen Kontakt und
aus vollkommen verschiedenen Personenkreisen (vgl. Hradil 1987: 167f.). Ein Beispiel eines
Makromilieu-Modells sind die SINUS-Milieus (Abbildung 6 im Anhang). In diesem Modell
ist die Verknüpfung von subjektiven Aspekten der Ungleichheit mit den Objektiven sehr hoch
(vgl. Burzan 2011: 104). Es werden „demografische Eigenschaften wie Bildung, Beruf oder
Einkommen mit den realen Lebenswelten der Menschen, d.h. mit ihrer Alltagswelt, ihren
unterschiedlichen Lebensauffassungen und Lebensweisen“ (Sinus Institut 201111) verbunden
zu Subkulturen. Anhand einer vertikalen Achse, in der die sozialen Schichten zu finden sind,
und einer horizontalen Achse, die die Lebensweise der Menschen einteilt, werden die Milieus
an zwei Achsen aufgespannt.
Endruweit (2000) kritisiert an dem Milieukonzept, dass es kaum Kongruenz in den einzelnen
verschiedenen Milieumodellen gibt (vgl. ebd.: 13). Es gibt neben den vorgestellten SINUSMilieus noch andere Modelle, die eine völlig andere Einteilung der Milieus vornehmen. Ein
Beispiel dafür sind die Erlebnismilieus nach Gerhard Schulze. Schulze erstellt seine Milieus
anhand des Alters und der Bildung (vgl. Ziegler 2009: 27; vgl. Rössel 2009: 345). Ein anderer
Ansatz ist der von Michael Vester. Er verknüpft die SINUS-Milieus mit der Klassenanalyse,
in Anlehnung an die Arbeit Pierre Bourdieus. Vester berücksichtigt dabei neben den
subjektiven Ungleichheiten der Mentalitäten auch Unterschiede zwischen den Milieus, also
Herrschaftsbeziehungen oder soziale Benachteiligungen (vgl. Geißler 2008: 112). In welchem
Maße dieses noch recht junge Konzept der sozialen Milieus Einzug in die Forschungen fand
soll im fünften Kapitel der Arbeit näher erläutert werden.
11
unter: http://www.sinus-institut.de/loesungen/sinus-milieus.html [30.12.2011 12:49]
16
4. Bewährungshilfe in Mecklenburg Vorpommern
Als Folge von aufgedeckter Kriminalität kommt es, wie zuvor beschrieben, oftmals zu
strafrechtlichen Sanktionen. Diese läuft in vielen Fällen auf eine Zusammenarbeit von
verurteiltem Straftäter mit der Bewährungshilfe hinaus. Die Bewährungshilfe soll im
anschließenden Abschnitt dargestellt werden. Da die Struktur und der Aufbau der Bewährungshilfe von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist, soll im Weiteren nur auf den
Aufbau und die Aufgaben der Bewährungshilfe in M-V eingegangen werden. Erörtert werden
soll ebenfalls die „differenzierte Leistungsgestaltung“ der Bewährungshilfe. Diese wurde
2008 in M-V neu eingeführt und soll zu einer Verbesserung der Betreuung der Klienten der
Bewährungshilfe beitragen. Um spezielle Prozesse in der Bewährungshilfe zu diskutieren ist
es zunächst notwendig zu klären, was eine Bewährungsstrafe ist und was unter einem
Bewährungswiderruf zu verstehen ist.
4.1 Bewährungsstrafe, Führungsaufsicht, Bewährungshilfe und Widerruf – Begriffliche
Klärungen
Als Voraussetzung dafür, dass es zu einer Zusammenarbeit von Bewährungshelfer und Straftäter kommt, bedingt es zunächst einer vom Gericht verhängten Bewährungsstrafe. Weigelt
fasst die Bewährungsstrafe dabei so: „[Eine] Bewährungsstrafe; […] meint wohl immer den –
zumindest teilweisen – probeweisen Verzicht auf die Vollstreckung einer durch richterliches
Urteil angeordneten Sanktion.“ (Weigelt 2009: 1). Um eine solche Bewährungsstrafe zu
erhalten bedarf es zahlreicher strafrechtlicher Gesetze, die hier nicht im Einzelnen erläutert
werden können. Die Bewährung hängt immer mit einer zuvor verhängten Freiheits- oder
Jugendstrafe zusammen. Bei einer Freiheitsstrafe unter zwei Jahren kann es zu einer ausschließlichen Aussetzung der Strafe zur Bewährung kommen, ist bei über einem Jahr Strafe
allerdings schon unwahrscheinlich12. Ist die vom Gericht verhängte Freiheits- oder Jugendstrafe länger als zwei Jahre, kommt es in jedem Fall zur Verbüßung eines Teils der Strafe.
Eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung ist möglich (vgl. ebd.: 15; vgl. Jäger 2010:
234). Wird ein Strafrest von über einem Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, ist es
gesetzlich vorgesehen, mit einer Bewährungshilfe zusammenzuarbeiten (vgl. Kaiser 1996:
1004). Muss die Freiheitsstrafe vollends verbüßt werden oder besteht die Gefahr einer
erneuten Straftat erfolgt eine Führungsaufsicht. Straftaten von besonderer Relevanz für eine
Führungsaufsicht sind beispielsweise Sexualverbrechen, Betrug oder Brandstiftung (vgl. Jäger
12
Die genaue Beschreibung der gesetzlichen Rahmenbedingungen würde an dieser Stelle zu weit führen.
Nachzulesen aber bei Weigelt 2009: 19-23
17
2010: 229f.). Die Dauer einer Bewährungsstrafe ist zwischen Erwachsenen- und Jugendstrafrecht unterschiedlich. Im Falle einer Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht kann eine
Bewährungsstrafe zwei bis drei Jahre umfassen und darf diese nicht überschreiten (vgl.
Weigelt 2009: 24, Kaiser 1996: 1004). Im allgemeinen Strafrecht beträgt die Mindestdauer
ebenfalls zwei Jahre, kann aber bis zu fünf Jahren andauern (vgl. Meier 2009: 108). Das
Mindestmaß, so Weigelt (2009), ist so zu begründen, dass in weniger als zwei Jahren „ein
nachhaltiger Erfolg […] in kürzerer Zeit nicht erwartet werden kann.“ (S. 24). Dabei ist es
dem Gericht nach beiden gesetzlichen Verurteilungsformen möglich eine Bewährungsstrafe
zu verlängern oder zu verkürzen.
Eine Bewährungsstrafe kann mit vom Gericht verhängten Auflagen und Weisungen versehen
sein. Bei Auflagen handelt es sich um eine „strafähnliche Maßnahme“ (ebd.: 25). Sie dienen
dazu einen Ausgleich zu schaffen für die begangene Straftat und sind somit eine Art Ersatz
dafür, dass dem Straftäter nicht die Freiheit entzogen wird (vgl. ebd.; vgl. Meier 2009: 108).
Ein Beispiel dafür sind Geldstrafen. Weisungen dagegen sollen dem Täter als Hilfe während
der Bewährung dienen. Weisungen greifen in das Leben des Verurteilten ein und sollen ihn
befähigen im weiteren Lebensverlauf ein straffreies Leben zu führen (vgl. Weigelt ebd.).
Zusammenfassend bei Kaiser (1996) heißt es: „Die Strafaussetzung muss sich nicht im
bedingten Strafausspruch erschöpfen, sondern kann mit Weisungen und Auflagen sowie der
Unterstellung unter die Bewährungsaufsicht verbunden werden.“ (ebd.: 1004)
Stellt das Gericht fest, dass ein Straftäter Hilfe braucht um keine weiteren Straftaten zu
begehen, obliegt es ihm eine Unterstellung unter die Bewährungshilfe zu verhängen (vgl.
Meier 2009: 114f.; vgl. Weigelt 2009: 27). Die Unterstellung dient dem Zweck, dem
Verurteilten Hilfe zu bieten, aber auch ihn zu kontrollieren (siehe hierzu auch Kapitel 4.2.2).
Eine Unterstellung erfolgt ebenfalls dann, wenn der Täter eine Freiheitsstrafe von mehr als
neun Monaten erhalten hat und das siebenundzwanzigste Lebensjahr noch nicht erreicht ist.
Im Jugendstrafrecht erfolgt eine Unterstellung obligatorisch, wenn eine Freiheitsstrafe
verhängt wurde (vgl. ebd.; vgl. Weigelt 2009: 135). Stellt das Gericht keinen erhöhten Hilfebedarf fest, so ist es ihm auch nicht gestattet eine Unterstellung unter die Bewährungshilfe zu
verordnen (vgl. Meier 2009: 115).
Verstößt der Straftäter gegen seine Auflagen und Weisungen grob oder beharrlich, kann es zu
einem Widerruf kommen (vgl. Kaiser 1996: 1008; vgl. Weigelt 2009: 215). Beispiele hierfür
sind das Nichtzahlen von Geldstrafen oder das Nichtleisten von Arbeitsstunden. Eine neue
Straftat hat ebenfalls einen Widerruf zur Folge. Als Folge des Widerrufs muss der Delinquent
zurück in das Gefängnis und den Rest der Freiheitsstrafe verbüßen (vgl. Meier 2009: 120).
18
4.2 Die Sozialen Dienste der Justiz in Mecklenburg-Vorpommern
Wird in M-V ein Straftäter einer Bewährungshilfe unterstellt, so nehmen diese Aufgabe die
Sozialen Dienste der Justiz des Landes M-V wahr (vgl. LaStar 201213). Diese nahmen im Jahr
1991 ihre Tätigkeit auf, indem die Bereiche der Führungsaufsicht, Bewährungs- und
Gerichtshilfe zusammengeführt wurden. Formal waren sie zu der Zeit den einzelnen Landgerichten M-Vs untergeordnet, was organisatorisch zu Problemen führte (vgl. Grosser 2009:
75ff.; vgl. Jesse/Kramp 2009: 62). Die Organisationsreformen und –strukturen sollen nachfolgend kurz beschrieben werden. Die Aufgaben der Bewährungshelfer14 werden
anschließend erörtert.
4.2.1 Aufbau der Bewährungshilfe
Für eine gute Zusammenarbeit mit den straffällig gewordenen Personen ist es wichtig eine
Organisationsstruktur aufzuweisen, die eine bestmögliche Betreuung der Straftäter bietet. Die
bereits beschriebene Unterordnung unter die jeweiligen Landgerichte führte zu erheblichen
Nachteilen, da durch diese dezentralen Strukturen keine bestmögliche und effektivste Arbeit
mit den Klienten möglich war. Eine Reform wurde notwendig (vgl. Jesse/ Kramp 2009: 62).
Im Zuge dieser Neuorganisation wurden die Sozialen Dienste vollständig aus den Landgerichten ausgegliedert und als eine eigene Abteilung des Justizvollzugs dem Justizministerium nachgeordnet (vgl. ebd.; vgl. Weigelt 2009: 27f.; vgl. Grosser 2009: 77; vgl.
Jäger 2009: 196f.). Sie bilden nun eine weitgehend selbständige, zentralisierte und „nichtrechtsfähige Anstalt“ (Grosser 2009: 77).
Es gibt seit der Neustrukturierung eine zentrale Geschäftsführung, der die einzelnen
Geschäftsbereiche untergeordnet sind. Eine entsprechende Darstellung der neuen Organisationsstrukturen befindet sich im Anhang (Abbildung 7). Diese Geschäftsstellen befinden sind
in M-V in Rostock, Schwerin, Stralsund und Neubrandenburg. Dabei hat jede wiederrum
einen Geschäftsstellenleiter, dem die Bewährungshelfer des entsprechenden Geschäftsbereiches unterstehen (vgl. ebd.; Jäger 2009: 197). Diese Dienststellen sind auch die
Anlaufstellen für die Unterstellten um ihre Termine bei ihrem Bewährungshelfer wahrzunehmen.
13
Unter: http://www.lastar.mv-justiz.de/sdj.html [02.01.2012 19:30]
aus Gründen der Übersichtlichkeit wird nur die männliche Form verwendet, sie soll aber gleichermaßen für die
weiblichen Bewährungshelfer gelten
14
19
4.2.2 Aufgaben der Sozialen Dienste
Die Aufgaben der Bewährungshelfer in M-V erstrecken sich über zwei Teilbereiche. Zum
Einen sollen sie die verurteilten Straftäter kontrollieren und zum Anderen sollen sie
Hilfestellungen geben. Weigelt (2009) spricht hierbei von einer „Doppelfunktion“ (ebd.:
28)15, die den Bewährungshelfer in die Situation eines Rollenkonfliktes bringt (vgl. ebd.). Der
Konflikt entsteht dabei in der Situation, dass der Bewährungshelfer auf der einen Seite den
Klienten überwachen soll in der Einhaltung der Weisungen und Pflichten, welche ihm vom
Gericht auferlegt wurden (vgl. LaStar M-V 201116). Über die Einhaltung soll der Bewährungshelfer dem Gericht regelmäßig berichten. Auf der anderen Seite soll der Bewährungshelfer den Klienten betreuen und helfen. In der Betreuung wird die Hauptaufgabe der Helfer
gesehen. Der Bewährungshelfer soll dabei Unterstützung leisten in den Bereichen „Wohnung,
Familie und Arbeit“ (vgl. Weigelt 2009: 27f.; vgl. LaStar M-V 2011), aber auch bei Überschuldung oder gesundheitlichen Problemen (Sucht oder psychische Erkrankungen). Dazu
soll ein möglichst vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut werden. Die Erkenntnisse über die
Lebensführung der Straftäter sollen von der Bewährungshilfe ebenso dem Gericht übermittelt
werden (vgl. Weigelt: ebd.). In dieser Situation ist der Rollenkonflikt begründet, auf der einen
Seite soll ein Vertrauen zum Klienten aufgebaut werden, auf der andern Seite kann die
Berichtspflicht gegenüber dem Gericht zu Misstrauen seitens des Straftäters führen (vgl.
Weigelt 2009: 28).
Zur Aufgabe machen es sich die Sozialen Dienste auch, die Straftäter sozial in die
Gesellschaft zu integrieren. So sollen neue Straftaten verhindert, und dem Klienten die
Möglichkeit eines straffreien Lebens gegeben werden (vgl. LaStar M-V 2011.; vgl. Grosser
2009: 81). Zur Förderung eines künftig straffreien Lebens arbeitet die Bewährungshilfe
verstärkt mit externen Bildungsträgern zusammen. Das soll möglichst passgenaue Qualifizierungsmaßnahmen für die Klienten bieten (Justizministerium M-V 201117). Grosser (2009)
spricht in Verbindung dieser beiden Aufgabenbereiche von einer „sozialräumliche[n]
Orientierung“ (ebd.: 82). Dazu sollen die integrativen Maßnahmen am Lebensmittelpunkt des
Straftäters, in Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen, umgesetzt werden. Weiter fasst er
die Aufgaben so zusammen:
15
ähnlich Schaal: „doppelte[s] Mandat“ (2009: 92), Grosser: „doppelter Auftrag“ (2009: 80), sowie Meier:
„Doppelrolle“ (2009: 115)
16
unter: http://www.lastar.mv-justiz.de/index_lang.html [21.11.2011 11:36]
17
Unter: http://www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportal_prod/Regierungsportal/de/jm/Themen/-Strafvoll
zug_und_Soziale_Dienste/index.jsp [30.12.2011 12:56]
20
Kernaufgabe ist es, in der jeweiligen Fallkonstellation die Auseinandersetzung zu den
persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Lebenslagen im Zusammenhang mit der
Delinquenz zu führen und daraus Maßnahmen abzuleiten, die wirksam zur
Rückfallvermeidung beitragen. (ebd.: 81)
In wie weit es den Sozialen Diensten gelingt einen Rückfall ihrer Klienten zu vermeiden soll
in Kapitel 9 ausführlich untersucht und dargelegt werden.
4.3 Neuerungen der differenzierten Leistungsgestaltung
Neben der Reform in der Organisationsstruktur kam es 2008 zu einer weiteren Neuerung in
der Bewährungshilfe. Mit der Einführung der „differenzierten Leistungsgestaltung“ (Grosser
2009: 84; Schaal 2009: 90ff.) sollte ein Konzept entwickelt werden, welches die situativen
Variablen des Lebens der Straftäter erhebt und analysiert. Eine Zuordnung der Klienen in
Fallgruppen soll dadurch ermöglicht werden (vgl. Schaal 2009: 94).
Mit der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung änderte sich die Fallarbeit der
Bewährungshelfer in der Form, dass diese künftig aus vier Arbeitsprozessen (Anamnese,
Diagnose, Intervention, Evaluation) bestehen sollte. In der „Eingangsphase“ (Schaal 2009:
98f.) sollen erste wichtige Daten zur Straftat und der persönlichen Lebenssituation in einer
Anamnese erhoben werden. In dieser drei Monate dauernden Phase schätzt der Bewährungshelfer den Kontroll- und Hilfebedarf des Klienten ein (vgl. ebd.) und erstellt ebenfalls eine
Diagnose. Diese beruht auf den gewonnenen Fakten der Anamnese. Zudem erstellt der
Bewährungshelfer Diagnosen über mögliche Erwartungen, Probleme oder Bedürfnisse des
Straftäters und bespricht diese mit ihm (vgl. a.a.O.: 101). Aus der Zusammenführung der
Anamnese und der Diagnose wird eine Planung der Intervention, sprich des Bewährungsverlaufes, erstellt und der Delinquent18 einer Interventionskategorie zugeordnet (Übersicht der
Interventionskategorien befindet sich im Anhang, Tabelle 6). Alle bislang abgelaufenen
Prozesse fanden vor der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung nicht statt. Weder
wurde explizit eine Anamnese noch eine Diagnose erstellt. Schaal (2009) spricht davon, dass
„das Modell […] inhaltlich in jeder Hinsicht als qualitative Alternative zur bisherigen quantitativen Bewertung der Leistungen […] nach Fallzahlen betrachtet werden“ kann (ebd.: 116).
Die Einteilung in eine der bereits angesprochenen Interventionskategorien ist die wesentliche
Änderung in den Sozialen Diensten seit 2008. Es gibt dabei drei standardisierte Kategorien, in
welche die Klienten eingeteilt werden. Es handelt sich um die Formelle-, Standard- oder
Intensiv-Kategorie (vgl. a.a.O.: 103f.). Diese unterscheiden sich maßgeblich darin, in welcher
Frequenz der Unterstellte Termine mit seinem Bewährungshelfer wahrnehmen muss.
18
Die Begriffe Delinquent und Proband stehen synonym für die Klienten der Bewährungshilfe.
21
Führungsaufsichtsfälle sind dabei oft, und Sexualstraftäter immer, in der Intensiv-Intervention
zu führen und müssen alle 14 Tage Kontakt zu ihrem Betreuer halten. In der StandardIntervention reicht eine Kontaktfrequenz von vier bis acht Wochen. Diese nimmt in der
Formellen-Intervention weiter ab und ein vierteljährlicher Kontakt reicht aus. Die Kategorien
können dabei im Verlauf der Bewährungsunterstellung geändert werden, sobald ein erhöhter
oder geminderter Kontroll- und/oder Hilfebedarf angezeigt ist (vgl. ebd.; vgl. Tabelle 6). Im
Prozess der Intervention selbst sammelt der Bewährungshelfer fortwährend neue
Informationen über den Delinquenten und sein Leben. Gerade mit Blick auf die bereits
beschriebenen Aufgaben der Sozialen Dienste (siehe Kapitel 4.2.2) ist es nötig in den
Gesprächen neue Informationen zu gewinnen, die dem Gericht anschließend mitgeteilt
werden können. Unter dem letzten Arbeitsprozess, der Evaluation, versteht sich die im Zuge
der Einführung des Modells eingeführte Standardisierung. Diese ist sowohl in einer
einheitlichen Dokumentation zu finden, als auch im standardisierten Kategorienmodell. Das
Kategorienmodell gab es vor der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung nicht.
Das soll bestmögliche Betreuung bieten, je nach Bedarf der Intervention des Klienten (vgl.
a.a.O.: 112f.; vgl. Grosser 2009: 84).
Die Einführung des Modells der differenzierten Leistungsgestaltung und die damit
verbundenen Standardisierungen in der Kontaktdichte zwischen Bewährungshelfer und
Delinquenten sollen zu einer geringeren Rückfall- beziehungsweise Widerrufsquote beitragen
(vgl. Justizministerium M-V 2011). Am 31.12.2009 befanden sich 3951 Personen unter
Bewährung und 593 in Führungsaufsicht bei den Sozialen Diensten in Betreuung. Über 50%
der Bewährungshilfeunterstellten waren dabei der Standard-Intervention zuzuordnen und 7%
der Intensivkategorie (vgl. Justizministerium M-V 2010: 28). Ob die Einstufung in ein solches
Kategorienschema und die damit verbundene vorgeschrieben Kontaktdichte tatsächlich einen
Einfluss auf das Risiko eine Widerrufes ausüben können, soll im Kapitel 9 ausführlich
untersucht und daran anschließend diskutiert werden.
22
5. Stand der Forschung in Deutschland
Im Folgenden sollen Studien vorgestellt werden, welche sich in Deutschland bereits mit dem
Thema Kriminalität und Schicht befasst haben. Auf Grund der Relevanz und des Umfanges
der Arbeit werden dabei nur deutsche Untersuchungen im Überblick dargestellt. Es werden
sechs Studien beschrieben, die sich mit der Schicht als einen möglichen Faktor von
Kriminalität auseinandersetzen und eine Studie, die Kriminalität im Zusammenhang mit
sozialen Milieus untersucht.
Eine der ältesten Studien in Deutschland, die sich mit dem Thema der Kriminalität intensiv
befasst, ist die Studie von Peter Dillig zum Selbstkonzept und Kriminalität aus dem Jahr
1976. Verglichen wurden 104 Häftlinge aus Fürsorgeanstalten mit 100 kriminell unauffälligen
Personen. Die Befragten waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen 15 und 19 Jahre
alt (vgl. Ziegler 2009: 345). Die Aussagekraft dieser Studie hinsichtlich der Schichtthematik
ist allerdings als sehr begrenzt zu betrachten. Kriminelles Verhalten ist in erster Linie in
ungünstigen familiären Bedingungen von Dillig begründet worden (vgl. a.a.O.: 354ff.). Die
Schichtproblematik spielt nur eine untergeordnete Rolle. Im Rahmen dieser Arbeit ist ein
Rückbezug auf Dilligs Arbeit als nicht sinnvoll zu erachten, da der soziale Hintergrund der
Studienteilnehmer auf die Väter-Generation bezogen wird. Den sozialen Hintergrund der
Probanden bilden unter anderem die Arbeitssituation und schulische Bildung des Vaters (vgl.
ebd.). Die Schichtzuordnung erfolgt demzufolge nicht anhand der Determinanten der Delinquenten selbst. Oberwittler befasste sich 2001 ebenfalls mit dem Aspekt der Jugendkriminalität. In einer schriftlichen Befragung in Köln und Freiburg erhob er Daten von
Schülern der achten bis zehnten Klassen (13 bis 16 Jahre) allgemeinbildender Schulen (vgl.
Oberwittler 2001: 10f.). In seinen Untersuchungen fand Oberwittler heraus, dass unter den
Jugendlichen die meisten Intensivtäter die Haupt- und Sonderschulen besuchen. Abweichende
Verhaltensweisen an Gymnasien und Realschulen sind eher als „Bagatelldelikte“ (a.a.O.: 28)
zu bezeichnen. Oberwittler stellt fest, dass delinquentes Verhalten häufiger bei Jugendlichen
aus unvollständigen Familien auftritt. Ein Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen
Status der Herkunftsfamilie und der Delinquenz des Jugendlichen fällt aber nur schwach aus
(vgl. ebd.: 50ff.). Kriminalität selbst zeigt sich in allen Schichten beziehungsweise in
Familien mit unterschiedlich guten oder schlechten sozioökonomischen Rahmenbedingungen
gleichermaßen. Eine Ausnahme bildet die Gruppe der Intensivtäter (vgl. a.a.O.: 28, 101). Im
Rückschluss bedeutet dies, dass eine Verbindung zwischen den unteren Schichten und
kriminellem Verhalten generell nur schwach bestätigt werden kann. Die Häufung von
Intensivtätern an Haupt- und Sonderschulen lässt im Ansatz darauf hindeuten, dass schwere
23
Kriminalität verstärkt in den unteren Schichten zu finden ist (vgl. ebd.; vgl. Hradil 2001: 483).
Jedoch sei auch bei dieser Studie angemerkt, dass auf ihrer Grundlage keine generellen
Rückschlüsse auf Kriminalität in den sozialen Schichten getroffen werden können. Wie auch
Dillig greift Oberwittler in seiner Studie nur auf Jugendliche zurück und befragt diese zu
delinquentem Verhalten. Die Probanden aus Oberwittlers Studie haben dabei nicht zwingend
Erfahrungen mit formellen Sanktionierungen gesammelt oder eine Haftstrafe verbüßt. Das
erlaubt es nicht die Kriminalität auf das Erwachsenenalter zu übertragen (vgl. Ziegler 2009:
366). Die Jugendlichen haben selbst oftmals noch kein eigenes Einkommen und werden
anhand des elterlichen Haushaltseinkommens einem sozioökonomischen Status oder einer
Schicht zugewiesen. Sowohl Dillig als auch Oberwittler geht es primär um die Klärung
familiärer Aspekte die zu Kriminalität führen. Faktoren wie das Einkommen stellen nur eine
untergeordnete Rolle dar. Begründet werden kann dies anhand fehlender Faktoren die eine
Einteilung in Schichten ermöglichen würden.
Kunadt (2011) untersuchte in ihrer Studie ebenfalls die Jugendkriminalität, in diesem Fall in
Zusammenhang mit dem sozialen Raum. Speziell ging es ihr dabei um den Einfluss der
Wohnumgebung auf kriminelles Handeln. Die zur Delinquenz befragten Jugendlichen wurden
anhand des Stadtteils in dem sie leben in drei Gruppen eingeteilt. Die Gruppen unterschieden
sich in ihren sozialräumlichen Determinanten (vgl. Kunadt 2011: 259ff.). Eine der Determinanten ist der sozioökonomische Status. In ihrer Analyse fand Kundat jedoch kein erhöhtes
Kriminalitätsaufkommen in den sozial schwachen Stadtteilen (vgl. ebd.). Die Jugendlichen
der sozialstrukturell benachteiligten Gebiete zeigten nicht zwingend eine erhöhte Anzahl an
kriminellen Handlungen und unterschieden sich nicht signifikant von den beiden
Stadtteilgruppen mit besserer sozialstruktureller Lage (vgl. a.a.O.: 261).
Eine Studie, die die Verbindung von Schicht und Kriminalität stärker zu verknüpfen sucht, ist
die Arbeit von Hans Göppinger (1983) zu dem „Täter in seinen sozialen Bezügen“. Er
untersuchte dafür 200 männliche Häftlinge im Alter zwischen 20 und 30 Jahren und verglich
diese mit einer Zufallsstichprobe aus der „Durchschnittsbevölkerung“ (Ziegler 2009: 315).
Die Zuordnung zu den Schichten erfolgte in seiner Studie anhand einer Einteilung der
beruflichen Tätigkeit des Haupternährers der Familie. Auf dieser Grundlage wurde in der
Gruppe der Häftlinge eine deutliche Überrepräsentation in der Unterschicht hervorgerufen
(vgl. Göppinger 1983: 30). Göppingers Ergebnisse der Vergleichsuntersuchungen zeigen,
dass ein Großteil der Häftlingsprobanden in äußerst problematischen Verhältnissen aufgewachsen ist. Dies schließt soziale und strafrechtliche Auffälligkeiten einer der Erziehungspersonen mit ein. Jedoch lassen sich keine schichtspezifischen Zusammenhänge mit der
24
Kriminalität ausmachen (vgl. Göppinger 1983: 39ff.). Eine häufigere Belastung der Häftlingsprobanden kann mit der Schichtzugehörigkeit nicht erklärt werden. In vielen Fällen hält
Göppinger es für plausibel, dass ein „spezifisches Eigenverhalten der Probanden“ (ebd.) die
Schichtzugehörigkeit als Folge hat. In Untersuchungen zu den schulischen Leistungen der
Häftlinge stellte sich heraus, dass die delinquenten Personen häufiger in der Schule sitzen
blieben und diese auch seltener mit einem Abschluss verließen. Die Häftlingsprobanden
erlangten, bezogen auf die Vergleichsgruppe, schlechtere Schulabschlüsse und mehr als 50%
nicht einmal den Hauptschulabschluss (vgl. a.a.O.: 86). Göppinger bezieht seine Ergebnisse
dabei stark auf familiäre Aspekte die die Kriminalität beeinflussen, wie bereits zuvor die
Studie Dilligs.
Anders als die Untersuchungen von Dillig, Oberwittler und Göppinger analysierte Mehlkop
(2004) in seiner Studie den direkten Zusammenhang von sozialer Schicht und Delinquenz.
Dazu nutzte er die Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften
(ALLBUS) 1990 und 2000. Durch den beschränkten Informationsgehalt bezogen sich seine
Analysen ausschließlich auf die Delikte „Ladendiebstahl“ und „Steuerhinterziehung“ (Mehlkop 2004: 119ff.). Mehlkop formulierte die These, dass Mitglieder der unteren Schichten in
beiden Straftat-Populationen überrepräsentiert sein müssten, wenn ein Schichteffekt
zutreffend ist. Die darauf aufbauenden Untersuchungen konnten diese These nicht bestätigen
(vgl. ebd.). Im Delikt der Steuerhinterziehung stellt Mehlkop sogar einen umgekehrten
Zusammenhang fest, hier sind die oberen Schichten eher bereit diese Straftat zu begehen. In
seinen Augen ist dies damit verbunden, dass die mittleren und oberen Sozialschichten sich
dadurch einen größeren Vorteil erhoffen (vgl. ebd.). Im Delikt des Ladendiebstahls konnte ein
negativer Zusammenhang bestätigt werden. Personen der unteren Schichten erhoffen sich, so
Mehlkop, zusätzliche Vorteile durch den Diebstahl. In den oberen Schichten mangelt es an
solch zusätzlichen Vorteilen und der Diebstahl stellt keine alternative Handlungsweise dar
(vgl. ebd.). Mehlkop erweiterte seine Untersuchungen im Jahr 2011 und analysierte, ob es
sich bei Kriminalität um eine rationale Wahl handelt (vgl. Mehlkop 2011). Hierzu befragte er
über 2100 in Dresden lebende Personen auf postalischem Wege (vgl. ebd.: 117). Befragte
Probanden sollten sich in dieser Studie subjektiv einer Schicht zuordnen. Untersuchungen
anhand dieser Zuordnung ergaben, wie bereits in seiner Studie 2004, keinen generellen
Zusammenhang von Schicht und Kriminalität. Es lässt sich lediglich in einigen Delikten ein
schwacher Zusammenhang beobachten (vgl. a.a.O.: 292ff.). Es stellte sich in der Studie
heraus, dass gleich drei Delikte stärker in den oberen Schichten Zuspruch finden. Es handelt
sich dabei um Versicherungsbetrug, Schwarzfahren und Steuerbetrug (vgl. ebd.). Durch die
25
Erhebung der Daten in einer schriftlichen Befragung konnte neben der polizeilich bekannten
Kriminalität (Hellfeld) auch auf Taten zurückgegriffen werden, die die Befragten bereit waren
zu gestehen, ohne dass sie dafür verurteilt wurden (Dunkelfeld; vgl. ebd.).
Eine der wenigen Studien zu sozialen Milieus und Kriminalität stellt die Studie von Pöge
(2007) dar. Er stellt in seiner Untersuchung zu den sozialen Milieus und Jungendkriminalität
fest, dass in einzelnen Milieus ein Zusammenhang zwischen dem kriminellen Verhalten und
sozioökonomischen Status besteht (vgl. Pöge 2007: 224ff.). Untersucht wurden Musik- und
Werte-milieus von Jugendlichen in Münster und Duisburg in den Jahren 2003 und 2005 (vgl.
a.a.O.: 61ff.). Konkret zeigte sich im Musikmilieu der „reinen Hip-Hopper“ (a.a.O.: 216) eine
hohe Kriminalitätsbelastung. Diese Beobachtung konnte in beiden Städten zu beiden
Zeitpunkten gemacht werden. Das Milieu ist dabei gleichzeitig geprägt von einem „niedrigen
sozialen Index“ (ebd.). Der soziale Index bildet sich bei Pöge aus der Anzahl der Bücher der
Schüler zu Hause, der Art der Wohnung und der Selbsteinschätzung im Bezug auf Armut und
Reichtum. In anderen Musikmilieus konnte zwischen einem niedrigen sozialen Status und
gesteigerter Kriminalität kein Zusammenhang ausgemacht werden. In den von Pöge untersuchten Wertmilieus konnten keine starken Zusammenhänge des sozialen Index mit dem
kriminellen Verhalten beobachtet werden. In wie weit die Musikmilieus in Pöges Analysen
die gesellschaftlichen Milieus abbilden ist fraglich. Eine Einteilung anhand der Musikgeschmäcker und Vorlieben zu treffen scheint sehr abstrakt und schlecht auf ältere Personen
übertragbar.
Kritisch an den Studien sei zu bemerken, dass sie sich fast ausschließlich mit Jungendkriminalität befassen. Dies ist mit Sicherheit dem Fakt geschuldet, dass die Gruppe
Jugendlicher und junger Erwachsener einen nicht unwesentlich hohen Anteil an Kriminellen
ausmachen. In M-V waren 2010 24,3% und in ganz Deutschland 25,1%, der von der Polizei
als Tatverdächtig eingestuften Personen, unter 21 Jahre alt (vgl. BMI 2011: 28; vgl. LKA MV 2011: 53f.). Lediglich Mehlkop und Göppinger beziehen in ihren Studien auch höhere
Altersgruppen mit ein. Das macht diese Studien für die eigenen Untersuchungen am
vergleichbarsten. Denn die eigenen Untersuchungen sollen Personen älterer Jahrgänge mit
einschließen, da diese ebenso eine Rolle in der Betrachtung der Kriminalität M-Vs spielen.
Die vorliegenden Studien, da sie sich oftmals mit Jugend auseinandersetzen, entwickeln die
Schichtzugehörigkeit anhand der sozioökonomischen Merkmale der Eltern. Das erschwert
eine Vergleichbarkeit der eigenen folgenden Analysen mit den vorgestellten Studien, da nicht
auf eine solche Methode zurückgegriffen werden soll.
26
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in den einzelnen Studien nur selten, und
wenn dann nur leichte, Zusammenhänge zwischen Schicht oder Milieu und Kriminalität
ausgemacht werden können. Eine Vergleichbarkeit der Studien untereinander und mit den
eigenen Ergebnissen wird weiter dadurch erschwert, dass sich die Grundlagen zur
Berechnung der Schicht oftmals stark unterscheiden. Verwiesen sei hierbei speziell auf Pöge.
Er entwickelt seinen sozialen Index unter anderem anhand des Merkmals, wie viele Bücher
der Haushalt führt. Eine solche Einteilung wirkt im Falle dieser Arbeit abwegig und lässt sich
für eine sinnvolle Schichteinteilung an dieser Stelle nicht anwenden. Kriminalität von
Jugendlichen in einer Befragung zu erfassen ist als schwierig zu betrachten. Die Bereitschaft
zum ehrlichen Antworten spielt dabei eine große Rolle (vgl. Geißler 1987: 155ff.). Hier sei
die Studie von Oberwittler erwähnt, der die Befragung der Jugendlichen vor der gesamten
Klasse, einschließlich des Lehrers, durchführte. Es kommen bei solchen Befragungsmethoden
schnell Zweifel auf, in wie weit die Schüler in diesen Interviews vollkommen ehrlich
antworten (vgl. Oberwittler 2001: 16, 18). Eine Vergleichbarkeit von Studien zur selbstberichteten Delinquenz mit offiziell erfasster Kriminalität ist schwer zu gewährleisten.
Befragungen, gerade die von Jugendlichen, erfassen Kriminalität nicht im Sinne des
Strafgesetzes, da diese kriminellen Handlungen für Personen ohne gesetzliches Wissen unverständlich erscheinen (vgl. Geißler 1987: 156). Selbstberichtete Delinquenz bei Jugendlichen
bezieht Diebstahl eines Radiergummis oder Schule schwänzen mit ein. Das ist in strafrechtlicher Hinsicht, gerade in Bezug auf Bewährungsstrafen, nicht von Belangen (vgl. ebd.).
Mit der Untersuchung von Häftlingen befassten sich lediglich die Analysen von Göppinger
und Dillig. Es besteht zwischen den vorliegenden Studien zur selbstberichteten Delinquenz
und der Untersuchung von strafrechtlich zu Bewährung Verurteilten vermutlich eine
Diskrepanz in der Schwere der untersuchten abweichenden Handlungen.
Die Analyse des Einflusses der sozialen Schicht auf die Kriminalität wurde bis dato in
Deutschland nicht auf der Bewährungshilfe Unterstellte Personen bezogen. Ebenso stellt der
Rückgriff auf Daten aus M-V ein Novum dar, da keine der Studien zuvor mit Daten zur
Delinquenz dieses Bundeslandes gearbeitet hat. Sie unterscheidet sich dahingehend von allen
vorhandenen Untersuchungen und schränkt eine Vergleichbarkeit zu diesen ein. Im folgenden
Abschnitt sollen auf den erworbenen theoretischen Grundlagen, und des Einblicks in verschiede Studien zur Analyse der Kriminalität, Hypothesen abgeleitet werden.
27
6. Entwicklung der Hypothesen
Aufbauend auf den aktuellen Stand der Forschung in Deutschland und der beschriebenen
Theorie Robert K. Mertons, wann es zu kriminellem beziehungsweise abweichendem
Verhalten kommt, sollen an dieser Stelle Hypothesen entwickelt werden. Auf deren Grundlage wird in den kommenden Kapiteln untersucht, ob diese anhand der Daten bestätigt werden
können oder abgelehnt werden müssen. Von Bedeutung sind bei der späteren Untersuchung
die sozialen Schichten, in welche die Klienten der Bewährungshilfe eingeteilt werden (dazu
siehe Kapitel 8.1).
Die erste Hypothese soll, aufbauend auf der Anomietheorie Robert K. Mertons, lauten:
„Personen der unteren sozialen Schichten begehen vermehrt Straftaten und stehen somit öfter
unter Bewährung19.“ Merton formuliert zusammenfassend, dass auf den unteren sozialen
Schichten ein erhöhter Druck lastet, die von der Gesellschaft formulierten Ziele zu erreichen.
Begründet in den ihnen fehlenden Mitteln (Einkommen), die in den anderen Schichten verfügbar sind, begehen sie kriminelle Handlungen (genauer siehe Kapitel 2.2). Geißler (1987)
stellt in seinen Untersuchungen zur Kriminalität ebenfalls eine Überrepräsentation der unteren
sozialen Schichten fest, geht es um „entdeckte“ (ebd.:138) Kriminalität. Die aufgestellte
Hypothese findet in bereits bestehenden Studien keine Bestätigung. Die Untersuchungen
Mehlkops und Göppingers, welche neben der Jugendkriminalität Kriminalität von Erwachsenen mit einbezogen, können den Zusammenhang von sozialer Schicht und Kriminalität
nicht bestätigen. Mehlkop war es nur möglich, in seinen Untersuchungen anhand des
ALLBUS, Betrachtungen hinsichtlich zweier Delikte durchführen (Ladendiebstahl und
Steuerbetrug). Er fand heraus, dass in den höheren sozialen Schichten die Bereitschaft des
Steuerbetruges sogar höher ist, als in den unteren Schichten (vgl. Mehlkop 2004: 119).
Ähnliche Ergebnisse zeigten sich in Mehlkops Untersuchungen anhand eigens erhobener
Daten. Hier konnte er drei Delikte ausmachen, welche ebenfalls in den höheren Schichten
öfter begangen werden. Diese Ergebnisse würden der eigenen Hypothese widersprechen (vgl.
Mehlkop 2011: 293). Göppinger der anhand von Aktenanalysen und Befragungen Daten zu
sämtlichen Taten der Probanden gewinnen konnte (vgl. Ziegler 2009: 316) fand zwar
Zusammenhänge hinsichtlich problematischer Lebensumstände, die die Kriminalität
beeinflussen, jedoch stellt die Zugehörigkeit zu einer Schicht selbst keinen Zusammenhang
mit der Kriminalität dar (vgl. Göppinger 1983: 39ff.). Die Studien von Dillig, Oberwittler und
Kunadt bieten nur begrenzt Rückschlussmöglichkeiten auf die aufgestellte Hypothese, da der
19
Der Begriff Bewährung schließt in den Untersuchungen die Führungsaufsicht und den Strafrest zur
Bewährung mit ein.
28
Bezug ausschließlich zu Jugendlichen hergestellt wird. Dies soll in der Untersuchung der
eigenen These nicht passieren. Eine Analyse aller Altersgruppen wird angestrebt. Ob sich in
den Fällen der Bewährungshilfe, trotz gegensätzlicher Erkenntnisse bereits bestehender
Studien ein Zusammenhang erschließt, soll in den auf die Hypothese aufbauenden Analysen
untersucht werden. Aspekte wie ein unter dem Durchschnitt Deutschlands liegendes Einkommen und höhere Anteile an Personen ohne Schulabschluss in M-V, machen die
Beleuchtung des Aspektes der Schicht in M-V, in Bezug auf Kriminalität, relevant und eine
Untersuchung sinnvoll (vgl. Bornewasser 2008: 50ff.).
In einer zweiten Fragestellung soll untersucht werden, ob in den unteren sozialen Schichten
eine Bewährungsunterstellung seltener erfolgreich verläuft und es so gehäuft zu Widerrufen
kommt. Die Hypothese, die auf diese Frage hinführend entwickelt wird, lautet: „Personen der
unteren sozialen Schichten durchlaufen die Bewährung seltener erfolgreich und erhalten als
Folge öfter einen Widerruf.“ In Bezug auf die Ausgangstheorie dieser Arbeit, Mertons
Anomietheorie, müsste in den unteren Schichten der Anteil an Widerrufen am höchsten sein.
Einen Widerruf erhält eine unterstellte Person unter anderem durch erneute Delinquenz oder
einen Verstoß gegen die Auflagen der Bewährungsstrafe (vgl. Meier 2009: 120). In den
unteren Schichten ist der Druck abweichend zu handeln nach wie vor am Höchsten (siehe
Kapitel 2.2). Das Erreichen der Ziele der Gesellschaft wird für Personen der unteren
Schichten auch unter Bewährung nicht einfacher. Oftmals sind unterstellte Personen als Folge
einer Haftstrafe, oder auch als Ausgangspunkt der Delinquenz, arbeitslos (vgl. Jacobsen 2008:
171; vgl. Mehlkop 2011: 280). Das hat unter anderem ein niedriges Einkommen zur Folge.
Das Fehlen von Einkommen ermöglicht es den Unterstellten nach wie vor nicht die Ziele der
Gesellschaft auf legalem Wege zu erreichen und. Daher greifen sie erneut auf abweichende
Handlungen zurück um das Ziel dennoch erfüllen zu können. Eine erneute Straftat würde
schlussendlich den Widerruf bedeuten.
Diese Hypothese wird vor allem in Hinblick auf strafrechtliche Faktoren hin untersucht
werden. Ist der Klient vorbestraft, um was für eine Form der Strafe handelt es sich und hält
der Klient seine Termine mit seinem Bewährungshelfer ein? Weigelt (2009) stellte in seinen
Untersuchungen zur Widerrufsquote fest, dass diese im Falle einer Unterstellung höher liegt,
als ohne Bewährungshilfeunterstellung (ebd.: 217f.). Auch Alter, Geschlecht und Anzahl der
Vorstrafen spielen eine Rolle bei einem Widerruf. Frauen erhalten seltener einen Widerruf,
sowie Personen im höheren Alter, im Vergleich zu jungen Altersgruppen. Die Zahl der Vorstrafen zeigt in seinen Untersuchungen einen negativen Einfluss auf den Bewährungswiderruf.
Je mehr Vorstrafen ein Delinquent hat, desto eher kommt es zu einem Widerruf oder einer
29
Wiederverurteilung in einer neuen Straftat (vgl. ebd.: 222f. und 227). Eine Untersuchung des
Zusammenhangs von sozialer Schicht und dem Widerruf ist bis dato in Deutschland noch
nicht durchgeführt worden. Es kann nicht auf vorliegenden Daten vergleichend oder herleitend zurückgegriffen werden. Ein Grund für einen Widerruf sieht das Gericht darin, dass
der Klient die Zusammenarbeit mit dem Bewährungshelfer verweigert. Termine also nicht
wahrnimmt oder das Gespräch verweigert (vgl. Meier 2009: 119). Es soll auf der Grundlage
der Kontaktpflicht (a.a.O: 112) in einer Hilfshypothese untersucht werden, ob „Personen mit
niedriger Bildung seltener ihre Termine bei der Bewährungshilfe wahrnehmen.“ Die
Untersuchung dieser Hilfshypothese bietet im besten Fall eine Ergänzung in der späteren
Diskussion der zweiten Hypothese. Denn kommt es als Folge zahlreicher Fehltermine zu
einem Kontaktabbruch mit dem Bewährungshelfer, kann das zu einem Widerruf führen.
Allgemeinhin wird ein Zusammenhang der Bildung mit der Kriminalität jedoch als bestätigt
angesehen (vgl. Bornewasser 2008: 50). Ob die Bildung weiter auch Auswirkungen auf das
regelmäßige Erscheinen zu Terminen bei der Bewährungshilfe zeigt, strebt die Analyse der
Hilfshypothese an. Untersucht wurde ein Zusammenhang dieser beiden Faktoren in
Deutschland noch nicht. Es kann nicht vergleichend auf andere Ergebnisse verwiesen werden.
Nach der Generierung der Hypothesen soll erläutert werden, warum die Untersuchungen sich
ausschließlich auf die sozialen Schichten bezieht. Das Milieukonzept kann nur eine untergeordnete Berücksichtigung in dieser Arbeit finden. Mit der Entwicklung von geeigneten
sozialen Milieus ist ein hoher zeitlicher Aufwand verbunden. Der kann im Rahmen dieser
Arbeit nicht bewerkstelligt werden (vgl. Ziegler 2009: 36). Ein weiterer Kritikpunkt der die
Erstellung von Milieus erschwert ist der, dass es den Milieus an einer empirischen Fundierung
fehlt, es gibt zahlreiche verschieden Milieukonzepte nebeneinander. Ludwig-Mayerhofer
(2000) spricht hier von einer „wundersame[n] Milieu-Vermehrung“ (ebd.: 258). In den
verschiedenen Milieukonzepten, die über die Jahre hinweg entwickelt wurden, (SINUSMilieus, Erlebnismilieus; siehe hierzu Kapitel 3.2) zeichnet sich keine methodische Grundlage zur Berechnung der Milieus ab. Jeder Milieuforscher entwickelt seine ganz eigene
Operationalisierung der für ihn wichtigen Variablen. Ein einheitliches Konzept zur
Berechnung fehlt bislang (vgl. ebd.; vgl. Müller-Schneider in Pöge 2007: 31f.). Das Schichtmodell bietet an der Stelle ein einheitlicheres Grundkonzept. Einkommen, Bildung und
Berufsprestige bilden oftmals die zentralen Elemente, an denen sich die Schichten berechnen
(siehe Kapitel 3.1). Geißler baut in seinem aktuellen Schichtmodell auf Dahrendorf auf und
der sein Modell auf das Geißlers. Das stützt abermals die These eines gleichen Konzeptes in
den verschiedenen Modellen.
30
Weiter kann das Konzept der Milieus als eine Erweiterung des Schichtmodells verstanden
werden. Milieus sind innerhalb der einzelnen Schichten zu finden und differenzieren diese
weiter aus (vgl. Ziegler 2009: 33f.; vgl. Endruweit 2000: 39). So bezieht sich zum Beispiel
das SINUS-Modell direkt auf die soziale Lage der Menschen. Schultze greift in seinem
Modell auf die Bildung zurück, die oftmals eine Dimension der Schichtung darstellt (vgl.
Ziegler 2009: ebd.).
In seinem Beitrag „Natürlich gibt es heute noch Schichten!“ stellt Rainer Geißler fest (2006),
dass fast alle in seiner Studie befragten Studenten (N= 452) die Gesellschaft noch immer als
hierarchisch gegliedert wahrnehmen (ebd.: 106f.). In einer weiteren Untersuchung befragte er
1868 Personen in Industriebetrieben. Die Ergebnisse daraus zeigten, dass in beiden Befragungsgruppen über 90% in ihrer Alltagspraxis in einer Einstufung von Klassen und Schichten
handeln. Das Schichtbild dominiert dabei deutlich vor dem Klassenmodell (vgl. ebd.). Eine
Einteilung in Ober-, Mittel- und Unterschicht ist meistverbreitet, wobei sie oft noch einmal
untergliedert werden. Eine Selbstzuordnung zu einer Schicht fällt den Befragten ebenso wenig
schwer. Das wichtigstes Unterscheidungskriterium der Schichten stellt für die Befragten das
Einkommen dar, Beruf und Bildung schließen gleich daran an (a.a.O. 116, 114). Geißler
stellte ebenfalls die Frage nach der Zuordnung der eigenen Familie zu einem sozialen Milieu.
Dies vermochten 74 von 102 Befragten Studienanfängern nicht (a.a.O. 126), da ihnen die
„Milieu-Kategorie fremd“ (ebd.) war. Wurde eine Zuordnung dennoch getroffen, so wurden
die Milieus unter anderem als „Mittelschicht“ oder „gehobene Mittelschicht“ (ebd.) bezeichnet. Ein wirkliches Milieukonstrukt vermochten nur sechs der Befragten zu entwickeln.
Diese Studie ist als kritisch zu betrachten, gerade in Hinblick auf ihre Repräsentativität. Die
von Geißler ermittelten Zahlen lassen dennoch auf die Vermutung schließen, dass das
Schichtmodell weiterhin Anwendung im Alltag findet.
Die vielen angesprochenen Punkte, auch die von Geißler vorgestellte Untersuchung zur
Aktualität der sozialen Schichten, sollen als Begründung für die Wahl des Schichtkonzeptes
dienen. Das findet in den nachfolgend angestrebten Untersuchungen Anwendung. Da eine
Analyse beider Konzepte aufgrund des Umfanges nicht möglich ist und die Milieus eine
Spezifizierung der Schichten, darstellen, muss an dieser Stelle auf ihre Analyse verzichtet
werden. Nichtsdestotrotz bietet das Konzept der sozialen Milieus gute Möglichkeiten das
Schichtmodell zu präzisieren. Gerade in Hinblick auf Mentalitäten und Lebensweisen der
Menschen bietet das Milieukonzept Chancen einer spezifischeren Analyse. Ein weiterer
Grund der gegen die Milieuanalyse spricht, ist in fehlenden Angaben im Datensatz begründet.
Der Datensatz soll im folgenden Kapitel beschrieben werden.
31
7. Daten und Methoden
Im vorangegangenen Kapitel wurden die Hypothesen aufgestellt, die im weiteren Verlauf der
Arbeit untersucht und diskutiert werden sollen. Um eine Analyse zu ermöglichen, ist es notwendig zunächst den verwendeten Datensatz zu beschreiben. Auf welcher Grundlage entstand
der Datensatz und welche Methodik steht dahinter. Fehler in den Daten werden beschrieben
(Kapitel 7.1). In einem zweiten Abschnitt werden die verwendeten Methoden erläutert, die für
die Untersuchung der Hypothese Anwendung finden (Kapitel 7.2).
7.1 Daten
Der genutzte Datensatz wurde von der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung, Polizei
und Rechtspflege Güstrow bereitgestellt und konnte für die folgenden Untersuchungen
genutzt werden. Die Daten wurden im Rahmen des Forschungsprojektes zur „Evaluation der
differenzierten Leistungsgestaltung bei den Sozialen Diensten der Justiz M-V“ (Bieschke
2009: 1), durch die Analyse von Bewährungshilfeakten in den einzelnen Geschäftsstellen der
Sozialen Dienste, gewonnen. Die erhaltenen Daten wurden anschließend in einen Fragebogen und folgend in das Statistikprogramm SPSS übertragen. Dieser Abschnitt der Arbeit
stellt den Datensatz in seinen wichtigsten Konzeptionen vor und beschreibt ihn. Grenzen in
den Daten werden erläutert. Zunächst wird auf die Erhebung der Daten und das Stichprobendesign eingegangen. Anschließend werden die Aktenanalyse und der Fragebogen
beschrieben, bevor abschließend Verzerrungen in den Daten (Bias) und die Repräsentativität
des Datensatzes kritisch beleuchtet werden.
7.1.1 Stichprobendesign und Umfang der Erhebung
Die Grundlage der Datenerhebung ist die Frage, ob sich durch die Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung die Betreuung der Bewährungshilfeprobanden verbessert hat. Auf
Grundlage dieser Fragestellung wurde ein
Mitarbeiter des höheren Justiz- und
Vollzugsdienstes abgeordnet, an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und
Rechtspflege ein Projekt zur Evaluierung der differenzierten Leistungsgestaltung zu leiten
(vgl. Bieschke 2009: A). Um die Evaluation durchzuführen ist es notwendig, vorab festzulegen für wen die Aussagen der Untersuchungen Geltung haben sollen. Diese Menge an
Objekten wird als Grundgesamtheit bezeichnet (vgl. Michael 2010: 65f.; vgl. Schnell et al.
2008: 265ff.). Im Falle des vorliegenden Datensatzes ist die Grundgesamtheit die Menge aller
Personen, die in M-V zwischen dem 01.01.2006 und dem 18.04.2011 (letzter Tag der Datenerhebung) einem Bewährungshelfer in einer Bewährungs- oder Führungsaufsichtsstrafe
32
unterstellt waren. Relevant sind dabei nur Personen der Interventionskategorie „Standard“ und
„Intensiv“. Es sei angemerkt, dass bei Probanden, welche vor der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung (Vergleichsgruppe) unterstellt waren eine nachträgliche Einteilung in die Gruppen durch den Bewährungshelfer erfolgen musste (vgl. Bieschke 2009:
9,11).
Aufgrund der großen Anzahl an Elementen in der Grundgesamtheit wurden nicht über alle
Probanden der Grundgesamtheit Daten erhoben (Vollerhebung), sondern nur für eine Teilmenge der unterstellten Klienten (vgl. Schnell et al. 2008: 267). Für diese Teilerhebung ist es
erforderlich feste Regeln zu bestimmen, wie die Auswahl der Elemente der Teilmenge
erfolgen soll. Bezeichnet wird diese Auswahl als Stichprobe (vgl. ebd.). Die Stichprobe sollte
insgesamt 500 Einzelfälle umfassen, 250 Probanden die bereits vor der differenzierten Leistungsgestaltung unterstellt waren (Vergleichsgruppe) und 250 Klienten die nach der
Einführung neu unterstellt wurden (Untersuchungsgruppe; vgl. Bieschke 2009: 8). Am Ende
umfasst der Datensatz mit 876 Fällen deutlich mehr unterstellte Probanden. Die Auswahl der
Probanden, und somit deren Akte, erfolgte anhand einer Liste aller Bewährungshilfefälle der
Sozialen Dienste der Justiz im angegebenen Zeitraum. Es wurden gebildete Subgruppen
(siehe Abbildung 8 im Anhang) so lange mit Fällen aufgefüllt, bis diese den nötigen Umfang
erreicht hatten (vgl. ebd.). Die einzelnen Subgruppen unterscheiden sich dahingehend, dass
sie zwischen der Strafform (Bewährungsstrafe, Strafrest zur Bewährung, Führungsaufsicht),
der Verurteilung nach allgemeinem Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht und der Interventionskategorie (Standard/Intensiv) unterschieden. Es bilden sich am Ende 18 Subgruppen
heraus. Eine Kontrolle hinsichtlich wichtiger soziodemographischer Eigenschaften, wie Alter
oder Geschlecht, fand nicht statt (vgl. ebd.).
Das Auswahlverfahren selbst ist schwer zu umreißen. Durch das Vorliegen einer Liste mit
allen unterstellten Probanden ist es möglich zufällig Probanden auszuwählen, die in die
Stichprobe aufgenommen werden. Alle Elemente der Grundgesamtheit haben dabei die
gleiche Chance in die Stichprobe aufgenommen zu werden (vgl. Schnell et al. 2008: 273f.;
vgl. Michael 2010: 70). Bezeichnet wird dieses Verfahren als einfache Zufallsstichprobe. Da
die beschriebenen Subgruppen ab einem gewissen Zeitpunkt bewusst mit Fällen aufgefüllt
wurden und andere Fälle kategorisch ausgeschlossen wurden (formelle Fälle), kann nicht von
einer reinen Zufallsauswahl ausgegangen werden (vgl. Bieschke 2009: 8). Es kommt zu einer
bewussten Auswahl von typischen Fällen durch die mit der Erhebung der Daten beauftragte
Person. Hierbei werden Personen ausgewählt, die für die Grundgesamtheit als besonders
charakteristisch betrachtet werden (vgl. Schnell et al. 2008: 299). Die Fälle werden dabei so
33
ausgewählt, dass sie dem Untersuchungsziel entsprechen. Der Forscher selbst ist es der dabei
anhand der für ihn relevanten Kriterien festlegt, was einen typischen Fall darstellt (vgl.
Michael 2010: 67). In dieser Evaluation sind anhand der Stichprobenbeschreibung die
typischen Fälle ersichtlich. Probanden der Formellen-Intervention werden beispielsweise aus
der Untersuchung ausgeschlossen (vgl. Abbildung 8).
Die Erhebung der einzelnen Elemente der Stichprobe erfolgte mittels der Akten bei den
Sozialen Diensten der Justiz in M-V vor Ort. Den mit der Erhebung der Daten beauftragten
Personen wurden die Akten in den Dienststellen zur Verfügung gestellt und konnten dort
analysiert werden. Zum Zusammentragen der Daten aus den Akten dient ein standardisierter
Fragebogen, der zu jeder Akte auszufüllen ist. Die Daten im Fragebogen können anschließend
in das Statistikprogramm SPSS übertragen werden (vgl. Bieschke 2009: 10ff.). Nach einem
ersten Pretest, der zur Überprüfung des Fragebogens durchgeführt wurde, konnten in den
Jahren von 2008 bis 2011 die Daten erhoben werden.
7.1.2 Erhebung der Daten: Aktenanalyse und Fragebogen
Die eigentliche Erhebung des Datensatzes erfolgt mittels der Aktenanalyse, oder auch
Dokumentanalyse von 876 Akten. Nach einer Analyse der Akte können die für die Untersuchung wichtigen Daten in einen Fragebogen übernommen und anschließend in die Statistiksoftware SPSS übertragen werden.
Die Arbeitsweise der Sozialen Dienste sieht es vor, dass zu jedem der unterstellten Probanden
eine Akte angelegt wird. Diese Akte enthält das Urteil des Gerichtes, die Anamnese und
Diagnose des Delinquenten, sowie zu jedem wahrgenommenen Termin eine Zusammenfassung der Gesprächsinhalte. Seit der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung
liegen dafür standardisierte Formulare vor (siehe hierzu Kapitel 4.3). Werden die in den
Akten erfassten Daten von Dritten unabhängigen Personen erhoben, so kann von einer
Erhebung prozessproduzierter Daten gesprochen werden. Die Analyse solcher Daten ermöglicht es, bestimmte Ereignisse (Vorstrafen) und soziodemographische Aspekte (Geschlecht,
Alter) des Klienten zu erheben (vgl. Michael 2010: 93). Die Untersuchung hinsichtlich fester
und standardisierter Kriterien wird als Dokumentanalyse bezeichnet. Es ist eine Form der
Inhaltsanalyse, konkreter der reduktiven Inhaltsanalyse. Dabei handelt es sich um eine zusammenfassende und strukturierende Analyse, die versucht für alle in einem Kategorienschema
vorgesehenen Variablen eine deutliche Aussage im Text zu finden (vgl. Lamnek 2010: 455f.).
In diesem Falle werden für jeden Klienten in den einzelnen Akten Aussagen gesucht. Es ist
bei dieser Form der Inhaltsanalyse nicht nötig sämtliche Inhalte der Akte zu dokumentieren.
34
Nur für die Evaluation wichtige Dimensionen der Probanden werden erhoben (vgl. Schnell et
al. 2008: 411). Das angesprochene Kategorienschema liegt den mit der Erhebung beauftragten
Personen in Form eines Fragebogens zur Aktenanalyse vor. Nach diesem Schema werden die
Akten untersucht. Wird eine Antwort auf eine Frage im Frageborgen gefunden, ist die
Antwort die Ausprägung der Variablen (vgl. Lamnek 2010: 455f.). Eine solche Form der
Datenerhebung bietet den Vorteil, dass keine Verzerrungen entstehen wie zum Beispiel im
Fall einer Befragung von Personen (Stichwort: soziale Erwünschtheit). In dieser Tatsache
kann jedoch gleichzeitig ein Nachteil gesehen werden. Es können feststehende Daten erhoben
werden, doch keine Einstellungen der hinter den Akten stehenden Personen (vgl. ebd.). Auch
sind die Akten wiederrum von Menschen (Bewährungshelfer) geführt. Diese können
untereinander stark in ihrer Dokumentationsart variieren (vgl. Michael 2010: 94). Der eine
Bewährungshelfer dokumentiert möglicherweise kaum Gesprächsdetails, ein anderer dafür
umso ausführlicher. Das Niederschreiben der einzelnen Gesprächsinhalte kann zugleich durch
subjektive Bewertungen des Bewährungshelfers geprägt sein.
Um die in den Akten enthaltenen Daten quantitativ zusammenzutragen wurde auf den
Fragebogen zurückgegriffen. Er kann nach oder während der inhaltlichen Studie der Akte
durch die Person ausgefüllt werden, die mit der Erhebung der Daten beauftragt wurde. Bevor
solch ein Fragebogen konzipiert wird, ist es nötig anhand einiger vorab analysierter Dokumente zu prüfen, welche Informationen überhaupt entnommen werden können und wie
standardisiert und umfangreich die Akten selbst sind (vgl. Michael 2010: 94). Die Erarbeitung
des Fragebogens erfolge in diesem Projekt anhand einiger vorab zur Verfügung gestellter
Akten der Sozialen Dienste (Pretest siehe auch 7.1.1; vgl. Bieschke 2009: 12). Um den mit
der Erhebung betrauten Personen eine Richtlinie dafür zu bieten, irrelevante Informationen zu
filtern, werden im Fragebogen standardisierte Kategorien gebildet. Sie stellen Oberbegriffe
der einzelnen zu erhebenden Informationen dar (vgl. Schnell et al. 2008: 409). Dieses
Kategorienschema ist in dem Fragebogen gut ersichtlich. Der Fragebogen enthält acht große
Themen (zum Beispiel: Soziobiographie, Bewährungsverlauf, Devianz, Gesundheit), die teils
mit Unterkategorien versehen wurden. Der Fragebogen, welcher in seiner Konzeption folgend
kurz dargestellt werden soll, befindet sich im Anhang der Arbeit. In Erläuterung der
Fragetypen wird Bezug auf einzelne Beispiele des Erhebungsbogens genommen.
Die mit der Datenerhebung betrauten Personen selbst haben keinen Kontakt zu den in den
Akten untersuchten Klienten. Sie können die Gespräche zwischen Bewährungshelfer und
Delinquenten nur anhand der Akte beurteilen. Aus diesem Grund werden im Fragebogen
ausschließlich Fragen zu den Eigenschaften der Straftäter erfasst. Fragen zur Überzeugung
35
oder Verhalten der Probanden werden nicht gestellt (vgl. Schnell et al. 2008: 325ff.). Der
Fragebogen selbst ist gestaltet mit offenen, geschlossenen, Hybrid- und Filterfragen. In den
offenen Fragen wird keine Antwortmöglichkeit vorgegeben. So können Verzerrungen in den
Ant-worten vermieden werden. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie einen enormen
Aufwand in der Auswertung der Daten darstellen (Beispiel: Frage 61b; vgl. Schnell et al.
2008: 332f.; vgl. Michael 2010: 79). Es sind ebenfalls geschlossene Fragen enthalten, welche
die Antwortmöglichkeiten vorgeben (Beispiel: Frage 10a). Bei einigen der geschlossenen
Fragen ist Mehrfachnennung möglich (Beispiel: Frage 11). Die Möglichkeit der Mehrfachnennung muss dabei im Fragebogen ersichtlich sein (vgl. Michael 2010: 82). Hybridfragen
stellen eine Kombination aus einer offenen und geschlossenen Frage dar. Sie bietet die
Option, neben den vorgegebenen Antworten, eine eigene hinzuzufügen (Beispiel: Frage 62b).
Ist ein Fragenkomplex nicht relevant für den in der Akte untersuchten Probanden, so kommt
es zur Anwendung einer Filterfrage (Beispiel: Frage 37a; vgl. Schnell et al. 2008: 344). Eine
gewisse Anzahl an Fragen kann übersprungen werden bei nicht Zutreffen einer Eigenschaft.
7.1.3 Bias und Repräsentativität
Eine empirische Untersuchung verfolgt stets das Ziel von der untersuchten Stichprobe auf die
Grundgesamtheit schließen zu können. Das bedeutet, dass von den Werten der Verteilungsund Zusammenhangsmaße in der Stichprobe auch auf die Verteilungs- und Zusammenhangsmaße in der Grundgesamtheit geschlossen werden kann (Inferenzstatistik). Zu berücksichtigen ist dabei immer eine festgelegte Fehlergrenze (vgl. Michael 2010: 69f.). Ein solcher
Rückschluss und damit ein repräsentatives Ergebnis ist nur möglich, wenn es sich bei dem
Auswahlmechanismus um einen Zufälligen handelt (vgl. Schnell et al. 2008: 305ff.). Eine
reine Zufallsauswahl kann hier nicht bestätigt werden (siehe Abschnitt 7.1.1). Die Ergebnisse
können folglich nicht als repräsentativ angesehen werden. Durch den Ausschluss der
formellen Interventionskategorie wird bereits ein großer Anteil an Probanden der
Bewährungshilfe in der Evaluation vernachlässigt. Eine Begründung dafür kann an dieser
Stelle nicht gefunden werden.
Im Folgenden soll auf Verzerrungen eingegangen werden, die im Datensatz enthalten sind.
Zurückgegriffen werden soll dabei auch auf persönliche Erfahrungen in der Erhebung der
Daten. Eine große Verzerrung in den Daten ist darin zu finden, dass einige der Subgruppen
stark überrepräsentiert sind. Allein die beabsichtigen Anteile der Vergleichs- und Untersuchungsgruppe konnten nicht eingehalten werden. Angestrebt war eine 50/50 Relation der
Gruppen (je 250 Fälle). Im Datensatz sind letztendlich 60% der Probanden der Vergleichs36
gruppe zuzuordnen (siehe hierzu auch Kapitel 9.1). Sie sind folglich überrepräsentiert. Wie
bereits erwähnt, wurde die Betreuung der Probanden in der formellen Interventionskategorie
gänzlich vernachlässigt. Die Bewährungshilfe betreute am Stichtag des 31.12.2009 jedoch
allein 14% der unter Bewährung stehenden und 13% der unter Führungsaufsicht stehenden
Delinquenten in dieser Form (vgl. Justizministerium M-V 2010: 29, 31). Die Stichprobenbeschreibung geht weiter davon aus, dass Probanden mit einer Bewährungsstrafe zu 40% in die
Stichprobe eingehen sollen (200 von 500). Die Bewährungshilfestatistik des Statistischen
Bundesamtes gibt für das Jahr 2008 in M-V jedoch an, dass am 31.12.2008 64,1% der nach
allgemeinem Strafrecht verurteilten in einer Bewährungsstrafe unterstellt waren (vgl. Destatis
2011b: 14). Das macht einen deutlich höheren Anteil aus. In der eigentlichen Stichprobe sind
letztendlich 53,5% der Probanden der reinen Bewährungsstrafe zuzuordnen. Das weicht noch
immer stark vom realen Anteil ab. Der Datensatz enthält mit 39,3% ebenfalls einen
wesentlich höheren Anteil an Probanden, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, als es
am 31.12.2008 tatsächlich der Fall war, zu diesem Stichtag waren 23,6% der Unterstellten
nach dem Jugendstrafrecht verurteilt (vgl. a.a.O: 12-13). Sie sind im Datensatz überrepräsentiert. Nachdem eine Einteilung anhand der Form der Strafe und des Strafgesetzes
(allgemeine oder Jugendstrafe) getroffen wurde, wird angenommen, dass die Einzelfälle in
diesen Gruppen die Interventionskategorien Standard und Intensiv zu gleichen Anteilen
auftreten. Am 31.12.2009 waren jedoch lediglich 7% aller Bewährungshilfe Unterstellten in
der intensiven Kategorie eingeteilt. Die Gruppe der intensiv betreuten Täter ist in der
Stichprobe somit deutlich überrepräsentiert. Ähnlich ist es bei den Führungsaufsichtsfällen,
im Datensatz sind 82,7% der Fälle der Intensivbetreuung zuzuordnen. Die Sozialen Dienste
verzeichneten 2009 jedoch nur einen Anteil von 22,8% der Führungsaufsichtsfälle als
Intensiv-Probanden (vgl. Justizministerium M-V 2010: 31).
Die mit der Aktenanalyse beauftragten Personen können in ihrer Analyse ebenfalls Fehler
gemacht haben. Es können beispielsweise Daten aus der Akte falsch in den Fragebogen
übernommen worden sein oder falsch in das Programm SPSS übertragen worden sein. Auch
Variablen die die persönlichen Ressourcen der Probanden erfassen (Beispiel: Frage 93),
können von jedem der Daten-Erheber unterschiedlich gedeutet worden sein und so zu unterschiedlichen Antworten geführt haben.
Es ist auffallend, dass die Anteile der Fälle der Stichprobe nicht denen entsprechen, die die
Sozialen Dienste in M-V tatsächlich betreuen. Das schränkt die Repräsentativität der Daten,
neben der bewussten Auswahl der Fälle, weiter ein. Welche Ergebnisse die Untersuchungen
der Hypothesen dennoch hervorbringen, soll das Kapitel neun schildern.
37
7.2 Methoden
Die Methoden bilden die Grundlage für eine Analyse von Daten. Um einen Einblick zu
geben, wie die zuvor aufgestellten Hypothesen untersucht wurden, sollen die angewandten
Methoden der Datenanalyse im Folgenden kurz beschrieben werden.
7.2.1 Kreuztabellen und Chi² Unabhängigkeitstest
Eine einfache Methode um einen Zusammenhang zweier Variablen (bivariate Analyse)
darzustellen bietet die Kreuztabelle, oder auch Kontingenztabelle. Sie stellt die Ausprägungen
zweier Variablen systematisch dar (vgl. Diaz-Bone 2006: 66). Die Tabelle entsteht, wenn die
Ausprägungen der einen Variablen den Zeilen, die Ausprägungen der anderen Variablen den
Spalten zugeordnet werden. Die Kreuzung der beiden Variablen spannt die Tabelle dann auf
(vgl. ebd.).
Bei einem gerichteten Zusammenhang, wie im Falle dieser Arbeit, ist es Bedingung, dass die
Ausprägung der unabhängigen Variablen x (in diesem Fall die soziale Schicht) den einzelnen
Spalten zugeordnet werden und die Ausprägungen der abhängigen Variablen (Kriminalität/
Widerruf) den Reihen oder Zeilen (vgl. ebd.). Ein exemplarisches Beispiel einer Kreuztabelle
ist hier gegeben.
Tabelle 2: Beispiel einer einfachen Vier-Felder Kreuztabelle
∑ (Zeilensummen)
∑ (Spaltensummen)
n (Gesamtfallzahl)
Die Ausprägungen der unabhängigen Variable x werden mit „j“ beschrieben und die Ausprägungen der abhängigen Variable y mit „i“ (vgl. Kühnel/Krebs 2007: 308). Das
gemeinsame Auftreten von beiden Variablen
und
wird mit
bezeichnet (ebd.). Die
Spalten- und Zeilensummen stellen die aufsummierten Einzelwerte der entsprechenden Zeilen
oder Reihen dar. Sie geben die univariate Verteilung der Variablen wider (vgl. Diaz-Bone
2006: 68; vgl. Kühnel/ Krebs 2007: 308). Sie werden bezeichnet mit
für die Spalten und
für die Zeilen. Werden die Einzelausprägungen aufsummiert, so ergibt sich die Fall-zahl
„n“, die die Summe aller Merkmalsträger der bivariaten Analyse darstellt (vgl. ebd.)
Soll überprüft werden, ob zwischen den beiden Variablen in einer Kreuztabelle statistische
Unabhängigkeit besteht, nutzt man zur Berechnung oftmals „Pearsons ²“ (Diaz-Bone 2006:
38
80). Dazu werden die empirisch beobachteten Werte aus der Kontingenztabelle verglichen mit
den bei statistischer Unabhängigkeit theoretisch erwarteten Häufigkeiten (vgl. Diaz-Bone
2006: 78ff.). Die erwarteten Häufigkeiten ergeben sich aus den, zu den einzelnen Ausprägung
gehörenden, Randsummen. Diese werden multipliziert und anschließend durch die Fallzahl
dividiert (vgl. ebd.; siehe hierzu Abbildung 2). Die einzelnen theoretischen Häufigkeiten
werden bezeichnet mit
Ausprägungskombination
. Liegt eine statistische Unabhängigkeit vor, ergibt sich für jede
=
und somit ein ²-Wert von Null (vgl. ebd.; vgl. Kühnel/
Krebs 2007: 332). Sind sie Variablen jedoch nicht voneinander unabhängig, ist der Wert ²
größer als Null. Dabei ist der Wert umso größer, je größer die Abweichungen der
beobachteten von den theoretischen Häufigkeiten ist (vgl. Kühnel/ Krebs 2007: 333; vgl.
Diaz-Bone 2006: 80f.). Nachfolgende Grafik veranschaulicht dabei noch einmal die
Berechnung von ² und den theoretischen Häufigkeiten.
Abbildung 2: Formel zur Berechnung von Chi²
20
(Quelle: Diaz-Bone 2006: 78 und 80)
Kritisch sei abschließend zu bemerken, dass die Größe von ² keine Aussage über die Stärke
des Zusammenhanges zulässt und der Wert so nicht interpretierbar ist (vgl. ebd.). Lediglich
eine Aussage, ob ein Zusammenhang besteht oder nicht ist möglich.
7.2.2 Logistische Regression – Odds Ratio
Ein Maß, welches die Stärke des Zusammenhangs zweier Variablen misst, sind die Odds
Ratio. Grundlage dafür bilden die Odds. Diese bilden die Basis für die „binäre logistische
Regressionsanalyse“ (Fromm 2010: 109). Sie findet immer dann Anwendung, wenn die abhängige Variable zur Untersuchung der Hypothese nur zwei Ausprägungen aufweist (vgl.
Diaz-Bone 2006: 232). Die unabhängige Variable, oder Variablen, können in der Untersuchung auch mehr als zwei Ausprägungen besitzen.
Die Odds, als Grundlage der Odds Ratio, stellen eine Relation von einer Wahrscheinlichkeit
(
zu ihrer Gegenwahrscheinlichkeit (
dar (vgl. Fromm 2010: 110). Bezogen wird diese
Relation auf die einzelnen Ausprägungen der unabhängigen Variablen (
20
. In diesem
Die Bezeichnungen r und s stehen für die Anzahl der Reihen und Spalten und ergeben sich aus der Anzahl der
Ausprägungen der Variablen.
39
konkreten Fall das Eintreten eines Widerrufes zur Gegenwahrscheinlichkeit des NichtEintretens des Widerrufes21, in Abhängigkeit von den einzelnen sozialen Schichten (unabhängige Variable). Aufbauend auf der in Tabelle 2 eingeführten Kreuztabelle und deren
Bezeichnungen, berechnen sich die Odds, sowie Odds Ratio (OR) wie folgt:
Abbildung 3: Berechnungsformel der Odds und Odds Ratio (OR)
=
=
(Quelle: Diaz-Bone 2006: 74f.)
Dabei ist zu beachten wie die abhängige Variable kodiert ist, da sich auf Grundlage der
Kodierung andere Verhältnisse der Variablen (Odds) ergeben (vgl. ebd.). Setzt man nun die
Odds in ein Verhältnis zueinander, erhält man die Odds Ratio (siehe Abbildung 3). Diese
geben schlussendlich die Stärke des Zusammenhanges in einem Zahlenwert an (vgl.
ebd.:75ff.). Dieser kann zwischen Null und dem positiv Unendlichen liegen. Beträgt der Wert
des Odds Ratio (OR) Eins, ist kein Zusammenhang vorhanden (vgl. ebd.). Bei Werten kleiner
und größer als Eins liegt ein Zusammenhang vor. Bei einem Wert zwischen Null und Eins ist
das Risiko des Eintretens der abhängigen Variablen (Widerruf, erhöhte Kriminalität), im
entsprechenden Zusammenhang mit der oder den unabhängigen Variablen, geringer. Bei
einem Wert größer als Eins ist das Risiko des Eintretens erhöht (vgl. ebd.).
Die Odds Ratio können dabei die Stärke des Zusammenhanges zwischen einer unabhängigen
Variablen mit der abhängigen Variablen messen, es können aber auch mehrere Variablen in
die Berechnung und Kontrolle mit einbezogen werden (vgl. Fromm 2010: 109). So kann
neben der Schicht beispielsweise das Geschlecht oder das Alter mit in die Untersuchung
einbezogen werden. Man spricht dann von einem Nettoeffekt, in diesem Fall der Schicht auf
einen Bewährungswiderruf. Wird Ausschließlich der Zusammenhang der Schicht und dem
Widerruf betrachtet, ohne die Kontrolle durch Effekte anderer Variablen, so handelt es sich
um den Bruttoeffekt.
Die logistische Regression geht noch einen Schritt weiter, hier werden die erhaltenen Odds
logarithmiert. Das Verfahren zur Erstellung einer logistischen Regressionsgleichung soll an
dieser Stelle jedoch nicht weiter beschrieben werden, da im weiteren Verlauf der Arbeit mit
den Odds Ratio gearbeitet wird und diese interpretiert werden.
21
Exemplarisch wurde hier auf die zweite Hypothese als Beispiel zurückgegriffen.
40
8. Operationalisierung
Der kommende Abschnitt stellt die für die Untersuchung der Hypothesen nötigen Variablen
vor. Es sollen die Ausprägungen erläutert und begründet werden. Zunächst wird auf die unabhängige Variable Schicht eingegangen. Daran schließen sich die abhängigen Variablen der
Hypothesen an, zum Einen Kriminalität und zum Anderen der Widerruf. Im letzten Abschnitt
werden Variablen vorgestellt, bei denen ein Einfluss auf den Zusammenhang der unabhängigen und der abhängigen Variablen der Hypothesen vermutet wird (konfundierende
Variablen).
8.1 Unabhängige Variable Schicht
Als unabhängige Variable zur Untersuchung der Hypothesen dient die soziale Schicht, in die
die Klienten der Bewährungshilfe eingeteilt werden. Die soziale Schicht soll in diesen Untersuchungen nicht in einer eindimensionalen Einstufung (vgl. Rössel, 2009: 134ff; Hradil,
2001: 41f.) erfolgen, sondern anhand von zwei Dimensionen. Diese sind die Bildung und das
Einkommen. Das macht es erforderlich zunächst zu erläutern, wie diese beiden Variablen in
der Untersuchung untergliedert sind.
Bildung
In den letzten Jahrzehnten kam es zu einem umfangreichen und schnellen Ausbau der
sekundären und tertiären Bildungsbereiche. Dieser Wandel wird auch als Bildungsexpansion
bezeichnet (vgl. Geißler 2008: 274; vgl. Geißler 1987: 79). In diesem Zug wurden besonders
Real- und Gesamtschulen, Gymnasien, aber auch Hochschulen und Fachhochschulen
ausgebaut. Durch die Expansion gewinnt die Bildung als eine zentrale Ressource der sozialen
Platzierung in der Gesellschaft an Bedeutung. Mittlere und hohe Bildungsabschlüsse werden
erforderlich für den Einstieg in das Berufsleben (vgl. ebd.). Die Bildung hat einen
maßgeblichen Einfluss auf den Sozialstatus einer Person und bestimmt die Schichtzugehörigkeit mit (vgl. Geißler 2008: 281; vgl. Geißler 1987: 79).
Zum Bildungsstand der Unterstellten wurden vier Gruppen gebildet. Ausschlaggebend für die
Zuordnung zu den einzelnen Bildungsgruppen ist die besuchte Schulform und das Erreichen
eines Abschlusses in dieser Schulform. In der Gruppe der Personen mit „keiner oder sehr
niedriger Bildung“ sind Personen ohne schulische Bildung und solche, die die Sonder-,
Förder- Grund-, Volks-, oder Hauptschule besuchten ohne einen Abschluss zu erhalten.
Unterstellte mit „niedriger Bildung“ haben die genannten Schulformen mit einem Abschluss
beendet. In die Gruppe fielen ebenfalls Delinquenten, die die Real- oder Fachschule, sowie
die zehnte Klasse der Polytechnischen Oberschule ohne einen Abschluss beendet haben.
41
Probanden mit „mittlerer Bildung“ haben diese Schulformen erfolgreich mit einem Abschluss
beendet. Personen mit „hoher Bildung“ sind diejenigen, die das Gymnasium, die Erweiterte
Oberschule oder das Fachgymnasium besucht haben. Aufgrund der geringen Fallzahl kann
nicht zwischen Personen mit und ohne Abschluss differenziert werden (n= 8).
Einkommen
Einkommen kann als ein guter Indikator dafür gewertet werden, wie der Lebensstandart einer
Person ist (vgl. Geißler 2008: 79; vgl. Geißler 1987:138f). Es eignet sich gut zur Einteilung
von Schichten und findet in anderen Modellen ebenfalls Anwendung (Geißlers Haus-Modell).
Zur Bildung verschiedener Einkommensgruppen wurde zunächst der Mittelwert der
Einkommen in der Stichprobe berechnet. Dies ist möglich, da die Einkommensvariable
metrisch verteilt ist. Der Mittelwert beträgt 530,44 Euro (abgerundet auf 530 Euro). Anhand
des Wertes wurden die unteren 25% (265 Euro) und die oberen 75% (788 Euro) des
Einkommens berechnet, sodass vier Einkommensklassen gebildet werden konnten (weniger
als 265 Euro; 266 bis 530 Euro; 531 bis 788 Euro und mehr als 788 Euro).
Soziale Schicht
Die soziale Schicht eines Delinquenten bildet sich aus der Kombination des Einkommens und
der Bildung. Probanden, welche keine, eine sehr niedrige oder niedrige Bildung vorweisen
wurden in die Unterschicht eingeordnet. Haben sie dabei mehr Einkommen, als 50% des
Mittelwertes aller Probanden, so sind sie der „oberen Unterschicht“ zugeordnet, Personen mit
weniger Einkommen der „unteren Unterschicht“. Bewährungsunterstellte mit mittlerer oder
hoher Bildung sind in der Mittelschicht verortet. Die Einteilung in untere und obere
Mittelschicht erfolgte wie in der Unterschicht. Haben Personen weniger Einkommen als 50%
des Mittelwertes zur Verfügung gehören sie der „unteren Mittelschicht“ an. Personen die
mehr Einkommen zur Verfügung haben der „oberen Mittelschicht“. Die Berechnungen und
Bezeichnungen sind dabei angelehnt an Geißler (1987: 138f.), der zur Untersuchung von
Kriminalität in den Schichten eben diese Aspekte berücksichtigte. Zusätzlich greift Geißler
auf den Beruf des Straftäters zurück (vgl. ebd.). Berufe können in der eigenen Untersuchung
nicht berücksichtigt werden, da mit knapp 50% die Ausfallquote einer Berufsangabe im
Datensatz sehr hoch ist. Die Bildung einer Oberschicht fällt weg, da keiner der Probanden die
Kriterien hierfür erfüllt (zu geringe Einkommen).
42
8.2 Abhängige Variablen
Durch das Aufstellen von zwei Hypothesen, sowie einer Hilfshypothese, sind im Folgenden
zwei abhängige Variablen zu beschreiben. Die unabhängige Variable der Hilfshypothese
„Bildung“ wurde bereits im vorherigen Abschnitt besprochen.
Kriminalität
Die erste Hypothese untersucht, in Bezug auf Mertons Anomietheorie, die Frage ob Personen
der unteren sozialen Schichten vermehrt kriminell handeln. Gemessen wird dazu, ob Personen
der unteren Schichten ein erhöhtes Risiko aufweisen, kriminell zu werden als Probanden in
höheren Schichten. Da in dem Datensatz nur auf bereits begangene Kriminalität
zurückgegriffen werden kann, soll als Indikator für das Risiko erhöhter Kriminalität in den
Unterschichten der Sachverhalt der Vorstrafe dienen. Ist eine Person vor der im Datensatz
erfassten Unterstellung schon einmal aufgrund krimineller Handlung verurteilt worden, oder
handelt es sich um eine Person, die das erste Mal wegen einer Straftat verurteilt wurde.
Unterschieden werden zwei Kategorien, Probanden mit mindestens einer Vorstrafe und Probanden ohne Vorstrafen (Ersttäter).
Widerruf
Um der Frage nachzugehen, ob Delinquenten der unteren sozialen Schichten vermehrt Widerrufe erhalten, muss diese Variable zunächst erschlossen werden. In der Erhebung der Daten
zur Evaluation der differenzierten Leistungsgestaltung wurde der Erhalt eines Widerrufes der
Bewährung direkt erfragt (siehe Fragebogen im Anhang, Frage 37a). Es wird unterschieden
zwischen Personen die in der aktuellen Bewährungsstrafe einen Widerruf erhalten haben und
denen die bis zum Zeitpunkt der Datenerhebung keinen Widerruf erhalten haben. Zu bedenken ist dabei, dass Widerrufe, die nach der Erhebung der Daten ausgesprochen wurden
keine Berücksichtigung finden können (siehe hierzu Kapitel 10.3).
Anzahl der Fehltermine
In der Hilfshypothese heißt es, dass Personen mit niedriger Bildung seltener ihre Termine bei
der Bewährungshilfe wahrnehmen. Um den Zusammenhang der unabhängigen Variable
Bildung mit der Zahl der versäumten Termine zu messen, muss eine Einteilung der
Fehltermine in Gruppen erfolgen. Der Fragebogen zur Analyse der Bewährungshilfeakten hat
die Zahl der versäumten Termine direkt erfragt (Frage 53b). Eine Gruppe enthält dabei
Personen, die alle Termine wahrgenommen haben. Eine Kategorie fasst Probanden mit
wenigen Fehltermine zusammen. Sie versäumten einen bis fünf Termine. In einer weiteren
Kategorie tritt das Versäumen der Termine mit sechs bis fünfzehn nicht wahrgenommenen
43
Kontakten gehäuft auf. Und schließlich wurde eine Kategorie gebildet, in der Delinquenten zu
finden sind mit mehr als fünfzehn Fehlterminen.
8.3 Konfundierende Variablen
In diesem Abschnitt werden die Variablen beschrieben, bei denen ein Zusammenhang mit den
abhängigen Variablen vermutet wird. Hierbei werden ebenfalls die Ausprägungen vorgestellt
und ein Zusammenhang mit der Kriminalität oder dem Widerruf hergestellt.
8.3.1 Konfundierende Variablen der ersten Hypothese
Alter
Neben der sozialen Schicht spielt auch das Alter einer Person eine entscheidende Rolle dabei,
ob vermehrt kriminell gehandelt wird und diese Handlung zu einer Bewährungsunterstellung
führt. Heranwachsende und Jugendliche werden häufiger wegen Vergehen oder Verbrechen
verurteilt als Erwachsene (vgl. Destatis 201222). Es sind vor allem jüngere Straftäter, die einer
Bewährungshilfe unterstellt werden. In den neuen Bundesländern liegt ihr Anteil dabei etwas
über dem in den alten Ländern (vgl. Weigelt 2009: 137ff. und 246; vgl. Meier 2009: 115). Es
ist zu vermuten, dass sie auch im Datensatz einen erheblichen Anteil ausmachen und den
Einfluss der Schicht auf das kriminelle Verhalten beeinflussen könnten. Zur Überprüfung des
Alterseffektes auf den Schichteffekt wurden fünf Altersgruppen gebildet. Personen unter 26
Jahren bilden die jüngste Gruppe, die ältesten Probanden sind in der Gruppe der über 45
Jährigen zusammengefasst. Eine weitere Gruppierung umfasst Personen von 26 bis 30 Jahren.
Die Bewährungshilfeunterstellten bis unter das 30. Lebensjahr machen bereits einen großen
Anteil an allen Unterstellten aus (vgl. Weigelt 2009: 139). Die beiden letzten Altersgruppen
sind die der 31 bis 35 Jährigen und die der 36 bis 45 Jährigen.
Arbeitssituation
Die
Arbeitssituation
scheint
einen
großen
Einfluss
darauf
auszuüben,
ob
die
Wahrscheinlichkeit kriminellen Handelns steigt. Neben fehlendem Einkommen begründet
durch Arbeitslosigkeit, können Aspekte wie der Umgang mit der falschen Gesellschaft, das
Vorhandensein von zu viel Freizeit oder das Fehlen fester routinemäßiger Tagesabläufe, zu
Kriminalität führen (vgl. Mehlkop 2011: 280). Um einen Einfluss der Arbeitssituation zu
bestätigen oder zu widerlegen, wird der Effekt untersucht. Dazu werden die Einteilungen in
Personen in „Arbeit, Ausbildung oder einer Nebentätigkeit“ nachgehend und „arbeitslos,
22
Unter: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Rechtspflege
/Strafverfolgung/Tabellen/Content75/VerurteilteDeutsche,templateId=renderPrint.psml [11.01.2012 15:50]
44
Rentner“ getroffen. In diesen beiden Kategorien nicht enthalten sind Schüler, Frauen in
Mutterschutz und Berufsunfähige.
Geschlecht
In der Untersuchung krimineller Aktivität hinsichtlich des Geschlechtes zeigt sich, dass
Frauen wesentlich seltener kriminell aktiv werden als Männer. Ihr Anteil in der Bewährungsunterstellung ist in etwa so groß wie der Anteil von Frauen an der Gesamtkriminalität und der
liegt bei 11% (vgl. Weigelt 2009: 139f.; vgl. Destatis 2012). Weibliche Kriminelle
beschränken sich zudem auf nur wenige Delikte (vgl. Oberwittler 2001: 21). Für das Land MV wird jedoch ein Anstieg der Kriminalität von Frauen erwartet (vgl. Dinkel 2008: 350f.).
Eine Untersuchung des Geschlechtsaspektes scheint also sinnvoll. Die Kategorien sind dabei
entsprechend der Geschlechter gebildet und mit „männlich“ und „weiblich“ bezeichnet.
Suchtproblematik
Ob das Vorliegen einer Suchtproblematik einen Einfluss auf die Anzahl krimineller
Handlungen ausübt, soll ebenfalls überprüft werden. Denn knapp 50% der im Datensatz
erfassten Personen weisen ein Alkohol- oder Drogenproblem auf (genauer siehe Abschnitt
9.1). Dabei ist weiter zu beachten, dass der Alkoholkonsum in M-V über dem deutschen
Durchschnitt liegt. Gerade bei Personen mit einem kritischen Konsum des Genussmittels in
liegt M-V allen Altersgruppen über dem gesamtdeutschen Durchschnitt (vgl. Bornewasser
2008: 65f.). Um zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Tatbestand der Begehung krimineller Handlungen und dem Konsum von Alkohol oder Drogen besteht, werden die
Delinquenten in zwei Kategorien eingeteilt, die Probanden mit einem Suchtproblem und die
ohne ein Suchtproblem.
Familienstand
In dem Werk „Social Deviance and Crime“ stellte Charles R. Tittle (2000) fest, dass Personen
ohne feste soziale Anbindung an andere Personen, verstärkt abweichend handeln. Als eine
solche Anbindung bezeichnet er die Ehe, in der Personen sich gewöhnlich an ihren Partner
binden (vgl. ebd.: 334). Aufbauend auf Tittles Erklärungen soll ein Zusammenhang von
Kriminalität und Familienstand untersucht werden. Differenziert wurde zwischen „alleinstehenden“ Personen (Ledige, Geschiedene oder Witwen/Witwer) und in „Ehe oder Partnerschaft“ lebenden Personen.
45
8.2.2 Konfundierende Variablen der zweiten Hypothese
Strafform
Bei der Untersuchung des Effektes der Schicht auf den Erhalt eines Widerrufs soll zunächst
geprüft werden, ob die Strafform einen Einfluss auf diesen Zusammenhang hat. Der Anteil an
intensiv betreuten Probanden ist in der Führungsaufsicht wesentlich höher (um 15%; vgl.
Justizministerium M-V 2010: 29, 31). Der Bewährungshelfer hat dadurch bessere Kontrollund Hilfsmöglichkeiten. Ob diese intensivere Betreuung von Führungsaufsichtsfällen zu
weniger Widerrufen führt soll mittels dieser Variable untersucht werden. Es werden dazu drei
Kategorien gebildet: Personen die eine Bewährungsstrafe erhalten haben, Personen die eine
Reststrafe auf Bewährung verbüßen und Probanden die unter Führungsaufsicht stehen.
Anzahl der Vorstrafen
Hinsichtlich der Anzahl an Vorstrafen soll untersucht werden, ob mit steigender Anzahl an
Vorstrafen auch das Risiko eines Widerrufs steigt. Mit Vorstrafen ist gemeint, ob der
unterstellte Proband vom Gericht zuvor schon einmal zu einer Strafe verurteilt wurde. Es
kann sich dabei um Geld-, Gefängnis- und/oder Bewährungsstrafen, aber auch
Arbeitsstunden, handeln. Weigelt (2009) stellte in eigenen Untersuchungen fest, dass mit
einer steigenden Anzahl an Vorstrafen auch der Anteil an widerrufenen Strafen steigt (vgl.
ebd.: 226 und 236). Ob ein solcher Effekt auch in dem verwendeten Datensatz Einfluss hat,
wird untersucht werden. Dazu wurden folgende Kategorien gebildet: Personen ohne eine
Vorstrafe („keine“), Personen mit einer bis drei Vorstrafen („1 bis 3“), Personen mit vier oder
fünf Vorstrafen („4 bis 5“), Personen mit sechs bis zehn Vorstrafen („6 bis 10“) und Personen
mit mehr als zehn Vorstrafen („mehr als 10“).
Differenzierte Leistungsgestaltung
Durch die Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung konnte die Betreuungs- und
Kontrollintensität der Bewährungshelfer besser an die Bedürfnisse der Unterstellten angepasst
werden. Bei einem hohen Rückfallrisiko in die Kriminalität wurde die Kontakthäufigkeit
intensiviert und die Möglichkeiten der Hilfe und Kontrolle verbessert (siehe hierzu Kapitel
4.3). Für 22% der Probanden intensivierte sich durch die Einführung die Arbeit mit der
Bewährungshilfe (vgl. Justizministerium M-V 2010: 29). Ob durch die bessere Betreuung der
Klienten das Rückfallrisiko und damit das Risiko des Erhaltens eines Widerrufs gesenkt
werden konnte, soll durch diese Kontrollvariable geprüft werden. Dazu wird unterschieden
46
zwischen den Probanden die bereits vor der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung unterstellt waren und denen die danach unterstellt wurden.
Anzahl der Fehltermine
Der Bewährungshilfe kommt die Aufgabe der Hilfe und Kontrolle von den straffällig
gewordenen Unterstellten zu (siehe hierzu Kapitel 4.2.2). Um diese Aufgabe erfüllen zu
können ist es nötig mit dem Delinquenten regelmäßige Gespräche zu führen. Je nach
Einschätzung des Rückfallrisikos kommt es dabei zu mehr oder weniger Kontakten (vgl.
Justizministerium M-V 2010: 29). Hält der Proband diese Termine nicht ein, ist es dem
Bewährungshelfer nicht möglich, intervenierend in die Handlungen des Probanden einzugreifen. Es entsteht möglicherweise ein erhöhtes Risiko, dass der Klient erneut straffällig wird
und es dadurch zu einem Widerruf der Strafe kommt (vgl. Meier 2009: 118). Dieses Risiko
soll geprüft werden. Dazu wurden die unterstellten Personen anhand ihrer Fehltermine in
verschiedene Gruppen eingeteilt. Die Probanden ohne Fehltermine („keine“), die mit einem
bis fünf versäumten Terminen („1 bis 5“), die mit sechs bis fünfzehn nicht wahrgenommenen
Terminen bei ihrem Bewährungshelfer („6 bis 15“) und die Personen mit mehr als fünfzehn
versäumten Terminen („Mehr als 15“).
Kontaktabbruch
Steht ein verurteilter Straftäter unter Bewährungsunterstellung, so hat er die Verpflichtung
sich regelmäßig bei der Bewährungshilfe zu melden. Verweigert er die Zusammenarbeit mit
dem Bewährungshelfer, kommt er seiner Verpflichtung gegenüber dem Gericht nicht nach.
Der Klient kann dadurch einen Widerruf der Bewährungsstrafe erhalten (vgl. Meier 2009: 112
und 119). Nimmt der Delinquent drei aufeinanderfolgende vereinbarte Termine nicht wahr
und es kommt zu einer Benachrichtigung des Bewährungshelfers an das Gericht, so ist von
einem Kontaktabbruch die Rede (siehe Fragebogen Frage Nr.55b). Ob Kontaktabbrüche
seitens des Delinquenten in diesen Untersuchungen einen Einfluss auf das Risiko eines
Widerrufs in den einzelnen Schichten ausüben, wird geprüft. Unterschieden wird dazu
zwischen Probanden die mindestens ein Mal den Kontakt zu ihrem Bewährungshelfer abbrechen und denen ohne die Meldung des Abbruchs an das Gericht.
Eine Übersicht über die verwendeten Variablen in den beiden Hypothesen, sowie der
Hilfshypothese, soll in Tabelle 7 des Anhangs gegeben werden. Sie fasst noch einmal die
abhängige und die konfundierenden Variablen der Hypothesen zusammen.
47
9. Ergebnisse
Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln die Hypothesen erläutert, der Datensatz
vorgestellt und die Methoden, sowie Operationalisierungen der Variablen besprochen wurden,
werden an dieser Stelle die Ergebnisse der angewandten Methoden vorgestellt. Dazu werden
zunächst die univariaten Auszählungen, anschließend die bivariaten Untersuchungen der
sozialen Schicht mit den abhängen Variablen, sowie Drittvariablen beschrieben. Abschließend
wird zu jeder der Hypothesen ein Stufenmodell der Odds Ratio vorgestellt und erörtert.
9.1 Univariate Auszählungen
Dieser Abschnitt soll die wichtigsten univariaten Ergebnisse der verwendeten Variablen
zusammentragen. Dabei sollen die abhängen, die unabhängigen und die konfundierenden
Variablen beleuchtet werden. Die entsprechenden Grafiken dazu befinden sich im Anhang
(Abbildungen 10 bis 22). Zunächst werden die Häufigkeitsverteilungen der Variablen der
ersten Hypothese dargelegt.
Die Auszählung der Schichten zeigt, dass mit 58,7% der größte Anteil an Delinquenten in der
unteren Unterschicht verortet sind. In der oberen Unterschicht und der unteren Mittelschicht
sind es in etwa gleich viele Klienten, mit 15,8% beziehungsweise 16,1%. Der Anteil nimmt in
der oberen Mittelschicht weiter ab und beträgt nur noch 9,4%. Bei Betrachtung der beiden
Variablen die zur Bildung der sozialen Schichten dienen fällt auf, dass mit 48,8% die Mehrheit einen niedrigen Bildungsgrad hat. Daran schließen sich Delinquenten mit keiner
beziehungsweise sehr niedriger Bildung mit 25,8% an. Etwas weniger Klienten der Bewährungshilfe haben eine mittlere Bildung mit 24,0%. Auffallend ist, dass nur 1,4% eine hohe
Bildung aufweisen. Der Blick auf die Einkommensklassen zeigt, dass auch hier prozentual die
meisten Probanden in der untersten Einkommensgruppe zu finden sind. 43,5% der Personen
haben ein Einkommen unter 265€. Ein Einkommen zwischen 266€ und 530€ haben noch
31,3%, ein Einkommen zwischen 531€ und 788€ haben noch 15,1%. Mehr als 788€ haben
10,0% der Straftäter in der Stichprobe zur Verfügung.
Eine Analyse der abhängigen Variable der ersten Hypothese zeigt, dass 88,0% der unter
Bewährung stehenden schon einmal vorbestraft waren. Nur 12,0% sind das erste Mal
strafrechtlich verurteilt worden. In den konfundierenden Variablen der ersten Hypothese
zeigen sich folgende Verteilungen.
Die Altersstruktur verdeutlicht, dass mit 26,3% (unter 25 Jahren) und 27,9% (25 bis 30) die
beiden jüngsten Altersgruppen im Datensatz die größten Gruppen stellen. Der Anteil an
Personen unter Bewährung sinkt mit steigendem Alter. In der Altersgruppe der 31 bis 35
48
Jährigen sind 16,8% der Stichprobe, die der Gruppe der 36 bis 45 Jahre alten Personen sind
15,9% und in der der über 45 Jährigen sind 13,1% verortet. Die Analyse der Arbeitssituation
zeigt, dass 26,2% der Probanden einer Arbeit, Ausbildung oder Nebentätigkeit nachgehen.
73,8% sind arbeitslos. In der Geschlechterstruktur zeigt sich eine noch stärkere Ungleichverteilung. Die männlichen Delinquenten gehen in den Datensatz mit 93,2% ein, die
weiblichen entsprechend mit 6,8%. Bei Untersuchung der Suchtproblematik zeigt sich ein
ausgewogenes Bild: 49,4% haben keine Alkohol- oder Drogensucht, 50,6% sind alkohol- und/
oder drogenabhängig. Im Familienstand ist diese Gleichverteilung wieder aufgehoben, denn
80,7% der Straftäter sind alleinstehend und 19,3% leben in Ehe oder in Partnerschaft.
In den univariaten Auszählungen der zweiten Hypothese weist die abhängige Variable
„Widerruf“ aus, dass 16,0% einen Widerruf der Bewährung erhielten und 84,0% nicht. In den
Verteilung der Drittvariablen zeigt sich, dass die meisten Klienten eine Bewährungsstrafe erhalten haben (55,5%). Einen Strafrest zur Bewährung verbüßen 30,0% und unter Führungsaufsicht stehen 14,5% der Delinquenten. Eine genauere Aufgliederung der Vorstrafen
offenbart, dass von den 88,0%, die bereits vorbestraft sind, 27,2% der Probanden eine bis drei
Vorstrafen erhalten haben, 19,1% vier bis fünf. 30,5% der Klienten haben zwischen sechs und
zehn Vorstrafen und 11,2% mehr als zehn. Von den im Datensatz erfassten Personen waren
60,5% bereits vor der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung unterstellt. 39,5%
der Delinquenten wurden im Rahmen des neuen Modells einer Interventionskategorie
zugeordnet. Von den unterstellten Klienten haben 42,9% alle vereinbarten Termine mit ihrem
Bewährungshelfer wahrgenommen, weitere 29,6% versäumten einen bis fünf Termine. Sechs
bis fünfzehn Termine verpassten 20,4% und mehr als fünfzehn Termine versäumten 7,1% der
Unterstellten. Es kam unter allen Probanden bei 15,3% zu einem Abbruch des Kontaktes mit
der Bewährungshilfe. Bei 84,7% der Probanden gab es keinen dem Gericht gemeldeten
Kontaktabbruch.
Welche Verteilungen sich in Kreuzung der einzelnen Variablen mit den abhängigen Variablen
ergeben und ob die Variablen statistisch miteinander zusammenhängen, soll der kommende
Abschnitt darlegen.
9.2 Bivariate Untersuchungen
Zur Untersuchung der bivariaten Zusammenhänge zwischen den abhängigen Variablen und
der unabhängigen, wie auch konfundierenden Variablen wird auf die in Kapitel 7.2.1
beschriebene Kreuztabelle und den
-Test zurückgegriffen. Dieser Test soll prüfen, ob ein
statistischer Zusammenhang zwischen den Variablen bestätigt werden kann. Ein Zusammen49
hang kann nur dann festgestellt werden, wenn sich eine Signifikanz in den Ergebnissen zeigt.
Die Signifikanz gibt an, ob das erhaltene Ergebnis in der Stichprobe zufällig zustande gekommen ist oder nicht. Ist es nicht zufällig, kann ein Rückschluss auf die Grundgesamtheit
gezogen werden. Um von signifikanten Ergebnissen zu sprechen, ist es nötig ein Signifikanzniveau (p) festzulegen. Dabei bedeutet ein Niveau von 0,01, dass das erhaltene Ergebnis zu
99,0% nicht-zufällig und damit signifikant ist (vgl. Oberwittler 2001: 116; Schnell et al. 2008:
447f.). In den vorgestellten Ergebnissen wird von folgenden Signifikanzniveaus (abgekürzt
mit Sig.) ausgegangen: p≤0,01*** (hoch signifikant), p≤0,05** (signifikant),
p≤0,1*
(schwach signifikant) und n.s (nicht signifikant).
Die Untersuchung der statistischen Zusammenhänge für die erste Hypothese ergab, dass ein
hoch signifikanter Zusammenhang zwischen der unabhängigen Variable „soziale Schicht“
und der abhängigen Variable, ob zuvor bereits Kriminalität begangen und verurteilt wurde
( = 21,226***), besteht. Dabei sind 92,7% aus der unteren Unterschicht bereits mindestens
einmal kriminell in Erscheinung getreten, in der oberen Unterschicht waren es 87,8%.
Demgegenüber sind 12,2% der Klienten in dieser Schicht noch nicht vorbestraft. In der
unteren Mittelschicht sinkt der prozentuale Anteil weiter. Es sind noch 81,1% mit einer Vorstrafe. Der Wert sinkt weiter. In der oberen Mittelschicht sind es schließlich 75,8% mit
mindestens einer Vorstrafe (Tabelle 8 im Anhang).
Folgend sollen die bivariaten Analysen der Variablen geschildert werden, bei denen ein
Einfluss auf den Zusammenhang von abhängiger und unabhängiger Variable in der ersten
Hypothese vermutet wird. Sie werden geprüft auf ihre statistische Unabhängigkeit von
abhängigen Variablen. In der Analyse des Alters und der Kriminalitätserfahrung zeigt sich ein
hoch signifikanter Zusammenhang ( = 19,548***). Die beiden Variablen sind nicht statistisch unabhängig. In der Altersgruppe der über 45 Jährigen sind 25,6% strafrechtlich vor
dieser Unterstellung nicht in Erscheinung getreten. In der Altersgruppe unter 25 Jahren sind
es nur 8,5% ohne Vorstrafen. Der prozentual zweithöchste Anteil an Unterstellten, welche
zuvor bereits strafrechtlich verurteilt worden ist, ist in der Gruppe der 31 bis 35 Jährigen
auszumachen. 91,3% von ihnen sind vorbestraft. In der Gruppe der 36 bis 45 Jahre alten
Delinquenten ist der Anteil mit 87,0% Vorbestraften nur etwas geringer als in der Gruppe der
26 bis 30 Jährigen.
Die Untersuchung von kriminell begangenen Handlungen vor dieser Unterstellung und der
Arbeitssituation zeigt abermals einen hoch signifikanten Zusammenhang ( = 10,021***).
Von den Personen in Arbeit, Ausbildung oder in einer Nebentätigkeit sind 82,3% vorbestraft.
Bei den Personen ohne Arbeit sind es 91,0% mit mindestens einer Vorstrafe.
50
Die bivariate Analyse des Geschlechtes und der Kriminalitätserfahrung weist keine Signifikanz auf. Es besteht kein statistischer Zusammenhang zwischen beiden Variablen ( =
1,329n.s.). Es zeigt sich dennoch, dass bei den männlichen unterstellten Personen 11,6% nicht
vorbestraft sind. Bei den Frauen haben 17,0% zuvor noch keine gerichtlich geahndete
kriminelle Handlung begangen.
Ein Zusammenhang zwischen einer kriminellen Vorgeschichte des Unterstellten und dem
Vorliegen einer Suchterkrankung kann mit hoch signifikantem Ergebnis bestätigt werden ( =
7,932***). Liegt keine Suchtproblematik vor, sind 16,3% der Delinquenten strafrechtlich
noch nicht in Erscheinung getreten. Bei Vorliegen einer Alkohol- oder Drogensucht sind es
nur 9,1% ohne eine Vorstrafe.
Die letzte Drittvariable die auf ihren statistischen Zusammenhang mit der abhängigen
Variablen „Kriminalität“ untersucht werden soll, ist der Familienstand. Die beiden Variablen
erwiesen sich als statistisch unabhängig voneinander ( = 0,755n.s.). Der Anteil
Alleinstehender ohne Vorstrafen ist dabei mit 12,6% etwas höher als bei den Personen in
einer Ehe oder Partnerschaft, mit 9,9%. Die entsprechenden Kreuztabellen aller bivariaten
Zusammenhänge der ersten Hypothese sind im Anhang zu finden (Tabellen 9 bis 13).
Bevor die Ergebnisse der bivariaten Analyse zur zweiten Hypothese vorgestellt werden,
werden zunächst die Resultate der Hilfshypothese dargelegt. Die Resultate sollen eine Vertiefung für die Analyse der zweiten These bilden. Die Untersuchung des Zusammenhanges
von Bildung und der Anzahl an Fehlterminen zeigt, dass ein hoch signifikanter
Zusammenhang besteht (
22,173***). Unter Berücksichtigung, dass vier Zellen eine
erwartete Häufigkeit von weniger als fünf aufweisen, wurde die Untersuchung erneut durchgeführt. Unter der Bedingung des Auslassens der hohen Bildung, da in dieser Gruppe
insgesamt nur zehn Klienten der Bewährungshilfe enthalten waren, erweist sich der
Zusammenhang zwischen der Bildung und der Anzahl der Fehltermine nicht mehr als
signifikant (
7,817n.s.). Von den Klienten mit mittlerem Bildungsgrad nehmen 47,8% alle
ihre Termine wahr, im Fall der niedrigen Bildung sind es 41,4% der Personen und bei den
Unterstellten ohne oder mit sehr niedriger Bildung sind es 38,9%. Jedoch sind es auch die
Delinquenten mit mittlerer Bildung, die prozentual am Häufigsten mehr als fünfzehn Termine
versäumen (7,5%). Hier sind es nur 4,0% der Straftäter des niedrigsten Bildungsgrades. In den
Gruppen mit einem bis fünf Fehlterminen und mit sechs bis fünfzehn nicht wahrgenommenen
Terminen mit dem Bewährungshelfer, bilden die Straftäter mit niedriger Bildung die Gruppe
mit dem prozentual höchsten Anteil (32,0% und 25,1%). Die Personen mit mittlerer Bildung
sind hier wieder die mit dem niedrigsten Anteil (28,3% und 16,4%). Verurteilte Probanden
51
mit niedriger Bildung sind mit 28,8% und 22,1% zwischen den beiden anderen Bildungsgruppen, in der Mitte, verortet. Die hohe Bildung wurde aufgrund schlechter Interpretierbarkeit vernachlässigt (Tabelle 14 bis 17 im Anhang)
Wird der Zusammenhang des Bildungsstandes der Delinquenten damit gemessen, ob sie den
Kontakt zu ihrem Bewährungshelfer abbrechen, so zeigen sich in beiden Fällen (mit der
hohen Bildung und ohne) hoch signifikante Zusammenhänge (
einer erwarteten Häufigkeit kleiner als fünf (mit hoher Bildung)/
12,046*** eine Zelle mit
11,787*** ohne hohe
Bildung). Am Häufigsten kommt es zu einem Kontaktabbruch in der Gruppe von Personen
ohne, beziehungsweise mit sehr niedriger Bildung (19,9%). Probanden mit einem niedrigen
Bildungsgrad weisen einen ähnlich hohen Anteil an Kontaktabbrechern auf (16,7%). In der
Gruppe der Klienten mit mittlerem Bildungsgrad sind es noch 7,5% die den Kontakt zu ihrem
Bewährungshelfer abbrechen. In der hohen Bildungsstufe brechen 10,0% (hier durch die
geringe Fallzahl zwei Person) den Kontakt ab.
Aufbauend auf die Hilfshypothese werden die Zusammenhänge der unabhängigen und
konfundierenden Variablen der zweiten Hypothese mit der abhängigen Variable „Widerruf“
beschrieben. In der Analyse mit der unabhängigen Variable der Schicht zeigt sich ein hoch
signifikanter Zusammenhang mit dem Widerruf (
15,483***). Am Häufigsten erhalten
dabei Personen der unteren Unterschicht, mit 20,3%, einen Widerruf, gefolgt von der oberen
Unterschicht mit 12,3%. In der Mittelschicht sind die Zahlen etwas niedriger. In der unteren
Mittelschicht erhalten 8,5% einen Widerruf und in der oberen Mittelschicht schließlich noch
7,5%. Der prozentuale Anteil an Widerrufen sinkt mit gehobener Schichtzugehörigkeit.
Folgend werden die Ergebnisse der Zusammenhangsanalyse der Drittvariablen mit dem Erhalt
eines Widerrufs vorgestellt. Dabei zeigte sich, dass alle konfundierenden Variablen einen
hoch signifikanten Zusammenhang damit haben, ob der Unterstellte einen Widerruf erhält. In
der Analyse der Strafform ( = 13,868***) ereignen sich die meisten Widerrufe in der Form
des Strafrestes zur Bewährung (20,6%), der Anteil an Widerrufen in der Bewährungsstrafe
liegt mit 16,1% etwas darunter. Die wenigsten Widerrufe erhalten prozentual die Probanden
unter Führungsaufsicht. Hier kommt es in 94,3% der Fälle zu keinem Widerruf der Strafe.
Die Analyse der Anzahl an Vorstrafen weisen einen negativen Zusammenhang auf ( =
16,469***). Zu beobachten ist, dass je mehr Vorstrafen der Delinquent hat, je öfter kommt es
zu einer Widerrufung der Bewährungsstrafe. Bei den Klienten ohne jegliche Vorstrafe sind es
2,3%, die einen Widerruf erhalten. In der Gruppe der Probanden mit einer bis drei Vorstrafen
erhalten bereits 16,2% einen Widerruf. Dieser Anteil steigt weiter an, je mehr Vorstrafen
52
vorliegen. Unter den Personen mit mehr als zehn Vorstrafen sind es 22,5% die einen Widerruf
erhalten. Das sind etwas über 20% mehr als in der Gruppe der Erstverurteilten.
Statistisch nicht voneinander unabhängig sind auch die Einführung der differenzierten
Leistungsgestaltung und der Erhalt eines Widerrufs ( = 11,910***). Erhielten vor der
Reform im Jahr 2008 noch 19,5% einen Widerruf, sind es nach der Einführung nur noch
10,7% der Unterstellten. Die Anzahl an Fehlterminen eines Probanden unter Bewährungsunterstellung und der Erhalt eines Widerrufes erweisen sich ebenfalls als nicht voneinander
unabhängig ( = 14,346***). Prozentual die meisten Widerrufe erhielten dabei Personen mit
sechs bis fünfzehn Fehlterminen mit der Bewährungshilfe. Bei mehr als fünfzehn versäumten
Terminen sinkt der Anteil an Widerrufen wieder auf 12,3%. Der Anteil ist damit genauso
hoch wie in der Gruppe der Personen die einen bis fünf Termine nicht wahrnahmen. Damit
liegt der Anteil an Widerrufen sogar unter dem der Probanden ohne jeglichen Fehltermin.
Hier waren es 12,6% die einen Widerruf erhalten haben.
Die letzte Variable, bei der ein Zusammenhang mit dem Widerruf geprüft wird, ist der
Kontaktabbruch. Dieser Zusammenhang erweist sich abermals als hoch signifikant ( =
40,106***). Von den Delinquenten, die den Kontakt zu ihrem Bewährungshelfer abbrechen,
erhalten 34,4% im Verlauf der Unterstellung einen Widerruf. Bei den Klienten ohne einen
Kontaktabbruch sind es 12,4% die vom Gericht den Widerruf ihrer Bewährungsstrafe
erfahren. Die Kreuztabellen zur Veranschaulichung der Ergebnisse befinden sich auch für die
Untersuchung der zweiten Hypothese im Anhang (Tabellen 19 bis 23). Eine Übersicht der
-
Werte zu beiden Hypothesen, sowie der Hilfshypothese, befindet sich ebenfalls im Anhang
(Tabellen 28 bis 30).
9.3 Stufenmodelle der logistischen Regression
Im Folgenden werden die Ergebnisse der logistischen Regression und die dazu verwendeten
Odds Ratio (siehe hierzu Kapitel 7.2.2) der beiden Hypothesen vorgestellt. Es soll beleuchtet
werden, ob die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht ein Risiko darauf ausübt,
ob Delinquenten häufiger kriminelle Handlungen (Hypothese Eins) begehen oder ein erhöhtes
Risiko besteht einen Widerruf zu erhalten (Hypothese Zwei). Dieses Risiko bilden die Odds
Ratio ab. Die Darstellung dieser erfolgt in einem Stufenmodell. Berücksichtigt werden in
beiden Modellen, neben dem Einfluss der unabhängigen Variable „Schicht“, die konfundierenden Variablen. Mittels dieser soll geprüft werden, ob sich der Einfluss der Schicht auf
die Kriminalität und den Erhalt eines Widerrufes (Bruttoeffekt) verändert. Bezeichnet wird
53
diese Kontrolle als Nettoeffekt. In jedem Modell wird dabei eine Drittvariable zur Kontrolle
des Effektes der Schicht hinzugefügt, sodass folgende Übersicht entsteht:
Tabelle 3: Übersicht der Modelle der logistischen Regression für beide Hypothesen
Modell
1
2
3
4
5
6
Hypothese Eins (Effekt der Schicht
auf die Kriminalität)
Bruttoeffekt der Schicht
Nettoeffekt der Schicht , kontrolliert
durch das Alter
Nettoeffekt der Schicht , kontrolliert
durch das Alter und die
Arbeitssituation
Hypothese Zwei (Effekt der Schicht
auf den Erhalt eines Widerrufs)
Bruttoeffekt der Schicht
Nettoeffekt der Schicht, kontrolliert
durch die Strafform
Nettoeffekt der Schicht, kontrolliert
durch die Strafform und die Anzahl der
Vorstrafen
Nettoeffekt der Schicht, kontrolliert
Nettoeffekt der Schicht , kontrolliert
durch die Strafform, die Anzahl der
durch das Alter, die Arbeitssituation
Vorstrafen und die diff.
und das Geschlecht
Leistungsgestaltung
Nettoeffekt der Schicht , kontrolliert
Nettoeffekt der Schicht, kontrolliert
durch das Alter, die Arbeitssituation,
durch die Strafform, die Anzahl der
das Geschlecht und eine
Vorstrafen, die diff. Leistungsgestaltung
Suchtproblematik
und die Anzahl der Fehltermine
Nettoeffekt der Schicht, kontrolliert
Nettoeffekt der Schicht , kontrolliert
durch die Strafform, die Anzahl der
durch das Alter, die Arbeitssituation,
Vorstrafen, die diff. Leistungsgestaltung,
das Geschlecht, eine Suchtproblematik
die Anzahl der Fehltermine und einen
und den Familienstand
Kontaktabbruch
9.3.1 Modell zur Untersuchung der sozialen Schicht und der Kriminalität
Das Regressionsmodell (Tabelle 4) zur Analyse der Hypothese (Personen der unteren sozialen
Schichten begehen vermehrt Straftaten und stehen so vermehrt unter Bewährung) zeigt
zahlreiche signifikante Ergebnisse.
Im Modell Eins weist der Bruttoeffekt für die höheren Schichten ein niedrigeres Risiko aus
vermehrt kriminelle Handlungen zu begehen, als für die unteren Schichten. Als Referenzkategorie gilt in allen Modellen die untere Unterschicht. In der oberen Unterschicht ist das
Risiko vermehrter krimineller Handlungen bereits 43,9% niedriger als in der Referenzkategorie. Jedoch ist das Ergebnis nicht signifikant. In der unteren und oberen Mittelschicht
sinkt das Risiko, verstärkt Straftaten zu begehen, weiter. So ist das Risiko in der unteren
Mittelschicht um 64,5% geringer, in der oberen Mittelschicht sogar um 75,5%. Beide Werte
weisen eine hohe Signifikanz auf.
54
Tabelle 4: Stufenmodell der ersten Hypothese, mit den relativen Risiken vermehrt
Straftaten zu begehen in den unteren sozialen Schichten
Unabhängige
Variablen
Schicht
Untere
Unterschicht
Obere
Unterschicht
Untere
Mittelschicht
Obere
Mittelschicht
Alter
Älter als 45
36 – 45
31 – 36
26 – 30
Jünger als 26
Arbeitssituation
In Arbeit,
Ausbildung
Arbeitslos
Geschlecht
Männlich
Weiblich
Suchtproblematik
Nein
ja
Familienstand
Alleinstehend
Verheiratet, in
Partnerschaft
Modell 1
OR Sig.
Modell 2
OR Sig.
Modell 3
OR Sig.
Modell 4
OR Sig.
Modell 5
OR Sig.
1,000
1,000
1,000
1,000
0,561 n.s
0,583 n.s
0,744 n.s
0,745
0,335 ***
0,376 ***
0,325 ***
0,327 ***
0,341 ***
0,333 **
0,245 ***
0,287 ***
0,389 **
0,390 **
0,496 n.s
0,523 n.s
1,000
2,091
2,684
1,762
2,267
1,000
2,258
2,871
2,501
4,354
1,000
2,262
2,899
2,520
4,390
1,000
2,115
2,814
2,758
4,661
1,000
1,856
2,680
2,957
5,067
n.s
**
n.s
*
*
**
**
***
1,000
Modell 6
OR Sig.
n.s
*
**
**
***
0,820
1,000
n.s
*
**
**
***
0,764
n.s
n.s
*
**
***
1,000
1,000
1,000
1,000
2,968 ***
2,979 ***
3,250 ***
3,459 ***
1,000
0,919
1,000
0,857 n.s
1,000
0,840 n.s
1,000
1,682 *
1,000
1,739 *
n.s
1,000
2,381 **
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Wird dieser Effekt kontrolliert durch das Alter, so zeigen sich noch immer hoch signifikante
Zusammenhänge in den beiden Mittelschichten. Das Risiko vermehrt straffällig zu werden ist
in der unteren Mittelschicht in dem zweiten Modell um 62,4%, in der oberen Mittelschicht um
71,3%, geringer als in der Referenzgruppe. In der oberen Unterschicht ist um 41,7% geringer,
jedoch nicht signifikant. Im Zusammenhang mit dem Alter zeigt sich, dass alle Altersgruppen
ein höheres Risiko aufweisen öfter kriminell zu handeln, als die Referenzgruppe der über 45
Jährigen. Das höchste Risiko weisen die 31 bis 36 Jährigen auf. Ihr Risiko ist um 168,4%
höher, gefolgt von der jüngsten Gruppe und der, der 36 bis 45 Jahre alten Delinquenten. Beide
haben mit 126,7% und 109,1% ein ähnlich hohes Risiko verglichen mit den über 45 Jährigen.
Dabei weisen nur die letzten beiden Werte Signifikanz auf.
55
Wird der Nettoeffekt kontrolliert durch das Alter und die Arbeitssituation, so ist das Risiko in
allen Schichten noch immer niedriger als in der unteren Unterschicht. Das Risiko zur
Begehung mehr krimineller Handlungen ist in der oberen Unterschicht um 25,6% geringer,
aber nicht signifikant. In der unteren Mittelschicht ist das Risiko um 67,5% niedriger und
hoch signifikant. Das Risiko ist in dieser Schicht in Modell Drei geringer als in der oberen
Mittelschicht mit 61,1% mit Referenz auf die untere Unterschicht. In Analyse der Arbeitssituation zeigt sich, dass arbeitslose Probanden ein 2,968mal höheres Risiko haben öfter
kriminell zu handeln, als Personen in Arbeit oder Ausbildung (Referenzkategorie). Der Wert
ist hoch signifikant.
Im vierten Modell wird zur Kontrolle des Schichteffektes das Geschlecht (Referenzkategorie:
männlich) hinzugefügt. Dieses zeigt im Zusammenhang mit der Kriminalität keine signifikanten Ergebnisse, das Risiko der Frauen ist 8,1% geringer. In der Betrachtung der Schichten
bleibt eine hohe Signifikanz in der unteren Mittelschicht bestehen. Es ist noch immer die
Schicht mit dem geringsten Risiko der vermehrten Kriminalität (67,3% geringer). Die obere
Unterschicht hat ein 25,5% niedrigeres Risiko, das der oberen Mittelschicht ist um 61,0%
geringer. Ersteres Ergebnis ist allerdings nicht, Zweiteres nur schwach signifikant.
In der Analyse des fünften Modells erweist sich schließlich nur noch das Ergebnis der unteren
Mittelschicht als (hoch) signifikant. Das Risiko ist hier jetzt mit 65,1%, in Bezug zur
Referenzgruppe, etwas gestiegen im Vergleich zum vorherigen Modell. Das Risiko vermehrter Kriminalität ist in der oberen Unterschicht um 18,0% niedriger als in der Referenzgruppe, aber nicht signifikant. In der oberen Mittelschicht ist es mit 50,4% noch immer
deutlich geringer, aber nicht mehr signifikant. Personen mit einem Suchtproblem weisen ein
schwach signifikant 1,682mal höheres Risiko auf öfter Straftaten zu begehen, als Personen
ohne Suchtproblematik (Referenzkategorie).
Im letzten Modell wird schließlich noch der Familienstand zur Kontrolle des Schichteffektes
hinzugezogen. Nach wie vor bleibt dabei nur Signifikanz in der unteren Mittelschicht
bestehen. Diese Schicht hat noch immer ein um 66,7% niedrigeres Risiko der vermehrten
Kriminalität. Das Risiko der oberen Unterschicht ist, im Vergleich zu Modell Fünf, wieder
gesunken (um 23,6% geringer), das Risiko in der oberen Mittelschicht ist dagegen in diesem
Modell gestiegen, aber noch um 47,7% niedriger als in der Referenzgruppe. Beide Werte sind
nicht signifikant. Im Familienstand selbst zeigt sich, dass Alleinstehende (Referenzkategorie)
ein niedrigeres Risiko haben als nicht Alleinstehende. Deren Risiko vermehrt kriminell aktiv
zu werden ist für Personen in Ehe oder Partnerschaft 2,381mal höher. Der Wert ist wiederrum
signifikant.
56
9.3.2 Modell zur Untersuchung der sozialen Schicht und des Widerrufes
In diesem Abschnitt wird das logistische Regressionsmodell zur Untersuchung der zweiten
Hypothese (Personen der unteren sozialen Schichten durchlaufen die Bewährung seltener
erfolgreich und erhalten öfter einen Widerruf) vorgestellt. Es zeigt sich dabei, dass das größte
Risiko einen Widerruf zu erhalten in der unteren Unterschicht, welche auch die Referenzkategorie ist, liegt. Die obere Mittelschicht hat das niedrigste Risiko, es ist um 68,3% geringer
als in der unteren Unterschicht und signifikant.
Tabelle 5: Stufenmodell der zweiten Hypothese, mit den relativen Risiken einen Widerruf
zu erhalten in den einzelnen Schichten
Unabhängige
Variable
Schicht
Untere
Unterschicht
Obere
Unterschicht
Untere
Mittelschicht
Obere
Mittelschicht
Strafform
Bewährung
Strafrest zur
Bewährung
Führungsaufsicht
Anzahl der
Vorstrafen
keine
1 bis 3
4 bis 5
6 bis 10
Mehr als 10
Diff. Leistungsgest.
Nein
ja
Anzahl
Fehltermine
keine
1 bis 5
6 bis 15
Mehr als 15
Kontaktabbruch
Nein
ja
Modell 1
OR
Sig.
1,000
Modell 2
OR
Sig.
1,000
Modell 3
OR
Sig.
1,000
Modell 4
OR
Sig.
1,000
Modell 5
OR
Sig.
1,000
Modell 6
OR
Sig.
1,000
0,550
*
0,538
**
0,546
*
0,531
*
0,448
**
0,451
**
0,367
***
0,371
***
0,389
**
0,375
**
0,309
**
0,355
**
0,317
**
0,296
**
0,306
**
0,328
*
0,410
n.s
0,430
n.s
1,000
1,000
1,000
1,000
1,000
1,272
n.s
1,030
n.s
1,148
n.s
1,279
n.s
1,276
n.s
0,314
***
0,208
***
0,257
***
0,262
**
0,263
**
1,000
5,089
6,554
6,279
10,122
*
**
**
***
1,000
4,793
6,351
6,268
11,251
**
**
**
***
1,000
3,802
5,230
4,672
8,949
*
**
**
***
1,000
3,305
4,516
4,125
7,521
n.s
*
*
**
1,000
0,548
**
1,000
0,530
**
1,000
0,541
**
1,000
1,030
2,492
1,132
n.s
***
n.s
1,000
0,933
2,090
0,876
n.s
**
n.s
1,000
2,25
***
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
57
In der unteren Mittelschicht ist es um 63,3% niedriger als in der Referenzgruppe und in der
oberen Unterschicht ist es um 45,0% geringer. Dabei ist der letzte Wert schwach signifikant.
Eine hohe Signifikanz weist die untere Mittelschicht auf.
Unter Kontrolle der Strafform zeigt sich in der unteren Mittelschicht eine hohe Signifikanz.
Das Risiko ist in der oberen Mittelschicht weiter gesunken und das Risiko einen Widerruf zu
erhalten ist um 70,4% geringer. In der unteren Mittelschicht ist das Risiko etwa gleich
geblieben. Es liegt um 62,9% unter dem der Referenzgruppe. In der oberen Unterschicht zeigt
sich auch ein leichtes Sinken des Risikos, es liegt um 46,2% unter dem der unteren
Unterschicht. In der Strafform zeigt sich, dass Probanden der Führungsaufsicht ein hoch
signifikant geringeres Risiko haben einen Widerruf zu erhalten als BewährungsstrafenUnterstellte (Referenz-gruppe). Es ist um 68,6% niedriger. In der Form des Strafrestes ist das
Risiko 1,272mal höher, jedoch nicht signifikant.
Im Modell Drei wird zur Kontrolle die Anzahl der Vorstrafen der Klienten zugefügt. Die
Risiken in den Schichten sind unter der Kontrolle beider Drittvariablen relativ konstant
geblieben, jedoch ist das Ergebnis der unteren Mittelschicht nicht mehr hoch signifikant. Das
Risiko eines Widerrufs liegt noch immer in allen Schichten unter dem der unteren
Unterschicht. In der Untersuchung der Vorstrafenanzahl zeigt sich, dass bereits bei einer bis
drei Vorstrafen das Risiko eines Widerrufes um 408,9% erhöht ist, im Vergleich zu Ersttätern
(Referenzkategorie). Mit steigender Zahl an Vorstrafen wächst auch das Risiko des Widerrufes. Bei mehr als zehn Vorstrafen ist das Risiko 10,243mal höher als in der Gruppe ohne
Vorstrafe. Dieser Wert ist als Einziger hoch signifikant, doch Signifikanz generell lässt sich in
allen Gruppen der Vorstrafenanzahl bestätigen.
Die zusätzliche Kontrolle mit der Tatsache, ob der Proband vor oder nach der Einführung der
differenzierten Leistungsgestaltung unterstellt wurde, ist im vierten Modell untersucht
worden. Dabei zeigt sich in der unteren Mittelschichten noch immer ein signifikant, um
62,5% niedrigeres Risiko einen Widerruf zu erhalten. In der oberen Mittelschicht ist es um
67,2% geringer als in der unteren Unterschicht. Damit ist das Risiko in diesem Modell in der
oberen Mitte etwas gestiegen, in der unteren Mitte wieder etwas gesunken. Das Risiko in der
oberen Unterschicht ist um 42,9% geringer. Letztere beiden Werte sind schwach signifikant.
Weiter zeigt sich, dass bei den Unterstellten nach der Einführung der differenzierten
Leistungsgestaltung ein um 45,2% niedrigeres Risiko besteht einen Widerruf zu erhalten als
vor der Einführung (Referenzkategorie).
Der Nettoeffekt zeigt in zusätzlicher Berücksichtigung der Anzahl der Fehltermine, dass sich
in der oberen Mittelschicht keine Signifikanz mehr ergibt. Die beiden anderen Werte sind
58
nach wie vor signifikant. Das Risiko eines Widerrufs in der oberen Unterschicht ist weiter
gesunken. Es ist um 55,2% niedriger und so ist das Risiko einen Widerruf zu erhalten um fast
10% gesunken. In der unteren Mittelschicht ist das Risiko auch weiter gesunken. Es ist jetzt
um 69,1% niedriger als in der Referenzgruppe. Die Analyse der Fehltermine zeigt, dass
lediglich ein Wert hoch signifikant ist. Das Risiko des Widerrufs für Delinquenten mit sechs
bis fünfzehn Fehlterminen ist 2,492mal höher, als für die Personen ohne einen Fehltermin
(Referenzgruppe). Bei einem bis fünf versäumten Terminen ist das Risiko des Widerrufes
sogar um 3% höher als in der Referenzgruppe, jedoch ist der Wert nicht signifikant. In der
Gruppe der Personen mit mehr als fünfzehn versäumten Terminen ist das Risiko des
Widerrufs um 13,2% höher. Doch auch hier lässt sich keine Signifikanz nachweisen.
Im letzten Modell wird der Effekt der Schicht auf den Widerruf einschließlich des Kontaktabbruchs kontrolliert. Die Kontrolle erfolgt jetzt mittels fünf konfundierenden Variablen.
Dabei zeigt sich nach wie vor in der oberen Unterschicht und den beiden Mittelschichten ein
geringeres Risiko des Widerrufs als in der unteren Unterschicht. Am Geringsten ist das Risiko
nach wie vor in der unteren Mittelschicht. Es ist um 64,5% niedriger als in der Referenzgruppe. Im Vergleich zu Modell fünf ist das Risiko dieser Gruppe aber dennoch gestiegen. So
auch in der oberen Unterschicht. Das Risiko liegt noch immer mit 54,9% unter dem der
Referenzgruppe, doch ist es leicht höher als im vorherigen Modell. Beide Werte sind
signifikant. Die Probanden, welche der oberen Mittelschicht angehören, haben ein um 57,0%
niedrigeres Risiko einen Widerruf zu erhalten, als die Referenzgruppe. Das Risiko ist folglich
auch hier angestiegen. Doch zeigt sich keine Signifikanz. In einer abschließenden Betrachtung
des Risikos eines Widerrufs, bei einem Abbruch des Kontaktes mit der Bewährungshilfe, wird
deutlich, dass das Risiko des Widerrufs bei Kontaktabbruch 2,254mal so hoch ist. Das
Ergebnis ist hoch signifikant.
Wie die in diesem Kapitel zusammengetragenen Ergebnisse zu bewerten und zu interpretieren
sind, soll der kommende Abschnitt der Arbeit klären. Neben der Diskussion der Hypothesen
soll dabei noch einmal kritisch auf mögliche Fehler in den Ergebnissen verwiesen werden, die
die Aussagekraft beeinflussen können.
59
10. Diskussion der Ergebnisse
Dieser Abschnitt setzt sich mit den zuvor beschriebenen Ergebnissen der Untersuchung
auseinander. Aufbauend auf dem theoretischen Gerüst der ersten Kapitel, sollen sie interpretiert und bezugnehmend auf die Hypothesen diskutiert werden. Dazu werden nach einer
allgemeinen Diskussion der Ergebnisse beide Hypothesen noch einmal einzeln ausgewertet.
10.1 Allgemeine Diskussionen der Ergebnisse
Bevor die einzelnen Hypothesen in Bezug auf die erhaltenen Ergebnisse diskutiert werden,
findet an dieser Stelle eine allgemeine Betrachtung der Arbeit statt. Zunächst ist davon
auszugehen, dass anhand der erhaltenen Ergebnisse nur auf eine kleine Gruppe kriminell
handelnder Personen geschlossen werden kann. Die Ergebnisse beziehen sich ausschließlich
auf das Hellfeld der Kriminalität, also der Kriminalität die amtlich bekannt geworden ist. Im
Hellfeld ist dabei weiter zu differenzieren zwischen registrierten Straftaten und Personen, die
tatsächlich der Tat verdächtigt werden (Tatverdächtige). Daneben gibt es noch eine große
Zahl an krimineller Handlung, die der Polizei nicht bekannt wird, aber dennoch stattfindet.
Bezeichnet wird diese als Dunkelfeld der Kriminalität (vgl. Kaiser 1996: 392f.; vgl. Geißler
1987: 146; vgl. LKA M-V 2011: 3). Forschungen die sich mit diesem Problem in der Kriminalitätserforschung auseinandersetzten, fanden in Dunkelfelduntersuchungen heraus, dass sich
unentdeckte Kriminalität gleichmäßig über alle Schichten verteilt und nicht vornehmlich in
den unteren Schichten stattfindet. Lediglich in der entdeckten Kriminalität ist eine Überrepräsentation der unteren Schichten zu beobachten (vgl. Geißler 1987: 138). Es lässt sich
dennoch eine leichte Häufung von Delinquenz in den unteren Schichten im Dunkelfeld
belegen (vgl. Hradil 2001: 481). Gerade schwerere kriminelle Taten konzentrieren sich in den
unteren Schichten. Andere Taten treten wiederrum häufiger in den oberen sozialen Schichten
auf. Ein Beispiel dafür ist der Betrug. Das macht es notwendig generell die Delikte einzeln
und getrennt voneinander hinsichtlich der Schichtproblematik zu untersuchen (vgl. Mehlkop
2004: 122), da sonst eine generelle Betrachtung aller Straftaten zusammen den Schichteffekt
verfälscht wieder gibt. Solch umfangreichen Studien konnten hier nicht angestellt werden. Die
Fallzahlen vieler Delikte sind in der Stichprobe zu klein um die Schichten sinnvoll darauf
abzubilden. Eine Erweiterung der Stichprobe durch weitere Fälle kann solche Analysen in
Zukunft ermöglichen.
An diesem Punkt der Arbeit soll eine kritische Auseinandersetzung mit den Daten und
Variablen erfolgen. In Beschreibung der Stichprobe bleibt allgemeinhin zunächst festzustellen, dass Aussagen über den Zusammenhang von Kriminalität und Schicht nur für eine
60
kleine Gruppe zutreffend sind. Die Untersuchungen bezogen sich, wie eingangs beschrieben,
auf das Hellfeld der Kriminalität und auch da nur auf als tatverdächtige ermittelte Personen.
Von diesen Tatverdächtigen, die angeklagt werden können, erweist sich bei über der Hälfte
der Personen der Tatverdacht als zu gering. Eine Anklage wird fallen gelassen. Kommt es
durch ausreichend Beweise zu einer Anklage, wird abermals ein großer Teil der Personen
freigesprochen. Es bleibt nur ein geringer Anteil an verurteilten Personen, die tatsächlich zu
einer Haft- oder Bewährungsstrafe verurteilt werden (vgl. Abbildung 9 im Anhang). Von den
Probanden unter Bewährung hat sich wiederrum nur ein Teil einem Bewährungshelfer zu
unterstellen (vgl. Weigelt 2009: 216). Dies verdeutlicht wie klein die Gruppe an Personen ist,
über die hier eine Aussage getroffen werden kann. Da weiterhin nur das Bundesland M-V
untersucht wird, verkleinert sich der Klientenkreis weiter. Probanden, die in Haft sind oder
lediglich eine Geldstrafe zu zahlen haben, können trotz strafrechtlicher Verurteilung nicht in
die Analyse einbezogen werden. Ein Ausschluss formell betreuter Personen verzerrt das Bild
der Schichtanalyse weiter. Personen dieser Interventionsgruppe können vollkommen anders
auf die Schichten verteilt sein. Das würde das Schichtbild insgesamt noch einmal deutlich
verändern. Bei der Erstellung der Schichtvariablen sei zu bedenken, dass diese ebenfalls
durch Verzerrungen beeinflusst sein kann. Angaben zum Einkommen wurden aus den Akten
direkt entnommen. Es ist dabei nicht ersichtlich, ob es sich dabei um das Brutto- oder
Nettoeinkommen handelt und wie viele Personen im Haushalt davon leben (vgl. Frage 22 des
Fragebogens). Mit der Gewinnung zusätzlicher Daten würde eine genauere und bessere
Einteilung der Einkommensgruppen gewährleistet. Neben der Problematik in der Einkommensvariable ist bei der Generierung der Schichten das Problem der Statusinkonsistenz zu
berücksichtigen (vgl. Hradil 2001: 33f.). Das entsteht dann, wenn die beiden hier genutzten
Dimensionen der Schichtung (Bildung und Einkommen), stark auseinander klaffen. Ein
beliebtes Beispiel für solche Inkonsistenz ist der promovierte Taxifahrer (vgl. ebd.). Dieses
Problem taucht in der Stichprobe auf. Es gibt Probanden ohne Bildung oder sehr niedriger
Bildung in den hohen Einkommensgruppen, aber auch Delinquenten mit hoher Bildung in den
niedrigen Einkommensgruppen. Durch zahlreichen fehlende Angaben zum Beruf und einer
sehr aufwendigen Einteilung des Berufsprestiges (vgl. Geißler 2008: 101), konnte dieser
Faktor in der Schichteinteilung nicht berücksichtigt werden. Das Schichtmodell in diesen
Untersuchungen ist dadurch vereinfacht, im Vergleich zu dem Geißlers.
Generell ist in den nächsten Jahren für die Kriminalität in M-V anzunehmen, dass die Anzahl
der Straftaten im Land sinken wird (vgl. Dinkel 2008: 350). Dabei wird ein Anstieg der
weiblichen Kriminalität angenommen. In der Altersstruktur werden sich durch den demo61
grafische Bevölkerungswandel ebenfalls Veränderungen ergeben (vgl. a.a.O.: 335). Die Zahl
junger Straftäter wird künftig abnehmen und die der Älteren zunehmen. Die demografische
Entwicklung M-V wird sich auf die Diebstahldelikte besonders auswirken. Dadurch dass
Diebstähle häufig von jungen Delinquenten begangen werden und der Anteil der jungen
Bevölkerung stark abnehmen wird, ist von einem erheblichen Rückgang der Diebstahldelikte
auszugehen. M-V ist von der Bevölkerungsalterung besonders stark betroffen und muss sich
zunehmend mit dem Problem einer Alterskriminalität auseinander setzten (vgl. a.a.O.: 356).
Genauere Betrachtung der Aspekte Geschlecht und Alter finden in Bezug auf Kriminalität im
folgenden Abschnitt statt.
10.2 Diskussion der ersten Hypothese
Unter Betrachtung der Ergebnisse der bivariaten Analysen und des logistischen Modells, kann
die erste Hypothese der Arbeit bestätigt werden. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der
sozialen Schicht und der Neigung zu kriminellem Verhalten. Dieser Zusammenhang kann
jedoch nicht als allgemein gültig betrachtet werden. Er bildet lediglich einen Zusammenhang
von Schicht und Kriminalität unter Personen ab, die in M-V unter Bewährungshilfe stehen
oder standen. Und auch dort haben sie nicht für alle Probanden Gültigkeit, denn Einschränkungen in der Fallauswahl begrenzen den Kreis der Personen, über die Rückschlüsse
geltend sind, weiter. Ein Vergleich mit den Studien Mehlkops und Göppingers zeigt, dass im
Gegensatz zu diesen, in denen kein Zusammenhang der Variablen belegt werden konnte, eine
Verknüpfung der Variablen besteht (siehe Kapitel 5). Gründe hierfür können in den sehr
verschiedenen Stichproben gesehen werden. Aussagen von Hradil und Ziegler würden jedoch
die Ergebnisse der beiden Fremdstudien bekräftigen, sie beschreiben das Phänomen der
Kriminalität in den unteren Schichten nicht als häufiger, sondern als schwerer. Begangene
Taten der Unterschicht werden in der Gesellschaft höhere Schweregrade beigemessen. Als
Beispiele werden unter anderem schwere Körperverletzung, Mord und Diebstahl angeführt
(vgl. Hradil 2001: 480f.; Ziegler 2009: 371). Wobei Mehlkop in letzerem Punkt auch eine
stärkere Belastung auf die Unterschicht belegen konnte (siehe hierzu Kapitel 5). Am Beispiel
des Diebstahls lässt sich Mertons Anomietheorie gut verdeutlichen. Durch den hohen, auf den
unteren Schichten lastende, Druck gesellschaftliche Ziele wie Wohlstand zu erreichen und die
fehlenden Mittel dazu, bedingen, dass sie sich des Raubes oder des Diebstahls bedienen um
dennoch zu äußeren Zeichen des Wohlstandes zu gelangen (vgl. Merton 1974: 297; vgl.
Oberwittler 2001: 43). Ursache für den starken Zusammenhang von Schicht und Kriminalität
kann in diesen Untersuchungen in der soziodemografischen Struktur des Landes gefunden
62
werden. So liegt in M-V das Durchschnittseinkommen unter dem aller anderen Bundesländer,
gleichzeitig ist die Zahl an Schulabbrechern ohne einen Abschluss in M-V über dem
bundesdeutschen Schnitt (vgl. Bornewasser 2008: 51, 55f.). Diese beiden Faktoren, die auch
zur Bildung der Schichtvariablen genutzt wurden, bedingen einen prozentual höheren Anteil
an Personen in den unteren Schichten, als es in anderen Bundesländern der Fall ist. Der
Schichteffekt auf die Kriminalität fällt dadurch größer aus als in Untersuchungen in anderen
Bundesländern (vgl. a.a.O.: 41f.). Dinkel (2008) betont ebenfalls einen deutlichen Unterschied der Bevölkerungsentwicklung und den Häufigkeitsraten der Kriminalität in M-V,
verglichen mit anderen Bundesländern (ebd.:349). Dies kann eine Ursache für den vorliegenden Schichteffekt in M-V sein.
Eine Abbildung des erhöhten Kriminalitätsrisikos anhand einer binär kodierten Variable
bleibt kritisch zu betrachten, da die Zahl der Ersttäter sehr gering ist. In weiterführenden
Analysen wäre es sinnvoll eine weitere Differenzierung der Anzahl an Vorstraften durchzuführen. Gerade bei Personen mit wenigen Vorstrafen sei zu berücksichtigen, wie weit diese
zurückliegen und um welche Form es sich dabei handelt.
Neben der Schicht erwiesen sich andere Faktoren ebenfalls als wichtig in Verbindung mit der
Kriminalität in M-V. Der Aspekt des Alters spielt in delinquenten Handlungen eine große
Rolle und fand daher bereits in vielen Studien Berücksichtigung. Gerade das Thema Jugendkriminalität wird in den Untersuchungen von Kunadt, Pöge, Oberwittler und Dillig versucht
zu ergründen und Ursachen dafür aufzudecken. Auch in den vorangestellten Analysen zeigte
sich in den unteren Altersgruppen ein höheres Risiko der Kriminalität. Hohe Jugendarbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven im Berufsleben stellen in M-V mögliche Ursachen
für das Einschlagen einer kriminellen Karriere dar (vgl. Bornewasser 2008: 50ff., 60). In
Bezug auf Mertons Theorie würde die Rolle des Alters bedeuten, dass junge Menschen den
Druck der gesellschaftlichen Ziele stärker verspüren als ältere Probanden. Eine Erklärung
bietet das Markenbewusstsein junger Personen, der Besitz von Markenprodukten wird als
Erfolg, möglicherweise als das gesellschaftliche Ziel, betrachtet (vgl. bpb 2008). Können
diese äußeren Anzeichen des Erfolges nicht mit Einkommen erzielt werden, kommt es zum
Diebstahl der Dinge. Das Problem der Jugendkriminalität stellte dabei in M-V noch vor
einigen Jahren ein großes Problem dar, ist in den letzten Jahren aber stark zurückgegangen
(vgl. LKA M-V 2011: 4; vgl. Dinkel 2008: 355ff.). Dies ist jedoch nicht der Tatsache geschuldet, dass präventiv eingreifende Maßnahmen umgesetzt wurden, sondern in der demografischen Entwicklung M-Vs. Ein drastischer Bevölkerungsrückgang in den jungen Altersgruppen führte zu sinkenden Anteilen an der Gesamtkriminalität (vgl. ebd.). Das führt vor
63
allem in den Bereichen der Diebstahlkriminalität zu deutlichen Rückgängen, da junge
Delinquenten hier aktiv sind. Dieser Fakt spricht für das Theoriekonstrukt von Merton.
Nichtsdestotrotz lag der Anteil der Jugendkriminalität im Jahr 2005 über dem deutschen
Durchschnitt (vgl. Dinkel 2008: 355ff.). Ein zunehmendes Problem stellt in diesem Zusammenhang auch die Kriminalität im hohen Alter dar, die durch den Bevölkerungswandel
zunehmen wird (vgl. ebd.). In den vorliegenden Ergebnissen konnte dieser Effekt allerdings
noch nicht beobachtet werden.
Eine Erklärung für geschlechtsspezifische Unterschiede lässt sich, bezugnehmend auf die
Anomietheorie, bei Franke (2000: 96ff.) finden. Hier heißt es, dass übergeordnete Ziele der
Frauen in der Ehe und der Familie zu sehen sind, nicht im finanziellen Erfolg. Diese Ziele
sind mit legitimen Mitteln deutlich leichter zu erreichen und der Druck zu Abweichung ist
geringer. Bezogen auf die Anpassungsgruppen Mertons geht Franke (ebd.) weiter davon aus,
dass Frauen auf Grund des begrenzten Zuganges zu illegitimen Mitteln eher zu Ritualismus
neigen und auf diese Weise ihre Ziele herunterschrauben auf ein ihnen erreichbares Niveau.
Die Annahme Dinkels (2008), dass es bis 2030 zu einem deutlichen Anstieg des Anteils der
Frauenkriminalität kommt, würde zum Teil gegen die Annahmen Frankes sprechen (vgl.
Dinkel 2008: 350f.). Zu untersuchen wäre, ob Frauen der unteren Schichten in M-V seltener
Ziele wie Familie und Ehe definieren und das des Erfolges beibehalten. Das würde den
prognostizierten steigenden Anteil der Frauenkriminalität im Sinne Mertons erklären.
Einen wichtigen Einflussfaktor auf die Kriminalität stellt auch die Arbeitssituation dar.
Alleine unter den hier untersuchten Personen sind 73,8% ohne Arbeit. Mehlkop spricht in
Bezug auf Merton davon, dass die Wahrscheinlichkeit zu kriminellen Handlungen bei
erwerbstätigen Personen geringer ist, als bei Arbeitslosen. Denn legal verdiente Einkommen,
die in der Regel über dem Betrag des Arbeitslosengeldes (Hartz IV) liegen, bieten auch
größere Möglichkeiten legalen Zugang zu Konsumgütern zu erhalten (vgl. Mehlkop 2011:
280). Das Risiko kriminell zu handeln, steigt ohne eine berufliche Tätigkeit (einschließlich
Ausbildungen), Gründe können in dem Mangel an Einkommen oder fehlenden täglichen
Strukturen und Routinen gefunden werden (vgl. ebd.), so beziehen über die Hälfte der untersuchten Fälle (56,2%, n=835) Hartz IV. Ein anderer Blickwinkel auf den Aspekt der Arbeitslosigkeit zeigt allerdings, dass diese zu einem gewissen Grad auch als Folge der Kriminalität
betrachtet werden kann. So sind die Anteile von Personen ohne eine Erwerbstätigkeit dort
besonders hoch, wo die Probanden zuvor in Haft waren und ihnen die Möglichkeit einer
Erwerbstätigkeit nachzugehen versagt waren. Ein besonders hoher Anteil Arbeitsloser zeigt
sich in der Gruppe der Delinquenten unter Führungsaufsicht. Diese verbüßen oftmals eine
64
längere Freiheitsstrafe und die Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt wird dadurch
erschwert, der Anteil an vollerwerbstätigen ist hier als am niedrigsten zu verzeichnen.
Klienten die ausschließlich eine Bewährungsstrafe verbüßen sind hingegen häufiger in Arbeit
oder Ausbildung (vgl. Jacobsen 2008:171; vgl. Tabelle 24 im Anhang). Neben den genannten
Aspekten auf das Risiko erhöhter krimineller Handlung spielt auch das Vorliegen einer Sucht
eine große Rolle wie die Untersuchungen gezeigt haben. Bezogen auf Mertons Theorie kann
in übermäßigem Alkohol- oder Drogenkonsum eine abweichende Handlung gesehen werden.
Es würde bedeuten, dass Personen der unteren Schichten stärker abhängig sind. Dies scheint
sich für M-V zu bestätigen. Wie Bornewasser (2008) feststellt sind es Personen mit geringem
Einkommen, die verstärkt Alkohol konsumieren. Gerade auch die Zahl an Personen mit
kritischem Alkoholkonsum liegen in diesem Bundesland über dem bundesdeutschen Durchschnitt (vgl. ebd.: 65f.). Dabei merkt Bornewasser an, dass das höchste Risiko gerade in der
Gruppe männlicher Personen mit einem niedrigen Bildungsgrad vorliegt (vgl. ebd.). Die
eigenen Daten bestätigen diesen Zusammenhang (vgl. Tabelle 27 im Anhang). In den unteren
Schichten weisen folglich mehr Personen neben der verstärkten Kriminalität häufiger eine
Suchtproblematik auf. Welcher der Faktoren dabei ursächlich wirkt kann an dieser Stelle nicht
untersucht werden.
Mertons Theorie, dass sich Personen der unteren sozialen Schichten häufiger abweichend
verhalten, kann für Bewährungshilfe Probanden in M-V unter Standard- oder Intensivbetreuung bestätigt werden. Besonders im Hinblick auf Diebstahlkriminalität besitzt die
Theorie Mertons große Erklärungskraft (vgl. Geißler 1987: 142). Eine Klärung hinsichtlich
des Aspektes des erhöhten Drucks zur Abweichung, aufgrund gesellschaftlich festgelegter
Ziele die anders unerreichbar sind, ist nicht möglich. Um Gründe und Intentionen zu erfahren,
warum die Delinquenten die Straftaten begangen haben, böte sich eine nachträgliche
Befragung der unterstellten Probanden an. Daten die daraus gewonnen werden, könnten
Einblick in die Handlungsabsichten der Verurteilten bieten und einen noch detailliertere
Verbindungen zur Anomietheorie Mertons herstellen.
65
10.3 Diskussion der zweiten Hypothese
Auch die zweite Hypothese kann auf Grundlage der erhaltenen Ergebnisse bestätigt werden.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Schicht und dem Erhalt eines Widerrufs. Das
Risiko sinkt mit höherer Schicht. Personen der oberen sozialen Schichten durchlaufen die
Bewährung folglich häufiger erfolgreich als die der unteren Schichten. Vertiefend dazu kann
auch die Hilfshypothese bestätigt werden. Personen mit niedriger Bildung nehmen ihre
Termine bei der Bewährungshilfe seltener wahr. Rückschlüsse und Vergleiche in Bezug auf
andere Studien können nicht gezogen werden, da sie in dieser Form noch nicht angestellt
wurde.
Neben dem Widerruf einer Bewährungsstrafe kann es auch zu einer Wiederverurteilung
kommen, ohne das die laufende Unterstellung des Delinquenten vom Gericht widerrufen
wird. Weigelt (2008) stellt dabei in seinen Studien fest, dass es bei über einem Drittel der
unterstellten Probanden zu erneuter Straffälligkeit kommt ohne das ein Widerruf beschlossen
wird (vgl. ebd.: 217f.). Solche Fälle konnten in diesen Untersuchungen nicht analysiert
werden. Letztendlich würde das Begehen einer erneut registrierten Straftat aber bedeuten,
dass auch ohne einen Widerruf die Bewährungsstrafe nicht erfolgreich war. In Verbindung
mit dem Ergebnis der ersten Hypothese bedeutet dies, dass es in den unteren Schichten
häufiger zu einem Widerruf aufgrund neuer Straftaten kommen müsste, beziehungsweise
generell mehr Fälle erneuter Straffälligkeit registriert werden. Wie belegt wurde, ist das
Risiko zu Kriminalität in den unteren Schichten höher. Weiterführende Analysen der Daten
zeigen zu diesem Punkt, dass es in der Stichprobe in 68,8% zu einem Widerruf aufgrund einer
neuen Straftat kommt. Das erneute begehen einer Straftat kann als der Hauptfaktor für den
Erhalt eines Widerrufes in der Stichprobe angesehen werden. Eine weitere Analyse hinsichtlich des Widerrufs aufgrund einer neuen Straftat und der Schichtzugehörigkeit, müsste in
Bezug auf die erste Hypothese einen größeren Anteil solcher Widerrufe in den unteren
Schichten vermuten lassen. Dies kann nicht bestätigen werden. In allen Schichten kommt es
zu etwa gleich vielen Widerrufen aufgrund neuer Straffälligkeit der Unterstellten (siehe hierzu
Tabelle 25 im Anhang), beziehungsweise liegt er in den oberen Schichten sogar höher.
Weiterhin stellt der Abbruch des Kontaktes zu dem Bewährungshelfer einen wichtigen Faktor
zum Erfolg der Bewährung dar. Sowohl in den unteren Schichten, als auch bei Delinquenten
mit niedriger Bildung, konnte eine Verbindung belegt werden (vgl. Tabellen 17 und 23 im
Anhang). Der Kontaktabbruch seitens des Probanden kann ebenfalls in einen Widerruf führen.
Gründe für das Abbrechen des Kontaktes sind nicht im Datensatz genannt und bleiben in
anschließenden Analysen zu erheben und untersuchen.
66
Eine bedeutende Rolle kam in den Untersuchungen dem Faktor Anzahl an Vorstrafen zu.
Auch Weigelt konnte in seinen empirischen Analysen einen Zusammenhang mit dem Erhalt
eines Widerrufs ausmachen (vgl. Weigelt 2009: 226f.). Mit steigender Anzahl an Vorstrafen
steigt die Anzahl an widerrufenen Strafen. In den eigenen Untersuchungen wiesen Personen
mit mehr als zehn Vorstrafen bereits ein über zehnmal höheres Risiko auf einen Widerruf zu
erhalten. Weigelt fand zudem heraus, dass mit steigender Anzahl an Vorstrafen die Zahl an
Wiederverurteilungen - also erneute Straftaten - drastisch stieg und die Bewährung hier
seltener erfolgreich durchlaufen wird (vgl. ebd.). In welcher Verbindung diese Ergebnisse mit
der sozialen Schicht stehen, wurde von ihm nicht untersucht. Gründe für das erneute
kriminelle Handeln können nur die Unterstellten selbst nennen. Als Stichwort sei hier wieder
die Befra-gung als Möglichkeit der Datengewinnung genannt.
Problematisch stellt sich auch die Vernachlässigung der formell betreuten Probanden im
Datensatz dar. Es bleibt an dieser Stelle offen, wie sie das Schichtbild der Bewährungshilfeunterstellten verändern würden und es stabil bleibt. Auch im Rückschluss auf den
Widerruf kann nicht ausgemacht werden ob diese Delinquenten aufgrund der niedrigen
Kontaktdichte eine höhere Anzahl an Wiederrufen erhalten, da die soziale Kontrolle durch
den Bewährungshelfer seltener stattfindet. Die Untersuchung hinsichtlich der Strafform würde
diese Vermutung bestätigen. Da Probanden der Führungsaufsicht, welche häufiger in der
intensiv betreut werden, seltener einen Widerruf erhalten (vgl. Tabelle 19 im Anhang). Sie
erfahren eine größere Kontrolle durch eine höhere Kontaktdichte mit dem Bewährungshelfer
(vgl. Justizministerium M-V 2010: 29, 31). Um Lücken im Datensatz hinsichtlich der
formellen Betreuung auszuschließen, würde eine Erweiterung durch formelle Fälle Aussagen
über den Kontrollaspekt durch den Bewährungshelfer besser ermöglichen.
Den Erhalt eines Widerrufs anhand des Aspektes der differenzierten Leistungsgestaltung zu
interpretieren, ist nur unter Vorbehalten möglich. Das Risiko des Widerrufs ist hier zwar um
fast 50% niedriger, jedoch bleibt zu bedenken, dass die Form der differenzierten Betreuung
erst seit 2008 (vgl. Schaal 2009: 94) praktiziert wird. Die Zeit in der sich die Delinquenten
bewähren konnten oder mussten ist nicht so groß bemessen wie die der Probanden in der
Gruppe vor der Einführung der Leistungsgestaltung. Eine Sichtung der Daten hinsichtlich des
Beginns der Unterstellung zeigt auch, dass Probanden der Vergleichsgruppe ihre Bewährungsstrafe bereits erfolgreich oder nicht erfolgreich beendet haben, wohingegen die der
Untersuchungsgruppe zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch laufend sind. Der prozentuale
Anteil derjenigen untersuchten Fälle mit einem Widerruf in der Untersuchungsgruppe kann
bis zum Ende der Unterstellungszeiten noch steigen und schränkt die Aussagekraft des
67
niedrigeren Risikos in der Gruppe ein. Eine vergleichende Studie zu einem späteren konnte
hinsichtlich dieses Aspektes eindeutigere Ergebnisse liefern. Eine bedeutende Rolle in der
Betrachtung schichtspezifischer Kriminalität spielt die Bildung der Probanden. Ein Zusammenhang mit der Kriminalität wurde in der Literatur oftmals hervorgehoben. Mit einer
Zunahme von Personen mit niedriger Bildung in den nächsten Jahren in M-V wird auch ein
Ansteigen der Kriminalität vermutet (vgl. Bornewasser 2008: 50). Ein Zusammenhang der
Bildung mit den wahrgenommenen Terminen bei der Bewährungshilfe konnte belegt werden.
Inwieweit die Bildung Einfluss auf die Probanden ausübt kriminell zu Handeln bleibt zu
untersuchen. Ob Personen mit niedriger Bildung leichter unter dem Druck der Gesellschaft
auf illegale Handlungsalternativen zurückgreifen ist eine Frage die mit der Erhebung zusätzlicher Daten beantwortet werden kann.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es Faktoren in der Bewährungsunterstellung gibt, die sichtlich einen Einfluss auf den Erfolg dieser haben. Neben der Vorstrafenanzahl spielen die Form der Strafe und der Kontaktabbruch ebenfalls bedeutende Rollen. Wie
bereits in der ersten Hypothese kann auch hier nicht herausgefunden werden, ob der Erhalt
des Widerrufs, der oftmals durch erneute Straffälligkeit begründet ist, mit einem Druck in
Verbindung steht, der durch gesellschaftlich vorgeschriebene Ziele erzeugt wird. Es wäre
dazu nötig, wie im Falle der ersten Hypothese, zusätzlich Daten in einer anderen Form zu
erheben. Dies bietet die Möglichkeit anschließender Analysen und Forschungen, gerade auch
in Bezug auf das Thema der sozialen Milieus, die anhand der Daten nicht untersucht werden
konnten.
10.4 Soziale Milieus und Kriminalität
In der Studie von Pöge konnte in einzelnen Milieus, speziell dem Musikmilieu der Hip
Hopper ein Zusammenhang mit der Kriminalität hergestellt werden. Die Bildung solcher
Musikmilieus ist jedoch sehr speziell und bildet nicht die sozialen Milieus generell ab. Im
Bezug auf höhere Altersstufen ist die Erklärungskraft von Pöges Modell anzuzweifeln. Auch
Oberwittler beschrieb, dass gerade schwere Delikte in den unteren sozialen Milieus konzentriert sind (vgl. Oberwittler 2001: 101). Der zur Analyse der Kriminalität genutzte Fragebogen erfasst jedoch keine Daten der Delinquenten in Bezug auf persönliche Werthaltungen
oder Freizeitbeschäftigungen, welche eine Zuordnung zu einem Milieu erst ermöglichen
würden. Lediglich eine Frage erfasst, ob der Proband generell Freizeitaktivitäten verfolgt. Es
fehlen jedoch bereits in dieser Variablen in 35,6% der Fälle Angaben dazu. Aspekte wie
Werthaltungen und Lebenseinstellungen sind des Weiteren schwer anhand von Akten zu
68
erheben. Es böte sich im Falle einer Untersuchung hinsichtlich der Milieus an, in Befragungen
mit den Delinquenten und deren Bewährungshelfer solche Determinanten zu erheben. Die
Gewinnung und Auswertung solcher Daten würde einen enormen Aufwand mit sich bringen
um eine Milieu-Variable zu generieren und den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Zumal es bis
dato an einem einheitlichen Konzept zur Operationalisierung von sozialen Milieus mangelt,
die eine Einteilung zusätzlich erschweren (vgl. Ludwig-Mayerhofer 2000: 258). Könnte ein
einheitliches Konzept, ähnlich dem Konzept zur Schichteinteilung - das die drei Hauptdeterminanten Beruf, Einkommen und Qualifikation zur Einteilung nutzt (vgl. Mehlkop 2011:
284; vgl. Geißler 2008: 101) - geschaffen werden, so böte es gleichzeitig Ansatzpunkte für
weiterführende Arbeiten zu dem Thema der Kriminalität in den sozialen Milieus. Erste
Studien belegen bereits einen Zusammenhang der Zugehörigkeit zu einem Milieu und dem
Tatbestand der Gewalt. Demnach zeigen die Ergebnisse der Studien von Heitmeyer (1996)
und Ulbrich-Herrmann (1996), dass Jugendliche aus den Milieus mit schlechter ökonomischer
Lage eher bereit sind Gewalt auszuüben als Jugendliche in Milieus mit einer besseren sozialen
Lage (vgl. Hradil 2001: 484). In dem Punkt der Milieus steckt hinsichtlich des Tatbestandes
der Kriminalität noch viel Potenzial, dass in zukünftigen Studien Platz finden sollte.
69
11. Zusammenfassung
Kriminalität als ein allgegenwärtiges Phänomen in der Gesellschaft stand im Mittelpunkt
dieser Arbeit. Um zu verhindern, dass es zu einer Ausuferung der Kriminalität kommt, gibt es
von Staat feste Vorschriften der Sanktionierung abweichenden Verhaltens in Form des Strafgesetzes. Innerhalb dieses Gesetzes stellen die Bewährungsstrafe oder Führungsaufsicht zwei
der Sanktionsformen dar. Auf Grundlage solcher unter Bewährung stehender Personen
wurden in dieser Arbeit Untersuchungen angestellt, die sich mit der Frage auseinander
setzten, ob die soziale Schicht einen Einfluss auf kriminelles Verhalten ausübt. Neben der
These Geißlers, dass eine Einteilung in Schichten immer noch gängig ist, stellte die Theorie
nach Merton, dass Grundgerüst für diese Arbeit dar. Merton geht davon aus, dass Personen
der unteren sozialen Schichten dem stärksten Druck ausgesetzt sind sich abweichend zu
verhalten. Die Aussagen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dass sich die
Mittelschicht tendenziell kontinuierlich zu verkleinern, und die oberen und unteren Schichten
zu wachsen drohen, bekräftigen die Intention einer Untersuchung hinsichtlich eines Schichteffektes auf die Kriminalität.
Auf diesen Grundannahmen aufbauend wurden zwei Hypothesen und eine Hilfshypothese
entwickelt. Erstere befasste sich mit der Untersuchung der Frage, ob in den unteren sozialen
Schichten das Risiko zu kriminellem Verhalten erhöht ist. Diese Annahme konnte in den
Daten bestätigt werden. Die unteren sozialen Schichten weisen ein erhöhtes Risiko auf
kriminelle Handlungen zu begehen. Dabei spielen Aspekte wie das Alter und die Arbeitssituation der Personen eine wichtige Rolle. Die zweite These behauptete einen Zusammenhang der Schicht mit dem Risiko des Erhaltens eines Widerrufs, und somit ein höheres Risiko
des Scheiterns der Bewährung in den unteren Schichten. Auch diese fand Bestätigung in der
Analyse der Daten. Ein negativer Zusammenhang von Schicht und dem Erhalt eines Widerrufs wurde festgestellt. Es konnten Faktoren ermittelt werden, die den Erfolg der Bewährung
beeinflussen. Genannt seien die Anzahl an Vorstrafen des Delinquenten, die Strafform oder
ein Unterstellungsbeginn vor oder nach der Einführung der differenzierten Leistungsgestaltung. Vertiefend zu der zweiten Hypothese wurde weiterhin eine Hilfshypothese
entwickelt. Die These besagte, dass Personen mit niedriger Bildung seltener ihre Termine bei
der Bewährungshilfe wahrnehmen. Ein Zusammenhang konnte auch in dieser Untersuchung
nachgewiesen werden, Personen mit einer niedrigen Bildung versäumen häufiger Termine mit
ihrem Bewährungshelfer.
Im Vergleich zu bereits zuvor angestellten Untersuchungen fallen die von Mehlkop und
Göppinger als die auf, die den eigenen Untersuchungen am ähnlichsten sind. Sie ermöglichen
70
die größte Vergleichbarkeit mit den eigenen Ergebnissen. In beiden Studien konnte, entgegen
den eigenen Ergebnissen, kein Zusammenhang der Schicht und der Kriminalität bestätigt
werden. Hier wäre es nötig den Blick noch einmal darauf zu richten, worin die Unterschiede
in den Schichtkonzeptionen liegen. Andere vorgestellte Studien beschränken sich stark auf
den Aspekt der Jugendkriminalität, im Zusammenhang mit der Schicht, und können nur
Eingeschränkt auf die eigenen Untersuchung übertragen werden. Schicht wird hier, durch
andere Voraussetzungen der untersuchten Personen, anders definiert und hergeleitet. Dieser
Punkt erschwert die Vergleichbarkeit weiter. Zu bedenken bleibt in der Diskussion der
Ergebnisse, dass einige Aspekte die Aussagekraft einschränken. Die Grundlage der Untersuchung, der Datensatz zur Evaluation der differenzierten Leistungsgestaltung, kann nicht als
repräsentativ angesehen werden. Es gibt, im Vergleich zu den tatsächlich unterstellten
Probanden der Sozialen Dienste, deutliche Überrepräsentationen in einigen untersuchten
Gruppen. Auch kann mittels der Ergebnisse kein allgemein gültiger Schluss auf sämtliche
vom Gericht verurteilte, oder gar sämtliche Kriminalität, geboten werden. Aspekte wie die
Kriminalität im Dunkelfeld oder verurteilte Personen ohne eine Bewährung sind nicht
berücksichtigt. Und möglicherweise sind es diese Personen, die im Datensatz nicht erfasst
sind, die den Effekt der Schicht auf die Kriminalität noch einmal bestätigen oder entkräften
würden. Diese Vermutungen können mittels Anschlussforschungen untersucht werden.
Milieuspezifische Aspekte konnten in Hinblick auf Kriminalität und Devianz nicht untersucht
werden. Zu große Lücken in den Daten, machten eine sinnvolle Einteilung in Milieus nicht
möglich und dieser Punkt konnte in der Arbeit nur am Rande betrachtet werden. Bietet jedoch
gleichzeitig die Möglichkeit mit einer Aufarbeitung und Ausgestaltung der Daten den Aspekt
sozialer Milieus und Kriminalität in Anschlussforschungen zu untersuchen und beschreiben.
Wird der Datensatz weiterentwickelt und die Kriterien der Repräsentativität können erfüllt
werden, so bietet die vorliegende Arbeit eine gute Grundlage der Untersuchung schichtspezifischer Kriminalität hinsichtlich unter Bewährung stehender Delinquenten. Einflüsse auf
die Kriminalität können weiter analysiert und mögliche präventive Maßnahmen zur
Verhinderung gefunden werden. Trotz bestehender Grenzen der Aussagekraft der Untersuchungen, konnte die Arbeit einen guten Einblick in den Zusammenhang von Kriminalität
und sozialer Schichtung, anhand von Bewährungshilfefällen, in M-V geben. Weiter stellt
diese Untersuchung bislang die einzige dar, die den Bezug zur Bewährungshilfe herstellt und
untersucht. Aufgestellte Hypothesen fanden Bestätigung in der Analyse der Daten und
ermöglichten eine kritische Auseinandersetzung mit den Ergebnissen, die zu weiteren
Forschungen anregen können.
71
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Ziegler, Rebecca, 2009: Soziale Schicht und Kriminalität, in der Reihe: Heinz Schöch/
Dieter Dölling/ Bernd-Dieter Meier/ Torsten Verrel ( Hrsg.), Kriminalwissenschaftliche
Schriften – Band 24. Berlin: LIT Verlag Dr. W. Hopf
78
Anhang
A. Abbildungen und Tabellen zum Text
Abbildung 4: Schichtaufbau der Bevölkerung Deutschlands im Zwiebel-Modell
(Quelle: Bolte/ Hradil 1988: 220)
Abbildung 5: Soziale Schichtung der Bevölkerung Deutschlands im Haus-Modell
(Quelle: Dahrendorf 1971: 97)
79
Abbildung 6: Die SINUS-Milieus Deutschlands 2010
(Quelle: Sinus-Institut, 2011: http://www.sinus-institut.de/loesungen/sinus-milieus.html
[30.12.2011])
Abbildung 7: Organigramm der Sozialen Dienste in Mecklenburg-Vorpommern
Ministerin
Staats-sekretär
Abteilung 2
Soziale Dienste
Dienst und Fachaufsicht
Abteilung 1
7 Vollzugsanstalten
Oberlandesgericht
LG
Rostock
LG
Schwerin
LG
Stralsund
LG
Neubrand
enburg
(Quelle: Jäger 2009: 196)
80
Soziale
Dienste
Rostock
Geschäftsführung
Soziale Dienste
Soziale
Dienste
Schwerin
Soziale
Dienste
Stralsund
Soziale
Dienste
Neubrand
enburg
Tabelle 6: Einteilung der Interventionskategorien, nach der Einführung der differenzierten
Leistungsgestaltung
Eingangsphase
Alle Probanden
werden bei
Auftragseingang in
die Eingangsphase
aufgenommen
Interventionskategorie
Eine Zuordnung erfolgt im Ergebnis der diagnostischen Einstätzung
IntensivIntervention
- Fallgruppe 1-
StandardIntervention
- Fallgruppe 2-
Formelle
Intervention
- Fallgruppe 3-
Jede Fallgruppe definiert sich über Zuordnungskriterien zum/ zur
 Kontrollbedarf
Anamnese und
 Unterstützungsbedarf
Diagnose
 Einordnung/ Wechsel der Fallgruppe bei positivem Verlauf
 Einordnung/ Wechsel der Fallgruppe bei erhöhtem
Unterstützungs- und Kontrollbedarf
Die Dauer des Aufenthalts in einer Interventionskategorie ist
abhängig von der Entwicklung des Probanden in Bezug auf seinen
Kontroll- und Unterstützungsbedarf. Der Fallgruppenwechsel wird
Dauer: 3 Monate
orientiert an den dazu entwickelten Kriterien vorgenommen. Bei
Vorliegen von Ausschlusskriterien können Fallgruppen
„übersprungen“ werden.
Kontaktfrequenz
Kontaktfrequenz
Kontaktfrequenz 4
Kontaktfrequenz
14-tägig
14-tägig
bis 8 Wochen
vierteljährlich
(Quelle: Schaal, 2009: 103f.)
Abbildung 8: Darstellung der Stichprobenbeschreibung zur Evaluation der differenzierten
Leistungsgestaltung
(Quelle: Bieschke 2009: 9)
81
Tabelle 7: Übersicht der Hypothesen mit ihren abhängigen und konfundierenden
Variablen (Drittvariablen)
Unabhängige
Variable
Abhängige
Variable
Drittvariablen
Hypothese 1:
Personen der unteren
sozialen Schichten
begehen vermehrt
Straftaten und stehen so
vermehrt unter
Bewährung.
Hypothese 2:
Personen der unteren
sozialen Schichten
durchlaufen die Bewährung
seltener erfolgreich (
Widerruf)
Hilfshypothese:
Personen mit niedriger
Bildung nehmen
seltener ihre Termine
bei der
Bewährungshilfe war.
Soziale Schicht
Soziale Schicht
Bildung
Kriminalität
Widerruf
Anzahl der Fehltermine





Alter
Arbeitssituation
Geschlecht
Sucht
Familienstand





Strafform
Anzahl der Vorstrafen
Diff. Leistg.gestaltg.
Anzahl der
Fehltermine
Kontaktabbruch
-
Abbildung 9: Darstellung der tatsächlichen verurteilten Personen im Hellfeld 2009
(Quelle: Destatis/WZB 2011a: 289)
82
B. Univariate Ergebnisse
Abbildung 10: Univariate Verteilung der Probanden auf die Schichten
obere Mittelschicht
9,4%
untere
Mittelschicht
16,1%
untere
Unterschicht
58,7%
obere
Unterschicht
15,8%
n= 727
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Abbildung 11: Verteilungen der beiden Variablen zur Bildung der Schicht
Verteilung des Bildungsgrades
mittlere
Bildung
24,0%
niedrige
Bildung
48,8%
n= 729
hohe
Bildung
1,4%
keine
bzw. sehr
niedrige
Bildung
25,8%
Verteilung der Einkommensgruppen
mehr als
788€
10,1%
531 bis
788€
15,1%
266 bis
530€
31,3%
unter
265€
43,5%
n= 873
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnungen)
83
Abbildung 12: Univariate Verteilung der vorbestraften Probanden
nein
12,0%
ja
88,0%
n= 732
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
Abbildung 13: Univariate Verteilung des Alters
älter als 45
13,1%
jünger als 25
26,3%
36 bis 45
15,9%
31 bis 35
16,8%
26 bis 30
27,9%
n= 875
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
Abbildung 14: Univariate Verteilung der Arbeitssituation
Arbeit,
Ausbildung,
Nebentätigkei
t
26,2%
arbeitslos,
Rentner
73,8%
n= 805
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
84
Abbildung 15: Univariate Verteilung des Vorliegens einer Suchtproblematik
keine
Alkoholoder
Drogensucht
49,4%
Alkohol oder
Drogensüchtig
50,6%
n= 801
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
Abbildung 16: Univariate Verteilung des Familienstandes
verheiratet
oder in
Partnerschaft
19,3%
alleinstehend
80,7%
n= 861
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
Abbildung 17: Univariate Verteilung des Widerrufs
Widerruf
erhalten
16,0%
keinen
Widerruf
84,0%
n= 868
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
85
Abbildung 18: Univariate Verteilung der Strafform
Führungsaufsicht
14,5%
Bewährungsstrafe
55,5%
Strafrest zur
Bewährung
30,0%
n= 876
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
Abbildung 19: Univariate Verteilung der Anzahl an Vorstrafen
mehr als 10
11,2%
keine
12,0%
1 bis 3
27,2%
6 bis 10
30,5%
4 bis 5
19,1%
n= 732
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
Abbildung 20: Univariate Verteilung der differenzierten Leistungsgestaltung
nach der
Einführung
39,5%
vor der
Einführung
60,5%
n= 876
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
86
Abbildung 21: Univariate Verteilung der Anzahl an Fehlterminen
mehr als 15
7,1%
6 bis 15
20,4%
keine
42,9%
1 bis 5
29,6%
n= 800
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
Abbildung 22: Univariate Verteilung des Vorliegens eines Kontaktabbruchs
ja
15,3%
nein
84,7%
n= 870
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung 2011; eigenen Berechnung)
87
C. Bivariate Ergebnisse
Tabelle 8: Kreuztabelle der Schicht und der Vorstrafen
Schicht
untere
Unterschicht
Vorbestraft
nein
ja
Gesamt
obere
Unterschicht
untere
Mittelschicht
obere
Mittelschicht
Gesamt
7,3%
92,7%
12,2%
87,8%
18,9%
81,1%
24,2%
75,8%
12,0%
88,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 9: Kreuztabelle des Alters und der Vorstrafen
Alter
Vorbestraft
nein
ja
Gesamt
älter als 45
36 bis 45
31 bis 35
26 bis 30
jünger als 25
Gesamt
25,6%
74,4%
13,0%
87,0%
8,7%
91,3%
11,2%
88,8%
8,5%
91,5%
12,0%
88,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 10: Kreuztabelle der Arbeitssituation und der Vorstrafen
Arbeitssituation
Vorbestraft
nein
ja
Gesamt
Arbeit,
Ausbildung,
Nebentätigkeit
arbeitslos,
Rentner
Gesamt
17,7%
82,3%
9,0%
91,0%
11,3%
88,7%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 11: Kreuztabelle des Geschlechtes und der Vorstrafen
Geschlecht
Vorbestraft
Gesamt
nein
ja
männlich
weiblich
Gesamt
11,6%
88,4%
17,0%
83,0%
12,0%
88,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
88
Tabelle 12: Kreuztabelle des Suchtverhaltens und der Vorstrafen
Sucht
keine Alkoholoder
Alkohol oder
Drogensucht Drogensüchtig
Vorbestraft
nein
ja
Gesamt
Gesamt
16,3%
83,7%
9,1%
90,9%
12,6%
87,4%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 13: Kreuztabelle des Familienstandes und der Vorstrafen
Familienstand
Vorbestraft
alleinstehend
verheiratet
oder in
Partnerschaft
Gesamt
12,6%
87,4%
9,9%
90,1%
12,1%
87,9%
100,0%
100,0%
100,0%
nein
ja
Gesamt
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 14: Kreuztabelle des Bildungsgrades und der Anzahl der Fehltermine
-einschließlich hoher Bildung-
Anzahl
Fehltermine
Bildung
Gesamt
keine
1 bis 5
6 bis 15
mehr als 15
keine bzw.
sehr niedrige
Bildung
niedrige
Bildung
mittlere
Bildung
hohe Bildung
Gesamt
38,9%
32,0%
25,1%
4,0%
41,4%
28,8%
22,1%
7,7%
47,8%
28,3%
16,4%
7,5%
00,0%
75,0%
00,0%
25,0%
41,6%
30,5%
21,2%
6,6%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quell: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
89
Abbildung 23: Übersicht der Anzahl der Fehltermine untergliedert nach den
Bildungsgraden (absolute Zahlen)
140
135
120
100
94
80
60
68
76
72
56
40
45
20
0
44
26
6
0
7
26 12
2
0
keine
1 bis 5
keine bzw. sehr niedrige Bildung
mittlere Bildung
6 bis 15
mehr als 15
niedrige Bildung
hohe Bildung
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 15: Kreuztabelle des Bildungsgrades und der Anzahl der Fehltermine
-ohne hohe Bildung-
Anzahl
Fehltermine
Bildung
keine
1 bis 5
6 bis 15
mehr als 15
Gesamt
keine bzw.
sehr niedrige
Bildung
niedrige
Bildung
mittlere
Bildung
Gesamt
38,9%
32,0%
25,1%
4,0%
41,4%
28,8%
22,1%
7,7%
47,8%
28,3%
16,4%
7,5%
42,2%
30,0%
21,5%
6,4%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 16: Kreuztabelle des Bildungsgrades und das Auftreten eines Kontaktabbruchs
-einschließlich hoher BildungBildung
Kontaktabbruch
Gesamt
nein
ja
keine bzw.
sehr niedrige
Bildung
niedrige
Bildung
mittlere
Bildung
hohe Bildung
Gesamt
80,1%
19,9%
83,3%
16,7%
92,5%
7,5%
90,0%
10,0%
84,6%
15,4%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
90
Tabelle 17: Kreuztabelle des Bildungsgrades und des Auftretens eines Kontaktabbruchs
-ohne hohe BildungBildung
keine bzw.
sehr niedrige
Bildung
Kontaktabbruch
nein
ja
Gesamt
niedrige
Bildung
mittlere
Bildung
Gesamt
80,1%
19,9%
83,3%
16,7%
92,5%
7,5%
84,5%
15,5%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 18: Kreuztabelle der Schicht und des Widerrufs
Schicht
Widerruf
kein Widerruf
Widerruf erhalten
Gesamt
untere
Unterschicht
obere
Unterschicht
untere
Mittelschicht
obere
Mittelschicht
Gesamt
79,7%
20,3%
87,7%
12,3%
91,5%
8,5%
92,5%
7,5%
84,1%
15,9%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 19: Kreuztabelle der Strafform und des Widerrufs
Strafform
Widerruf
keinen Widerruf
Widerruf erhalten
Gesamt
Bewährungsstrafe
Strafrest zur
Bewährung
Führungsaufsicht
Gesamt
83,9%
16,1%
79,4%
20,6%
94,3%
5,7%
84,0%
16,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 20: Kreuztabelle der Anzahl an Vorstrafen und des Widerrufs
Vorstrafen
Widerruf
Gesamt
keinen Widerruf
Widerruf erhalten
keine
1 bis 3
4 bis 5
6 bis 10
mehr als 10
Gesamt
97,7%
2,3%
83,8%
16,2%
80,7%
19,3%
81,4%
18,6%
77,5%
22,5%
83,5%
16,5%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
91
Tabelle 21: Kreuztabelle der differenzierten Leistungsgestaltung und des Widerrufs
Differenzierte
Leistungsgestaltung
Widerruf
keinen Widerruf
Widerruf erhalten
Gesamt
vor der
Einführung
nach der
Einführung
Gesamt
80,5%
19,5%
89,3%
10,7%
84,0%
16,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 22: Kreuztabelle der Anzahl an Fehlterminen und des Widerrufs
Anzahl der Fehltermine
Widerruf
keinen Widerruf
Widerruf erhalten
Gesamt
keine
1 bis 5
6 bis 15
mehr als 15
Gesamt
87,4%
12,6%
87,7%
12,3%
75,6%
24,4%
87,7%
12,3%
85,1%
14,9%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 23: Kreuztabelle des Kontaktabbruchs und des Widerrufs
Kontaktabbruch
Widerruf
Gesamt
nein
ja
Gesamt
87,6%
12,4%
65,6%
34,4%
84,2%
15,8%
100,0%
100,0%
100,0%
keinen Widerruf
Widerruf erhalten
Tabelle 24: Kreuztabelle der Strafform und der Arbeitssituation
Strafform
Arbeitssituation
Gesamt
Arbeit, Ausbildung,
Nebentätigkeit
arbeitslos, Rentner
Bewährungsstrafe
Strafrest zur
Bewährung
Führungsaufsicht
Gesamt
31,7%
22,3%
13,8%
26,2%
68,3%
77,7%
86,2%
73,8%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
92
Tabelle 25: Kreuztabelle des Widerrufs aufgrund neuer Straftaten und der Schicht
Schicht
untere
Unterschicht
obere
Unterschicht
untere
Mittelschicht
obere
Mittelschicht
Gesamt
Widerruf aufgrund nein
neuer Straftat
ja
27,1%
72,9%
21,4%
78,6%
36,4%
63,6%
20,0%
80,0%
27,0%
73,0%
Gesamt
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung; eigene Berechnung)
Tabelle 26: Kreuztabelle des Widerrufs aufgrund einer neuen Straftat und der
Vorstrafenanzahl
Vorstrafen
Widerruf aufgrund
Neuer Straftat
nein
ja
Gesamt
keine
1 bis 3
4 bis 5
6 bis 10
mehr als 10
Gesamt
50,0%
50,0%
26,7%
73,3%
53,6%
46,4%
19,5%
80,5%
16,7%
83,3%
29,4%
70,6%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung; eigene Berechnung)
Tabelle 27: Kreuztabelle der Sucht und der Schicht
Schicht
Sucht
untere
obere
untere
Unterschicht Unterschicht Mittelschicht
keine Alkohol- oder
Drogensucht
Alkohol oder
Drogensüchtig
Gesamt
obere
Mittelschicht
Gesamt
44,1%
59,6%
52,8%
76,9%
51,2%
55,9%
40,4%
47,2%
23,1%
48,8%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
100,0%
(Quelle: Datensatz zur Evaluation der diff. Leistungsgestaltung; eigene Berechnung)
93
D.
²- Tests nach Pearson
Tabelle 28: Chi²-Testergebnisse zur ersten Hypothese
Zusammenhang mit
Kriminalitätserfahrung
Schicht
Alter
Arbeitssituation
Geschlecht
Suchtproblematik
Familienstand
²-Wert
nach
Pearson
21,226
19,548
10,021
1,329
7,932
0,755
Freiheitsgrade
3
4
1
1
1
1
Signifikanz
***
***
***
n.s
***
n.s
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 29: Chi²-Testergebnisse zur zweiten Hypothese
Zusammenhang mit
Erhalt eines
Widerrufs
Widerruf
Strafform
Anzahl d. Vorstrafen
Diff. Leistungsgest.
Anzahl d.
Fehltermine
Kontaktabbruch
²-Wert
nach
Pearson
15,483
13,868
16,469
11,910
Freiheitsgrade
Signifikanz
3
2
4
1
***
***
***
***
14,346
3
***
40,106
1
***
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
Tabelle 30: Chi²-Testergebnisse der Hilfshypothese
²-Wert
nach
Pearson
Bildung (alle) und
Anzahl der
Fehltermine
Bildung (ohne hohe
Bildg.) und Anzahl
der Fehltermine
Bildung (alle) und
Kontaktabbruch
Bildung (ohne hohe
Bildg.) und
Kontaktabbruch
Freiheitsgrade
Signifikanz
22,173
9
*** (vier Zellen mit
erwarteter
Häugigk. < 5)
7,817
6
n.s.
12,046
3
*** (eine Zelle mit
erwarteter Häufigk. < 5)
11,787
2
***
(Quelle: Datensatz zur Evaluation diff. Leistungsgestaltung 2011; eigene Berechnung)
94
E. SPSS Syntax
***Alter neu erstellen: da 2011 gerade vorbei Jahr=Alter***.
fre gebjahr.
recode gebjahr (1934 thru 1962=1) (1963 thru 1975=2) (1974 thru 1980=3) (1981 thru
1985=4) (1986 thru hi=5)
into Alter.
val lab Alter 1'älter als 45' 2' 36 bis 45' 3'31 bis 35' 4'26 bis 30' 5'jünger als 25'.
***Bildung***.
fre v_012.
fre v_013.
cro v_012 by v_013.
if v_012 = 1 and v_013 = 0 Bildung = 0.
if v_012 = 2 and v_013 = 0 Bildung = 0.
if v_012 = 3 and v_013 = 0 Bildung = 0.
if v_012 = 2 and v_013 = 1 Bildung = 1.
if v_012 = 3 and v_013 = 1 Bildung = 1.
if v_012 = 4 and v_013=0 Bildung = 1.
if v_012 = 4 and v_013 = 1 Bildung = 2.
if v_012 = 5 Bildung = 3.
if v_012 = 66 and v_013 = 99 Bildung = 99.
if v_012 = 66 and v_013 = 99 Bildung = 99.
mis val Bildung (99).
val lab Bildung 0'keine bzw. sehr niedrige Bildung' 1'niedrige Bildung' 2'mittlere Bildung'
3'hohe Bildung'.
***Einkommen***.
fre v_022/stat=all.
FREQUENCIES VARIABLES=v_022
/STATISTICS=MEAN
/ORDER=ANALYSIS.
recode v_022 (0 thru 265=1) (266 thru 530=2) (531 thru 788=3) (789 thru hi=4)
into Einkommensgruppen.
val lab Einkommensgruppen 1'unter 265€' 2'266 bis 530€' 3'531 bis 788€' 4'mehr als 788€'.
fre Einkommensgruppen.
***Soziale Schicht erstellen anhand der Bildung und Einkommen***.
***weniger als 50% Einkommen vom Mittelwert =Unterschicht, mehr= Mittelschicht***
***Mitteslschicht= mittlere und hohe Bildung; Unterschicht= Keine bis niedrige Bildung***.
cro Einkommensgruppen by Bildung/cells=column/stat=chisq.
if Bildung = 0 and Einkommensgruppen = 1 Schicht = 1.
if Bildung = 0 and Einkommensgruppen = 2 Schicht = 1.
if Bildung = 0 and Einkommensgruppen = 3 Schicht = 2.
if Bildung = 0 and Einkommensgruppen = 4 Schicht = 2.
if Bildung = 1 and Einkommensgruppen = 1 Schicht = 1.
95
if Bildung = 1 and Einkommensgruppen = 2 Schicht = 1.
if Bildung = 1 and Einkommensgruppen = 3 Schicht = 2.
if Bildung = 1 and Einkommensgruppen = 4 Schicht = 2.
if Bildung = 2 and Einkommensgruppen = 1 Schicht = 3.
if Bildung = 2 and Einkommensgruppen = 2 Schicht = 3.
if Bildung = 2 and Einkommensgruppen = 3 Schicht = 4.
if Bildung = 2 and Einkommensgruppen = 4 Schicht = 4.
if Bildung = 3 and Einkommensgruppen = 1 Schicht = 3.
if Bildung = 3 and Einkommensgruppen = 2 Schicht = 3.
if Bildung = 3 and Einkommensgruppen = 3 Schicht = 4.
if Bildung = 3 and Einkommensgruppen = 4 Schicht = 4.
val lab Schicht 1'untere Unterschicht' 2'obere Unterschicht' 3'untere Mittelschicht' 4'obere
Mittelschicht'.
***abhängige Variablen***
***Widerruf***.
fre v_037a.
mis val v_037a (99).
recode v_037a (1=1) (0=0)
into Widerruf.
val lab Widerruf 1'Widerruf erhalten' 0'keinen Widerruf'.
***Vorstrafe***.
recode v_068b (99=99) (88=0) (0=0) (1 thru hi=1)
into Vorbestraft.
mis val Vorbestraft (99).
val lab Vorbestraft 1'ja' 0'nein'.
fre vorbestraft.
***Drittvariablen***
***Vorstrafen_Drittvariable***.
fre v_067.
fre v_068b.
recode v_068b (99=99) (88=1) (0=1) (1 thru 3=2) (4 thru 5=3) (6 thru 10=4) (11 thru hi=5)
into Vorstrafen.
mis val Vorstrafen (99).
val lab Vorstrafen 1'keine' 2'1 bis 3' 3'4 bis 5' 4'6 bis 10' 5'mehr als 10'.
***Arbeitsssituation***.
fre v_020a.
recode v_020a (5,6,8,66,99=3) (1,2,9,7=1) (3,4=2)
into Arbeitssit.
mis val Arbeitssit (3).
val lab Arbeitssit 1'Arbeit, Ausbildung, Nebentätigkeit' 2'arbeitslos, Rentner'.
***Strafform***.
recode v_008 (1=1) (2=2) (3=3)
into Strafform.
96
val lab Strafform 1'Bewährungsstrafe' 2'Strafrest zur Bewährung' 3'Führungsaufsicht'.
***Suchtproblematik***.
fre v_078a.
recode v_078a (0=1) (1=2)
into Sucht.
val lab Sucht 1'keine Alkohol- oder Drogensucht' 2'Alkohol oder Drogensüchtig'.
***Familiestand***.
fre v_024.
recode v_024 (1,3,5,6=1) (2,4=2)
into Famstand.
val lab Famstand 1'alleinstehend' 2'verheiratet oder in Partnerschaft'.
fre Famstand.
***Kontaktabbruch***.
mis val v_055a (99).
recode v_055a (0=0) (1=1)
into Kontaktabbruch.
val lab Kontaktabbruch 0'nein' 1'ja'.
***Anzahl der Fehltermine***.
fre v_053b.
mis val v_053b (99).
recode v_053b (88,0=1) (1 thru 5=2) (6 thru 15=3) (16 thru 67=4)
into AnzFehltermine.
val lab AnzFehltermine 1'keine' 2'1 bis 5' 3'6 bis 15' 4'mehr als 15'.
***Proband der differenzierten Leistungsgestaltung***.
fre v_006.
recode v_006 (1=2) (2=1)
into diff_LGST.
val lab diff_LGST 1'vor der Einführung' 2'nach der Einführung'.
****Univariate Auszählungen****.
fre Schicht.
fre Bildung.
fre Einkommensgruppen.
fre Vorbestraft.
fre Alter.
fre Arbeitssit.
fre geschlecht.
fre Sucht.
fre Famstand.
fre Widerruf.
fre Strafform.
fre Vorstrafen.
fre diff_LGST.
fre AnzFehltermine.
fre Kontaktabbruch.
97
***Bivariate Untersuchungen***.
***Hypothese 1***.
cro Vorbestraft by Schicht/cells=column/stat=chisq.
cro Vorbestraft by Alter/cells=column/stat=chisq.
cro Vorbestraft by Arbeitssit/cells=column/stat=chisq.
cro Vorbestraft by geschlecht/cells=column/stat=chisq.
cro Vorbestraft by Sucht/cells=column/stat=chisq.
cro Vorbestraft by Famstand/cells=column/stat=chisq.
***Hypothese 2***.
cro Widerruf by Schicht/cells=column/stat=chisq.
cro Widerruf by Strafform/cells=column/stat=chisq.
cro Widerruf by Vorstrafen/cells=column/stat=chisq.
cro Widerruf by diff_LGST/cells=column/stat=chisq.
cro Widerruf by AnzFehltermine/cells=column/stat=chisq.
cro Widerruf by Kontaktabbruch/cells=colum/stat=chisq.
___________________________________________________________________________
***logistische Regression Hypothese 1: Personen der unteren Schichten begehen vermehrt
Straftaten und stehen so häufiger unter Bewährung***.
***Bruttoeffekt Schicht und Straftaten***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Vorbestraft
/METHOD=ENTER Schicht
/CONTRAST (Schicht)=Indicator (1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
****Nettoeffekt Vorstrafe-Schicht mit Alter***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Vorbestraft
/METHOD=ENTER Schicht Alter
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Alter)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Vorstrafe-Schicht mit Alter und Arbeitssituation***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Vorbestraft
/METHOD=ENTER Schicht Alter Arbeitssit
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Alter)=Indicator(1)
/CONTRAST (Arbeitssit)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Schicht - Straftaten mit Alter, Arbeitssituation und Geschlecht***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Vorbestraft
/METHOD=ENTER Schicht Alter Arbeitssit geschlecht
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Alter)=Indicator(1)
/CONTRAST (Arbeitssit)=Indicator(1)
/CONTRAST (geschlecht)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
98
***Nettoeffekt Schicht-Straftaten mit Alter, Arbeitssituation, Geschlecht und
Suchtproblematik***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Vorbestraft
/METHOD=ENTER Schicht Alter Arbeitssit geschlecht Sucht
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Alter)=Indicator(1)
/CONTRAST (Arbeitssit)=Indicator(1)
/CONTRAST (geschlecht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Sucht)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Schicht-Straftaten mit Alter, Arbeitssituation, Geschlecht, Sucht und
Familienstand***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Vorbestraft
/METHOD=ENTER Schicht Alter Arbeitssit geschlecht Sucht Famstand
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Alter)=Indicator(1)
/CONTRAST (Arbeitssit)=Indicator(1)
/CONTRAST (geschlecht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Sucht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Famstand)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
___________________________________________________________________________
***logistische Regression Hypothese 2: Personen der unteren Schichten durchlaufen die
Bewährung/Führungsaufsicht seltener erfolgreich und erhalten öfter einen Widerruf***.
***Bruttoeffekt Widerruf und Schicht***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Widerruf
/METHOD=ENTER Schicht
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Widerruf-Schicht mit Form der Strafe***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Widerruf
/METHOD=ENTER Schicht Strafform
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Strafform)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Widerruf-Schicht mit Strafform & Anzahl der Vorstrafen***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Widerruf
/METHOD=ENTER Schicht Strafform Vorstrafen
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Strafform)=Indicator(1)
/CONTRAST (Vorstrafen)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Widerruf-Schicht mit Strafform, Anzahl der Vorstrafen und diff.
Leistungsgestaltung***.
99
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Widerruf
/METHOD=ENTER Schicht Strafform Vorstrafen diff_LGST
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Strafform)=Indicator(1)
/CONTRAST (Vorstrafen)=Indicator(1)
/CONTRAST (diff_LGST)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Widerruf-Schicht mit Strafform, Anzahl der Vorstrafen, diff.
Leistungsgestaltung und Fehltermine***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Widerruf
/METHOD=ENTER Schicht Strafform Vorstrafen diff_LGST AnzFehltermine
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Strafform)=Indicator(1)
/CONTRAST (Vorstrafen)=Indicator(1)
/CONTRAST (diff_LGST)=Indicator(1)
/CONTRAST (AnzFehltermine)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
***Nettoeffekt Widerruf-Schicht mit Strafform, Anzahl der Vorstrafen, diff.
Leistungsgestaltung,Fehltermine und Kontaktabbruch***.
LOGISTIC REGRESSION VARIABLES Widerruf
/METHOD=ENTER Schicht Strafform Vorstrafen diff_LGST AnzFehltermine
Kontaktabbruch
/CONTRAST (Schicht)=Indicator(1)
/CONTRAST (Strafform)=Indicator(1)
/CONTRAST (Vorstrafen)=Indicator(1)
/CONTRAST (diff_LGST)=Indicator(1)
/CONTRAST (AnzFehltermine)=Indicator(1)
/CONTRAST (Kontaktabbruch)=Indicator(1)
/CRITERIA=PIN(.05) POUT(.10) ITERATE(20) CUT(.5).
___________________________________________________________________________
***Untersuchung der Hilfshypothese***.
cro Kontaktabbruch by Bildung.
cro Fehltermine by Bildung.
cro Kontaktabbruch by Bildung/cells=column/stat=chisq.
cro AnzFehltermine by Bildung/cells=column/stat=chisq.
mis val Bildung (3).
cro AnzFehltermine by Bildung/cells=column/stat=chisq.
cro Kontaktabbruch by Bildung/cells=column/stat=chisq.
***Diskussion***.
cro Arbeitssit by Strafform/cells=column/stat=chisq.
cro v_037c_1 by Schicht/cells=total.
cro v_037c_1 by vorstrafen/cells=column/stat=chisq.
cro Sucht by Schicht/cells=column/stat=chisq.
100
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne Benutzung anderer
als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder
indirekt übernommenen Gedanken, sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit wurde
bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Rostock, den 24.01.2012
…………………………………
Unterschrift
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