Drucksache 17/3031 Niedersächsischer Landtag 17. Wahlperiode Antwort auf eine Kleine schriftliche Anfrage - Drucksache 17/2592 - Wortlaut der Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Jörg Bode (FDP), eingegangen am 10.12.2014 Welche Eingriffsmöglichkeiten gibt es, wenn Tiere beim Betteln genutzt werden? Presseberichten zufolge werden in Hannover verstärkt Bettler beobachtet, die gezielt Tiere, vor allem Hunde, beim Betteln einsetzen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Bettler gibt es nach Kenntnis der Landesregierung in Niedersachsen und speziell in Hannover? 2. Hat die Landesregierung Kenntnisse, wie viele dieser Bettler Tiere besitzen? 3. Wie bewertet die Landesregierung das Betteln mit Tieren? 4. Werden die organisierten Tier-Bettler von § 11 I des Tierschutzgesetzes erfasst? 5. Wenn ja, wie viele Anträge gemäß § 11 I wurden in Niedersachsen gestellt, und wie oft wurde eine Erlaubnis durch die zuständige Behörde erteilt? 6. Wenn nein, welche Eingriffsmöglichkeiten gibt es, wenn Tiere beim Betteln missbraucht werden? 7. Wie oft wurde seit der Änderung des § 11 ein Verstoß gegen diesen festgestellt? 8. Gab es in der Vergangenheit Fälle, in denen Bettlern Tiere von staatlicher Seite entzogen wurden, und wenn ja, wie viele und weshalb jeweils? 9. Ist es Ziel der Landesregierung, in Zukunft Tiere, die beim Betteln missbraucht werden, den Haltern zu entziehen? 10. Hat die Landesregierung Erkenntnisse, aus welchen Ländern die Bettlerbanden kommen, die Tiere beim Betteln einsetzen? (An die Staatskanzlei übersandt am 17.12.2014) Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport - 22.2-42500 - Hannover, den 16.02.2015 Namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage wie folgt: Zu 1: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele Bettler es in Niedersachsen und speziell in Hannover gibt. Von einer Abfrage bei allen niedersächsischen Kommunen wird abgesehen, da auch dort keine validen Zahlen aufgrund von Listen oder Statistiken vorhanden sind. Darüber hinaus unterliegt die Zahl der Bettler erheblichen, auch täglichen Schwankungen, die 1 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3031 durch unterschiedliche äußere Einflüsse bedingt sind, sodass tagesaktuelle Zahlen keinen Aussagewert hätten. Zu 2: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie viele Bettler Besitzer von Tieren sind. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 3: Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d Tierschutzgesetz (TierSchG) bedarf der Erlaubnis, wer gewerbsmäßig Tiere zur Schau stellen oder für solche Zwecke zur Verfügung stellen will. Das Mitführen von Tieren zum Zweck des Spendensammelns fällt gemäß Nr. 12.2.1.5.4. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes (AVV) unter den Begriff des gewerbsmäßigen Zurschaustellens. Das Betteln kann nicht grundsätzlich gleichgesetzt werden mit dem Sammeln von Spenden. Sofern Tiere beim „Betteln“ mitgeführt werden, ist im Einzelfall zu klären, ob die Tiere nur mitgeführt oder gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d TierSchG gewerbsmäßig zur Schau gestellt werden. Zu 4: Eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d TierSchG ist bei „Tier-Bettlern“ dann erforderlich, wenn im Einzelfall eine gewerbsmäßige Tätigkeit nachgewiesen werden kann. Zu 5: Die Abwicklung von Anträgen auf Erteilung jeder Form der Erlaubnis nach § 11 TierSchG liegt in Niedersachsen in der Zuständigkeit der Landkreise, der kreisfreien Städte, der Region Hannover und des Zweckverbandes Veterinäramt JadeWeser. Der Landesregierung liegen keine Informationen zu der Anzahl der in Niedersachsen gestellten Anträge und der erteilten Erlaubnisse, insbesondere nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 d TierSchG, vor. Zu 6: Gemäß § 2 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung darf nicht so einschränkt werden, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden. Die Person, die das Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Sofern eine zuständige Behörde im Einzelfall Hinweise erhält, dass die Vorgaben des § 2 TierSchG nicht eingehalten werden, hat sie die Tierhaltung zu kontrollieren. Sofern sich die Hinweise im Rahmen der Kontrolle bestätigen, kann die zuständige Behörde gemäß § 16 a Abs. 1 Nr. 1 TierSchG im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erforderlichen Maßnahmen anordnen. Gemäß § 16 a Abs. 1 Nr. 2 TierSchG kann die zuständige Behörde insbesondere ein Tier, das nach dem Gutachten des beamteten Tierarztes mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt ist oder schwerwiegende Verhaltensstörungen aufzeigt, dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist. Ist eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich oder ist nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sicherzustellen, kann die Behörde das Tier veräußern. Die Behörde kann das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen, wenn die Veräußerung des Tieres aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist oder das Tier nach dem Urteil des beamteten Tierarztes nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann. Gemäß § 16 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TierSchG kann die zuständige Behörde demjenigen, der den Vorschriften des § 2, einer Anordnung nach Nummer 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2 a TierSchG wiederholt oder grob zuwidergehandelt und dadurch den von ihm 2 Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/3031 gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen oder es von der Erlangung eines entsprechenden Sachkundenachweises abhängig machen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird; auf Antrag ist ihm das Halten oder Betreuen von Tieren wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist. Zu 7: Gemäß § 11 Abs. 5 TierSchG darf mit der Ausübung der Tätigkeit nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TierSchG erst nach Erteilung der Erlaubnis durch die zuständige Behörde begonnen werden. Die zuständige Behörde soll demjenigen die Ausübung der Tätigkeit untersagen, der die Erlaubnis nicht hat. Der Landesregierung liegen keine Daten darüber vor, in wie vielen Fällen eine Erlaubnis nach § 11 TierSchG nicht beantragt wurde, obwohl sie nach rechtlicher Einschätzung erforderlich gewesen wäre. Es liegen auch keine Daten vor, ob und in wie vielen Einzelfällen vor einer Erlaubniserteilung mit einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit begonnen wurde. Zu 8: Nach § 16 a Abs. 1 Nr. 2 TierSchG kann die Fortnahme eines Tieres im Einzelfall bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen erfolgen (siehe Antwort zu Frage 7). Es liegt in der Zuständigkeit der Landkreise, kreisfreien Städte, der Region Hannover und des Zweckverbandes Veterinäramt JadeWeser, Hinweisen auf Verstöße gegen § 2 TierSchG nachzugehen und Verstöße auf Grundlage des § 16 a Abs. 1 Nr. 2 TierSchG zu ahnden. Grundsätzlich erfolgt keine Weiterleitung diesbezüglicher Daten an die Landesregierung. In diesem Zusammenhang werden auch keine amtlichen statistischen Erhebungen geführt. Die Frage nach der Anzahl entzogener Tiere ist weder zeitlich noch räumlich eingegrenzt. Auf eine Abfrage der zuständigen Behörden ist daher verzichtet worden. Zu 9: Die rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Vorgaben des Tierschutzrechts in jedem Einzelfall folgt aus dem die Verwaltung bindenden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Bei Verstößen gegen § 2 TierSchG ist es Aufgabe der zuständigen Behörde entsprechend dem geltenden Tierschutzrecht tätig zu werden. In diesem Zusammenhang kann auch die Fortnahme eines Tieres in Betracht kommen (siehe Antwort zu Frage 8). Zu 10: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, aus welchen Ländern die Bettlerbanden kommen, die Tiere beim Betteln einsetzen. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Boris Pistorius (Ausgegeben am 03.03.2015) 3