Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus Band 6

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Sonderdruch
aus
Jahrbuch für Geschichte des Feudalismus
Band 6
Akademie-Verlag
Berlin
"
4ýSl
Bernhard
Töpfer
Tendenzen zur Entsakralisierung
in der Zeit des Investiturstreites
der Herrscherwürde
KönigsIn der neueren Literatur ist die seit dem B. Jh. deutlicher hervortretende
hauptsächlich auf die mit
ideologie, welche die Legitimation der Herrschergewalt
und mit Hilfe der Deizurückführte
der Salbung verbundene Herrscherweihe
Gott
herleitete, durch unterLinie
in
Königsmacht
von
die
erster
gratia-Formel
Man
theoteils
spricht
von
einem
worden.
Begriffe
gekennzeichnet
schiedliche
teils von einem Königpriestertum2,
Königtum',
kratischen bzw. theokratisierten
Weihekönigtum)3
(bzw.
Königtum
und nicht zuletzt
teils von einem geweihten
hier nur kurz angemerkt, daß vor
Es
Königtum'.
sei
auch von einem sakralen
derartiger Begriffe zu warnen ist, da mit
Verwendung
einer verabsolutierenden
Königsauffassung
der
Seite
bestimmte
erfaßt werden kann.
ihnen meist nur eine
vor dem Investiturstreit
sicherlich keine
So war die Königs- bzw. Kaiserherrschaft
daß
die
damals
Vorübliche
bestreiten,
ist
Doch
zu
nicht
ausgeprägte Theokratie.
Herrscher
die
Gott
Auftrag
von
regierende
der
im
göttlichen
stellung, derzufolge
in
Element
der
damatheokratisches
habe,
durchzusetzen
ein
gewollte Ordnung
ligen Herrscherideologie
darstellt. Insofern scheint mir etwa der von W. Ullmann
(also
in einem deutschsprachigen Aufsatz verwandte Begriff theokra'iisiertes"
KennzeichHerrscheramts
zur
bzw.
nicht einfach theokratisches"
theocratic")
nung der damaligen Herrscherideologie am ehesten sachgerecht.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob mit dem Attribut
oder theotheokratisch"
1 So vor allem
in the Middle
Politics
W. Ullmann,
Government
and
Principles
of
Ages, London
1961, S. 117 fL (spätere
mir nicht zuAuflagen,
wie die 4. von 1978, waren
ders., Von Canossa
gänglich);
F. Kempf,
ff.;
268
Das ProS.
Pavia,
in:
liJb
93/1973,
nach
blem der Christianitas
im 12. und 13. Jahrhundert,
79/1960, S. 109, spricht,
in, ebenda
von einer
Theokratie".
priesterköniglichen
2 So etwa P. E. Schramm, Der
König von Frankreich. Das Wesen der Monarchie vom
9. zum 16. Jahrhundert,
Bd. 1,2. Aufl., Weimar 1960, S. 156.
T Dies wäre die wörtliche
Übersetzung
des von M. Bloch, Les rois thaumaturges,
Strasbourg 1924, S. 51 if., gebrauchten Begriffs
sacree".
royautä
So etwa W. Kölmel, Regimen Christianum.
Weg und Ergebnisse des Gewaltenverhältnisses und des Gewaltenverständnisses
(8. bis 14. Jahrhundert),
Berlin 1970, S. 125;
der Begriff
Herrscher"
bei E. Werner, Konstantinopel
sakraler
und Canossa, Berlin
.
1977, S. 13 (SB Al, - DDR). Vgl. auch den Titel des Aufsatzes von H. Beumann,
Die sakrale
Legitimierung
des Herrschers im Denken der ottonisthen Zeit, in: ZRG GA
66/1948, S. 1.
So Ullmann, Von Canossa, S. 268; vgl. ebenda, S. 272, wo
er den Begriff
sakrales
Königtum"
ausdrücklich ablehnt, weil er zu schillernd sei.
e
164
Bernhard
Töpfer
in vollem Umfange erfaßt werden
kratisiert"
die damalige Königsaufiassung
kann. Beispielsweise sind theokratische Vorstellungen
durchaus mit dem Amtsgerückt
gedanken vereinbar, bei dem die Würde des Amtes in den Vordergrund
und zugleich eine ausgeprägte Erhöhung der Person des Amtsträgers vermieden
der Jahrhunderte vor dem
wird. Man kann aber gerade in der Herrscherideologie
Tendenzen zu einer solchen Hochwertung des Inhabers des KönigsInvestiturstreit
ErachKern
F.
hat
deutlich
in
diesem
meines
Zusammenhang
erkennen.
amtes
tens mit Recht von Widersprüchen
dem theokratischen Amtsgedanken
zwischen
des
die hauptsächlich der
und der sakralen Herrscherweihe",
Verherrlichung
Tendenzen sei
Herrschers" diente, gesprochen c Zur Verdeutlichung
derartiger
hier nur auf die Ausführungen
Wipos über die Weihe bzw. Salbung Konrads II.
dem
hat
demnach
dieser
Akt
damals
aus
Sakrament
verwiesen;
als
aufgefaßte7
Christi
König
Gewählten
Menschen
der
zum
gemacht",
als vicarius
einen neuen
des
Walten
habe8.
teil
Auch
die
Bezeichnung
göttlichen
am
wiederholt auftretende
Königs als christus domini, als
des Herrn", veranschaulicht wohl noch
Gesalbter
Dei'
denn
die
Kennzeichnung
unmittelbarer
als vicarius Christi oder als vicarius
jene Tendenz, dem geweihten Herrscher eine eindeutig über die anderen Menschen überhöhte Stellung zuzuweisen. Derartige Anschauungen, die kaum unter
den Begriff
darauf
gezu
subsumieren
sind,
waren
unverkennbar
theokratisch"
richtet, die Herrscherperson in eine überhöhte, sakrale Sphäre" zu heben. 10
Mit der Aussage, daß in jener Herrscherideologie
Tendenzen einer Sakralisierung wirksam waren, soll keineswegs behauptet werden, daß das frühmittelalterliche Königtum bzw. Kaisertum ein ausgeprägtes Sakralkönigtum
gewesen sei.
Wenn man mit W. Baetke davon ausgeht, daß
im eigentein Sakralkönigtum
lichen Sinne nur gegeben sei, wenn der Herrscher in irgendeiner Weise Objekt
der göttlichen Verehrung ward, dann ist klar: es hat dieses Kriterium
beim mittelalterlichen Herrschertum durchgängig nicht gegeben. Hierbei ist festzuhalten, daß
die in diesem Sinne eingeschränkten sakralen Züge der damaligen Herrscherideologie in direktem
Zusammenhang
bzw. Salbung
mit der Herrscherweihe
Nachwirkungen
stehen und kaum als unmittelbare
germanischer Vorstellungen
gedeutet werden können. 12Zugleich ist es in unserem Zusammenhang wesentlich,
daß insbesondere die ersten Kaiser der salischen Dynastie jene theokratisch-sa0 F. Kern, Gottesgnadentum
EntZur
Widerstandsrecht
Mittelalter.
im früheren
und
der Monarchie, 2. Aufl., hrsg. von R. Buchner, Darmstadt 1954, S. 94wicklungsgeschichte
der Krö7 Vgl. dazu P. E. Schramm, Geschichte des
Lichte
im
englischen Königtums
nung, Weimar 1937, S. 119 f.
MG
8 Wipo, Gesta Chuonradi II. imperatoris
opera,
Wiponis
c. 3, ed. H. Bresslau in:
SS in us schol, 3. Aufl., Hannover/Leipzig
1915, S. 23.
ideologischen
Vgl. G. Koch, Auf dem Wege
zur
Studien
zum Sacrum Imperium.
Berlin
Jahrhundert,
Herrschaftsbegründung
der deutschen Zentralgewalt
im 11. und 12.
1972, S. 68 ff. (Forschungen zur mittelalterlichen
Geschichte, Bd. 20).
10 Ebenda, S. 189.
Bd. 109,
Leipzig,
Al,
11 W. Baetke, Yngvi und die Ynglinger,
(SB
Berlin 1964, S. 39
Heft 3).
1; Vgl. ebenda, S. 180; F. Graus, Volk, Herrscher und Heiliger im Reich der Merowinger, Prag 1965, S. 334.
Zur Entsakralisierung
der Herrscherwürde
165
kralen Züge dazu nutzten, für sich einen geistlichen Rang zu beanspruchen und
damit ihre sehr weitgehende Herrschaft über die Kirche zu rech'tfertigen. 13
seit der Mitte des 11. Jh. daran ging, den HerrschaftsAls das Reformpapsttum
Gewalten über die Kirche zurückzuweisen und den Papst
der
weltlichen
anspruch
Herrschern stehende Oberhaupt der Christenheit
herauszuüber
das
allen
als
die
Vertreter
der
Reformpartei
jene aus
standen
vor der Notwendigkeit,
stellen'',
der Salbung abgeleiteten Ansprüche weltlicher Herrscher, insbesondere der Kaiser, auf einen geistlichen Rang bzw. eine sakral überhöhte Stellung abzubauen.
Zu diesem Zweck nutzte man unterschiedliche
Argumente.
Vor allem kam es
darauf an, den Anspruch der Könige auf einen geistlich-priesterlichen
Rang zu
in den Kreis der Laien zu versetzen. Dazu
verneinen und diese unmißverständlich
die Wirkung der Herrscherweihe entwerten, ohne
mußten die Reformtheoretiker
jedoch deren Existenz grundsätzlich zu verneinen, da dieser Akt in besonderem
Ordnung einzuMaße geeignet war, das Herrscheramt in die christlich-kirchliche
des
gliedern. Diese zwiespältige Haltung spiegelt sich wider in der Argumentation
reformerisch gesinnten Bischofs Wazo von Lüttich, der bereits kurz nach den
schwerwiegenden Eingriffen Kaiser Heinrichs III. in die Besetzung des päpstlichen
Stuhles um 1050 feststellt, daß sich die Salbung des Priesters wesentlich von der
höher einzuschätzen seil'; dementdes Königs unterscheide und grundsätzlich
sprechend habe der Kaiser kein Recht, Päpste abzusetzen. .
Humbert von Silva CanDer bedeutendste Theoretiker der Reformbewegung,
dida, ging in seiner Schrift gegen die Simonisten von vornherein davon aus, daß
der König ein Laie sei, d. h. er ignorierte die sakralen Züge in der KönigsideoloWorten
folgenden
ln
Könige
der
Salbung
ein: Dazu empAuf
die
mit
geht
er
gie.
fangen sie das Schwert aus den Händen der Priester Christi und dazu werden sie
der Kirchen Gottes einsetzen und, wo
gesalbt, daß sie sich für die Verteidigung
immer es nötig ist, dafür kämpfen. "17 Die Salbung hat demnach in keiner Weise
Wirkung,
sondern
Herrschers
überhöhende
die
Stellung
des
und
absichernde
eine
sie verpflichtet ihn zum Dienst für die Kirche.
In ähnlicher Akzentuierung
deutet Manegold von Lautenbach in seiner zwiEr
Königsweihe.
die
1083
erwähnt sie
1085
Streitschrift
schen
und
entstandenen
in jenem Kapitel, in dem er das Vorgehen weltlicher Gewalten gegen Geistliche,
die sich hartnäckig dem Papst widersetzen, rechtfertigt.
Dazu zitiert er die im
heißt,
der
Ordo der Königskrönung
in
daß
Accipe
Formel
es
gladium,
enthaltene
13 Vgl. J. Fleckenstein,
Rex canonicus. Über Entstehung
und Bedeutung des mittelKönigskanonikats,
in: Festschrift P. E. Schramm zu seinem 70. Geburtstag,
alterlichen
Bd. 1, Wiesbaden 1964, S. 61 f. und 71.
1', Vgl. Ullmann, Von Canossa, S. 275, der hervorhebt,
daß Gregor VII. das universale
über die gesamte christliche Gemeinschaft
beanregimen und damit die Oberaufsicht
spruchte-1-3
Anselmi Gesta episcoporum Leodiensiuln,
ed. R. Köpke in: MG SS VII, Hannover
1846, S. 229 f.
1GVgl. G. Tellenbach, Libertas. Kirche und Weltordnung
im Zeitalter des Investiturstreites. Stuttgart 1936, S. 130 (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte, Bd. 7).
17 Humbert,
Libri III adversus simoniacos, ed. F. Thaner in: MG Libelli
de lite I,
Hannover 1891, S. 217.
166
Bernhard Töpfer
der König bei der consecratio das Schwert aus den Händen der Bischöfe empfängt,
der Kirche verordnet ist; zugleich wird auf die
das von Gott zur Verteidigung
der
Feinde
die
Pflicht des Königs zum Kampf gegen Ungerechtigkeit
und gegen
Christenheit sowie auf seine Verpflichtung
zum Schutz von Witwen und Waisen
hingewiesen. ` Diese beiden, allein die Pflichten betonenden Zeugnisse machen
der Herrscherweihe zuzubillideutlich, welchen Stellenwert die Kirchenreformer
keine
ist
Aufwertung
Königs
bereit
des
von
einer
sakralen
waren;
gen
gesalbten
Spur zu entdecken. Überdies ist bei einer Einschätzung der Anschauungen Manedes
daß
berücksichtigen,
durch
Betonung
besonders
er
eine
golds zu
akzentuierte
des
Stellung
Amtsgedankens19 von vornherein eine überhöhte, sakral fundierte
Herrschers ausschließt.
Neben der Abwertung der Herrscherweihe bzw. ihrer einseitigen Deutung im
des Königs zum Dienst für die Kirche ist in schriftSinne einer Verpflichtung
der Kirchenreform
lichen Äußerungen der Repräsentanten
noch ein weiteres
in
das
Verneinung
Elemente
Argument erkennbar,
theokratisch-sakraler
auf eine
Urdes
Im
Mittelpunkt
der Herrscherideologie
abzielt.
steht dabei die Frage
Wesens der weltlichen Gewalt im Unterschied
sprungs bzw. des ursprünglichen
der
der
Andeutungen
Herkunft
in
dieser
bereits
geistlichen.
Richtung
zur
enthält
wohl von einem französischen Kanonisten 1047/1048 verfaßte Traktat De ordi2D
Er verneint
grundsätzlich die Anschauung, daß Kaiser den
nando pontifice"
Platz Christi einnehmen könnten, d. h. er wendet sich gegen die damals verbreitete
Wertung des Kaisers als vicarius Christi 21 Vielmehr würden die Herrscher im
Dienste des Teufels erhoben, um mit Feuer und Schwert zu wirken, was vor Gott
insgesamt verabscheuenswert sei. Daher seien Kaiser grundsätzlich den Bischöfen
22
Auf diese Weise wird die weltliche Machtausübung pauschal mit
untergeordnet
einer negativen Wertung versehen: an die Stelle des von Gott gesetzten Königs
tritt ein im Dienst des Teufels stehender Machthaber.
In weiter präzisierter Form findet sich diese Tendenz -in zwei Briefen Papst
Gregors VII. an Bischof Hermann von Metz, in denen er die Bannung König Heinden
Bereits
1076
IV.
in
diesem
verweist er
Zusammenhang auf
richs
rechtfertigt.
höheren Rang der bischöflichen gegenüber der königlichen Würde: Während die
Die
13 Manegold, Liber ad Gebehardum
371.
34,
K.
Francke
S.
c.
ed.
in: ebenda,
Accipe-gladium-Formel
im Mainzer Ordo von ca. 961 jetzt bei P. E. Schramm, Die Texte
des
Ordo" und seiner Vorlagen, in: ders., Kaiser, Könige und Päpste, Bd. 3,
Mainzer
Stuttgart 1969, S. 99 f.
19 Vgl. G. Koch, Manegold von Lautenbach und die Lehre von der Volkssouveränität
unter Heinrich IV., Berlin 1902, S. 34; vgl. S. 131 und 153 (Historische Studien, veröff.
in:
E.
Ebering,
Ferner
K.
J.
34).
Leyser,
The
Bd.
von
polemics of the papal revolution,
Trends in medieval political thought, hrsg. von B. Smalley, Oxford 1965, S. 48.
20 Zu Autorschaft
cum
und Abfassungszeit
vgl. G. B. Borino, Invitus
rnontes
ultra
domino papa Gregorio abii, in: Studi Gregoriani
1, Rom 1947, S. 8 und 30 f.; A. Becker,
der
Studien zum Investiturproblem
in Frankreich, Saarbrücken
(Schriften
1955, S. 142
Universität
des Saarlandes).
21 Vgl. 1V. Ullmann, Die Machtstellung
des Papsttums Im Mittelalter,
Graz/Wien/Köln
1960, S. 386; Koch, Auf dem Wege, S. 71.
22 De ordinando pontifice auctor Gallicus, ed. E. Dümmler
de fite I,
in: MG Libelli
Hannover 1891, S. 14.
Zur Entsakralisierung
der Herrscherwürde
167
erstere von Gott eingesetzt sei, könne man aus den Anfängen der Königsherrschaft ersehen, daß sie von menschlichem Hochmut ersonnen wurde. Im Unterschied zu den Bischöfen, die für die Erlangung des ewigen Lebens wirken, strebten iiie Könige unablässig nach eitlem Ruhm 23 Noch schärfer drückt sich Gregor
in dem zweiten an Bischof Hermann gerichteten Brief aus, der im März 1081 entin Umlauf gesetzt wurde? '
stand und gleichzeitig in einer Zirkularausfertigung
hat, beIn diesem Schreiben, das die Ausmaße einer umfassenden Streitschrift
gründet der Papst in grundsätzlicher Weise sein Recht, Könige zu bannen und ihre
Untertanen vom Treueid zu lösen. Hier wiederholt er zunächst die Feststellung,
daß die durch Menschen, die Gott nicht kannten, erfundene weltliche Würde der
sei; darauf folgt
von Gott selbst eingesetzten geistlichen Würde untergeordnet
daß Ködie in neuerer Literatur häufig diskutierte Aussage:
wüßte
nicht,
Wer
nige und Herzöge ihren Ursprung bei jenen hatten, die Gott nicht kannten und
durch Hochmut, Raub, Hinterlist, Mord, kurz durch nahezu alle möglichen Verbrechen, angestiftet vom Fürsten dieser Welt, nämlich dem Teufel, sich anmaßten,
Anmaßung zu herrüber ihnen Gleichgestellte in blinder Gier und unerträglicher
Stelle
Augudarauf
kurz
aus
zitierte
Wertung
Eine
ähnliche
schen.
enthält eine
Hochmut
derzufolge
sei,
doctrina christiana",
es unerträglicher
stins Schrift
De
Natur
ja
ihm
die
von
aus
Menschen
jemand
Herrschaft
über
anmaße,
wenn sich
gleich seien 2G
dieser Aussagen ist
Bei den Bemühungen um eine korrekte Interpretation
Könige gein
VII.
Gregor
an
darauf
daß
anderen
wiederholt
verwiesen worden,
Gott
Königtum
das
ihnen
von
Briefen
durchaus
daß
davon
richteten
ausgeht,
übertragen seif'; und auch in vor 1076 verfaßten Schreiben an Heinrich IV. wird
klar gesagt, daß dieser von Gott in seine Machtstellung eingesetzt wurde2e. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang ein 1080 verfaßter Brief
an König Wilhelm von England, in dem der Papst im Sinne der traditionellen
Zweigewaltenlehre
erklärt, daß der allmächtige Gott in dieser Welt zwei herausragende Würden einrichtete, die apostolische und die königliche; anschließend
betont er allerdings unmißverständlich
die Überordnung und das Aufsichtsrecht
der päpstlichen Gewalt,
aber von einer Verknüpfung
zwischen Teufel und Königsherrschaft ist hier keine Rede.
zs Gregorli VII. registrum
lib. IV, nr. 2, ed. E. Caspar, MG Epp sel II, Berlin 1920,
S. 295.
2 Ebenda lib. VIII, nr. 21, Berlin 1923, S. 544 ff.; die Zirkularausfertigung
überliefert
Bruno. Liber de bello Saxonico c. 73, bearb. von H. -E. Lohmann, MG Deutsches Mittelalter 2, Leipzig 1937, S. 66 ff.
=5 Gregorii VII. registrum, S. 552.
26 Ebenda, S. 556.
27 So in zwei Schreiben an dänische Könige: ebenda lib. V, nr. 10, S. 362, und lib. VII,
divina commisit.
providentia
curam
497:
regni
S.
cui
21,
nr.
2s Ebenda lib. II, nr. 31, S. 165, und lib. III, nr. 7, S. 257: qucm Deus in summo rerum
posuit culmine.
29 Ebenda lib. VII, nr. 25, S. 505 f. Vgl. dazu F. J. Schmale, Papsttum
in: Probleme des 12. Jahrhunderts,
II.,
Innocenz
VII.
Gregor
und
schen
Forschungen,
Ed.
12).
f.
(Vorträge
und
S.
16
1968,
gart
und Kurie zwiKonstanz/Stutt-
168
Bernhard Töpfer
Aussagen GreWenn man versucht, die sicher nicht voll harmonisierbaren
durch
gors VII., die einmal die Errichtung weltlicher Herrschaft auf Anstiftung
Gewalt
königlichen
der
die
Einsetzung
den Teufel zurückführen,
zum anderen
betonen, sinnvoll zu erklären, dann ist zunächst zu beachten, daß der Papst keineswegs behauptet, die Einsetzung des Herrscheramtes widerspreche grundsätzlich
dem Willen Gottes; er betont nur, daß jene, die als erste in heidnischer Zeit die
Macht über die ihnen ursprünglich gleichgestellten Menschen an sich rissen, durch
handelten.
gewalttätig
und
wurden
vom Teufel eingegebenen Hochmut getrieben
VII.
hier
daß
Gregor
betont,
Stelle
dieser
E. Bernheim hat bei der Erörterung
des heidnischen StaaStaates,
des
also
Entstehung
nur von der ursprünglichen
Boden"
Teufelsstaates
dieses
christlichen
auf
tes
der Fortsetzung
...
und
von
...,
fragt
ist
Das
sich
aber,
sicher
es
richtig;
Herrschern
spreche?
unter ungerechten
Verwiesen
bereits
ist.
Aussage
Gregors
voll
erfaßt
ob damit die Bedeutung von
daß
Nitschke,
der
hervorhebt,
A.
ebenfalls
von
sei noch auf die Interpretation
Zeit"
heidnischer
christlicher
Unterschied
zwischen
und
Gregor einen
scharfen
Papstes sagt also nichts über das Wedes
Ausspruch
mache, und folgert: Dieser
über
Entstehung
in
etwas
seine
nur
vorchristsondern
des
Königtums
aus,
sen
G.
Tellenbach
Bernheims Annahme, daß
bezweifelte
licher Zeit. " Demgegenüber
Fürsten
zu beziehen seien; er geht aber
schlechte
Gregors
auf
diese Aussagen
nur
der Problematik nicht weiter nach und erklärt - sicher mit Recht -, daß man diese
Ausführungen nicht in ein in sich geschlossenes System" hineinzwängen könne. u
der
Bedenken
gegenüber
abschwächenden Deutung jener
Auch G. Koch äußert
Sätze durch Bernheim?
Gregors VII. schwerTatsächlich wird man der Bedeutung der Formulierungen
lich gerecht, wenn man erklärt, sie bezögen sich nur auf die Entstehung des Staates in heidnischer Zeit und sagten somit nichts über das Wesen des Königtums aus.
Überordnung
der
Begründung
des Papsttums über
bei
Denn dann hätte er
seiner
die weltlichen Gewalten die Entstehung der Königsmacht gar nicht zu erörtern
brauchen. Wenn er hervorhebt, daß weltliche Macht - wenn auch wohl mit Zulassung Gottes - von Menschen in teuflischem Hochmut unter Gewaltanwendung
ihr
doch
damit
offenbar
dann
eigene allgemeine Wesenser
will
errichtet wurde,
durchbrechen
können, sobald ein Herrjederzeit
die
wieder
kennzeichnen,
züge
Normen
hält und sich nicht
die
denn
christlich-kirchlichen
scher sich nicht an
das setzt Gregor zweifellos ebenfalls voraus - dem Haupt der Kirche unterordnet.
in die vom Papst garantierte
Nur durch strenge Eingliederung
Ordnung der
Christenheit kann sich ein König als ein wahrhaft von Gott gesetzter Herrscher
erweisen und den mit weltlicher Machtausübung besonders eng verbundenen Gefahren, die vom Teufel ausgehen, entgehen.
30 E. Bernheim, Mittelalterliche
Zeitanschauungen
in ihrem Einfluß auf Politik und
Geschichtsschreibung,
Tübingen 1918, S. 206.
:iA. Nitschke, Die Wirksamkeit
Gottes in der Welt Gregors VII. Eine Untersuchung
über die religiösen Äußerungen
Handlungen
und politischen
des Papstes, in: Studi
Gregoriani 5, Rom 1956, S. 190 f.; zustimmend Leyser, The polemics, S. 56 f.
32 Tellenbach, Libertas, S. 187, Anm.
33 Koch, Auf dem Wege, S. 20.
Zur Entsakralisierung
der Herrscherwürde
169
Damit bezieht der Papst eine Position, mit der er gegenüber der traditionellen
kirchlichen Lehre wesentliche eigene Akzente setzte. Vertreter der vorherrschenden kirchlichen Auffassungen hatten durchaus mit der Möglichkeit
des Auftretens ungerechter, tyrannischer Herrscher gerechnet; in diesem Falle war man davon ausgegangen, daß solche Tyrannen zwar nicht von Gott gesetzt, aber von
diesem wegen der Sünden der Menschen doch zugelassen seien, weshalb ihnen zu
gehorchen sei. ' Derartige Nuancierungen konnten in den Augen Gregors, der die
danach beurteilte, ob Gott oder der Teufel von ihnen
Menschen grundsätzlich
letztlich nur unaufgebbare Grundprinzipien
Besitz ergriffen hatte,
verwischen.
Daher konnte er den Gedanken, daß ein Christ einem ungerechten Herrscher zu
gehorchen habe, nicht akzeptieren. Seiner Ansicht nach verdiente ein beliebiger
guter Christ eher ein König genannt zu werden als ein schlechter Herrscher, denn
jener gehörte zum corpus des wahren Königs Christus, dieser aber zum corpus
diaboli 36
Weiterhin wird durch Gregors Auffassung vom Ursprung weltlicher Herrschaft
dem Wesen nach zum Kreis der
Machthaber
daß
klargestellt,
weltliche
zusätzlich
Laien gehören und keinen autogenen Anspruch auf einen geistlichen Rang haben.
Dem entspricht sein Hinweis, daß letztlich jedem Inhaber einer der niedersten
Würde
höhere
Exorzisten,
dem
zukomme als einem
Weihen,
eine
etwa
geistlichen
Gewalt über Dämonen, während Könige
hätten
jene
denn
Herrscher,
weltlichen
beherrscht
Dämonen
würden.
Fürsten
von
oft
allzu
nur
und
Metz
fanden
Bischof
VII.
Gregors
Brief
von
an
dem
-den
Auszüge aus
zweiten
Investiturdes
Periode
der
Sammlungen
sowohl
Eingang in kirchenrechtliche
des
DeusdeLucca,
des
Anselm
in
die
Zeit,
von
folgenden
der
so
streits als auch
Gratiani'1.
Es
Decretum
das
in
Chartres'
dit°', des Ivo von
und schließlich auch
Stellen
über
die
Sammlungen
der
keine
daß
genannten
ist jedoch bemerkenswert,
Exorzisten
jedes
Vorrang
den
geüber
Gewalt
der
und
den Ursprung
weltlichen
1085
Nur
der
hat.
zwischen
wohl
Machthabern
aufgenommen
genüber weltlichen
Turiner
in
die
einer
Tarraconensis
Liber
und
und 1090 in Aquitanien entstandene
Handschrift überlieferte, um 1100 niedergeschriebene Collectio in sieben Büchern,
die beide auch den Dictatus Papae enthalten, übernahmen die erstgenannten Pasin der Karolingerzeit,
.cs Vgl. etwa H. H. Anton, Fürstenspiegel
und Herrscherethos
Bonn 1968, S. 377 ff.
3' So Nitschke, Die Wirksamkeit
Gottes, 5.152; vgl. ebenda, S'190.
34 Gregorii VII. registrum lib. VIII, nr. 21, S. 557.
37 Ebenda, S. 555. Vgl- O. Hageneder, Das päpstliche Recht der Fürstenabsetzung:
Pontiflciae
Historiae
Grundlage
in: Archivum
1/1963,
1150-1250,
kanonistische
seine
S. 56.
33 Anselmus episcopus Lucensis, Collectio canonum lib. I, C. 80, hrsg. von F. Thaner,
"
ff.
S.
53
1906,
Oeniponte
Fasc. i,
lib.
des
Deusdedit
IV,
Kardinals
e. 184, Bd. 1, hrsg. von
Kanonessamnilung
:9 Die
1905, S. 489 n.
Paderborn
Glanvell,
V. W. von
f.,
V,
378,
Panormia
V,
in:
108
Migne,
Decretum
PL, Bd. 161,
und
Chartres,
40 No von
L
1235
L
col. 437 und
61 Decretum Gratiani D 96, c. 9/10; C. XV, q. 6, e. 3, ed. E. Friedberg, Bd. 1, Leipzig
1879, Sp. 340 und 756.
170
Bernhard Töpfer
sagen". Diese minimale Rezeption'u der besonders negativen Wertungen der Königswürde läßt darauf schließen, daß die durchaus für die Kirchenreform
engagierte Kanonistik des ausgehenden 11. und des 12. Jh. im ganzen nicht bereit war,
alle Positionen Gregors zu übernehmen. Auch die propäpstliche Streitschriftenliteratur greift die Stelle über die Anfänge weltlicher Herrschaft nicht auf. Doch
haben immerhin
Bernold von Konstanz sowie Deusdedit in seinem Libellus
rezicontra invasores et symoniacos" die etwas weniger rigorose Formulierung
piert, daß die von Gott eingesetzte geistliche Würde höher stehe als die weltliche
Gewalt, die eine menschliche Erfindung sei. "
der im
Diese Hinweise lassen bereits erkennen, daß die realen Auswirkungen
Investiturstreit
massiv einsetzenden Bemühungen der Kirche um einen Abbau
dar sakralen Komponente in der Herrscherideologie
werden
nicht überbewertet
dürfen und deren Auswirkungen
jeweils unter Berücksichtigung
der tatsächlichen
Machtstellung der Königsgewalt in den einzelnen Staaten beurteilt werden müssen. Im Reich verloren die sakralen Züge der Position des Königs bzw. Kaisers
offenkundig
an Bedeutung. Der Kampf gegen die päpstlichen Oberhoheitsander
sprüche führte zwar in der Zeit Kaiser Friedrichs I. mit dem Aufkommen
Bezeichnung
Imperium"
Akzentuierung
Kompoder
zu
einer
sakralen
sacrum
nente in der Reichsidee. Aber da als Träger des Reiches neben dem Kaiser zunehmend die Fürsten in den Vordergrund traten, vermochte dieser auf die Instidie Stellung des Herrschers nicht nennenstution bezogene Vorstellungskomplex
wert zu unterbauen. '
in Frankreich und England. Hier wirkte sich
Anders verlief die Entwicklung
die Tatsache aus, daß die Herrscher dieser Königreiche nicht im Zentrum
päpstlicher Angriffe standen und die hohe Geistlichkeit
im wesentlichen an einer
Zentralgewalt
interessiert war. Jedenfalls ist zu beobachten, daß
aktionsfähigen
in diesen Staaten die Auseinandersetzungen
des Investiturstreites
keineswegs zu
einer Schwächung, sondern eher zu einer bewußten Stärkung der hier bisher
weniger ausgeprägter sakralen Züge in der Herrscherideologie
beitrugen. Die
in den Vordergrund
Königsweihe wurde nachdrücklicher
gestellt und in Frankreich durch den im 12. Jh. aufkommenden Gebrauch des sogenannten Himmelsöls
42 Zum Liber Tarraconensis
Le Bras, Histoire des collections
vgl. P. Fournier/G.
canoniques en Occident, Bd. 2, Paris 1932, S. 244 fL; auch P. Fournier, Le Liber Tarraconensis,
in: Melanges Julien Havet, Paris 1895, S. 273; J. Gilchrist, The reception
of Pope Gregory VII into the Canon Law 1073-1141, in: ZRG KA 59/1973, S. 55, der jedoch die Übernahme des Briefes von 1081 nicht erwähnt. Zur Turiner Collectio vgl. ebenda, S. 4 f.
41 Vgl. ebenda, S. 73, wo darauf hingewiesen wird, daß die Übernahme
von Aussagen
Gregors VII. in kanonische Sammlungen
mit Ausnahme der von Deusdedit
verfaßten
sehr begrenzt war und nicht mit dem starken Nachwirken
Papst Urbans II. zu vergleichen ist.
45 Bernold, De solutione iuramentorum,
ed. F. Thaner in: bIG Libelli de lite II, Hannover 1892, S. 147 f.; Deusdedit, in: ebenda, S. 353.
45 Vgl. B. Töpfer/E. Engel, Vom staufischen
Imperium
zum Hausmachtkönigtum,
Weimar 1976,5.119.
Zur Entsakralisierung
der Herrscherwürde
171
in ihrer Bedeutung gesteigert t Die Fähigkeit, Wunder zu tun bzw. Krankheiten,
speziell die Skrofeln, zu heilen, wurde sowohl in Frankreich als auch in England
im 12. Jh. mit dem Erstarken des Königtums fest mit dem Inhaber des Königsdaß gerade in
titels verknüpft. 47 Dementsprechend ist es nicht verwunderlich,
Frankreich bereits zu Beginn des 12. Jh. eine Streitschrift
entstand, in der Gregors VII. Auffassung vom Aufkommen der staatlichen Gewalt expressis verbis
der
Gemeint
ist
de regia potestate et sacerwurde.
zurückgewiesen
Tractatus
dotali dignitate", den Hugo von Fleury dem englischen König Heinrich I. widVerfassers
führt
Hugo
des
Namen
den
zu
nennen,
wörtlich die FormuOhne
mete.
lierungen Gregors an und weist sie unter Hinweis auf die im Mittelalter
oft
Kapitel
des
Römerbriefes
im
13.
Paulus
des
als frivol zurück.
Aussage
zitierte
Paulus bezeuge, daß die königliche Gewalt nicht von Menschen, sondern von Gott
in
Frankreich die' Herrschersalbung
besonders
`''
So
sich
erwiesen
eingesetzt sei.
ideologisches
Vorstellungen
Bollwerk,
als
ein
ihr
die
verbundenen
an dem
und
mit
der Kögeförderten Tendenzen der Entsakralisierung
die vom Reformpapsttum
bestreiten
ist, daß die Reformkirche
Wenn
zu
nicht
auch
nigsgewalt scheiterten.
die
über
beschränken
Herrschaft
ecclesia
zu
vermochte
die unmittelbare weltliche
des kirchlichen Bereiches durchsetzte, so gilt
Verselbständigung
und eine gewisse
Königsideologie
trotz aller Nuancierundie
Kampf
sakralisierte
für ihren
gegen
dann
leur lutte contre la royaute
M.
Bloch:
Feststellung
die
von
letztlich
gen
Mais
ämes, les reformateurs echouerent. "49
les
dans
sacree, solidement enracinee
bei der Salbung König Ludwigs VII. im Jahre
Verwendung
tc Zu seiner erstmaligen
Bd.
S.
1,
147.
Frankreich,
König
Der
von
1131 vgl. Schramm,
47 Vgl. ebenda, 5.151. Für England Bloch, Les rois thaumaturges, S. 49.
44 Tractatus de regia potestate et sacerdotali dignitate lib. I, c. 1, ed. E. Sackur in:
AIG Libelli de lite II, Hannover 1892, S. 467. Vgl. W. Kölmel, Typik und Atypik. Zum
in: Speculum
Publizistik,
historiale.
Johannes
Geschichtsbild
der kirchenpolitischen
1965, S. 283.
Spörl aus Anlaß seines 60. Geburtstages, Freiburg/München
49 Bloch,
in: Handbuch
1966, S. 500.
Les
thaumaturges,
rois
der Kirchengeschichte,
S. 259 f. Vgl.
hrsg.
von
auch die Bemerkungen
von F. Kempf
H. Jedin, Bd. III/1,
Freiburg/Basel/Wien
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