Individuelle Vorhersage

Werbung
18 akademie
Fast 90 Prozent aller
Lungenkarzinome
sind tabakassoziiert.
Molekulare Onkologie
Individuelle
Vorhersage
Der EGFR-Mutationsstatus ist ein entscheidender prädiktiver Biomarker für
die personalisierte Erstlinientherapie des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen
Lungenkarzinoms.
Das Bronchialkarzinom gehört zu den häufigsten Tumorerkrankungen in den westlichen Industrienationen. Bei
Männern tritt das Lungenkarzinom mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von 80 pro 100.000, bei Frauen
mit 35 pro 100.000 auf. Wesentlicher Risikofaktor ist das
inhalative Rauchen – etwa 85 bis 90 Prozent aller Lungenkarzinome sind als tabakassoziiert anzusehen.
Mittleres Erkrankungsalter liegt für Männer und Frauen
bei etwa 69 Jahren. 75 bis 80 Prozent aller Lungenkarzinome gehören zum nicht-kleinzelligen Typ. Sie entstehen
ausschließlich aus dem Epithel, das die Bronchien auskleidet, und wachsen im Vergleich zum kleinzelligen
Lungenkarzinom langsamer, weshalb die Prognose etwas
günstiger ist. Allerdings sind die nicht-kleinzelligen Lungenkarzinome weniger empfindlich gegenüber Chemotherapeutika. Da bei über der Hälfte der Patienten bei
Diagnosestellung schon Metastasen vorliegen, beträgt das
Fünf-Jahres-Überleben lediglich 15 Prozent.
Die Therapie hängt vor allem vom Stadium der Erkrankung
ab. Neben der Strahlen- und Chemotherapie kommen auch
neue Therapieansätze zur Anwendung. Zu den aktuellen
Therapieoptionen, die auf molekularer Ebene direkter an
der Zielstuktur wirken („Target-Therapie“), zählen die Inhibitoren des „Epidermal growth factor receptor“ (EGFR).
6_2010
Tyrosinkinase-Hemmer
EGFR ist eine Rezeptor-Tyrosinkinase, die als Bindungsstelle für Wachstums- beziehungsweise Botenstoffe dient.
Bei Bindung wird über eine Signalkette das Zellwachstum angeregt.
Löst sich die Bindung, so wird die Signalkette nicht weiter stimuliert und die Aktivität der Zelle einschließlich
der Zellteilung wird verlangsamt. EGFR ist bei 40 bis 80
Prozent der nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome überexprimiert. Diese Überexpression resultiert in einer
erhöhten Zellproliferation, verminderter Apoptose und
erhöhter Angiogenese. Man geht davon aus, dass damit
auch eine schnellere Metastasierungsrate verbunden ist.
Ziel der neuen therapeutischen Ansätze ist, die Aktivität
der Rezeptor-Tyrosinkinasen und damit Zellwachstum
und -proliferation zu unterbinden.
Die Blockade des EGFR kann durch monoklonale Antikörper wie Cetuximab (Erbitux) oder durch Tyrosinkinasehemmer (TKI) wie Erlotinib (Tarceva) und Gefitinib
(Iressa) erfolgen. Die Tyrosinkinaseinhibitoren hemmen
spezifisch die ATP-Bindungsstelle der intrazellulären
Tyrosinkinase, wodurch die Autophosphorylierung
unterbleibt. Das EGFR-vermittelte Wachstumssignal
wird unterbrochen.
akademie 19
Patienten mit aktivierenden
Mutationen im EGFR-Gen
profitieren besonders
von einer Therapie mit
Tyrosinkinase-Hemmern.
Prädiktive Bedeutung
Fotos: Gina Sanders, Dmitry Sunagatov (Fotolia)
Patienten mit aktivierenden Mutationen im EGFR-Gen
profitieren besonders von einer Therapie mit Tyrosinkinase-Hemmern. In verschiedenen, nicht randomisierten
und randomisierten, Studien wurden ein verbessertes
Tumoransprechen sowie ein verlängertes progressionsfreies Überleben gezeigt. Die Mutationsfrequenz im
EGFR-Gen beim NSCLC ist vom ethnischen Hintergrund und weiteren Faktoren abhängig. Höhere Mutationsraten (40 bis 50 Prozent) werden vor allem bei Nichtrauchern, Patienten asiatischer Herkunft und weiblichen
Patienten beobachtet.
Rückschlüsse auf den Therapieerfolg aufgrund bestimmter ethnischer oder klinischer Faktoren allein sind jedoch
nicht zuverlässig und können die molekularbiologische
Analyse nicht ersetzen. Dies bedeutet, dass generell vor
Beginn der First-Line Therapie beim fortgeschrittenen
NSCLC auf die EGFR-Mutationen getestet werden
sollte, um allen Patienten einen optimalen Therapieerfolg
zu ermöglichen.
Nach DNA-Isolation und PCR-Amplifikation der
EGFR-Exons 18,19 und 21 folgt die DNA-Sequenzierung. Das Ergebnis der Mutationsanalyse wird anschließend unter Berücksichtigung aktueller klinischer Daten
zum prädiktiven Therapieansprechen befundet.
Unser Labor hat sich erfolgreich an Ringversuchen der
Qualitätssicherungsinitiative Pathologie (QuIP) beteiligt
und kann eine qualitätsgesicherte Testdurchführung
garantieren.
Fazit: Zielgerichtete Therapie
Prädiktive Biomarker erlauben eine individuelle Vorhersage zum Ansprechen oder Nichtansprechen von Therapeutika in der zielgerichteten Behandlung von Patienten.
Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom ist der molekularpathologische Nachweis von aktivierenden Mutationen im EGFR-Gen als Voraussetzung für Therapien mit
Tyrosinkinase-Inhibitoren obligatorisch. Kennt der Arzt
den Mutationsstatus, kann er die Behandlung optimal auf
den Patienten abstimmen.
EGFR-Mutationsanalyse
Der EGFR-Mutationsstatus kann an Formalin-fixiertem,
Paraffin-eingebettetem Gewebe ermittelt werden, was auch
die retrospektive Untersuchung älterer Archivproben
ermöglicht. Mit Hilfe eines gefärbten Schnittpräparats wird
das Tumorgewebe lokalisiert und durch Makrodissektion
selektiv aus dem Paraffinblock entnommen. Häufig stehen
aber auch nur Biopsien zur Verfügung, was eine optimale
Nutzung von sehr wenig Tumormaterial erfordert.
Kontakt
Dr. rer. nat. Jörg Schickel
synlab/Oncoscreen
Löbstedter Straße 93, 07749 Jena
Tel: 0 36 41 – 5 07 40
E-Mail: [email protected]
6_2010
Herunterladen