Kapitel 2 - Chemie Unibas

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Einführung in die Physikalische Chemie: Übersicht
Einführung in die Physikalische Chemie
Teil 1: Mikrostruktur der Materie
Kapitel 1:
Quantenmechanik
Mathematische Grundlagen
Schrödingergleichung
Einfache Beispiele
Kapitel 2:
Atome
H-Atom
Spin
Mehrelektronen-Atome und Spektroskopie
Kapitel 3:
Moleküle
Molekülorbitaltheorie
Born-Oppenheimer-Potential
Kapitel 4:
Molekülspektroskopie
Bewegungsformen eines Moleküls:
Rotationen,Schwingungen, elektron. Bewegung
Mikrowellen-, Infrarot- und optische Spektroskopie
Kapitel 5:
Zwischenmolekulare
Kräfte
Elektrostatische Eigenschaften von Molekülen
Zwischenmolekulare Wechselwirkungen
Struktur von Biomolekülen
Kapitel 6:
Struktur der Materie
Reale Gase
Kondensierte Phasen
Moleküldynamik
Mikrokosmos
Makrokosmos
Kapitel 2: Atome
Kapitel 2: Atome
Übersicht:
2.0 Entwicklung der modernen Atomtheorie
2.1 Das Wasserstoffatom
2.1.1 Lösungsskizze der Schrödingergleichung
2.1.2 Radialfunktionen
2.1.3 Kugelflächenfunktionen und Drehimpuls
2.2 Der Spin
2.3 Spektroskopie des H-Atoms
2.4 Pauli-Prinzip und Heliumatom
2.4 Aufbauprinzip: Mehrelektronenatome
Literatur:
Atkins, de Paula, Physikalische Chemie (4. Aufl.), Kapitel 9,10
Atkins, de Paula, Kurzlehrbuch Physikalische Chemie (4. Aufl.), Kapitel 13
2.0 Entwicklung der modernen Atomtheorie
2.0 Entwicklung der modernen Atomtheorie
1803: Atomhypothese von John Dalton: jedes Element besteht aus Atomen eines
bestimmten Typs
1886: Johann Jakob Balmer (Basel): empirische Formel für die
Wellenlängen der Spektrallinien im visiblen Emissionsspektrum
des H-Atoms:
n2
mit n ganzzahlig und A=3645.6 Å (2.0.1)
=A 2
n
4
J.J. Balmer
Spektrallinien der Balmer-Serie des H-Atoms
1886: Johannes Rydberg: verallgemeinerte Formel für die
Wellenlängen der Spektrallinien im H-Atom:
✓
◆
1
1
1
-1 (2.0.2)
= RH
mit
m,n
ganzzahlig
und
R
=109677
cm
H
m2
n2
J. Rydberg
1897: Joseph John Thomson: Entdeckung des
Elektrons, Rosinenkuchenmodell des Atoms
Rosinenkuchenmodell
J.J. Thomson
des Atoms
2.0 Entwicklung der modernen Atomtheorie
1909: Ernest Rutherford: Entdeckung des
Atomkerns, Rutherfordsches Atommodell. Erklärt
nicht Linienstruktur der Spektren und Stabilität
des Atoms.
Li-Atom gemäss
Rutherford-Modell E. Rutherford
1913: Niels Bohr: Bohrsches Atommodell, erklärt durch ad-hocQuantisierung des Bahndrehimpuls die Linienstruktur der
Sprektren und Stabilität des Atoms
1926: Erwin Schrödinger: Schrödingergleichung, Formulierung
der Quantenmechnik (zusammen mit L. de Broglie, W.
Heisenberg, Max Born, W. Pauli, et al.). Erste konsistente (und bis
heute gültige) Beschreibung von Atomen (und Molekülen) →
Gegenstand dieses Kapitels.
Seit 1980er Jahren: “Renaissance” der Atomphysik:
1978: Erste Laserkühlung von Atomen
1997: Nobelpreis für Laserkühlung
2001: Nobelpreis für Bose-Einstein-Kondensation in ultrakalten
atomaren Gasen
N. Bohr
E. Schrödinger
2.1 Das Wasserstoffatom
2.1 Das Wasserstoffatom
Einfachstes Atom: ein Elektron umkreist ein Proton
Löse die Schrödingergleichung für das Problem:
+
Herleitung des Hamiltonoperators:
• Drücke die klassische totale Energie Etot als Funktion der Impulse px, py, pz
und Orte x, y, z aus:
Coulombpotential
(2.1.1)
•
Ersetze die Orte x,y,z und Impulse px, py, pz durch ihre QM Operatoren:
und analog für
die y- und z-Koord.
(2.1.2)
2.1 Das Wasserstoffatom
Die Schrödingergleichung wird somit:
(2.1.3)
mit
2.1.1 Lösungsskizze der Schrödingergleichung
Die Integration der Schrödingergleichung ist mathematisch aufwändig und soll
hier nur skizziert werden. Details s. z.B. in Atkins, Kapitel 9 und 10.
Für die mathematische Lösung nutzt man die Kugelsymmetrie des Problems
aus Transformation von kartesischen (x,y,z)-Koordinaten zu
Kugelkoordinaten r, θ, ϕ:
Die Wellenfunktion wird somit:
(x, y , z) ⇥
(r, , ⇥)
(2.1.4)
2.1 Das Wasserstoffatom
Die Wellenfunktion ψ in Kugelkoordinaten ist separierbar in zwei Funktionen,
die nur vom Kern-Elektronenabstand r (Radialfunktionen) bzw. den Winkeln θ,ϕ
(Winkelfunktionen) abhängen:
(r, , ⇥) =
n,⇥,m (r,
, ⇥) = Rn,⇥ (r ) · Y⇥,m ( , ⇥)
(2.1.5)
Winkelfunktionen
Quantenzahlen Radialfunktionen (Kugelflächenfunktionen)
Die Wellenfunktion ist wieder Randbedingungen unterworfen:
•
•
0 für r
⇥ : ψ muss bei grossen Abständen verschwinden
(⇥ = 0) = (⇥ = 2 ) : ψ muss bei einem vollen Umlauf um die
Kugel wieder den selben Wert annehmen (analog für θ)
Aufgrund dieser Randbedingungen treten wieder Quantenzahlen auf:
•
•
•
n = 1, 2, 3, ...
 = 0,1,2,3,.., n-1 = s,p,d,f,..
m = -, -+1, ... 0, ... +-1, +
Hauptquantenzahl
Bahndrehimpulsquantenzahl
magnetische Quantenzahl
(2.1.6)
Die Wellenfunktionen ψn,l,m werden auch als Wasserstofforbitale bezeichnet.
2.1 Das Wasserstoffatom
Die Energien hängen nur von der Hauptquantenzahl n ab:
Rydbergserie
der Energieniveaus
Rydbergformel:
(2.1.7)
wobei:
•
•
•
•
•
RH = 2.1787.10-18 J ... Rydbergkonstante für das H-Atom
(in Wellenzahlen: RH/hc = 109677 cm-1)
... reduzierte Masse von Proton und Elektron
e=1.6022.10-19 C ... Elementarladung
ε0=8.8542.10-12 F m-1 ... elektr. Feldkonstante
Z ... Kernladungszahl
Die Energieniveaus bilden eine charakteristische Serie
(Rydbergserie). Die Energie, die benötigt wird, um das
Elektron aus dem Atom zu entfernen (Ionisationsenergie IE)
beträgt:
IE = En=
En=1 = RH
(2.1.8)
2.1 Das Wasserstoffatom
Energieniveaudiagramm der Wasserstofforbitale:
•
•
•
Energie
...
Schale n
n = 1, 2, 3, ...
 = 0, 1, 2, 3, ..., n-1
m = -, -+1, ... 0, ... +-1, +
N
M
4
m=-3 -2 -1 0 +1 +2 +3
3
m= -2 -1 0 +1 +2
L
2
m= -1 0 +1
K
1
m=0
0
Unterschale: s
1
p
2
d
Die Orbitalenergien hängen nur von
n ab (Schalen) !
Jede Unterschale entspricht einem
bestimmten Wert von  und ist
(2+1)-fach entartet, d.h. sie besitzt
2+1 verschiede Orbitale mit
verschiedenen Werten von m, aber
der selben Energie.

3
f
2.1 Das Wasserstoffatom
2.1.2 Die Radialfunktionen Rn, (r)
1s
3s
3p
3d
2s
Knoten
2p
•
totale Anzahl Knoten
der Wellenfunktion ψ:
Ktot = n-1
•
je grösser die Anzahl der
Knoten, desto höher die
Energie
•
Anzahl Knoten in der
Radialfunktion:
KR = n--1
•
Mathematische
Ausdrücke ausgewählter
Radialfunktionen Rn,(ρ)
(mit = (2Z/na0 )r ,
a0=5.292.10-11 m):
R1,0 ( ) = 2e
✓
1
R2,0 ( ) = p 1
2
R2,1 ( ) =
1
23
·3
✓
2
1
R3,0 ( ) = p
33
1
2
◆
34
/2
/2
e
2
2
+ 3
3
3
✓
23
R3,1 ( ) = 3 ⇥
1
3 2·3
R3,2 ( ) =
e
22
2·3·5
1
2·3
2
e
/3
2
◆
◆
e
/3
e
/3
2.1 Das Wasserstoffatom
Die radiale Verteilungsfunktionen P(r) gibt die Wahrscheinlichkeit an, das
Elektron auf einer Kugelschale im Abstand r vom Kern zu finden:
2
P (r ) = 4 r 2 Rn,⇥
(r )
(2.1.9)
P(r)
1s
2p
P(r)
Der mittlere Radius eines
Orbitals (=der quantenmech.
Erwartungswert des Radius
gem. Kap. 1) berechnet sich
nach: 
✓
◆
1
`(` + 1)
a0
2
hr in,` = n 1 +
1
2
n2
Z
a0=5.292.10-11 m ... Bohrscher Radius
3d
r
2s
3p
r
P(r)
3s
r
2.1 Das Wasserstoffatom
2.1.3 Kugelflächenfunktionen Y,m(θ,φ) und Drehimpuls
•
 = 0 (s)
1 Funktion
Mathematische Ausdrücke für ausgewählte
Kugelflächenfunktionen Y,m(θ,Φ):
Y0,0 ( , ⇤) =
r
1
4⇥
Y1,0 ( , ⇤) =
r
3
cos
4⇥
Knotenebene
 = 1 (p)
3 Funktionen
pz (m=0)
py
m=±1
Y2,0 ( , ⇤) =
px
 = 2 (d)
5 Funktionen
dz2 (m=0)
dxy
dx2-y2
m=±1
dyz
r
3
sin e ±i
8⇥
5
3 cos2
16⇥
1
Y2,±1 ( , ⇤) =
r
15
sin cos e ±i
8⇥
Y2,±2 ( , ⇤) =
r
15
sin2 e ±i2
32⇥
•
Die Kugelflächenfunktionen Y,m sind 2+1fach entartet, da die Energie nicht von  und
m abhängt und zu jedem -Wert 2+1
verschiedene Werte von m möglich sind.
•
Anzahl Knotenenebenen der
Kugelflächenfunktionen: KY = 
m=±2
dxz
Y1,±1 ( , ⇤) =
r
2.1 Das Wasserstoffatom
Interpretation der Quantenzahlen  und m: Bahndrehimpuls des Elektrons
•
•
•
•
Pro Memoria: in der klassischen Mechanik ist der
⇥ eines um eine Achse kreisenden
Drehimpulsvektor L
Teilchens gegeben durch das Vektorprodukt von Ortsund Impulsvektor:
⇧ = ⇧r m⇧
(2.1.10)
L
v
Der quantemechanische Drehimpulsoperator ist
folglich gegeben durch (Herleitung s. Abschn. 1.3):
(2.1.11)
⌅ˆ = ⌅rˆ p⌅ˆ
L
⇥r
⇥
v
Klassischer Drehimpuls
eines rotierenden Teilchens
⇥ˆ
Es kann gezeigt werden, dass das der Operator des Betragsquadrats von L
in Kugelkoordinaten folgende Form annimmt (s. z.B. Atkins, Physikal. Chemie):
2
2
1 ⇤
⇤
⇤
ˆ
ˆ
ˆ
2
⇧
⇧
⇧
(2.1.12)
L =L·L=
2 ⇤⇥2 + sin ⇤ sin ⇤
sin
⇥ˆ2 :
Die Kugelflächenfunktionen Y , sind genau die Eigenfunktionen von L
 m
⌅ˆ2 Y⇥,m =
L
•
⇥
L
2
⇤(⇤ + 1)Y⇥,m
(2.1.13)
Der Betrag L des Drehimpulsvektors des Elektrons ist also gegeben durch:
(2.1.14)
2.1 Das Wasserstoffatom
•
•
⇥ˆ wurden in
Die Komponenten L̂x , L̂y , L̂z des Drehimpulsoperator-Vektors L
Abschnitt 1.3 hergeleitet. L̂x , L̂y , L̂z kommutieren nicht paarweise, sie
sind also komplementäre Observablen. L̂x , L̂y , L̂z kommutieren jedoch mit
⇥ˆ2. Als Folge davon können immer nur L
⇥ˆ2 und eine seiner Komponenten
L
gleichzeitig genau bestimmt werden. Konventionsgemäss wählt man L̂z .
z
L̂z ist in Kugelkoordinaten gegeben durch:
⇥
L̂z =
i ⇥
•
(2.1.15)
⇥ˆ2 mit L̂z kommutiert, sind die KugelflächenDa L
funktionen Y,m auch Eigenfunktionen von L̂z. Die
Quantenzahl m ist assoziiert mit dem Eigenwert
von L̂z :
(2.1.16)
•
⇥ in Bezug auf die
Die QZ m gibt also die Orientierung von L
z-Achse an:
 hängt also mit der Länge des
Drehimpulsvektors zusammen,
m mit seiner Orientierung.
Erlaubte Orientierungen des
Drehimpulsvektors für  =2
L
2.2 Der Spin
2.2 Der Spin
Elementarteilchen wie Protonen, Neutronen und Elektronen besitzen einen
intrinsischen Drehimpuls genannt Spin, für den es kein klassisches Äquivalent
gibt.
Auf die Existenz des Spins wurde erstmals
infolge des berühmten Experiments von Stern
und Gerlach (1921) geschlossen:
•
Ein Strahl von Silberatomen wurde durch ein
inhomogenes Magnetfeld geschossen.
•
Ag-Atome besitzen ein freies Elektron, das ein magnetisches Moment erzeugt,
welches mit dem äusseren Magnetfeld wechselwirkt.
Im Experiment wurde der Ag-Strahl infolge dieser Wechselwirkung in zwei
Richtungen abgelenkt.
Das magnetische Moment muss durch eine Drehbewegung der Elektronen mit
einem Drehimpuls erzeugt werden. Die Richtung dieses Drehimpulsvektors
muss quantisiert sein, ansonsten würde man eine kontinuierliche Verteilung
von Ablenkungsrichtungen erwarten.
Dieser Drehimpuls liess sich nicht als Bahndrehimpuls erklären, der von der
Bewegung der Elektronen herrührt, und wurde daher mit einem klassisch nicht
erklärbaren, intrinsischen Drehimpuls (Spin-Drehimpuls) identifiziert.
•
•
•
2.2 Der Spin
Der Spin-Drehimpuls ⇥s ist eine fundamentale Eigenschaft von Elementarteilchen. Die Quantenzahl des Betragsquadrats ⇥sˆ 2 wird gemeinhin als Spin s
bezeichnet und beträgt s=1/2 für Elektronen, Protonen und Neutronen.
Elementarteilchen mit halbzahligem Spin (s=1/2, 3/2, 5/2, ...)
werden als Fermionen bezeichnet, Teilchen mit ganzzahligem
Spin (s=1,2,3, ...) als Bosonen.
Für die Quantenzahl ms der z-Komponente ŝz von ⇥sˆ gilt analog zum
Bahndrehimpuls:
ms = s, s 1, ..., s
(2.2.1)
Für Elektronen sind also nur zwei Orientierungen ms=+1/2, -1/2
möglich entsprechend den beiden Ablenkungsrichtungen der
Silberatome im Stern-Gerlach-Experiment:
• Spin up ≡ α-Spin ≡ ms=1/2 ≡ ↑
• Spin down ≡ β-Spin ≡ ms = -1/2 ≡↓
Das Elektron im H-Atom muss also insgesamt durch vier
Quantenzahlen charakterisiert werden: n, , m, ms.
2.3 Spektroskopie des H-Atoms
2.3 Spektroskopie des H-Atoms
Spektroskopie behandelt ganz allgemein die Wechselwirkung von Licht mit
Materie. Sie ist die wichtigste Methode, um die Energieniveaustruktur von
Atomen und Molekülen zu untersuchen.
Im H-Atom können spektroskopische Übergänge
zwischen zwei Energieniveaus mit Hauptquantenzahlen
n und n’ durch Absorption oder Emission von Licht
induziert werden. Aufgrund der Energieerhaltung ist
die Frequenz ν des involvierten Photons gegeben durch
h = En
En
(2.3.1)
wobei En und En’ durch die Rydbergformel Gl. (2.1.7) gegeben
sind.
Bei optischen Übergängen sind jedoch nur gewisse
Änderungen der Quantenzahlen erlaubt (Auswahlregeln):
⇥=⇥
m=m
n=n
⇥ = ±1
m = 0, ±1
n = beliebig
(2.3.2)
Grotrian-Diagramm der
spektroskopischen Übergänge
im H-Atom
2.3 Spektroskopie des H-Atoms
Da die Energien im H-Atom quantisiert sind, tritt Absorption und Emission auch
nur bei wohl definierten diskreten Energien auf.
Das Spektrum ist daher nicht
kontinuierlich, sondern eine Ansammlung
von diskreten Absorptions- oder
Emissionslinien.
Man unterscheidet folgende spektrale
Serien im H-Atom:
•
•
•
Lyman-Serie: Übergänge von n=1→n’
(im Ultravioletten)
Balmer-Serie: Übergänge von n=2→n’
(im Visiblen)
Paschen-Serie: Übergänge von n=3→n’
(im Infraroten)
Ausschnitt aus dem Absorptions- und
Emissionsspektrum des H-Atoms (Balmer-Serie)
Beispiel: Bestimmung der Ionisationsenergie aus spektroskopischen Daten
→ Tafel
2.4 Pauli-Prinzip und He-Atom
2.4 Pauli-Prinzip und He-Atom
In einem Atom mit allgemein N Elektronen ist die Wellenfunktion ψ eine komplizierte Funktion der Koordinatenvektoren der Elektronen ri = (ri , i , ⇥i ), i = 1, ..., N .
In der Orbitalnährung nimmt man an, dass jedes Elektron durch eine EinElektronenwellenfunktion (ein Orbital) beschrieben und die Gesamtwellenfunktion ein Produkt als Produkt von Orbitalen formuliert werden kann:
(⇧r1 , ⇧r2 , .., ⇧rN ) =
r1 )
1 (⇧
r2 )..
2 (⇧
rN )
N (⇧
(2.4.1)
Die Orbitale ψi ähneln dabei den Wasserstofforbitalen.
Einfachstes Beispiel: das He-Atom (N=2). Die geringstmöglichste Energie wird
erzielt, wenn beide Elektronen ein 1s-artiges Orbital besetzen.
Hierbei muss jedoch das Pauli-Prinzip berücksichtigt werden:
Die Gesamtwellenfunktion muss das Vorzeichen ändern, wenn die
Koordinaten zweier fermionischer Teilchen vertauscht werden:
(⌅r1 , ⌅r2 , .., ⌅rN ) =
(⌅r2 , ⌅r1 , .., ⌅rN )
(2.4.2)
Das Pauli-Prinzip ist ein fundamentales Naturgesetz von ähnlicher Bedeutung wie
der Energieerhaltungssatz. Wie wir gleich sehen werden, ist es verantwortlich für
den Aufbau der Elektronenstruktur der Atome und damit für die chemische Vielfalt
des Universums.
2.4 Pauli-Prinzip und He-Atom
Das Pauli-Prinzip angewendet auf das He-Atom → Tafel.
•
Für He bedeutet das, dass wenn beide Elektronen ein 1s-Orbital besetzen
d.h., n1=1, 1=0, m1=0
und n2=1, 2=0, m2=0
müssen sie sich in der Spin-magnetischen Quantenzahl ms unterscheiden:
ms,1=1/2 und ms,2=-1/2 → antiparallele Orientierung der Spins
•
Dies wird graphisch oft wie folgt dargestellt:
1s
•
Aus diesem Beispiel wird sofort das Pauli-Ausschlussprinzip ersichtlich:
In einem Atom dürfen keine zwei Elektronen
die selben Werte für alle Quantenzahlen annehmen.
•
Die Elektronenkonfiguration von He wird üblicherweise angeschrieben als
He (1s)2
Orbital
Besetzungszahl
2.5 Mehrelektronenatome
2.5 Mehrelektronenatome: das Aufbauprinzip
Mehrelektronenatome unterscheiden sich vom Wasserstoffatom bedingt durch die höhere Elektronenzahl in zwei
wichtigen Eigenschaften:
• Abschirmung: Elektronen in tieferen Schalen schirmen
die Kernladung von Elektronen in höheren Schalen ab.
Diese Elektronen nehmen eine geringere effektive
Kernladung Zeff wahr, die ausgedrückt wird durch
Zeff = Z
•
•
(2.5.1)
Abschirmungskonstante
Durchdringung: aus den radialen Verteilungsfunktionen P(r) ist ersichtlich, dass s-Elektronen eine
höhere Aufenthaltswahrscheinlichkeit in Kernnähe
(bei r=0) haben als p-Elektronen. Zeff ist daher
grösser für s- als für p-Elektronen.
Da die Orbitalenergien gemäss der Rydbergformel
Gl. (2.1.7) von Zeff abhängen, haben s-Elektronen in
Mehralektronenatomen eine geringere Energie als pElektronen: die Entartung bzgl. der Quantenzahl  ist
somit aufgehoben !
2.5 Mehrelektronenatome
Die Energie der Unterschalen skaliert somit gemäss s<p<d<f ...
Über die Schalengrenzen hinweg ergibt sich folgendes Bild:
Ionisationsenergie
n
Energie
5
4
3
2
RX ist die Rydbergkonstante für das
Atom X:
ZX2 µe 4
RX =
(2.5.3)
32⇤ 2 20 2
mit Ladungszahl ZX und reduzierter Masse
me mX
µ=
me + mX
Reihenfolge der Orbitalenergien:
1s < 2s < 3s < 3p < 4s < 3d < 4p < 5s < 4d usw.
...
Die Orbitalenergien für ein Atom X
lassen sich nach wie vor nach der
Rydbergformel berechnen, wobei
jedoch der Abschirmung durch eine abhängige Korrekturkonstante δ (der
Quantendefekt) Rechnung getragen
wird:
RX
En,⇤ = IE
(2.5.2)
2
(n
⇤)
(2.5.4)
1
=0
(s)
1
(p)
2
(d)
2.5 Mehrelektronenatome
Aufbauprinzip: Bestimmung der Grundzustands-Elektronenkonfiguration
(=Orbitalbesetzung) von Mehrelektronenatomen:
1. Die Elektronen werden so über die Orbitale verteilt, dass die Gesamtenergie
minimiert wird (d.h., die energetisch tiefsten Orbitale werden zuerst besetzt).
2. Jedes Orbital kann zwei Elektronen mit antiparallelem Spin fassen (PauliAusschlussprinzip !).
3. Elektronen besetzen zuerst unterschiedliche Orbitale einer Unterschale,
bevor ein Orbital doppelt besetzt wird.
4. Der Grundzustand des Atoms ist die Konfiguration mit der grösstmöglichen
Anzahl paralleler Spins (Hundsche Regel).
Beispiele:
•
Li: N=3
•
•
Konfiguration: Li (1s)2 (2s)1
2s
1s
C: N=6
•
Konfiguration: C (1s)2 (2s)2 (2p)2
2p
2s
1s
2.5 Mehrelektronenatome
Als Resultat ergibt sich die Elektronenkonfiguration der chemischen Elemente
gemäss dem Periodensystem:
Die chemischen Eigenschaften eines Elements werden wesentlich von seiner
Elektronenkonfiguration bestimmt.
Die verschiedenen Elektronenkonfigurationen der Elemente wiederum sind
eine Folge des Pauli-Prinzips !
2.5 Mehrelektronenatome
Aufgabe: Erklären Sie mit dem bisher gelernten die Trends in den
Ionisationsenergien der Atome:
2.5 Mehrelektronenatome
Anwendungsbeispiel aus der aktuellen
Forschung: Laserkühlung von Atomen
•
•
Laser = intensiver, gebündelter, Strahl von
monochromatischem Licht
Bei der Absorption eines Photons durch ein
Atom wird nicht nur Energie, sondern auch
der Photonenimpuls übertragen.
Impuls des Atoms:
Eb
Impuls des Photons:
(Eb-Ea)=hνphoton
Impuls des Atoms nach der Absorption:
•
•
Ea
Dies kann dazu verwendet werden, um Atome zu
abzubremsen, wenn die Impulsvektoren von Atom
und Photon antiparallel verlaufen (= Laserkühlung,
Nobelpreis für Physik 1997 für W. Philips, S. Chu
and C. Cohen-Tannoudji):
Der Photonenimpuls ist jedoch sehr klein, so dass
viele Absorptionszyklen notwendig sind, um das
Atom zum Stillstand zu bringen (→Übungen).
Spontane
Emission
Laserstrahl
Impulsvektor
des Atoms
2.5 Mehrelektronenatome
•
•
Das Photon wird nach einer gewissen Zeit wieder
emittiert, wobei der Photononenimpuls zurückgegeben
wird. Da diese Emission jedoch in alle Raumrichtungen
abgestrahlt wird, wird im Mittel kein Netto-Impuls auf
das Atom übertragen.
Resultat: Abkühlung von Raumtemperatur (T=298 K)
auf wenige Millikelvin in wenigen Millisekunden !
Spontane
Emission
Laserstrahl
Impulsvektor
des Atoms
Konkretes Beispiel: Laserkühlung von Ca+-Ionen in einer Ionefalle
•
•
•
Elektronenkonfiguration von Ca+: (1s)2(2s)2(2p)6(3s)2(3p)6(4s)1
Laserkühlungsanregung: ...(4s)1→...(4p)1 bei 397 nm
Ionenfalle: Gerät bestehend aus mehreren Elektroden zum
festhalten geladener Teilchen mit elektrischen Feldern
•
Nach der Laserkühlung lokalisieren die
Ionen in der Falle und bilden eine
geordnete Struktur, einen CoulombKristall, in dem einzelne Atome beobachtet und manipuliert werden können.
•
Anwendungen: Quantencomputer,
Massenspektrometrie, Chemie mit
einzelnen Molekülen
Mehr dazu in der PC-Vertiefungsvorlesung “From Ultrafast to
Ultracold - Modern Topics and Methods in Physical Chemistry”
Fluoreszenzbild von warmen
Ca+-Ionen in der Ionenfalle
Schema einer Ionenfalle
Coulomb-Kristall nach
Laserühlung
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