Kulturanleitung Brennnessel

Werbung
Kulturanleitung für den kontrollierten Anbau
Brennnessel
Urtica dioica L.
(Urticaceae)
Große Brennnessel
Geschichte
Die Brennnessel wird seit Urzeiten medizinisch genutzt – so fand man z.B. Überreste in
neolithischen Pfahlbauten in der Schweiz aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. Auch das
Wort „Nessel“ ist sehr alt und geht auf das althochdeutsche „nezzila“ zurück, das mit
dem Wort „Netz“ in Zusammenhang steht. Dieses weist auf die frühere Fasergewinnung
zur Herstellung von Nesseltuch hin.
Schon Dioskurides schätzte die Brennnessel und beschrieb ihre Anwendung bei
Rheuma, Blutarmut und Durchfall. Der römische Dichter Catull (57 n. Chr.) schrieb eine
Lobeshymne auf die Brennnessel, die ihn von Husten und Schnupfen geheilt hatte.
Bei den Griechen nannte man die Nessel „acalyphe“. Der lateinische Name „urtica“ ist
von úrere (= „brennen“) abgeleitet. Der Artname „dioica“ bedeutet zweihäusig.
Auch Hildegard von Bingen wusste um die Wirkung der Brennnessel und empfahl die
frische, gekochte Brennnessel für die Reinigung des Magens und als schleimlösendes
Mittel.
Paracelsus (1493 bis 1541) kurierte die Gelbsucht mit einem Gemisch aus Brennnesselsaft und Ziegenmolke.
Der Arzt und Botaniker Otto Brunfels schrieb 1532 in seinem „Contrafayt Kreuterbuch“:
“Was ist nichtigeres und verächtlicher oder auch verhasster dann eine Nessel. Was ist
holdseliger dann eine Hyacynthus, ein Narcissus, ein Gilgen (Lilie), doch dann übertrifft
die Nessel alle samt.“ Der deutsche Arzt, Philosoph und Mathematiker Lonicerus (Adam
Lonitzer) schrieb, sie sei „hitzig im Anfang des ersten Grades und trocken im anderen“.
Sie wirke „erweichend, wind-, stein- und harntreibend, aphrodisisch“ und werde „gegen
krebsartige
Geschwüre,
brandige
Wunden,
Furunkeln,
Geschwülste,
Drüsenanschwellungen, Verrenkungen, Nasenbluten, Milzerkrankungen, Brustfell- und
Lungenentzündung, Asthma, Hautgrind, Munderkrankungen und Epilepsie eingesetzt“.
Im 18. Jahrhundert wurde sie erfolgreich bei Wassersucht, allen Arten von
Hämorrhagien sowie bei Hautausschlägen verwendet. Die Brennnessel spielte auch als
„Sympathiemittel“ eine große Rolle. Eine beliebte Anwendung war die Flagellation
rheumatischer oder gelähmter Glieder mit Brennnesseln, wobei durch das Gift der
Nesselhaare eine Hautreizung mit nachfolgendem Erythem und Blasenbildung auftrat.
Pflanze
Die Brennnessel ist eine mehrjährige, aufrecht
wachsende, wenig verzweigte Staude. Sie
besiedelt bevorzugt stickstoffhaltige Plätze in der
Nähe menschlicher Siedlungen und bildet dort mit
ihren starken weißen Wurzeln ein dichtes Geflecht,
mit dem sie sich horstartig ausbreitet. Ihre 4kantigen grünen Stängel können bis über 2 Meter
hoch werden. An ihnen sitzen die herzförmig –
lanzettlichen Blätter in gegenständiger Anordnung. Blatt der Brennnessel
Die Blätter haben 3-5 gut sichtbare Adern und
einen grob gesägten (häufig auch doppelt gesägten) Blattrand. Blätter und Stängel sind
grün und stark mit nach außen gerichteten Brennhaaren, Borsten- und Drüsenhaaren
besetzt.
Die Brennhaare bestehen aus Kieselsäurekristallen und sind
mit einem Köpfchen versehen, das bei Berührung abbricht.
Das restliche Haar sieht nun aus wie eine Injektionsnadel,
die sich in die oberen Hautschichten bohrt. Der darin
enthaltene ameisensäurehaltige Brennsaft wird durch die
kapillare Sogwirkung in die Haut injiziert und kann dort zu
Brennhaare
langanhaltenden Rötungen, Quaddeln und Juckreiz führen.
Die Große Brennnessel ist zweihäusig,
daher findet man entweder männliche
oder weibliche Pflanzen, die man nur
schwer unterscheiden kann. Die
Blüten der Brennnesseln sind in 510cm langen Rispen angeordnet, die
den Blattachseln im oberen Drittel der
Pflanze entspringen. Die Einzelblüte
ist nur 1mm groß und gelblich weiß.
Männliche Blüten produzieren enorme
Mengen von Pollen, die vom Wind
verfrachtet werden und so Allergikern
Brennnessel mit Blütenrispen
große
Probleme
bereiten.
Die
weibliche Blüten bringen später 12mm lange, braunschwarze Samen hervor. Es heißt, dass die männlichen Blütenrispen
aufrechter stehen sollen, während die weiblichen eher hängen.
Die Blütezeit der Brennnessel liegt im Juni – Oktober, bei Rückschnitt kommt sie
mehrmals im Jahr zur Blüte.
Vorkommen
Die Brennnessel bevorzugt humose, kalkhaltige, nährstoffreiche Böden, verträgt aber
keine
Staunässe;
sie
gilt
allgemein
als
Stickstoffzeigerpflanze.
Die Pflanze ist sehr frosthart.
Bei mehrjährigem Anbau muss unbedingt ein
unkrautarmer, insbesondere wurzelunkrautfreier Standort gewählt werden.
Inhaltsstoffe
Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben dass die Brennnessel beachtliche
Wirkstoffe in sich birgt:
als wichtigste Skopoletin und β-Sitosterin
1 bis 2% Flavonoide (Quercetin-, Kämpferolglykoside,) Carotinoide und Chlorophyll
1 bis 4% Silikate
Verschiedenen Säuren wie: Gallus-, Gerb- und Ameisensäure
Mineralsalze wie Eisen, Magnesium, Silizium, Natrium, Kalzium, und Phosphor
weitere Stoffe wie Glukokinin
Vitamin C, A und E
Die Wurzel enthält zusätzlich 0,1% eines spezifischen Lektins, des so genannten
„Urtica dioica Agglutins“
Hinzu kommen pflanzliche Hormone als Phyto- oder Biostimulantien, sowie viele
Enzyme.
Der Brennsaft enthält Histamin, Acetylcholin und Serotonin
Verwendung, Wirkung und Anwendung
Magische Eigenschaften und Verwendung
Die beschützenden Eigenschaften der Brennnessel wurden schon lange in der Magie
verwendet. Um einen Fluch abzuwenden oder ihn zurück zu senden, soll man
Brennnesseln in eine Puppe stopfen oder sie in einem Säckchen mit nach Hause
nehmen. Böses hält man vom Haus fern, wenn dieses mit Brennnesselwasser
besprengt wurde oder das Kraut verbrannt wurde. Böse Geister oder Gefahren ließen
sich aber auch abwehren, indem man Brennnesselkraut in der Hand hielt. Gemeinsam
mit der Schafgarbe als Amulett um den Hals getragen, wirkte sie gegen die Angst und
konnte Negatives bannen. Eine frisch geschnittene Brennnessel unter das Bett einer
kranken Person gelegt unterstützte die Heilung.
Die Kelten betrachteten Brennnesseln als „Schutzschild“ gegen böse Flüche und
pflanzten sie daher häufig rund um ihre Behausungen. Wo sie natürlich wachsen,
befinden sich häufig Wasserkreuzungen im Untergrund – diese Plätze waren den
Kelten heilig.
Noch heute wird die Brennnessel auch als Lust förderndes Kraut verwendet.
Mexikanische Heiler empfehlen, sie in Reinigungsbädern zu verwenden, weil sie "mehr
Fleisch fressend" ist als die anderer Kräuter und sie so eine viel effizientere Wirkung
hat. Besonders liebesfördernd wirken dabei Brennnesselsamen. Aus diesem Grund war
es im Mittelalter Mönchen und Nonnen verboten, diese zu essen. Aber auch
„Auspeitschungen – sogenannte Urtikationen“ wenn das müde Glied „hanget“ mit
frischen Brennnesseltrieben wirken hier – nach Otto Brunfels – Wunder.
In einem der traditionellen Segnungsrituale für das Athame (Kultmesser) wird die
Brennnessel für das Reinigungsbad verwendet, in dem die erhitzte Klinge geschwungen
wird.
Fasergewinnung
Stoffe aus Brennnesseln gab es bereits vor Jahrtausenden. Im letzten Drittel des 19.
Jahrhunderts lebte das Interesse an der heimischen Faserpflanze aufgrund einer
Baumwollknappheit wieder auf. Um 1900 galt die Brennnessel als das „Leinen der
armen Leute“. Zuletzt wurde sie im Zweiten Weltkrieg verstärkt in Deutschland für
Armee-Bekleidung verwendet. Nachdem man im 12. Jahrhundert Brennnesselfasern
dazu nutzte, Segel und Fischernetze zu produzieren, versuchte man ab dem 15.
Jahrhundert, die Pflanze zu kultivieren, bis schließlich die Baumwolle aufkam. Dennoch
gewann der Nesselstoff immer dann an Bedeutung, wenn Baumwolle knapp wurde zuletzt nach den beiden Weltkriegen. Die Kelten stellten aus Nesselfasern Stricke,
Säcke und Hemdenstoffe her. Schon in der Altsteinzeit wurden aus der Pflanze Netze,
Reusen, Tragtaschen und Fallstricke produziert.
Färberpflanze
Lange Zeit gehörte die Brennnessel zu den Färberkräutern. Wolle kann man mit ihrer
Wurzel, nach Vorbeizen mit Alaun, wachsgelb färben. Mit einer Zinnvorbeize,
Kupfernachbeize und einem Ammoniak-Entwicklungsbad erzielt man mit dem Kraut ein
kräftiges Graugrün. Man benötigt etwa 600 Gramm Brennnessel pro 100 Gramm Wolle;
besonders bei der Brennnessel kann der Farbton vom Zeitpunkt des Pflückens und
Färbens abhängen, deshalb ist die Technik bei Massenproduktion von Kollektionen in
Vergessenheit geraten.
Verwendung in der Heilkunde
Zubereitungen aus dem Brennnesselkraut oder den Brennnesselblättern wirken bei
Rheuma. Brennnesseln wirken außerdem adstringierend, Blut reinigend, Harn treibend,
Schmerz lindernd und Entzündung hemmend.
Sie helfen darüber hinaus bei entzündlichen Harnwegserkrankungen, aber auch bei der
Behandlung und Vorbeugung von Nierengrieß und bei Prostatabeschwerden. Da bei
der Einnahme von Brennnesseln mehr Flüssigkeit eingenommen werden soll, ist dies
jedoch nicht bei Erkrankungen zu empfehlen, bei denen die vermehrte
Flüssigkeitszufuhr vermieden werden soll.
Der in der Volksmedizin empfohlene Diabetikeraufguss hat hingegen keinen Einfluss
auf die Erkrankung selbst. Allerdings wirkt sich die Brennnessel positiv auf die Funktion
der Bauchspeicheldrüse aus.
Empfohlen wird die Brennnessel auch als blutbildendes Gemüse anämischer Personen.
Die blutbildenden Substanzen liegen in wesentlich höheren Gehalten als Spinat vor und
können zudem vom Körper aufgenommen werden.
Anwendung in der Volksmedizin
In der Volksheilkund werden Brennnesseln zur Anregung des Milchflusses bei stillenden
Müttern, gegen Haarausfall, bei Hautausschlägen, Allergien, Osteoporose, Anämie und
Wechseljahresbeschwerden verwendet. Kocht man die Brennnessel in Milch, hilft dies
gegen Durchfall. Außerdem soll das "Auspeitschen" mit Brennnesseln gegen Rheuma,
Hexenschuss, Ischias und Gicht helfen, da dies die Durchblutung anregt.
Kulinarisches
Die jungen Blätter der Brennnessel besitzen noch keine Brennhärchen, so dass man
aus ihnen einen schmackhaften Salat zaubern kann. Darüber hinaus gibt es den
Brennnesselspinat, Brennnesselnudeln, Brennnesselschlutzer, Brennnesselknödel
oder –nocken machen oder auch die Brennnesselsuppe. Blätter und Samen können
auch zu einem Brennnesselbrot verarbeitet werden. Köstlich sind auch frittierte und
leicht gesalzene Brennnesselblätter.
Am besten schmecken die noch ganz jungen Triebspitzen der Pflanzen, die im Frühjahr
wachsen. Wenn man ganzjährig nur junge Blätter verwenden will, sollte man die
Brennnesseln regelmäßig bis auf 2cm über dem Boden zurückschneiden. Nach kurzer
Zeit treiben die Brennnesseln wieder aus der Wurzel aus, so dass man wieder junge
Blätter hat. Auf diese Art und Weise kann man von April bis September, manchmal
auch Oktober, junge hellgrüne Brennnesselblätter ernten.
Wen bei etwas älteren Blättern die Brennhaare stören, der kann diese auch
unschädlich machen, indem die Brennnesseln in ein Tuch gewickelt und dieses stark
gewrungen und sie anschließend kurz blanchiert werden. Alternativ dazu kann man sie
auch kräftig duschen.
Durch das Vermischen mit der Marinade verlieren die Härchen im Salat ihre
Brennwirkung.
Ganz neu ist noch eine weitere Verarbeitungsvariante: Brennnessel als „Smoothie“.
Hierzu werden frische Brennnesselblätter/Triebspitzen zusammen mit z.B. Apfel oder
anderen Gemüsen/Kräutern zu einem belebenden und reinigendem Getränk –
besonders im Frühjahr - verarbeitet.
Äußerliche Anwendungen
Haarspülung
Wer besonders glänzendes und kräftiges Haar haben möchte, nutzt die Kieselsäure der
Brennnessel: dazu werden Stängel und Blätter mindestens 20 Minuten gekocht, um die
Kristalle zu lösen. Anschließend spült man mit dem erhaltenen Absud die Haare. Eine
Haarspülung wirkt auch gegen fettes Haar und Schuppen.
Stickstoffdünger
Als stickstoffsammelnde Pflanze besitzt die Brennnessel sehr hohe Düngeranteile. Wer
diese hohen Stickstoffanteile der Pflanze als Dünger im Gemüsegarten nützen möchte,
stellt aus frischen Trieben mit Wasser über mehrere Wochen eine Brennnesseljauche
her, die anschließend in verdünnter Form als hervorragender Stickstoffdünger flüssig
ausgebracht werden kann.
Läusevertreiber
Das Wasser aus einem Kaltauszug kann Läuse vertreiben. Dazu setzt man frische
Brennnesselstängel über Nacht in kaltem Wasser an und spritzt dieses Wasser dann
täglich und mehrere Tage hintereinander auf die befallenen Pflanzen. Aber Achtung: die
Läuse werden nur vertrieben, nicht getötet!
Wichtige Hinweise
Fruchtfolge
Die Brennnessel ist weitgehend selbstverträglich, Anbaupausen von 3-4 Jahren sind
aber empfehlenswert.
Als Vorfrucht sind N- liefernde Kulturen z.B. Leguminosen günstig.
Die Brennnessel hat einen guten Vorfruchtwert, da sie eine große
Bodendurchwurzelungskraft hat.
Nachteilig wirkt sich diese starke Durchwuchskraft allerdings auf die Nachfrucht aus.
Anbau
Jungpflanzenaufzucht
Aussaat
Die bewährteste Methode zum Brennnesselanbau ist die Jungpflanzenaufzucht.
Die Jungpflanzen werden aus Brennnesselsamen im Gewächshaus gezogen.
Die Aussaat erfolgt Mitte Februar in Saatkisten, die Samen dürfen nur leicht
abgedeckt werden (Lichtkeimer). Die aufgehenden Pflänzchen werden ab Mitte
März in Anzuchtplatten (54 Loch) in Pflanzenhorsten pikiert
(3 bis 5
Pflänzchen). Als Substrat dient Einheitserde.
Wurzelausläufer
Die Brennnessel besitzt einen bis zu 17 cm langen Wurzelstock mit dem sie den
Winter überdauert. Daneben entwickelt sie flache Wurzelausläufer (Stolonen).
Sie können ab Mitte April in kleinen Parzellen (70 x 20 cm) ausgelegt werden,
wobei die Wurzelausläufer eine Länge von etwa 10 cm besitzen sollen. Zwar ist
diese Methode relativ aufwändig und kann lückenhafte Bestände hervorbringen,
dafür ist sie Erfolg versprechender als die Direktsaat, weil die kleinen
Brennnesselsamen im Freiland ein schlechtes Auflaufverhalten besitzen.
Direktsaat
Aussaattermin: April; Aussaatstärke: 40-60 g/Aa; Reihenabstand: 45 cm, TKG 0,14
Problem: geringe und ungleichmäßige Auflaufrate bei gedrillten Beständen.
Pflanzung von Jungpflanzen
Pflanztermin: Frühjahr (Mitte April);
Reihenabstand: 70 cm, Pflanzabstand in der Reihe: 20 – 30 cm
Pflanzenanzahl: 800 Pflanzen/Ar
Bei mehrjährigem Anbau muss die Kultur ausreichend beregnet und reichlich mit
Stickstoff versorgt werden. Wichtig ist eine Nachdüngung nach jedem Schnitt.
Düngung
Brennnessel ist ein Stickstoff- Zehrer. Wegen der hohen Keimzahl darf kein frischer
Stallmist oder Gülle auf die Brennnesselkultur ausgebracht werden; Phosphor (P),
Kalium (K) und Magnesium (Mg) gibt man am besten bereits zur Vorkultur in
ausreichendem Maße. Auf hohe N-Gaben reagieren Brennnesseln zwar mit hohen
Blatt- und Chlorophyllgehalten aber auch hohen Nitratwerten.
Durchschnittlicher Nährstoffbedarf/Ar
N
1,50
P2O5
0,80
Zusätzlich 0,30 kg N nach jedem Schnitt.
K2O
0,30
Nährstoffentzüge bei Brennnessel kg/Ar
Pflanzenteil
Nicht blühendes Kraut
Wurzeln
N
2,34
0,80
P2O5
0,63
0,16
K20
2,75
0,41
Mg O
0,37
0,08
Pflege
Wichtig ist eine regelmäßige Bestandskontrolle. In jedem Fall müssen vor einem Schnitt
unbedingt Unkräuter entfernt werden.
Krankheiten und Schädlinge
Pilzliche Schaderreger
Besonders gefürchtet ist ein Befall mit Fusarien (Pilzen). Sie können durch Fäulnis nicht
nur zu Ernteausfällen führen, sondern bilden zudem Gifte, die bei Einnahme durch den
Mund (oral) beim Menschen zu akutem Erbrechen führen können.
Braune Blattflecken
Septoria urticae
dunkle, unregelmäßige Flecken auf den unteren Blättern beginnend, führt
zu Ertragseinbußen
trockene Kulturführung, stark befallene Pflanzen entfernen
Brennnessel - Rost
Puccinea urticae-caricis
Kreisrunde aufgewölbte Pusteln auf der Blattoberseite, unterseits
warzenartig und mit rostroten Sporen, von unteren Blättern ausgehend
Trockene Kulturführung, Blätter entfernen, evtl. ein Sanierungsschnitt und
befallenes Erntegut vernichten
Tierische Schädlinge
Für die Raupen von rund 50 Schmetterlingsarten sind bestimmte Brennnessel-Arten
eine wichtige Futterpflanze.
Die Schmetterlingsarten Admiral, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs (auch als Nesselfalter
bekannt),
Silbergraue
Nessel-Höckereule,
Dunkelgraue
Nessel-Höckereule,
Brennnessel-Zünslereule (Hypena obesalis). Sie sollten möglichst ökologieverträglich
entfernt werden, z.B. durch das Absammeln oder durch zurückschneiden des
Bestandes. Die auf Brennnesseln zahlreich zu findenden Marienkäfer sollten nicht als
Schädlinge betrachtet werden, da besonders deren Larven zur wesentlichen
Bekämpfung von Blattläusen beitragen
Kleiner Fuchs
Aglais urticae
Tagpfauenauge
Aglais io
Landkärtchen
Araschnia levana
Schäden nur bei massenhaftem Auftreten der
Raupen
Kalfraß der Pflanze von der Triebspitze her
Brennnessel – Blattlaus
Aphis urticata
Laus dunkelgrün bis blattgelb
In großen Kolonien
Schäden bei übermäßigem Befall durch starke Saugtätigkeit an jungen
Triebspitzen
Blätter verkrüppelt
Gemüseeule
Lacanobia oleracea
Raupen im Endstadium mit großen Schäden
Schäden durch Loch- bis Skelettierfraß
Brennnessel-Blattfloh
Trioza urticae
Brennnessel- Wiesen-Erd-Zikade
Aphrodes makarovi
Brennnessel-Gallmücke
Dasineura urticae
Distelfalter
Vanessa
cardui
Brennnessel-Spitzmaul-Rüssler
Taeniapion urticarum
Schäden bei starker Saugtätigkeit, dann
Spitzen verbogen, verkrüppelt, teilweise
mit Gallenbildung
Pflanze nicht mehr vermarktbar
untergeordnete Bedeutung
Schäden durch Saugtätigkeit der 5 Larvenstadien auf
der Blattunterseite vom Boden ausgehend
Blattoberseits erscheint das Blatt weiß gesprenkelt
Sehr kleine, gelblich-grüne Gallmücken legen
mit ihrem Legestachel Eier ins Blattgewebe,
das mit Gallenbildung reagiert.
Symptome ab Juli bis September
Wirtschaftliche Schäden nur sehr selten
Schäden durch Frass der Raupen nur
bei massenhaftem Auftreten
sehr kleiner, schwarzer und behaarter
Rüsselkäfer (ca 2mm) mit orangefarbenen
Beinen
frisst an Stängel – besonders beim
Blattstielansatz
kaum wirtschaftliche Schäden
Ernte/Aufbereitung
Im 1. Anbaujahr kann man mit 3 Krauternten rechnen (Ende Juni, Ende Juli, Ende
August/Anfang September).
Ab dem 2. Standjahr sind bis zu 5 Schnitte möglich, beginnend im Mai.
Erntezeitpunkt:
wenn die Basalblätter anfangen zu vergilben, bzw. bei Ansatz von Blütenknospen.
Häufige Schnitte reduzieren den Stängelanteil im Erntegut.
Ernte und Trocknung
Kraut:
Schnitthöhe: 8 - 10 cm über Boden.
Für den optimalen Erhalt der Inhaltsstoffe muss eine rasche Trocknung
(Trockenanlage) der Krautware bei ca. 35°C erfolgen , bis das Erntegut
rascheltrocken ist.
Restfeuchte 6 - 10 %
Wurzeln:
Die Wurzelernte ist nach mehrjährigem Anbau Ende Oktober/Anfang November
möglich.
Rodetiefe: ca. 30 cm, mit Kartoffel- oder Rübenroder. Vor der Ernte muss das
Kraut abgeerntet werden;
Wurzelstöcke in 5-10 cm große Stücke zerteilen und waschen
Trocknen bei 60°C
Erträge:
Folgende Erträge sind bei Brennnesselkulturen zu erwarten:
Krauterträge im Pflanzjahr
In den Folgejahren
Bei Direktsaat: insgesamt
In weiteren Standjahren
Wurzel
30 - 45 kg/Ar TM
40 - 65 kg/Ar TM
15 – 25 kg/Ar TM
40 - 60 kg/ha TM
24 - 30 kg/Ar TM
Literaturnachweise
Eva Hanke, Ernst Wegner: Die Heilkraft der Brennnessel. Droemer Knaur, München 2000
Heidelore Kluge: Brennnessel: Heilpflanze und mehr. Haug, Heidelberg 1999
Renate Spannagel: Heilkraut Brennnessel: Gesundheitspflege, Teezubereitung, kosmetische Anwendung. Weltbild, Augsburg
1998
Wolf-Dieter Storl: Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor. AT Verlag, Aarau/Baden 2000
Wolf-Dieter Storl: Die Pflanzen der Kelten Knaur Taschenbuchverlag, September 2010
Gustav Bredemann: Die Große Brennessel Urtica dioica L. – Forschungen über ihren Anbau zur Fasergewinnung
Eigene Erfahrungen im Brennnesselanbau am Kräuterhof „Gachhof“ Meran des Versuchszentrum Laimburg 1995 – 2000
Bildnachweis Brennhaar:
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Urtica_dioica_stinging_hair.jpg#/media/File:Urtica_dioica_stinging_hair.jpg,
11.11.2015
__________________________________________________________
Kulturanleitungen im Kräuteranbau
Cav. Heinrich Abraham 2015/16
Herunterladen