Energie und Entropie

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Physik
PZ-Information 1/2000
Energie und Entropie
~E=p·~V
~E=T·~S
Handreichung zum neuen Lehrplan Physik in der S II
Pädagogisches Zentrum
In den "PZ-Informationen" werden Ergebnisse aus Arbeitsgruppen von Lehrerinnen und Lehrern aller
Schularten veröffentlicht, die gemeinsam mit Fachwissenschaftlern und Fachdidaktikern erarbeitet
worden sind. Hier werden Anregungen gegeben, wie auf der Grundlage des Lehrplans in der Schule
gearbeitet werden kann. Im Mittelpunkt steht dabei immer der tägliche Unterricht und damit
verbunden die Absicht, seine Vorbereitung und Durchführung zu bereichern. Für Lehrerinnen und
Lehrer, die diese Anregungen aufgreifen und durch eigene Erfahrungen und Ergebnisse verändern oder
ergänzen wollen, ist das Pädagogische Zentrum ein aufgeschlossener Partner, der besucht oder
telefonisch erreicht werden kann.
Die "PZ-Informationen" erscheinen unregelmäßig. Eine chronologische Liste aller Veröffentlichungen
des Pädagogischen Zentrums einschließlich einer inhaltlichen Kommentierung kann im PZ Bad
Kreuznach angefordert werden (Rückporto). Unser Materialangebot finden Sie auch im Internet auf
dem Landesbildungsserver unter folgender Adresse:
http://bildung-rp.de/PZ
Herausgeber:
Pädagogisches Zentrum Rheinland-Pfalz (PZ)
Europaplatz 7 - 9, 55543 Bad Kreuznach
Postfach 2152, 55511 Bad Kreuznach
Telefon (0671) 84088-0
Telefax (0671) 8408810
e-mail: [email protected]
URL: http://bildung-rp.de/PZ
Autor:
Josef Leisen, Staatl. Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in Koblenz,
Leiter der Fachdidaktischen Kommission Physik - Sekundarstufe II
unter Mitarbeit der Mitglieder der Fachdidaktischen Kommission Physik:
Dietmar Fries, Gymnasium Birkenfeld
Dr. Jörg Luggen-Hölscher, Goethe-Gymnasium Germersheim
Skriptbearbeitung und Layout:
Josef Leisen
Redaktion:
Angela Euteneuer
 Bad Kreuznach 1999
Nicht alle Copyright-Inhaber konnten ermittelt werden. Deren Urheberrechte werden hiermit
vorsorglich und ausdrücklich anerkannt.
Die vorliegende PZ-Veröffentlichung wird gegen eine Schutzgebühr von DM 5,00 zzgl.
Versandkosten abgegeben.
ISSN 0938-748X
Pädagogisches Zentrum
Rheinland-Pfalz
Bad Kreuznach
PZ-Information 1/2000
Physik
raie und
tr
1111
I
Handreichung zum neuen Lehrplan Physik
in der Sekundarstufe II
L
I. Didaktischer Teil
1. Der lange Weg zur Entropie ...........................................................
5
2. Der kurze Weg zur Entropie ...........................................................
7
3. Entropieerfahrungen im Alltag .......................................................
11
3.1. Grundbegriffe der Wärmelehre: Temperatur, Entropie und Energie
3.2. Der Temperaturunterschied als Antrieb für einen Entropiestrom
3.3. Die Entropiekapazität
3.4. Die Entropieerzeugung
3.5. Die Entropiedissipation
4. Historische Altlasten und die didaktische Inkonsequenz ................
14
5. Energie- und Entropieströme ..........................................................
15
6. Entropische Betrachtungen .............................................................
19
6.1 Der Mensch - entropisch betrachtet
6.2 Die Pflanzen - entropisch betrachtet
6.2 Die Erde - entropisch betrachtet
7. Exkurse ............................................................................................
7.1 Die verschiedenen Gesichter der Entropie (nach G. Job)
7.2 Meinungsvielfalt zum Wärmebegriff (nach G. Job)
7.3 Warum die Energieform Wärme nicht in einem System enthalten sein kann
7.4 Zur Geschichte des Wärmebegriffs
7.5 Die Festlegung der Skalen und die Messung von Temperatur und Entropie
7.6 Altlasten der Physik: Entropie (von G. Job)
7.7 Altlasten der Physik: Die Äquivalenz von Wärme und Arbeit (von G. Job)
7.8 Altlasten der Physik: Die Messung der Entropie (von F. Herrmann)
23
II. Unterrichtspraktischer Teil - Ein Unterrichtsvorschlag
1. Didaktischer Kommentar ...............................................................
33
2. Bausteine im Lehrplan Physik .......................................................
34
2.1 Bausteine des Grundfaches
2.2 Bausteine des Leistungsfaches
2.3 Bausteine im Lehrplan zum fachübergreifenden und fächerverbindenden
Arbeiten am Thema Treibhauseffekt
3. Gliederung der Unterrichtsreihe .....................................................
36
III. Unterrichtsmaterialien
1. Folien und Arbeitsblätter .................................................................
41
2. Aufgaben mit Lösungen ..................................................................
61
IV. Literatur .......................................................................................
68
V. Anhang .......................................................................................
69
I. Didaktischer Teil
1. Der lange Weg zur Entropie
Entropie in der Schule, und dann noch in
zehn Stunden? Unmöglich. Es ist gängige
Meinung, dass die Entropie ein schwieriger, unanschaulicher, abstrakter, komplizierter, ... Begriff ist. Dabei besteht bei allen Physiker-innen und Physikern Einigkeit
über Folgendes:
• Fachliche Relevanz der Entropie:
Die Entropie ist ein tragender Begriff des
Strukturgebäudes der Physik.
• Didaktische Relevanz der Entropie:
Die Entropie ist eine beziehungshaltige
und vernetzende Größe.
• Umweltpolitische Relevanz der Entropie:
Die Energieproblematik ist eigentlich eine
Entropieproblematik.
Wenn Einigkeit über die Relevanz und Bedeutung des Entropiebegriffes unter den
Physiklehrkräften besteht, dann ist es doch
eine Schande, dass Schüler die Schule verlassen, ohne den Begriff kennengelernt zu
haben. Nicht minder traurig ist die Tatsache, dass die meisten Physiker ein gebrochenes Verhältnis zum Entropiebegriff haben. Das hat aber seine guten Gründe, denn
die Geschichte des Entropiebegriffs ist
ziemlich dumm gelaufen. Aus historischen
Gründen ist der Entropiebegriff innerhalb
des Strukturgebäudes der Physik unhandlich und nicht zugriffsfreudig platziert.
Verfolgt man die Lerngeschichte eines
Physikers über Entropie in der normalen
Physikerausbildung, so stellt man fest, dass
es üblicherweise zu einem ersten berührenden Kontakt mit der Entropie in der Vorlesung zur Experimentalphysik kommt: Nach
viel idealem Gas mit cp und cv, reichlich
vielen Zustandsänderungen, gelangt die
Der lange Weg zur Entropie
Zeit
T
R
Q
p
1/2•m•v2
U
W
V
k
cp
cV
Q = ∆U
U - ∆W
W
∆Q
S = ∫d
dQ/T
S=k•lnw
5
Vorlesung über den carnotschen Kreisprozess zur thermodynamischen Temperaturskala und dann taucht diese Funktion S auf,
"die wir als Entropie des Zustandes bezeichnen und deren vollständiges Differential dS bei einer reversiblen Änderung dQ/T
ist, wobei dQ die aufgenommene Wärmemenge, T die Temperatur ist, bei der die
Aufnahme erfolgt." ([1], S. 149)
"Das ist also die berühmte Entropie!", sagt
sich der angehende Physiker und bevor er
sich damit näher vertraut machen kann, ist
die Vorlesung auch schon zu Ende, da dieses Kapitel meistens in der vorletzten Semesterwoche gelesen wird. Immer wieder
zwischendurch taucht die Entropie in den
verschiedensten Vorlesungen und Praktika
auf, allerdings sind die Situationen immer
so, "dass man dann so drübersurft". Es sind
weder Faulheit noch böser Wille, welche
die Studierenden davon abhalten, ein vertrautes Verhältnis zum Entropiebegriff zu
entwickeln. "Das Schwierige an der Entropie liegt in der Natur der Sache", denkt sich
der angehende Physiker. Mit dieser Meinung ist er in guter Gesellschaft, wenn er
sich bei den Mitstudierenden umhört.
Die Ausbildung in der Physik macht das
Verständnis schwer, und dem Studierenden
stellen sich eine Reihe von Verständnishürden:
• Eingeführt als Zustandsfunktion über ein
totales Differenzial bei einem reversiblen Kreisprozess, soll es ein Maß für Irreversibilität sein. Das klingt dem Lernenden paradox.
• Der lange Zugangsweg zum Entropiebegriff über Gastheorie und Carnot-Prozess
verhindert eine spontane, unverkrampfte
Handhabung des Begriffs. Man ist immer
versucht, dem langen Zugang und dem
Begründungsgeflecht im Zeitraffer nachzulaufen, um im Verständnis auf sicheren
6
Boden zu gelangen. Der Begriff taucht
eben am Ende und nicht am Anfang eines
langen Begriffsnetzes auf.
• Die Entropie tritt uns überraschenderweise in den verschiedensten Verkleidungen
(thermisch, statistisch, informationstheoretisch, ...) und in den unterschiedlichsten
Teilgebieten der Physik entgegen. Das eröffnet dem Lernenden zwar verschiedene
Zugangsmöglichkeiten (Konsequenz: Es
gibt verschiedene didaktische Zugänge!),
aber es verwirrt ihn auch, solange er nicht
mit den Schnittstellen vertraut ist. Darüber hinaus wird der Entropiebegriff in der
fachwissenschaftlichen Literatur nicht
einheitlich benutzt (vgl. EXKURS 1).
Der Lernende kommt zu der Überzeugung,
dass Entropie ein zentraler, wichtiger Begriff der Physik ist, gleichzeitig fühlt er
sich unsicher damit. Das ist die Lerngeschichte des "normalen" Physikers. Möglicherweise kommt noch eine Spezialvorlesung zur Thermodynamik dazu, was den
Berührungsgrad und die Vertrautheit mit
dem Entropiebegriff sicherlich wesentlich
erhöht, aber selten zur didaktischen Elementarisierung beiträgt. Und dann gibt es
noch die Physiker, die gleichzeitig auch
Chemiker sind. Die Chemiker gehen wiederum anders mit der Entropie um, so dass es
fast scheinen mag, sie sei ein chemischer
Begriff und gehöre nur in den Chemie- und
nicht in den Physikunterricht.
Kurzum, der Entropiebegriff erweist sich
im Zugang als sperrig und das gilt erst recht
für die Schule. In dieser Auffassung wird
man beim Blick in gängige Schulbücher
nur bestätigt. Nach viel kinetischer Gastheorie, manchen Zustandsänderungen, einigen Kreisprozessen, den Erhaltungssätzen,
gelangen die Bücher auf der vorletzten Seite des Lehrbuchteils über Wärmelehre zur
Entropie.
Ein Beispiel:
"Es ist daher zweckmäßig, eine weitere Zustandsgröße S einzuführen, deren Änderung
∆S diesen Vorgang erfaßt. Diese Zustandsgröße heißt Entropie. Die Entropieänderung ∆S ist der Quotient aus der reversibel
aufgenommenen Wärmemenge Q und der
absoluten Temperatur T bei der Aufnahme
∆S=Qr e v /T. Die Einheit der Entropie ist
2. Der kurze Weg zur Entropie
[S]=1 J/K." ([2], S. 176)
2. Frage: Können Sie sich vorstellen, die
Wärmelehre zu unterrichten, ohne den
Begriff Entropie zu verwenden?
Ein Vergleich der Gliederung der Vorlesung mit dem Inhaltsverzeichnis des Schulbuches zeigt Strukturgleichheit, und man
mag glauben, dass die Elementarisierung
darin besteht, die totalen Differenziale
durch Differenzengrößen zu ersetzen.
Es dürfte deutlich geworden sein, dass man
keinen Unterricht über Energie und Entropie auf dem traditionellen Weg der Thermodynamik in zehn Unterrichtsstunden angehen kann. Alle Zugangsversuche über
den traditionellen Weg zeigen, dass die
Entropie erst ganz am Ende und damit zu
spät vorkommt. Dieser Unterricht, so wertvoll er ist, muss die Überschrift "Kinetische
Gastheorie" oder "Wärmekraftmaschinen"
oder "Thermodynamik" (vgl. entsprechende
Wahlpflichtbausteine) tragen, aber nicht die
Überschrift "Energie und Entropie". Ein
Baustein, welcher der tragenden Rolle von
Energie und Entropie gerecht werden will,
muss diese Begriffe von Anfang an benutzen. Es muss einer "Entropie-Didaktik" gelingen, den Entropiebegriff an den Anfang
zu stellen und im Blick auf seine zentrale
Stellung direkt anzugehen. Die traditionelle
Thermodynamik versucht mit allen Mitteln, Thermodynamik ohne Entropie abzuhandeln. Das Ergebnis ist ein langer Weg
zur Entropie.
Zwei Fragen:
1. Frage: Können Sie sich vorstellen, die
Elektrizitätslehre zu unterrichten, ohne den
Begriff Elektrizität (bzw. elektrische Ladung) zu verwenden?
Die Antwort ist bei beiden Fragen ein
klares “Nein!”, denn:
Wärmelehre ohne Entropie ist wie Elektrizitätslehre ohne Elektrizität
(elektrische Ladung).
Mit der Elektrizität tun sich alle Physiklehrkräfte leicht, und sie hat einen festen Platz
im Physikunterricht. Mit der Entropie hingegen tun sich viele Physiklehrkräfte
schwer, und die Entropie hat keinen Platz
in der Schulphysik.
Der kurze Weg zur Entropie eröffnet sich
über die sogenannte gibbssche Fundamentalform. Entropie und Temperatur spielen
aus fachlicher Sicht für thermische Vorgänge dieselbe Rolle wie elektrische Ladung
und elektrisches Potenzial (elektrische
Spannung) für die elektrischen Vorgänge.
Da man wohl kaum eine Elektrizitätslehre
aufbaut unter Vermeidung des Begriffs der
elektrischen Ladung, so sollte man das
auch nicht in der Thermodynamik tun, indem man den Entropiebegriff tunlichst vermeidet. Im Gegenteil, aus fachlicher Sicht
gehört er an den Anfang, genauso wie der
Ladungsbegriff am Anfang der Elektrizitätslehre steht. Entropieströme spielen in
der Thermodynamik nämlich dieselbe Rolle
wie die elektrischen Ströme in der Elektrodynamik. Indem man diese Analogie aus7
Der kurze Weg zur Entropie
E
T
Zeit
dE = T•dS
p
V
cp
cV
nutzt, eröffnet sich ein frappierend einfacher und kurzer Weg zur Entropie. Der kurze Weg basiert auf dem Karlsruher-PhysikKurs, kurz KPK genannt [3] - [6].
Jeder, der die Elektrizitätslehre verstanden
hat, versteht die Wärmelehre ganz analog,
wie die folgende Gegenüberstellung zeigt:
8
S
k
cS
R
Eigenschaften der Entropie und
Gesetze für Entropieströme
Eigenschaften elektr. Ladungen
und Gesetze für Ladungsströme
Alltagserfahrungen als Entropieerfahrungen
und Entropieexperimente führen zu folgenden Regeln und Gesetzen:
Alltagserfahrungen zur Elektrizität und
Elektrizitätsexperimente führen zu folgenden Regeln und Gesetzen:
1 Jeder (warme) Körper enthält Entropie.
Die (Wärme) Entropie S ist eine mengenartige Größe. Sie kann nur positive
Werte annehmen.
1 Jeder Körper enthält Elektrizität.
Die (Elektrizitätsmenge, Ladungsmenge) Ladung Q ist eine mengenartige
Größe. Die Ladung Q kann positive und
negative Werte annehmen.
2 Je größer die Masse m eines Gegenstandes, desto mehr Entropie S enthält er.
2 Je größer die Masse m eines Gegenstandes, desto mehr Ladung Q enthält er.
3 Je höher die Temperatur T eines Körpers (physikalischen Systems) ist, desto
mehr Entropie S enthält er (es).
3 Je höher das Potenzial ϕ eines Körpers
(physikalischen Systems) ist, desto
mehr Ladung Q enthält er (es).
4 Entropie strömt von selbst von Stellen
höherer Temperatur zu Stellen niedrigerer Temperatur. Ein Temperaturunterschied ∆T ist ein Antrieb für einen
Entropiestrom IS =∆S/∆t.
4 Ladung strömt von selbst von Stellen
höheren Potenzials zu Stellen niedrigeren Potenzials. Ein Potenzialunterschied
∆ ϕ = U ist ein Antrieb für einen
Ladungsstrom I =∆Q/∆t.
5 Je größer die Temperaturdifferenz ∆T,
desto stärker ist der Entropiestrom:
IS = LS•∆T, wobei LS der Entropieleitwert oder der reziproke Entropiewiderstand ist (fouriersches Gesetz).
5 Je größer die Potenzialdifferenz ∆ ϕ= U,
desto stärker ist der Ladungsstrom:
I = L•U, wobei L=1/R der Leitwert oder
der reziproke elektrische Widerstand ist
(ohmsches Gesetz).
6 Jede Leitung setzt dem hindurchfließenden Entropiestrom einen Widerstand
entgegen. Dieser Entropiewiderstand ist
umso größer, je kleiner die Querschnittsfläche der Leitung und je größer
ihre Länge ist. Er hängt außerdem vom
Material der Leitung ab: RS = l/(σS• A).
6 Jede Leitung setzt dem hindurchfließenden Ladungsstrom einen Widerstand
entgegen. Dieser elektrische Widerstand
R ist umso größer, je kleiner die Querschnittsfläche der Leitung und je größer
ihre Länge ist. Er hängt außerdem vom
Material der Leitung ab: R = l/(ε• A).
7 Je höher die Temperatur T eines Körpers (physikalischen Systems) ist, desto
mehr Entropie S enthält er (es). Die Entropiezunahme pro Temperaturzunahme
heißt Entropiekapazität eines Systems
CS=∆S/∆T. Die Entropie S, und somit
7 Je höher das Potenzial ϕ eines Körpers
(physikalischen Systems) ist, desto
mehr Ladung Q enthält er (es). Die Ladungszunahme pro Potenzialzunahme
heißt Kapazität eines Körpers C=Q/U.
9
auch die Entropiekapazität CS hängen
nicht nur von T, sondern auch von andern Größen, z. B. Masse m, Volumen
V, Druck p, Stoffmenge n, etc. ab. Bei
Phasenübergängen ändert sich die Entropiekapazität sehr stark.
8 Entropie kann erzeugt werden bei einer
chemischen Reaktion durch mechanische Reibung, durch elektrische Ströme
in elektrischen Widerständen, durch
Entropieströme in Wärmewiderständen,
usw.. Entropie kann zwar erzeugt, aber
nicht vernichtet werden (2. Hauptsatz
der Thermodynamik). Dieser grundlegende Satz hat denselben erkenntnistheoretischen Status wie der Energieerhaltungssatz. Es ist ein Glaubenssatz.
8 Ladung kann weder erzeugt noch vernichtet werden (Ladungserhaltungssatz).
Dieser grundlegende Satz hat denselben
erkenntnistheoretischen Status wie der
Energieerhaltungssatz. Die Physiker
glauben daran.
9 Prozesse, bei denen Entropie erzeugt
wird, können nicht von selbst rückwärts
laufen, sie sind irreversibel.
10 Entropie ist ein Energieträger. Ein Entropiestrom der Stärke IS ist immer mit
einem Energiestrom der Stärke IE =T• IS
oder ∆E=T•∆S begleitet. Die Temperatur gibt an, wie stark ein Entropiestrom
mit Energie beladen ist. (Die Energiestromstärke ist die Leistung P=IE .)
11 Versucht man mit einer sehr guten Wärmepumpe einem Körper immer mehr
Energie zu entziehen, so stellt man
zweierlei fest:
- Man kommt der Temperatur 0 K sehr
nahe, kann sie aber nicht unterschreiten,
es gibt eine absolut tiefste Temperatur.
- Bei dieser Temperatur fördert die
Pumpe keine Entropie mehr; absolut
kalte Körper enthalten keine Entropie.
12 Die Einheit der Entropie ist [S]=1 J/K.
Es ist diejenige Entropiemenge, mit der
man bei Normaldruck 0,893 cm3 Eis
schmilzt.
10
10 Ladung ist ein Energieträger. Ein
Ladungsstrom der Stärke I ist immer
mit einem Energiestrom der Stärke
IE =ϕ • IQ oder ∆E=ϕ•∆Q begleitet.
Das Potenzial gibt an, wie stark ein
Ladungsstrom mit Energie beladen ist.
(Die Energiestromstärke ist die Leistung
P=IE .)
12 Die Einheit der Ladung ist [Q]=1 C. Es
ist diejenige Ladungmenge, die bei einer zeitlich konstanten Stromstärke von
1 A während der Zeit von 1 s durch den
Leiter fließt.
3. Entropieerfahrungen im Alltag
3.1. Grundbegriffe der Wärmelehre:
Temperatur, Entropie und Energie
Grundbegriffe der Wärmelehre sind Energie, Temperatur und Entropie.
Den Unterschied zwischen den drei Größen
kann man sich an einfachen Überlegungen
klarmachen.
Die Hälfte des Wassers in A wird in B gegossen. Die Temperatur in A bleibt gleich,
aber die Wärme und die Energie halbieren
sich.
al, etc..
Die Wärme (= Entropie) ist etwas, das in
dem Körper enthalten ist, abhängig von
dessen Größe, Masse, Material, Temperatur, ...
Die Energie ist etwas, das in allem enthalten ist. Alles ist Energie und für alles
braucht man Energie. Mit Wärme kann
man Energie übertragen.
Die folgenden Überlegungen untermauern
die Begriffserklärungen.
• Das Wasser mit der Temperatur 70°C enthält mehr Entropie (= Wärme) als die gleiche Wassermenge der Temperatur 10°C.
B
A
70°C
10°C
A
Je höher die Temperatur eines Gegenstandes ist, desto mehr Entropie enthält er.
B
A
• Von zwei Wassermengen gleicher Temperatur enthält die größere mehr Entropie
als die kleinere.
B
20°C
20°C
Je größer die Masse eines Gegenstandes
ist, desto mehr Entropie enthält er.
Die Temperatur charakterisiert den Zustand des Warmseins eines Körpers, unabhängig von dessen Größe, Masse, Materi11
gleich sind. Es stellt sich ein thermisches
Gleichgewicht ein. Die Gleichgewichtstemperatur hängt ab vom Verhältnis der Wassermengen.
10°C
70°C
• Bei zwei Wassermengen unterschiedlicher
Masse und unterschiedlicher Temperatur
braucht man zum Vergleich der Entropiemengen quantitative Gesetzmäßigkeiten.
Hält man einen Gegenstand, z. B. ein Stück
Eisen, über eine Gasflamme, so wird er
wärmer, seine Temperatur steigt. In den
Gegenstand strömt Entropie hinein. Je mehr
Entropie man in das Eisenstück hineinfließen lässt, desto höher wird seine Temperatur. Nimmt man den Gegenstand von der
Flamme weg und packt ihn in Styropor ein,
so bleibt die Entropie in ihm drin.
20°C
70°C
70°C
20°C
Entropie strömt von selbst von Stellen höherer Temperatur zu Stellen niedriger
Temperatur. Ein Temperaturunterschied
ist ein Antrieb für einen Entropiestrom.
• Ob die Entropie gut von einem warmen zu
einem kalten Gegenstand fließt, hängt aber
auch noch von der Art des Kontakts, der
Verbindung, ab. Sind die Gegenstände
durch Holz verbunden, so fließt die Entropie schlechter als wenn sie durch Metall
verbunden sind.
T1
T1
T2
T2
Entropie ist eine mengenartige Größe, die
in einem Körper enthalten ist.
Es gibt also gute und schlechte Entropieleiter.
3.2. Der Temperaturunterschied als
Antrieb für einen Entropiestrom
• Um Entropie entgegen dem Temepraturgefälle strömen zu lassen, benötigt man eine Entropiepumpe (= Wärmepumpe).
• Taucht man einen Behälter A mit Wasser
der Temperatur 70°C in ein Wasserbad B
der Temperatur 20°C, so fließt solange Entropie von A nach B, bis die Temperaturen
12
Eine Wärmepumpe transportiert Entropie
von Stellen niedriger Temperatur zu Stellen höherer Temperatur.
3.3. Die Entropiekapazität
Hält man einmal einen Behälter mit Luft
und einmal einen gleich großen Behälter
mit Wasser über eine Flamme, so stellt man
fest, dass sich die Luft schneller erwärmt,
d. h. schneller eine bestimmte Temperatur
erreicht als das Wasser.
peratur erhöht sich nicht mehr, aber dafür
wird ständig Wasser verdampft. Der Dampf
muss also die Entropie forttragen.
500
T/K
100
S/J/K
2000
4000
10000
Temperatur als Funktion des Entropieinhalts für 1 kg
Wasser
Ein Gramm Dampf enthält also (viel) mehr
Entropie als ein Gramm flüssiges Wasser.
Man muss also in das Wasser mehr Entropie hineinstecken, um diese Temperatur zu
erreichen. Wasser hat eine größere Entropiekapazität als Luft.
In dem Bereich der normalen Umgebungstemperatur ist die Kurve fast eine Gerade.
Die Entropiekapazität ist dort konstant und
gleiche Entropieportionen ∆S erhöhen die
Temperatur um den gleichen Betrag ∆T.
3.4. Die Entropiedissipation
Lässt man den Gegenstand, den man vorher
erwärmt hat, eine Weile stehen (ohne weiter zu heizen), so fließt die Wärme (Entropie) aus ihm heraus, sie verteilt sich in der
Umgebung.
Dabei verdünnt sie sich so stark, dass man
nicht mehr erkennt, wo sie sich genau befindet. Trotzdem ist sie irgendwo, sie ist
nicht verschwunden im Sinne von "vernichtet", sondern nur verschwunden im Sinne
von "versteckt" oder "verstreut".
Man kann einem "System" auch Wärme
(Entropie) zuführen, ohne dass die Temperatur steigt. Lässt man siedendes Wasser
auf der Flamme stehen, so fließt dauernd
Entropie in das Wasser hinein. Seine Tem13
4. Historische Altlasten und die
didaktische Inkonsequenz
Entropie kann nicht vernichtet werden.
3.5. Die Entropieerzeugung
Man kann Entropie nicht vernichten, aber
man kann sie erzeugen, z. B. in einer Flamme, in einem elektrischen Widerstand oder
durch "Reibung".
Um Entropie zu erzeugen, braucht man
Energie. Da wir an die Erhaltung der Energie glauben, schließen wir, dass mit der
Entropie, die von einem elektrischen Widerstand wegfließt, auch Energie wegfließt.
([4], [6], S. 11-12)
14
Oben sind Alltags-Entropieerfahrungen geschildert, die jeder Schüler verstehen kann
und die verdeutlichen, dass Entropie eben
kein schwieriger Begriff ist, ganz im Gegenteil. Nicht der Entropiebegriff ist
schwer und kompliziert, sondern die verwickelte Begriffsgeschichte hat es den Lernenden immer wieder schwer gemacht.
(Zur Geschichte des Entropiebegriffs vgl.
EXKURS 4.)
Dabei ist der Weg zum Entropiebegriff
nicht schwerer und leichter als der Weg
zum Ladungsbegriff. Die elektrische Ladung kann man genauso wenig sehen wie
die Entropie, und sie ist auch nicht anschaulicher als diese. Es kommt hinzu, dass
jeder Schüler weniger Primärerfahrungen
mit der elektrischen Ladung hat als mit der
Wärme (=Entropie). Es gehört zur didaktischen Inkonsequenz, dass man aus elektrischen Grunderfahrungen und Experimenten
die elektrische Ladung postuliert und ihr
Eigenschaften zuschreibt, der Entropie hingegen all das vorenthält, obwohl die Wärmeerfahrungen von gleicher Qualität sind.
"Anschaulich ist das, woran man sich gewöhnt hat", sagte Ludwig Boltzmann.
Didaktisch ins Positive gewendet, sollten
wir uns umgewöhnen und die Entropie genauso behandeln wie elektrische Ladung,
und sie wird uns dann genauso "anschaulich" und vertraut wie diese. Die strikte
Analogie zwischen elektrischer Ladung Q
und Entropie S, zwischen dem elektrischen
Potenzial ϕ und der Temperatur T in der
gibbsschen Fundamentalform rechtfertigt
es fachlich und erzwingt es didaktisch. Aus
didaktischer Sicht hat man doch den Vorteil, dass die Eigenschaften der physikalischen Größe Entropie sehr gut mit den
Eigenschaften des umgangssprachlichen
Begriffs "Wärme" übereinstimmen. So gesehen hat Tante Erna eine sehr gute Vorstellung von der Entropie: Es ist das, was
Tante Erna in der Wärmflasche hat. (Siehe
"Tante Erna und die Wärmflasche" im Unterrichtsvorschlag.) Nur die Physiker tun
sich in der Bezeichnung "Wärme" schwer,
und das hat, wie bereits mehrfach erwähnt,
historische Gründe.
5. Energie- und Entropieströme
Wir wissen: In allem ist Energie. Energie
ist in jedem Körper, in jedem Feld in jedem
physikalischen System. Alles ist Energie
und für alles braucht man Energie. Energie
kann weder vernichtet noch erzeugt werden. Schon die Frage, ob der Energieerhaltungssatz ein Wissens- oder ein Glaubenssatz ist, verweist auf die fundamentale Bedeutung des Energiebegriffs. Er ist ein
Glaubenssatz und ein Erfahrungssatz mit
einem extrem hohen Grad an Gewissheit.
Energie ist eine zentrale Größe der Physik,
ja die zentrale Größe der Physik überhaupt.
Energie ist eine Art "universaler Treibstoff"
für physikalische, biologische und chemische Vorgänge. Wegen der Äquivalenz von
Masse und Energie ist diese reichlich vorhanden, aber nur bedingt nutzbar. Physikalisch interessant ist weniger der Energieinhalt, sondern es sind vielmehr die Energieströme, weil die Energieströme Vorgänge
und Prozesse charakterisieren.
Die Geschichte des Energiebegriffs ist vertrackt und verquer, so dass die Energie im
Ruf steht, sie sei eine "schwierige Größe".
Dies geschieht völlig zu Unrecht: Die Energie ist didaktisch eine der einfachsten Größen überhaupt, denn sie besitzt Mengencharakter. Die Energie ist zwar eine abstrakte Größe, aber man kann sehr anschaulich-konkret über sie denken und sprechen.
Die Größen mit Mengencharakter, also
auch die Energie, haben den großen Vorzug, dass man sie sich als Stoff vorstellen
kann. Mit der Vorstellung von Energie als
mengenartige Größe sagt man nicht, dass
die Energie ein Stoff ist. Damit wird keine
ontologische Aussage gemacht, sondern damit ist gemeint, dass man physikalisch korrekt mit der Energie umgeht, wenn man
über sie denkt und spricht, so wie man über
einen Stoff spricht. Beispiele:
- "Der Körper enthält so und so viel Energie."
- "Die Energie strömt (oder fließt) aus dem
einen Körper heraus und in den anderen
hinein."
- "Der Energiestrom hat die und die Stärke."
- "In den Körper fließt ein Energiestrom
mit der und der Größe hinein."
Stellt man fachlich und didaktisch die Energieströme in den Vordergrund des Physikunterrichts über Energie, so bringt das etliche Vorteile:
• Man konzentriert sich auf das, was in der
Physik interessant ist, nämlich Prozesse
und nicht statische Zustände.
• Man kann mit anschaulichen Strömungsvorstellungen arbeiten und sprachlich einfach operieren.
• Man kann leicht mit einfachen Gleichungen bilanzierend operieren und rechnen
(z. B. Kontinuitätsgleichung: was reinfließt muss auch wieder herausfließen ...).
• Man kann verschiedene Gebiete der Physik strukturell mit einem einheitlichen
Schema angehen und begriffliche Vereinheitlichungen und Vereinfachungen erreichen.
Jede Energieströmung, jeder Energietrans15
port hat nun die Eigenschaft, dass neben
der Energie mindestens noch eine weitere
mengenartige Größe mitströmt.
Energie strömt nie allein, sondern braucht
einen Energieträger. Energieströmung ohne Energieträger gibt es nicht.
Diese Energieträger sind bekannte physikalische Größen: Impuls p, Drehimpuls L,
elektrische Ladung Q, Stoffmenge n, ...
und Entropie S.
Der Zusammenhang zwischen dem Energiestrom und dem Energieträgerstrom ist
sehr einfach, nämlich proportional, und
hängt nur von dem Beladungsmaß ab. Dahinter verbergen sich bekannte Formeln:
elektrischer Energietransport: ∆E =ϕ•∆Q
thermischer Energietransport: ∆E =T•∆S
mechanischer Energietransport: ∆E =v•∆p
hydromechan. Energietransport: ∆E =p•∆V
chemischer Energietransport: ∆E =µ•∆n.
• Die erste Formel ist die bekannte Formel
der elektrischen Arbeit W=U•Q.
• Die zweite Formel beschreibt ganz analog
den Energietransport mittels Entropie
(=Wärme) auf dem Temperaturniveau T.
der mengenartige Energieträger auf einem
hohen Potenzial, so ist er mit mehr Energie
beladen, als wenn er auf niedrigem Potenzial strömt. Mengenartige Größen genügen
grundsätzlich der Kontinuitätsgleichung,
und zu jeder mengenartigen Größe kann
man ihre Stromstärke definieren. Die Energiestromstärke ist nichts anderes als die allseits bekannte Leistung P=∆E/∆t.
Schreibt man die Energiestromstärke mit
dem Index des jeweiligen Energieträgers,
so erhält man einen Satz sehr einfacher und
bekannter Formeln:
elektrischer Energietransport:
IE = ϕ• IQ
thermischer Energietransport: IE = T• IS
mechanischer Energietransport: IE = v• Ip
hydromechan. Energietransport: IE = p• IV
chemischer Energietransport:
IE = µ• In.
(Die erste Formel ist in der gewöhnlichen
Schreibweise P=U•I.) Die Energiestromstärke ist proportional zur Stromstärke des
Energieträgers. Der Proportionalitätsfaktor
ist gerade das Beladungsmaß, nämlich das
Potenzial auf dem der Träger bzw. die
Energie strömt.
Das lässt sich auch verallgemeinern.
• Aus der dritten Formel ergibt sich durch
Integration nach dem Impuls p die Formel
der kinetischen Energie: ∆E = v•∆p =
p/m•∆p → E = p2/2m = 1/2•m v2.
• Die vierte Formel ist die Formel für die
Arbeit der Volumenausdehnung, z. B. eines
Gases des Volumen V und dem Druck p:
W = F• ∆s = p•A• ∆s = p•∆V.
• Die fünfte Formel ist unter Physikern weniger bekannt und beschreibt den Energietransport als Stofftransport entlang eines
chemischen Potenzials.
Die Potenziale geben an, mit wieviel Energie der Energieträger beladen ist. Strömt
16
Jede Energieänderung (Energieströmung,
Energiefluss, Energietransport) dE eines
Systems ist verbunden mit der Änderung,
Strömung, dem Fluss, Transport, ... mindestens einer anderen mengenartigen Größe
dX, und dE lässt sich schreiben als Summe:
dE = ϕ • dQ + T• dS + µ • dn + p • dV +
F • dr + v • dp + ω • d L + gh• dm +
M • d α + σ • dA + ...
Diese Form nennt man gibbssche Fundamentalform.
Man kann die gibbssche Fundamentalform
fenden Teilgebiets. Es sind gewissermaßen
die 'Türhütergrößen'. Deshalb ist es kein
Wunder, dass die gibbssche Fundamentalform das 'verbindende Band' der physikalischen Gebiete darstellt. Didaktisch lässt
sich das in zwei Richtungen ausschlachten.
und die dahinter stehenden physikalischen
Vorgänge auf der Basis hydrodynamischer
Vorstellungen (Strömungsmodell) interpretieren. Jeder Energiestrom dE ist gekoppelt
an den Strom von mindestens einem Energieträger dX. Eine "Hucke-Pack-Vorstellung", wo die Energieströmung vom Energieträger "Hucke-Pack" genommen wird,
ist allerdings nicht korrekt, da Strömungsgeschwindigkeiten von Energie und Energieträger nicht immer gleich sind.
Die gibbssche Fundamentalform
• verbindet die in der Schule so oft zu getrennt liegenden Gebiete der Physik
• ist Grundlage für das fachlich und didaktisch wertvolle Analogiedenken
Welche Größen tauchen in der gibbsschen
Fundamentalform auf? Es sind die fundamentalen mengenartige Größen des betref-
• schafft Klarheit und Struktur.
Hydrodynamik
Thermodynamik
T-Dyn
S
H-Dyn
Stoffdynamik
Elektrodynamik
Dynamik
E-Dyn
Q
V
C-Dyn
M-Dyn
n
p
Bild: Die gibbssche Fundamentalform als verbindendes Band
17
Name
extensive Größe
intensive Größe
dE = ξ•dX
elektrische Energie
Q elektrische Ladung ϕ elektrisches Potenzial
dE =ϕ • dQ
Wärmeenergie
S Entropie
T Temperatur
dE = T• dS
chemische Energie
n Stoffmenge
µ chemisches Potenzial
dE = µ • dn
Kompressionsenergie
V Volumen
p Druck
dE = p • dV
Verschiebungsenergie
r Verschiebung
F Kraft
dE = F • dr
kinetische Energie
p Impuls
v Geschwindigkeit
dE = v • dp
Rotationsenergie
L Drehimpuls
ω Winkelgeschwindigkeit dE = ω • d L
potenzielle Energie
m Masse
gh Gravitationspotenzial
dE = gh• dm
Drillenergie
α Verdrehung
M Drehmoment
dE = M • d α
Oberflächenenergie
A Fläche
σ Oberflächenspannung
dE = σ • dA
18
6.
Entropische Betrachtungen
Wenn die Entropie im Weltall immer nur
zunimmt und wenn alles auf ein Temperaturgleichgewicht zusteuert, dann muss das
Weltall eines Tages den Wärmetod sterben.
Lange Zeit besetzte die Idee des Wärmetodes und der zerstörenden Wirkung der Entropie die Köpfe der Wissenschaftler. Erst
im Zusammenhang mit der Untersuchung
offener Systeme kam man dem Verständnis
der Strukturbildung in der Natur, in Systemen und in Organismen wesentlich näher.
Hier spielen die Entropieproduktionsrate
und der Entropieexport die entscheidende
Rolle. Drei wichtige Systeme seien kurz
entropisch beleuchtet, nämlich der Mensch,
die Pflanze und unsere Erde.
6.1 Der Mensch - entropisch betrachtet
Eine häufig gestellte Rechenaufgabe in der
Mechanik lautet:
Ein Kofferträger trägt einen Koffer mit der
Masse 30kg auf waagerechter Strecke 100
m weit. Welche Arbeit verrichtet er?
Die überraschende Antwort lautet dann:
keine. Die Begründung ist leicht: Arbeit
=Kraft mal Weg, wenn Kraft und Weg in
dieselbe Richtung zeigen (allgemein:
W=F•s•cosα). Da nun Kraft und Weg beim
Kofferträger senkrecht zueinander stehen,
ist die verrichtete Arbeit 0 J. Der Kofferträger fragt sich allerdings, warum er vom vielen Kofferschleppen bloß so hungrig wird.
Der Mensch ist kein von seiner Umgebung
abgeschlossenes System. Jedes Lebewesen
würde binnen kürzester Zeit an Entropieverstopfung sterben, wenn es entropiedicht
in Styropor eingepackt von der Umgebung
abgeschlossen würde. Um nämlich den Organismus energetisch in Gang zu halten,
muss er entropiearme (chemische) Energie,
die er mit der Nahrung aufnimmt, durch
'kalte Verbrennung' in den Muskeln in entropiereichere Energie, nämlich Energie mit
der Entropie als Träger und in mechanische
Energie umwandeln. Der Verbrennungsvorgang im Körper ist ein irreversibler
Prozess, bei dem eine Entropieproduktion
stattfindet. So werden pro Sekunde etwa
∆S=1,4 J/K erzeugt. Da die Körpertemperatur konstant bleiben soll, muss er diese Entropie an die Umgebung abgeben. Deshalb
schwitzt der Kofferträger, weil das Schwitzen die Entropieabgabe erhöht. Selbst während des Schlafens kann der Mensch verhungern, produziert er doch immer noch
pro Sekunde eine Entropie von ∆S=0,2 J/K,
die er exportieren muss. Lebewesen sind
offene, entropieproduzierende Systeme, die
auf Entropieexport angewiesen sind. Ausgewachsene, normal funktionierende Lebewesen arbeiten nach dem Prinzip der minimalen Entropieproduktion. Das gilt aber
nicht unbedingt für schnell wachsende
(evolvierende) Systeme. So wurde zum
Beispiel die spezifische Wärmeentwicklung
in befruchteten Hühnereiern am vierten Tag
mit 0,32 J/(s•g) gemessen, während sie am
19
sechzehnten Tag auf ein Sechstel dieses
Wertes abgesunken war.
Der menschliche Organismus arbeitet allerdings anders als eine Wärmekraftmaschine.
Die Wärmekraftmaschine lädt die ganze
Energie erst auf die Entropie und dann auf
den Impuls als Träger um. Der menschliche
Organismus lädt die Energie durch die 'kalte Verbrennung' direkt auf den Träger Impuls um und einen Teil auf die dabei erzeugte Entropie.
6.2 Die Pflanzen - entropisch betrachtet
Lebewesen wie Tiere und Menschen brauchen Energiezuflüsse mit weniger Entropie
und Energieabflüsse mit mehr Entropie, um
Entropieverstopfungen zu vermeiden. In
der Nahrungskette stehen am Anfang "niederentropische Nahrungen" und am Ende
"hochentropische Nahrungen". Für grüne
Pflanzen, die am Anfang der Nahrungskette
stehen, ist das Sonnenlicht die niederentropische Nahrung, die sie mit der Fotosynthese 'verdauen'. Das zeigt die Entropiebilanz
bei der Kohlehydratsynthese in einer Pflanze.
Die Pflanze baut aus je sechs Mol Wasser
und Kohlendioxid ein Glukosemolekül auf.
Sechs Sauerstoffmoleküle bleiben übrig
und werden an die Atmosphäre abgegeben.
Die Reaktionsgleichung der Stoffbilanz
lautet:
6 CO2 + 6 H2O → C6H12 O6 + 6 O2
Diese Reaktion kann nur ablaufen, wenn
der Energiesatz und der Entropiesatz eingehalten werden. Die Energiebilanz wird
durch die Absorption des Sonnenlichtes
ausgeglichen: ∆E = Eein - Eaus = 0 J.
Die Entropie für 1 mol Umsatz der Edukte
beträgt:
20
Sein= 6•S(CO2, gasförmig) + 6•S(H2Oflüssig) +
S(Strahlung) = 6•214 + 6•70 + S(Strahlung)
= 1704 J/K + S(Strahlung) ≈ 1704 J/K.
Die Werte für die molaren Entropien kann
man Tabellen entnehmen. Die Strahlungsentropie ist im Vergleich zu den chemischen Beiträgen sehr gering und kann hier
vernachlässigt werden.
(Die Entropiedichte der Strahlung ist
ρS(T)=4/3aT3 mit a = 7,6•10-16 J/m3K4. Mit
der Sonnentemperatur T=5700 K und der
Wirkungsfläche eines Chlorophyll-Moleküls und der Reaktionszeit, erhält man einen vernachlässigbaren Wert.)
Die Aggregatzustände müssen angegeben
werden, da die Entropiewerte sehr vom Aggregatzustand abhängen. Die Reaktionsprodukte enthalten die Entropie:
Saus = S(Glukosef) + 6•S(O2) = 212 J/K +
6•205 J/K = 1442 J/K.
Es ist also Saus < Sein. Diese Differenz
lässt sich allerdings einfach erklären. Das
Glukosemolekül hat eine komplexere
Struktur als die Ausgangssubstanzen. Folglich muss sein Entropiewert geringer sein.
Der Prozess der Fotosynthese ist ein Entropieverminderungsprozess, bei dem komplexere Strukturen hergestellt werden. Das allerdings geht nur, indem Entropie exportiert
wird.
Die Evolution hat dazu folgenden genialen
Trick erfunden:
Energiebilanz: ∆E = Eein - Eaus = 0 J
CO2
O2
Entropiebilanz: ∆S = Sein - Saus + Serzeugt =
= Eein/TS - Eaus/TE + Serzeugt
H2 O, flüssig
H2 O, gasförmig
= Eein/(20•TE )- Eaus/TE + Serzeugt
= - Eein•19/(20• TE) + Serzeugt = 0 J/K.
Außer den sechs Wassermolekülen, die die
Pflanze zum Aufbau eines Glukosemoleküls braucht, nimmt sie noch weiteres Wasser in flüssiger Form auf, das sie chemisch
unverändert, aber im gasförmigen Aggregatzustand wieder an die Atmosphäre abgibt. Bei der Verdunstung geht Wasser vom
entropiearmen flüssigen Zustand in den
entropiereicheren gasförmigen Zustand
über. Und genau dieser Wasserdampf steht
bei der Glukosereaktion als Entropietransportmittel für die überschüssige Entropie
zur Verfügung.
6.3 Unsere Erde - entropisch betrachtet
Die Energiebilanz der Erde ist ausgeglichen. Die Energie, die auf eine halbe Erdkugel von der Sonne mit der Oberflächentemperatur TS=6000 K eingestrahlt wird,
wird von der ganzen Erdkugel der Temperatur TE=300 K in Form von infrarotem
Licht wieder abgestrahlt.
Mit dem infraroten Licht wird mehr Entropie in das Weltall exportiert als von der
Sonne empfangen wird. Ein sichtbares
'Sonnenphoton' hat wegen E=h•f die 20-fache Energie eines infraroten Photons. Wegen der ausgeglichenen Energiebilanz muss
die Anzahl der infraroten Photonen etwa 20
mal größer sein als die Anzahl der sichtbaren Photonen des Sonnenlichts. Damit findet der Entropiemüllexport in das Weltall
seine Erklärung. Die chemische Organisation unseres Planeten, die Vermehrung der
Lebewesen, die Entstehung der Biosphäre
stehen also nicht im Widerspruch zum 2.
Hauptsatz der Thermodynamik. Unsere Erde als offenes System exportiert die überschüssige Entropie ins Weltall. Würde sie
das nicht tun, würde sie den Wärmetod
sterben, genauso wie ein in Styropor eingepackter Mensch. Genau hier spielt der
Treibhauseffekt hinein. Die CO2 angereicherte Atmosphäre wirkt für die infrarote
Strahlung wie eine Styroporisolation, Die
Strahlung wird absorbiert, damit verbleibt
deren Entropie und Energie in der Erdatmosphäre und die Temperatur steigt.
Fotosynthese
TS
"
CO2
TE
21
Das Fließgleichgewicht von CO2-Produktion durch Verwesung von Biomasse bzw.
Atmung und von CO2-Abbau durch Fotosynthese muss bestehen bleiben. Durch Abholzung und durch fossile Verbrennung
kann dieses Fließgleichgewicht zerstört
werden.
Es lohnt sich, diesen Wert zu interpretieren
und in Zusammenhang mit anderen Werten
zu betrachten.
Im Folgenden kann noch die Entropieentsorgungskapazität der Erde abgeschätzt
werden.
• im Weltdurchschnitt
10
• in den USA
35
• in Indien
2
Für Strahlung im thermischen Gleichgewicht lautet die Beziehung zwischen dem
Entropiestrom IS und dem Energiestrom IE:
• tägliche Zusatzentropie pro m2 in New York
4
IS = 4 IE /3T, wobei T die jeweilige Temperatur ist. Auf 1m2 der Erdoberfläche trifft
pro Sekunde die Energie σ, die sogenannte
Solarkonstante, σ= ∆E/(A•∆t) =1367 W/m2
ein. Diesem Energiestrom stellt die Erde
die absorbierende Querschnittsfläche
A=πR2 entgegen, wobei R der Erdradius
ist. Die Erde absorbiert aber nicht vollständig die einfallende Energie, sondern nur etwa 70%. Durch die Erdrotation und durch
Konvektion verteilt sich die absorbierte
Strahlungsenergie über die gesamte Erdoberfläche A = 4πR2 (Kugeloberfläche). Damit ist der Energiestrom der Erdabstrahlung
IE = P/A = 0,7• σ/4.
Dann ist der Entropiezufluss
ISein = 0,7• σ/3T1 und der Entropieabfluss
ISaus = 0,7• σ/3T2. Die Differenz zwischen
Export und Import ist die entropische Entsorgungskapazität CS pro m2 der Erdoberfläche:
CS = 0,7• σ•[1/3T2 - 1/3T1]
Für die Sonnenstrahlung setzt man die
Temperatur T1 = 5700 K ein und für die Erdoberflächentemperatur T2= 254 K. Man
erhält dann den Wert CS = 1,2 W/(K•m2).
22
infrarote Entsorgungskapazität der Erde pro m2
1,2
Entropieabsenkung durch Fotosynthese pro m2 -0,0013
tägliche Entropieproduktion eines Menschen
0,5
tägliche Zusatzentropieproduktion pro Einwohner:
Das negative Vorzeichen der Entropiekapazität von -0,0013 W/K pro m2 durch Fotosynthese besagt, dass die Entropie abgesenkt wird. Würden sich die Menschen ausschließlich von Pflanzen ernähren, so
brauchte jeder Mensch, um die Entropieproduktion im Körper durch Fotosynthese
wettzumachen, eine Grünfläche von ungefähr 400 m2 (genauer: 0,5/0,0013 = 385).
Das ist eine Fläche von 20m mal 20m im
Quadrat. Umgerechnet auf die maximale
Bevölkerungsdichte ergibt das 2500 Einwohner pro km2. Viele Regionen unserer
Erde (Holland) sind an dieser Grenze.
Durch einen aufwendigen Lebensstil kann
die tägliche Zusatzentropieproduktion
(Kühlschränke, Auto, Heizung, Warmwasser, ...) schnell um das 50-fache erhöht werden. In Städten wie New York ist die lokale
Entropieproduktion um das dreifache höher
als die infrarote Entsorgungskapazität der
Erde auf dem Gebiet von New York. Deshalb muss ein Ballungsraum wie New York
Entropie in die Umgebung (durch Luftzirkulation) exportieren. (vgl. auch [13])
7.
EXKURSE
7.1 Die verschiedenen Gesichter der Entropie (nach G. Job)
A
B
C
F
D
E
Im Verlaufe der Geschichte hat die Entropie
viele Gesichter angenommen. Entsprechend
dem Zugang erscheint sie in unterschiedlichem Gewand. Alle Gesichter haben ihre
fachliche Berechtigung und ermöglichen unterschiedliche didaktische Zugänge für die
Schule.
A: Das alltägliche Gesicht
Jeder Mensch spürt sie als Wärme.
B: Das philosophische Gesicht
Der Philosoph erblickt in ihr die Herrschaft des Zufalls.
C: Das statistische Gesicht
Für den statistischen Physiker repräsentiert sie ein vieldimensionales Volumen.
D: Das informationstheoretische Gesicht
Der Informatiker beschreibt mit ihr den
Umfang einer Nachricht.
E: Das chemische Gesicht
Für den Chemiker ist sie Inbegriff der
Unordnung.
F: Das thermodynamische Gesicht
Der traditionelle Thermodynamiker sublimiert daraus eine formalistische Essenz.
23
7.2 Meinungsvielfalt zum Wärmebegriff - Anthologia Calorica
(von G. Job)
Die Überzeugung, dass Wärme eine Energieform darstellt, ist anderthalb Jahrhunderte alt. Man sollte erwarten, dass vielleicht
nicht jedes Kind, aber doch wenigstens jeder Physiker oder zumindest jeder Physikprofessor heute ohne viel Wenn und Aber
angeben kann, um welche Energieform es
sich dabei handelt. Aber diese Erwartung
trügt.
Zur Frage, was Wärme eigentlich ist oder
wie man sie auffassen sollte, gibt es ein
buntes Spektrum von Lehrmeinungen. Diese Vielfalt der Auffassungen über einen
zentralen Begriff erinnert mehr an den Meinungspluralismus in den Geisteswissenschaften als an den sonst vorherrschenden
Meinungskonformismus in den Naturwissenschaften. Um eine gewisse Ordnung in
diese Vielfalt zu bringen, bietet sich als
Gliederungsmerkmal diejenige Größe an,
durch die die Wärme hauptsächlich beschrieben wird. In der nachstehenden Liste
finden sich auch zwei überlebte, aber in
verschiedenen Redewendungen und Begriffsbildungen noch nachklingende oder
wieder auftauchende Auffassungen. Der
Wärmegröße ist jeweils eine knappe Kennzeichnung des Wärmebegriffes nachgestellt.
1: orthodox:
∆U - W
Wärme ist die durch thermische Kontakte
einem System zugeführte Energie.
(Unter Thermodynamikern die verbreiteteste Auffassung)
2: mechanistisch:
f/2•N•k•T
Wärme ist die in der unsichtbaren Molekularbewegung steckende Energie.
(Die herrschende Meinung in einführen24
den Büchern)
3: chaoskalorisch:
U(S, ...) - U(0, ...)
Wärme ist ungeordnete Bewegung.
(Verallgemeinerung der zu engen mechanistischen Auffassung)
4: reformiert:
∫TdS
Wärme ist die zu Entropiezufuhr oder Entropieerzeugung erforderliche Energie. (Erweiterung der restrikten orthodoxen Auffassung)
5: anergetisch:
T•S
Wärme ist der isotherm nicht als Arbeit
verfügbare Teil der inneren Energie.
(Versuch einer klaren Definition des Begriffs Wärmeinhalt)
6: akalorisch;
---Wärme ist wie Arbeit ein überflüssiger Begriff, ähnlich wie der Begriff Arbeit.
(Radikalkur zu Vermeidung der Probleme)
7: entropokalorisch:
S
Wärme ist keine Energie, sondern identisch
mit der Entropie.
(Verzicht auf die fixe Idee, Wärme sei eine
Energieform)
8: kalorizistisch:
Srev
Wärme ist ein der elektrischen Ladung vergleichbares Fluidum.
(Wärmeauffassung von 1750 bis 1850)
9: kinekalorisch
--Wärme ist die Folge unsichtbarer Teilchenoder Ätherschwingungen.
(qualitative Vorstufe der kinetischen Wärmetheorie, vor Clausius und Maxwell)
7.3 Warum die Energieform Wärme nicht in einem System enthalten sein kann
"Wir hatten bereits betont, daß es ein sehr
unglücklicher Griff war, als man dem Ausdruck T•dS einen eigenen Namen gegeben
hat. Er heißt aber nun einmal Wärme, und
das hat erfahrungsgemäß zur Folge, daß
man bestimmte Erwartungen an ihn knüpft,
die er nicht erfüllen kann - besonders diese:
'Wenn ein System Wärme aufnimmt, so
muß diese, nachdem es sie aufgenommen
hat, drinstecken.'
Um uns davon zu überzeugen, daß dieser
Satz falsch ist, betrachten wir ein Gas und
bringen es auf zwei verschiedene Arten in
je zwei Schritten aus einem Anfangszustand in einen Endzustand: Wir gehen von
Zustand A einmal über B, und einmal über
D in Zustand C und fragen beide Male nach
der aufgenommenen Energie.
p
D
C
A
B
Abb. 4.20a
V
Auf dem Weg A-B-C nimmt das Gas den
der hellgrauen Fläche in Abb. 4.20a entsprechenden Betrag an Wärme auf, denn
diese Fläche stellt gerade ∫TdS dar. Außerdem gibt es den in Abb. 4.20b hellgrauen
Betrag an Arbeit ab.
Auf dem Weg A-D-C nimmt das Gas den
der gesamten Fläche (Abb. 4.20a) entsprechenden Betrag an Wärme auf und gibt den
in Abb. 4.20b gesamten Betrag an Arbeit
ab.
Anfangs- und Endzustand sind auf beiden
Wegen gleich, die aufgenommene Wärme
ist aber verschieden. Um wieviel hat die
Wärme des Gases zugenommen? Offenbar
eine sinnlose Frage. Das entsprechende gilt
auch für die Arbeit.
T
C
D
A
Abb. 4.20b
B
S
Sinnvoll dagegen sind alle Fragen nach den
Werten physikalischer Größen:
- Um wieviel hat die Entropie oder das Volumen zugenommen?
- Um wieviel haben sich die Werte von
Temperatur und Druck geändert?
Bei mengenartigen Größen darf und soll
man die Frage sogar so formulieren: Wieviel davon steckt in dem System, wieviel ist
darin enthalten?" ([6], S. 60-62)
"Die Zuordnung des Wortes Wärme zu der
Energieform TdS schlechthin darf nicht
darüber hinwegtäuschen, daß die Energieform TdS, ebenso wenig wie irgendeine andere Energieform, eine Variable eines physikalischen Systems ist. Eine Energieform
ist ja nur Zustandsänderungen zugeordnet,
aber nicht den Zuständen des Systems
selbst. ... Anstatt also von Wärmeaustausch
oder -erzeugung eines Systems zu sprechen, ist es unmißverständlicher und an das
Begriffsschema von physikalischen Größen
oder Variablen besser angepaßt, von Entropieänderungen zu sprechen, wobei zusätzlich die Temperatur anzugeben ist, bei der
die Entropieänderung erfolgt." ([3], S. 260261)
25
7.4 Zur Geschichte des Wärmebegriffs
"Bis etwa 1840 nannte man das Wärme,
was die Physiker heute Entropie, und was
Nichtphysiker auch heute noch Wärme
nennen. Dieser Wärmebegriff etablierte
sich in der Physik im Laufe des 18. Jahrhunderts. Die ersten wichtigen Beiträge
verdanken wir dem Chemiker und Arzt Joseph Black (1728-1799). Er erkannte die
Wärme als mengenartig und unterschied sie
von der damals bereits bekannten Temperatur. Black führte auch die Größe Wärmekapazität ein, nämlich die Größe dS/dT, die
heute Entropiekapazität heißt.
Der nächste entscheidende Schritt wurde
von Sadi Carnot (1796-1832) getan. In seiner Schrift "Réflexions sur la puissance
motrice du feu" (1824) vergleicht er einen
Wärmemotor mit einem Wasserrad. Wie
Wasser Arbeit leistet, wenn es aus größerer
Höhe über ein Wasserrad auf ein niedrigeres Niveau hinunterfließt, so leistet Wärme
("calorique" oder "chaleur") Arbeit, wenn
sie in einer Wärmekraftmaschine von höherer zu niedrigerer Temperatur gelangt. Carnot verknüpft also, in moderner Sprache
ausgedrückt, Entropie und Energie. Von
der Entropie hatte er, wie Black, eine mengenartige Vorstellung, von der Energie
wohl noch nicht. Tatsächlich wurde die
Energie als eigene Größe, und als Erhaltungsgröße, erst 20 Jahre später eingeführt
(ihre Mengenartigkeit hat sich bis heute
noch nicht etabliert).
Als um die Jahrhundertmitte die Erhaltungsgröße Energie entdeckt wurde, schloß
man, Carnots Arbeiten seien falsch und
man bezeichnete als Wärme eine sogenannte "Form" der Energie. Damit war "Wärme"
nicht mehr der Name einer physikalischen
Größe, sondern eines Gebildes der Form
26
x•dX, also einer sogenannten Differentialform, genauso übrigens wie "Arbeit". Kurze Zeit später wurde die Entropie durch
Clausius (1822-1888) neu erfunden. Clausius' Konstruktion der Entropie ist zwar
geistreich, leider aber auch sehr unanschaulich. Diese Konstruktion, zusammen mit
der Vertauschung der Namen, ist der Grund
dafür, daß noch heute die Entropie als eine
der abstraktesten physikalischen Größen
gilt.
Es bleiben noch zwei wichtige Namen zu
erwähnen. Gibbs (1839-1903) hat der Thermodynamik eine Form gegeben, in der sie
weit mehr zu beschreiben gestattet, als was
man einfach Wärmelehre nennt. Die Analogien, die in dieser Vorlesung immer wieder ausgenutzt werden, beruhen auf den
gibbsschen Arbeiten.
Boltzmann (1844-1906) versuchte, die
Thermodynamik auf die Mechanik zurückzuführen, indem er thermische Erscheinungen durch die Bewegung kleiner Teilchen
erklärte. Temperatur und Entropie bekamen
eine mechanische Deutung. Dazu mußte er
die statistische Physik erfinden. Deren Bedeutung geht weit über die in ihrer Herleitung benutzten mechanischen Modelle hinaus." ([6], S. 28-29)
7.5 Die Festlegung der Skalen und
die Messung von Temperatur
und Entropie
Um eine physikalische Größe zu definieren,
muß eine Skala festgelegt werden, indem
eine Einheit und eine Vorschrift für die
Konstruktion von Vielfachen der Einheit
festgelegt wird.
Die Temperatur ist eine SI-Basisgröße, deren Basiseinheit 1 K als der 273,16te Teil
der thermodynamischen Temperatur des
Tripelpunktes des Wassers festgelegt ist.
Der Tripelpunkt ist diejenige Temperatur,
bei der festes, flüssiges und gasförmiges
Wasser koexistieren. Seine Eignung zur
Festlegung ergibt sich aus der Tatsache,
dass keine zusätzlichen Angaben über
andere Werte gemacht werden müssen.
Die Einheit der Energie 1 J ist als abgeleitete Größe über die SI-Basiseinheiten
1J = 1 kg•m2/s2 festgelegt. Die Vielfachen
der Energie und Entropie ergeben sich trivialerweise aus der Mengenartigkeit der beiden Größen. Die Vielfachen der Temperatur und die Einheit der Entropie sind über
die Gleichung P=T•Is oder ∆E=T• ∆S mit
[S]=1 J/K festgelegt. Es ist diejenige Entropiemenge, mit der man bei Normaldruck
0,893 cm3 Eis schmilzt. Der 'krumme' Wert
bei der Festlegung der Temperatureinheit
ergab sich aus der Forderung, die Temperaturdifferenz 1 K mit der früher festgelegten
Celsius-Skala in Übereinstimmung zu bringen. Die Temperatur in Kelvin errechnet
sich aus der um 273,15 erhöhten Maßzahl
in Grad Celsius.
Zur Messung der Temperatur gibt es reichlich viele Verfahren: thermische Ausdehnung von Festkörpern (Bimetall), Flüssigkeiten (Quecksilber), Gasen (Gasthermo-
meter), thermoelektrische Effekte, Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands (Halbleiter), Strahlungsgesetze
(Strahlungspyrometer), Temperaturabhängigkeit chemischer Verbindungen (Farbthermometer). Das Thermometer wird dabei mit dem Körper oder System in Verbindung gebracht, bis beide ins thermische
Gleichgewicht gekommen sind. Dabei
muss das Thermometer eine kleine Entropiekapazität und kein thermisches Leck
haben.
Die Entropiemessung scheint in der Praxis
schwieriger, da die Entropie keine Erhaltungsgröße ist. Lässt man beispielsweise
analog der Ladungsmessung Entropie über
einen Entropieleiter in einen geeichten Entropiemesser (Flüssigkeit mit Thermometer
analog einem Elektrometer) fließen, so entsteht beim Entropiefluss neue Entropie.
Man müsste also eine reversibel arbeitende
Wärmepumpe dazwischenschalten. Das
Verfahren ist höchst unpraktikabel.
Man kann die Entropie aber bereits mit Gerätschaften messen, die man in jeder Küche
findet. Ein höchst einfaches Verfahren ist
folgendes:
Will man beispielsweise die Entropiedifferenz zwischen 1 Liter Wasser von 80°C
und 20°C messen, so kühlt man das 80°C
warme Wasser auf 20°C ab und heizt es anschließend mit einem elektrischen Tauchsieder unter adiabatischem Abschluss wieder auf 80°C auf. Man erzeugt also die vorher entzogene Entropie neu und misst diese
leicht über ∆S= ∆E/T = P• ∆t/T, wenn die
Leistung (=Energiestromstärke) des Tauchsieders bekannt ist. Da sich die Temperatur
des Wassers beim Heizen ändert, muss man
aufsummieren (besser aufintegrieren)
∆S=P•∫∆ti/Ti. Ist die Temperaturänderung
klein gegen die mittlere absolute Temperatur, so kann man die mittlere Temperatur
27
Tm verwenden: ∆S=P• ∆t/Tm.
Natürlich könnte man zur Entropiemessung
auch Eismengen schmelzen lassen. Abgesehen von der Unhandlichkeit wird dabei
Entropie erzeugt. Man müsste also auch
hier wieder eine Wärmepumpe dazwischenschalten. Entropieströme durch eine Fläche
lassen sich hingegen mit einem geeichten
Peltier-Element messen.
7.6 Altlasten der Physik: Entropie
(von G. Job)
Gegenstand: Als Entropie S wird eine
Größe bezeichnet, die in der klassischen
Thermodynamik als eine durch ein Integral
definierte, abstrakte Funktion eingeführt
wird. Dieser Zugang verleiht der Größe einen derart abgehobenen Charakter, daß
selbst die Spezialisten ihres Faches Mühe
im Umgang mit diesem Begriff haben. Inzwischen kennt man andere, leichtere Zugänge, die die Entropie in die Reichweite
des Schulunterrichts gerückt haben. Zur
Zeit ist ihre Deutung als Unordnungsmaß
ein vor allem unter Chemikern beliebter
Ansatz, um wenigstens ein grobes Verständnis von ihrer Bedeutung zu vermitteln.
Mängel: Daß die Entropie qualitativ erfaßbar wird, ist zwar ein Fortschritt, genügt
aber nicht dem Anspruch eines Physikers.
Ihm gilt eine Größe erst dann als definiert,
wenn er ein direktes oder indirektes Verfahren zu ihrer Quantifizierung angeben
kann. Störend ist auch der Umstand, daß
der makroskopisch definierbaren Größe anscheinend kein einfaches makroskopisches
Merkmal zugeordnet werden kann.
28
Herkunft: In der ersten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts wurde mit zunehmender Erfahrung immer deutlicher, daß die von S.
CARNOT und anderen angenommene Erhaltung der Wärme unhaltbar ist. Das veranlaßte R. CLAUSIUS im Jahre 1850, eine
Neuordnung der Wärmelehre aufgrund der
Annahme zu versuchen, daß Wärme und
Arbeit ineinander umwandelbar sind /1/. Im
Zuge dieser Umgestaltung konstruierte
CLAUSIUS auch die Größe S, um die Beschränkungen beschreiben zu können, denen diese wechselseitige Umwandlung unterliegt.
Entsorgung: In einem Festvortrag vor der
Physical Society of London wies ihr damaliger Präsident H. CALLENDAR /2/ im
Jahre 1911 darauf hin, daß S nichts weiter
ist als eine komplizierte, abstrakte Rekonstruktion derjenigen Größe, die bei CARNOT Wärme hieß. Der einzige Unterschied
war, daß die Wärme nun erzeugbar, aber
wie bisher unzerstörbar war. Diese Erkenntnis kam ein halbes Jahrhundert zu
spät, um die Entwicklung noch korrigieren
zu können. Man kann aber daraus schließen, daß die Größe S nicht nur eine ähnlich
sinnfällige Bedeutung besitzen muß wie die
Wärme früher, sondern auch auf ähnlich
einfache Weise quantifizierbar sein muß.
Dadurch sollte sich das formalistische Gespenst S der klassischen Thermodynamik
auf einen bereits für Mittelstufenschüler
faßbaren und handhabbaren Begriff reduzieren und zugleich das damit überflüssig
werdende Arsenal mathematischer Hilfsmittel entsorgen lassen. Diese Erwartung
wird inzwischen durch vielerlei Schulerfahrung bestätigt /3/. In der Rolle der Wärme
wird S selbst unter dem nichtssagenden Namen Entropie zu einer Größe, die kaum anspruchsvoller ist als die Begriffe Länge,
Dauer, Masse. Daß die Größe in der Informatik, der statistischen Physik oder den
atomistischen Vorstellungen der Chemiker in
einem anscheinend ganz anderen Gewand
auftritt, steht ihrer Rolle als Wärme in der
Makrophysik keineswegs im Wege.
fordert, ist in der Kernaussage bis heute gültig, aber offenbar vieldeutig.
Mängel: CLAUSIUS selbst benutzte zwei
Wärmegrößen, die in einem Gegenstand
/1/ Auch diese Annahme, die Gegenstand eines späteren Beitrages sein soll, ist eine Altlast, an der die Physik schwer zu tragen hat.
/2/ H. L. CALLENDAR:Proc. Phys. Society of London 23 (1911) 153. Hier findet sich auch der Vorschlag, die Einheit J/K, die heute die gesetzliche Entropieeinheit ist, als “Carnot” zu bezeichnen.
/3/ Neben den Erfahrungen einzelner Lehrer auch ein
Großversuch in den letzten 7 Jahren mit insgesamt etwa 7000 Schülern im Rahmen der Erprobung des
Karlsruher Physikkurses.
Georg Job
entnommen aus: JOB, G.: Altlasten der Physik (10), Entropie. In: Physik in der Schule
33 (1995).
7.7 Altlasten der Physik:
Äquivalenz von Wärme und
Arbeit (von G. Job)
Gegenstand: Wärme ist ungeordnete Energie meinen die einen /1/, die kinetischeEnergie der ungeordneten Molekülbewegung die
anderen /2/, die kinetische und potentielle
Energie der thermischen Molekülbewegung
die dritten /3/, einem Gegenstand durch thermischen Kontakt zuführbare Energie die
vierten /4/, ein Kurzname für den Ausdruck
∆U–W die fünften /5/, die gebundene Energie TS die sechsten /6/, das Integral ∫ TdS
die siebten /7/, ein fragwürdiger und überflüssiger Begriff die achten /8/. Was ist sie
wirklich?
Herkunft: Die Frage ist so alt wie die Physik. Die Antwort, die R. CLAUSIUS darauf
1850 in seinem ersten Hauptsatz gab, in dem
er die Äquivalenz von Wärme und Arbeit
“enthaltene Wärme” H, die er sich als Bewegungsenergie der Moleküle vorstellte, und
die einem Gegenstand “zugeführte Wärme”
Q, wobei Q = ∆H jedoch nur in Ausnahmefällen gilt. Unter den oben genannten Beispielen erkennt man unschwer die Nachfahren dieser beiden Eltern wieder. Die Meinungsvielfalt ist Ausdruck des ärgerlichen
Umstandes, daß es keine Energiegröße gibt,
die gleichzeitig alle wünschens-werten
Aspekte des Wärmebegriffes abzubilden vermag. Wie bei einer zu kurzen Bettdecke, ist
man gezwungen, auf die eine oder andere Eigenschaft zu verzichten. Je nachdem, was
man für besonders betonenswert erachtet,
fällt der Kompromiß anders aus. Daß man
trotz dieser Vieldeutigkeit zu denselben Rechenergebnissen gelangt, läßt darauf schließen, daß die von CLAUSIUS geforderte
Äquivalenz für den hermodynamischen Kalkül belanglos ist. Wofür ist sie dann aber
gut?
Entsorgung: Wenn wir auf diese Forderung
verzichten, gewinnen wir eine neue Frei-heit.
Um den Energiesatz aufzustellen, benötigen
wir sie nicht. Um die Wärme zu definieren,
auch nicht. Der Wärmebegriff läßt sich leicht
“fundamental metrisieren”, wie man in der
Wissenschaftstheorie sagt. Dieses Verfahren
wird in der Physik meist nur zur Definition
einiger Basisgrößen benutzt, etwa Länge,
Dauer, Masse, indem beispielsweise festgelegt wird, wie Gleichheit und Vielfachheit
der Werte festzustellen sind und was als Einheit gelten soll. Man kann jedoch dieses Verfahren, das einen gegebenen Begriff direkt
auf eine Größe abbildet, auch in vielen anderen Fällen heranziehen, etwa zur Definition
von Energie, Impuls, Drehimpuls, Ladung,
Stoffmenge, Entropie oder zur Metrisierung
29
von Begriffen wie Wärmemenge, Datenmenge, Unordnung oder Zufälligkeit. Das
verblüffendste Ergebnis hierbei ist, daß der
landläufige, wissenschaftlich unbelastete
Begriff Wärmemenge hierbei keine energetische Größe liefert, sondern direkt die
CLAUSIUSsche Entropie S /9/. Dieser
spielende Zugang zu der neben der Temperatur wichtigsten thermodynamischen Größe erlaubt eine weitgehende Entrümpelung
der Thermodynamik. Begriffe wie Enthalpie, freie Energie, Energieentwertung, Prozeßgröße, Zustandsfunktion lassen sich
gleich mitentsorgen. – Daß ein Mißgriff
nicht im Kalkül einer Wissenschaft, sondern in ihrer Semantik so weitreichende
Folgen haben kann, sollte Theoretiker warnen, deren Augenmerk allein der Stimmigkeit des Kalküls gilt, und Didaktiker alarmieren, die sich mit diesen Folgen herumschlagen müssen.
3) Der Wärmeinhalt eines zusammengesetzten Gegenstandes ist die Summe der Wärmeinhalte seiner
Teile.
/1/ F. J. DYSON:“What is heat?” Scientific Ameri-
Mängel: Die Entropie ist, neben der Temperatur, die wichtigste Größe der Wärmelehre. Sie ist die zur intensiven Temperatur
gehörende extensive Größe. Entropie und
Temperatur gehören genauso zusammen
wie elektrische Ladung und elektrisches
Potential oder wie Impuls und Geschwindigkeit. Entropieströme müßten in der Wärmelehre dieselbe Rolle spielen, wie elektrische Ströme in der Elektrizitätslehre oder
Kräfte (Impulsströme) in der Mechanik..
Die übliche Einführung der Entropie wird
dieser wichtigen Rolle nicht gerecht. Bei
ihrer ersten Erwähnung wird uns die Entropie oft präsentiert als “Zustandsfunktion“
/1/.
can 1954, 191 (No. 3), S. 58 - 63.
/2/ R. W. POHL: “Mechanik, Akustik, Wärmelehre”; Springer: Berlin 1962, S. 248.
/3/ C. GERTHSEN, O. H. KNESER, H. VOGEL:
“Physik”; Springer: Berlin 1986, S.193 - 197.
/4/ C. KITTEL: “Physik der Wärme”; Wiley &
Sons: Frankfurt 1973, S. 133.
/5/ M. BORN: Physikal. Zeitschr. 1921, 22, S. 218 286.
/6/ H. H. STEINOUR: “Heat and Entropy”; J.
Chem. Educ. 1948, 25, S. 15 - 20.
/7/ G. FALK, W. RUPPEL: “Energie und Entropie”;
Springer: Berlin 1976, S. 92.
/8/ G. M. BARROW: “Thermodynamics…”; J.
Chem. Educ. 1988, 65, S. 122 - 125.
/9/ Folgende Annahmen zusammen mit der Wahl einer Wärmeeinheit genügen bereits zur eindeutigen
Metrisierung:
1) Jeder Gegenstand enthält Wärme, deren Menge
nicht abnehmen kann, wenn er wärmedicht umhüllt
ist.
2) Nach Art und Zustand gleiche Gegenstände enthalten gleiche Wärmemengen.
30
Georg Job
entnommen aus: JOB, G.: Altlasten der
Physik (10), Die Äquvalenz von Wärme
und Arbeit. In: Physik in der Schule 33
(1995).
7.8 Altlasten der Physik:
Die Messung der Entropie
(von F. Herrmann)
Gegenstand: Die Entropie wird, wenn
überhaupt, so eingeführt, daß der Eindruck
entsteht, es handele sich um eine Größe,
deren Werte man nur durch komplizierte
mathematische Berechnungen erhalten
kann.
Warum wird ausgerechnet bei der Entropie
betont, sie sei eine Funktion? Die Entropie
ist zunächst eine physikalische Größe. Zur
Funktion wird sie erst, wenn man sie in Abhängigkeit von anderen Größen darstellt. Je
nachdem, welche anderen Größen man
wählt, ist der funktionale Zusammenhang
natürlich ein anderer.
Und warum wird betont, sie sei eine Zustandsfunktion oder Zustandsgröße? Alle
extensiven physikalischen Größen sind Zustandsgrößen (und noch viele andere mehr),
aber diese Tatsache ist so selbstverständlich, daß man sie normalerweise nicht erwähnt. Daß man sich bei der Entropie an
diese Eigenschaft klammert, erklärt sich dadurch, daß die komplizierte, übliche Einführung so wenig Anschaulichkeit für die
Größe vermittelt, daß man sich an diese eine Eigenschaft klammert, um das Defizit an
Anschaulichkeit wenigstens etwas zu vermindern. Der wohl wichtigste Mangel bei
der Einführung der Entropie ist, daß man
kein Meßverfahren vorstellt. Selbstverständlich entsteht so der Eindruck, die Messung der Größe sei sehr schwierig, vielleicht sogar unmöglich. Tatsächlich ist die
Entropie aber eine der am leichtesten zu
messenden Größen überhaupt. Man kann
Entropiewerte mit recht guter Genauigkeit
mit Hilfe von Geräten bestimmen, die man
in jeder Küche findet.
Herkunft: Siehe /2/
gleich ist, und man mißt die Temperatur als
Funktion der Zeit. Der Energiestrom P, der
aus dem Tauchsieder ins Wasser fließt (die
Leistung) ist bekannt. Aus dE = T · dS
folgt dS=dE/T=Pdt/T.
Eine kleine Entropiezunahme dS erhält
man also einfach als Quotienten aus der
Energiezufuhr dE = Pdt und der Temperatur T. Da sich die Temperatur des Wassers
beim Heizen ändert, muß man, um die gesamte zugeführte Entropie zu erhalten, aufsummieren: Solange die Temperaturänderung beim Heizen klein gegen die mittlere
absolute Temperatur ist, kann man aber
statt der veränderlichen Temperatur getrost
eine konstante, mittlere Temperatur verwenden, und man erhält also: Energiestrom
des Tauchsieders mal Heizzeit durch mittlere Temperatur.
/1/ Gerthsen – Kneser – Vogel: Physik. –
Springer-Verlag, Berlin, 1977. – S. 183
/2/ Job, G.: Altlasten der Physik (8), Entropie. – In: Physik in der Schule 33 (1995).
Friedrich Herrmann
entnommen aus: HERRMANN, F.: Altlasten der Physik (16), Die Messung der Entropie. – In: Physik in der Schule 36 (1996).
S. 162.
Entsorgung: Es geht natürlich nicht um
die “Entsorgung” der Entropie oder deren
Messung, sondern um die Beseitigung des
Vorurteils, die Entropie sei schwer zu messen. Wie mißt man Entropien? Wir formulieren zunächst die Meßaufgabe genauer:
Man bestimme die Entropiedifferenz zwischen 5 Liter Wasser von 60 ˚C und 5 Liter
Wasser von 20 ˚C. Man beginnt mit dem
Wasser bei 20 ˚C und heizt es mit einem
Tauchsieder auf 60 ˚C. Man rührt gut um,
sodaß die Temperatur überall im Wasser
31
32
II. Unterrichtspraktischer Teil
- Ein Unterrichtsvorschlag
• Entwicklung und Förderung des Denkens
in Flüssen bzw. Strömen,
1. Didaktischer Kommentar
• Bekanntes und Vertrautes (Wissen, Formeln, Gesetze, Vorstellungen, ... ) in einen gemeinsamen Zusammenhang, in ein
System bringen und damit Disparates und
angeblich weit auseinanderliegendes näherbringen (systemisches Denken).
Der Baustein Energie und Entropie beabsichtigt:
• den Energiebegriff als gebietsübergreifendes Band in der Physik herauszustellen,
• den Mengencharakter der Energie zu unterstreichen,
• zu verdeutlichen, dass Energieströmung
immer an die Strömung einer anderen
mengenartigen Größe gebunden ist, die
einem Potenzialunterschied einer intensiven Größe unterliegt (gibbssche Fundamentalform),
• Entropie einzuführen als die mengenartige
Größe und als Energieträger,
• einen raschen, direkten Zugang zum
Entropiebegriff zu ermöglichen,
• die Entropie als zentralen Begriff der Physik herauszustellen,
• eine Begriffsreduktion gegenüber der traditionellen Thermodynamik zu ermöglichen,
• die Option auf einen Ausbau in Richtung
Thermodynamik (Wahlpflichtbaustein)
oder
offene Systeme,
• Entwicklung und Förderung des Denkens
in Analogien,
Entsprechend dem Charakter des Bausteins Energie und Entropie trägt der Unterricht einige Merkmale, die ihn vom Unterrichten anderer Gebiete unterscheidet:
• Die Begriffsbildung erfolgt in Anknüpfung an die Alltagserfahrungen zu den begriffen Temperatur, Energie und Wärme.
• Durch die Betonung des Denkens in Analogien treten Strukturen in den Vordergrund und der Unterricht erhält einen formalen Charakter.
• Das Denken und Sprechen in Flüssen
bringt Anschaulichkeit in den Unterricht.
• Der Unterricht enthält keine zentralen
großen Experimente, sondern eher Anschauungsbeispiele aus dem Alltag im
Sinne von 'Freihandexperimenten' und
'Anschauungsmaterialien'. (Messexperimente fehlen fast völlig, es sei denn, man
steigt tiefer in die Untersuchung von
Entropieströmen mittels Peltier-Elementen ein. Dafür ist aber der Zeitansatz in
diesem Baustein zu knapp.)
• die Option auf einen Einblick in die statistische Interpretation oder die informationstheoretische Interpretation der Entropie.
Die allgemeinen Zielsetzungen des Bausteins sind:
33
2.
Bausteine im Lehrplan Physik
2.1 Bausteine des Grundfaches
Entropie
- Entropie als Wärme
- Entropieerzeugung und
Entropiestrom
- entropische Betrachtung von
Naturphänomenen
10
• Die fundamentale gebietsübergreifende Bedeutung des Entropiebegriffs zur Einsicht
bringen.
• Eine eventuelle Ergänzung mit dem Wahlbaustein Energiegewinnung bedenken.
Zur Darstellung von Strömen eignen sich
Modellbildungssysteme.
Wärmekraftmaschinen
- Gesetze des idealen Gases
- thermodynamische Maschinen
(Wärmepumpe, StirlingMotor)
10
• Ein Verständnis für Möglichkeiten und Grenzen thermodynamischer Maschinen schaffen.
• Das Gas als Arbeitsmittel thermodynamischer
Maschinen und die Entropie als Energieentwertung als Leitidee herausstellen.
Eine Kombination mit den Bausteinen Entropie und Energiegewinnung ist bedenkenswert.
Energiegewinnung
- Energieerzeugungstechniken
- Leistungsvergleiche
- Schutz der Erdatmosphäre
10
• Inhaltliche Grundlagen für Bewertungsansätze
schaffen.
• Fachübergreifende Aspekte der Thematik
nutzen.
Schwerpunktsetzung nach Rahmenbedingungen (Unterrichtsform, örtliche Gegebenheiten,
Interessen, ...) vornehmen. Eventuelle Vorbereitung durch geeignete Bausteine bedenken.
2.2. Bausteine des Leistungsfaches
Energie und Entropie
- Energieströme und Energieträger
- Entropie als Energieträger;
Entropieerzeugung und Entropiestrom
- entropische Betrachtungen
34
10
• Die Aspekte und die fundamentale, gebietsübergreifende Bedeutung des Energiebegriffs
und des Entropiebegriffs zur Einsicht bringen.
• Eine eventuelle Ergänzung durch die Wahlbausteine Energiegewinnung und Thermodynamik bedenken. Empfehlenswert ist der
direkte Zugang zum Entropiebegriff über die
Entropie als Energieträger ∆E=T•∆S.
Energiegewinnung
- Energietechniken
- Leistungsvergleiche
- Energiespeicher
Thermodynamik
- Gesetze des idealen Gases
- thermodynamische Maschinen
(Wärmepumpe, StirlingMotor)
- Entropie als Energieentwertung
10
• Inhaltliche Grundlagen für Bewertungsansätze
schaffen.
• Fachübergreifende Aspekte der Thematik nutzen.
Schwerpunktsetzung nach Rahmenbedingungen (Unterrichtsform, örtliche Gegebenheiten,
Interessen, ...) vornehmen. Eventuelle Vorbereitung durch geeignete Bausteine bedenken.
10
• Ein Verständnis für Möglichkeiten und Grenzen thermodynamischer Maschinen erreichen.
• Das Gas als Arbeitsmittel thermodynamischer
Maschinen und die Entropie als Energieentwertung als Leitidee herausstellen.
Eine Kombination mit dem Baustein Energie
und Entropie ist bedenkenswert.
Fachübergreifende Bezüge nutzen.
2.3 Bausteine im Lehrplan zum fachübergreifenden und fächerverbindenden
Arbeiten am Thema Treibhauseffekt
Treibhauseffekt
Beiträge des Faches Physik:
- Temperaturstrahlungsgesetze
- Absorptionverhalten der Treibhausgase
- Sechs-Effekte-Modell des
Treibhauseffektes; CO2-Dynamik
Beiträge des Faches Biologie:
- Anteil und Rolle der Fotosynthese
- Entropieverminderungsfunktion
Beiträge des Faches Chemie:
- chemische Zusammensetzung
der Erdatmosphäre
- Treibhausgase; chemische Reaktionen
Beiträge des Faches Erdkunde
- anthropogene Beiträge zum
Treibhauseffekt
Hinweise:
• Eine adressatengerechte Darstellung der Gesetze wählen (Texte, Bilder, Grafiken, Formeln, ...).
• Eine Modellierung der CO2-Dynamik mit einem Modellbildungssystem ist empfehlenswert.
• Modellexperimente zu Einzeleffekten durchführen.
• Anteil und Rolle der Verbrennung fossiler
Brennstoffe, der Treibhausgasemissionen aus
Industrie und Verkehr, der Massentierhaltung
und des Nassreisanbaus, Pufferwirkung des
Ozeans diskutieren.
• Reichhaltiges Informationsmaterial auf klassischen und elektronischen Datenträgern, in Datenbanken durch Telekommunikation nutzen.
35
3.
Gliederung der Unterrichtsreihe
1. Vorstellungen der Schüler zu Temperatur, Wärme und Energie
2. Entropieexperimente
3. Übungen an der Wärmflasche
4. Strukturierung mit Begriffswortfeldern und Begriffsnetzen
5. Entropiestromgesetze
6. Entropiemessung
7. Übungen zu Entropieströmen
8. Entropische Betrachtungen von Naturphänomenen
(Strukturbildung und Entropieexport / Treibhauseffekt)
Ist das Thema Energie und Entropie auch
ein Thema für den Grundkurs? Ist die fachliche und didaktische Schwelle nicht zu
hoch? Die Antwort ist erfreulicherweise ein
klares 'Nein'; denn der Einstieg und Aufstieg ist auf unterschiedlichen Ebenen und
Niveaustufen möglich, ohne im Kern fachliche Abstriche machen zu müssen. So gesehen ist es auch ein Thema für die Mittelstufe, für alle Schulstufen.
Ausgangspunkt sind die Alltagserfahrungen
und die damit verbundenen Vorstellungen
zu den Begriffen Energie, Temperatur und
Wärme (=Entropie). Nach dem Unterschied
zwischen Temperatur und Wärme befragt,
erhält man von Schülerinnen und Schülern
folgende Antworten (Auswahl aus einer Befragung in einem Grundkurs 12):
• Wärme kann man spüren, Temperatur nicht. Die
Wärme ist die fühlbare Größe, wohingegen die
Temperatur eine messbare Größe ist.
• Man misst Wärme und Kälte in Grad. Das nennt
man Temperatur.
• Wärme betrifft die Sinne des Menschen, mit denen
man Dinge begreift, und mit der Temperatur bestimmt man die Wärme durch Messungen. Wärme
ist ein Begriff für angenehme Temperatur.
• Wärme ist der warme Teil des Spektrums und Temperatur umfasst den ganzen Teil des Spektrums.
36
• Wärme ist immer warm, Temperatur kann auch kalt
sein.
Nach Schülervorstellungen vor dem Unterricht ist die Temperatur der objektiv messbare Teil der Wärme. Einfachste Experimente zeigen hingegen, dass Wärme eine
extensive Größe ist und Temperatur eine intensive Größe. Extensive Größen sind mengenartig und deren Werte beziehen sich auf
einen Raumbereich. Die Werte intensiver
Größen hingegen beziehen sich auf einen
Punkt. Das lässt sich an Alltagsvorgängen
(z. B. Tante Ernas Wärmflasche) einsichtig
darlegen. Energie ist eine Art universeller
Treibstoff, der für Prozesse aller Art erforderlich ist. Wärme (=Entropie) ist ein Energieträger und die Temperatur gibt an, wie
energiebeladen die betreffende Entropiemenge ist.
Im Unterschied zu anderen Unterrichtsthemen sollte man in diesem Themenbereich
die Begriffe nicht sukzessive nacheinander
einführen, sondern in ihrer Gesamtheit an
die Schülerinnen und Schüler herantragen
und auf die Abgrenzungen und Zusammenhänge hinarbeiten. Dies ist durch Bezugnahme und Analogiebildung zur Elektrizitätslehre leicht möglich.
1. Vorstellungen der Schüler zu Temperatur, Wärme und Energie
Den Schülern wird folgende Frage vorgelegt (Tafelanschrieb), die sie schriftlich auf einem Blatt beantworten:
1. Was ist Temperatur, Wärme, Energie ?
2. Was unterscheidet die Begriffe ?
Die Interferenz der Begriffe verweist auf Schülervorstellungen und verdeutlicht die Notwendigkeit einer begrifflichen Ausschärfung.
2. Entropieexperimente
Anhand einfachster Entropieexperimente können die
Begriffe eingeführt und Eigenschaften der Entropie
(=Wärme) formuliert werden. Der Alltagswärmebegriff
wird fachsprachlich mit dem Begriff Entropie belegt.
Besonderer Wert sollte auf Strömungsvorstellungen gelegt werden. Hier ist weniger an eine Erarbeitung gedacht, als an die systematische Zusammenstellung von
Vorwissen und bekannten Alltagserscheinungen.
3. Übungen an der Wärmflasche
Anhand eines allgemeinsprachlich gehaltenen Textes
(Anlage) über eine Wärmflasche, der wesentliche Bereiche der Wärmelehre aufreißt, können die Begriffe und
Gesetze eingeübt werden, indem der Text in eine korrekte Fachsprache übersetzt wird. Der Text kann auch
als Einstieg dienen, um anschließend die Entropiexperimente durchzuführen.
4. Strukturierung mit Begriffswortfeldern und Begriffsnetzen
E
T
∆E=T•∆S
S
Die Begriffe können auch anhand von Begriffswortfeldern und Begriffsnetzen eingeübet aber auch eingeführt
werden. Das könnte selbsterschließend und nicht induktiv fragend erarbeitet werden. Dazu wird der gesamte
Begriffsapparat mit dem Auftrag zur Strukturierung vorgegeben. Die kann vor oder nach der Analogiebetrachtung zur Elektrizitätslehre erfolgen.
37
5. Entropiestromgesetze
Analogie
T
U
S
Q
Der bearbeitete Begriffsbestand wird experimentell begleitet und in strikter Analogie zu den bekannten Gesetzen des elektrischen Stromkreises in Bezug gesetzt.
Unterschiede (z.B. Entropie ist eine Quasi-Erhaltungsgröße) und Gemeinsamkeiten werden erarbeitet und
festgehalten.
6. Entropiemessung
Ein Peltier-Element kann als Entropiestrommesser benutzt werden, und damit werden Stromstärkemessungen
und Stromkreisgesetze experimentell untersucht.
Die Entropieerzeugung eines Tauchsieders kann mit
sehr einfachen Mitteln gemessen werden.
7. Übungen zu Entropieströmen
1. Aufgabe:
Anhand von Aufgaben und Übungen wird der Intensitätsgrad der Beschäftigung erhöht.
2. Aufgabe:
3. Aufgabe:
8. Entropische Betrachtungen (Strukturbildung und Entropieexport / Treibhauseffekt)
Mit dem Energie- und Entropiebegriff und mit den Entropiestromgesetzen können Wärme- und Entropieprobleme aus dem Alltag und aus der Natur behandelt werden. Hier muss eine exemplarische Auswahl getroffen
werden:
• die Behandlung von Lebewesen als offene Systeme
38
CO2
H2 O, flüssig
O2
oder:
• die Strukturbildung beim Pflanzenwachstum.
H2 O, gas
oder:
• die entropische Betrachtung des Treibhauseffektes.
39
40
III. Unterrichtsmaterialien - Folien und Arbeitsblätter
1. Meine Vorstellungen zu Wärme und Temperatur
2. Entropieexperimente
3. Übungen an der Wärmflasche:
Tante Erna spricht über ihre Wärmflasche
Fragen zu Tante Ernas Wärmflasche
Der Physiker spricht über die Wärmflasche
4. Strukturierungen:
Begriffswortfeld
Begriffswortfeld mit Symbolen
Sortiertes Begriffswortfeld
Begriffsschubladen
Bergiffsnetz
5. Analogie zwischen Elektrizität und Entropie
6.
Entropiemessung:
Messung des Entropiestromes mit dem Peltier-Element
Entropiemessung am Beispiel der Entropieerzeugung am Tauchsieder
7. Aufgaben mit Lösungen
41
Meine Vorstellungen zu Wärme und Temperatur
1. Auf dem Tisch liegen ein Wollpullover und ein Stück
Eisen. Beide fühlen sich unterschiedlich warm an.
Wie erklärst du das?
2. Erkläre jemandem den Unterschied zwischen Temperatur, Wärme und Energie.
3. Was ist Kälte?
4. Du steigst aus dem Schwimmbad und frierst.
Begründe das.
42
Entropieexperimente
1. Experiment:
1. Grundbegriffe der Wärmelehre:
Temperatur, Entropie und Energie
B
A
Die Wärme (= Entropie) ist etwas, das in
dem Körper enthalten ist, abhängig von dessen Größe, Masse, Material, Temperatur,
etc..
A
B
A
Die Temperatur charakterisiert den Zustand
des Warmseins eines Körpers, unabhängig
von dessen Größe, Masse, Material, etc..
Die Energie ist etwas, das in allem enthalten ist. Alles ist Energie und für alles
braucht man Energie. Mit Wärme kann man
Energie übertragen.
B
Die Hälfte des Wassers in A wird in B gegossen. Die Temperatur in A bleibt gleich,
aber die Wärme und die (Wärme-) Energie
halbieren sich.
43
2. Experiment:
2. Feststellung:
Das Wasser mit der Temperatur 70°C enthält
mehr Entropie (= Wärme) als die gleiche
Wassermenge der Temperatur 10°C.
2 (a)
Je höher die Temperatur eines Gegenstandes ist, desto mehr Entropie enthält er.
70°C
10°C
Von zwei Wassermengen gleicher Temperatur enthält die größere mehr Entropie als die
kleinere.
2 (b)
Je größer die Masse eines Gegenstandes ist,
desto mehr Entropie enthält er.
20°C
20°C
10°C
70°C
2 (c)
Bei zwei Wassermengen unterschiedlicher
Masse und unterschiedlicher Temperatur
braucht man zum Vergleich der Entropiemengen quantitative Gesetzmäßigkeiten.
Welche Wassermenge enthält mehr Wärme
(=Entropie)?
3. Experiment:
3. Feststellung:
Hält man einen Gegenstand, z. B. ein Stück
Eisen, über eine Gasflamme, so wird er wärmer, seine Temperatur steigt. In den Gegenstand strömt Entropie hinein. Je mehr Entropie man in das Eisenstück hineinfließen lässt,
desto höher wird seine Temperatur. Nimmt
man den Gegenstand von der Flamme weg
und packt ihn in Styropor ein, so bleibt die
Entropie in ihm drin.
Man erwärmt einen Gegenstand , z. B. ein
Stück Eisen, über einer Gasflamme. Anschließend nimmt man die Flamme weg und
packt den Gegenstand in Styropor ein.
44
Entropie ist eine mengenartige Größe, die in
einem Körper enthalten ist.
4. Experiment:
20°C
70°C
4. Feststellung:
20°C
70°C
Man taucht einen Behälter A mit Wasser der
Temperatur 70°C in ein Wasserbad B der
Temperatur 20°C.
T1
T1
T2
T2
Taucht man einen Behälter A mit Wasser der
Temperatur 70°C in ein Wasserbad B der
Temperatur 20°C, so fließt solange Entropie
von A nach B bis die Temperaturen gleich
sind. Es stellt sich ein thermisches Gleichgewicht ein. Die Gleichgewichtstemperatur
hängt ab vom Verhältnis der Wassermengen.
Entropie strömt von selbst von Stellen höherer Temperatur zu Stellen niedriger Temperatur. Ein Temperaturunterschied ist ein
Antrieb für einen Entropiestrom.
Eine Wärmepumpe transportiert Entropie
von Stellen niedriger Temperatur zu Stellen
höherer Temperatur.
Ob die Entropie gut von einem warmen zu
einem kalten Gegenstand fließt, hängt aber
auch noch von der Art des Kontakts, der
Verbindung, ab.
Es gibt also gute und schlechte Entropieleiter.
Wovon hängt der Wärmefluß ab?
5. Experiment:
5. Feststellung:
Hält man einmal einen Behälter mit Luft und
einmal einen gleich großen Behälter mit
Wasser über eine Flamme, so stellt man fest,
dass sich die Luft schneller erwärmt, d. h.
schneller eine bestimmte Temperatur erreicht als das Wasser.
Man muss also in das Wasser mehr Entropie
hineinstecken, um diese Temperatur zu erreichen. Wasser hat eine größere Entropiekapazität als Luft.
Man hält einmal einen Behälter mit Luft und
einmal einen gleich großen Behälter mit
Wasser über eine Flamme.
45
6. Experiment:
6. Feststellung:
Man kann einem "System" auch Entropie zuführen, ohne dass die Temperatur steigt.
Lässt man siedendes Wasser auf der Flamme
stehen, so fließt dauernd Entropie in das
Wasser hinein. Seine Temperatur erhöht sich
nicht mehr, aber dafür wird ständig Wasser
verdampft. Der Dampf muss also die Entropie forttragen.
Ein Gramm Dampf enthält also (viel) mehr
Entropie als ein Gramm flüssiges Wasser.
500
T/K
Man lässt siedendes Wasser auf der Flamme
stehen und misst die Temperatur.
100
S/J/K
2000
4000
10000
Temperatur als Funktion des Entropieinhalts für 1 kg
Wasser
7. Experiment:
7. Feststellung:
Man kann Entropie erzeugen, z. B. in einer
Flamme, in einem elektrischen Widerstand
oder durch "Reibung".
Entropie kann erzeugt werden.
Man erhitzt einen Draht elektrisch.
46
8. Experiment:
Man lässt den erwärmten Gegenstand eine
Weile stehen ohne weiter zu heizen.
8. Feststellung:
Lässt man den Gegenstand, den man vorher
erwärmt hat, eine Weile stehen, so fließt die
Entropie aus ihm heraus, sie verteilt sich in
der Umgebung. Dabei verdünnt sie sich so
stark, dass man nicht mehr erkennt, wo sie
sich genau befindet. Trotzdem ist sie irgendwo, sie ist nicht verschwunden im Sinne von
"vernichtet", sondern nur verschwunden im
Sinne von "versteckt" oder "verstreut".
Entropie kann erzeugt, aber nicht vernichtet
werden. (2. Hauptsatz)
47
Tante Erna spricht über ihre Wärmeflasche
Das ist meine Wärmflasche.
Ich stelle dann Wasser auf
den Herd, auf Stufe 6, erwärme das und gieße das Wasser
in meine Wärmflasche. Dann
ist die Wärme da drin.
Wenn ich sie gerne wärmer
hätte, dann stelle ich den
Herd auf Stufe 12, bis das Wasser kocht.
Höher geht es ja nicht.
Wenn ich die Wärmflasche
ins Federbett packe, dann
bleibt sie lange warm, draußen kühlt sie schnell ab.
Halte ich meine Füße daran,
so werden sie wohlig warm.
Die Wärmflasche hat zwei
Seiten. Bei der glatten verbrenne ich mir die Füße; die
mit den Rippen ist angenehm.
Letztlich war mein Herd kaputt, und da habe ich das
Wasser mit einem Holzfeuer
erwärmt.
48
Fragen zu Tante Ernas Wärmflasche
1. Was hat Tante Erna in ihrer Wärmflasche?
2. Wie kommt die Wärme in den Wasserkessel?
Wo kommt sie her?
3 . Wieso wird das Wasser nicht beliebig warm?
4 . Wieso kühlt die Wärmflasche wieder ab?
Wohin geht die Wärme?
5 . Kann man die Wärme, Temperatur, Energie erzeugen?
Wenn ja, wie geht das?
6 . Übersetze den Tante-Erna-Bericht in die physikalische
Fachsprache.
49
Der Physiker spricht über die Wärmeflasche
Das Wasser in der Wärmflasche
ist ein Energie- und Entropiespeicher.
Im Elektroherd als Energiewandler wird der Energieträger gewechselt. Elektrische Energie
fließt mit Ladungen hinein und
Wärmeenergie fließt mit Entropie
hinaus. Durch Wärmeleitung fließt
die Entropie über den Kessel in
das Wasser.
Mit zunehmendem Entropieinhalt
des Wassers wächst dessen Temperatur bis zur Siedetemperatur.
Das Federbett ist ein Entropieisolator und hat eine extrem geringe Entropieleitfähigkeit, so dass
kaum eine Entropieleitung stattfindet und die Temperatur fast konstant bleibt.
Durch die Füße kann Entropieleitung stattfinden. Die beiden Seiten der Wärmflasche haben einen unterschiedlichen Entropiewiderstand. Durch Lufteinschluss
der gerippten Seite ist die Entropieleitung gering, weil Luft ein
schlechter Entropieleiter ist.
Die Entropieerzeugung kann auch
durch Verbrennung (Oxidation)
erfolgen.
50
Begriffswortfeld
Thermometer
Entropie
Temperatur
Entropieisolator
Wärme
Energie
Energiedifferenz
Entropieleiter
Wärmeenergieleiter
Entropieleitung
Entropiewiderstand
Entropiemesser
Entropiestrom
Energieströmung
Entropiemenge
Entropiepumpe
Entropieströmung
Energiemesser
Entropiekapazität
Entropiedifferenz
Energieträger
Entropiestromstärke
Energiestromstärke
Entropiewiderstand
Temperaturdifferenz
Verbrennung
Entropieleitfähigkeit
reversibel
Reibung
irreversibel
Aufgaben:
1. Notiere Symbole an die Begriffe.
2. Bilde "Begriffsschubladen" und sortiere die Begriffe.
3. Bilde Begriffsnetze.
4. Übersetze den Tante-Erna-Bericht in die physikalische
Fachsprache.
51
Begriffswortfeld mit Symbolen
Entropie
S Temperatur
Wärme
Energiedifferenz
∆E
T
Thermometer
Entropieisolator
Energie
E
Entropieleiter
Wärmeenergieleiter
Entropieleitung
Entropiewiderstand
RS
Entropiemesser
Entropiestrom
Energieströmung
Entropiepumpe
Entropieströmung
Entropiemenge
Energiemesser
CS =∆S/∆T Energieträger
Entropiedifferenz∆S Entropiestromstärke
IS =∆S/∆t
Energiestromstärke P=I =∆E/∆t
E
Entropieleitfähigkeit σ
Entropiewiderstand
S
reversibel
Temperaturdifferenz ∆T
Entropiekapazität
Verbrennung
52
Reibung
irreversibel
Sortiertes Begriffswortfeld
Thermometer
Entropie
Temperatur
Entropieisolator
Wärme
Energie
Energiedifferenz
Entropieleiter
Wärmeenergieleiter
Entropieleitung
Entropiewiderstand
Entropiemesser
Entropiestrom
Energieströmung
Entropiepumpe
Entropieströmung
Entropiekapazität
Entropiedifferenz
Entropiemenge
Energiemesser
Energieträger
Entropiestromstärke
Energiestromstärke
Entropiewiderstand
Temperaturdifferenz
Verbrennung
Entropieleitfähigkeit
reversibel
Reibung
irreversibel
53
Begriffsschubladen
Energieströmung Energie
Energiedifferenz
Energieträger
Energiestromstärke
Entropieströmung
Entropieleitung
Verbrennung
Reibung
reversibel
irreversibel
Entropie
Wärme
Entropiemenge
Entropiestrom
Entropiedifferenz
Entropiestromstärke
Entropiewiderstand
Entropieleitfähigkeit
Entropiekapazität
Energiemesser
Wärmeenergieleiter
Entropiepumpe
Entropieleiter
Entropiewiderstand
Entropieisolator
Entropiemesser
Thermometer
Temperatur
Temperaturdifferenz
Prozesse
54
Größen
Geräte
Begriffsnetz zur Wärmelehre
E
S
T
∆E
∆t
∆S
∆t
∆E=T• ∆S
IE=∆E/∆t
IE=Τ•IS
IS =∆S/∆t
∆T
RS
IS =∆T/RS
CS =∆S/∆T
RS = l/(A •σS)
l
A
σS
55
Begriffsnetz zur Wärmelehre
Energie
Temperatur
E
T
Entropie (Wärme)
S
Energiedifferenz Entropiedifferenz
∆E
∆S
Energiefluss
Zeitdifferenz
∆t
Zeitdifferenz
∆t
∆E=T• ∆S
IE=∆E/∆t
Energiestromstärke
IE=Τ•IS
Temperaturdifferenz
Entropiekapazität
CS =∆S/∆T
IS =∆S/∆t
Entropiestromstärke
Entropiewiderstand
∆T
RS
IS =∆T/RS
RS = l/(A •σS)
Länge
56
l
Querschnittsfläche Entropieleitfähigkeit
A
σS
Analogie zwischen Elektrizität und Entropie
Eigenschaften elektrischen Ladungen und Gesetze für Ladungsströme
Eigenschaften der Entropie und
Gesetze für Entropieströme
Alltagserfahrungen zur Elektrizität und Elektrizitätsexperimente führen zu folgenden Regeln und Gesetzen:
Alltagserfahrungen als Entropieerfahrungen
und Entropieexperimente führen zu folgenden Regeln und Gesetzen:
1 Jeder Körper enthält Elektrizität.
Die (Elektrizitätsmenge, Ladungsmenge)
Ladung Q ist eine mengenartige Größe.
Die Ladung Q kann positive und negative
Werte annehmen.
1 Jeder (warme) Körper enthält Entropie.
Die (Wärme) Entropie S ist eine mengenartige Größe. Sie kann nur positive Werte
annehmen.
2 Je größer die Masse m eines Gegenstandes, desto mehr Ladung Q enthält er.
2 Je größer die Masse m eines Gegenstandes, desto mehr Entropie S enthält er.
3 Je höher das Potenzial ϕ eines Körpers
(physikalischen Systems) ist, desto mehr
Ladung Q enthält er (es).
3 Je höher die Temperatur T eines Körpers
(physikalischen Systems) ist, desto mehr
Entropie S enthält er (es).
4 Ladung strömt von selbst von Stellen höheren Potenzials zu Stellen niedrigeren
Potenzials. Ein Potenzialunterschied
∆ ϕ = U ist ein Antrieb für einen Ladungsstrom I =∆Q/∆t.
4 Entropie strömt von selbst von Stellen höherer Temperatur zu Stellen niedrigerer
Temperatur. Ein Temperaturunterschied
∆T ist ein Antrieb für einen Entropiestrom IS =∆S/∆t.
5 Je größer die Potenzialdifferenz ∆ ϕ= U,
desto stärker ist der Ladungsstrom:
I = L•U, wobei L=1/R der Leitwert, oder
der reziproke elektrische Widerstand ist
(ohmsches Gesetz).
5 Je größer die Temperaturdifferenz ∆T,
desto stärker ist der Entropiestrom:
IS = LS•∆T, wobei LS der Entropieleitwert, oder der reziproke Entropiewiderstand ist (fouriersches Gesetz).
6 Jede Leitung setzt dem hindurchfließenden Ladungsstrom einen Widerstand entgegen. Dieser elektrische Widerstand R
ist umso größer, je kleiner die Querschnittsfläche der Leitung und je größer
ihre Länge ist. Er hängt außerdem vom
Material der Leitung ab. R = l/(ε• A).
6 Jede Leitung setzt dem hindurchfließenden Entropiestrom einen Widerstand entgegen. Dieser Entropiewiderstand ist umso größer, je kleiner die Querschnittsfläche der Leitung und je größer ihre Länge
ist. Er hängt außerdem vom Material der
Leitung ab. RS = l/(σS• A).
7 Je höher das Potenzial ϕ eines Körpers
(physikalischen Systems) ist, desto mehr
Ladung Q enthält es. Die Ladungszunahme pro Potenzialzunahme heißt Kapazität
eines Körpers C=Q/U.
7 Je höher die Temperatur T eines Körpers
(physikalischen Systems) ist, desto mehr
Entropie S enthält er (es). Die Entropiezunahme pro Temperaturzunahme heißt
Entropiekapazität eines Systems
57
CS=∆S/∆T. Die Entropie S, und die Entropiekapazität CS hängen nicht nur von T,
sondern auch von andern Größen, z. B.
Masse m, Volumen V, Druck p, Stoffmenge n, etc. ab. Bei Phasenübergängen
ändert sich die Entropiekapazität sehr
stark.
8 Ladung kann weder erzeugt, noch vernichtet werden (Ladungserhaltungssatz).
Dieser grundlegende Satz hat denselben
erkenntnistheoretischen Status wie der
Energieerhaltungssatz. Die Physiker glauben daran.
8 Entropie kann erzeugt werden bei einer
chemischen Reaktion, durch mechanische
Reibung, durch elektrische Ströme in
elektrischen Widerständen, durch Entropieströme in Wärmewiderständen,
u.v.a.m. Entropie kann zwar erzeugt, aber
nicht vernichtet werden. (2. Hauptsatz der
Thermodynamik) Dieser grundlegende
Satz hat denselben erkenntnistheoretischen Status wie der Energieerhaltungssatz. Die Physiker glauben daran.
9 Prozesse, bei denen Entropie erzeugt
wird, können nicht von selbst rückwärts
laufen, sie sind irreversibel.
10 Ladung ist ein Energieträger. Ein Ladungsstrom der Stärke I ist immer mit einem Energiestrom der Stärke IE =ϕ • IQ
oder ∆E=ϕ•∆Q begleitet. Das Potenzial
gibt an, wie stark ein Ladungsstrom mit
Energie beladen ist. (Die Energiestromstärke ist die sogenannte Leistung P=IE .)
10 Entropie ist ein Energieträger. Ein Entropiestrom der Stärke IS ist immer mit einem Energiestrom der Stärke IE =T• IS
oder ∆E=T•∆S begleitet. Die Temperatur
gibt an, wie stark ein Entropiestrom mit
Energie beladen ist. (Die Energiestromstärke ist die sogenannte Leistung P=IE .)
11 Versucht man mit einer sehr guten Wärmepumpe einem Körper immer mehr
Energie zu entziehen, so stellt man
zweierlei fest:
- Man kommt der Temperatur 0 K nahe,
kann sie aber nicht unterschreiten, d. h.,
es gibt eine absolut tiefste Temperatur.
- Bei dieser Temperatur fördert die Pumpe keine Entropie mehr, d. h., absolut kalte Körper enthalten keine Entropie.
12 Die Einheit der Ladung ist [Q]=1 C. Es ist
die Ladungmenge, die bei einer zeitlich
konstanten Stromstärke von 1 A während
der Zeit von 1 s durch den Leiter fließt.
58
12 Die Einheit der Entropie ist [S]=1 J/K. Es
ist die Entropiemenge, mit der man bei
Normaldruck 0,893 cm3 Eis schmilzt.
Messung des Entropiestromes mit dem Peltier-Element
Messung des Entropiestromes durch einen Entropieleiter
Fe 70
°
C
Al 20
°
C
Fe 20
°
C
Zu den Experimenten mit Peltier-Elementen siehe Anhang.
59
Entropiemessung am Beispiel der Entropieerzeugung
am Tauchsieder
gibbssche Fundamentalform: dE = T• dS = U• dQ →
dS = U/T• dQ = U•I/T• dt → ∆S = ∫U(t)•I(t)/T•dt
Entropieerzeugung eines Tauchsieders
bei konstanter Temperatur:
t1
12
9
3
Entropieerzeugung eines Tauchsieders
bei nichtkonstanter Temperatur:
U
U
t2
T2
6
T
I
I
T1
Wärmereservoir
Die gesamte erzeugte Entropie wird an
das Wasser abgegeben, führt aber zu keiner Temperaturerhöhung, weil ein
Wärmereservoir vorliegt (=sehr große
Wassermenge mit guter Durchmischung)
t2
∆S=∫U•I/Tdt = U•I/T•(t2-t1)
Wegen des adiabatischen Abschlusses
wird die gesamte erzeugte Entropie an
das Wasser abgegeben und lässt sich als
aufgenommene Entropie messen.
t2
T2
t1
T1
∆S=∫U•I/Tdt=∫C/TdT=C•lnT2/T1
t1
Entropiemessung = Zeitmessung
Entropiemessung = logarithmische
Temperaturmessung
S
S
∆S
∆S
t1
60
t2
E~t
T1
T2 E~T
III. Unterrichtsmaterialien - Aufgaben mit Lösungen
A. Aufgaben zu Energie- und Entropieströmen
B. Aufgaben zur Entropieerzeugung durch Entropieströme
C. Aufgaben zu Entropieströmen und Energieverlusten
D. Aufgaben zu Entropieinhalt und Temperatur
E. Aufgaben zur gibbsschen Fundamentalform und zu Energie- und
Entropieströmen
61
A. Aufgaben zu Energie- und Entropieströmen (aus: [4], Band 1)
1.
Ein Haus, das mit einer Ölheizung auf
eine Temperatur von 20°C geheizt wird,
hat einen Wärmeverlust von 35 J/Ks.
Wie hoch ist der Energieverbrauch der
Heizung?
2. Der Kühler eines Autos, dessen Temperatur 90°C beträgt, gibt pro Sekunde
60 J/K an die Luft ab.
Wie groß ist der Energiestrom, der aus
dem Kühler heraus in die Luft fließt?
3. Die Temperatur an der Unterseite eines
1000 W-Bügeleisens beträgt 300°C.
Wieviel Entropie kommt pro Sekunde
aus dem Bügeleisen heraus?
4. Ein Schwimmbad wird mit einer Wärmepumpe geheizt. Die Wärmepumpe
nimmt die Entropie aus einem vorbeifließenden Bach. Die Temperatur des Wassers im Bach ist 15°C, die des Wassers
im Schwimmbecken 25°C. Das Wasser
im Schwimmbad verliert ständig Entropie an die Umgebung, und zwar pro Sekunde 500 J/K. Damit es seine Temperatur behält, muss die Wärmepumpe diese
Entropie ständig nachliefern.
Wie hoch ist der Energieverbrauch der
Wärmepumpe?
5. Ein Haus wird mit einer Wärmepumpe
geheizt. Die Außentemperatur beträgt
0°C, die Temperatur im Haus 25°C. Die
Wärmepumpe fördert 30 J/Ks.
(a) Wie hoch ist ihr Energieverbrauch?
(b) Dasselbe Haus wird mit gewöhnlicher Elektroheizung erwärmt, d. h.
30 J/Ks werden nicht von draußen hineingepumpt, sondern im Haus erzeugt.
Wie hoch ist der Energieverbrauch?
B. Aufgaben zur Entropieerzeugung
durch Entropieströme
6.
62
Ein Haus wird mit 20 kW geheizt. Die
Innentemperatur ist 20°C, die Außentemperatur -5°C.
(a) Wie stark ist der nach draußen fließende Entropiestrom an der Innenwand
des Hauses?
(b) Wie stark ist er an der Außenwand?
7.
(c) Wieviel Entropie wird pro Sekunde
beim Herausfließen der Entropie erzeugt?
Der Heizdraht einer 1000 W-Kochplatte
hat eine Temperatur von 1000 K.
(a) Wieviel Entropie pro Sekunde wird
im Heizdraht erzeugt?
(b) Auf der Kochplatte steht ein Topf mit
Wasser; die Wassertemperatur beträgt
373 K.
Wie viel Entropie kommt pro Sekunde
im Wasser an?
(c) Wie viel Entropie wird auf dem Weg
vom Heizdraht zum Wasser erzeugt?
C. Aufgaben zu Entropieströmen und
Energieverlusten
8.
Ein Kraftwerk gibt mit der Elektrizität
einen Energiestrom von 1000 MW ab.
Die Temperatur des Dampfes am Eingang der Turbine beträgt 750 K, am
Ausgang 310 K.
(a) Wie stark ist der Entropiestrom, der
mit dem Kühlwasser wegfließt?
(b) Wie stark ist der Energiestrom, den
dieser Entropiestrom trägt?
9. Überlegen Sie sich Möglichkeiten, wie
man in der Natur vorkommende Entropie
auf hoher Temperatur ausnutzen könnte.
Diskutieren Sie auch Möglichkeiten, die
Ihnen unrealistisch erscheinen.
10. Ein Elektromotor, dessen Verlust 40%
beträgt, verbraucht 10 W.
Wie viel Energie gibt er pro Sekunde mit
ab? Wie viel Entropie erzeugt er pro Sekunde?
(Die Umgebungstemperatur beträgt
300 K.)
11. Ein Generator, der einen Verlust von 8%
hat, gibt mit der Elektrizität einen Energiestrom der Stärke 46 kW ab.
(a) Wie stark ist der Energiestrom, der
über die Welle in den Generator hineinfließt?
(b) Wie stark ist der Verlustenergiestrom?
(c) Wie stark ist der Strom der erzeugten
Entropie? (Die Umgebungstemperatur
beträgt 300 K.)
D. Aufgaben zu Entropieinhalt und
Temperatur
12. Einem Kilogramm Kupfer und einem Kilogramm Aluminium mit einer Anfangstemperatur von 25°C werden je 80 J/K
zugeführt.
(a) Welches Material erwärmte sich stärker?
(b) Um welchen Faktor unterscheiden
sich die Temperaturänderungen?
ϑ/°C
100
Kupfer
S/J/K
20
ϑ/°C
100
Aluminium
S/J/K
20
1300
900
13. Wieviel Entropie braucht man, um 100 l
Wasser von 20°C auf 100°C zu erwärmen?
100
ϑ/°C
1kg Wasser
S/J/K
20
3500
4000
4500
E. Aufgaben zur gibbsschen Fundamentalform und zu Energie- und Entropieströmen (vgl. [12], S. 159)
15. Eine Flüssigkeitsoberfläche vergrößert
sich. Stellen Sie diese Energiezufuhr mathematisch dar.
16. Stellen Sie die durch eine Kraft F einem
Körper der Masse m in der Zeit ∆t zugeführte Energie so dar, dass die Impulsänderung ∆p als extensive Größe vorkommt.
17. Berechnen Sie die erzeugten Entropieströme, wenn eine Heizwendel in Wasser
(a) von 100°C und
(b) der Glühfaden einer Lampe mit der
Temperatur T=2500 K mit einer elektrischen Leistung von 100 W gespeist werden.
550
450
14. Ein halber Liter Wasser soll mit einem
500-W-Tauchsieder von 25°C auf 100°C
erhitzt werden. Wie lange braucht man
dazu?
4800
18. 108 Nebeltröpfchen von je 0,001mm
Durchmesser vereinigen sich zu einem
einzigen Tropfen.
(a) Ist der Prozess reversibel oder irreversibel?
(b) Welche Energie wird dabei frei?
(c) Was geschieht mit dieser Energie?
d) Welche Entropiezunahme tritt bei
T=20°C auf?
19. Unter welchen Bedingungen kann die
Entropie eines nicht abgeschlossenen Systems
(a) zunehmen
(b) abnehmen
(c) weder zunehmen noch abnehmen?
20. Unter welchen Bedingungen kann die
Entropie eines abgeschlossenen Systems
(a) zunehmen
(b) abnehmen
(c) weder zunehmen noch abnehmen?
21. Zeichnen Sie das Energieflussbild und
das Entropieflussbild für einen reversiblen Kreisprozess zwischen den Temperaturen T1=6000 K und T2=300 K.
63
22. Ein Elektroofen hat die Leistung
P=6 kW und heizt ein Zimmer, das eine
konstante Temperatur von 20°C hat. Die
Ofentemperatur beträgt 70°C und die
Außentemperatur 0°C. Berechnen und
zeichnen Sie maßstabsgerecht Energieund Entropieflüsse für den Fall, dass ein
Zimmer
(a) elektrisch geheizt wird
(b) mit vorgeschalteter Wärmepumpe
betrieben wird.
(c)Welchen Entropiestrom trägt der elektrische Strom? Berechnen Sie den
Leistungsfaktor.
(d) Berechnen Sie die Leistung der
Wärmepumpe.
5.
Gesucht: P
Lösung: P=(TA-TB)• IS=10K •500 J/Ks
=5000W
(a)
Gegeben: TA-TB=25K
IS = 30 J/Ks
Gesucht: P
Lösung: P=(TA-TB)• IS=25K •30 J/Ks
=750W
(b)
Gegeben: T=(273+25)K=298K
IS = 30 J/Ks
Gesucht: P
Lösung: P=T• IS=298K •30 J/Ks
=8940W
Lösungen:
B. Aufgaben zur Entropieerzeugung
durch Entropieströme
A. Aufgaben zu Energie- und Entropieströmen
6.
1.
Gegeben: T=(273 + 20)K=293K
IS=35 J/Ks
T2=(273+20)K=293K
Gesucht: IS2 ,IS1 ,ISerzeugt
Gesucht: P
Lösung: P=T• IS=293K •35 J/Ks
=10255W≈10 kW
2.
3.
Gegeben: T=(273 + 90)K=363 K
IS = 60 J/Ks
Gesucht: P
Lösung: P=T• IS=363K •60 J/Ks
=21780W≈22 kW
Gegeben: T=(273 + 300)K=573K
P=1000 W
Gesucht: IS
P=T• IS → IS=P/T =
1000W/573K =1,7 J/Ks
Gegeben: TA-TB=10K
Lösung:
4.
IS = 500 J/Ks
64
Gegeben: P=20 kW
T1=(273-5)K=268K
Lösung:
P=T• IS → IS=P/T
(a)
IS2=P/T2=20 kW/293K=
68,3 J/Ks
IS1=P/T1= 20 kW/268K=
74,6 J/Ks
ISerzeugt = IS1-IS2= 6,3 J/Ks
(b)
(c)
7.
Gegeben: P=1000 W
T1=373K
T2=1000K
Gesucht: IS2 ,IS1 ,IS1 - IS2
Lösung:
P=T• IS → IS=P/T
(a)
IS2=P/T2=1000W/1000K=
1 J/Ks
(b)
(c)
IS1=P/T1=1000W/373K=
2,7 J/Ks
IS1-IS2= 1,7 J/Ks
C. Aufgaben zu Entropieströmen und
Energieverlusten
8.
Gegeben: P=1000 MW
TA=750 K
Pheraus=Phinein - PV=10W -4W = 6W
IS=PV /T=4W/300K = 0,013 J/Ks
11. Gegeben: V=8%
Pheraus=46 kW
T=300 K
Gesucht: Phinein , PV , ISerzeugt
Lösung:
(a)
Phinein /Pheraus=Phinein /46kW
=100%/92%
Phinein =46kW•100/92=50kW
TB=310 K
Gesucht: IS , P
Lösung:
TA-TB=750K - 310K = 440K
(b)
PV =Phinein -Pheraus=4 kW
(a)
P=(TA-TB)• IS →
(c)
ISerzeugt=PV /T=4000W/300K
= 13,3 J/Ks
(b)
9.
46 KW entspricht 92% von
Phinein
IS=P/(TA-TB)=
1000 MW/440K=2,27 M J/Ks
PB=TB•IS=
310K•2,27 M J/Ks=704 MW
Man könnte eine Wärmekraftmaschine
laufen lassen
• zwischen dem Wasser eines kalten Gebirgssees und dem wärmeren Wasser eines Sees im Tal
• zwischen dem Meerwasser am Äquator
und dem Meerwasser am Nordpol
• zwischen einem Eisberg, den man mit
Schiffen zum Äquator geschleppt hat,
und dem warmen Meerwasser
• zwischen der Erde und dem Weltraum,
der eine Temperatur von 2,7K hat.
10. Gegeben: V=40%
Phinein=10 W
T=300 K
Gesucht: Pheraus , IS
Lösung:
V=(PV /Phinein)•100% →
PV=(V /100%)• Phinein =
(40/100)•10W=4W
D. Aufgaben zu Entropieinhalt und
Temperatur
12. Gegeben: Diagramm 1
∆S=80 J/Ks
Gesucht: ∆ TCu , ∆ TAl
Lösung:
Aus den Diagrammen
entnimmt man:
(a)
∆ TCu = 70K und ∆ TAl = 27K
Das Kupfer erwärmt sich
stärker.
(b)
∆ TCu /∆ TAl = 70K/27K=2,6
13. Gegeben: Diagramm 2
ϑ1 = 20°C
ϑ2 = 100°C
m=100 kg
Gesucht: ∆S
65
Lösung:
Aus dem Diagramm entnimmt
man für 1 kg Wasser:
18. (a) irreversibel
∆S=1030 J/Ks für 1 kg Also:
(b) Oberflächenenergie: ∆E=σ• ∆A =
σ• N•πr2= 2,26•10-5 J
∆S=103000 J/Ks für 100 kg.
(c) Sie wird in die Umgebung dissipiert.
(d) ∆S=∆E/T = 7,7•10-8 J/K
14. Gegeben: ϑ1 = 25°C
ϑ2 = 100°C
m=0,5 kg
P=500 W
Gesucht: t
Lösung:
P=∆E/t → t=∆E/P →
t=c•m ∆T/P=4180J/kg•0,5kg
•75K/500J/s=313,5s=5min
E. Aufgaben zur gibbsschen Fundamentalform und zu Energie- und Entropieströmen
15. Oberflächenenergie: ∆E=σ• ∆A
16. Herleitung über die Arbeit:
∆E=F• ∆s=F•v• ∆t=v•F• ∆t=v•∆p für
m=const
Herleitung über die kinetische Energie:
E=1/2mv2 = p2/2m →
∆E/∆p=2p/2m• ∆p=v• ∆p
17. (a) ∆S=∆E/T → ∆S/∆t=P/T =
100W/373K = 0,268 W/K
(b) ∆S/∆t=P/T =100W/2500K =0,04W/K
66
19. (a) Entropieerzeugung durch irreversible
Prozesse.
(b) Nach dem Entropiesatz nicht möglich.
(c) bei reversiblen Prozessen.
20. (a) Entropieübetragung,
Entropieerzeugung
(b) Entropieübetragung
(c) Entropieübetragung
22. vgl. u.
Lösung Aufgabe 22.:
T0=0°C
T2=20°C
T1=70°C
T2=20°C
T1=70°C
T0=0°C
Energiefluss: ∆E/∆t=6 kW
Entropiefluss: ∆S1/∆t=∆E/T1∆t=6kW/343K= 17,5 J/Ks = ∆S1erzeugt/∆t = 17,5 J/Ks
∆S2/∆t=∆E/T2∆t=6kW/293K= 20,5 J/Ks → ∆S2erzeugt/∆t = 3 J/Ks
∆S3/∆t=∆E/T0∆t=6kW/273K= 22,0 J/Ks → ∆S3erzeugt/∆t = 1,5 J/Ks
∆E
∆S1
∆S2
∆S3
E-Ofen
Zimmer
Umgebung
70°C
20°C
0°C
∆EPumpe
∆SPumpe
∆E
∆Eel
∆S1
Wärmepumpe
∆S2
∆S3
E-Ofen
Zimmer
Umgebung
70°C
20°C
0°C
Leistungsfaktor: η=T1/(T1-T2)= 343K/(343K - 273K) = 5
∆Eelektrisch+ ∆EPumpe = ∆E=6 kJ
5• ∆Eelektrisch= ∆E=6 kW → ∆Eelektrisch=1,2 kJ
}
Also ist ∆EPumpe = 4,8 kJ
∆SPumpe = ∆EPumpe /T0 = 4,8 kJ/273K=17,5 J/K
Reversibilität: ∆SPumpe = ∆EPumpe /T0 =∆E/T1 → ∆EPumpe =T0 /T1 •∆E=4,8 kJ
67
IV. Literatur
[1] GERTHSEN, C. und H.O. KNESER:
Physik. Ein Lehrbuch zum Gebrauch
neben Vorlesungen. Berlin, Heidelberg,
New York: Springer 1969.
[2] GREHN, J. (Hrsg.): Metzler Physik.
Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung 1988.
[3] FALK, G. und W. RUPPEL: Energie
und Entropie. Eine Einführung in die
Thermodynamik. Berlin, Heidelberg,
New York: Springer 1976.
[4] HERRMANN, F. (Hrsg.): Der Karlsruher Physikkurs. Ein Lehrbuch für den
Unterricht der Sekundarstufe I. Drei
Bände und Gesamtband für Lehrer.
Köln: Aulis 1998.
[5] HERRMANN, F. (Hrsg.): Der Karlsruher Physikkurs. Ein Lehrbuch für den
Unterricht der Sekundarstufe II. Thermodynamik. Karlsruhe: Universität
1999 (Vorabdruck).
[6] HERRMANN, F.: Physik III. Thermodynamik. Skripten zur Experimentalphysik. Karlsruhe: Universität 1994.
[7] FUCHS, H. U.: The Dynamics of Heat.
New York, Berlin, Heidelberg: Springer
1996.
[8] JOB, G.: Neudarstellung der Wärmelehre. Frankfurt a.M.: Akademische Verlagsgesellschaft 1972.
[9] JOB, G.: Entropie aus molekularkinetischer Sicht. Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht 8
(1984), 459-467.
68
[10] FALK, G. und F. HERRMANN: Thermodynamik - nicht Wärmelehre, sondern Grundlage der Physik. 1. Teil
Energie und Entropie. Konzepte eines
zeitgemäßen Physikunterrichts Heft 1.
Hannover: Schroedel 1977.
[11] HERRMANN, F.: Wärmelehre.
Praxis der Naturwissenschaften-Physik
6(1993), 17-24.
[12] SCHREINER, J. und W. SCHREINER:
Anschauliche Thermodynamik. Frankfurt a.M; Berlin; München: Diesterweg,
1983.
[13] STAHL, A.: Die Ökologie als Fundgrube für Anwendungen des Entropiegesetzes. Praxis der NaturwissenschaftenPhysik 8(1997), 21-27.
[14] BADER, F.: Entropie Herrin der Energie. Synergetik am Dynamo. Hannover:
Schroedel 1993.
V. Anhang
A. SCHWARZE, H.: Aufgabenvorlagen Teil 3: Temperaturdifferenz und
Wärmestrom. Praxis der Naturwissenschaften Physik 8(1994), 28-33.
 Aulis Verlag, Köln
B. DITTMANN, H. und W.B. SCHNEIDER: Der Wärme auf der Spur - Ein
Beitrag zur Wärmelehre in der Sekundarstufe I. Der mathematische und
naturwissenschaftliche Unterricht 7(1992), 397-403.
 Ferd. Dümmler Verlag, Bonn
Wir danken den Verlagen für die erteilte Abdruckerlaubnis.
69
s
ufgabenvorlagen
Teil 3: Temperaturdifferenz und Wärmestrom
H. Schwarze
1 Der experimentelle Aufbau
Im dritten Teil der Serie geht es um Aufgaben zur Wärmelehre. Ein Peltier-Ele~ent als Wärm~epumpe (siehe
[1). [2)) erzeugt eine Temperaturdifferenz. Mit diesem
Antrieb strömt im experimentellen Aufbau entsprechend
Abb. 1 die Wärme mittels Wärmeleitung durch das SYstem der Kupferstäbe.
Das linke Peltier-Element ist an eine Spannungsquelle
angeschlossen und erzeugt eine Temperaturdifferenz.
Oben werden beispielsweise 21\ oc. unten U\ oc gemessen.
Das rechte Peltier-Element kann durch ein ~Styropor­
Stück ersetzt werden. um einen offenen Kreis zu erhalten.
Ein Kupferstück gleicher Größe erzeugt einen .. Kurzschluß ... Das zweite Peltier-Element läßt ~sich als Energiewandler oder als Wärmestrommeßgerät betrachten. In~ jedem Fall liefert es eine Spannung um 1 V bei niedrig~m
Innenwiderstand. mit der sich ein Mikromotor betreiben
läßt.
Die folgenden Aufgaben sollen wieder auf Experimente
bezogen werden. die dem Schüler in einfacher Form vertraut sind und die auch zum Testen der ermittelten Zusammenhänge dienen sollen.
Für die Peltier-Elemente spricht. daß sich die Schüler unmittelbar von der Wirkungsweise des Elements überzeugen können. Eine 4.5-V-Batterie an einem Element erzeugt an der einen Fläche eine deutlich erhöhte. an der
anderen eine gegenüber der Umgebungstemperatur deutlich niedrigere Temperatur. In einer optimierten Anordnung lassen sich bei 20°C Umgebungstemperatur unter
ooc auf der kalten Platte erzielen: Das Ergebnis ist deutlich und unterstützt die Vorstellung von einem Pumpmechanismus. Die Wärme wird nicht erzeugt. sondern von
der kalten zur heißen Seite transportiert~ Auch Parallelund Serienschaltung dieser Elemente sind leicht zu
realisieren.
Weniger günstig erscheint die Verwendung der PeltierElemente. wenn die Vorerfahrungen der Schülerinnen
und Schüler berücksichtigt werden. Das Empfinden für
Abb. 1: Wärmestromkreis mit Peltier-Elementen.
70
Temperatur und Wärme ist überwiegend an eigene Erfahrungen im außerschulischen Bereich gekoppelt. Darauf aufbauend liegt es nahe.
diese Kenntnisse aufzuarei..
b
fen. womit auch die Ubertragung der Ergebnisse von
praktischer Bedeutung sein kann.
Im Modellhaus soll eine Wärmepumpe zum Heizen verwendet werden. Damit wird der Verbrauch fossiler
Brennstoffe reduziert und die Verbindung zum PeltierElement bleibt erhalten. Weiterhin läßt sich auch der
Wärmekreislauf im Ansatz erhalten. Die Wärmepumpe
(im Keller des Hauses) liefert den Antrieb für den Wärmestrom in das Haus hinein. Auf dem Weg über die
Heizkörper durch die Zimmer verläßt die Wärme das
Haus durch die Fenster in die Umgebung. Dieser Weg
soll weiter schematisiert werden.
Die Schemazeichnung für das Basisexperiment kann auch
als Aufbauanleitung für ein Realexperiment verstanden
werden. Ein Modellhaus mit einem Fenster und Styroporisolierung an den Wänden ist schnell hergestellt. Es fehlt
häufig an einer geeigneten. kleinen Wärmepumpe mit gutem Wirkungsgrad.
I2
Wärme, Wärmeenergie und Entropie
Die Temperaturdifferenz liefert den Antrieb für den
Wärmestrom. Darunter wird man im allgemeinen die
Wärmeenergie verstehen. die in der Sekunde das Haus
verläßt oder. von der Wärmepumpe angetrieben. hineinströmt.
6.E=m·c·6.T
Hier trifft allerdings die Bemerkung aus [1) zu. daß man
nach dieser ,.Methode ... die Wärme mißt, wenn sie schon
längst keine Wärme mehr isr·. Die einem Körper als
Wärme zugeführte Energie liegt anschließend als innere
Energie vor. die sich entsprechend der gezeigten Formel
um 6.E erhöht. In diesem Fall wird die Temperaturdifferenz 6.T (nach DIN 58122) in Kund die Energie in J anAbb. 2: Analog zu Generator und Motor im elektrischen Stromkreis
wird mit Peltier-Elementen ein Wärmestromkreis aufgebaut.
PdN-Ph. 8/43. Jg. 1994
/,
gegeben. Für den Energiestrom bzw. die Leistung ergibt
sich
D..E _ m·c D..T.
t;;- D..t
Im Basisexperiment ist bei einer Temperaturdifferenz
von 20 Kein Energiestrom von 0,024 J/s für ein Standardfenster ein realistischer Wert. Der genaue Zahlenwert
von 24 mJ/s ist hinsichtlich einer einfachen Berechnung
von Teilen wie 1;2, V3 und V4 willkürlich angenommen.
Um die physikalische Größe zu benennen, die dem Kreisstrom in Abb. 1 zuzuordnen ist, kann die Entropie S herangezogen werden. Sie wird in der Einheit ..:!._ gemessen,
K
oder, wenn man dem Vorschlag von [3] folgen will, in
1 Ct (Carnot) = 1
~.
In diesem Fall ersetzt die Entropie
den Term m · c in den obigen Gleichungen.
Haus
D..E=D..S·D..T
Als Ströme betrachtet ergibt sich:
D..E D..S
=-D..Toder h=l5 ·6.T
D..t
D..t
Für das Basisexperiment ist bei einer Temperaturdifferenz von 20 K mit dem Energiestrom von 0,024 J/s ein
Entropiestrom von 0,024 J/s ·293 K =7,03 J/(s · K) oder
7,03 Ct/s verbunden. Für ein Standardfenster soll vereinfacht 6 Ct/s bei 20 K Temperaturdifferenz zugrunde gelegt werden. Dabei sind 6 Ct/s nur sehr annähernd 24
mJ/s bei 293 K gleichzusetzen, der Wert 6 ergibt sich vielmehr aus den oben genannten, methodischen Gesichtspunkten.
Wenn im folgenden von Wärme geprochen wird, läßt sich
vielfach Wärmeenergie oder Entropie dafür einsetzen.
Damit sollen beide Beschreibungsformen möglich sein.
Sollte es zu Mißverständnissen kommen können, folgt
eine genauere Klärung. Weitere Vereinfachungen werden
den Aufgaben zugrunde gelegt: (1) Es wird ein mittlerer.
konstanter Wärmewiderstand der Fenster im betrachteten Temperaturbereich verwendet. (2) Die Temperatur
innerhalb eines Raumes besitzt überall den gleichen
Wert. (3) Die Isolation der Wände ist ideal. (4) Die erzeugte Entropie pro Zeit ist im Vergleich zu den vorliegenden Entropieströmen gering und wird vorerst vernachlässigt.
Fenster
Hau
Fenster
24 mJ I s
6 Ctl s
2°C
22 °C
Haus
Fenster
24 mJ I s
6 Ct! s
[ 3 Das Basisexperiment
Mit der Wärmepumpe wird eine Temperaturdifferenz
von 20 K erzeugt. Normalerweise läßt sich diese Temperaturdifferenz automatisch so verändern, daß im Haus
eine konstante Temperatur von 22 oc vorhanden ist.
Doch soll dieser kompliziertere Fall zurückgestellt werden.
Nach langer. sehr langer Zeit ist es im Haus 22°C warm.
draußen ist es 2 oc kalt. Da die Wände vollständig isolieren, geht Wärme nur durch das Fenster verloren. In dem
Fall fließt in jeder Sekunde 24 mJ (oder 6 Ct) Wärme aus
dem Fenster heraus. Genausoviel liefert die Wärmepumpe. Alle Aufgaben beziehen sich auf den beschriebenen
Anfangszustand.
PdN-Ph. 8143. Jg. 1994
jl
Fenster~
24 mJ I s !I
T 2 = 295 K
6 Ct! s
T 1 = 275 K
Abb. 3 (oben): Im Haus verlaufen die Wärmeströme vorwiegend durch
die Fenster, wenn die Türen sorgfaltig geschlossen und isoliert sind.
Abb . .t (Mitte oben): Den Weg der Wärme aus der Umgebung durch
die Wärmepumpe in das Zimmer hinein und zum Fenster wieder hinaus in die Umgebung liefert das B;~sisexperimenl.
Abb. 5 (Mitte unten): Das Basisexperiment mit 6.T=20 Kund
P=24 mW (oder 1,=6 Ct/s).
Abb. 6 (unten): Zwei gleiche Wärmewiderstände in der Parallelschaltung.
71
4 Bearbeitungsschritte
Haus
Fenster
12 mJ I s
In den folgenden Beispielen bleiben diese Angaben verbindlich. Alle Fenster besitzen gleiche Eigenschaften. die
Wärmepumpe soll jederzeit die 20 K Temperaturdifferenz sicherstellen. Mit diesen Angaben soll die folgende
Schaltung (Abb. 6) bearbeitet werden.
Fenster
3 Ct! s
.___________.__.
Ta= 295 K
:,(
lt)
1'-
N
II
...:-
2. Arbeitsschritt: Wärmeströme durch Pfeile markieren.
Im Vergleich zur Grundkonfiguration die Stromwerte
eintragen
Die Abb. 5 zeigt. daß ein Fenster zwischen roten und
blauen Bereichen 24 mJ/s (6 Ct/s) durchläßt. Damit können die Stromwerte an den Fenstern eingetragen werden.
Dann müssen die Schüler die Knotenregel anwenden.
Haus
Fenster
24 mJ I s
6 Ct! s
Fenster~
24 mJ I s
6 Ct/ s
Fenster~
24 mJ I s
6 Ct/ s
T2
= 295 K
,
= 275 K
" T1
Haus
Fenster
Fenster
8 mJ I s ;!
!
T 4 = 295 K
2 Ct I
s
Ta= 288
!
2
= 282
Ha s
Fenster
12 mJ I s
36 mJ I s
9 Ct/ s
,T,
3 Cl/ s
= 2851
Fenster ·
24 mJ I s
Ta= 295 K
6 Ct/ s
Abb. 7 (oben): Zwei gleiche Wärmewiderstände in Serienschaltung.
Abb. 8 (Mitte oben): Die l'aralleischaltung dreier Fenster.
Abb. 9 (Mitte unten): Die Serienschaltung dreier Fenster.
Abb. 10 (unten): Eine gemischte Parallel- uml Serienschaltung.
72
1. ArbeitsschriU: Anfärben von Gebieten gleicher Temperahu
Die Räume im Inneren des Hauses werden beispielsweise
rot gefärbt (höhere Temperatur), die äußeren blau. Der
Hintergrund dieser Maßnahme ist, den Schülern die konstante Temperatur in den Gebieten zu verdeutlichen.
Regel 1 (Knotemegel): Die zu einem Knoten hinfließenden Ströme sind zusammen genauso groß wie die wegfließenden.
Mit der Regel läßt sich der fehlende Stromwert an der
Wärmepumpe zu 48 mJ/s (12 Ct/s) bestimmen.
Statt der Parallelschaltung soll nun die Serienschaltung in
Abb. 7 betrachtet werden. Ein Wintergarten ist vorgebaut
worden. Ein weiterer Bearbeitungsschritt wird erforderlich, da nach dem ersten Arbeitsschritt zwischen den Fenstern. im Wintergarten. eine neue Farbe auftritt. Welche
Temperatur ergibt sich dort?
(Vorläufige) Regel2: Die Stärke des Wärmestroms durch
ein Fenster ist um so größer, je größer die Temperaturdifferenz an diesem Fenster ist. So ist es noch richtig. Man
könnte im Rahmen einer linearen Näherung auch von einer proportionalen Beziehung ausgehen, um Näherungswerte zu erhalten. Dann kann man schließen: Wenn bei
20 K ein Strom von 24 mJ/s (6 Ct/s) fließt, dann sind es
bei 10 K halb soviel.
Regel 2: Die Stärke des Wärmestroms dmch ein Fenster
(einen Widerstand) ist proportional zur Temperaturdifferenz am Fenster (am Widerstand).
Mit dieser Regel ist die Temperatur zwischen den beiden
Fenstern bereits bestimmbar. Die Regel 1 fordert gleichen Strom durch beide Fenster. Dann folgt mit Regel 2
die gleiche Temperaturdifferenz an den Fenstern. Die
Werte lauten also T 2 =285K und T 1 =275K. Nun kann
die Verbindung zwischen den Fenstern beispielsweise
grün eingefärbt werden. Der erste Arbeitsschritt ist wieder abgeschlossen. Im zweiten werden die Strompfeile
eingezeichnet und die Werte berechnet. Die Schüler können die Proportionalität im Kopf ausrechnen und 12 mJ/s
(3 Ct/s) an den Fenstern eintragen. Häufig vermuten die
Schüler bei 10 K Temperaturdifferenz an jedem Fenster
eine Temperatur von lOoC im Vorraum. Sie trennen
Temperatur und Temperaturdifferenz in diesem Fall
nicht sorgfältig genug. Aus diesem Grund sollten bei 20 K
Differenz Wertepaare von (24 oc, 4 oq oder (22 oc und
2 oq und nicht etwa (20 oe, 0 oq verwendet werden.
PdN-Ph. 8143. Jg. 1994
/,
5 Viele weitere Beispiele
Die Kombinationsmöglichkeiten mehrerer Fenster liefern
ausreichende Übungsmöglichkeiten. Sie zeigen auch, wie
sich die eingeführten Regeln bewähren.
Die Parallelschaltung dreier gleicher Fenster in Abb. 8
läßt sich nach dem bewährten Schema bearbeiten. Mit
dem Arbeitsschritt 1 werden die Gebiete gefärbt. Da nur
zwei Farben auftreten, kann mit dem folgenden Arbeitsschritt 2 der Strom durch die Fenster sofort bestimmt
werden. Die Anwendung der Knotenregel liefert die noch
fehlenden Werte. Die methodischen Vorteile des Anfärbens zeigen sich hier deutlich bei der Behandlung der
Verzweigungen. Viele Schüler nehmen eine Aufteilung
des Stromes in gleichen Teilen an jeder Verzweigung an.
Durch das Anfärben wird die Aufmerksamkeit der Schüler auf die Fenster und die daran angrenzenden farbigen
Bereiche gelenkt. Davon ausgehend liefert die Regel 2
dann die richtigen Stromwerte.
Auch die Serienschaltung von drei gleichen Fenstern in
Abb. 9 läßt sich weitgehend analog zur Serienschaltung
von zwei Fenstern bearbeiten. Statt der Aufteilung auf
zwei Fenster wird hier die Temperaturdifferenz auf drei
verteilt. Je Fenster bleiben dann 20/3 K, was nach Regel 2
zu einem Strom von 24/3 mJ/s = 8 mJ/s (2 Ct/s) führt.
Die Beispiele zeigen, daß sich Schaltungen mit drei Fenstern relativ problemlos auf Fälle mit zwei Fenstern zurückführen lassen. Es kommen keine neuen Regeln hinzu, die Schüler können die Aufgaben weitgehend selbständig bearbeiten. Dies zeigt sich auch bei der Schaltung
in Abb. 10. Der Wintergarten hat ein weiteres Fenster bekommen. Nach dem Arbeitsschritt 1, dem Anfärben, läßt
sich die Schaltung in die zwei bekannten Teile einer Serienschaltung zweier gleicher Fenster und eines einzelnen
Fensters zergliedern.
Als Lösung ergibt sich T 2 = 285 K, der obere Teilstrom
beträgt 12 mJ/s (3 Ct/s), der untere 24 mJ/s (6 Ct/s) und
der Gesamtstrom 36 mJ/s (9 Ct/s).
Interessanter ist der folgende Aufbau in Abb. 11. Reichen auch hier die bislang verabredeten Regeln? Im rechten Teil des Hauses sind die (gleichen) Fenster parallelgeschaltet Die Bereiche links und rechts davon erhalten
später zwei Farben, so daß beide Fenster an die gleichen
zwei Farben angrenzen. Bei gleicher Temperaturdifferenz
an diesen Fenstern wird der gleiche Strom durch jedes
einzelne fließen. Dies ist die Aussage von Regel 2. Mit
der Knotenregel ergibt sich der doppelte Strom durch das
Fenster links davon. Nach Regel 2 muß an diesem Fenster dann die doppelte Temperaturdifferenz im Vergleich
zu den beiden rechten auftreten. Die Summe der Differenzen beträgt 20 K. Die Schülerinnen und Schüler überlegen Zahlenpaare, die der Bedingung genügen, und gelangen zu 20/3 K = 6,6 K und 13,2 K. Die Raumtemperatur im Wintergarten beträgt damit 275 K + 6,6 K
=281,6 K. Anschließend lassen sich nach Regel 2 die
Ströme bestimmen.
6 Das Herstellen weiterer Beispiele
Die vorgestellten Beispiele lassen sich schnell ändern
oder erweitern. Statt der Ausgangssituation mit 20 K und
24 mJ/s (6 Ct/s) können andere Werte eingesetzt werden.
PdN-Ph. 8/43. Jg. 1994
Haus
c
~----"-1
Fenster
16 mJ I s
ro
0>
~ I
4 Ct/ s
Q;
o - - -.... 1
T 3 = 293 K
Sonnenlicht
2
=282K
Infrarot-Strahlung
T
100
rde
Atmosphäre
Sonne als
Strahlungsquelle
T2 - T, = 5600 K
291 K
4K
Abb. 11 (oben): Der Temperaturwert zwischen den Fenstern läßt sich
ebenfalls mit den beiden Regeln bestimmen.
Abb. U (unten): Erweiterung der Aufgabenstellung auf Klimafragen.
Es lassen sich auch die Werte einer Parallel- oder Serienschaltung vorgeben, aus denen dann die Werte der Ausgangssituation zu bestimmen sind.
Erweiterungen sind aus den Kopien der Bauelemente,
des Hauses als Grundriß, der Wärmepumpe, der Fenster
und gegebenenfalls von Meßgeräten leicht herzustellen.
Die Bauelemente werden geeignet angeordnet, mit
schwarzem Folienstift die Wände eingezeichnet und als
Kopiervorlage eingesetzt. Für die Herstellung von Vorlagen mit dem Computer stehen die Bauelemente als Bilddaten zur Verfügung und können mit einem Graphikprogramm bearbeitet werden.
7 Anwendungen
Ein Blick auf Abb. 12 zeigt eine mögliche Anwendung
und Weiterführung der bislang betrachteten Zusammenhänge. Das einfache Modell des Hauses mit Wärmepumpe und Fenster ist der Erde mit der Einstrahlung von der
Sonne und der Abstrahlung in den Weltraum sehr ähn-
73
T
lieh [4]. In beiden Fällen liegt ein Fließgleichgewicht vor.
wenn die Temperatur im Haus bzw. auf der Erde konstant ist.
Schon mit diesem einfachen Modell läßt sich klären, daß
bei vergrößertem Wärmewiderstand der Atmosphäre
(durch erhöhte COrKonzentration) die Temperaturdifferenz von 291 K- 4 K nicht mehr ausreicht. um die eingestrahlte Wärme wieder abzustrahlen. In der Folge erhöht
sich die Temperatur der Erde so lange, bis die vergrößerte Temperaturdifferenz den ursprünglich vorhandenen
Wärmestrom wieder hergestellt hat.
Literatur
[1] H. Dirrmann, W. Schneider: Der Wärme auf der Spur- Ein Beitrag
zur Wärmelehre in der Sekundarstufe L MNU 4517, S. 397-403
[3] F Hermann: Wärmelehre, PdN-Ph 6/42, 1993, S. 17-24
[4] B. Huhn: Experimente zum Treibhauseffekt, PdN-Ph 6/43. 1994, S.
26-31
Beschaffungshinweise:
[2] Peltier-Elemente: Fa. Condrad Electronic, Postfach, 92242 Hirsehau
Anschrift des Verfassers:
Dr. H. Schwarze, IPTS Regionalseminar Süd, Abteilung Gymnasien,
Wrangelstr. 12, 24539 Neumünster
Arbeitsbogen 1
T,=
T, =
T, =
T,
=
I
IIi
,,
74
PdN-Ph. 8/43. Jg. 1994
I.
Arbeitsbogen 2
i
T, =
J
t
i
T,
=
T,=
T, =
I
I
I
I
PdN-Ph. 8/43. Jg. 1994
75
Der Wärme auf der Spur - Ein Beitrag zur Wärmelehre
in der Sekundarstufe I 1
Veifasser: StD Dr. Helmut Dittmann, Hans-Sachs-Gymnasium Nürnberg, Löbleinstraße 10, 8500 Nürnberg 10; Prof
Dr. Werner B. Schneider, Physikalisches Institut der Universität Erlangen-Nürnberg - Didaktik der Physik, Staudtstraße 7,
8520 Erlangen
1
Einleitung
In der Wärmelehre der Sekundarstufe I wird meist
der Aspekt, daß mit Wärme jene Energieform gemeint
ist, die bei Austauschvorgängen von einem Körper
zum andern fließt, nur am Rande erwähnt; häufig
geht er sogar ganz verloren. Dies mag daran liegen,
daß die ausgetauschte Energie erst nach deren Zu- oder
Abfluß durch die Messung von Temperaturdifferenzen, also nur indirekt über die Änderung der inneren
Energie der beteiligten Körper ermittelt wird. Der
Transportcharakter der Wärme geht bei diesem Meßverfahren allerdings leicht verloren. Im Schüler vollzieht sich mehr oder weniger unbewußt der Schluß:
>>Was hineingeht, muß auch drin sein!« Die Folge ist
eine schlichte Gleichsetzung von ausgetauschter Energie (Wärme) und innerer Energie, was natürlich dem
ersten Hauptsatz der Wärmelehre widerspricht. Auch
die vielfältige Verwendung des Begriffs Wärme in der
Umgangssprache und selbst in der Fachsprache, wie
z. B. in der Bezeichnung »Wärmekapazität<<, trägt dazu
bei, daß dieses falsche Bild der Wärme entsteht, ein
Bild, das nach unseren Erfahrungen hartnäckig sogar
ein Physikstudium überdauern kann.
Auf die Notwendigkeit, den Transportcharakter
der Wärme im Unterricht herauszustellen, hat bereits
vor mehr als 20 Jahren 0. RANG [ 1] in dem Artikel
>>Versuch einer didaktischen Analyse zur Unterrichtseinheit Wärmemenge« hingewiesen. Auch neuere Darstellungen zur Wärmelehre [3], [4] betonen den Transportcharakter der Wärme ausdrücklich.
Im Schulunterricht finden diese wertvollen Anregungen jedoch nur zögernd Aufnahme. Wir vermuten,
daß dies auf das Fehlen eines direkten, quantitativen
Nachweises des Wärmestromes zurückzuführen ist.
Ein Mangel, an den man sich in der Schule offenbar gewöhnt hat. Seine Tragweite wird aber deutlich, wenn
man sich vorstellt, die Elektrizitätslehre ohne ein Meßgerät für den elektrischen Strom unterrichten zu müssen. Ein einfaches Meßgerät für den Wärmestrom
1 Auf der 82. MNU ·Hauptversammlung 1991 in Göttingen auszugsweise
vorgetragen.
MNU 45/7 (15. 10.1992) Seiten 397-403
76
In diesem Beitrag wird aufgezeigt, daß in der Wärmelehre
im Unterricht oft nicht die Wärme, sondern die innere Energie
behandelt wird. Der Grund ist offensichtlich einfehlendes MdJgerät für die Wärme. Es wird ein geeignetes MdJgerät vorgestellt, das übliche Konzept für die Wärmelehre im Anfangsunterricht wird hinteifragt, und es werden Anderungsvorschläge
gemacht.
scheint uns daher eine sehr wünschenswerte Ergänzung der experimentellen Hilfsmittel für den Physikunterricht zu sein.
Die Technik kennt Wärmestrommesser, bei denen
der Wärmestrom gezwungen wird, eine dünne Platte
zu durchfließen, die einen bekannten Wärmewiderstand besitzt. Die sich dann einstellende Temperaturdifferenz zwischen beiden Seiten der Platte ist proportional zu dem durchgehenden Wärmestrom, der mit
Hilfe des bekannten Wärmewiderstandes berechnet
werden kann. Ähnlich wie bei der elektrischen Strommessung muß der Widerstand, hier der Wärmewiderstand, möglichst klein sein, damit der zu messende
Strom wenig beeinflußt wird. Dies führt zu sehr kleinen
Temperaturdifferenzen, deren Messung in der Schule
Schwierigkeiten bereitet. Für den Unterricht sind derartige Geräte daher nicht brauchbar.
Das gleiche Meßprinzip, jedoch mit einer einfach
durchführbaren Messung der Temperaturdifferenzen,
ist neuerdings durch die Verwendung moderner thermoelektrischer Bauelemente(Peltiermodule ), die eigentlich zur gezielten Kühlung elektronischer Bauteile gedacht sind und auf dem Peltiereffekt beruhen, auch der
Schule zugänglich [4], [5]. Im folgenden werden wir
einen hiermit realisierbaren, für den Unterricht geeigneten Wärmestrommesser vorstellen und seine Verwendung in der Wärmelehre erläutern. Wir hoffen,
daß der Einsatz des Wärmestrommessers im Schulalltag zu einer stärkeren Beachtung des Transportcharakters der Wärme führen wird.
2
Das Peltiermodul - ein vielseitiges Bauelement
2.1 Aufbau und Wirkungsweise
Für die Wärmelehre geeignete Peltiermodule sind
seit einiger Zeit preisgünstig im Elektronikfachhandel erhältlich (Bezugsquellen: [6], [7]). Diese Module
sind aufgrund der Bauart und der thermoelektrischen
Eigenschaften so vielseitig, daß sie in der Wärmelehre
nicht nur als Wärmestrommesser sondern auch als
nützliche Experimentierhilfe eingesetzt werden können, und zwar nicht nur - ihrer eigentlichen Bestim-
ISSN 0025-5866
© FERD. DÜMMLER' VERLAG · BONN
a
+
Abb. 1. Querschnitt durch ein Pettiermodul (schematisch, nicht maßstabsgetreu). Gezeigt ist nur eine Lage der elektrisch hintereinan,der und
thermisch parallel geschalteten Thermoelemente aus p- bzw. n -dotierten Wismut-Tellurid-Stäben (c) und den Kontaktbrücken aus Kupfer
(b ). Die Kupferstäbe sind mit der dünnen, elektrisch isolierenden aber
thermisch gut leitenden Keramikplatte (a) verbunden. Bei der eingezeichneten Polung ist die untere Keramikplatte die heiße Seite.
Pettiermodule sind in verschiedensten Abmessungen erhältlich. Als
Wärmestrommesser und Strahlungsdetektoren eignen sich vor allem
Modelle mit möglichst vielen hintereinandergeschalteten Thermoele'
menten und kleinen Abmessungen wie z. B. der Typ Cp 1. 0-12 7-05L
der Firma Melcor (3] mit den Abmessungen 30 x 30 x 3,2 mm und
12 7 Thermoelementpaaren. Die Keramikplatten sind jeweils 0, 5 mm
dick.
mung entsprechend - als kleine Wärmepumpen, sondern in erster Linie als thermoelektrische Wandler zum
empfindlichen Nachweis und zur genauen Messung
von kleinen und auch großen Temperaturdifferenzen
(mK bis etwa 60 K). Die zugehörigen Spannungen liegen im Millivolt- bzw. Volt-Bereich und lassen sich mit
einem üblichen Digitalvoltmeter besonders einfach
ohne weiteren Verstärker direkt messen und anzeigen.
Das von uns ausgewählte Modell (Melcor, Cp
1.0-127-05L [6]) besitzt 127 Thermoelementpaare, die
zwischen zwei dünnen, quadratischen Keramikplatten
in einem Raster mit konstanten Abständen- wie in Abbildung 1 skizziert - angeordnet sind. Die Abmessungen betragen 30 x 30 x 3,2 mm. Die Keramikplatten
(Dicke: 0,5 mm) dienen einmal zur elektrischen Isolierung der Thermokontakte, und zum anderen stellen sie
aufgrund ihrer guten Wärmeleitungseigenschaften den
Wärmekontakt zu den Thermoelementen her. Durch
die Verwendung von Metall-Halbleiter-Kontakten aus
geeignet p- bzw. n-dotiertem Wismut-Tellurid und
Kupfer erreicht man eine Seebeck-Konstante von
0,00020 V/K, die etwa lOmal größer ist als bei herkömmlichen Thermokontakten wie z. B. Kupfer-Konstantan.
Abbildung 1 zeigt, wie die p- bzw. n-dotierten Wismut-Tellurid-Stäbe angeordnet und über die an den
Keramikplatten befestigten Kupferstäbe miteinander
verbunden sind. Jedes Thermoelementpaar besteht somit aus der Folge: (n-Wismut-Tellurid)-Kupfer und
Kupfer-(p-Wismut-Tellurid). Beide Kontakte befinden sich jeweils auf gleicher Temperatur. Hätte man
z. B. eine Folge: Kupfer-Konstantan und Konstantan398
Kupfer, so würde dieses Paar, bedingt durch die umgekehrte Reihenfolge der Metalle und die gleiche Temperatur bei der Hintereinanderschaltung, keine Spannung liefern. Durch die p- und n-Dotierung des Wismut-Tellurids erhält man allerdings beim zweiten
Glied der Folge eine zusätzliche Vorzeichenumkehr
der Spannung, so daß beide Kontakte bei der Hintereinanderschaltung zur Gesamtspannung beitragen.
Insgesamt sind daher im Fall des ausgewählten Peltiermoduls mit den 127 Thermoelementpaaren 254 Thermokontakte wirksam.
2.2 Verwendung als thermoelektrischer Wandler
Die vielen elektrisch hintereinandergeschalteten
Thermoelementpaare weisen sofort auf eine wichtige
Anwendung des Moduls hin: die Verwendung als thermoelektrischer Wandler.
Aus der Seebeck-Konstante und der Zahl der Thermoelementpaare läßt sich folgender Zusammenhang
zwischen der am Peltiermodul auftretenden Thermospannung UP und der Temperaturdifferenz L1 T zwischen den Keramikplatten vermuten:
UP = 254 · 0,00020 mV/K · iJ.T
= 0,051 V/K · iJ.T.
(theoretisch)
(la)
Mit einem schulüblichen Digitalvoltmeter sollten
somit wegen der relativ großen Temperaturempfindlichkeit von 0,051 V/K noch Temperaturunterschiede
im mK-Bereich (1 mV ~ 0,020 K) direkt zu messen
sem.
Zur experimentellen Überprüfung von Gleichung
la kann folgende Anordnung benutzt werden: Das
Peltiermodul klebt man zur Verbesserung des thermischen Kontaktes mit Wärmeleitpaste auf ein handelsübliches Transistorkühlblech (etwa 100 x 70 x 20mm),
und taucht die Kühlrippen in Eiswasser, so daß die
untere Keramikseite des Peltiermoduls auf 0 °C konstant gehalten wird. Zum Schutz des Peltiermoduls
gegen eindringende Feuchtigkeit sollte der Spalt zwischen den Keramikplatten mit Silikonpaste versiegelt
werden. Auf das Modul wird ein Aluminium-Würfel
(30 x 30 x 30 mm) mit planen Seitenflächen gesetzt,
der maximal auf 7 0 °C aufgeheizt ist. Die Temperatur
der Wismut-Tellurid-Stäbe darf diese Grenze nicht
übersteigen, da sich sonst ihre Dotierung ändern
würde. Die Temperatur des Würfels wird über einen
Temperaturfühler gemessen, der in eine Bohrung in
der Mitte des Würfels mit Wärmeleitpaste eingefügt
ist. Gemessen wird die Thermospannung in Abhängigkeit von der Temperatur des aufgelegten Würfels.
Die Überprüfung von Gleichung 1 a mit Hilfe der
beschriebenen Anordnung ergab im Temperaturbereich 0-70 °C die konstante Temperaturempfindlichkeit von 0,048 V/K, d. h.
Up=0,048V/K·iJ.T.
MNU 45/7
(experimentell)
(1b)
Dittmann u. a., Der Wärme auf der Spur
77
Die gemessene Empfindlichkeit ist etwas kleiner als
die theoretisch erwartete. Dies liegt vermutlich an den
beiden Keramikplatten. Die Temperaturdifferenz verteilt sich auf die Keramikplatten und die Thermo- elementschicht. Aus der gemessenen und der theoretischen Temperaturempfindlichkeit läßt sich mit
Gleichung 1 der Anteil der Keramikplatten am Temperaturgefälle zu ca. 6% der gesamten Temperaturdifferenz abschätzen.
Eine Bemerkung noch zu dem Würfel, der in dem
oben beschriebenen Versuch zur Temperaturkalibrierung benutzt wurde: Derartige Würfel aus Aluminium, Kupfer oder Messing mit nachfolgender digitaler Temperaturanzeige erweisen sich bei Experimenten mit der Wärme bei vielen Gelegenheiten als außerordentlich praktisch. Sie können in vielfältiger Weise in
Experimenten als Energiereservoir mit weithin sichtbarem »Pegelstand«, als welcher die Temperatur hier
gelten kann, eingesetzt werden.
Man kann sich Würfel oder Quader mit einer zum
jeweiligen Peltiermodul passenden Querschnittsfläche hier 30 x 30 mm - aus Stangenmaterial heraussägen.
Mit einer Metallfräse werden dann die Schnittflächen
plan gefräst, so daß ein guter Wärmekontakt beim Aufsetzen auf das Modul gewährleistet ist. Steht keine
Fräse zur Verfügung, so muß man das Sägen mit Hilfe
einer Lehre vornehmen, um eine ebene Schnittfläche
senkrecht zu den Seitenflächen zu erhalten. Anschließend müssen die Schnittflächen mit einer Feile und
Schleifpapier nachbearbeitet werden. Im Fall des Würfels nimmt man als Kontaktflächen die meistens schon
ausreichend »guten<< Seitenflächen des Stangenmaterials.
Statt eines üblichen, im Gebrauchjedoch umständlichen Thermoelementes eignet sich ein zur Zeit in
Baumärkten oder im Elektronikfachhandel preisgünstig erhältliches Digitalthermometer 0 umbo-Thermoclock [7]) mit einem zusätzlichen externen Sensor und
einer für die Beobachtung aus größerer Distanz günstigen 18 mm hohen Digitalanzeige. Der externe Fühler
wird aus seinem Gehäuse vorsichtig entfernt, in die
Bohrung des Würfels mit Wärmeleitpaste umgeben
eingesetzt und mit Zweikomponentenkleber oder Silikonpaste versiegelt.
Bisher wurde nur die von dem Peltiermodul abgegebene Thermospannung angesprochen. Ineresse verdient auch der Innenwiderstand des Moduls, der mit
etwa 3 [}relativ niedrig liegt, so daß schon bei kleinen
Spannungen und optimaler elektrischer Anpassung relativ große elektrische Ströme fließen können. Dies läßt
sich eindrucksvoll mit einem niederohmigen Elektromagneten zeigen, der seinen Anker so fest hält, daß
man ihn kaum noch wegziehen kann. Ein kleiner
Gleichstommotor wird schon durch eine Temperaturdifferenz von wenigen Kelvin zum Laufen gebracht;
der Nutzeffekt der Wandlung ist allerdings in diesem
MNU 45/7
78
Dittmann u. a., Der Wärme auf der Spur
Fall vom Optimum weit entfernt, weil der Innenwiderstand dieser Motoren meist wesentlich höher liegt, was
zu einer Fehlanpassung führt. Der optimale Wirkungsgrad, der bei idealer Anpassung zu erreichen wäre,
liegt nach unserer Beobachtung bei etwa 5%.
2.:3 Verwendung als Wärmestrommesser
Das Peltiermodul ist einmal durch die Verwendung der Keramikplatten und zum anderen durch die
vielen thermisch parallel geschalteten Wismut-Tellurid-Stäbe ein sehr guter Wärmeleiter. Ein Wärmestrom, der durch das Peltiermodul fließt, bewirkt eine
Temperaturdifferenz zwischen den beiden Keramikplatten, die sich sehr empfindlich über die Thermospannung des Moduls nachweisen läßt. Vorversuche
zeigten, daß schon die warme Hand aus 1 m Entfernung den Wärmestrom durch das Modul merklich ändert. Der von einer Strahlungsquelle ausgehende Wärmestrom läßt sich qualitativ mit dem Modul nachweisen, wenn man dieses auf ein Transistorkühlblech
(oder einen der oben beschriebenen Metallwürfel) mit
Wärmeleitpaste aufklebt und abwartet, bis sich Temperatur- und Strahlungsgleichgewicht mit der Umgebung eingestellt hat. Schnelllassen sich damit in einem
Klassenzimmer Wärmequellen aufspüren, z. B. die
Heizkörper, aber auch einzelne Schüler oder eine an
einen beheizten Raum anschließende Wand. Man hat
nur die freie Keramikseite des aufgeklebten Moduls in
die zu untersuchende Richtung zu wenden.
Das Aufspüren von Wärmequellen gibt einen interessanten Einblick in das Wärmegeschehen, das sich
ständig in unserer U nwelt abspielt und von dem wir
ohne empfindlichen Wärmestrommesser nichts merken.
Will man das Peltiermodul nicht nur zum qualitativen Nachweis von Wärmeströmen, sondern quantitativ
als Wärmestrommesser verwenden, so ist eine Kalibrierung erforderlich. Dafür eignen sich zwei Verfahren. Das erste, genauere wurde bereits in [4] dargestellt. Hier sei nur kurz ein etwas einfacheres Verfahren mitgeteilt, das von den oben beschriebenen, mit
Temperaturfühlern ausgestatteten Würfeln Gebrauch
macht. Man verwendet die gleiche Anordnung wie in
Abschnitt 2.1. Zusätzlich zur Thermospannung mißt
man noch beim Abkühlen die Temperatur des Würfels
in Abhängigkeit von der Zeit.
Für ein gegebenes Zeitintervallläßt sich dann aus
der bekannten Wärmekapazität des Würfels und dem
Temperaturabfall der mittlere, pro Zeiteinheit bevorzugt durch das Peltiermodul in das Eiswasser gehende
Wärmestrom (/)bestimmen. Wendet man dieses Verfahren für mehrere aufeinanderfolgende Zeitintervalle
an, so erhält man einen monotonen Zusammenhang
zwischen UP und(/), der von der erwarteten Proportionalität etwas abweicht, was sich leicht erklärt: Oberhalb der Raumtemperatur fließt Wärme nicht nur
399
durch das Peltiermodul, sondern auch durch die anderen Seiten des Aluminiumwürfels in die Umgebung.
Der durch Rechnung ermittelte, den Würfel verlassende Wärmestrom ist also größer als der durch das
Peltiermodul. Umgekehrt verhält es sich unterhalb der
Raumtemperatur. Hier fließt Wärme aus der Umgebung in den Würfel hinein und verläßt diesen durch
das Peltiermodul ins Eiswasser hinein. Einigermaßen
richtig liegen nur die bei Raumtemperatur gemessenen
Wärmeströme. Die Eichgerade wird daher durchjenes
Meßwertpaar festgelegt, das sich bei Raumtemperatur
ergibt.
Wir bestätigten mit diesem Verfahren den in [4]
mitgeteilten Zusammenhang
UP
bzw.
=
0,086 V/W · (j)
ll>= 11,6 WIV ·Ur.
(2)
Der Wärmewiderstand des Peltiermoduls ergibt
sich hieraus mit Gleichung 1 zu:
RP
=
1,78 K/W.
(3)
Der Wärmewiderstand des Wärmestrommessers
muß, ähnlich wie der ohmsehe Widerstand bei einem
Amperemeter, möglichst klein gegenüber den anderen
Widerständen sein, die den Strom begrenzen. Diese
Forderung ist bei den folgenden Experimenten erfüllt.
Die Genauigkeit der experimentell bestimmten Werte
für den Wärmewiderstand und die Stromempfindlichkeit des Peltiermoduls schätzen wir auf etwa 10%.
Exemplarstreuungen liegen innerhalb dieses Fehlerbereichs.
Für den Unterricht hat es sich bewährt, die Spannung UP durch Zwischenschaltung eines Potentiometers oder eines geeignet beschalteten Operationsverstärkers so zu tranformieren, daß sich up einfach in (]>
umrechnen läßt, z. B. UP = 0,1 V entspricht ri> = 1 W.
Die beschriebene Kalibrierungsmethode ist zunächst nicht für denUnterrichtder Sekundarstufe I geeignet, da die hierzu nötigen Begriffe erst mit dem
Wärmestrommesser erarbeitet werden sollen. Als vertrauensbildende Maßnahme kann sie jedoch in Form
eines Bestätigungsexperiments eingesetzt werden. Hierbei geht man von einem kalibrierten Wärmestrommesser aus, berechnet die pro Zeiteinheit aus dem Würfel
zum Eiswasser hinströmende Energie und vergleicht
den Wert mit der Anzeige des Wärmestrommessers.
2.4 Verwendung als Wärmepumpe
Sehr aufschlußreich und auch in quantitativer
Hinsicht überzeugend ist der Einsatz des Peltiermoduls als Wärmepumpe. Für Schüler ist zunächst überraschend, daß durch einen elektrischen Strom ein Körper gekühlt werden kann. Sie sind davon fasziniert, wie
ein Tropfen Wasser, der auf die freie Seite des Moduls
400
gebracht wird, plötzlich zu Eis erstarrt, oder wie ein
Grashalm, der im Tropfen steht und zunächst senkrecht gehalten werden muß, nach dem Gefrieren des
Wassers ohne weitere Unterstützung auf dem Modul
stehen bleibt.
Für diese qualitativen Versuche eignet sich die Anordnung mit dem Transistorkühlblech aus Abschnitt
2 .1. Man muß nur einen elektrischen Strom durch das
Peltiermodul (Imax = 3, 5 A; Umax = 15 V) schicken. Die
Polung wird so gewählt, daß die freie Seite gekühlt
wird. Will man größere Flüssigkeitsmengen ( cm 3- Bereich) gefrieren, so empfiehlt sich die Verwendung
eines dünnwandigen Metallgefaßes mit ebenem Boden, der auf das Modul mit Wärmeleitpaste geklebt
wird. Hier haben sich Metalldosen für Kleinbildfilme
gut bewährt. Jetzt muß allerdings durch Eiswasser
oder mit fließendem Wasser die warme Seite gekühlt
werden, damit die 70 °C-Grenze nicht überschritten
wird.
Zur quantitativen Untersuchung der Eigenschaften dieser Wärmepumpe klebt man das Peltiermodul
mit Wärmeleitpaste zwischen zwei der in Abschnitt 2. 2
beschriebenen Würfel, die hier als Energiespeicher dienen und sich anfangs auf gleicher (Zimmer-)Temperatur befinden. Beim Pumpen steigt die Temperatur des
einen Speichers während die des anderen fallt.
Zur Messung der von einem Würfel zum anderen
»gepumpten<< Energie legt man an das Modul z. B. für
die Zeit von 30 s eine Spannung von 8 V. Die zugehörige Stromstärke beträgt 1 ,9A. Nach dieser Zeit hat die
Temperatur des einen Würfels um 9,0 K zu- und die
des anderen um »nur« 4,5 K abgenommen. Die dem
abgekühlten Würfel entnommene Energie läßt sich
aus dem Temperaturabfall und der Wärmekapazität
(230 g · 0,40 j/gK = 92 j/K) des Würfels berechnen:
4,5 K · 92]/K = 414]. Analog erhält man für die dem
erwärmten Würfel zugeführte Energie 9,0 K · 92]/K =
828 J. Man erkennt an der Energiebilanz, daß- wie für
Wärmepumpen typisch- mehr Energie in das eine Reservoir gepumpt wurde als dem anderen entnommen
wurde. Die Differenz beträgt 828]- 414] = 414]. Sie
erklärt sich, wenn man die dem Modul zugeführte elektrische Energie U ·I· t = 8,0 V· 1,9 A · 30 s = 456] berücksichtigt. Diese zum Pumpen aufgewendete elektrische Energie übersteigt die Differenz um 42 J, was
durch die Verluste an die Umgebung erklärt werden
kann. Diese Verluste lassen sich niedrig halten, wenn
keine allzu großen Temperaturunterschiede gegenüber der Zimmertemperatur durch das Pumpen erzeugt werden. Aus diesem Grund wurde in dem geschilderten Versuch die relativ kurze Einschaltdauer
gewählt. Bei dieser Betriebsweise der Wärm~pumpe
folgt aus den experimentell bestimmten Daten für die
Leistungsziffer der Wärmepumpe der Wert 1 ,8.
Aus Abschnitt 2 wird deutlich, nach welchen Kriterien das Peltiermodul ausgewählt werden muß. Es ist
MNU 45/7
Dittmann u. a., Der Wärme auf der Spur
79
einmal die Zahl der Thermoelernentpaare, die eine
große Temperaturempfindlichkeit gewährleistet. Zum
anderen sind es die geometrischen Abmessungen. Sie
sollten so sein, daß sie zu handlichen Würfelmaßen
passen. Zusätzlich soll der Wärmewiderstand möglichst klein sein. Diese Beschränkungen lassen keine
Daten zu, bei denen mit dem als Wärmepumpe betriebenen Peltiermodul große Kühlleistungen zu erwarten
sind. Will man solche erreichen, so muß man auf die
üblichen im Lehrmittelhandel (z. B. [8]) vertriebenen
Wärmepumpen, die auch auf dem Peltiereffekt beruhen, zurückgreifen. Die typische Wirkungsweise
einer Wärmepumpe läßt sich jedoch bereits mit dem
von uns ausgewählten Peltierrnodul zeigen.
3
Ein Vorschlag zur Vermittlung einer adäquaten
Vorstellung von der Wärme
Wie schon in der Einleitung dargestellt, scheint uns
die in der Sekundarstufe I übliche Wärmelehre in den
Schülern meist ein Bild von der Wärme entstehen zu
lassen, das weder dem ersten noch dem zweiten Hauptsatz entspricht. Wir gehen daher zunächst kurz auf die
Anliegen des ersten und des zweiten Hauptsatzes ein.
3.1 Zum Anliegen des ersten Hauptsatzes
Abbildung 2 illustriert den ersten Hauptsatz. Die
inneren Energien zweier Körper stehen über das Fließen von Wärme und über Verrichtung von Arbeit in
Verbindung. Arbeit und Wärme stellen somit das Maß
dar, mit dem die jeweils transportierte Energieform gekennzeichnet wird.
Im folgenden möchten wir eine Versuchsreihe vorstellen, durch die der Transportcharakter der Wärme
von vornherein mehr in den Vordergrund gerückt
wird. Das Kernstück der dazu gewählten Versuchsanordnung ist der bereits beschriebene Wärrnestrornmesser, ergänzt durch zwei Würfel, die wie in Abschnitt 2.2 mit Temperaturfühlern ausgestattet sind.
Diese Würfel dienen als Speicher für die innere Energie. Schaltet man den Wärmestrommesser zwischen
die Würfel, so wird er im Falle eines Temperaturunterschiedes von einem Wärmestrom durchflossen, den er
mißt. Deutlich fühlt man sich bei der Anordnung an
die bildliehe Darstellung des ersten Hauptsatzes in Abbildung 2 erinnert.
Der folgende Versuch soll eine Vorstellung von
dem eigentlichen Charakter der Wärme vermitteln. Er
beginnt damit, daß der eine der beiden Würfel mit
einer definierten Kraft (Gewichtskraft eines aufgelegten Körpers) auf eine geeignete Unterlage (z. B. Hartpappe) gepreßt und auf dieser hin- und hergerieben
wird, wobei eine aus Reibungskraft und Reibungsweg
leicht abschätzbare mechanische Arbeit verrichtet
MNU 45/7
80
Dittmann u. a., Der Wärme auf der Spur
Körper 1
Körper 2
innere Energie
innere Energie
u1
u2
Abb. 2. Zum ersten Hauptsatz der Wärmelehre. Der Energiefluß kann
je nach Versuchsbedingung von Körper 1 nach Körper 2 oder umgekehrt
erfolgen.
wird. Als Folge tritt eine Temperaturerhöhung des
Würfels auf. Damit die Berührung mit der Hand die
Temperatur desWürfelsnicht verfälscht, ister-bis auf
die Reibungsfläche - zur Isolation mit Styropor umhüllt. Es zeigt sich, daß die Temperaturerhöhung zur
verrichteten Reibungsarbeit proportional ist. Der Versuch, der also eine stark vereinfachte Version des bekannten Kurbelversuches von ScHÜRHOLZ darstellt,
wirft die Frage nach dem Verbleib der Energie auf, die
zum Reiben aufgewendet werden mußte. Die Temperaturerhöhung legt den Verdacht nahe, daß sie jetzt im
Inneren des geriebenen Würfels steckt, nämlich als
"innere Energie<<.
Zur Bestätigung der Vermutung wird die Temperaturerhöhung durch längeres Reiben oder schneller
durch einen kurzen Kontakt mit einem heißen Gegenstand (Bügeleisen oder Kochplatte) noch vergrößert.
Nun werden beide Würfel aneinander gelegt, was bei
einem Würfel ein Sinken der Temperatur und beim
anderen ein Steigen bewirkt. Offenbar fließt etwas hinüber. Daß das Hinüberfließende wirklich Energie ist,
zeigt sich, wenn man den Wärmestrommesser zwischen
die Würfel schaltet und anstelle des Voltmeters einen
Elektromotor anschließt, wie in Abschnitt 2. 2 beschrieben. Sobald der Wärmestrom einsetzt, beginnt der
Anker sich zu drehen. Der Wärmestrommesser ist somit nicht nur in der Lage, die durchfließende Energie
nachzuweisen, sondern sie auch zum Teil in elektrische
Energie umzuwandeln.
Nachdem im Unterricht der sich hier abspielende
Vorgang, nämlich das Fließen von Energie vorn heißen
zum kalten Körper durch diese Versuche vertieft worden ist, lassen sich auch passende Begriffe einführen:
Der zugehörige Energiestrom wird Wärmestrom und
die dabei insgesamt transportierte, dem kalten Körper
zugeführte Energie wird Wärme oder auch Wärmernenge [2) genannt, wobei der Begriff Wärmernenge
heute im Unterricht kaum mehr üblich ist.
Um Verwechslungen mit der inneren Energie oder
mit Zustandsänderungen zu vermeiden, betonen wir
ausdrücklich, daß die Begriffe Wärme oder Wärmernenge im Unterricht nur mit dem Attribut »zu( ab-)geführte« oder »transportierte« benutzt werden sollten.
Ein Gebrauch des Begriffs Wärme oder Wärmernenge
in anderen Zusammenhängen, wie z. B. >>Wärme ist
kinetische Energie der Teilchen« ... usw., sollte im Interesse der begrifflichen Klarheit vermieden werden.
401
3.2 Zum Anliegen des zweiten Hauptsatzes
4
Vom Wärmestrom wird allerdings im Wärmestrommesser nur ein sehr geringer Teil der Energie für
den Elektromotor abgezweigt und in mechanische
Arbeit umgesetzt. Besonders deutlich wird dies, wenn
man den Würfel nicht mit dem Bügeleisen, sondern
wirklich durch Reiben erhitzt, bis die Temperaturdifferenz ausreicht, den Elektromotor zutreiben. Im Vergleich dazu erscheint die Ausbeute, die der Elektromotor liefert, geradezu kläglich. Auch eine einfache Überlegung zeigt die nur teilweise Umwandlung der Energie
durch den thermoelektrischen Wandler: Würde nämlich die gesamte Energie, die den heißen Würfel verläßt, in elektrische Energie umgesetzt, so dürfte dem
kalten Würfel keine Energie mehr zuströmen; seine
Temperatur dürfte also nicht steigen. Nimmt man den
kaltenKörperaberweg, in der Hoffnung, daß im Wärmestrommesser mehr in elektrische Energie umgewandelt wird, weil er jetzt die gesamte Energie zur Verfügung gestellt bekommt, so wird man enttäuscht. Der
Motor kommt sofort zum Stillstand, weil eben kein
Wärmestrom mehr fließt. Offenbar kann der thermoelektrische Wandler nur dann funktionieren, wenn ein
Wärmestrom fließt. Befindet sich die eine Seite des
Wandlers im Kontakt mit einem Reservoir, das sich
>>nUr« auf Zimmertemperatur befindet, und liegt auf
der anderen Seite ein Stück Eis, so fließt auch ein Wärmestrom durch den Wandler, was über die Drehung
des Motorankers nachgewiesen wird. Die Beobachtung, daß offensichtlich der Motor mit »Eis<< betrieben
werden kann und daß er mit einem Eiswürfel viellänger läuft als mit einem warmen Kupferwürfel, ist für
Schüler sehr überraschend. Sie erkennen schließlich
anhand dieses Versuchs, daß eine Energieumwandlung nur dann möglich ist, wenn Energie fließen kann.
Analoge Verhältnisse hat man bei einem Wasserkraftwerk. Verstopft man den Abfluß des Wassers, so
kann keine Energieumwandlung mehr geschehen.
Die Erkenntnis, daßjeder Wandler, der Wärme in
mechanische Arbeit umwandelt, notwendigerweise
eine Kühlung, besser ein Reservoir braucht, in das die
zum Wandler fließende Wärme abfließen kann, scheint
uns eine sehr wünschenswerte Ergänzung zu sein.
Denn die übliche Behandlung derWärmelehreist stark
auf die Erhaltung der Energie fixiert. Die mit dem
Transport der Wärme vom heißen zum kalten Körper
einhergehende Entwertung der Energie bleibt in der
Sekundarstufe I im allgemeinen ausgeklammert, so
daß das übliche Konzept der Wärmelehre auch dem
Anliegen des zweiten Hauptsatzes nicht gerecht wird.
Hier scheint uns der gezeigte Versuch zumindest ein
brauchbarer Ansatz zu sein, zur Klärung der Frage
nach dem Wert der inneren Energie beizutragen:
Energie ist nur dann etwas wert, wenn sie fließen kann.
Was nützt ein Hochgebirgssee, wenn er keinen Abfluß
hat.
Die Wärmelehre- so wie wir sie aus dem Schulalltag heute kennen - bleibt, insbesondere mit den Mischungsversuchen, häufig in ihren eigenen, den Schüler wenig ansprechenden Problemen verhaftet. Daß
Wärmeströme auch außerhalb der Physik in der Technik, der Biologie, der Chemie oder im Alltag vorkommen, findet im Unterricht der Sekundarstufe I wohl zu
wenig Beachtung. Ein plausibler Grund dafür ist sicher
darin zu sehen, daß die zu betrachtenden Phänomene
dem experimentellen Instrumentarium der Schule
kaum zugänglich erscheinen. Der Wärmestrommesser
ist jedoch geeignet, auch hier Abhilfe zu schaffen:
Neben der Messung des Wärmestromes, den uns
die Sonne schickt, fand bei Schülern z. B. die Frage
>>Wieviel Wärme gibt ein Mensch an die Umwelt ab?<<
besonderes Interesse. Mit dem Wärmestrommesser
kann man diese Frage ohne Schwierigkeiten beantworten: Wir bringen zunächst einen der oben erwähnten
Würfel auf die Temperatur der Körperoberfläche
(etwa 37 °C) und legen den Wärmestrommesser darüber. Wir müssen abwarten, bis sich ein Strahlungsgleichgewicht eingestellt hat und lesen etwa20m V ab.
Dies entspricht einem Wärmestrom von 0,23 j/s, der
durch diese 9 cm 2 große Fläche des Wärmestrommessers geht. Bedenkt man, daß unsere Körperoberfläche
etwa 2000mal so groß ist, so würde uns ständig ein
Wärmestrom von 460 Jls verlassen. Da unser Körper
im Ruhestand knapp 200 j/s produziert, würden wir
frieren, wenn wir nicht durch Kleidung den Wärmestrom verkleinerten. Eine Verkleinerung des Wärmestroms durch Isolation (Kleidung) und seine Zunahme
bei einem Luftzug oder bei einer feuchten Oberfläche
läßt sich mit der gewählten Anordnung gut demonstrieren.
Schließlich läßt sich mit Hilfe des Wärmestrommessers der häufig mißverstandene »Temperatursinn<<
der Haut besser verstehen. Vielen ist sicher schon aufgefallen, daß sich ein Styroporblock wärmer anfaßt als
ein Eisenstück, obwohl beide auf gleicher Temperatur
sind. Zur Erklärung dieser offensichtlichen Fehlleistung des Temperatursinns der Haut wird in dieser
und in ähnlichen Situationen dann leichtfertig gesagt,
daß uns der Temperatursinn hier eben täuscht. Der
Wärmestrommesser kann jedoch zur >>Ehrenrettung<<
des offensichtlich versagenden Sinnes beitragen. Im
folgenden Versuch verstehen wir jetzt den Wärmestrommesser als ein Stück unserer Haut, das unseren
warmen Körper schützt. Beim Auflegen des Metallstücks erfolgt eine große Anzeige, beim Auflegen des
Styroporblocks geht sie zurück. Unsere Empfindung
ist also in Wirklichkeit keine Meldung über die Temperatur der Gegenstände, sondern vielmehr gibt sie uns
einen Hinweis auf den hier stattfindenden Wärmestrom von unserem Körper zum Gegenstand oder umgekehrt. Diese Meldung ist für den Organismus offen-
402
Wärme nicht nur in der Wärmelehre
MNU 45/7
Dittmann u. a., Der Wärme auf der Spur
81
sichtlich wichtiger als eine absolute Temperaturangabe.
Wir sollten also nicht von einem Temperatursinn, sondern besser von einem Wärmestromsinn der Haut
sprechen.
5
Zusammenfassung
Es wurde gezeigt, daß mit einem modernen Peltiermodul ein Wärmestrommesser realisiert werden kann,
der sich fiir den Physikunterricht der Sekundarstufe I
eignet und mit dem der Transportcharakter der Wärme
im Unterricht einsichtig gemacht werden kann. Zusätzlich wurde gezeigt, daß das gewählte Peltiermodul
in vielen Experimenten zur Wärmelehre in unterschiedlicher Funktion eine vorteilhafte Ergänzung darstellt.
Den Bezug der Wärmelehre zur Technik, zu Nachbardisziplinell und zum Alltag kann man an vielen Beispielen auch mit Hilfe des Moduls einfach herstellen.
Das im Text verfolgte Konzept, den Transportcharakter der Wärme in den Vordergrund des Unterrichts zu
stellen, wurde mittlerweile in mehreren Durchgängen
in Gymnasialklassen der Sekundarstufe I ausprobiert.
Dabei zeigte sich, daß mit dem von uns gestellten Wärmestrommesser das angestrebte Ziel eher möglich ist,
als mit der herkömmlichen Methode, die nur das Thermometer kennt und die Wärme mißt, wenn sie schon
längst keine Wärme mehr ist.
Literatur und Bezugsquellen
[ 1] 0. RANG: Versuch einer didaktischen Analyse zur unterrichtseinheit Wärmemenge. -Der Physikunterricht 4
( 1970) 27-5 7.
'
[2] G. FALK- W. RuPPEL: Energie und Entropie. - Heidelberg: Springer 1976, G. FALK: Physik- Zahl und Realität.- Basel: Birkhäuser 1990.
(3] F. HERRMANN: Energie und Energieformen. - In:
G. FALK- F. HERRMANN (Hg.): Konzepte eines zeitgemäßen Physikunterrichts Heft 1. -Hannover: Schroedel1977.
[4] H. DITTMANN- W. B. ScHNEIDER: Ein »Amperemeter«
für den Wärmestrom.- In: W. KuHN (Hg.): Tagungsband des DPG-Fachausschusses Didaktik der Physik,
Gießen 1990.
[5] H. DITTMANN- W. B. ScHNEIDER: Der Wärme auf der
Spur.- In: W. KuHN (Hg.): Tagungsband des DPGFachausschusses Didaktik der Physik, Erlangen 1991.
[6] Bezugsquelle Peltiermodul: Firma AMS Electronic
GmbH (Melcor Peltierelement Typ Cp 1.0-127-05L
und andere Typen), Albrechtstraße 14, 8000 München 19.
[7] Bezugsquellen für Peltiermodule und elektr. Thermometer Qumbo-Thermoclock): Firma Gonrad Electronic, Postfach, 8452 Hirschau; Firma ELV, Postfach 10 00, 2950 Leer; Firma Völkner, Electronic, Marienberger Straße 10, 3300 Braunschweig.
[8] Bezugsquelle Wärmepumpe: Firma Phywe, Postfach
3062, 3400 Göttingen. Katalog-Nr. 04366.00 (Thermogenerator).
0
geänderte Adressen:
[6] Firma AMS Elektronik, Frauenhofer-Str.32
82152 Martinsried
[7] Firma Conrad Elektronik, 92240 Hirsehau
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Niemand bezweifelt, dass Energie und Entropie fundamentale Begriffe der Physik, ja
sogar aller Naturwissenschaften sind. Aus fachlicher Sicht gehören beide Begriffe in
den Kanon naturwissenschaftlicher Grundbildung. Darüber hinaus haben sie ein großes didaktisches Potenzial. Physikunterricht darf nur dann darauf verzichten, wenn es
unüberwindbare
didaktische Hürden gibt.
Während das Energiekonzept in zunehmendem Maße Eingang in den Physikunterricht
fand, blieb dies dem Entropiekonzept versagt, erwies sich der Entropiebegriff für die
Schule doch als sehr sperrig. Der lange Weg zur Entropie über die traditionelle Thermodynamik war zu weit und zu beschwerlich. Allzuleicht versickerte der Bildungsgehalt auf dem langen Marsch zum Entropiebegriff.
Erst neuere didaktische Konzepte ermöglichen einen fachlich abgesicherten kurzen
Weg zur Entropie, der in dieser Handreichung beschritten wird. Dadurch wird es möglich, das Energie- und Entropiekonzept in einem relativ kurzen Zeitansatz anzugehen.
Nur auf diesem Hintergrund ist der Baustein Energie und Entropie zu sehen, der sich
an dem Karlsruher Physikkurs orientiert Der lange Weg zur Entropie über die Thermodynamik ist dabei, unter Hinzunahme entsprechender Wahlbausteine, im Lehrplan
nicht ausgeschlossen.
Die Handreichung umfasst einen didaktischen Teil, einen unterrichtspraktischen Teil
und enthält etliche Unterrichtsmaterialien.
ISSN 0938-748X
Pädagogisches Zentrum
Rheinland-Pfalz
Bad Kreuznach
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