Aktuelle Themen und interessante Fälle aus der Pharmakovigilanz Therapiesymposien der AkdÄ 2011 Dr. med. Thomas Stammschulte Referent Pharmakovigilanz Es bestehen keine Interessenkonflikte. 5. Dezember 2011 Aktuelle Themen und interessante Fälle aus der Pharmakovigilanz • Fentanylpflaster – Sicherheitsprobleme bei der Anwendung • Dronedaron (Multaq®) – Aktuelles zum Sicherheitsprofil • Pandemrix® - Guillain-Barré-Syndrom und Narkolepsie • PPI – symptomatische Hypomagnesiämie Verordnungen stark wirkender Opiode 1997 bis 2010 (vgl. Arzneiverordnungsreport) Mio DDD Meldungen zu Fentanylpflastern im deutschen Spontanmeldesystem (1995 bis 2011) Meldungen ingesamt: 925 Davon schwerwiegend: 736 (79,6 %) Häufigste UAW: Übelkeit / Erbrechen Bewusstseinstörungen (Somnolenz) Entzugssyndrom, Abhängigkeit, Missbrauch Atemdepression / Dyspnoe Ca. 80 Meldungen zu Überdosierungen Hinweise der AkdÄ zur sicheren Anwendung von Fentanylpflastern (AVP 2/2009, DMW 4/2010) Fentanylpflaster: Deutsche Fachinformation / US-Full prescribing information Anwendung von Fentanylpflastern in Deutschland 2004 bis 2006 (Garbe et al. 2011) Datenbasis: 14 Mio. GKV-Versicherte aus ganz Deutschland 35.262 Patienten mit Erstverschreibung von Fentanylpflaster • davon 29.793 (84,5 %) opioidnaiv • bei 71,2 % der opioidnaiven Erstanwender wurden Pflaster mit einer Wirkstofffreisetzung > 12,5 µg/h verordnet • bei 49,3 % wurde nur einmalig Fentanylpflaster verordnet • bei 72,5 % der opioidnaiven Erstanwender keine Hinweise auf Probleme bei oraler Einnahme Anwendung von Fentanylpflastern in Deutschland 2004 bis 2006 (Garbe et al. 2011) Anwendung von Fentanylpflastern in Deutschland 2004 bis 2006 (Garbe et al. 2011) Therapieempfehlung der AKdÄ zu Tumorschmerzen (2007) Empfehlungen zur Anwendung von Fentanylpflastern • Beachtung des WHO-Stufenschemas: Behandlung mit Nichtopioid-Analgetika, schwach wirkenden Opioiden oder Kombination nicht ausreichend • Patienten mit stabilen Opioidbedarf, die orales Opioid nicht einnehmen können • Aufklärung über Zeichen der Überdosierung, veränderte Wirkstoffaufnahme durch Wärmeeinwirkung • Wirkstoffdepot in oberen Hautschichten • Sorgfältige Aufbewahrung, Entsorgung benutzter Pflaster • Interaktion mit CYP 3A4-Inhibitoren (z. B. Ketoconazol, Itraconazol, Erythromycin, Clarithromycin, Amiodaron...) Aktuelle Themen und interessante Fälle aus der Pharmakovigilanz • Fentanylpflaster – Sicherheitsprobleme bei der Anwendung • Dronedaron (Multaq®) – Aktuelles zum Sicherheitsprofil • Pandemrix® - Guillain-Barré-Syndrom und Narkolepsie • PPI – symptomatische Hypomagnesiämie „Neue Arzneimittel“ vom Mai 2010 Fachinformation Multaq® Tabelle der Nebenwirkungen, Stand Dezember 2009 Fachinformation Multaq® Tabelle der Nebenwirkungen, Stand September 2011 Fachinformation Multaq® Anwendungsgebiete: Dezember 2009 / September 2011 Multaq® (Dronedaron): Monatlich verordnete Tabletten in der GKV 2.500.000 1/2011 Rote-Hand-Brief: schwere Leberschädigungen 7/2011 Rote-HandBrief: kardiovask. Risiko 2.039.920 2.000.000 1.814.200 1.500.000 1.122.600 1.000.000 500.000 228.130 50 0 Empfehlungen zur Gabe von Dronedaron • Erhalt SR nach Kardioversion (Rezidivprophylaxe) bei erwachsenen, klinisch stabilen Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem VHF • „nach Erwägung alternativer Behandlungsoptionen“, „unter Aufsicht eines Spezialisten“ • KI: (u. a.) Herzinsuffizienz, LV syst. Dysfunktion, permanentes VHF Leber/Lungentoxizität unter Amiodaron • reguläre Überprüfung der Herz-, Leber- und Lungenfunktion (sowie Nierenfunktion) Aktuelle Themen und interessante Fälle aus der Pharmakovigilanz • Fentanylpflaster – Sicherheitsprobleme bei der Anwendung • Dronedaron (Multaq®) – Aktuelles zum Sicherheitsprofil • Pandemrix® - Guillain-Barré-Syndrom und Narkolepsie • PPI – symptomatische Hypomagnesiämie Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.08.2011 EMA Risk Management Plan for a Pandemic Influenza Vaccine (2009) Adverse events of special interest (AESI): • neuritis • convulsions, • anaphylaxis, • encephalitis, • Vasculitis • Guillain-Barré syndrome • Bell’s palsy • demyelinating disorders • laboratory-confirmed vaccination failure. Guillain-Barré-Syndrom • akute, erworbene, periphere Neuropathie • häufigste Form: akute inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (AIDP): aufsteigende Lähmungen • jährliche Inzidenz ca. 0,4-4 Fälle / 100.000 • in 60 % vorausgegangene Infektion (z. B. C. jejuni) • 1976 lokaler Ausbruch der Schweinegrippe in Fort Dix, NJ, Massenimpfung, 40 Mio. Dosen, 532 GBS-Fälle, etwa 10 zusätzliche GBS-Fälle / 1 Mio. Geimpfte • saisonale Influenzaimpfung: GBS-Risiko nicht oder nur marginal erhöht, Influenza-like illness Risikofaktor Hypothetischer Mechanismus der Immunreaktion beim Guillain-Barré-Syndrom Abb.: Lehmann, Hartung et al., BMJ 2011 […] AkdÄ-Fall Nr. 154635 Fotostrecke aus der Zeit online zu Menschen mit Narkolepsie (© Uwe H. Martin) Narkolepsie • Seltene Schlaf-Wach-Störung • Prävalenz 20 bis 60 / 100.000 • Kernsymptome: Tagesschläfrigkeit, Kataplexie (plötzlicher Verlust des Muskeltonus durch starke Gefühle) • Chronisch (nicht heilbar, symptomatische Behandlung) • Erstmanifestation vorwiegend in 2. Dekade • Ursache unklar (Störungen im cholinergen/noradrenergen System, hypocretinhaltiger Neurone Hypothalamus) • Autoimmunprozess?, Assoziation mit HLA-Typ Narkolepsie im Zusammenhang mit Impfung gegen H1N1v • Finnland/Schweden: 6 bis 13-fach erhöhtes Risiko von Narkolepsie gegenüber Nicht-Geimpften Kindern/Jugendlichen • 3 bis 7 zusätzliche Fälle pro 100.000 Geimpften • Vermutlich Zusammenwirken von Impfung mit genetischen und Umweltfaktoren • Studienergebnisse (auch aus Deutschland) ausstehend • EMA empfiehlt eingeschränkte Anwendung von Pandemrix® bei < 20-jährigen Aktuelle Themen und interessante Fälle aus der Pharmakovigilanz • Fentanylpflaster – Sicherheitsprobleme bei der Anwendung • Dronedaron (Multaq®) – Aktuelles zum Sicherheitsprofil • Pandemrix® - Guillain-Barré-Syndrom und Narkolepsie • PPI – symptomatische Hypomagnesiämie MedWatch der FDA zu PPI / Hypomagnesiämie Epstein et al., NEJM 355;17, 2006 Daten aus der Bewertung der FDA • 38 Spontanmeldungen, 23 Fälle aus der Literatur • Zusammenhang zwischen schwerwiegender Mg- assoz. UAW und längerer PPI-Einnahme • Bei Einnahme > 3 Monate, meist > 12 Monate • In ¼ der Fälle Absetzen des PPI erforderlich • Normalisierung Mg-Spiegel nach 1 Woche • Nach erneuter PPI-Gabe Mg nach 2 Wochen • Reaktionen wie bei Hypokalzämie: Tetanie, Carpopedal-Spasmen, Vorhofflimmern, supraventr. Tachykardien, QT-Verlängerung Omeprazole decreases magnesium transport across Caco-2 monolayer (Thongon 2011) Abb. aus Konrad et al., 2004 Meldungen zu PPI im deutschen Spontanmeldesystem (1995 bis 2011) Meldungen insgesamt: 3225 Davon schwerwiegend: 2339 (72,5 %) Häufigste UAW: Übelkeit Pruritus Sehverschlechterung Keine Meldungen zu Hypomagnesiämie. Meldungen zu möglichen Symptomen: Muskelspasmen (17) Muskelschwäche (11) Parästhesie (30) Krampfanfälle (?) Hypokalzämie (4) Empfehlungen der FDA • Kontrolle des Mg-Spiegels • Bei Patienten mit längerfristiger PPI-Behandlung vor Therapiebeginn • Bei gleichzeitiger Einnahme von Diuretika (Schleifendiuretika, Thiazide) oder Digitalis • Bei HRST, Tetanie, Tremor oder Krampfanfällen Hypomag-nesiämie in Betracht ziehen. • Meldung von Verdachtsfällen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! www.akdae.de [email protected]