Zusammenfassung 6. Zusammenfassung Die Brandpilzfamilie Ustilaginaceae umfasst eine Gruppe pflanzenbiotropher Pilze, welche sich spezifisch an Wirte der Poaceae angepasst haben. Sie evolvierten mit über 250 Arten eine bemerkenswerte Artenvielfalt. Die meisten Arten parasitieren nur eine Wirtsart. Der Kontrast zwischen hoher Wirtsspezifität und großer Artenvielfalt wirft die Frage auf, welche Faktoren der Artbildung in dieser Gruppe zugrunde liegen. Das Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen der sexuellen Fortpflanzung und der Virulenz auf die Artbildung in der pflanzenbiotrophen Pilzfamilie Ustilaginaceae zu evaluieren. Mit der Kombination von vergleichender Genetik und biologischen Ansätzen wurde in dieser Arbeit die Spezifität des Pheromon-Rezeptor (PR) Systems sowie seine genetische Vielfalt in 10 Arten der Ustilaginales untersucht und umspannt damit 100 Millionen Jahre Evolution. Darüber hinaus wurden 33 Virulenzfaktoren von bis zu 16 Stämmen von Ustilago maydis analysiert, um die evolutive Anpassungsfähigkeit seiner Virulenz zu bewerten. Frühere Studien zeigten, dass die Paarung im Lebenszyklus der Ustilaginaceae eine zentrale Rolle spielt, da sie die parasitische Phase durch den morphologischen und physiologischen Übergang von saproben Hefezellen zu biotrophen Filamenten iniziiert. Wie in anderen Pilzen wird die sexuelle Identität durch Allelvarianten zweier genomischer Regionen bestimmt, welche ein PR System und heterodimerisierende Homeodomänen-Transkriptionsfaktoren kodieren. Beide sind Teil eines zweiphasigen Paarungsprozesses, welcher mit der PR-gesteuerten Erkennung, dem gerichteten Wachstum von Konjugationshyphen und der anschließenden Plasmogamie kompatibler Paarungspartner beginnt. Untersuchungen des PR Systems der Ustilaginaceae zeigten in Einzelfällen interspezifische sexuelle Kompatibilität und unterschiedliche genetische Organisationstypen. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass in der Ustilaginaceae drei PR Allele vorherrschend sind und sehr wahrscheinlich das plesiomorphe Merkmal der gesamten Familie darstellen. Darüber hinaus waren die PR Loci durch einen hohen Synteniegrad gekennzeichnet. Ihre Gene zeigten eine signifikant erhöhte, genetische Diversität im Vergleich zu Genen der flankierenden Regionen. Des Weiteren offenbarten Paarungstests ein großes Potential zur Hybridisierung, welches die selbe Pheromon-Signalkaskade nutzt wie innerartliche Paarungen. Obwohl das PR System für intraspezifische, sexuelle Kompatibilität optimiert zu sein scheint, bewahrt dessen funktionelle Plastizität die Fähigkeit zu interspezifischem Sex. Die Wirtsspezifität der Ustilaginaceae wird maßgeblich durch spezifische Pathogenitätsfaktoren, sogenannte Effektoren, determiniert, welche biotrophe Schlüsselprozesse wie die Penetration, die Ressourcennutzung und die spezifische 74 Zusammenfassung Tarnung regulieren. Aufgrund ihrer co-evolutiven Bindung an die Resistenzgene des Wirtes evolvieren Effektor-Gene in der Regel sehr schnell und zeigen charakteristische Diversitätsmuster. Im Gegensatz zu Gen-für-Gen-Interaktionen werden Variationsmuster polygener Resistenz und Virulenz bisher wenig verstanden. In dieser Hinsicht ist der Maisbeulenbrand U. maydis ein wertvoller Modellorganismus. Seine Genomanalyse ergab eine große Anzahl an sekretierten Effektoren, welche eine intime Interaktion mit der Wirtspflanze Zea mays etablieren sollen. Darüber hinaus erfuhr die intraspezifische, genetische Diversität von U. maydis im Zuge der Domestizierung von Mais wiederholte Einschnitte und Radiationen. In dieser Arbeit wurde die intraspezifische Variabilität von 33 Virulenzcluster-Genen, putativ sekretierter Proteine mit Sequenzdaten der ITS, 5.8S rDNA, rpb1, ef1-α, gapdh und 15 Cluster-assoziierten Genen nicht-sekretierter Proteine verglichen. Obwohl die Nukleotiddiversität sehr gering war, zeigten Virulenzgene deutlich mehr Variabilität als Haushaltsgene und spiegelten die Populationsstruktur von U. maydis wider. Des Weiteren zeigte Cluster 2A hohe Syntenie. Innerhalb Cluster 19A war die genetische Diversität signifikant heterogen verteilt. Die bis zu 10-fach erhöhte Substitutionsrate von Virulenzgenen im Vergleich zu Haushaltsgenen und die teils großen Unterschiede der Variabilität zwischen einzelnen Genen bekräftigen die Hypothese einer polygenen U. maydis - Z. mays Parasit-Wirt-Interaktion und könnte die unterschiedliche Selektion einzelner Genprodukte während der Domestizierung von Mais reflektieren. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die allgemeine sexuelle Interkompatibilität dafür spricht, dass reproduktive Isolation und Speziation innerhalb der Ustilaginaceae hauptsächlich durch postzygotische Barrieren verursacht werden, welche in einigen Fällen wahrscheinlich durch Hybrid-basierte Genese neuer Genotypen entstehen. 75