2. AUFFÜHRUNGSABEND S aison 2012 20 13 d o n n er s tag 8 .11.12 2 0 U h R I Semperoper Dresden 2. aufführungsabend Alain Altinoglu Dirigent Igor Strawinsky Thomas Eberhardt Fagott Acht instrumentale Miniaturen für 15 Musiker 1. Andantino 2. Vivace 3. Lento 4. Allegretto 5. Moderato alla breve 6. Tempo di Marcia 7. Larghetto 8. Tempo di Tango (18 8 2 -19 71) Johann Nepomuk Hummel (17 7 8 -18 37 ) Grand Concerto für Fagott und Orchester F-Dur 1. Allegro moderato 2. Romanza. Andantino e cantabile 3. Rondo. Vivace Pau s e Igor Strawinsky Concertino für 12 Musiker Georges Bizet (18 3 8 -18 7 5) Symphonie Nr. 1 C-Dur 1. Allegro vivo 2. Adagio 3. Allegro vivace – Trio 4. Allegro vivace Zum Programm Igor Strawinsky Acht instrumentale Miniaturen und das Concertino Kaum ein Komponist des 20. Jahrhunderts hat sich als so wandlungsfähig erwiesen wie Igor Strawinsky, der in jungen Jahren mit seinen Pariser Balletten, vom »Feuervogel« bis zum »Sacre«, das Tanztheater revolutionierte, anschließend den Neoklassizismus für sich entdeckte und sich später auch von der seriellen Musik inspirieren ließ. Eine weitere Facette seines Schaffens, die Meisterschaft der kleinen Form, präsentieren seine Acht in­ strumentalen Miniaturen für 15 Musiker. Die Wurzeln dieses Zyklus reichen zurück bis in das Frühjahr 1921, in dem Strawinsky acht kurze Klavierstücke unter dem Titel »Les cinq doigts« (»Die fünf Finger«) komponierte. Mit dem Titel war ein deutlicher Hinweis gegeben auf die Besonderheit dieser Klavierminiaturen, die, wie Strawinsky erläuterte, »so gesetzt sind, dass die Finger der rechten Hand, wenn sie erst richtig auf den Tasten liegen, … ihre Lage nicht mehr zu verändern brauchen, während die linke Hand, die die Melodie begleitet, ganz leichte harmonische und kontrapunktische Figuren auszuführen hat«. Vier Jahrzehnte darauf, 1961/1962, entschloss sich Strawinsky, die Miniaturen für Kammerensemble zu bearbeiten. Er fügte, mitunter in strenger Kontrapunktik, neue Stimmen hinzu und schärfte die Harmonien sowie generell die Charaktere der Sätze, immer wieder sind die ursprünglichen Melodieverläufe auf verschiedene Instrumente »aufgefächert«, mit dem Ergebnis reizvoller Dialoge im Orchester. Die Reihenfolge der Miniaturen ist neugeordnet und zielt auf eine zunehmende Stimmverdichtung – die volle Besetzung ist erst im Schlusssatz erreicht. Die Uraufführung der Orchesterfassung erfolgte am 29. April 1962 in Toronto durch das Canadian Broadcasting Corporation Symphony Orchestra unter Leitung Strawinskys. Ebenfalls aus einem früheren Werk hervorgegangen ist Strawinskys Concertino für 12 Musiker. Entstanden war das einsätzige Stück bereits 1920 für das New Yorker Flonzaley Quartet, 1952 schließlich nahm sich Strawinsky die Partitur erneut vor und erstellte aus dem Streichquartett eine Orchesterfassung. Uraufgeführt wurde das Werk in dieser Version am 11. November 1952 in Los Angeles durch das Los Angeles Chamber Symphony Orchestra mit Strawinsky am Dirigentenpult. Unüberhörbar ist die Verwandtschaft des Concertinos mit der Klangwelt der »Geschichte vom Soldaten« (1918). Für die Entstehungszeit des Werkes typisch ist das ausgeprägte Spiel Strawinskys mit motivischen Bausteinen und rhythmischen Verschiebungen, die vielfache Wiederholung und Variation der kurzen Gedanken und ihre mosaikartige Versetzung zwischen den Instrumenten bestimmen das Klangbild. Das Concertino beginnt rhythmisch rasant, mehrfach mündet die filigrane Motivik in messerscharfe Akkordschläge, die wie die eingestreuten rhythmischen Triolen an Einflüsse aus dem Jazz denken lassen. Mit einer überraschenden Pointe wartet die Mitte des Stücks auf: eine ausgedehnte Doppelgriff-Violinkadenz, die vom Violoncello begleitet und auch in den letzten Takten der Partitur nochmals aufgegriffen wird. Besetzung der Miniaturen: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, Horn, 2 Violinen, 2 Bratschen, 2 Violoncelli // Dauer: ca. 8 Minuten Besetzung des Concertinos: Flöte, Oboe, Englischhorn, Klarinette, 2 Fagotte, 2 Trompeten, Tenorposaune, Bassposaune, obligate Violine, obligates Violoncello // Dauer: ca. 6 Minuten Johann Nepomuk Hummel Grand Concerto für Fagott und Orchester F-Dur Heute vor allem als Schöpfer eines der berühmtesten Trompetenkonzerte bekannt, eilte Johann Nepomuk Hummel zu Lebzeiten nicht nur der Ruf eines exzellenten Komponisten, sondern auch der eines begnadeten Klaviervirtuosen voraus, der mit seiner Improvisationskunst das Publikum begeisterte. Schon als Kind hatte Hummel, aus Bratislava stammend, in Wien die Bekanntschaft Mozarts gemacht, der ihn unterrichtete und in seinem Haus bei freier Kost und Logis aufnahm. Wie sein Lehrer ging Hummel in jungen Jahren auf ausgedehnte Konzertreisen durch Europa, die ihn auch in Dresden Station machen ließen. Später wurde er auf Empfehlung Haydns Kapellmeister der Esterházys, ehe er in Stuttgart und Weimar wirkte. Als Carl Maria von Weber 1826 verstarb, galt Hummel bis zu seiner endgültigen Absage als Wunschkandidat für das Amt des Königlichen Kapellmeisters und Leiters des »deutschen Départements«, der deutschen Opernsparte am Dresdner Hoftheater. Hummels Komponieren am Übergang von Klassik und Romantik erstreckt sich auf nahezu alle musikalischen Gattungen. Als Pianist wurde er für sein elegantes, graziöses Spiel gerühmt – Eigenschaften, die sich auch dem Fagottkonzert in F-Dur zuschreiben lassen, komponiert wahrscheinlich nach 1811. Ein Musterbeispiel klassischer Ausgewogenheit und Transparenz, bewegt sich das Werk zwischen stilvoller Dramatik, virtuoser Spielfreude und beseelter Lyrik. Mit großem Erfindungsreichtum im Detail beleuchtet Hummel das enorme Ausdrucksspek­trum des Soloinstruments, das eingebettet ist in einen fein abgestuften Orchesterklang. Besetzung: Fagott solo, 2 Oboen, 2 Hörner, Streicher // Dauer: ca. 25 Minuten Georges Bizet Symphonie Nr. 1 C-Dur Weit mehr als bei Strawinsky oder Hummel stand bei Georges Bizet die Oper im Zentrum des Schaffens. »Ich brauche die Bühne, ohne sie kann ich überhaupt nichts«, betonte Bizet – und verschwieg geflissentlich, dass er schon als 17-Jähriger eine ausladende Symphonie komponiert hatte, zu Partitur gebracht 1855 innerhalb nur eines Monats. Offenbar hatte ihn Charles Gounod mit seiner kurz zuvor vollendeten Symphonie in D-Dur zu diesem Vorhaben angeregt, von ihr hatte Bizet einen vierhändigen Klavierauszug angefertigt, bevor er sich selbst ans Werk machte. Von der Existenz seiner Symphonie verriet er weder seinen Freunden noch seinem Lehrer Halévy, sie verschwand in der Schublade. Anklänge an Mendelssohn, Mozart, Rossini oder Gounod sind aus ihr herauszuhören, mehr noch aber der für Bizet typische, temperamentvoll-geschliffene »Ton« und der funkelnde, geistvolle Esprit seiner musikalischen Einfälle. Bizet besaß unverkennbar schon zu jener Zeit ein ausgeprägtes Gespür für die Farben des Orchesters, für stimmungsvolle Bilder, und dies gepaart mit einer scheinbar mühelosen Beherrschung der viersätzigen Form und kontrapunktischer Techniken. Aus seinem Nachlass gelangte die Partitur in die Bibliothek des Pariser Conservatoire, in der sie 1933 entdeckt wurde. Ihre Urauführung erlebte die Symphonie am 26. Februar 1935 in Basel unter Felix von Weingartner – ganze 80 Jahre nach ihrer Entstehung, 60 Jahre nach dem Tod des Komponisten. Besetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, Pauken, Streicher Dauer: ca. 30 Minuten Torsten B la ich Alain Altinoglu Di r i gen t Wenn von der jungen Dirigentengarde die Rede ist, die international für Aufsehen sorgt, darf der Name Alain Altinoglu nicht fehlen. Einladungen erhält der Franzose von Opernhäusern wie der New Yorker MET, dem Teatro Colón in Buenos Aires oder den Staatsopern in Wien, München und Berlin, er dirigierte an den großen Pariser Opern und trat bei den Festivals in Salzburg und Aix-en-Provence auf. Auch im Konzertfach hochgeschätzt, pflegt er eine enge Zusammenarbeit mit dem Orchestre National de France, daneben konnte man ihn am Pult der Staatskapelle Berlin, des Orchestre de Paris oder auch des Chicago Symphony Orchestra erleben. Von 2007 bis 2010 war er Erster Gastdirigent des Orchestre National de Montpellier. 1975 in Paris geboren, studierte Alain Altinoglu am dortigen Conservatoire National Supérieur de Musique, an dem er zehn Jahre lang eine Klasse für Ensemblegesang unterrichtete. Im heutigen Aufführungsabend gibt er sein Debüt bei der Sächsischen Staatskapelle, dazu leitet er noch in dieser Saison u.a. die Neuproduktion von Wagners »Holländer« am Opernhaus Zürich sowie Konzerte mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien. Thomas Eberhardt Fa g o tt Geboren 1975 in Dresden, begann Thomas Eberhardt seine musikalische Laufbahn zunächst Geige spielend im Alter von sechs Jahren. Seine Fagottausbildung genoss er bei Bernhard Rose an der Spezialschule für Musik Dresden sowie an den Musikhochschulen in Dresden (Bernhard Rose) und München (Eberhard Marschall). 2000 wurde er Mitglied des Bayerischen Staatsorchesters in München. Reisen mit verschiedenen musikalischen Formationen führten ihn in zahlreiche Länder Europas sowie nach Nordamerika, Japan, China und Korea. Seit 2004 ist Thomas Eberhardt Solofagottist der Sächsischen Staatskapelle Dresden. VORSCHAU d i e n s tag 13.11.12 2 0 U h R S e m p er o p er D r e s d e n 3. Kammerabend Mitwirkende Christian Langer, Dominic Oelze und Rafael Molina GarcÍa Schlagzeug Johanna Zmeck Klavier Johanna Roggan und Maik Hildebrandt Tanz Gala El Hadidi Rezitation Hartmut Dorschner Komponist und visuelle Live-Performance Matthias Härtig Visuelle Live-Performance Michael Lauer Dichtung Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle Dresden Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden Verantwortlich: Friedwart Christian Dittmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein Impressum Sächsische Staatskapelle Dresden Chefdirigent Christian Thielemann Spielzeit 2012|2013 Herausgegeben von der Sächsischen Staatsoper Dresden © November 2012 R e da k t i o n Dr. Torsten Blaich b i l d n ac h w e i s John Cage zum 100. Geburtstag Erwin Schulhoff In Futurum John Cage The Perilous Night Tossed as It is Untroubled Nebojša Jovan Živković Generally Spoken it’s Nothing but Rhythm Hartmut Dorschner Jiddu (Uraufführung) John Cage And the Earth shall Bear Again The Unavailable Memory of Trio Improvisationen über drei Gedichte John Cage Credo in Us Alain Altinoglu: Fred Toulet; Thomas Eberhardt: Matthias Creutziger. Text Die Einführungstexte von Dr. Torsten Blaich sind Originalbeiträge für dieses Heft. G e s ta lt u n g u n d s at z schech.net Strategie. Kommunikation. Design. Druck Union Druckerei Dresden GmbH Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. w w w. s ta at s k a p e l l e - d r e s d e n . d e