Der Deutungsmusteransatz Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung Diplomarbeit Im Studiengang Pädagogik in der Fakultät Pädagogik, Philosophie, Psychologie an der Otto-FriedrichUniversität Bamberg (2000) Verfasser: Jacques Douillet Betreuer: PD Dr. habil. Walter Bender Zweitkorrektor: Prof. Dr. mult. Georg Hörmann Der Deutungsmusteransatz I Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................. 01 Einleitung.......................................................................................... 02 1. Theoretische Bezüge des Deutungsmusteransatzes .............. 05 1.1 Einführung: Entwicklung und Entstehung des Deutungsmuster- .................... 05 ansatzes in der Soziologie 1.2 Die "essentials" und zehn Bedeutungselemente des Deutungsmuster- ......... 10 ansatzes 1.3 Grundlegende Varianten des Deutungsmusteransatzes im Überblick ............25 1.4 Das Konzept der sozialen Deutungsmuster nach Oevermann ...................... 33 1.4.1 Grundvoraussetzungen des Konzepts der sozialen ................................. 33 Deutungsmuster 1.4.2 Grundelemente des Konzepts der sozialen Deutungsmuster .................. 40 1.4.3 Zum Oevermannschen Strukturbegriff .................................................... 48 1.5 Theoretische Einflüsse und verwandte Konzepte ........................................... 49 1.6 Einschätzung des Deutungsmusteransatzes in der Soziologie ...................... 54 Der Deutungsmusteransatz II 2. Die Bedeutung des Deutungsmusteransatzes für die ........... 57 Erwachsenenbildung 2.1 Entstehung und Entwicklung des Deutungsmusteransatzes in der ............... 57 Erwachsenenbildung 2.2 Die Forschungsperspektive des Deutungsmusteransatzes für die ................ 62 Erwachsenenbildung 2.2.1 Qualitative versus quantitative Forschung ................................................ 64 2.2.2 Untersuchungsperspektiven ..................................................................... 66 2.2.3 Untersuchungsmethoden ......................................................................... 67 2.2.4 Untersuchungsergebnisse ....................................................................... 69 2.3 Verwandte Ansätze in der Erwachsenenbildung ............................................ 70 2.3.1 Symbolischer Interaktionismus ................................................................. 70 2.3.2 Alltagswissen ............................................................................................ 76 2.3.3 Lebensweltorientierung ............................................................................ 84 2.3.4 Der Erfahrungsansatz vs. Deutungsmusteransatz ................................... 91 2.4 Didaktische Aspekte des Deutungsmusteransatzes in der ................... 94 Erwachsenenbildung 2.4.1 Ziele des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung ............. 95 2.4.2 Der Deutungsmusteransatz und der Lehr-Lern-Prozeß in der .................. 98 Erwachsenenbildung 2.5 Einschätzung des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenen- ..............119 bildung Literatur ...........................................................................................129 Anhang ............................................................................................142 - Stichwortsammlung Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 1 Vorwort Diese Diplomarbeit, die sich mit dem Deutungsmusteransatz und dessen Implikationen für die Erwachsenenbildung beschäftigt, wäre ohne die folgenden Personen in der vorliegenden Art nicht zustande gekommen. Aus diesem Grund möchte ich mich bedanken bei Herrn PD Dr. Walter Bender, der diese Arbeit ernst und interessiert betreute und dabei immer Zeit und ein offenes Ohr hatte, bei Herrn Prof. Dr. mult. Georg Hörmann, der trotz vieler anderer Arbeiten die Zweitkorrektur für diese Arbeit übernahm und bei Herrn Dr. Reinhold Sackmann, der mir eine Kopie des Oevermannschen Aufsatzes zur Verfügung gestellt hat, was diese Arbeit um einiges erleichterte. Ebenso möchte ich mich bei dem "Diplomarbeitsdiskussionsteam" (Herrn PD Dr. Walter Bender, Jürgen Müller, Stefan Schröter und Uwe Worbach) bedanken, das in der Anfangsphase, trotz gelegentlich anstrengender Diskussion, gute Anregungen brachte und bei Frau Dipl. Sozw. Claudia Wenzig, die mir in "letzter Minute" zwei wichtige Artikel zur Verfügung gestellt hat. Herausstellen möchte ich noch die Unterstützung von Jürgen Müller, dem ich die täglichen Anregungen und Motivationsschübe, die für diese Arbeit notwendig waren verdanke. Mein ganz besonderer Dank richtet sich an meine Eltern, die in vieler Hinsicht dazu beigetragen haben, daß diese Arbeit zustande gekommen ist und an Olivia Zipfel, die einerseits mit Korrekturlesen und sonstigen "technischen" Unterstützungen, wichtiger aber mit Aufmunterungen und viel Verständnis die Grundlage für diese Arbeit gelegt hat. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 2 Einleitung Diese Diplomarbeit setzt sich mit der Bedeutung und Relevanz des Deutungsmusteransatzes für die Erwachsenenbildung auseinander. Entstanden ist dieser Ansatz nicht erst in der Pädagogik oder Erwachsenenbildung, sondern in der Soziologie, vor allem durch Ulrich Oevermann, der den Begriff der "sozialen Deutungsmuster" in seinem bisher unveröffentlichten Manuskript von 1973 geprägt hat (Oevermann 1973, "Zur Analyse der Struktur der sozialen Deutungsmuster"). In Auseinandersetzung mit den herkömmlichen soziologischen Verfahren wollte Oevermann mit dem Konzept der sozialen Deutungsmuster die Frage nach dem Sinnbegriff und der Konstitution von Sinnzusammenhängen wieder in den Vordergrund der theoretischen Diskussion stellen. Unter anderem von den Arbeiten Chomskys, Meads und Freuds beeinflußt, stellt das Konzept der sozialen Deutungsmuster die Vorstufe zu Oevermanns Konzept der Objektiven Hermeneutik dar, das er später entwickelte. Das spezielle Erkenntnisinteresse dieser Arbeit bezieht sich dabei vor allem auf die folgenden drei Punkte: 1. Es soll ein umfassender Überblick über die verschiedenen Deutungsmusterkonzeptionen in der Soziologie und der Erwachsenenbildung gegeben werden. 2. Es geht um die Frage, ob der Deutungsmusteransatz von der soziologischen Basis, die das Strukturhafte der Deutungsmuster und die Dialektik zwischen individuellen und sozialen Deutungsmustern betont, in die andragogische Theorie adäquat konvertiert wurde oder ob hier "Übersetzungsfehler" klar zu erkennen sind. 3. Welche Bedeutungen und Konsequenzen daraus für die Erwachsenenbildung entstanden sind, welche Defizite diesbezüglich in der Erwachsenenbildung herrschen und welche Perspektiven sich noch aus diesem Ansatz ableiten lassen? Die Vorgehensweise und Gliederung dieser Arbeit ergibt sich somit aus der oben genannten Fragestellung: Im ersten Teil soll zunächst die Entstehung und die Ausgangslage des Ansatzes der Deutungsmuster aus der soziologischen Theorie her betrachtet werden. Nach dieser ersten Übersicht werden einige Grundbegriffe (essentials) und Grundannahmen (Die zehn Bedeutungselemente nach Arnold) des Deutungsmusteransatzes dargestellt. Anschließend werden drei verschiedene Sichtweisen zur theoretischen Verortung des Ansatzes gegenübergestellt (Arnold, Lüders/Meuser, Meuser/Sackmann), wobei im darauf folgenden Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 3 Punkt der Oevermannsche Ansatz der sozialen Deutungsmuster aus folgenden Gründen näher betrachtet werden soll: 1. Obwohl Negt schon 1968 mit dem Deutungsmusterbegriff operiert, diesen aber gleichzeitig kritisierte (vgl. Punkt 2.1.; Thomssen 1991, S. 53), hat Oevermann als erster den Begriff der "sozialen Deutungsmuster" und das damit verbundene Konzept geprägt (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 14). 2. Oevermann wird in der soziologischen Literatur zwar nicht als "Leitfigur" zum Deutungsmusteransatz angesehen, aber dennoch wird stets auf sein Konzept als Ausgangslage Bezug genommen. 3. Arnold sieht Oevermanns Ansatz als eine Art "Vermittlung" zwischen den beiden "Extrem-Positionen" der wissenssoziologischen bzw. symbolisch-interaktionistischen und den eher marxistisch orientierten Deutungsmusteransätzen (vgl. Arnold 1985a, S. 80). 4. Oevermann geht sowohl von einer strukturtheoretischen Sichtweise aus als auch von einem Begriff der sozialen Deutungsmuster, der diese als ein " 'ensemble' von sozial kommunizierbaren Interpretationen der physikalischen und sozialen Umwelt" (Oevermann 1973, S. 4) versteht und somit besondere Relevanz für die Erwachsenenbildung hat. Nach dieser konkreten Betrachtung des Oevermannschen Konzepts werden die theoretischen Einflüsse dargestellt, um abschließend ein erstes Resümee zu ziehen. Im zweiten Teil dieser Arbeit steht die Frage im Vordergrund, ob der Transfer des Deutungsmusteransatzes aus der Soziologie in die Erwachsenenbildung originalgetreu vollzogen wurde oder ob es Abweichungen diesbezüglich gibt. Aus diesem Grund werden zuerst die drei Phasen in der Erwachsenenbildung dargestellt, in denen der Deutungsmusteransatz Einzug in die Erwachsenenbildung hielt. Der folgende Punkt setzt sich mit der Forschungsperspektive des Ansatzes auseinander, um aufzuzeigen, welche Relevanz der Deutungsmusteransatz als Bestandteil qualitativer Sozialforschung für die Forschungsperspektive der Erwachsenenbildung hat. Als nächstes werden verwandte Ansätze der Erwachsenenbildung näher betrachtet, da der Deutungsmusteransatz nicht isoliert von anderen soziologischen Theorien in der Erwachsenenbildung aufgenommen und diskutiert wurde. Es wird anhand relevanter Aspekte dieser Theorien aufgezeigt, daß sich diese z.T. mit dem Deutungsmusteransatz überschneiden und selbst aufeinander beziehen. Die dabei beinhalteten theoretischen Implikationen bilden die Ausgangslage hinsichtlich der Konsequenzen des Deutungsmusteransatzes für die Didaktik der Erwachsenenbildung, welche im darauf folgenden Punkt dargestellt werden. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 4 Der abschließende Punkt zieht ein Resümee und zeigt kritisch auf, welche Chancen und Perspektiven der Deutungsmusteransatz der Erwachsenenbildung bietet, aber auch welche Grenzen er hat. Die Schwierigkeit einer adäquaten und strukturierten Darstellung des Deutungsmusteransatzes ergibt sich aus der Tatsache, daß es zum einen unterschiedliche Deutungsmusteransätze gibt, die zum Teil entscheidend voneinander abweichen und zum anderen innerhalb der Literatur die Grundbegriffe oder "essentials" des Deutungsmusteransatzes (vgl. Meuser/Sackmann, 1991 S. 19) zwar aufgegriffen werden, jedoch in unterschiedliche Sinnzusammenhänge gestellt werden. Eine klare Struktur des Deutungsmusteransatzes ist somit auch in der Soziologie nicht auszumachen. Aus diesem Grund habe ich mich zum einen dazu entschlossen, bei der Darstellung des Oevermannschen Konzepts der sozialen Deutungsmuster die Gliederung von Oevermanns Manuskript "Zur Analyse der Struktur von sozialen Deutungsmustern" zu übernehmen, um Interpretationsfehler dieses Konzepts zu verringern. Zum anderen die theoretischen Einflüsse und verwandte Konzepte des Deutungsmusteransatzes an den Schluß des ersten Kapitels zu stellen, um zuerst die theoretischen Implikationen des Ansatzes adäquat und strukturiert darstellen zu können und somit später ergänzend Parallelen und Abgrenzungen zu anderen theoretischen Konzepten näher aufzuzeigen. Auch eine strikte Trennung zwischen Soziologie und Erwachsenenbildung ist in dieser Arbeit vor allem aus zwei Gründen nicht möglich und nicht sinnvoll: Erstens stehen zwar die zehn Bedeutungselemente Arnolds im Kontext der Erwachsenenbildung, wurden aber auch in der Soziologie rezipiert. Deswegen stehen die theoretischen Ausführungen dazu im ersten Kapitel, während die erwachsenenbildnerischen Aspekte bei den didaktischen Fragestellungen wieder auftauchen. Zweitens werden auch im zweiten Kapitel immer wieder soziologische Elemente aufgrund des Erkenntnisinteresses der Arbeit, ob der Deutungsmusteransatz adäquat in der Erwachsenenbildung übersetzt wurde, aufgegriffen. Weiterhin war es nicht immer möglich, einzelne Punkte "sauber" voneinander zu trennen, da viele Themen zueinander in enger Beziehung stehen. So findet sich z.B. immer wieder die Frage nach der Aufklärung und Veränderung der Deutungsmuster der Teilnehmer in Erwachsenenbildungsveranstaltungen. Am Ende dieser Arbeit habe ich noch eine sogenannte "Stichwortsammlung" angehängt, die es mir ermöglichte, der Komplexität und Strukturlosigkeit des Themas gerecht zu werden und dennoch einen roten Faden beizubehalten. Diese Stichwortsammlung kann als Ergänzung zu dieser Arbeit gesehen werden, wobei ich bei diesem Hilfsmittel weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Exaktheit (Seitenangaben, Zitate) erhebe, da sich aufgrund verschiedener "Strukturierungsmaßnahmen" Fehler chen konnten. unbeobachtet einschlei- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 5 1. Theoretische Bezüge des Deutungsmusteransatzes 1.1 Einführung: Entwicklung und Entstehung des Deutungsmusteransatzes in der Soziologie Die grundlegende Entstehung des Deutungsmusteransatzes kann man im Jahr 1973 festmachen, da hier durch das bisher unveröffentlichte Manuskript "Zur Analyse der Struktur von sozialen Deutungsmustern" von Ulrich Oevermann der Begriff 'Deutungsmuster' und das darauf basierende Konzept der sozialen Deutungsmuster geprägt wurde. Grundlegende Begrifflichkeiten des Konzeptes sind u.a. das Verhältnis von Handlung und Struktur, von soziologischer Mikro- und Makroebene1, von objektivem Sinngehalt und subjektiver Intentionalität. Dieses grundlegende Papier hatte eine starke Wirkung auf die soziologische qualitative Forschung, und dementsprechend sind nicht nur in der Soziologie viele empirische Deutungsmusteranalysen entstanden. Obgleich alle diese Untersuchungen unter der Prämisse stehen, Deutungsmuster zu analysieren, sind bei vielen Unterschiede zum Oevermannschen Deutungsmusterkonzept bezüglich seiner ursprünglichen Intentionen und den methodischen Perspektiven auszumachen. Lüders (1991) bemerkt, daß innerhalb der "Deutungsmustergemeinde" sowohl eine theoretische Leitfigur2 als auch ein konsistenter Diskurs fehlen. Lüdemann behauptet sogar, daß beim Deutungsmuster-Ansatz gar nicht von einer Theorie zu sprechen ist, "da bestenfalls vage Orientierungshypothesen (...) vorliegen, die eigentlich weiter präzisiert werden müßten, um sie empirisch überprüfbar zu machen" (Lüdemann 1991, S. 120). Doch trotz dieser Variationen ist beim Überblick der Deutungsmusterliteratur festzuhalten, daß stets Bezug auf Oevermann genommen wird (vgl. Schetsche 1996, S. 66 f.) und daß die "essentials" der Deutungsmusteranalytiker (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 15) und die zentralen Frage- und Problemstellungen schon in dem Manuskript von Oevermann auftauchen. Deswegen soll hier mit einer kurzen Einführung zur Entstehung des Konzepts der sozialen Deutungsmuster der Ausgangspunkt dieser Arbeit abgesteckt werden. Die Fragestellungen des Oevermannschen Konzeptpapiers sind eng verbunden mit der Frankfurter Schule, der Oevermann damit eine empirische Forschungsperspektive ermöglichen wollte. Die Analyse von Deutungsmustern ist für ihn immer auch gleichzeitig eine Ideologiekritik, aber: "Sofern die Analyse der Struktur sozialer Deutungsmuster immer auch Ideologiekritik sein kann, verfährt sie eben nicht nach dem Muster der rationalisti1 2 Also das Verhältnis zwischen Subjekt und Gesellschaft Wie z.B. Bourdieu für das Habituskonzept Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 6 schen oder neo-positivistischen Ideologiekritik, in der auf der Folie eine(r) wissenschaftlich aufgeklärten und logisch purifizierten Weltinterpretation lediglich die - mangelhafte - logische Struktur von Aussagen aufgedeckt wird, sondern konfrontiert die Inhalte von Deutungsmustern und darin implizierte Handlungserwartungen und -maximen mit den tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, um dann die funktionale Ausrichtung solcher Diskrepanzen zu thematisieren" (Oevermann 1973, S. 15). Es geht also nicht um die bloße Darstellung der Deutungsmuster, sondern auch um eine Thematisierung ihrer Inhalte, ihrer Herkünfte und ihres Verwertungszusammenhangs. Dabei soll die Deutungsmusteranalyse zu einer empirischen Rekonstruktion und zur Ordnung einer "Hierarchie zunehmender Aufgeklärtheit" (Oevermann 1973, S. 26) von Deutungsmustern beitragen (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 15). Obgleich sich dieses Konzept der sozialen Deutungsmuster als "Vorankündigung der Rekonstruktionslogik der objektiven Hermeneutik lesen" (Meuser/Sackmann 1991, S. 15) läßt, ist die objektive Hermeneutik nach Meuser/Sackmann nicht die einzig daraus zu folgernde methodologische Perspektive für Deutungsmusteranalysen. Dennoch erscheint die Relevanz dieses Aufsatzes immer noch aktuell, da hier der erste Versuch unternommen wurde, sowohl die theoriesprachliche Begrifflichkeit und die empirische Forschung miteinander zu verbinden (vgl. ebd., S. 15) als auch "die doppelte Bestimmung als eigenständige Dimension (der Konstitution) von sozialer Realität, als 'faits sociaux', die 'den Handelnden objektiv gegenübertreten' (ebd., S. 11)3, und des funktionalen Bezugs auf objektive Handlungsprobleme" (ebd., S. 15) näher zu beleuchten. Deutungsmuster können somit als "eine kulturelle, kollektiv bzw. überindividuell (re-) produzierte Antwort auf objektive Handlungsprobleme aufgebende gesellschaftliche Bedingungen" (ebd., S. 15) verstanden werden, wobei ihre Struktur nur dann erkannt werden kann, wenn auch "die sozialen Strukturprobleme, auf die jene eine Antwort darstellen, in der Analyse berücksichtigt werden" (ebd., S. 15). Eine Erfassung dieser Strukturprobleme ist aber wiederum nur möglich durch die interpretative Rekonstruktion der Äußerungen der Individuen, denn: "Auch die soziologische Analyse kann Deutungsmuster weitgehend nur empirisch auf der Ebene individueller Einstellungen erfassen" (Oevermann 1973, S. 11). Diese individuellen Äußerungen und Einstellungen werden jedoch von Oevermann aufgefaßt als "Derivate von Deutungsmustern, die als 'faits sociaux' den Handlungssubjekten objektiv gegenübertreten" (Oevermann 1973, S. 11). 3 Gemeint ist hier: Oevermann 1973 Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 7 Für das Individuum dienen die Deutungsmuster sowohl als Wahrnehmungs- und Interpretationsform der sozialen Welt als auch als Schablone für die Aufordnung von Erfahrungen und weiterhin als Blickwinkel für mögliche Erfahrungen sowie Mittel zur Bewältigung von Handlungsproblemen (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 16). Die Deutungsmuster sind dabei "auf objektiv vorgegebene, in der Gesellschaftsstruktur verankerte Handlungsprobleme bezogen, die aber immer erst als in den Begriffen des Deutungsmusters interpretierte das Handeln der Subjekte bestimmen" (Neuen- dorff/Sabel 1978, S. 842). Als essentiell gilt dabei für Oevermann, daß es ausgehend von einer Strukturlogik der Deutungsmuster nur Sinn macht, von Mustern zu sprechen, wenn damit nicht singuläre Interpretationen, "sondern (...) sozial verfügbare Formen der Ver- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 8 dichtung, der Abstrahierung, der Verallgemeinerung von Deutungen" (Meuser/Sackmann 1991, S. 16) gemeint sind. Der Begriff der Deutungsmuster meint in dieser Hinsicht ein "f'ensemble' von sozial kommunizierbaren Interpretationen der physikalischen und sozialen Umwelt" (Oevermann 1973, S. 4), also keine "isolierte(n) Meinungen oder Einstellungen zu einem partikularen Handlungsobjekt, sondern in sich nach allgemeinen Konsistenzregeln strukturierte Argumentationszusammenhänge" (ebd., S. 3). Bei diesen Aussagen Oevermanns ist auch ein Verweis auf einen grundlegenden Einfluß auf das Konzept der sozialen Deutungsmuster ersichtlich, nämlich das "Konzept des regelgeleiteten Handelns" 4: Oevermann geht davon aus, daß die handelnden Individuen ein implizites Regelwissen zur Verfügung haben, das zwar ein praktisch anwendbares Bewußtsein über die handlungsleitenden Regeln darstellt, dieses jedoch diskursiv nicht verfügbar gemacht werden kann. Dadurch können die Individuen gemäß dieser Regeln handeln und auch Urteile über die Adäquatheit der daraus entspringenden Handlungen fällen, ohne daß sie die Regeln weder ausdrücklich darstellen können noch müssen, um handlungsfähig zu bleiben (vgl. Oevermann 1973, S. 6). Die Rekonstruktion dieses impliziten Regelwissens ist nun die Aufgabe der Deutungsmusteranalyse, deren Ausgangspunkt wiederum die mentalen Repräsentationen sind (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 16). Entscheidend für die Deutungsmusteranalyse ist jedoch, "daß eine empirische Forschung in der üblichen Form der Variablensoziologie, d.h. in Gestalt der nachträglichen korrelativen Verknüpfung isoliert erhobener Einstellungen keine angemessene methodische Perspektive bietet" (Meuser/Sackmann 1991, S. 16). Oevermanns Antwort zeigt sich in dem "genetischen Strukturalismus" der objektiven Hermeneutik (vgl. Oevermann u.a. 1979), "deren 'Kunstlehre' ja gerade darin besteht, bei der Produktion wie bei der begründeten Ausscheidung von Lesearten von dem alltagspraktisch verfügbaren impliziten Regelwissen ausführlich Gebrauch zu machen" (Meuser/Sackmann 1991, S. 16). Obgleich die objektive Hermeneutik in dem Konzeptpapier über die sozialen Deutungsmuster noch nicht enthalten war, kann man diese Arbeit als eine Vorstufe betrachten. Neben dem Konzept des regelgeleiteten Handelns macht Oevermann noch von einem weiteren Regelbegriff Gebrauch, nämlich von der "generativen Transformationsgrammatik" nach Chomsky, die Oevermann kritisch modifiziert in sein eigenes Konzept der sozialen Deutungsmuster eingebunden hat. Dabei geht er von zwei Grundvoraussetzungen des Regelbegriffs aus: 4 Das Konzept des regelgeleiteten Handelns stammt ursprünglich aus der Sprechakttheorie und kann auf Wittgenstein zurückgeführt werden (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 16). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 9 1. “Regeln (beispielsweise grammatische oder logische) haben einen generativen Charakter. Als allgemeine Prinzipien erzeugen sie Verhalten, das dem Handlungssubjekt zuvor nicht bekannt war. Damit eröffnet sich die Chance, das Verhalten von Individuen auch unter ganz neuen Handlungsbedingungen prognostizieren zu können. 2. Generative Regeln konstituieren den intersubjektiv verstehbaren Sinn einer Handlung (, auf den das Handlungssubjekt verpflichtet ist). Die Erklärung sinnhaften Handelns kann von daher nicht eine kausal analytische im naturwissenschaftlichen Sinne sein, sondern deckt sich mit der Rekonstruktion der handlungsleitenden Regel, der sich das Subjekt nachweisbar verpflichtet fühlt. Unter diesem Gesichtspunkt nimmt der hier gemeinte Regelbegriff präziser auf, was schon in der Durkheimschen Soziologie mit den 'nicht-kontraktuellen' Elementen des Handelns - im Sinne von Handeln konstituierenden Regeln - gemeint war" (Oevermann 1973, S. 8). Die Chomskysche Annahme, daß die grammatischen Regeln die Eigenschaften der Universalität innehaben und auch prinzipiell der Reflexion nicht zugänglich sind, wird von Oevermann nicht auf das Konzept der sozialen Deutungsmuster angewendet. Denn obwohl die sozialen Regeln nicht beliebig, meist auch nur praktisch und nicht explizit verfügbar sind, geht Oevermann von der Annahme aus, "daß soziale Normen Reflexion sowohl ermöglichen als auch durch Reflexion verändert werden können" (Oevermann 1973, S. 8) und soziale Deutungsmuster somit "als Weltinterpretationen mit generativem Status gedacht werden, die prinzipiell entwicklungsoffen sind" (ebd., S. 9). Die soziologische Aufgabe ist es nun, durch die Rekonstruktion der Konstitutionslogik von Deutungsmustern zur "Identifizierung des, einem Deutungsmuster jeweils zugrundeliegenden, generativen Prinzips, der jeweiligen Konsistenzregeln" (Meuser/Sackmann 1991, S. 17) zu gelangen. Meuser/Sackmann merken hierzu kritisch an, daß es gerade die Vorstellungen Oevermanns über den generativen Status der Deutungsmuster sind, die der empirischen Forschung Schwierigkeiten bereiten. Denn wie diese generative Strukturlogik empirisch faßbar gemacht werden kann, konnte noch keine Deutungsmusteranalyse belegen. Beispielsweise wird die Dimension "Zeit" nur unbefriedigend in das Konzept integriert, was zwei Tendenzen aufzeigt: Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 10 1. Zeitlicher Wandel wird als oberflächliches Phänomen angesehen, das die zeitliche Invarianz der Struktur unbeeinflußt läßt, und die Struktur wird somit zur Zeitausklammerung hin aufgelöst (z.B. in den Arbeiten Bourdieus zu finden). 2. Verknüpfung der Strukturvorstellung mit invarianten Entwicklungsstadien, die in geschichtlich-philosophischer Art konzipiert sind (vgl. die Arbeiten Piagets). (vgl. ebd., S. 17) Nach Meuser/Sackmann ist hier auch das grundlegende konzeptionelle Problem des Deutungsmusteransatzes zu erkennen, nämlich die Verortung an der Schnittstelle von konstitutiven und regulativen Regeln (vgl. ebd., S. 17). Deutungsmuster sollen beide Eigenschaften besitzen, denn auf der einen Seite schreibt Oevermann ihnen eine tiefenstrukturelle, praxisgenerierende Kraft zu. Auf der anderen Seite haben sie eine größere Reichweite als einzelne soziale Normen mit nicht zu unterschätzender Persistenz (vgl. ebd., S. 17). Bei einem Vergleich der kritischen Auseinandersetzung Cicourels mit der Chomskyschen generativen Transformationsgrammatik, bei der Cicourel zwischen generativen Basisregeln und Oberflächenregeln unterscheidet, die für spezifische soziale Normen stehen, könnten "Deutungsmuster 'irgendwo' dazwischen aufzuspüren" (ebd., S. 18) sein. Aber dennoch: "Wo dieses Irgendwo genau liegt, worin der Unterschied zwischen der Generativität von grammatischen Regeln oder von Reziprozitätsidealisierungen und derjenigen von Deutungsmustern besteht, läßt sich auf der Basis vorliegender Deutungsmusteranalysen nicht angeben" (ebd., S. 18). Das heißt zwar nicht, daß die Deutungsmusteranalysen nichts über die interne Logik des zu untersuchenden Musters aussagen können, aber Aussagen können nur über die Argumentationslogik und den Problemhintergrund der Deutungsmuster gemacht werden, "nicht aber (über) die Bedingungen, unter denen ein Deutungsmuster eine bestimmte und nur diese Praxis 'generiert' " (ebd., S. 18). Nach Lüders hingegen spielt dieses Problem in der empirischen Forschung, sofern sie Fragen unterhalb der Ebene grundlagentheoretischer Problemstellungen behandelt, nur eine geringe Rolle (vgl. Lüders 1991, S. 382 f.). 1.2 Die "essentials" und zehn Bedeutungselemente des Deutungsmusteransatzes Obwohl es sich schwer von "einem" Deutungsmusteransatz sprechen läßt, bieten Meuser/Sackmann einen Überblick über die Gemeinsamkeiten der Deutungsmusteranalyse, die auf breiter Ebene von den Deutungsmusteranalytikern geteilt werden. Als Anhaltspunkt seien hier genannt: Allert 1976; Arnold 1983c, 1985; Dewe 1982, 1984; De- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 11 we/Ferchhoff 1984; Matthes-Nagel 1982; Neuendorff/Sabel 1978; Oevermann 1973 und Thomssen 1991 (vgl. auch Meuser/Sackmann, S. 18 f.). Diese Gemeinsamkeiten der verschiedenen Deutungsmusteransätze lassen sich anhand folgender sechs essentials darstellen: - "Deutungsmuster stehen in einem funktionalen Bezug zu objektiven Handlungsproblemen. - Deutungsmuster sind kollektive Sinngehalte; habituell verfestigte subjektive Deutungen konstituieren noch kein Deutungsmuster. - Deutungsmuster haben normative Geltungskraft. Der Geltungsbereich eines Deutungsmusters variiert zwischen der Gesamtgesellschaft und einzelnen sozialen Gruppen. - Deutungsmuster sind intern konsistent strukturiert, was durch allgemeine generative Regeln verbürgt wird. - Deutungsmuster sind – verglichen mit singulären Deutungen, Einstellungen, Meinungen – auf einer latenten, tiefenstrukturellen Ebene angesiedelt und mithin nur begrenzt reflexiv verfügbar. - Deutungsmuster haben den Status 'relativer Autonomie'. Trotz des funktionalen Bezugs auf objektive Handlungsprobleme sind sie hinsichtlich der Konstruktionsprinzipien und Gültigkeitskriterien autonom und konstituieren so eine eigene Dimension sozialer Wirklichkeit. Das erklärt die beträchtliche Stabilität von Deutungsmustern, die allerdings prinzipiell als entwicklungsoffen zu konzipieren sind". (Meuser/Sackmann 1991, S. 19) Schetsche wiederum sieht folgende Eigenschaften als konstitutiv für Deutungsmuster an: 1. Kollektivität Die Kollektivität ist ein grundlegendes Merkmal von Deutungsmustern, wobei Schetsche diesbezüglich vorschlägt, "in den Sozialwissenschaften die Kategorie ‚Deutungsmuster‘ ausschließlich für überindividuelle Denkformen zu benutzen, die großen Teilen der Gesellschaft oder Angehörigen bestimmter sozialer Gruppen gemeinsam sind" (Schetsche 1991, S. 55). Denn "habituell verfestigte subjektive Deutungen (sind) noch keine Deutungsmuster. Erst kollektive Sinngehalte machen Deutungen zu Deutungsmustern" (Schlüter 1999, S. 82). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 12 2. Relative Zeitstabilität Durch diese Eigenschaft werden Deutungsmuster verstanden "als langfristig entstandene, existierende und sich verändernde Denkformen" (Schetsche 1991, S. 55), wobei ihre Existenz über Jahrhunderte oder auch nur für die Dauer einer Generation gültig sein kann. In einer späteren Veröffentlichung ergänzt er jedoch: "Gerade bei der Deutung sozialer Probleme scheint mir demgegenüber eine abnehmende Stabilität der Muster in der Zeit wahrscheinlich" (Schetsche 1996, S. 83). Bedingt sieht er dies dadurch, daß die Vermittlung von Deutungsmustern nicht mehr wie früher "durch die (familiale und schulische) Sozialisation, sondern über Massenkommunikation erfolgt" (ebd., S. 83).5 3. Unmittelbare Handlungsrelevanz Nach Schetsche liefern Deutungsmuster Interpretationen für alltägliche Handlungsprobleme, und deswegen "wird es (Deutungsmuster) nur zu Phänomenen geben, die für die Individuen praxisrelevant sind und zumindest in gewissen Abständen immer wieder auftreten – sie entlasten die Individu(en) von Handlungsdruck" (Schetsche 1991, S. 56). Damit steht Schetsche entgegen der Auffassung von Dewe, daß "die Deutungsmuster als Interpretationen der sozialen Umwelt nicht aus unmittelbaren Handlungsvollzügen entspringen, sondern als tradierte überindividuelle Interpretationen von Handlungszusammenhängen einer sozialen Gruppe, Klasse oder Bevölkerung einer bestimmten Region, die durch die Sozialisationsinstanzen Familie, Schule, Subkultur oder peer group wie aber auch von der Kulturindustrie reformuliert oder sogar als Klischees künstlich erzeugt werden, müssen nicht alle Elemente der Deutungsmuster unmittelbar handlungsrelevant sein (NEUMANN 1979: 4)" (Dewe 1984, S. 312). 4. Mindestkomplexität Deutungsmuster sind dennoch nicht mit Handlungsroutinen gleichzusetzen, denn "von Bedeutung sind Deutungsmuster (...) dort, wo Informationen (...) mit Normen und Emotionen zu verknüpfen sind, oder wo eine Anzahl komplexer Handlungsalternativen zur Verfügung steht" (Schetsche 1991, S. 57). 5. Latenz Angelehnt an Oevermann spricht Schetsche von einer "Art ‚Tiefenstruktur‘ des Bewußtseins" (ebd., S. 57), die durch die Deutungsmuster gebildet wird. D.h., daß zwar 5 Zur Vermittlung von Deutungsmustern durch die Massenmedien, speziell das Fernsehen vgl. Kohli 1977. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 13 die Deutungsmuster latent im Bewußtsein des Individuums vorhanden sind, eine Explikation über sie jedoch nicht nötig bzw. möglich ist. 6. Ausschließlichkeit Die Eigenschaft der Ausschließlichkeit beruht darauf, daß ein Deutungsmuster genau für eine bestimmte Situation Gültigkeit hat und daß Deutungsmuster "nicht (...) vom Individuum beliebig abrufbare Vorstellungen (sind), die je nach Gutdünken alternativ verwendet werden können" (ebd., S. 58). Worüber entschieden werden kann ist die Interpretation, um welches Phänomen es sich handelt, aus dem dann aber mit dem jeweiligen Deutungsmuster reagiert wird. Diese Ausschließlichkeit gilt nach Schetsche allerdings nur für das Individuum und "es ist anzunehmen, daß in größeren Gesellschaften zu den meisten Phänomenen, die in Form von Deutungsmustern kollektiv bearbeitet werden, nicht eines, sondern mehrere, konkurrierende Muster existieren" (ebd., S. 58), wobei in verschiedenen sozialen Gruppen auch verschiedene Deutungsmuster vorherrschen. Bei einem Vergleich zwischen den essentials von Meuser/Sackmann und den Eigenschaftsbeschreibungen Schetsches zeigt sich, daß bei der theoretischen Diskussion sowohl von gleichen Eigenschaften der Deutungsmuster ausgegangen wird (Kollektivität, Latenz) als auch unterschiedliche Begrifflichkeiten für ähnliche Eigenschaften verwendet werden (Schetsche: Relative Zeitstabilität - Meuser/Sackmann: relative Autonomie) und ebenso Eigenschaften beschrieben werden, die jeweils im anderen Konzept nicht vorkommen (Schetsche: Mindestkomplexität, Ausschließlichkeit). Dabei ist zu beachten, daß Meuser/Sackmann mit ihren essentials eben den "größten gemeinsamen Nenner" der Diskussion über den Deutungsmusterbegriff darbringen wollen und Schetsches Deutungsmustereigenschaften seine individuelle Interpretation darstellen. Während Meuser/Sackmann und Schetsche soziologisch argumentieren6, sieht Arnold das Konzept der Deutungsmuster als Schlüsselkategorie einer "Sozialpsychologie der Erwachsenenbildung" (vgl. Arnold 1985a), die sich "mit den prägenden Einflüssen der Gesellschaft und ihrer Gruppen auf die Denk-, Wahrnehmungs-, Gefühls- und Bewußtseinsstrukturen des Individuums" (Arnold 1985a, S. 19) befaßt. Aus diesem Kontext kristallisiert sich die Frage heraus, wie es zur individuellen Wirklichkeitskonstruktion kommt, d.h. wie der Mensch "im Verlaufe seines Lebens zu einem Bewußtsein von dem gelangt, was er für wirklich hält, wie er mit diesem Bewußtsein in seiner sozialen Umgebung umgeht, mit welchen Deutungsmustern er dieses Bewußtsein artikuliert und mit welchen In6 Ähnliche Definitionsmerkmale finden sich auch bei Lüders 1991, S. 118 ff. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 14 terpretationen er sich bemüht, das, was er einmal für wirklich erkannt hat, zu konservieren oder mit sich verändernden Sichtweisen in Einklang zu bringen" (Arnold 1985a, S. 19 f.). Arnold hat hierbei folgende zehn Bedeutungselemente, also Eigenschaften von Deutungsmustern herausgearbeitet, die nun dargestellt werden, da diese Bedeutungselemente die Grundlage für seine Rezeption des Deutungsmusteransatzes bilden. Arnold merkt selbst kritisch an, daß sich trotz seiner Kategorisierung kein konventioneller Gebrauch dieser items erschließen läßt. Der Grund für diese Begriffssammlung liegt einzig in dem Versuch, dem inflationären Gebrauch des Deutungsmusterbegriffes entgegenzuwirken, der mit einer abnehmenden Bedeutungsunschärfe einhergeht und soll verstanden werden als ein Vorschlag zu einer einheitlicheren Begriffsverwendung für das Deutungsmusterkonzept. 1. Perspektivität und Interpretation Bei dem Element der Perspektivität von Deutungsmustern geht es vor allem um das Problem der Konstitution von Bewußtsein, d.h. um die Fragestellung, wie das Verhältnis zwischen individuellem Wissen und sozialer Wirklichkeit der Gesellschaft zu bestimmen ist. Wie schon vorher aufgezeigt unterscheidet Arnold dabei zwischen zwei grundlegend entgegengesetzten Richtungen, die dieses Verhältnis beleuchten: Ansätze mit einem epistemologischen oder einem ontologischen Primat7. 2. Plausibilität und Alltagswissen Plausibilität ist deswegen ein Element des Deutungsmusterbegriffes, da die Deutungsmuster Teil der Alltagspraxis und des Alltagswissens sind. Die Wirklichkeit wird mit ihrer Hilfe in einer plausiblen Weise geordnet, und die Deutungsmuster garantieren somit für das Individuum und seine soziale Umwelt Ordnung und Stabilität. "Das Element der Plausibilität von Deutungsmustern bringt somit den subjektiven Gewißheitscharakter dieser im >common discours< eingespielten Interpretationsregeln (Mollenhauer 1976, S.33)" (Arnold 1985a, S. 32) zum Ausdruck. Die Deutungsmuster bieten eine Art Spiegelfunktion, die es dem Individuum ermöglicht, sich und sein Verhalten anhand dieser Interpretationsregeln zu überprüfen und bei Übereinstimmung Plausibilität, Ordnung und Stabilität zu gewährleisten. Die Wirklichkeit wird nach bekannten Mustern geordnet, wobei das Individuum die Gewißheit über die Wirklichkeit der Umwelt erhält und somit sein Handeln dementsprechend ausrichten kann. Das alltägliche Wissen wird rationalisiert, da "dieses Wissen (Deutungsmuster) die soziale 7 Vgl. hierzu nähere Ausführungen bei der Unterscheidung zwischen epistemologischem und ontologischem Primat in Punkt 1.3. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 15 Realität strukturiert, in der die Teilnehmer in ihrer Lebensperspektive sich befinden, d.h., daß dieses Wissen die Teilnehmer handlungsfähig macht, es deutet soziale Situationen für die Menschen" (Holzapfel, zit. nach Arnold 1985a, S. 33). Der Vorrat an Alltagswissen bietet dem Individuum die Erklärung für auftretende Probleme. Generell wird das Alltagsleben als wirklich hingenommen, auch wenn die Wirklichkeit generell in Frage gestellt werden kann. Es bedarf keiner weiteren Verifizierung, da Zweifel prinzipiell vernachlässigt werden, um die Existenz des Individuums in seiner Routinewelt nicht zu stören, bzw. erst zu ermöglichen. "Die Alltagswelt behauptet sich von selbst, und wenn ich ihre Selbstbehauptung anfechten will, muß ich mir dazu einen Stoß versetzen" (Berger/Luckmann, zit. nach Arnold 1985a, S. 33). "Alltagswelt und Lebenswelt stellen somit das konkrete, materiale Apriori bzw. den 'Hintergrund des Alltäglichen' (Grathoff 1978, 69) dar. In ihnen sind die objektiven Bedingungen der natürlichen und sozialen Wirklichkeit und ihre subjektive Erfahrung sinnhaft miteinander verbunden" (Arnold 1985a, S. 33 f.). Mit diesem Alltagsweltverständnis ist auch der Begriff der Lebenswelt verbunden, wobei "die Lebenswelt als die Konfiguration biographisch konstituierter individueller Teilhaben an den Lebensbereichen (...) somit eine Sphäre der Gewißheit alltäglicher Wirklichkeit" (Arnold 1985a, S. 34) bildet. "Die Lebenswelt kann somit als ein grobes, mehr oder weniger stabiles, auf Konsistenz gerichtetes Aufordnungs- und Orientierungsraster für die Situationen und Handlungsbereiche des Alltags verstanden werden" (Arnold 1985a, S. 34). Durch diese Stabilität in der Lebenswelt ist das Individuum in der Lage, durch die vorhandenen Deutungsmuster auch zukünftige Entwicklungen vorherzusehen und nach diesen zu handeln. Das Alltagswissen in der Lebenswelt spielt also auch im Hinblick auf die Deutungsmuster eine entscheidende Rolle, wobei dieses Wissen noch als vorwissenschaftlich betrachtet wird. Für die Erwachsenenbildung ist also der Unterschied zwischen dem vorwissenschaftlichen Alltagswissen und dem wissenschaftlichen Wissen von Bedeutung (vgl. hierzu Punkt 2.3.2.). 3. Latente und manifeste Bewußtseinsstrukturen Der Begriff der Latenz spielt im Deutungsmusteransatz eine wichtige Rolle, da die Frage nach der Veränderbarkeit und der Möglichkeit der Reflexion von Deutungsmustern entscheidend auch für die Erwachsenenbildung ist. Reflexion kann jedoch nur einsetzen, wenn die zu reflektierenden Inhalte (also die Deutungsmuster) auch ins Bewußtsein gerufen werden können. Latenz meint hier, "daß diese (die Deutungsmuster, J.D.) im alltäglichen Handlungsvollzug nicht ständig expliziert werden müssen bzw. können und demzu- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 16 folge als alltägliches Routinewissen den interagierenden Subjekten nur in eingeschränktem Maße reflexiv verfügbar sind" (Arnold 1985a, S. 39). Nach Arnold stellen die Deutungsmuster somit eine "Tiefenstruktur gesellschaftlichen Bewußtseins"8 dar, die die Erzeugung aktualisierter Deutungen ermöglicht (vgl. auch Dybowski/Thomssen 1977, S. 53). Es handelt sich hierbei nach Krappmann um eine "tiefenstrukturelle Verankerung der Verhaltensprinzipien" (Krappmann, zit. nach Arnold 1985a, S. 40). Arnold vermutet, "daß die lebensgeschichtliche Aneignung und Sedimentierung von Situations-, Beziehungs- und Selbstdefinitionen im Prozeß der Soziogenese zur Ablagerung lebensbereichspezifischer Grundmuster, gewissermaßen einer Tiefenstruktur latenter Deutungsmuster, führt" (Arnold 1985a, S. 39 f.). Für das Verhalten des Individuums hat die Latenz die Funktion "performanzbestimmende(r) Regelsysteme, nach denen Subjekte Äußerungen generieren" (Neuendorff, nach Arnold 1985a, S. 40). Ziel der Deutungsmusteranalyse wäre somit die interpretative Erschließung dieser Grundmuster, die sich hinter den Manifestationen, also den Äußerungen der Individuen, "verstecken", so "daß etwas sichtbar wird, was in irgendeiner Weise hinter den Manifestationen wirksam ist" (Uhle 1980, zit. nach Arnold 1985a, S. 40). Theoretischer Hintergrund dieser kompetenztheoretischen Annahmen des Deutungsmusteransatzes ist die "Theorie der generativen Transformationsgrammatik" nach Noam Chomsky. Dieser geht davon aus, "daß jeder kompetente Sprecher über innere, unreflektierte und universelle Kenntnisse und Fähigkeiten sowie sprachliche Grundmuster (Tiefenstruktur) verfügt, die der aktuellen zugrundeliegen" (Arnold 1985a, S. 40). Sprachverwendung (Oberflächenstruktur) 9 "Aktuell zutage tretende Deutungen repräsentieren demnach typische Grundstrukturen der Argumentation, die mehr oder weniger ausgearbeitet bei den einzelnen Mitgliedern einer sozialen Gruppe (z.B. Berufsgruppe) anzutreffen sind" (Arnold 1985a, S. 40 f.). Dies entspricht auch der "inneren Logik" der Deutungsmuster nach Oevermann, bei der "aus 'nuclei von Deutungsmustern' konkrete Deutungen abgeleitet -'generiert' - werden" (Arnold 1985a, S. 41). Entscheidend nach Oevermann ist es demnach, "über die 'common sense'Abbildung dieser Interpretationsmuster hinauszugelangen und die 'innere Logik', d.h. die konkreten Einstellungen und Erwartungen erzeugenden, die historische Identität von gleichsam epochalen Deutungsmustern auszumachenden Interpretationen zu rekonstruieren" (Oevermann 1973, S. 9). 8 Man beachte hier den tiefenpsychologischen Begriffsgebrauch und die Anlehnung an Oevermann. 9 Es wird an dieser Stelle verzichtet, näher auf die Chomskysche Theorie einzugehen. Vgl. hierzu Punkt 1.5. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 17 Die innere Logik zwischen Deutungen und Deutungsmustern erscheint somit sowohl von verschiedenen Interpretationsebenen als auch von unterschiedlichen Deutungsmusternuclei bestimmt, die durch ihre gegenseitige Beziehung eine Struktur hervorbringen, die Krappmann bildhaft darstellt: "Es gibt Schichten, deren Überlagerung gut erklärt werden kann, weil es sich um Sedimente üblicher Erfahrungen von Menschen dieser sozialen Herkunft handelt; aber es gibt auch Verwerfungen, die auf besondere Ereignisse verweisen, die dieses Individuum betroffen haben und ihm bestimmte Erfahrungen verwehrt oder andere im Übermaß vermittelt haben. Das System von Deutungen und Handlungsregeln (...) bildet eine um einige zentrale Konzepte durchgegliederte Bedeutungsstruktur" (Krappmann, zit. nach Arnold 1985a, S. 41). Die Individuen verfügen somit über einen Fundus von Deutungsmustern, die lebensgeschichtlich erworben und erprobt sind (vgl. Arnold 1985a, S. 41), aber nicht immer voll bewußt sein müssen. 4. Komplexitätsreduktion und Filterung Der Terminus Komplexitätsreduktion ist analog zum Alltagswissen zu sehen, da die Deutungsmuster "zumeist in der Form einfacher, zuweilen stereotyper bzw. redensartmäßiger Erklärungs-, Zuschreibungs- oder Wertmuster zutage treten und nicht in Form differenzierter, Faktorenkomplexität abbildender Theorien" (Arnold 1985a, S. 58). Der Komplexitätsreduzierung von Situationen zu formelhaften, prägnanten Deutungsmustern kann somit die Funktion zugeschrieben werden, daß sie für das Individuum Eindeutigkeit herstellt, Kritik verringert und somit subjektive Plausibilität und Möglichkeit zur Handlungsorientierung gewährleistet. Dadurch erhält der einzelne Sicherheit in seinem Handlungskontext (vgl. Arnold 1985a, S. 46). Er kann sich auf die Beständigkeit seiner Deutungen verlassen, die die Handlungsunsicherheit verringern und somit eben auch die schnelle Orientierung in neuen Situationen ermöglichen. Durch den Wiederholungscharakter der Deutungsmuster kommen diese in der alltäglichen Kommunikation meist nur in verkürzter Form vor. 5. Autobiographische Kontinuität und subjektive Normalisierungsbemühungen Da die Deutungsmuster lebensgeschichtlich erworbene und bewährte Muster der Weltaufordnung und Orientierung sind (vgl. Arnold 1985a, S. 50), sind diese als kontinuierlich zu bestimmen, d.h. sie haben eine gewisse Stabilität und Beharrungstendenz in der Zeitdimension (vgl. Arnold 1985a, S. 50). Generell werden somit Situationen oder Handlungsanforderungen so gedeutet, daß im Vergleich zu den bisherigen Deutungen, die als selbstverständlich gelten, keine Diskontinuitäten auftreten. Die Deutungsmuster werden autobiographisch interpretiert und sind "Ausdruck subjektiver 'Normalisierungsbemühungen' (Kohli 1981, 508) bzw. 'kalkulierter Interaktion' (Schreiber 1977, 78) im Sinne permanenter 'Schönheitskorrekturen' (Loch 1979, 100)" (Arnold Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 18 1985a, S. 50). Berger nennt die ständige Neuinterpretation und -umschreibung einen ständigen Retouchierungsprozeß: "Man retouchiert seine Vergangenheit und läßt, was man für sein gerade bevorzugtes Selbstbild brauchen kann, unangerührt" (Berger, zit. nach Arnold 1985a, S. 50). Demzufolge ist die menschliche Identität "bestimmt durch die biographische Kontinuität ihrer Deutungsmuster" (Arnold 1985a, S. 50) und deren "interpretative(n) Bemühungen, ihre Lebensgeschichten sind Ausdruck dieses auf Stabilität gerichteten Aspektes der Identität" (Arnold 1985a, S. 50). Auch hier kommt zum Ausdruck, daß die Deutungsmuster zur Stabilität und zur Gewißheit der Identität beitragen, indem Ereignisse aus der Vergangenheit und zukünftige Ereignisse verglichen und als "normal" dargestellt werden. Es entsteht eine Orientierungsmöglichkeit innerhalb der sozialen Wirklichkeit, die somit erwartbar wird. Dies erinnert an Schütz, der von zwei Erwartungen ausgeht, die beim Subjekt gebildet werden: 1. Die Idealisierung des "und so weiter": Was sich bisher als gültig erwiesen hat, wird auch weiterhin gültig bleiben. 2. Die Idealisierung des "ich kann immer wieder": Was ich bisher zustande gebracht habe, werde ich auch in Zukunft machen können. Die Deutungsmuster wirken selegierend, akzentuierend und interpretierend und sind somit "das interpretative 'Gelenkstück' zwischen subjektiver Vergangenheit und Zukunft" (Arnold 1985a, S. 51). 6. Persistenz früherer und Modifikationseffekte späterer Erfahrungen Daß die Deutungsmuster also stabilitätsbildend wirken, wurde im vorherigen Punkt ersichtlich. Dennoch kann ihre eigene Stabilität ins Wanken geraten, und sie können die Interpretation der Wirklichkeit dann nicht mehr gewährleisten. Sie können dabei verschiedenartig stabil wirken, "wobei man feststellen kann, daß die Deutungsmuster, die sehr früh im Lebenslauf erworben wurden, eine sehr nachhaltige und nachdrückliche Wirkung für das ganze spätere Leben des Individuums haben. Sie können von den späteren Erfahrungen in nur begrenztem Maße überlagert oder gar modifiziert werden" (Arnold 1985a, S. 60). Ein entscheidender Grund für diese hohe Stabilität schon früh erfahrener Deutungsmuster könnte die große Abhängigkeit des Kindes von seinen Interaktionspartnern in seiner frühen Sozialisation sein, die später so nicht auftaucht, da in der Sozialisation Erwachsener eher "Beziehungen mit affektiver Neutralität auf der Grundlage klar definierter Rollen (...) und weniger extremer Abhängigkeit" (Arnold 1985a, S. 60) eine Rolle spielen. Eine grundlegende Modifikation von Elementen der Persönlichkeit ist somit eher unwahrscheinlich, Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 19 sofern die Bedingungen der Erwachsenensozialisation nicht denen der kindlichen Sozialisation ähneln. 7. Konsistenzregeln der subjektiven Identitätspolitik Bei dem Element der Konsistenz gilt, "daß der innere Zusammenhang der Deutungsmuster, d.h. ihre Struktur, durch Konsistenzregeln geprägt ist, nach denen sich ihre gegenseitige Kompatibilität und Inkompatibilität jeweils bemißt" (Arnold 1985a, S. 63; vgl. auch Oevermann 1973, S. 12). Wie genau diese Konsistenzregeln beschaffen und welcher Art sie sind, kann jedoch nicht exakt angegeben werden. Dennoch bringt Arnold in diesem Zusammenhang einige Beispiele der sozialpsychologischen Forschung, welche hier Hinweise liefert. So z.B. die Theorie von Festinger, nach der Individuen die Intention haben, entstehende kognitive Dissonanzen zu vermeiden, bzw. zu verringern: "Wenn eine solche Dissonanz besteht, wird der Mensch versuchen, sie herabzumildern, indem er entweder sein Handeln oder seine Überzeugung und Grundsätze ändert. Wenn er seine Handlungen nicht ändern kann, wird ein Meinungswandel eintreten" (Festinger, nach Arnold 1985a, S. 63) im Sinn von Neusortierung und Neuinterpretation. D.h. aber auch, daß diese Widersprüche, falls sie nicht zu stark auftreten die aktuelle Lernmotivation erhöhen können (vgl. Zdarzil 1976, S. 97). Dieser Prozeß der Dissonanzvermeidung kann auch bei den Deutungsmustern und ihrer Struktur klar erkannt werden: Treten Unvereinbarkeiten zwischen Handlungsproblemen und bewährten Deutungsmustern auf, so "kann der Handelnde zu Modifikationen seines Deutungsmusters gezwungen sein. Es gibt allerdings zahlreiche Möglichkeiten, sich diesem Zwang zu entziehen, sei es, daß man den Handlungsproblemen aus dem Weg zu gehen versucht, daß man sich Bündnispartner für die eigene Deutung sucht, sei es, daß man bewußt zwischen eigener Überzeugung und faktischem Handeln trennt" (Dybowski/Thomssen 1982, S. 53). Somit bringt nicht jede Dissonanz eine Veränderung der Deutungsmuster mit sich. Inkonsistenzen können bis zu einem gewissen Grad beibehalten werden, was der sozialpsychologische Begriff der "Komparimentalisierung" ausdrückt (vgl. Arnold 1985a, S. 64): Dieser Begriff sagt aus, daß vom Individuum für "verschiedene Handlungskontexte unterschiedliche Selbstverständlichkeiten und Standards gelten, die vom Handelnden routinemäßig auseinandergehalten werden, ohne daß sie in seinem Denken als Widersprüche repräsentiert sind" (Kohli, zit. nach Arnold 1985a S. 64). Diese Techniken, die Arnold iden- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 20 titätspolitisch nennt, "stellen dabei dem einzelnen eine Vielzahl von Verfahren bereit, mit denen offensichtliche Unvereinbarkeiten zwischen Deutungsmustern vorübergehend oder auf Dauer als nicht existent oder nicht bedeutsam erwiesen und 'ertragen' werden können" (Arnold 1985a, S. 64). Modifizierungen von Deutungsmustern sind jedoch generell möglich, um ihre Konsistenz wiederherzustellen. Dies verweist auf den Begriff der "relativen Autonomie" der Deutungsmuster, auf den später noch genauer eingegangen wird. Es geht bei der Frage nach der Konsistenz der Deutungsmuster also nicht allein um ihre Angemessenheit zur Realität, sondern auch um ihre innere Stabilität. Auch hier rückt wieder die zentrale Fragestellung nach dem Verhältnis von individuellen und gesellschaftlich bedingten Deutungsmustern in den Vordergrund. 8. Die prägende Erfahrung der Gesellschaft Bei der gesellschaftlichen Bedingtheit der Deutungsmuster handelt es sich "um die Tatsache, daß Deutungsmuster nicht bloße Bestandteile individuellen Bewußtseins sind, sondern als Produkte der Sozialisation auch 'Antwort' des einzelnen auf einen gesellschaftlichen, durch institutionalisierte Handlungsanforderungen vermittelten 'Deutungszwang' (Allert 1976, 237)" (Arnold 1985a, S. 66) sind. Ein wichtiges Kennzeichen von Deutungsmustern ist somit, "daß ihnen Strukturen zugrundeliegen, die eine größere Gruppe von Menschen gemeinsam hat" (Baacke, zit. nach Arnold 1985a, S. 66). Der Deutungsmusterbegriff beinhaltet also nicht nur die individuellen Gesichtspunkte, wie die subjektiv-sinnhaften Relevanzstrukturen symbolischer Interaktion, sondern auch den Blickwinkel historisch-gesellschaftlicher Aspekte (vgl. Arnold 1985a, S. 66), was in einer "Dialektik zwischen den dem Individuum im Sozialisationsprozeß angetragenen kollektiven Deutungsmustern und den in eine aktive Auseinandersetzung mit diesen eingehenden subjektiven Absichten und Bedürfnissen" (Arnold 1985a, S. 66) zum Ausdruck kommt. Arnold legt sich jedoch bei der Frage, welche der beiden dialektischen Seiten die bestimmende ist, nicht fest. Er zeigt die Reichweite auf, die von einer Position, die eine führende Rolle der Gesellschaft annimmt10, bis zu gemäßigteren Ansichten reichen, die dem Individuum einen Spielraum für eigene Interpretationen zugestehen, in der er eigene Bedürf10 Wie z.B. Dahrendorff 1977, S. 18 : Die "ärgerliche Tatsache der Gesellschaft" (Arnold 1985a, S. 66) Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 21 nisse in der Interaktion und im Rollenhandeln ausleben kann (vgl. Arnold 1985a, S. 66): "Das Individuum sieht sich in einer 'Situation', die es aufgrund vorgefundener symbolischer Indikatoren definiert. Damit formuliert es zugleich die dieser Situationsdefinition entsprechende Rolle, die es gegenüber seinen möglichen Interaktionspartnern einnehmen möchte. Diese Rolle, die sich in Verhaltenserwartungen niederschlägt, ist also nicht von vornherein eindeutig gegeben" (Krappmann, zit. nach Arnold 1985a, S. 66 f.). Nach R.H. Turner müssen die Rollennormen prinzipiell interpretiert werden. Er stellt dem Meadschen "role taking" das "role making", also die Interpretation unklarer Erwartungen, gegenüber. Diese Interpretationen sind jedoch nicht frei vom Einfluß sozialer Prozesse, sondern sind beeinflußt von der Vielzahl der Rollen, die zum Individuum gehören und die es berücksichtigen muß. "Ganz entscheidend beeinflussen die Verhaltenserwartungen der anderen an dieser Interaktion Beteiligten, also deren Situations- und Rollendefinition, die Interpretation des Individuums" (Krappmann, zit. nach Arnold 1985a, S. 66 f.). Rigide Sozialisationsmodelle können jedoch nach Arnold nicht mehr vertreten werden, da sie die individuelle Subjektivität nicht erklären können, so wie Konzepte aus der "Kritischen Psychologie", die die subjektive Komponente auf ihre gesellschaftliche Funktion beschränken. Arnold folgert daraus, daß "die prägende Erfahrung der Gesellschaft (...) demnach gar nicht in so starkem Maße prägend (ist), wie vielfach vermutet wird. Es gibt viel mehr subjektive Privatheit und Innerlichkeit, Eigensinn und Zufälligkeit, die das Denken und Handeln Erwachsener bisweilen auch nachhaltiger prägen als das gesellschaftliche Umfeld mit seinen Erwartungen" (Arnold 1985a, S. 67 f.). 9. Flexibilität, Überprüfung und Wandel von Deutungsmustern Der Faktor der relativen Flexibilität von Deutungsmustern behandelt das Verhältnis zwischen dem Handeln des Individuums, der Situation, in der es sich befindet, und seinen Deutungsmustern. Darin eingeschlossen ist auch deren Veränderung oder Anpassung. Die Deutungsmuster müssen ständig auf Situationsadäquatheit überprüft werden. Inadäquate Deutungsmuster, die nicht zu einem erfolgreichen Handeln führen, müssen gegebenenfalls korrigiert werden. Weiterhin haben die bewährten Deutungsmuster eine gewisse Schutzfunktion, da sie zur Handlungsrechtfertigung beitragen, sowohl intern als auch extern: "Ist es dem Handelnden gelungen, seine Interessen in der Weise durchzusetzen und zu wahren, daß eine Übereinstimmung zwischen Deutungsmuster und Interessenbefriedigung besteht, kann das Deutungsmuster die Funktion übernehmen, die einmal erreichte Position gegenüber Erwartungen anderer Bezugsgruppen zu rechtfertigen" (Dybowski/Thomssen 1982, S. 55). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 22 Dies führt dazu, daß diese Rechtfertigung die soziale Identität des Individuums sichert, "jedoch nur solange, als sie den Regeln des Deutungsmusters genügt. Denn nur so kann der Handelnde für sich selbst überzeugend die Erwartungen anderer Bezugsgruppen abwehren" (ebd., S. 55). Stellt sich der Handlungserfolg nicht ein, können die Deutungsmuster dennoch unverändert bleiben, indem die Situation im Sinne eines Schicksalsschlags oder ähnlichem neu interpretiert wird. In Extremfällen kann es zu einer vollständigen Neuinterpretation der Situation bis zur völligen "Wirklichkeitsverkennung" kommen, wenn diese durch intentionales Handeln nicht mehr beeinflußbar ist, also ein extremer Anpassungsdruck auf den Einzelnen wirkt (vgl. Arnold 1985a, S. 70). Diese Extremfälle sollen hier jedoch außer acht gelassen werden, da sie in der Erwachsenenbildung eher eine Nebenrolle spielen. Statt dessen soll hier von der relativen Flexibilität der Deutungsmuster ausgegangen werden: "Normalerweise vollzieht sich der Prozeß der Situationsdefinition (...) nicht im Sinne einer einseitigen Anpassung der Deutungsmuster an die Situation, sondern als komplizierter Prozeß, in dessen Verlauf Situationen mit vorhandenen Deutungsmustern erschlossen, die partielle Untauglichkeit dieser Deutungsmuster in veränderten Situationen lernend verarbeitet und das Deutungsmustersystem weiterentwickelt" (Arnold 1985a, S. 70) wird. Dieser Prozeß erinnert an Begriffe von Piaget, nämlich "Assimiliation" und "Akkomodation", die auch im Oevermannschen Konzept der sozialen Deutungsmuster zu finden sind. Die relative Flexibilität der Deutungsmuster steht also im Verhältnis zwischen Handlungsorientierung, Kontrolle und Überprüfung der Deutungsmuster und Handlungsrechtfertigung. Nach Arnold stehen diese Deutungsmusterfunktionen in einer zirkulären Interdependenz: (aus: Arnold 1985a, S. 72) Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 23 Ausgangspunkt ist dabei die Annahme, daß das Individuum mit einem Potential von Deutungsmustern ausgestattet ist, durch das eine bekannte oder neue Situation definiert wird. Durch diese Definitionsleistung kann das Individuum sein Handeln ausrichten und einen impliziten Handlungsplan erstellen, der aber auch abhängig von den materiellen Anforderungen der Handlungssituation ist (Î Handlungsorientierung). Das tatsächliche Handeln bietet nun durch Erfolg oder Mißerfolg der Handlungen eine Kontrollmöglichkeit der Deutungsmuster, d.h. es kommt zu einer Bestätigung oder Infragestellung der Deutungsmuster (Î Deutungsmusterkontrolle), wobei funktionierende Deutungsmuster an Rechtfertigungspotential gewinnen und nicht-funktionierende Deutungsmuster an Rechtferti- gungspotential verlieren (Î Handlungsrechtfertigung). 10. Die systematisch-hierarchische Struktur des Bewußtseins Bei dem Element der systematisch-hierarchischen Struktur des Bewußtseins geht es um die Annahme, daß die Deutungsmuster "nicht isoliert und ohne gegenseitige Beziehung im Alltagswissen der einzelnen existieren, sondern vielmehr offensichtlich eine hierarchisch differenzierte Ordnung konstituieren und im Rahmen dieser Ordnung aufeinander bezogen sind" (Arnold 1985a, S. 72). Dieser hierarchische Aufbau der Deutungsmuster führt auch zu der Annahme, daß inhaltliche Unterschiede zwischen einzelnen Deutungsmustern sich um so stärker auswirken, je grundlegender die Ebene ist, auf der sich die Deutungsmuster befinden. Auf der anderen Seite sind die grundlegenden Deutungsmuster wohl auch die stabilsten und am resistentesten. Dennoch sind bislang wenig Aussagen über die innere Struktur und ihre "eigenen Gesetze" (Dewe/Ferchhoff 1984, S. 79) der Deutungsmuster zu machen, da sie bislang noch zu wenig erforscht sind. Vergleiche zu anderen Wissenschaftsgebieten zeigen jedoch, daß auch hier eine hierarchische Ordnung im Bewußtsein festgestellt wird. So z.B. im Bereich der Arbeitspsychologie, in der W. Hacker (1978) das Modell der Regulations- und Handlungsebenen von Arbeitstätigkeit ausgearbeitet hat. Dies geht von der Vorstellung aus, "daß 'im Kopf' des Menschen in 'absteigender' Folge Ziele und Teilziele (mit jeweils zugehörigen Aktionsprogrammen) erzeugt bzw. differenziert werden, bis mit den niedrigsten Teilzielen unmittelbar eingreifende Veränderungen verbunden sind. (...) Das Grundprinzip dieses Modells der 'hierarchisch-sequentiellen Handlungsorganisation' ist, daß sich über der Kette von Einzelbewegungen eine Pyramide von Planungsvorgängen aufbaut, welche nicht unmittelbar beobachtbar und dennoch die psychologisch relevante Seite der Handlung ist" (Duscheleit/Fromann/Volpert, zit. nach Arnold 1985, S. 73). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 24 Nach Arnold scheint dieser Vorgang und die hierarchische Struktur auch bei den Deutungsmustern zuzutreffen11, mit dem Unterschied, daß diese nur z.T. bewußt sind und bewußt gemacht werden können. D.h. aus den grundlegenden Deutungsmustern lassen sich weitere speziellere Deutungsmuster ableiten, die situationsspezifisch sind und sich wiederum einer bestimmten Anzahl von Kernaussagen zuordnen lassen. Eine Zusammenfassung dieser Bedeutungselemente, die die Interpretation des Deutungsmusterkonzepts von Arnold darstellen, kann nun lauten: "Als Deutungsmuster werden (...) die mehr oder weniger zeitstabilen und in gewisser Weise stereotypen Sichtweisen und Interpretationen von Mitgliedern einer sozialen Gruppe bezeichnet, die diese zu ihren alltäglichen Handlungs- und Interaktionsbereichen lebensgeschichtlich entwickelt haben. Im einzelnen bilden diese Deutungsmuster ein Orientierungs- und Rechtfertigungspotential von Alltagswissensbeständen in der Form grundlegender, eher latenter Situations-, Beziehungs- und Selbstdefinitionen, in denen das Individuum seine Identität präsentiert und seine Handlungsfähigkeit aufrechterhält" (Arnold 1983c, S. 894; Arnold 1985a, S. 23). Abschließen soll diesen Punkt ein Zitat nach Dybowski/Thomssen, das ihre Auffassung vom Deutungsmusteransatz gut erklärt, oft in der Erwachsenenbildung zitiert worden ist und somit auch als essential verstanden werden kann: "Unter sozialen Deutungsmustern sollen nicht einzelne, voneinander isolierte Meinungen oder Vorstellungen verstanden werden, sondern Deutungen sozialer Sachverhalte, die zu mehr oder weniger in sich geschlossenen Argumentationsmustern verknüpft sind3. Sie unterscheiden sich jedoch von ad-hoc-Vorstellungen nicht allein dadurch, daß die in ihnen enthaltenen einzelnen Deutungen sozialer Sachverhalte nach allgemeinen Regeln der Konsistenz miteinander verknüpft sind. Sie stellen gleichsam die Tiefenstruktur gesellschaftlichen Bewußtseins dar, aus der heraus Vorstellungen und Handlungen erzeugt werden. Wird der einzelne mit Handlungsproblemen und Handlungsanforderungen konfrontiert, produziert er aufgrund seiner Deutungsmuster bestimmte Vorstellungen oder Handlungen und gibt damit Antwort auf die Handlungsprobleme oder -anforderungen. Die beobachtbaren Vorstellungen und Handlungen stellen daher die Vermittlung zwischen den Deutungsmustern und den objektiven Handlungsbedingungen dar" (Dybowski/Thomssen 1982, S. 52 f.). 11 Hierbei sei angemerkt, daß diese Hierarchie selbst eine Deutung ist, die stark biographie- und situationsabhängig ist. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 25 1.3 Grundlegende Varianten des Deutungsmusteransatzes im Überblick Wie schon vorher erwähnt gibt es nicht nur "den" Deutungsmusteransatz, sondern verschiedene Konzeptionen. Unterschiede lassen sich dabei z.B. daran erkennen, ob der jeweilige Ansatz eher auf ein epistemologisches oder ontologisches Primat (vgl. Arnold 1985a) setzt. Aus diesem Grund werden exemplarisch drei Sichtweisen aufgezeigt, um die unterschiedlichen Deutungsmustervarianten mit ihren jeweiligen Schwerpunkten und Perspektiven aufzuzeigen: 1. Arnold: Drei metatheoretische Richtungen 2. Lüders/Meuser: Strukturtheoretische und wissenssoziologische Perspektive 3. Meuser/Sackmann: Deutungsmuster als Konzept der empirischen Wissenssoziologie Zu 1.: Arnolds metatheoretische Unterscheidung verschiedener Deutungsmusteransätze Arnold bringt in seinem Buch "Deutungsmuster und pädagogisches Handeln in der Erwachsenenbildung" nach einer Analyse der Grundbegriffe des Deutungsmusteransatzes einige Erklärungen zu dessen theoretischen Bezügen. Dabei stellt er heraus, daß sich drei metatheoretische Richtungen des Deutungsmusteransatzes ausmachen lassen, und daß diese grundlegenden Unterschiede eine Betrachtung des Deutungsmusterkonzepts als einheitlichen Ansatz weitgehend ausschließen (vgl. Arnold 1985a, S. 74). Der Grund liegt darin, daß unterschiedliche Akzentuierungen bei den Grundelementen des Deutungsmusterkonzepts gesetzt werden und sich somit auch unterschiedliche Deutungsmusteransätze ergeben. Diese metatheoretischen Positionen sind im folgenden: a) Phänomenologisch-existentialistische Konzeptionen einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik (Verstehende Soziologie: Wissenssoziologie, Symbolischer Interaktionismus) b) Marxistisch inspirierte Überlegungen zum Arbeiterbewußtsein und zur Arbeiterbildung c) Die strukturtheoretische Konzeption einer objektiven Hermeneutik genuin soziologischer Art (Oevermann u.a.) (vgl. Arnold 1985a, S. 74) Diese drei unterschiedlichen Richtungen beziehen sich auf die für die Deutungsmusteranalyse grundlegende Fragestellung nach dem Konstitutionsproblem, d.h. auf die Frage nach dem Verhältnis von subjektivem Bewußtsein und Gesellschaft, denn "das Konstituti- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 26 onsproblem bezieht sich auf die dialektische Beziehung zwischen Wirklichkeit (Gesellschaft) einerseits und Wissen (Deutungsmuster) andererseits" (Arnold 1985a, S. 75)12. Es geht somit um die Frage, ob nun das individuelle Bewußtsein von der erfahrbaren Wirklichkeit geprägt wird, oder ob es die im Individuum vorhandenen Deutungsmuster sind, die dem Individuum die äußere Wirklichkeit symbolisch vermitteln und diese dadurch individuell verstehbar wird (vgl. Arnold 1985a, S. 75). Diese Frage wird in den drei Konzeptionen auch unterschiedlich beantwortet. Arnold verweist an dieser Stelle auf Ricoeur und dessen "Paradoxie einer zirkulären, wechselseitigen Vorordnung der ontologischen und der epistemologischen Funktion (...) im Verhältnis von Wirklichkeit und Wissen" (Arnold 1985a, S. 75) und stellt die These auf, daß sich die Varianten des Deutungsmusteransatzes dadurch unterscheiden, ob sie den Schwerpunkt in ihrem Konzept auf einen ontologischen oder einen epistemologischen Primat setzen. Zu a: Wissenssoziologie/Symbolischer Interaktionismus Bei den Deutungsmusteransätzen, die in der Tradition der verstehenden Soziologie nach Max Weber und im Kontext der Wissenssoziologie und des symbolischen Interaktionismus stehen, macht Arnold generell ein epistemologisches Primat aus: "Deutungsmuster stellen sich demnach als nach relativ autonomen Prinzipien im Subjekt konstruierte Alltagswissensbestände dar, die in sich konsistent sind und Handlungsfähigkeit sichern" (Arnold 1985a, S. 76). Obwohl er beide soziologischen Richtungen stark miteinander verknüpft sieht, differenziert er dennoch: Wissenssoziologie: Hinsichtlich wissenssoziologischer Ansätze kritisiert Arnold, daß diese "bisweilen eine blickverengende Eingrenzung auf die Analyse der empirisch feststellbaren Wissensstrukturen begründe(n) und de(n) Aspekt der gesellschaftlichen Vermitteltheit (...) von Deutungsmustern nahezu völlig ausblende(n)" (ebd., S. 76 f.). Dabei entsteht nach Arnold die Gefahr einer bewußtseinstheoretischen Reduktion der Deutungsmuster, bei der die gesellschaftliche Komponente nicht genügend berücksichtigt wird. Symbolischer Interaktionismus: Beim Symbolischen Interaktionismus unterscheidet Arnold existentialistische von strukturalistischen Varianten. Während er bei den existentialistischen Versionen ebenso wie bei den wissenssoziologischen Deutungsmusteransätzen eine "solipsistische Verengung" (ebd., S. 77) kritisiert, die auf einer Fehlinterpretation der Meadschen Theorie beruht, 12 vgl. hierzu das erste Bedeutungselement nach Arnold: Perspektivität Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 27 sieht er bei der strukturalistischen Variante eine größere Offenheit "gegenüber den interaktions- und sozialisationstheoretischen Bezügen" (ebd., S. 77) und somit ein ontologisches Primat. Zu b: Marxistisch inspirierte Überlegungen zum Arbeiterbewußtsein und zur Arbeiterbildung Grundsätzlich geht es bei dieser Unterscheidung um die Auseinandersetzung des Negtschen Erfahrungsansatzes mit dem Deutungsmusterkonzept nach Thomssen. Arnold stellt bei dieser Unterscheidung dar, daß der Erfahrungsansatz "durch exemplarisches Anknüpfen an den konkreten betrieblichen Erfahrungen der Arbeiter über eine theoriegeleitete Analyse der jeweiligen politisch-ökonomischen Totalitätsbezüge zur Überwindung der vielfältigen Formen ideologischer Verfälschung des Bewußtseins und zu konkretem Handlungswissen gelangen wollte" (ebd., S. 78). Da sich der Erfahrungsansatz jedoch nicht in der Praxis durchsetzen konnte, kam der Thomssensche Deutungsmuster-ansatz in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit in die Diskussion, der "in stärkerem Maße den Annahmen des Symbolischen Interaktionismus Rechnung trug, was u.a. in der bereits skizzierten Theorie von der relativen Autonomie der Deutungsmuster (Thomssen 1980, 359; Neuendorff/Sabel 1978), in der These von der Konsistenz des Alltagsbewußtseins und dem Verweis auf die Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit (Neuendorff 1979, 1) seinen Ausdruck fand" (ebd., S. 79). Bei diesen Überlegungen zum Arbeiterbewußtsein merkt Arnold an, daß ihnen "der Vorwurf einer reduktionistisch-verdinglichenden Verkürzung von Bewußtsein zum Derivat objektiver Verhältnisse nicht erspart werden" (ebd., S. 80) kann. Zu c: Die strukturtheoretische Konzeption einer objektiven Hermeneutik genuin soziologischer Art (Oevermann u.a.) Arnold sieht die strukturtheoretische Konzeption nach Oevermann als eine "weiterführende und zwischen den skizzierten Extremversionen des Deutungsmusteransatzes (...) vermittelnde Variante" (ebd., S. 80) an. Diese Konzeption kann nach Arnold als ein zwischen epistemologischem und ontologischem Primat vermittelnder Deutungsmusteransatz gesehen werden. Bei dieser strukturtheoretischen Deutungsmusterversion sollen die bei den beiden anderen Extrempositionen kritisierten Mängel ausgeglichen und drei hierbei auftretende unvollständig gelöste Fragen beantwortet werden: Die Antworten des Oevermannschen Ansatzes auf die bislang ungelösten Fragen können folgendermaßen skizziert werden: " 1. Er trägt der gesellschaftlichen Vermitteltheit von Deutungsmustern Rechnung, indem er '(...) die 'Intervention' intersubjektiv gültiger Regeln der Deutung von Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 28 Sachverhalten im Prozeß der Einstellungsgenese' (Oevermann 1973, 10) berücksichtigt und dabei 2. gleichwohl keiner deterministischen Sichtweise dieser Prozesse der sozialen Konstitution von Bewußtsein erliegt; 3. basiert dieser Deutungsmusteransatz auf einer sozialisationstheoretischen Konzeption der Genese von Bewußtseinsstrukturen" (ebd., S. 80). Oevermann stellt also die gesellschaftliche Vermitteltheit der Deutungsmuster in den Vordergrund (Begriff der sozialen Deutungsmuster), erklärt diese innerhalb eines sozialisationstheoretischen Konzepts, ohne jedoch die individuelle Konstitution von Sinnzusammenhängen zu vernachlässigen, indem die Grundkategorie des Sinns auf die Analyse des subjektiven Gehalts von Umweltinterpretationen theoretisch präzisiert wird. Der strukturtheoretische Ansatz der sozialen Deutungsmuster behandelt dabei sowohl die Aneignung sozialer Deutungsmuster in der Ontogenese als auch die Erschließung sozialer Deutungsmuster. Dabei unterscheidet Oevermann zwischen zwei Realitätsebenen: "1. Die Realität der subjektiven Repräsentanzen, auf der kommunizierbare Deutungen bzw. Äußerungen etc. zutage treten, und 2. die objektive - latente - Bedeutungsstruktur, die die Deutungsmuster umfaßt, die sich über die individuell repräsentierten Äußerungen durchsetzen (vgl. Oevermann u.a. 1980, 19)" (Arnold 1985a, S. 83). Die methodologische Grundlage bietet dabei die objektive Hermeneutik, bei der es um die Rekonstruktion dieser latenten Bedeutungsstrukturen durch die Interpretation von Texten geht (vgl. u.a. Wernet 2000, S. 11, S. 18). Da sich diese mentalen Strukturen nicht ausreichend durch die (oberflächliche) Beobachtung von dargestellten Deutungen und sozialem Handeln rekonstruieren lassen, wird die objektive Hermeneutik als Methode zur verstehenden "Rekonstruktion und Explikation dieser latenten Sinnstrukturen, die sich gewissermaßen hinter dem Rücken der interagierenden Subjekte als Bewußtseinsstrukturen (Deutungsmuster) realisieren" (Arnold 1985a, S. 83), eingesetzt. Arnold kritisiert jedoch, daß das Subjekt hierbei "auf ein 'dynamisches Medium der Aktualisierung objektiver sozialer Sinnstrukturen' (Oevermann u.a. 1976, 284) reduziert" (Arnold 1985a, S. 83) wird. Anzumerken ist bei der Arnoldschen Unterscheidung, daß er zwar Bezug auf Oevermann nimmt, der wie vorher dargestellt, als erster den Begriff der sozialen Deutungsmuster geprägt hat, seine zwei Konzepte (Konzept der sozialen Deutungsmuster/Konzept der objektiven Hermeneutik) jedoch nicht genügend differenziert. Dies ist vor allem deswegen von Bedeutung, da Oevermann im Anschluß an sein Konzeptpapier zur Theorie der sozialen Deutungsmuster das Konzept der objektiven Hermeneutik entwickelt hat und sich dabei von seiner ursprünglichen Konzeption weitgehend verabschiedete. Arnold stellt nun zu Beginn seiner Unterscheidung die theoretischen Implikationen des Konzepts der sozialen Deutungsmuster dar und knüpft nahtlos mit der methodologischen Perspektive der objektiven Hermeneutik an. Eine Differenzierung zwischen beiden Konzepten erfolgt bei ihm nicht. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 29 Als kurze Zusammenfassung der bisherigen Ansätze, die sich nach Arnold entweder einem epistemologischen oder einem ontologischen Primat verschrieben haben, sollen hier die von Arnold aufgezeigten Extrempositionen in einem Schaubild gegenübergestellt werden: Zu 2.: Lüders/Meuser: Strukturtheoretische und wissenssoziologische Perspektive Während Arnold eine dreiteilige metatheoretische Unterscheidung macht, beginnen Lüders/Meuser in ihrem Aufsatz von 1997 mit einem allgemeinen Deutungsmusterbegriff: "In seiner allgemeinsten Bedeutung meint er die Organisation der Wahrnehmung von sozialer und natürlicher Umwelt in der Lebenswelt des Alltags. So verstanden, umfaßt der Begriff des Deutungsmusters sowohl Typisierungen im Sinn von Schütz als auch die Goffmanschen primären Rahmen (vgl. Goffman 1977; Lüders 1994)" (Lüders/Meuser 1997, S. 58). Von diesem allgemeinen Deutungsmusterbegriff unterscheiden sie einen spezifischen Deutungsmusteransatz, der bei ihnen klar mit dem Oevermannschen Aufsatz von 1973 verknüpft ist, und zeigen anhand der Definitionsmerkmale von Meuser/Sackmann, daß "der Deutungsmusteransatz innerhalb der Diskussion über das Verhältnis von Handlung und Struktur zu verorten ist" (ebd., S. 59). Es geht also um die "Suche nach einem vermittelnden Glied zwischen objektiven gesellschaftlichen Handlungs- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 30 problemen und deren subjektiver Bewältigung" (ebd., S. 59), wobei hierbei das Verhältnis zwischen Emergenz und Determination ersichtlich wird: "Die Kategorie des Deutungsmusters soll sowohl einen Determinismus der Erklärung sozialen Handelns aus sozialstrukturellen Zwängen als auch einen radikalen Situationalismus vermeiden" (ebd., S. 59). Lüders/Meuser sehen dabei den Deutungsmusteransatz als eine Forschungsperspektive an, die für eine "nicht-individualistische Soziologie" (ebd., S. 59) eine theoretische und empirische Grundlage bietet und einen funktionalistischen Determinismus vermeiden will (vgl. ebd., S. 59 f.). Dabei unterscheiden sie zwei grundlegende Deutungsmustervarianten: a) Deutungsmusteransätze mit einer strukturtheoretischen Perspektive b) Deutungsmusteransätze mit einer wissenssoziologischen Perspektive Zu a): Deutungsmusteransätze mit einer strukturtheoretischen Perspektive Gemeinsam ist diesen Ansätzen nach Lüders/Meuser, daß Deutungsmuster in Bezug auf generative Regelstrukturen betrachtet werden und, "daß sie Deutungsmuster als eine sozialem Handeln zugrundeliegende, genauer: soziales Handeln erzeugende Regelstruktur begreifen, mit deren Hilfe Akteure ihren Alltag deuten, ordnen, organisieren bzw. ihre Deutungs- und Handlungsprobleme lösen" (ebd., S. 60). Mit eingeschlossen in diese Vorstellung ist auch die Unterscheidung zwischen Basis- und Oberflächenregeln13. Während die Oberflächenregeln eher regulativ und empirisch beobachtbar sind (Überzeugungen, Beschreibungen, Handlungen), werden die Basisregeln "als eine Realität eigener Art" (Lüders/Meuser 1997, S. 60) begriffen und als eher konstitutiv verstanden. Deutungsmuster wären dabei nach Meuser/Sackmann " ‘irgendwo‘ dazwischen aufzuspüren" (Meuser/Sackmann 1991, S. 18). Weiterhin unterscheiden Lüders/Meuser bei den strukturtheoretischen Deutungsmusteransätzen noch zwischen einer strikt naturalen und einer interaktionistischen Version (vgl. Lüders/Meuser 1997, S. 61). Bei ersterer Version wird davon ausgegangen, "daß hier soziale Wirklichkeit bzw. menschliches Handeln als im strikten Sinne regelgeleitet durch ein eigenlogisches System von Strukturen gedacht wird" (ebd., S. 62), wobei "der subjektive Sinn (...) als eine Objektivation bedeutungsgenerierender Regeln zu verstehen" (ebd., S. 62) ist. Oevermann spricht hierbei "von der 'Reproduktionsgewalt von gesamtgesellschaftlichen Strukturierungsgesetzlichkeiten‘ " (ebd., S. 62), wobei die Gefahr besteht, daß die Individuen bei dieser Vorstellung "als handlungsohnmächtige Marionetten" (ebd., S. 62) verstanden werden, die allein von den gesellschaftlichen Strukturen geprägt sind. 13 Eine Unterscheidung, die z.B. auch von Chomsky und Cicourel getroffen wurde (vgl. u.a. Meuser/Sackmann 1991, S. 18 u.28 f.) Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 31 Die interaktionistische Variante versucht dies zu vermeiden, indem sie "die generierende und gestaltende Rolle handlungsfähiger Subjekte betont" (ebd., S. 62) und "Deutungsmuster (...) als historisch, in Interaktionen ausgebildete Interpretationsmuster der Weltdeutung und Problemlösung begriffen" (ebd., S. 62) werden. Dies bedeutet, daß das Individuum zwar in bereits existierende Strukturen, d.h. "in ein bereits vorhandenes, historisch ausgebildetes sprachlich repräsentiertes System von Regelstrukturen, Wissenbeständen und gesellschaftlicher Praxis hineingeboren und –sozialisiert wird" (ebd., S. 63), diese jedoch weder übermächtig auf das subjektive Handeln einwirken noch unabhängig von den Handlungen der Subjekte existieren und ein Eigenleben führen (vgl. ebd., S. 63). Im Gegensatz zu der rein strukturalen Deutungsmustervariante kommt eine " ‘Dualität von Struktur‘ " (ebd. , S. 63) zum Vorschein, wobei die handelnden Subjekte "weniger Träger von Deutungsmustern (sind), sondern deren Erzeuger, Gestalter und Verwender" (ebd., S. 63). Hierbei sei noch angemerkt, daß Oevermann zwischen diesen beiden Versionen (strikt natural und interaktionistisch) steht, bzw. "mal die eine, mal die andere Variante bevorzugt(e)" (ebd., S. 61). Zu b): Deutungsmusteransätze mit einer wissenssoziologischen Perspektive Die wissenssoziologische Perspektive sieht Deutungsmuster auf "einer Ebene des Wissens (...), die jenseits oder unterhalb dessen liegt, was den Akteuren als Handlungspläne, Einstellungen, Meinungen intentional verfügbar ist" (ebd., S. 64). Dabei sind die Begriffe des impliziten Wissens, des praktischen Bewußtseins und des latenten Sinngehalts mit eingeschlossen und "verweisen darauf, daß die soziologische Analyse nicht bei der Oberfläche des Abfragbaren stehenbleiben darf, sondern zu einer Sinnschicht vordringen muß, die, obwohl den Handelnden nicht in vollem Umfang reflexiv verfügbar, an ihren Handlungen ablesbar ist" (ebd., S. 64 f.). Dies beinhaltet auch die Vorstellung Oevermanns, daß anhand der Deutungsmusterderivate die Struktur der sozialen Deutungsmuster analysiert werden kann. Lüders/Meuser unterteilen die wissenssoziologische Perspektive weiterhin in zwei grundlegende Perspektiven: 1. Die Wissenssoziologie in der Tradition Mannheims, der mit dem Begriff der " 'Seinsverbundenheit des Wissens' " (ebd., S. 65) auf die historische und soziale Abhängigkeit des Wissens verweist, wobei "das Denken (...) seinsverbunden, nicht aber seinsgebunden" (ebd., S. 65) ist. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 32 2. Die Wissenssoziologie nach Schütz und Berger/Luckmann, die die Funktion von Wissen als gesellschaftlich konstruiert sehen und als Aufgabe der Wissenssoziologie die Analyse dieser Konstruktion, d.h. warum ein bestimmter Wissensvorrat gesellschaftliche Zustimmung gefunden hat, ansehen. Entscheidend bei den wissenssoziologischen Deutungsmusteransätzen ist, daß sie "virtuell beide Perspektiven" (ebd., S. 65) beinhalten und sie "vermögen – idealiter – sowohl den Problemhintergrund, auf dem die Entstehung des Deutungsmusters plausibel wird, als auch dessen interne Logik zu rekonstruieren" (ebd., S. 66). zu 3. Meuser/Sackmann: Deutungsmuster als Konzept der empirischen Wissenssoziologie Meuser/Sackmann hingegen betrachten in ihrem Artikel zur Einführung in den Deutungsmusteransatz ausschließlich die wissenssoziologische Perspektive, die sie analytisch in vier historische Diskurse unterteilen: 1. Ausdifferenzierung der Wissenschaft aus der Religion Thema: Bei diesem Diskurs geht es vor allem um die Ausdifferenzierung des Wissenschaftsbegriffs durch eine Abgrenzung von der Religion, die im Mittelalter noch ein Deutungs- und Wissensmonopol für sich in Anspruch nahm. Vertreter: Bacon, Hume. 2. Nachrevolutionärer Diskurs: Relativierung des Naturbegriffes durch den Begriff der Geschichte Thema: Geschichte wird zum Fixpunkt des zweiten wissenssoziologischen Diskurses und ersetzt den frühbürgerlichen konstanten Naturbegriff. Die Studien Durkheims und Webers können als die ersten großangelegten empirischen wissenssoziologischen Projekte anerkannt werden. Vertreter: Comte, Feuerbach, (der junge) Marx, Weber und Durkheim als Bindeglied zwischen erstem und zweitem wissenssoziologischen Diskurs. 3. Reaktion auf den offenen Umbruch und die Zersplitterung der Gesellschaft Thema: Die Wissenssoziologie versucht nun, die Strukturen dieses Umbruchs zu erkennen, wobei diese dabei einerseits in der Klassengebundenheit des Wissens, andererseits in der Zeitstruktur ausgemacht werden. Vertreter: Halbwachs, Mannheim. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 33 4. Konstruktion von Realität durch Wissen Thema: Hierbei geht es nun um das Verhältnis von der geteilten Welt des Alltags zu den Objektivationen der Gesellschaft. Vertreter: Berger, Luckmann. (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 9-14) Meuser/Sackmann sehen den Deutungsmusteransatz ganz klar mit Oevermanns Konzept der sozialen Deutungsmuster verbunden und die Darstellung der vier Wissenssoziologiediskurse dient ihnen vor allem dafür, aufzuzeigen, daß Oevermann für sein Konzept auf die vorhergehenden wissenssoziologischen Traditionen und die damit implizierten speziellen Fragestellungen aufbauen kann: • Die Frage nach Täuschung und Realität (Idolen- und Ideologienlehren der frühbürgerlichen Denker). • Fragen nach dem geschichtlichen und gesellschaftlichen Produktcharakter von Wissensformen und den damit verbundenen uneingelösten Versprechen (Feuerbach, Marx). • Konzepte über Klassen- und Zeitgebundenheit von Wissen (Halbwachs, Mannheim). • Die Frage nach der Konstruktion und Veränderung von gesellschaftlicher Realität und Wissen (Berger, Luckmann) (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 14). Wichtig ist jedoch, daß es hier um ein Alltagswissen geht, welches vom wissenschaftlichen bzw. Expertenwissen analytisch unterschieden wird (vgl. Schetsche 2000, S. 122). 1.4 Das Konzept der sozialen Deutungsmuster nach Oevermann 1.4.1 Grundvoraussetzungen des Konzepts der sozialen Deutungsmuster Die Grundlagen des Konzepts der sozialen Deutungsmuster Grundlegend für das Deutungsmusterkonzept ist, daß die "Frage nach der Konstitution von Sinnzusammenhängen wieder in den Vordergrund gerückt und die Kategorie des Sinns zu einer Grundkategorie der Soziologie erhoben" werden soll (Oevermann 1973, S. 2). Dabei äußert Oevermann die Annahme, daß am Anfang und im Zentrum jeder Theorie des menschlichen Handelns die Analyse der Subjektivität von Umweltinterpretationen und daraus folgernd die Rekonstruktion mentaler Strukturen, also Deutungsmuster steht (vgl. ebd., S. 2). Diese Analyse geht einher mit dem Rekonstruktionsproblem von Sinnzusammenhängen und Interpretationsmustern, die nun als objektive Strukturen dem konkreten Handlungssubjekt gegenübertreten (vgl. ebd., S. 2). Somit sieht Oevermann Begriffe Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 34 wie soziale Normen und Erwartungssysteme, Wertorientierungen, kulturelle Traditionen und soziale Deutungsmuster als grundlegend (sogar für die behavioristische Soziologie) an. Solche Kategorien werden "in der Regel auf der Ebene ihrer individuell-konkreten Repräsentanz als Einstellungen oder Erwartungen mit Hilfe von Befragungsmethoden erfaßt, aber kaum als soziale Tatsachen sui generis analysiert" (ebd., S. 2). Diese theoretischen Konzepte sieht Oevermann als formale Sammelkategorien für die "common sense"Interpretationen des Forschers an, die damit auch meist nur triviale Aussagen zulassen: "(...), daß Handlungssubjekte einer bestimmten sozialen Kategorie das Verhalten y zeigen (...), weil sie die Erwartungen oder Wertorientierung x haben, wobei der Forscher diese Wertorientierung, gegründet auf sein eigenes historisch und kulturell gebundenes vorgängiges Wesen, aus den Antworten auf ausgewählte Fragen induziert, ohne daß zuvor die Konstruktion dieser Fragen aus einer Sinnanalyse der Struktur von Wertorientierungen abgeleitet worden wäre" (ebd., S. 2f.). Bei dieser gängigen Forschungspraxis sieht Oevermann vor allem zwei Fragen vernachlässigt: 1. “Welches sind die Regelhaftigkeiten der 'inneren Logik' von Erwartungssystemen eines bestimmten Typus? Welche Kriterien der konsistenten Interpretation und Deutung unterliegen solchen Erwartungssystemen, wobei davon auszugehen wäre, daß diese Kriterien der Konsistenz den Befragten selbst zumindestens in der Form präsent sind, daß sie ihnen praktisch folgen, auch wenn sie sie nicht abstrakt explizieren können. 2. Auf welche strukturbedingten Handlungsprobleme antworten diese Erwartungen und Wertorientierungen?" (ebd., S. 3) Hier lassen sich schon die grundlegenden Fragestellungen des Deutungsmusteransatzes erkennen, mit dem sich Oevermann von der "traditionellen" Forschungspraxis abheben will: Zum einem unterstellt er dieser inneren Logik schon eine Regelhaftigkeit, deren Kriterien untersucht werden sollen. Weiterhin nimmt er an, daß diese Konsistenzkriterien nicht unbedingt expliziert werden müssen, aber dennoch handlungspraktisch wirken. Zum anderen geht es um die Annahme von strukturbedingten Handlungsproblemen, auf die die sozialen Deutungsmuster eine Antwort geben. Zwei Grundannahmen des Konzepts der sozialen Deutungsmuster Aus diesen im vorherigen Punkt aufgeworfenen Fragen leitet Oevermann zwei Grundannahmen hinsichtlich seines Deutungsmusterkonzeptes ab: Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 35 1. "Unter Deutungsmustern sollen nicht isolierte Meinungen oder Einstellungen zu einem partikularen Handlungsobjekt, sondern in sich nach allgemeinen Konsistenzregeln strukturierte Argumentationszusammenhänge verstanden werden" (ebd., S. 3). Diese erste Annahme ist grundlegend für das Konzept und kann als eine vorläufige Definition für den Begriff der Deutungsmuster angesehen werden und ist auch in der Literatur durchgehend zu finden (vgl. u.a. Arnold 1985; Meuser/Sackmann 1991). Mit dieser Definition verbindet Oevermann auch die Annahme, daß die sozialen Deutungsmuster ihre eigene Logik haben, also eigene Kriterien der "Vernünftigkeit" und "Gültigkeit" beinhalten, mit einem einhergehenden Begriff der "Abweichung". Das macht sie mit wissenschaftlichen Hypothesensystemen vergleichbar (vgl. Oevermann 1973, S. 3). 2. "Soziale Deutungsmuster sind funktional immer auf eine Systematik von objektiven Handlungsproblemen bezogen, die deutungsbedürftig sind" (ebd., S. 3). Oevermann sieht diese beiden Grundannahmen als "zirkulär miteinander verknüpft" (ebd., S. 3 f.) an: "Natürlich treten objektive Handlungsprobleme immer schon als kulturell interpretierte, also als in Begriffen von Deutungsmustern interpretierte Probleme, in das Handlungsfeld des Subjekts. Insofern stehen Deutungsmuster immer am Anfang einer soziologischen Kausalanalyse. Andererseits lassen sich Deutungsmuster ohne die Rückbeziehung auf objektive Probleme sozialen Handelns, auf die sie antworten, nicht erklären; insofern stehen die objektiven Handlungsprobleme immer am Anfang" (ebd., S. 4). Diese Zirkularität will Oevermann in dem "Spiralmodell der historisch-genetischen Analyse auflösen, in dem willkürlich zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt objektive Handlungsprobleme als Anfangsbedingungen für die soziale Konstruktion von Deutungsmustern angegeben werden, und dann der Prozeß der Verselbständigung dieser Deutungsmuster analysiert wird" (ebd., S. 4). Dadurch, so Oevermann, lassen sich erst die Einflüsse der Deutungsmuster auf die Veränderungen der objektiven Handlungsprobleme untersuchen. Durch die Veränderung der sozialen Deutungsmuster entstehen wiederum neue Handlungsprobleme (vgl. ebd., S. 4). Wobei nach Meuser/Sackmann gerade Umbruchoder Krisensituationen günstige Ansatzpunkte für eine Deutungsmusteranalyse darstellen, "denn mit der Herausbildung des Neuen geht eine von dessen 'Protagonisten' geführte Auseinandersetzung mit dem Alten einher, aus dem heraus das Neue sich entwickeln muß" (Meuser/Sackmann 1991, S. 20f.). Oevermann bringt noch eine weitere Begriffsdefinition zu den sozialen Deutungsmustern. Er definiert diese als ein " 'ensemble' von sozial kommunizierbaren Interpretationen der Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 36 physikalischen und sozialen Umwelt" (Oevermann 1973, S. 4), die "die das instrumentelle und kommunikative Handeln steuernden Regeln" (ebd., S. 4) umfassen. Weiterhin sieht er, daß soziale Normen und Wertorientierungen als Elemente von sozialen Deutungsmustern anzusehen sind, da diese "auch eine im Prinzip als begründet oder vernünftig geltende Deutung von physikalischen und sozialen Tatsachen implizieren und gerade ihre Geltungsgründe aus dieser Deutung beziehen" (ebd., S. 4). In dem Konzept der sozialen Deutungsmuster werden allerdings nur die in ihnen enthaltenen Deutungen betont. Der Begriff des "regelgeleiteten Handelns"/Der Regelbegriff Oevermanns Das Deutungsmusterkonzept steht in enger Verbindung zu dem Begriff des regelgeleiteten Handelns, da "soziale Deutungsmuster (...) Systeme von Regeln (sind) (...), die für jede Situation eine Handlungsanweisung parat haben" (Reichertz 1986, S. 130). Grundlegend für Oevermann und seine Kritik an der behavioristisch orientierten Forschung ist, daß "eine 'Kausalerklärung' intentionalen Handelns (...) sich nicht (...) auf die kausale Verknüpfung objektiv beobachtbarer Tatsachen reduzieren" (Oevermann 1973, S. 4f.) kann, sondern sie muß ihren Beobachtungshorizont öffnen, indem "immer das vermittelnde Element der Handlungsregel oder der Begründung, der das Handlungssubjekt praktisch folgt" (ebd., S. 5) ebenfalls beachtet und in die Untersuchung eingeschlossen werden muß. Es ist also nicht ausreichend, wenn die Forschung nur die empirisch beobachtbaren Tatsachen erfaßt, sondern sie muß auch die Handlungsregeln erfassen, nach denen die Subjekte handeln (vgl. ebd., S. 5): "Nicht die physikalischen Gesetzmäßigkeiten, sondern die im Bewußtsein des Handlungssubjekts vollzogene Transformation des Wissens um die Zusammenhänge in Regeln instrumentellen Handelns liefert die handlungstheoretische Erklärung" (ebd., S. 5). Es geht also nicht darum was ein Handlungssubjekt macht, sondern warum es was macht. Diese Annahme über ein regelgeleitetes Handeln überträgt Oevermann auch auf das kommunikative Handeln, wobei hier allerdings die Gültigkeit "nicht instrumentell am technischen Handlungserfolg, sondern an der Legitimität interpersonaler Beziehungen" (ebd. 1973, S. 5) gemessen wird. Es genügt also nicht, daß die Handlungssubjekte ihr Handeln vor sich selbst verantworten. Dann würde das Handlungssubjekt nach Schmitz von seinen Interaktionspartnern als pathologisch eingestuft werden, denn "diese Umwelt erwartet vom kompetenten Handlungssubjekt nämlich in erster Linie, daß es in der Lage ist, seine Entscheidungen auf der Grundlage von Regeln zu begründen, die auch die anderen in der jeweiligen Situation teilen. Subjektive Entscheidungen sind deshalb des weiteren zu be- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 37 gründen auf der Grundlage eines von anderen für gültig erachteten Wissens über die gemeinsam erlebte objektive Wirklichkeit" (Schmitz 1992, S. 58). Oevermann geht es also um das soziale Handeln der Subjekte, und er macht dabei folgende Einschränkungen: 1. "Natürlich ist soziales Handeln nicht nur regelgeleitet. Unbewußte Motivierungen, eingeschliffene routinisierte Gewohnheiten gehören ebenso zu den Determinanten des Handelns" (Oevermann 1973, S. 5). 2. Soziales Handeln ist also nicht rein regelgeleitet, denn: "Soziales Handeln ist konkret nie ausschließlich triebgesteuertes Handeln (...) noch ausschließlich regelgesteuertes Handeln" (ebd., S. 5). Für das soziale Handeln unter einer gattungsgeschichtlichen Perspektive betrachtet, sieht Oevermann dennoch die Regelsteuerung und nicht die Triebsteuerung als grundlegendes Element an. Die Triebsteuerung erklärt er mit der Freudschen Theorie, die zwischen einer Triebenergie, die biologisch verwurzelt ist und den Triebrepräsentanzen im Unbewußten (vgl. ebd., S. 5f.) unterscheidet. Nach Oevermann geht die Freudsche Theorie davon aus, daß diese Triebrepräsentanzen dem Bewußtsein entzogen sind, "weil Handlungsregel und Triebbesetzung in bezug auf die den gebundenen Triebrepräsentanzen zugrundeliegenden Inhalte in für das Handlungssubjekt unauflöslichem Konflikt standen. Somit wird deutlich, daß die Konzeption unbewußter Motive erst auf der Folie regelgeleiteten Handelns ihren Sinn erhält" (ebd., S. 6). Kennzeichnend für den Begriff des regelgeleiteten Handelns ist die Abgrenzung der Sozialwissenschaften gegenüber den Naturwissenschaften durch einen speziellen Regelbegriff: Es geht bei diesem Regelbegriff nicht nur um eine Abstraktion von empirischen Gesetzmäßigkeiten, sondern um "eine Maxime, der das Handlungssubjekt praktisch folgt" (ebd., S. 6). Entscheidend für die Existenz der Regel ist dabei, daß diese nicht vom Handlungssubjekt explizit angegeben werden muß, sondern "daß das Handlungssubjekt aufgrund der das Handeln steuernden Regel ein systematisches Urteil über die Angemessenheit eines konkreten Handelns abgeben kann" (ebd., S. 6). Oevermann versteht diesen Regelbegriff als soziologischen und nicht als psychologischen Begriff, wobei das Kriterium der Intersubjektivität grundlegend ist: "A muß in der Lage sein, von der Regel abzuweichen und systematische Fehler zu machen; zugleich muß B die Abweichungen als systematische Fehler erkennen und kritisieren können. ... Ohne diese Möglichkeit der gegenseitigen Kritik und einer zu Einverständnis führenden Belehrung, ohne die Möglichkeit einer Verständigung über die Regel, an der beide Subjekte, Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 38 indem sie ihr folgen, ihr Verhalten orientieren, könnte von 'derselben' Regel gar nicht die Rede sein, ja es gäbe, vorausgesetzt es träten keine weiteren Subjekte hinzu, überhaupt keine Regel. Denn eine Regel muß intersubjektiv gelten" (Habermas, zit. nach Oevermann 1973, S. 7). Frank hält dabei fest, "daß Wissen und Regeln aus dem Umkreis instrumentalen Handelns nur im Zusammenhang mit solchen aus dem Umkreis kommunikativen Handelns erzeugt und angeeignet werden können" (Frank 1982, S. 70 f.). Entscheidend dabei ist, daß die Deutungsmuster dem sozialen Handeln zugrundeliegen, bzw. als Regelstruktur angesehen werden können, die soziales Handeln erzeugen (vgl. Lüders/Meuser 1997, S. 60) und die Kommunikation über diese Regeln ist das Kriterium für ihre Existenz, da nach Mead soziales Handeln und soziales Selbst ohne den Hintergrund der intersubjektiven Kommunikationsmöglichkeit über diese handlungssteuernden Regeln gar nicht vorstellbar wären (vgl. Oevermann 1973, S. 7). Hierbei sind auch einige wichtige Einflüsse Oevermanns erkennbar, die die Grundlage für seinen Regelbegriff darstellen. Die folgende Darstellung soll einen kurzen Überblick über die Vertreter eines ähnlichen Regelbegriffs geben: Wissenschaftsansatz Vertreter Linguistik Chomsky Searle Entwicklungspsychologie Piaget Miller Galanter Pribram Sprachphilosophie Austin Strawson Winch Soziologie Habermas Berger/Luckmann (vgl. Oevermann 1973, S. 7f.) Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 39 Der Regelbegriff, der hierbei diskutiert wird, beruht auf folgenden wichtigen Annahmen: 1. Regeln haben einen generativen Charakter: Sie erzeugen Verhalten (vgl. Lüders/Meuser 1997, S. 60), das dem Subjekt bisher unbekannt war und eröffnen somit "die Chance, das Verhalten von Individuen auch unter ganz neuen Handlungsbedingungen prognostizieren zu können" (Oevermann 1973, S. 8) 2. Diese generativen Regeln stiften den intersubjektiv verstehbaren Sinn einer Handlung, dem das Subjekt verpflichtet ist: Da Deutungsmuster Antworten auf objektive Handlungsprobleme darstellen und Regeln vorgeben, "die das gesamte instrumentelle und kommunikative Handeln der Menschen steuern" (Reichertz 1986, S. 130) ist Oevermanns Folgerung, daß eine Erklärung des sinnhaften Handelns nicht ausreichend sein kann, wenn sie nur Antworten auf kausalanalytische Zusammenhänge gibt. Sie benötigt eine "Rekonstruktion der handlungsleitenden Regel, der sich das Subjekt nachweisbar verpflichtet fühlt" (Oevermann 1973, S. 8) und die im Deutungsmuster zum Ausdruck kommt. Hierbei wird ersichtlich, daß Oevermann sich bei seinem Regelbegriff auf Chomsky stützt. Die "generativen grammatischen Regeln" (ebd., S. 8) in der Chomskyschen Linguistik hängen zusammen mit "eine(m) 'Formalismus' (...), dem das Handlungssubjekt zwar praktisch folgt, den es aber durch Reflexion und Einsicht nicht verändern kann" (ebd., S. 8). Diesen Sachverhalt sieht Oevermann aber bei den Deutungsmustern als Handlungsmaximen für nicht gegeben an und hält fest, "daß soziale Normen Reflexion sowohl ermöglichen als auch durch Reflexion verändert werden können" (ebd., S. 8). Weiterhin stellt Oevermann die folgende These auf: Da die sozialen Deutungsmuster als Weltinterpretationen angesehen werden und einen generativen Status besitzen, sind sie generell auch entwicklungsoffen (vgl. ebd., S. 9). Die Deutungsmuster haben keine universellen Strukturen, sondern es handelt sich hierbei um "historisch wandelbare, je 'unfertige' Systeme" (ebd., S. 9) . Dadurch kommt der soziologischen Analyse die Aufgabe zu, die innere Logik dieser Strukturen zu analysieren und "die historische Identität von gleichsam epochalen Deutungsmustern ausmachenden Interpretationen zu rekonstruieren" (ebd., S. 9). Entscheidend dabei ist, daß nicht nur einzelne Deutungen oder "nuclei" von Deutungsmustern (vgl. ebd., S. 9) veränderbar sind, sondern auch die generativen Interpretationen, die entweder für einen Zeitabschnitt oder für eine soziale Kategorie gelten. Sie sind "als 'letzte Begrün- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 40 dungen' für Handeln einer historischen Entwicklung unterworfen" (ebd., S. 9). Meuser/Sackmann merken dazu kritisch an, daß noch keine Deutungsmusteranalyse aufzeigen konnte, wie der generative Charakter der Deutungsmuster, bzw. die generative Strukturlogik empirisch faßbar ist (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 17). Der Begriff der Rationalität Aus diesen Überlegungen heraus müßte nach Oevermann eine Deutungsmusteranalyse an Weber und seine kulturgeschichtliche Analyse anschließen, indem die historische Entwicklung von Weltinterpretationen aufgezeigt wird und deren Standards der "Vernünftigkeit" (vgl. Oevermann 1973, S. 9) rekonstruiert werden. Hierbei deutet Oevermann auch das Verhältnis von Wissenschaft und Alltagsdeutung an, bringt aber keine weiteren Ausführungen diesbezüglich. Dagegen zeigt Reichertz auf, daß "wissenschaftliche Konzepte soziale Deutungsmuster (sind), die sich von alltäglichen nur durch die Forschungslogik (Formalisierung, allgemeine Explikation und institutionelle Verankerung der Standards ihrer Geltung) unterscheiden" (Reichertz 1986, S. 131). Arnold zeigt im Anschluß an O’Neil auf, daß das Alltagswissen nicht auf einer niedrigeren Stufe als das wissenschaftliche Wissen steht, sich beide Wissensformen dennoch unterscheiden, da sie andere Gültigkeitskriterien aufweisen. Während das Alltagswissen von einem Plausibilitätskriterium geprägt ist, geht es bei wissenschaftlichen Theorien um die Intersubjektivität "im Sinne einer der Komplexität des Gegenstandes adäquateren Binnendifferenzierung und einer optimaleren Überzeugungsfähigkeit der Argumente und Theoriebestandteile" (Arnold 1985a, S. 35). 1.4.2 Grundelemente des Konzepts der sozialen Deutungsmuster Zum Verhältnis von individuellen Einstellungen und sozial validierten Deutungsmustern Ein entscheidendes Merkmal sozialer Deutungsmuster ist, daß sie verschiedene Reichweiten aufweisen können. Die Deutungsmuster können dabei sowohl dauerhaft Gültigkeit besitzen als auch nur kurzzeitig von Bedeutung sein, wobei "die Elemente von Deutungsmustern mit großer Reichweite dem handelnden konkreten Subjekt am selbstverständlichsten und damit am wenigsten explizierbar sind" (Oevermann 1973, S. 10). Diese schon lange gültigen Deutungsmuster sind sowohl gering reflektierbar als auch veränderbar. Nach Oevermann läßt sich die Reichweite der Geltung sozialer Deutungsmuster bezüglich zweier Dimensionen betrachten: Zum einen geht es um die historisch zeitliche Dimension, zum anderen um die sozialen Kategorien von Individuen. Oevermann unter- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 41 scheidet konkret zwischen den sozialen Deutungsmustern selbst und den nuclei von Deutungsmustern (vgl. ebd., S. 9), die er als Derivate von Deutungsmustern (vgl. ebd., S. 11) und somit als "individuelle Einstellungen, Erwartungen und Glaubensvorstellungen (...), (als) Konkretionen der sozialen Deutungsmuster" (ebd., S. 10) betrachtet. Entscheidend dabei ist seine Auffassung, daß die sozialen Deutungsmuster elementar für die individuellen Einstellungen sind, nicht aber umgekehrt. Die Subjekte fungieren dabei als " ‘Träger von Deutungsmustern‘ " (Matthiesen 1994, S. 79). Hier setzt auch Oevermanns Kritik am verhaltenswissenschaftlichen Reduktionismus an. Er kritisiert, daß hier die sozialen Deutungsmuster als psychologisch reduzierbar aufgefaßt werden können, da durch die verhaltenswissenschaftliche Methodik nur die individuellen Einstellungen erfaßt werden können. Weiterhin merkt er an, daß eine psychologische Erklärung der "systematische(n) Gleichförmigkeit von individuellen Einstellungen" (Oevermann 1973, S. 10) von der Annahme ausgehen müßte, daß Individuen in ähnlichen Bedingungen auch ähnliche Einstellungen entwickeln, also eine "Eins-zu-EinsKorrespondenz von Umweltbedingungen und Einstellungen" (ebd., S. 10) vorherrscht. Diese Erklärung würde aber die Regeln vernachlässigen, die bei der Deutung von Sachverhalten im Prozeß der Einstellungsgenese eingreifen (vgl. ebd., S. 10). Diese Regeln sieht Oevermann aber nicht als Teil von Persönlichkeitssystemen, sondern als "emergente Eigenschaften von Interaktionssystemen" (ebd., S. 10). Somit erklärt er, daß trotz eines Variationsspielraums der objektiven Handlungsbedingungen die Einstellungsmuster erhalten bleiben (vgl. ebd., S. 10). Handeln kann also nicht als bloße Reaktion auf äußere Reize betrachtet werden, denn dann würde übersehen werden, "daß jedes Handlungsobjekt trotz des routinehaften Verlaufs des Alltagshandelns unter dem prinzipiellen Zwang steht, die einzelne Handlung mit den in seiner Biographie aufgeschichteten Handlungsentwürfen und deren Geltungsregeln vereinbar zu halten" (Schmitz 1992, S. 58). Frank beschreibt Oevermanns Konzept folgendermaßen: "Sie14 setzt sich damit ab von biologischen Reifungstheorien und von funktionalistischen und lerntheoretischen Konzepten, die Sozialisation bzw. Lernen aus Rollenanforderungen der Umwelt erklären" (Frank 1982, S. 74). Die Bedingungen des Handelns sieht Oevermann als selektierte Umwelt an, da diese in Begriffe der sozialen Deutungsmuster gefaßt sind (vgl. Oevermann 1973, S. 10 f.). Dies gilt nicht nur für die nicht-reduktionistische Soziologie, sondern auch für die Psychologie und die Sozialpsychologie, die jedoch bei einer behavioristischen Ausrichtung "die 'Inter- 14 Gemeint ist die genetisch-strukturalistische Sozialisationstheorie von Oevermann. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 42 vention' der Interpretationsregel zwischen den objektivistisch beschreibbaren Parameter von Stimulus und Response eben nicht mehr erklären" (ebd., S. 11) können. Wie schon vorher erwähnt, räumt Oevermann ein, daß auch der Deutungsmusteransatz nicht in der Lage ist, die Deutungsmuster außerhalb der Ebene individueller Einstellungen zu erfassen. Diese werden aber eben als Derivate der Deutungsmuster angesehen, die den Individuen objektiv gegenübertreten. Somit kann festgehalten werden, daß die Unterscheidung zwischen sozialen und individuellen Deutungsmustern eine entscheidende Rolle im Oevermannschen Konzept spielt. Deren Beziehung wird dabei von der Überlegung charakterisiert, "daß das Bewußtsein des einzelnen als Ergebnis von Sozialisationsund Interaktionsprozessen Teil am allgemeinen gesellschaftlichen Bewußtsein hat" (Dybowski/Thomssen 1982, S. 56). Im Mittelpunkt der Deutungsmusteranalyse steht dabei jedoch die Erfassung der sozialen Deutungsmuster, wobei Schetsche vorschlägt, "in den Sozialwissenschaften die Kategorie ‚Deutungsmuster‘ ausschließlich für überindividuelle Denkformen zu benutzen" (Schetsche 1991, S. 55). Zur "Inneren Logik" von sozialen Deutungsmustern Als Ausgangspunkt zur inneren Logik der sozialen Deutungsmuster sieht Oevermann eine Beständigkeit zwischen den Deutungsmustern und den wissenschaftlichen Interpretationen, die durch die Forschungslogik ihre eigenen geltenden Begriffe haben. Somit sieht Oevermann die Hauptaufgabe der Soziologie, die sich mit den sozialen Deutungsmustern beschäftigt, in einem "rekonstruierende(n) 'Ausbuchstabieren' der eben nur teilweise explizierten Standards der Geltung sozialer Deutungen, der 'inneren Logik' sozialer Deutungsmuster" (Oevermann 1973, S. 12). Bei einer solchen rekonstruierenden Analyse sozialer Deutungsmuster geht es dabei nicht allein um eine Erfassung der einzelnen Deutungselemente und ihrer Kategorisierungen, sondern auch um die Rekonstruktion der Konsistenzregeln, "nach denen sich Kompatibilität und Inkompatibilität der Elemente von Deutungsmustern jeweils bemessen" (ebd., S. 12). Soziale Deutungsmuster scheinen somit ihre eigene innere Logik zu haben, die "durch verschiedene Interpretationsebenen und Deutungskerne bzw. Kernaussagen, die im Verhältnis zueinander eine Struktur bilden, konstituiert" (Arnold 1985a, S. 41) und durch Konsistenzregeln gesichert wird (vgl. Reichertz 1986, S. 131). Dybowski/Thomssen stellen fest, daß die Deutungsmuster durch ihre eigene Logik Deutungen sozialer Sachverhalte miteinander verbinden, "die das Subjekt für miteinander vereinbar halten kann" (Dybowski/Thomssen 1982, S. 53). Solange damit praktische Handlungsprobleme gelöst werden können, treten bei den sozialen Deutungsmustern keine Inkonsistenzen auf, und die innere "Logik verleiht den Deutungsmustern eine gewisse Stabilität, mit der handlungsinduzierte Unvereinbarkeiten im Deu- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 43 tungsmuster als nicht bedeutsam oder nicht existent abgewiesen werden" (ebd., S. 53). Dennoch können Inkonsistenzen innerhalb von Deutungsmustern vorhanden sein. Reichertz konstatiert den inhaltlichen Inkonsistenzen der Deutungsmuster sogar eine produktive Kraft, "da sie das Deutungsmuster zur Weiterentwicklung zwingen" (Reichertz 1986, S. 131). Das Verhältnis von sozialen Deutungsmustern und objektiven sozialen Strukturbedingungen Da die sozialen Deutungsmuster als selektierte Umwelt angesehen werden, erscheint das Verhältnis zwischen den sozialen Deutungsmustern und der objektiven sozialen Struktur besonders interessant. Dieses Verhältnis sieht Oevermann als zirkulär an, das mit einem historisch-genetischen Spiralmodell aufzulösen ist. Neuendorff/Sabel sehen das Verhältnis zwischen Deutungsmuster und objektiven Bedingungen als abhängig durch die relative Autonomie der Deutungsmuster: Diese "schließt bezüglich deren (gemeint sind die Deutungsmuster, J.D.) Verhältnis zur Wirklichkeit somit sowohl die Möglichkeit ein, daß verschiedene Deutungsmuster mit einer gleichstrukturierten objektiven Problemlage kompatibel sind, als auch die Möglichkeit , daß ein identisches Deutungsmuster angesichts sich konträr entwickelnder objektiver Problemlagen durchgehalten wird" (Neuendorff/Sabel 1978, S. 843). Doch trotz der relativen Autonomie können sich die Deutungsmuster verändern. Oevermann sieht die historische Entwicklung der sozialen Deutungsmuster "als eine Sukzession von Versuchen der Lösung jeweils aktualisierter Kompatibilitätsprobleme" (Oevermann 1973, S. 12). D.h., daß die Deutungsmuster und deren Entwicklung abhängig sind von der jeweiligen Sozialstruktur und ihrer Probleme, auf die sie eine Antwort geben. Dies bedeutet jedoch nicht, daß sich bei der Lösung der aktualisierten Kompatibilitätsprobleme das Verhältnis zwischen Sozialstruktur und sozialem Deutungsmustern im Einklang befinden muß. Bei jeder Bewältigung solcher Probleme tauchen neue Probleme auf, die sich wiederum auf die sozialen Deutungsmuster auswirken: "Jede Lösung von aktualisierten Kompatibilitätsproblemen schafft die Voraussetzungen für neue Kompatibilitätsprobleme" (ebd., S. 12). Die Probleme der Kompatibilität können dabei in zweifacher Hinsicht auftreten: 1. Da die sozialen Deutungsmuster als intersubjektiv kommunizierbare und verbindliche Antworten auf objektive Probleme des Handelns verstanden werden (vgl. ebd., S. 12) und ein einzelnes Deutungsmuster nicht nur aus einer einzelnen, sondern aus einer Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 44 Vielzahl von Interpretationen besteht, kann eine vollständige Kompatibilität trotz der Geltungskriterien, nach denen sich ein Deutungsmuster gestalten muß, nie erreicht werden. Wäre eine vollständige Kompatibilität zwischen Deutungsmuster und Sozialstruktur möglich, könnte es zu keinem sozialen Wandel mehr kommen, da alle Probleme gelöst wären. Hierbei unterscheidet Oevermann noch zwischen latenten und manifesten Inkompatibilitäten: "Nicht alle faktisch bestehenden Inkompatibilitäten sind dem Bewußtsein in einer bestimmten historischen Situation präsent, manifest sind sie wahrscheinlich nur dann, wenn es aus irgendwelchen Gründen zu einer gleichzeitigen Thematisierung unvereinbarer Elemente einer Deutungsstruktur kommt" (ebd., S. 13). Weiterhin sieht Oevermann einen Unterschied zwischen den "Unvereinbarkeiten von Inhalten eines Deutungsmusters nach Maßgabe der jeweils immanenten Standards der Geltung und Unvereinbarkeiten auf der Ebene dieser Standards selbst" (ebd., S. 13). Wenn auf der Ebene der Geltungsstandards Inkompatibilitäten auftreten, kommt es nach der Lösung der Probleme zum einen zu einer Präzisierung dieser Standards und zum anderen zu Inkonsistenzen auf der Inhaltsebene der Deutungsmuster (vgl. ebd., S. 13). Diese neuen inhaltlichen Inkonsistenzen haben wiederum Auswirkungen auf die Ebene der Geltungsstandards. Es entsteht also ein zirkuläres Entwicklungsverhältnis bei den Deutungsmustern, wobei mit jeder Lösung eines Kompatibilitätsproblems jeweils neue Inkonsistenzen auftauchen. Für die Entstehung solcher Inkompatibilitätsprobleme können folgende Ursachen verantwortlich sein: I. Bisher latente Unvereinbarkeiten werden manifest durch die gleichzeitige Aktualisierung unvereinbarer Deutungselemente. II. Deutungsmuster, die bisher voneinander isoliert standen, da sie verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Handelns zugehörig waren, werden miteinander verbunden. III. Zentrale Elemente eines Deutungsmusters werden klarer herausgearbeitet. (vgl. ebd., S. 13) Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 45 2. Probleme der Inkompatibilität von Elementen sozialer Deutungsmuster können hinsichtlich der "Relation Deutung - deutungsbedürftiges Phänomen" (ebd., S. 14) betrachtet werden. Nach Oevermann gilt dies vor allem bei der Interpretation sozialer Sachverhalte. So stellen Veränderungen in der Sozialstruktur die Handlungssubjekte vor deutungsbedürftige Probleme (vgl. ebd., S. 14), da die bisherigen Deutungsmuster nicht mehr ausreichen die Folgen dieser Veränderungen zu deuten. Man braucht somit Lösungen, die aus den schon vorhandenen Deutungsmustern nicht hervorgehen. In Anlehnung an die Peirceschen Forschungslogik sieht Oevermann seine These der Kontinuität von tradierten Interpretationen, die bis in die Forschungslogik wirken, bestätigt und formuliert die Reaktion der Deutungsmuster auf soziale Veränderungen folgendermaßen: "..., so veranlaßt die Deutungsbedürftigkeit sozialer Konflikte, der ebenfalls eine Diskrepanz von tradierter Interpretation und unmittelbarem Handlungszwang zugrundeliegt, die Revision von Elementen des Deutungssystems. Solche erzwungenen Uminterpretationen stellen dann innerhalb der Logik von Deutungsmustern wiederum Konsistenzprobleme" (vgl. ebd., S. 14 f.). Deutungsmuster und die Sozialstruktur stehen also in einem beidseitigen Verhältnis: Erstere werden zwar durch objektive Bedingungen hervorgebracht, bzw. werden durch Veränderungen der objektiven Bedingungen modifiziert, wirken aber gleichzeitig auf diese ein und können ebenfalls durch ihre relative Autonomie zu einem (sozialen) Wandel beitragen. Je grundlegender eine Veränderung ist, desto offensichtlicher kann diese auch erfaßt werden, so daß Meuser/Sackmann Umbruch- und Krisensituationen als ideale Forschungsgelegenheiten für Deutungsmusteranalysen betrachten (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 20). Eine adäquate Erfassung der Struktur der sozialen Deutungsmuster ist also ohne eine Integration der Sozialstruktur und der mit ihr verbundenen Handlungsprobleme nicht möglich, da die innere Logik der sozialen Deutungsmuster im Gegensatz zur Forschungslogik der Wissenschaft nicht explizit zugrundeliegt, sondern erst in "Kenntnis des Zusammenhangs von Interpretation und Interpretiertem" (Oevermann 1973, S. 15) rekonstruierbar wird. Da nach Oevermann die Deutungsmusteranalyse auch immer Ideologiekritik ist, geht es nicht nur darum, daß "die - mangelhafte - logische Struktur von Aussagen aufgedeckt wird, sondern (sie) konfrontiert die Inhalte von Deutungsmustern und darin implizierte Handlungserwartungen und -maximen mit den tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, um dann die funktionale Ausrichtung solcher Diskrepanzen zu thematisieren“ (ebd., S. 15). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 46 Die Eigenständigkeit von sozialen Deutungsmustern Bei der Analyse von sozialen Deutungsmustern soll es nach Oevermann nicht um "eine einseitige Abhängigkeit der sozialen Interpretationen von objektiven Strukturbedingungen in der Produktions- und Distributionssphäre" (ebd., S. 15) gehen. Er setzt bei dem oben genannten Spiralmodell an, bei dem die Deutungsmuster eine relative Eigenständigkeit aufweisen, aber dennoch in einer gegenseitigen Abhängigkeit zu den objektiven Strukturbedingungen stehen. Ausgangslage dabei ist, daß die Deutungsmuster Antworten auf strukturelle Handlungsprobleme darstellen und einen "Deutungszwang" auf die Gesellschaftsmitglieder ausüben (vgl. Allert 1976, S. 237), wobei lang bestehende und gesellschaftlich beeinflussende Deutungsmuster "wahrscheinlich immer in Perioden schnellen strukturellen und krisenhaften Wandels entstanden (sind), in denen die vorausgehenden Weltinterpretationen für jedermann spürbar ihre Relevanz und Deutungskraft verloren" (Oevermann 1973, S. 16) haben. Als Beispiel sei hier die von Weber untersuchte protestantische Ethik genannt. Werden nun die alten, nicht mehr so wirkungsvollen Deutungsmuster durch neue, brauchbare ersetzt oder modifiziert, so kommt es zu einer Verselbständigung, wobei sie sich von ihrem ursprünglichen strukturellen Kontext lösen: "Als solche eigenständigen kollektiven Bewußtseinsstrukturen steuern sie die Interpretation neuer Strukturprobleme, verändern sich dabei wahrscheinlich allmählich, bis ihre zentrale(n) Konzeption(en) in neuerlichen Strukturkrisen wiederum in Frage gestellt werden" (ebd., S. 16). Hierbei zeigt sich die Bedeutsamkeit des Verhältnisses zwischen der inneren Logik der Deutungsmuster und den objektiven Strukturproblemen für die Deutungsmusteranalyse, da bei solchen "krisenhaften Reibungsflächen" (ebd., S. 17) und mit den dadurch entstehenden Veränderungen die Deutungsmuster besonders ersichtlich werden. Grundlegend scheint es jedoch so, daß die "für ein Deutungsmuster zentralen Annahmen (...) wahrscheinlich gegenüber objektiven Handlungszwängen am widerstandsfähigsten" (ebd., S. 17) sind und als "nicht hinterfragbare Selbstverständlichkeiten" (ebd., S. 17) dastehen. Und diesen muß sich dann auch die Interpretation der Konflikte und der Handlungsprobleme unterordnen. Entscheidend dabei ist es, zuerst die zentralen Elemente von Deutungsmustern herauszuarbeiten, um zu erkennen, wie "sie aufgrund des von ihnen ausgehenden Konvergenzdrucks mögliche soziale Veränderungen vorstrukturieren und im Entwicklungstempo hemmen, wie umgekehrt die Identifikation zentraler Strukturprobleme erst Aussagen über die zukünftige Entwicklung von Deutungssystemen und daraus abzuleitenden Vorurteilsstrukturen ermöglichen" (ebd., S. 17). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 47 Die Vermittlung sozialer Deutungsmuster in der Sozialisation und ihre Konkretion im aktuellen Handeln Wie schon oben erwähnt gelten die sozialen Deutungsmuster als Weltinterpretationen mit einem generativen Status. Für das Oevermannsche Konzept ist jedoch entscheidend, daß die "kennzeichnenden zentralen Interpretationen (...) weder explizit noch Element für Element gelernt werden müssen" (ebd., S. 17). Er kritisiert die Auffassung der Einstellungsforschung, die sich an behavioristisch orientierten Konzepten zum sozialen Lernen orientiert, nämlich daß die empirisch erfaßten Einstellungen einzeln gelernt werden müssen (vgl. ebd., S. 17). Als Gegenpunkt sieht er den "zumindestens plausibel belegbare(n) Sachverhalt im Vordergrund, demzufolge auf der individuellen Ebene komplexe Einstellungsmuster wesentlich auch durch vom Individuum selbsttätig geleistetes 'Ausbuchstabieren' von Implikationen weniger zentraler 'Schlüsselkonzepte' entstehen" (ebd., S. 17). Oevermann schließt hierbei die Piagetsche genetisch-strukturalistische Sozialisationstheorie an (vgl. Frank 1982, S. 73) und argumentiert mit einem Beispiel von Piaget zur Untersuchung des moralischen Urteils beim Kinde (vgl. Oevermann 1973, S. 18). Dabei kommt er zu dem Schluß, daß die Kinder aus dem Beispiel ohne ein vorheriges Lernen der Implikationen, diese selbsttätig expliziert haben. Auch wenn es sich bei dem Piagetschen Beispiel um die Systematik der Ontogenese der Begriffsbildung handelt, sieht Oevermann dies als Erklärung für den generativen Status der Deutungsmuster an. Die Frage für die soziologische Forschung ist daher, wie man nun diese generativen Informationen erwerben kann: "Vermutlich geschieht das weniger über den Mechanismus expliziter Indoktrination durch Erwachsene als durch vom Kind selbsttätig vorgenommenes 'Ablesen' zentraler Handlungsregeln am beobachtbaren sozialen Handeln in seiner unmittelbaren Umwelt. Das Kind generalisiert selbsttätig und kognitiv strukturiert vom Handlungskontext seiner Umwelt" (ebd., S. 18). Dazu sind nicht unbedingt immer sehr strukturierte Begründungen nötig, um "die für ein soziales Deutungsmuster zentralen Interpretationen als Invarianten des Handelns herauszulösen und dann als generative Regeln für die Strukturierung der eigenen konkreten Handlungssituationen zu benutzen" (ebd., S. 18 f.). Mit diesen Annahmen ist auch impliziert, daß diese Interpretationen eines Deutungsmusters nur anhand vorliegender Handlungssituationen ausgedeutet und angewendet werden können und müssen. Dies hat zur Folge, daß "auf der individuellen Ebene diese Deutungsmuster einem ständigen Prozeß der Veränderung und Ausdifferenzierung unterworfen sind" (ebd., S. 19). Somit sind diese sozialen Deutungsmuster auch in die individuelle Lebensgeschichte eingebunden, welche die persönlichen Einstellungen prägen. Oevermann nennt diese Derivate von sozialen Deutungsmustern individuelle Einstellungsmuster, bzw. Einstellungssyndrome (vgl. ebd., S. 19). Die Sozialisation, durch die die sozialen Deutungsmuster vermittelt werden, ist also ein individueller und zugleich so- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 48 zialer Prozeß (vgl. u.a. Frank 1982, S. 73; Weinberg 1985, S. 33), wobei "verschiedene Sozialisationserfahrungen (...) zum Erwerb unterschiedlicher Deutungsmuster führen" (Lüdemann 1991, S. 120 f.). Verstehbar kann dieser Prozeß von den sozialen Deutungsmustern zu den Einstellungsmustern jedoch nur werden, wenn die objektive Struktur der kollektiven Deutungsmuster bekannt ist (vgl. Oevermann 1973, S. 19): "Damit wird klar, daß auch eine Psychologie oder Sozialpsychologie der Einstellungsgenese und -veränderung ohne diese soziologische Analyse nicht zu angemessenen Erklärungen gelangen kann" (ebd., S. 19). 1.4.3 Zum Oevermannschen Strukturbegriff Nach Oevermann ist die Struktur der Deutungsmuster "die historische Antwort auf deutungsbedürftige historische Handlungsprobleme" (Reichertz 1986, S. 131). Dies scheint auch der Grund dafür zu sein, daß die Deutungsmuster zwar generell und auf lange Sicht (gattungsgeschichtlich) wandlungsfähig sind, aber dennoch "der Ontogenese eines Subjekts (....) als unbezwingbare Macht gegenüber" (ebd., S. 136) stehen. Entscheidend für die Strukturanalyse der Deutungsmuster ist, daß die Beschreibung der Strukturen zwar nur über die Analyse der Inhalte mentaler Repräsentanzen möglich ist, die Strukturen in ihren Ausprägungen selbst aber nicht von den Repräsentanzen abhängig sind (vgl. ebd., S. 136). Reichertz zeigt auf, daß der Strukturbegriff nach Oevermann weder mit dem Modellbegriff gleichzusetzen ist noch als Verhaltensmuster oder pattern zu verstehen ist (vgl. Reichertz 1997, S. 34 f.), da diese einen konstruierten Charakter haben. Die Strukturen aber "sind zum einen wirklich, zum zweiten zeitlos, zum dritten steuern sie die Handlungen von Subjekten innerhalb der Lebenspraxis (und zwar recht autonom)" (ebd., S. 35). Hierbei erscheint die "soziale Wirklichkeit bzw. menschliches Handeln als im strikten Sinne regelgeleitet durch ein eigenlogisches System von Strukturen gedacht" (Lüders/Meuser 1997, S. 62). Die Strukturen haben ihre eigene Dynamik, wirken in jede Interaktion ein und "bauen sich auf, indem sie Menschen handeln lassen" (Reichertz 1997, S. 35). Dabei verändern sich die Strukturen durchgängig und durchlaufen wechselseitig Phasen der Reproduktion und Transformation: Im Prozeß der Reproduktion bringt sich die Struktur immer wieder neu hervor, während sie im Prozeß der Transformation verändert wird. Nach dieser Transformation reproduziert sie sich wieder bis eine neue Transformation entsteht. Um die Struktur erkennen zu können, ist es nach Oevermann nötig, mindestens eine Phase der Reproduktion ganz zu rekonstruieren und zu explizieren und somit die Gesetze der Reproduktion (und eventuell auch der Transformation) zu erkennen (vgl. ebd., S. 35). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 49 Das Handeln der Individuen ist dabei aber nicht durch einige wenige, essentielle Strukturen geprägt, sondern von einer Vielzahl von Strukturen, die jeweils unterschiedliche Rangstufen innehaben: "Das gesamte Leben menschlicher Sozialität wimmelt von Strukturen, welche sich reproduzieren oder gerade transformieren, selbst lenken und zugleich gelenkt werden, Strukturen mit großer oder geringer Reichweite, mit kurzer oder langer Lebenszeit" (ebd., S. 36). Doch trotz dieser Vielzahl der Strukturen, die alle unterschiedliche Eigenschaften und Wirkungskräfte besitzen, herrscht eine klare Hierarchie, wobei die ranghöchsten Strukturen als "die universellen Strukturen" gelten (ebd., S. 36). In diesem Zusammenhang steht auch die Unterscheidung zwischen Tiefenstrukturen und Oberflächenstrukturen, wobei Oberflächenstrukturen eher zu erfassen sind als Tiefenstrukturen, da diese eine größere Latenz aufweisen und somit schwerer zu rekonstruieren und zu explizieren sind. 1.5 Theoretische Einflüsse und verwandte Konzepte Theoretische Einflüsse Wie schon in Punkt 1.3 gezeigt, baut Oevermann auf die vier wissenssoziologischen Diskurse auf (Bacon, Hume; Comte, Feuerbach, Marx, Weber, Durkheim; Halbwachs, Mannheim; Berger/Luckmann). Aber dennoch greift er nicht nur auf soziologische Fragestellungen zurück, sondern verknüpft u.a. auch psychologische (Piaget, Freud), linguistische (Chomsky) und sozialphänomenologische (Husserl) Theorien mit seinem Deutungsmusteransatz. Im folgenden werden die wichtigsten Vertreter mit den übernommenen Überlegungen in kurzer Form aufgezeigt: Weber Obwohl sich Oevermann in seinem Aufsatz von 1973 nicht direkt zu Weber äußert, kann dieser dennoch als ein Vorläufer des Deutungsmusteransatzes gelten, da er "als erster die Kategorie der ‘Deutungsschemata‘ verwendet" (Thomssen 1991, S. 53) hat. Grundlegend gilt dabei sein Werk "Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus", in dem er darstellt, wie aus einzelnen religiösen Vorstellungen kollektive Deutungsmuster entstehen und wie sich das Deutungsmuster der ökonomischen Zweckrationalität entwickelt und durchsetzt und somit den Subjekten Handlungsmöglichkeiten vorschreibt (vgl. ebd., S. 54). Dabei zeigt er auch auf, daß sich das Deutungsmuster "nicht in jedem individuellen Bewußtsein in seiner reinen Form wieder(findet)" (ebd., S. 55) und es bei unterschiedlichen sozialen Gruppen zu Abweichungen kommt (vgl. ebd., S. 55). Die Analogien zum Oevermannschen Deutungsmusteransatz werden hierbei klar ersichtlich. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 50 Levi-Strauss Einen wichtigen Einfluß hatte der Strukturbegriff von Levi-Strauss auf das Oevermannsche Deutungsmusterkonzept, da es sich hierbei um einen Strukturbegriff handelt, "der sich auf die generative Regel stütz(t) und somit dem von Oevermann verwendeten Strukturbegriff sehr ähnlich" (Reichertz 1986, S. 133) ist. Die wichtigsten Annahmen sind hierbei, "daß Strukturen jenseits gesellschaftlicher Interaktion existieren und daß es die Strukturen sind, die biologische Organreaktionen zu regelgeleiteter gesellschaftlicher Interaktion formen" (ebd., S. 134), daß "die Existenz der lebensformenden Strukturen (...) unabhängig von einer mentalen Repräsentanz (ist)" (ebd., S. 134) und daß die Strukturen "nicht an eine gesellschaftliche Entwicklung angekoppelt" (ebd., S. 134) sind, sondern diese gestalten. Dabei bildet die "Gesamtheit dieser Strukturen (...) das soziale Unbewußte" (ebd., S. 134), wobei das individuelle Unterbewußtsein von Inhalten abhängig ist und das soziale Unbewußte rein formal ist (vgl. ebd., S. 134). Oevermann kritisiert aber an Levi-Strauss, daß dieser "Strukturen mit generativem Status nicht nur für Bewußtseinsstrukturen annimmt, sondern auf (die) Welt schlechthin anwenden will" (ebd., S. 135). Piaget Oevermann greift grundlegende Vorstellungen Piagets auf, der dem epistemischen Subjekt eine zentrale Stellung zuweist (vgl. Edelstein/Keller 1982, S. 11). Es geht dabei vor allem um die Annahmen, daß erstens die Entwicklung der kognitiven Kompetenz durch das Handeln des Subjekts in seiner Umwelt entsteht und zweitens sich die kognitiven Strukturen durch die schrittweise Verinnerlichung von Handlungsstrukturen entwickeln und weder von der Umwelt geprägt sind noch durch ein Programm ausreifen (vgl. Reichertz 1986, S. 143). Oevermann entwirft daraufhin drei Schritte, durch die das Subjekt zur vollen Erkenntnisfähigkeit kommt: 1. Das Subjekt baut durch Assimilation und Akkomodation Handlungsstrukturen auf, 2. verinnerlicht es diese, 3. es reflektiert sie und erhält somit die Grundlage für weitere Entwicklungen. Die darauf folgenden Entwicklungsstufen unterscheiden sich dabei von den vorhergehenden durch einen höheren Komplexitäts- und Abstraktionsgrad (vgl. ebd., S. 143) und "jede Stufe enthält die Bedingungen für die Entwicklung der nächsthöheren in sich" (ebd., S. 143). In Bezug auf Piagets Vorstellungen zum moralischen Bewußtsein kommt nach Reichertz auch die Theorie der herrschaftsfreien Kommunikation nach Habermas ins Spiel, da das moralische Bewußtsein als moralische Kompetenz aufgefaßt wird, die mit den Regeln des herrschaftsfreien Dialogs korrespondiert (vgl. ebd., S. 148). Dennoch kritisiert Oevermann an Piaget die Vorstellung "einer irreversiblen, universell geltenden Entwicklungslogik" (ebd., S. 143), bei der das Subjekt nur erfüllt, aber nicht interagiert, da Piaget nicht erklären kann, "wie Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 51 das monologisch angesetzte Subjekt in seiner Ontogenese über sich hinauskommt und eine neue geistige Stufe erklimmt" (Bude 1982, S. 135). Mead Diese Kritik ist nun der Ausgangspunkt für seine Rezeption der Meadschen Theorie, wobei er hierbei auch nur sehr vage Ausführungen bringt (vgl. Reichertz 1986, S. 144). Entscheidend dabei ist aber, daß er die Piagetsche Theorie mit interaktionistischen Elementen anreicherte und somit "den Prozeß der Entwicklung der Kognition ‚sozialisierte‘ " (ebd., S. 148) und "das sich entwickelnde Individuum (...) eingefaßt in soziale Interaktionszusammenhänge (sieht), die seine subjektive Struktur konstituieren" (Bude 1982, S. 135; vgl. auch Edelstein/Keller 1982, S. 12). Freud Die Freudsche Theorie ist für Oevermann hinsichtlich der Verbindung der interaktionistischen und der strukturtheoretischen Sichtweise interessant und "das psychoanalytische Modell der Theorieentwicklung, das Feinanalyse und Strukturbestimmung in einen spiralförmigen Prozeß einbindet, eignete sich besonders gut zur Lösung dieses Problems" (Reichertz 1986, S. 152). Zum Ausdruck kommt der Freudsche Einfluß u.a. bei den latenten Sinnstrukturen und bei der Dialektik von Allgemeinem und Besonderem, welche die psychoanalytische Theorie behandelte (vgl. ebd., S. 152 f.). Chomsky Wie schon vorher erwähnt, greift Oevermann auf die Chomskysche generative Transformationsgrammatik zurück, welcher den Regeln einen generativen Charakter zuweist. Diese generativen Regeln konstituieren somit den intersubjektiv verstehbaren Sinn einer Handlung (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 16). Oevermann wandelt aber Chomskys Regelbegriff dahingehend ab, daß er die Eigenschaft der Universalität und der generellen Unmöglichkeit der Reflexion grammatischer Regeln nicht teilt und soziale Normen als durch Reflexion veränderbar ansieht (vgl. ebd., S. 16 f.; Reichertz 1986, S. 130). Ebenso übernimmt Oevermann die Chomskysche Unterscheidung zwischen Kompetenz und Performanz (vgl. Reichertz 1986, S. 139), wobei die Performanz den sichtbaren Teil der Kompetenz, also "die (teilweise) realisierte Kompetenz" (ebd., S. 139), darstellt. Dabei ist das epistemische Subjekt Träger der Kompetenz, welche sich im Handeln (also der Performanz) situativ variabel realisiert (vgl. ebd., S. 142). Schütz/Luckmann/Berger Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 52 Der Deutungsmusteransatz hat auch eine enge Verbindung zu den Schützschen Arbeiten, da soziale Deutungsmuster als Weltdeutungen angesehen werden und damit vergleichbar sind mit den Relevanzsystemen von Schütz (vgl. Reichertz 1986, S. 130). Ebenso findet sich der Deutungsmusterbegriff in der Schützschen Arbeit "Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt" (vgl. ILMES 1998, S. 1). Weiterhin wurde schon vorher bei der Gegenüberstellung grundlegender Deutungsmustervarianten (vgl. die wissenssoziologische Deutungsmusterperspektive von Lüders/Meuser) aufgezeigt, daß auch der Deutungsmuster-ansatz, zumindest bei einer wissenssoziologisch orientierten Ausrichtung in Anlehnung an Berger/Luckmann, von der gesellschaftlichen Konstruktion der sozialen Wirklichkeit ausgeht. Ebenfalls lehnt sich Oevermann an Berger/Luckmann und Habermas/Luhmann an, die die Kategorie des Sinns als die Grundkategorie der Soziologie einfordern (vgl. Oevermann 1973, S. 2; Reichertz 1986, S. 129). Der Schützsche Einfluß kommt auch bei der Oevermannschen Rezeption der Basisregeln von Cicourel zum Ausdruck, der "an die von SCHÜTZ formulierten 'gemeinsamen Bezugsschemata‘ " (Schüßler 2000, S. 73) anknüpft. Verwandte Konzepte In enger Verwandtschaft zum Deutungsmusteransatz stehen sowohl das Habituskonzept von Bourdieu, als auch die Goffmansche Rahmenanalyse und die Ethnomethodologie. Bourdieus Habituskonzept Das Habituskonzept von Bourdieu geht hinsichtlich des Habitus von einem generativen Status aus, genauso wie der Deutungsmusteransatz dies bei den Deutungsmustern annimmt. Weiterhin ist beiden Konzepten das Spannungsverhältnis zwischen Determination und Emergenz gemein, sowie die Korrespondenz des "Hysteresiseffekt" mit der relativen Autonomie der Deutungsmuster (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 22 f.). Der Habitus wird von Bourdieu definiert " ‘als ein System verinnerlichter Muster ..., die es erlauben, alle typischen Gedanken, Wahrnehmungen und Handlungen einer Kultur zu erzeugen – und nur diese‘ " (Bourdieu, zit. nach Meuser/Sackmann 1991, S. 22). Nach Meuser/Sackmann scheint das Habituskonzept gegenüber dem Deutungsmusteransatz weiterentwickelter zu sein, da die Konstitutions- und Erwerbsbedingungen, Funktionen und Konsequenzen dargelegt wurden (vgl. ebd., S. 22). Ein grundlegender Unterschied zwischen beiden Konzepten ist, daß Bourdieu das Individuum nicht in einen lebenslangen Sozialisationsprozeß eingebunden sieht und daß der Habitus veränderbar ist (vgl. Schüßler 2000, S. 71 f.). Weitere Unterschiede ergeben sich auch im methodischen Zugriff, da Bourdieu die methodologischen Positionen des Symbolischen Interaktionismus und der Ethnomethodologie im Gegensatz zum Deutungsmus- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 53 terkonzept verwirft (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 23; Schüßler 2000, S. 70), und Meuser/Sackmann somit die Unterscheidung " ‘Habituskonstruktion und Deutungsmusterrekonstruktion‘ " (Matthiesen, zit. nach Meuser/Sackmann 1991, S. 24) als grundlegenden methodologischen Unterschied sehen. Weitere Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Sozialisationstheorien von Bourdieu und Oevermann lassen sich bei Liebau 1987 finden, der sehr ausführlich beide Konzepte hinsichtlich ihrer erkenntnistheoretischen, methodologischen, sozialisationstheoretischen und pädagogischen Implikationen untersucht. Die Goffmansche Rahmenanalyse Bei diesem Konzept haben die Rahmen ähnliche Funktionen wie die Deutungsmuster, da sie das Handeln und die Wahrnehmung organisieren (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 25). Primäre Rahmen werden dabei als fraglos gegebene Deutungsschemata verstanden, die die Normalität des Alltagshandelns erzeugen (vgl. ebd., S. 25). Analog zum Deutungsmusteransatz müssen die Rahmen auch nicht bewußt sein, was auf die Latenz des Deutungsmusteransatzes hinweist: "Dem Handelnden sind ‘die Organisationseigenschaften der Rahmen im allgemeinen nicht bewußt, und wenn man ihn fragt, kann er ihn auch nicht annähernd vollständig beschreiben, doch das hindert ihn nicht, daß er ihn mühelos und vollständig anwendet‘ " (Meuser/Sackmann 1991, S. 25)15. Nach Meu- ser/Sackmann stellt sich für die Deutungsmusteranalyse in Bezug auf die Goffmansche Rahmenanalyse "die Herausforderung, zentrale (...) Deutungsmuster zu rekonstruieren und zu klären, inwiefern gerade diese Deutungsmuster einen solchen fundierenden Status haben" (ebd., S. 26). Ethnomethodologie Nach Meuser/Sackmann ist der primäre Gegenstand der Ethnomethodologie die Produktion sozialer Ordnung (vgl. ebd., S. 26). Da die Ethnomethodologie "das Verhältnis von (situationaler) Handlung und (übersituationaler) Struktur als ein reflexives Konstitutionsverhältnis begreift" (ebd., S. 26), ergeben sich daraus auch Bezüge zum Deutungsmusteransatz. Die ethnomethodologischen Konzepte der Hintergrunderwartungen (mit Bezug auf Alltagstheorien), der dokumentarischen Methode der Interpretation der Ethnomethode (als die alltagspraktische Methode) und der Basisregeln (nach Cicourel) scheinen dabei besonders interessant (vgl. ebd., S. 26). Matthes/Nagel merkt mit einem Verweis auf Hoffmann-Riem an, daß sich das Interesse an sozialen Deutungsmustern auf Theorien des Alltagshandelns richtet, während sich das Erkenntnisinteresse der Ethno- 15 Meuser/Sackmann beziehen sich hierbei auf Goffmann 1997. 54 Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung methodologie auf die Methodologie des Alltagshandelns bezieht (vgl. Matthes/Nagel 1982, S. 88). Grundsätzlich kann festgehalten werden, daß allen Konzepten, einschließlich des Deutungsmusteransatzes gemeinsam ist, daß sie den Versuch unternehmen, "die deterministischen Implikationen des Funktionalismus einerseits, die voluntaristischen Miß- verständnisse einiger Ansätze der interpretativen Soziologie andererseits zu vermeiden und dennoch die jeweiligen Perspektiven zur Thematisierung des Problems der sozialen Ordnung aufzunehmen" (Meuser/Sackmann 1991, S. 30), jeweils mit unterschiedlichen Akzenten. Als weitere Einflüsse Oevermanns, die hier nicht näher behandelt werden können, seien noch abschließend die Werke Mannheims, Husserls, Cicourels und die Verwandtschaft des Oevermannschen Begriffs der latenten Sinnstrukturen mit der Popperschen Konzeption der Welt 3 (vgl. Oevermann, Allert, Konau, Krambeck 1979, S. 382; Lüders/Meuser 1997, S. 60) genannt. 1.6 Einschätzung des Deutungsmusteransatzes in der Soziologie Die vorhergehenden Kapitel haben gezeigt, daß der Oevermannsche Aufsatz "Zur Analyse der Struktur von sozialen Deutungsmustern" der Auslöser für den Deutungsmusteransatz war. Gleichwohl Oevermann sich in späteren Arbeiten wieder von seinem Konzeptpapier, das bis heute nicht veröffentlicht ist, distanziert hat und sein Konzept der Objektiven Hermeneutik entwickelte (vgl. u.a. Schetsche 2000, S. 111), scheint der Deutungsmusteransatz dennoch aktuell zu sein, was besonders die ununterbrochenen soziologischen Literaturveröffentlichungen seit Anfang der neunziger Jahre belegen. Schetsche (vgl. Schetsche 2000) sieht, daß trotz der Abwendung Oevermanns von seinem eigenen Konzept der Deutungsmusteransatz angefangen hat, ein Eigenleben zu führen. Er unterscheidet dabei zwei grundlegende Phasen bei der Rezeption des Deutungs- muster- ansatzes: In der ersten Phase in den Siebzigen und Anfang der achtziger Jahre kam es u.a. durch Allert, Neuendorff/Sabel, Thomssen, Dewe und Arnold zu unterschiedlichsten Interpretationen und Ergänzungen, die auf die Weiterentwicklung des Ansatzes ausgerichtet waren. Die zweite Phase sieht Schetsche dahingehend bestimmt, daß in den neunziger Jahren die bisher erreichten Ergebnisse resümiert und in einen wissenschaftstheoretischen Kontext gestellt wurden (vgl. Schetsche 2000, S. 113 f.). Lüders/Meuser konstatieren dem Deutungsmusteransatz eine starke Prominenz, was auch durch die "ausufernde(n) Beliebigkeit der Begriffsverwendung" (Schetsche 2000, S. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 55 116) bedingt ist. Sie kritisieren Wiedemann dahingehend, daß er sowohl qualitative als auch quantitative Methoden als geeignete Verfahren der Datenerhebung und -aus- wertung von Deutungsmusteranalysen ansieht und dies zu der Gefahr einer Inflation des Deutungsmusterkonzepts beiträgt. Weiterhin sehen sie die Diskussion über den Deutungsmusteransatz als bemerkenswert verstreut und unsystematisch an, und dies sowohl in der theoretischen als auch in der methodischen Auseinandersetzung (vgl. Lüders/Meuser 1997, S. 57). Eine Abgrenzung von verwandten Begriffen wie Handlungsmuster, Alltagstheorien und Orientierungsmuster ist ihrer Meinung nach ebenfalls nur schwer zu erkennen (vgl. ebd., S. 57). Dies liegt größtenteils auch daran, daß diese oft synonym verwendet werden. Genauso wie es die unterschiedlichsten Interpretationen zum Deutungsmusterbegriff gibt (vgl. hierzu Lüders 1991, S. 384 f.), was einen einheitlichen Gebrauch und eine Systematik enorm erschwert. Neben diesen "formalen" Schwierigkeiten lassen sich beim Deutungsmusteransatz noch eine Reihe von offenen inhaltlichen Fragen erkennen: Lüders/Meuser merken hierzu an: "Was heißt z.B. Konsistenz? Wie sind die Grenzen zu bestimmen, innerhalb derer ein Deutungsmuster konsistent verwendet werden kann? Wieviel Wandel verträgt ein Deutungsmuster, ohne seine Konsistenz zu verlieren? Oder: In welcher Weise sind Deutungsmuster latent? Meint Latenz, daß sie jeglicher reflexiver Verfügbarkeit entzogen sind? Gibt es nicht vielmehr verschiedene Niveaus der psychischen Repräsentationen objektiver Strukturen und damit von Latenz?" (Lüders/Meuser 1997, S. 74). Weitere Unklarheiten betreffen auch den generativen Status der Deutungsmuster, der näher bestimmt werden muß, um Deutungsmuster "als eine zentrale soziologische Kategorie zu begründen" (ebd., S. 75), auch wenn die empirische Forschung ohne eine Lösung dieses Problems inhaltlich spezifizierte Deutungsmuster rekonstruieren kann (vgl. ebd., S. 74). Ein weiteres Problem ist es, "entscheiden zu müssen, welche Aspekte wie strukturiert zu einem Deutungsmuster gehören und welche nicht, welche Momente marginal und welche konstitutiv für das Deutungsmuster sind, ob 'Abweichungen‘ fallspezifische Eigenheiten anzeigen oder ob sich in solchen Fälle(n) ein Wandel des Musters abzeichnet" (ebd., S. 75). Da diese Entscheidungen nur schwer zu treffen sind, geht dies nach Lüders/Meuser mit einer kategorialen Unschärfe einher: "Man ist zufrieden, wenn man eine Struktur einigermaßen plausibel nachzeichnen kann" (ebd., S. 75). Auch Lüders merkt an, daß mit Brüchen und unscharfen Rändern bei der Rekonstruktion der inneren Struktur und der Konsistenz des Deutungsmusters zu rechnen ist (vgl. Lüders 1991, S. 384). Es kann also nie genau festgehalten werden, ob und wann die Struktur wirklich vollständig rekonstruiert worden ist. Einen Ausweg sehen Lüders/Meuser nur darin, daß sich sowohl eine Theo- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 56 riediskussion entwickelt, die sich am empirischen Material orientiert, als auch die Forschungspraxis präziser arbeitet und dabei die Analyse- und Theorieebenen und somit auch die kategorialen Bestimmungen vor der empirischen Analyse festgelegt werden (vgl. Lüders/Meuser 1997, S. 75). Weiterhin ist die Frage nach der Signifikanz noch unklar, d.h. "ob, welche und wie generalisierende Aussagen auf der Basis von Fallanalysen gemacht werden können" (ebd., S. 76; vgl. auch Lüders 1991, S. 401). Eine Frage, der sich allerdings die gesamte qualitative Forschung stellen muß. Lüders/Meuser fordern ausgehend von ihrer Kritik, daß sich die Forschungspraxis nicht von der theoretisch-methodischen Fundierung des Konzepts entkoppeln darf (vgl. ebd., S. 76). Dies sieht auch Schetsche, der drei grundlegende Probleme des Deutungsmusteransatzes aufzeigt, die "für die geschilderte Theorieabstinenz in den empirischen Studien verantwortlich sind" (Schetsche 2000, S. 116): "1. Die Frage nach dem kategorialen Status und der Funktionsweise generativer Regeln, 2. Die Notwendigkeit der Rekonstruktion des Latenten aus dem Manifesten und 3. Die Annahme eines linearen Zusammenhangs zwischen kollektiven Wissensbeständen und (materiellen) sozialen Strukturen" (ebd., S. 116). Aus diesem Grund sind weitere begriffliche und methodische Klärungen und eine Weiterentwicklung des Konzepts notwendig. Deswegen kann dem Deutungsmusteransatz auch noch nicht der "Status eines ausgereiften methodischen Konzeptes" (Lüders 1991, S. 401) zugesprochen werden. Der Deutungsmusteransatz muß also erst noch beweisen, daß er im Vergleich zu den benachbarten Ansätzen Bestand hat, d.h. analytische Effizienz erbringen kann und ob der Begriff des Deutungsmusters der soziologischen Analyse eine neue Perspektive eröffnet (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 30). 1. Nsdiflsk Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 57 2. Die Bedeutung des Deutungsmusteransatzes für die Erwachsenenbildung 2.1 Entstehung und Entwicklung des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung Die Einführung und Diskussion des Deutungsmusteransatzes wird hier in chronologischer Weise dargestellt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, da es erstens nach meiner Erkenntnis noch keine Darstellung einer Entwicklungslinie des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung gibt. Zweitens ist der Deutungsmusterbegriff, ähnlich dem Lebensweltbegriff und dem Alltagsbegriff, durch den inflationären Gebrauch in der Gefahr einer Verwässerung (vgl. Luckmann 1990, S. 9). Es geht also in erster Linie darum, einen roten Faden in der Entwicklung des Deutungsmusteransatzes durch das Aufzeigen der wichtigsten Phasen zu entdecken. Überblick der Phasen und der Hauptvertreter: Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 58 In der ersten Phase, eine der Rezeption in der Erwachsenenbildung vorgeschaltete Vorphase aus Soziologie und Arbeiterbildung, gelten Oevermann und Negt als Ursprung der Rezeption des Deutungsmusteransatzes: Oevermann mit seinem Konzept der sozialen Deutungsmuster und Negt mit seinem Erfahrungsansatz. Obwohl Negts Konzeption etwas früher als Oevermanns Konzept der sozialen Deutungsmuster (1973) entstanden ist (1968: Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen), bezieht er sich schon damals auf die Dissertation Oevermanns: Sprache und soziale Herkunft (1967). Oevermann kann somit als der "Urheber" des Deutungsmusterbegriffs bezeichnet werden (vgl. u.a. Pensé 1994, S. 32; Matthiesen 1994, S. 75; Meuser/Sackmann 1991, S. 14; Schetsche 2000, S. 110). Obwohl der Erfahrungsansatz z.T. kontrovers dem Deutungsmusteransatz gegenübergestellt wurde, läßt sich sagen, daß Negt, der auch mit dem Deutungsmusterbegriff operiert, eine Schlüsselrolle bei der Rezeption des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung zugeschrieben wird: • "Einmal handelt es sich um den oben schon erwähnten Deutungsmusteransatz. Bezogen auf das Lernen Erwachsener sind die damit verbundenen Überlegungen unter dem Titel ‚Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen‘ (Negt, 1968) erstmals ausgeführt worden" (Weinberg 1985, S. 38). • "Deutungsmuster sind ja, pädagogisch betrachtet, Verdichtungen von Erfahrungen hin zu einer bestimmten Formgebung des Bewußtseins, das deutend nach Aufklärung sucht. Negt hat das als erster aus didaktischer Sicht erörtert (...)" (Lisop 1987, S. 361)16. • "Der Begriff des Deutungsmusters stammt aus der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit und geht zurück auf den Begriff der sozialen Topik, den NEGT im Anschluß an POPITZ und BAHRDT so definiert hat (...)" (Nuissl 1991, S. 46). Am Negtschen Erfahrungsansatz, der in der Diskussion damals auch stark kritisiert wurde (vgl. Alheit/Wollenberg 1982), knüpfen Dybowski/Thomssen an und stellen ihren Deutungsmusteransatz dem gegenüber (vgl. u.a. Thomssen 1991), eine Erste Phase in der Erwachsenenbildung: • "(...) in den Untersuchungen über Voraussetzungen und Bedingungen der Weiterbildung von betrieblichen Interessenvertretern, mit denen DYBOWSKI und THOMSSEN 16 Lisop und Huisinga nahmen die Negtsche Sichtweise auf und entwickelten daraufhin ihre "Arbeitsorientierte Exemplarik" 1984. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 59 den Begriff des ‘Deutungsmusters‘ in die Bildungsdiskussion eingeführt haben (...)" (Nuissl 1991, S. 46 f.). • "Dabei schließt er (gemeint ist dabei Thomssen, J.D.) sich der Negtschen Interpretation an und begründet dann aber ergänzend die Funktion von Deutungsmustern gleichsam als Theorie mittlerer Reichweite" (Giesecke-Schmelzle 1985, S. 84). • "(...) erscheint es gerechtfertigt, die empirischen Untersuchungen von G. Dybowski und W. Thomssen als ‘Initialzündung‘ der aktuellen Diskussion zu bezeichnen" (Siebert 21996, S. 111). Während Nuissl und Giesecke-Schmelzle zwar die Verbindung zwischen der Negtschen Konzeption und dem Deutungsmusteransatz von Dybowski/Thomssen aufzeigen, aber keine "Reibungspunkte" diskutieren, sehen Alheit/Wollenberg einen grundlegenden Unterschied zwischen beiden Ansätzen: "So führt etwa Thomssen (1980, 13 f.) unter Berufung auf die zitierte Negtsche Passage aus: 'Wichtiger als der Begriff des Topos ist für den Negtschen Ansatz der der Erfahrung. An seiner Entfaltung tritt auch die Übereinstimmung mit dem der Deutungsmuster hervor ... Wählt man für die Resultate der Verarbeitung von Realität den Begriff des Deutungsmusters, so stellen Deutungsmuster eine Stufe oder einen Sprung im dialektischen Verhältnis von Erfahrung und Erkennen dar. Erst von dieser Stufe aus kann das Bewußtsein als autonomes Moment der Realität oder den Roherfahrungen gegenübertreten‘ " (Alheit/Wollenberg 1982, S. 257). Entscheidend ist, daß Alheit/Wollenberg hierzu anmerken, Negt habe selbst zu einem Mißverständnis bei der Rezeption seiner Arbeit beigetragen, indem er den "politische(n) ‘Programmbegriff‘ Erfahrung (...) durch empirisch-analytische Kategorien wie ‘soziale Topoi‘ oder ‘Deutungsmuster‘ (als) substituierbar" (Alheit/Wollenberg 1982, S. 257) versteht. Und genau dies kritisieren Alheit/Wollenberg und sehen die Thomssensche Interpretation des Deutungsmusteransatzes als eine Dokumentation dieser Substitution: "Sie läßt auch die oben skizzierte Erkenntnishierarchie durchscheinen: nicht nur, daß von 'Stufen‘, gar einem 'Sprung‘ ausdrücklich die Rede ist (implizit entnimmt man die aufsteigende Reihe 'Roherfahrung‘, 'Deutung‘, 'autonomes Bewußtsein‘); mehr noch wird behauptet, daß erst von der 'Stufe‘ der Deutungsmuster aus das Bewußtsein 'als autonomes Moment‘ Realität und Roherfahrung gegenübertreten könne" (Alheit/Wollenberg 1982, S. 257 f.). Und trotz der Adaption dieses Mißverständnisses kritisieren Alheit/Wollenberg weiter: "Hinter dieser Formulierung steht eine erkenntnistheoretische Position, die nun wahrlich mit der Tradition des Negtschen Erfahrungsbegriffs wenig gemeinsam hat" (Alheit/Wollenberg 1982, S. 258). Thomssen sieht die Verbindung zwischen Erfahrungsansatz und Deutungsmusteransatz anders: "Verwunderlich ist indes, daß NEGT den Deutungsmusterbegriff als einen 'etwas blasseren und vor allem positivistischen Begriff, der sehr plausibel und handlich aussieht‘ (NEGT 1978, S.3) bezeichnet, obwohl er diesen Begriff bereits mit der ersten Ausgabe Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 60 seines Buches 'Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen‘ in die neuere Diskussion einführt (NEGT 1968)" (Thomssen 1991, S. 53). Thomssen macht auf "die platte Gegenüberstellung der Deutungsmusterkonzeption und des Erfahrungsansatzes" (Thomssen 1982, S. 148) aufmerksam. Und obwohl Negt den Deutungsmusterbegriff als blaß ansieht, merkt er an: "... kann ich gar nichts dagegen einwenden, an die Stelle des Fremdwortes 'Topos' das deutsche Wort 'Deutungsmuster' zu setzen" (Negt 1978, S. 63) und "wenn Deutungsmuster in diesem Sinne verstanden werden, so entsprechen sie vollständig dem, was ich unter sozialen Topoi verstanden habe" (ebd., S. 64 f.). Gemeinsamkeiten der beiden Ansätze werden auch klar: Denn es handelt "sich (bei der sozialen Topik, E. NUISSL) um traditionell überlieferte und verdinglichte Deutungsmodelle (...)" (Negt, zit. nach Nuissl 1991, S. 46), und "diese 'Deutungsmodelle‘ sind keineswegs nur individuelle, sondern auch kollektive Verarbeitungstopoi sozialer Wirklichkeit, sind individuelle, auf die jeweilige Arbeits- und Lebenssituation bezogene Ausprägungen kollektiver Bewußtseinsformen" (Nuissl 1991, S. 46). Analog zur Struktur der Deutungsmuster sieht Negt auch, daß die Topoi "sich sicherlich in der gesellschaftlichen Situation (verändern), erhalten aber im wesentlichen ihre Strukturen" (Negt 1978, S. 64). Diese kurze Gegenüberstellung soll an dieser Stelle ausreichen, wobei festzuhalten bleibt, daß in dieser ersten Phase der Deutungsmusterrezeption sowohl Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede zwischen beiden Ansätzen zu erkennen sind. Eine Zweite Phase in der Erwachsenenbildung, bei der die Übertragung des Deutungsmusteransatzes in die Erwachsenenbildung weitergeführt und -verarbeitet wurde, erfolgte durch Arnold mit seinem Buch "Deutungsmuster und pädagogisches Handeln". Grundlage dafür war seine Rezeption der Arbeiten Tietgens, der zwar selbst keinen eigenen Deutungsmusteransatz konzipierte, diesen aber dennoch Anfang der 80er Jahre intensiv diskutierte: "Insofern Deutungsmuster die Lernfähigkeit einschränken, kann die Aufklärung über Deutungsmuster geradezu als das Ziel der Erwachsenenbildung bezeichnet werden" (Tietgens 1980, S. 208). Wie schon im ersten Teil dieser Arbeit angesprochen, geht Arnold von einer Erwachsenenbildung als Sozialpsychologie aus und versucht, den aus der Soziologie stammenden Deutungsmusteransatz weiter in die Erwachsenenbildung zu integrieren. Durch die Auflistung von zehn Bedeutungselementen will er die erwachsenenpädagogische Relevanz des Ansatzes aufzeigen, während anhand seiner Gegenüberstellung und Differenzierung von drei metatheoretischen Deutungsmusterkonzeptionen der Versuch unternommen wurde, die erkenntnistheoretischen Implikationen des Ansatzes zu analysieren, was z.T. auch in der Soziologie beachtet wurde (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 14). Wie später noch genauer aufgezeigt wird, ist bei der Arnoldschen Rezeption ein Bruch zum ursprünglichen Konzept der sozialen Deutungsmuster von Oevermann zu erkennen. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 61 Während Oevermann noch klar zwischen sozialen Deutungsmustern und deren individuellen Ausprägungen (Derivate von Deutungsmustern) unterscheidet, verwischt bei Arnold diese Grenze zunehmend. Zwar bezieht er sich bei der Darstellung der theoretischen Implikationen des Deutungsmusteransatzes noch auf dessen soziale Aspekte, doch scheint dies bei seinen erwachsenenbildnerischen Ausführungen zu verschwinden, und es kommt zu einer Fokussierung auf individuelle Deutungsmuster, was auch die Tendenz erklärt, daß sich Arnold trotz seiner Unterscheidung zwischen ontologischem und epistemologischem Primat der Deutungsmusteransätze deutlich auf letzteres bezieht. Diese Tendenz verstärkt sich in der Dritten Phase in der Erwachsenenbildung, die geprägt ist von Arnold/Schüßlers "Konzept des Deutungslernens". Hierbei geht es ganz klar um die individuellen Deutungen der Teilnehmer, wie schon aus der Änderung des Konzeptnamens hervorgeht: Von Deutungsmusteransatz zu Deutungslernen. Die Thematisierung der Musterhaftigkeit im ursprünglich sozialen Sinne wird dabei aufgegeben. Diese Weiterentwicklung wird logisch und offensichtlich, wenn man die Verbindung Arnold/Schüßlers zum Radikalen Konstruktivismus und deren Transformationsversuch in die Erwachsenenbildung betrachtet, bei dem ja auch von einem epistemologischen Primat und einer Konzentration auf die subjektive Wirklichkeitskonstruktion ausgegangen wird. Zwar behauptet Arnold im Vorwort zu Schüßlers aktueller Veröffentlichung: "Unübersehbar gibt sie dabei einer Leseart des Deutungsmusteransatzes den Vorzug, die um Perspektiven des sozialen Konstruktivismus aufgeladen ist und die soziale mit der individuellen Deutungskonstitution zu vermitteln vermag" (Arnold, in: Schüßler 2000, S. X). Doch diese Einbezugnahme sieht bei Schüßler so aus, daß sie (A) Sozialen Konstruktivismus/Symbolischen Interaktionismus, (B) Deutungsmusteransatz und (C) Radikalen Konstruktivismus mittels eines wissenschaftsanalytischen Fokus gegenüberstellt und damit aufzeigen will, daß der Deutungsmusteransatz zwischen individueller und sozialer Deutungskonstitution steht. Ein Trugschluß, da der Deutungsmusteransatz in originaler Form zwar beide Perspektiven betrachtet (soziale Deutungsmuster/Derivate von Deutungsmustern), jedoch nicht eine von beiden als grundlegend postuliert und die andere zwar nicht verneint, aber wie z.B. der Radikale Konstruktivismus mit wackeligen "Hilfskonstruktionen" erklären will. Eine solche Positionierung erscheint somit nicht angemessen zu sein und wird auch dem Konzept des Deutungsmusteransatzes nicht gerecht. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 62 2.2 Die Forschungsperspektive des Deutungsmusteransatzes für die Erwachsenenbildung Grundlegend bei der Forschungsperspektive des Deutungsmusteransatzes ist, daß es zu einer klaren Abgrenzung von behavioristischen Ansätzen kommen soll, die zu der Zeit vorherrschten als Oevermanns Manuskript geschrieben wurde. So soll sowohl die Vorstellung über Subjekte aufgegeben werden, die deren Handlung in einer Stimulus-ReizInteraktion eingebettet sieht als auch über eine empirische Forschung als Variablensoziologie, da diese eine unzureichende methodologische Perspektive bietet. Doch wie sieht nun diese differente Vorstellung einer Forschung aus, welche die subjektiven Vorstrukturen analysieren will? Da Oevermann aus dem ursprünglichen Konzept der sozialen Deutungsmuster seine "Objektive Hermeneutik" entwickelt hat, könnte man annehmen, daß dies die Methode ist, die aus dem Deutungsmusteransatz zu folgern wäre. Doch wie schon vorher erwähnt, ist dies nicht die zwingende methodologische Perspektive (vgl. Meuser/Sackmann 1991, S. 15), und Lüders meint hierzu: "Allerdings zeigt ein Blick in die Forschungsberichte, daß hierbei derzeit fast alles möglich zu sein scheint: von der Sequenzanalyse über konversationsanalytisch und narrationsstrukturelle Verfahren bis hin zu eher phänomenologischen und paraphrasierenden Zugängen" (Lüders 1991, S. 386). Der Deutungsmusteransatz scheint somit alle Varianten der qualitativen Sozialforschung abzudecken. Zusätzlich zu der qualitativen Sozialforschung sieht Wiedemann "nahezu das gesamte Repertoire der empirischen Sozialforschung (der quantitativen wie der qualitativen)" (Lüders/Meuser 1997, S. 57) als geeignete Verfahren zur Datenerhebung und -auswertung an: "Die einzelnen Datenerhebungsverfahren zur Deutungsmusteranalyse lassen sich in zwei Klassen einteilen: offene Verfahren wie das narrative Interview und geschlossene, die durch spezifische Fragestrategien Deutungsmuster elizitieren (...). Die Datenauswertung der Deutungsmusteranalyse kann sowohl qualitativ als auch quantitativ erfolgen" (Wiedemann 1989, S. 222). Entscheidend dabei ist, daß "die Wahl des jeweiligen Verfahrens (...) von den Erkenntniszielen, den Datenerhebungsmethoden und dem vorhandenen Analysemodell ab(hängt)" (Wiedemann 1989, S. 222). Lüders/Meuser sehen bei einem so weit gefaßten Verständnis über mögliche Verfahren zur Deutungsmusteranalyse die Gefahr, daß das Deutungsmusterkonzept inflationär gebraucht wird und merken an: "Wir begreifen Deutungsmusteranalyse als eine Variante der interpretativen Soziologie und als ein Verfahren der qualitativen, rekonstruktiv verfahrenden Sozialforschung" (Lüders/Meuser 1997, S. 57). Dies bestätigt auch ILMES, das Internet-Lexikon der Methoden der empirischen Sozialforschung, in dem es zum Begriff der Deutungsmuster heißt: "Heute wird der Begriff Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 63 vor allem in wissenssoziologisch orientierten, hermeneutisch-rekonstruktiv angelegten Untersuchungen herangezogen" (ILMES 1998, S. 1). So unsystematisch wie die Diskussion über den Deutungsmusteransatz erscheint, zeigt sich auch, daß es keinen einheitlichen Gebrauch methodischer Verfahren für die Deutungsmusteranalyse gibt: "Wer sich heute auf die Deutungsmusteranalyse einläßt, kann weder mit einer klaren kategorialen Systematik rechnen noch sich auf allgemein akzeptierte und bewährte methodische Verfahrensregeln verlassen" (Lüders 1991, S. 378). Aber dennoch: "In der interpretativen Soziologie gilt die Analyse sozialer Deutungsmuster als eine der zentralen Aufgaben soziologischer Forschung und Theoriebildung" (Lüders/Meuser 1997, S. 57). Lamnek sieht in der analytischen Rekonstruktion von Deutungsmustern sogar den primären Gegenstand qualitativer Sozialforschung (vgl. Lamnek 1988, S. 24 f.; Lüders/Meuser 1997, S. 57). Als gemeinsamer Nenner läßt sich m.E. die "deutliche Nähe zu gegenwartsdiagnostisch interessierten Mikroanalysen" (Lüders 1991, S. 378) und "die Rekonstruktion von brüchig gewordenen Alltagserfahrungen" (ebd., S. 378) festhalten. Um der Gefahr zu entgehen, daß Deutungsmusterbegriffsdefinitionen ihren Analysegegenstand verfehlen, schlägt Lüders vor, Deutungsmuster als heuristisches Konzept zu begreifen, "mit dessen Hilfe theoretische Differenzen erzeugt und Perspektiven eröffnet werden, die dann forschungs- und projektpragmatisch 'bearbeitet‘ werden müssen (ebd., S. 381). Es geht dabei um eine spezifische Organisation von Daten, bei welcher der Umgang mit theoretischen Fragen, die forschungspragmatisch beantwortet werden müssen, nicht ausbleiben kann (vgl. ebd., S. 381). Diese Vorbemerkungen sollen auf die Unsystematik bezüglich der Forschungsmethoden hinweisen, die ebenfalls in der Erwachsenenbildung feststellbar ist. Auch hier gibt es keine eindeutig identifizierbare Methode des Deutungsmusteransatzes. Allgemein merkt Arnold hierzu an, daß für eine didaktisch orientierte Lebensweltforschung eher qualitative Verfahren einzusetzen sind, da mit empirisch-quantitativen Verfahren nur das Alltagswissen der Forscher, nicht aber das der untersuchten Zielgruppe zutage gefördert wird (vgl. Arnold 1983 b, S. 57). Auch Siebert fordert "eine didaktisch relevante, qualitative 'Lebensweltforschung‘, die nicht unbedingt statistisch verallgemeinerbare Daten produziert, aber typische Probleme und Lernerwartungen beschreibt" (Siebert 1980, S. 119). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 2.2.1 64 Qualitative versus quantitative Forschung Die Zeit, in der der Deutungsmusteransatz großes Interesse in der Erwachsenenbildung erlangte, ist mit der Wende vom normativen zum interpretativen Paradigma verbunden, bei der zunehmend qualitative, interpretative Methoden Einzug in die erwachsenenbildnerische Forschung hielten (vgl. Siebert 1999, S. 183). Ausgangspunkt war dabei die Kritik an einer naturwissenschaftlich beeinflußten Methodologie (vgl. S. Kade 1994, S. 296), die seit Mitte der 60er Jahre unter dem Begriff der "realistischen Wende" vorherrschte (vgl. Siebert 1982, S. 73 f.)17. Diese Methodologie ging davon aus: - “daß das soziale Verhalten beobachtbar und meßbar ist und – ähnlich wie Naturtatsachen auch – einem Wahrscheinlichkeitskalkül folgt; - daß die Individuen sich ihren abfragbaren Einstellungen gemäß verhalten und dies auch für die Zukunft gelten wird; - daß eben deshalb aber auch Verhalten und Einstellungen erklärbar und für die Zukunft prognostizierbar sind" (S. Kade 1994, S. 297). Operiert wird dabei mit theoriegeleiteten Hypothesen, die durch Messen und Zählen bestätigt oder widerlegt werden. Die qualitative Forschung hingegen zielt nicht ausschließlich auf Datenmengen ab, sondern folgt einem anderen Paradigma und so unterschiedliche Forschungsrichtungen es auch gibt, ist deren "kleinste(r) gemeinsame(r) Nenner der verstehende Zugang zum Fall, der eine symbolisch vermittelte Wirklichkeit, nicht aber ein Abbild der äußeren Wirklichkeit wiedergibt" (S. Kade 1994, S. 296). Es geht also um eine verstehende Methodologie, deren Abgrenzung zu einer naturwissenschaftlich ausgerichteten Forschung Dilthey mit dem Satz: "Die Natur erklären wir, das Seelenleben verstehen wir" (Dilthey, zit. nach S. Kade 1994, S. 297) dargestellt hat. Doch wie ist das Verstehen fremder Sinnwelten überhaupt möglich? S. Kade bietet hierbei anhand einer Zusammenstellung von interpretativen Theorieansichten einen Erklärungsansatz: - “Nur weil der Forscher ebenso wie das Gesellschaftsmitglied immer schon Teilhaber einer symbolisch vermittelten sozialen Welt ist, ist ihm auch ein verstehender Zugang zu fremden Sinnwelten möglich (Schütz 1974). 17 Siebert zeigt auf, wie sich ein Paradigmenwechsel in der Erwachsenenbildung seit Anfang der 60er Jahre vollzogen hat: Von der Unterrichtsforschung mit deutlich behavioristischen Akzenten über die Aktions- und Handlungsforschung, die stark praxisorientiert war, bis hin zum interpretativen Paradigma (vgl. Siebert 1982, S. 73 ff.). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung - 65 Die Bedeutungskonstitution im sozialen Zusammenhang ist gegenüber dem individuellen Entwurf symbolisch vermittelter Sinnwelten vorgängig. Obwohl also subjektiver Sinn deshalb nur als Sonderfall intersubjektiven Sinns gelten muß, geht subjektiver Sinn gleichwohl nicht in diesem auf (Mead 1975; Oevermann 1979; Berger/Luckmann 1970). - Die Annäherung an fremde Sinnstrukturen ist deshalb auf Verständigung angewiesen oder auf methodisch geleitete Verstehensprozeduren, die dem alltäglichen Fremdverstehen strukturhomolog nachgebildet sind. Das, was jedoch im Alltag aufgrund von Vertrautheit und von Handlungsroutine quasi abgekürzt sich vollzieht, wird im methodisch geleiteten Fremdverstehen explizit entfaltet und systematisiert (S. Kade 1983)" (S. Kade 1994, S. 297). Festzuhalten bleibt dabei, daß die Grundannahme des interpretativen Paradigmas der qualitativen Forschung "die strukturelle Einheit von Erkenntnisgegenstand und Methodologie" (ebd., S. 297) ist. Tietgens weist dem interpretativen Paradigma eine wichtige Stellung in der Erwachsenenbildung zu: "Es läßt sich eine Problemkongruenz von Forschungssituation und Bildungsarbeit aufzeigen. Deshalb verdient ein interpretatives Paradigma im Falle der Erwachsenenbildungsforschung Vorrang. Mit einem interpretativen Problemangang können gerade die Phänomene ins Blickfeld rücken, die Erwachsenenbildung konstituieren oder ihr Gelingen verhindern" (Tietgens 1981, S. 121). Siebert hingegen kritisiert Tietgens‘ Fokussierung auf den Symbolischen Interaktionismus, da seiner Meinung nach die damaligen strukturellen Tendenzen "alles (...) politisch, ideologisch und ökonomisch begründete Entscheidungen (sind), die sich nur zum geringen Teil sozialpsychologisch als 'symbolische Interaktion‘ und 'interpretative Verständigungsprozesse‘ analysieren und bewerten lassen" (Siebert 1982, S. 79). Auch weist er darauf hin, "daß es gute Gründe gibt, wenn H. Tietgens eine Konzentration der Forschung auf das Lerngeschehen als Austausch und Differenzierung von Deutungsmustern gleichsam als mittlere, sozialpsychologische Abstraktionsebene (...) empfiehlt, daß aber damit nicht alle Dimensionen des Lehrens und Lernens Erwachsener in den Blick geraten" (ebd., S. 80). Siebert scheint hier allerdings von einem Deutungsmusteransatz zu sprechen, der sich allein an den individuellen Deutungsmustern ausrichtet. Er kritisiert hierbei die Nichteingebundenheit in gesellschaftliche Zusammenhänge, was jedoch bei einem Deutungsmusteransatz, der sowohl die individuellen als auch die sozialen Aspekte der Deutungen einschließt, möglich und sogar nötig ist. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 2.2.2 66 Untersuchungsperspektiven Obwohl die qualitative Forschung vom "Modus der Auslegung" (Tietgens, zit. nach S. Kade 1994, S. 299) ausgeht (d.h. daß wir im Alltag aus der uns allen vorbefindlichen Welt unsere eigene Lebenswelt konstruieren) und gemeinsame Grundfragen hat, bietet sie verschiedene Untersuchungsperspektiven, die aus unterschiedlichen Wissenschaftstraditionen stammen. Es handelt sich dabei v.a. um den Symbolischen Interaktionismus (Mead), der Phänomenologie (Grathoff), der Wissenssoziologie (Schütz) und der Ethnomethodologie (Weingarten). Bezüglich der erwachsenenbildnerischen Rezeption dieser Wissenschafts-traditionen läßt sich nach S. Kade festhalten, daß diese erst Mitte der 80er Jahre nicht nur die Theorie sondern auch die Methodologie der Erwachsenenbildung beeinflußten und Ergebnisse brachten. Zu den Konzepten, die sowohl theoretisch diskutiert als auch empirisch angewandt wurden, zählt S. Kade das Lebensweltkonzept, den Symbolischen Interaktionismus, das Alltagswissenskonzept und das Deutungsmusterkonzept. Diese nennt auch Bude und kritisiert zugleich: "Ein altbekannter Mangel der Soziologie taucht auch in der gegenwärtigen Diskussion wieder auf: Trotz gegenteiliger programmatischer Bekundungen laufen die Versuche zur Theoriekonstruktion und die Vorschläge für eine interpretativ verfahrende Sozialforschung relativ unverbunden nebeneinander her. Theoriekonzepte fordern eine Abkehr von szientifisch ausgerichteten methodischen Verfahren ohne zu sagen, wie denn nun alternativ verfahren werden sollte (...)" (Bude 1982, S. 135). Die Fragen der qualitativen Forschung, die Deutungsmusteranalysen betreibt, sind dabei vor allem: "Welche Deutungsmuster findet der einzelne in seiner Lebenswelt als sozial akzeptierte vor? Welche Fremdzuschreibungen sind in das Deutungsreservoir aufgenommen und als Fremdzwang internalisiert? Welche Deutungsmuster sind handlungsleitend, weil sie sich bisher biografisch bewährt haben? Sind Diskrepanzen zwischen Deutungsmustern und Handlungen erkennbar? Welche Widersprüche zwischen den Deutungsmustern zeichnen sich ab?" (S. Kade 1994, S. 302). Gemeinsam ist jedoch allen Untersuchungsperspektiven, daß sie ihren Gegenstand als einen Ausschnitt der Wirklichkeit betrachten, der authentisch dokumentiert ist. Das Interpretationsmaterial sind idealerweise wortwörtliche Textdokumente: Interviews, Gruppendiskussionen, Interaktionsprotokolle, Videoaufnahmen oder Protokolle von teilnehmenden Beobachtungen. Die Bandbreite qualitativer Forschung ist dabei weit gestreut. Sie reicht von biographischen Untersuchungen bis hin zu der Interpretation einer einzigen Interaktionssequenz. Ebenfalls gemeinsam ist dabei den Untersuchungsperspektiven, daß sie sich ihrem Gegenstand mit einer Auffassung nähern, die das Dokument als bereits interpretiert ansieht und somit das Leben nicht selbst wiedergegeben wird (vgl. S. Kade 1994, S. 303). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 2.2.3 67 Untersuchungsmethoden Untersuchungsdesigns Lüdemann stellt dar, welche Untersuchungsdesigns zur Analyse von Deutungsmustern geeignet sind, wobei besonders die Versionen 2,3, und 4 interessant erscheinen: "1. die Deutung verschiedener Phänomene durch eine soziale Gruppe, 2. die Deutung eines Phänomens durch verschiedene Gruppen, 3. verschiedene Deutungen eines Phänomens durch eine Gruppe im Zeitablauf, 4. verschiedene Deutungen eines Phänomens durch verschiedene Gruppen im Zeitablauf" (Lüdemann 1991, S. 133). Erhebungsverfahren Grundlegend bei den Erhebungsverfahren ist, daß schon die Auswahl der untersuchten Personen als Interpretationsarbeit gelten kann, wobei nach S. Kade gerade bei der qualitativen Forschung aufgrund der geringen Fallzahlen die Auswahl der Befragten relevant ist. Ebenso wichtig ist die Freiwilligkeit der Teilnahme und die Zusicherung von Vertraulichkeit bei der Untersuchung (vgl. S. Kade 1994, S. 304). Wiedemann zeigt auf, wie vorgegangen werden sollte, um Deutungen zu explizieren: 1. Herstellung einer günstigen Kommunikationssituation, um dem Befragten eine Darstellung seiner Deutungen ohne äußeren Druck zu ermöglichen. 2. Teilnahme an der Lebenspraxis der Befragten. Dadurch soll es möglich werden, selbstverständliche und deswegen nicht mehr reflektierte Aspekte der Deutungen zu entdecken. 3. Durchführung von Konsistenzanalysen, die dazu dienen, daß Widersprüche innerhalb der Deutungen des Befragten und somit auch latente Deutungsmuster aufgedeckt werden können. 4. Herstellung von Kommunikationssituationen, die das Selbstverständliche und Gewohnte verfremden, um somit durch die Gewohntheit ausgeklammerte Deutungsmuster reflektieren zu können. 5. Ansetzen an Umbruchsituationen der Deutungsmuster, bei denen sich bisher brauchbare Erfahrungen als problematisch erwiesen haben. (vgl. Wiedemann 1989, S. 222) Als Erhebungsformen lassen sich Interviews von Protokollmitschriften (vgl. S. Kade 1994, S. 304) oder generell geschlossene von offenen Datenerhebungsverfahren (vgl. Wiedemann 1989, S. 222 f.) unterscheiden: Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 68 1. Das offene oder narrative Interview gilt nach S. Kade als das Grundmodell der qualitativen Forschung. Anders als bei den übrigen Interviewmethoden ist eine thematische Fokussierung und Vergleichbarkeit der untersuchten Fälle nicht immer gegeben, es hat aber den Vorteil, daß der Ablauf des Interviews nicht vom Interesse des Forschers beeinflußt wird: "Erster Grundsatz des narrativen Interviews ist deshalb die klare Trennung des offenen Erzählteiles, auf den ein Nachfrageteil und schließlich ein themenfokussierter Teil folgen kann" (S. Kade 1994, S. 304). 2. Die teilnehmende Beobachtung wird besonders dann als Erhebungsmethode eingesetzt, wenn es um die Aufzeichnung von Prozeßstrukturen innerhalb realer Interaktionen geht und eine direkte Nachfrage aufgrund des Themas problematisch und mit Hemmschwellen verbunden ist. Der Forscher kann dabei am Prozeß teilnehmen oder nur beobachten. Oft werden aber Beobachtung und Interview integriert: "In diesem Fall dient die teilnehmende Beobachtung der Erkundung des Feldes in explorativer Absicht, um in einem komplexen, bisher unbekannten Milieu Forschungsfragen zu entwickeln, die anschließend in Interviews untersucht werden können" (ebd., S. 304). Dabei erfolgt die Untersuchung in zwei Schritten: In einem ersten werden alle möglichen Ereignisse so ungekürzt wie möglich dokumentiert und eventuell später ergänzt, um dann in einem zweiten Schritt die Dokumentation zu strukturieren. Da die Anwesenheit des Forschers aber dennoch in die Situation eingreift, müssen auch sein Standort, seine Reaktionen sowie die der Beobachteten im Protokoll festgehalten werden, da diese als forschungsrelevante Daten gelten (vgl. S. Kade 1994, S. 305). Auswertungs- und Interpretationsverfahren Dieser Teil der Forschung hat eine besondere Relevanz, da "nicht die Datenerhebung (...) das vorrangige Problem (ist), sondern die systematische, intersubjektiv nachprüfbare Datenauswertung, die Analyse von 'Mustern‘ aus den Einzelfallstudien" (Siebert 1982, S. 84). Und auch S. Kade zeigt auf: "Der weitaus umstrittenste Aspekt qualitativer Forschung ist nicht die Geltungsfrage exemplarischer Strukturanalyse, sondern weit eher die Frage der Darstellung" (S. Kade 1994, S. 306). Die Auswertung ist dabei in Intervallen aufgebaut, wobei das erste Intervall eine erste Auswertungsserie von Dokumenten ist, auf die weitere Serien folgen und dabei zur Erweiterung der ersten Vorannahmen beitragen können. Die Auswertung der Daten kann dabei qualitativ oder auch quantitativ erfolgen, wobei die Wahl des Instruments abhängig ist von Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 69 den Erkenntniszielen, den Erhebungsmethoden und dem vorhandenen Analysemodell (vgl. Wiedemann 1989, S. 222). Terhart unterscheidet zwischen vier Konzepten einer kontrollierten Auswertung: 1. Das Konzept der kommunikativen Validierung 2. Der Versuch einer Integration von dialogischer und empirischer Geltungsbegründung 3. Der Ansatz der objektiven Hermeneutik 4. Das Konzept einer argumentativen Geltungsbegründung von Interpretationen Siebert kritisiert hierbei: "Mir ist keine Untersuchung aus der Erwachsenenbildung bekannt, in der auch nur eines dieser Verfahren systematisch angewendet worden wäre" (Siebert 1982, S. 85). Entscheidend bei der ganzen Vorgehensweise ist, "daß die Kernaussage nicht nur am Fall gewonnen, sondern auch in der Sprache des Falls formuliert sein muß, damit aber niemals die mittlere Reichweite lebenspraktischer Problemkonstellationen überschreiten kann" (S. Kade 1994, S. 306). Weitere Informationen bezüglich Verfahren bei der Deutungsmusteranalyse finden sich bei Lüders/Meuser 1997, S. 66 ff. (diachrone Deutungsmusteranaylsen; Sequenzanalyse; Analyse großer Textmengen), Bude 1982, S. 141 (sequentielle Feinanalyse) und Lüdemann 1991, S.134 f. (cognitive mapping; subjektive Pfadanalyse; Struktur-Lege-Technik; narrative Interviews; komparative Kasuistik; Analyse von Metaphern). 2.2.4 Untersuchungsergebnisse Zu empirischen Ergebnissen des Deutungsmusteransatzes merkt S. Kade an: "Das in der Erwachsenenbildung zweifellos stark favorisierte, gleichwohl aber nur selten in empirischen Untersuchungen überprüfte Konzept ist der von Thomssen (1982) in die Diskussion eingeführte Deutungsmusteransatz" (S. Kade 1994, S. 301). Dennoch sollen hier chronologisch und exemplarisch einige Untersuchungen aus der Erwachsenenbildung aufgeführt werden, die Deutungsmusteranalysen durchgeführt, bzw. in Verbindung mit dem Deutungsmusteransatz gearbeitet haben: • Kejcz, Y., Monshausen/K.-H., Nuissl, E./Paatsch, H.-U./Schenk, P. (1979 f.): Bildungsurlaubs-Versuchs- und Entwicklungsprogramm der Bundesregierung (BUVEP), Bd. 1 - 8. • Thomssen, W. (1981): "Verarbeitung von beruflichen und betrieblichen Erfahrungen" (vgl. Thomssen 21994, S. 114). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung • 70 Dybowski, G./Thomssen, W. (1982): Untersuchungen über Voraussetzungen und Bedingungen der Weiterbildung von betrieblichen Interessenvertretern. • Schuchardt, E. (21982): Soziale Integration Behinderter (Gesamtdarstellung in 2 Teilbänden). • Arnold, R. (1983a): Pädagogische Professionalisierung betrieblicher Bildungsarbeit: explorative Studie zur Ermittlung weiterbildungsrelevanter Deutungsmuster des betrieblichen Bildungspersonals. • Schuchardt, E. (1985): Krise als Lernchance. Analyse von Lebensgeschichten. • Ebert, G./Hester, W./Richter, K. (1986): Subjektorientiertes Lernen und Arbeiten. Ausdeutung einer Gruppeninteraktion. • Gottschalk, F. (1999): Auf das Selbstdenken kommt es an - Frauenbildung auf dem Land. • Schlüter, A. (1999): Bildungserfolge. Eine Analyse der Wahrnehmungs- und Deutungsmuster und der Mechanismen für Mobilität in Bildungsbiographien. 2.3 Verwandte Ansätze in der Erwachsenenbildung Wie schon in den vorherigen Ausführungen ersichtlich wurde, steht der Deutungsmusteransatz nicht abgetrennt von anderen soziologischen Theorien. Auch in der Erwachsenenbildung ist der Deutungsmusteransatz mit der Rezeption anderer Konzepte verknüpft, die sich z.T. ebenfalls überschneiden und aufeinander beziehen. Deshalb werden einige wichtige Ansätze, auf die sich der Deutungsmusteransatz in der Erwachsenenbildung bezieht, zusammengefaßt, die relevanten Aspekte für den Deutungsmusteransatz angesprochen und erläutert. 2.3.1 Symbolischer Interaktionismus Den Anfang der Darstellung der benachbarten Konzepte macht hier der Symbolische Interaktionismus, der als eine Sozialpsychologie gelten kann, die an den amerikanischen Pragmatismus angelehnt und daraus entstanden ist. Wegbereiter dieser Theorie waren Peirce und Lewis18, die die praktisch-pragmatische Dimension zeichenvermittelter Erkenntnis postulierten (vgl. Brumlik 1973, S. 21), wobei Peirce "als erster überzeugend 18 Weitere Vorgänger des Symbolischen Interaktionismus sind u.a.: James (1890): Principles of Psychology; Cooley (1902): Human Nature; Thomas (1918): The polish peasant (vgl. Brumlik 1973, S. 120). Ebenso die Werke Webers (vgl. Gerl 1980, S. 374). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 71 nachgewiesen hat, daß jeder Erkenntnisakt ein Akt des Zeichensetzens ist, der den Regeln logischen Schließens folgt, und der in seinen späteren zeichentheoretischen Analysen auf die je schon intersubjektiv vermittelte Bedeutung von Zeichen hingewiesen hat" (ebd., S. 14)19. Vor allem durch Mead20 wurden diese Vorannahmen in eine Sozialtheorie eingebaut, "die menschliches Verhalten als symbolisch vermittelte Interaktion auffaßt und aus diesem Prozeß der symbolisch vermittelten Interaktion auch die Entstehung von Bewußtsein, Individuum und Gesellschaft erklärt" (Preglau 1995a, S. 52). Weiterentwickelt wurde der Symbolische Interaktionismus vor allem in der soziologischen Diskussion durch Rose 1967, Blumer 1973 und Stryker 1976 (vgl. Gerl 1980, S. 374). Obwohl der Symbolische Interaktionismus hinlänglich als soziologisch-sozialpsychologische Theorie bekannt ist, ist weder sein systematischer Status noch die Konsistenz der eigenen Aussagen gesichert (vgl. Brumlik 1973, S. 12). Dies ist auch Anlaß für Strykers Kritik, nach der man den Symbolischen Interaktionismus nicht als Theorie ('theory‘) bezeichnen kann, sondern eher als 'conceptual framework‘ (vgl. ebd., S. 12). Diese Unterscheidung geht davon aus, daß eine Theorie demnach ein Aussagesystem ist, das sozialpsychologische Prozesse von Sozialisation und Persönlichkeitsbildung durch empirisch überprüfbare Hypothesen und Erklärungen untermauert, wohingegen ein 'conceptual framework‘ nur anhand seiner Perspektive, logischen Konsistenz und Fruchtbarkeit, nicht aber empirisch überprüfbar ist: "Ein 'conceptual framework‘ stellt die Begriffe und Aussagen zur Verfügung, die dann in einer Theorie systematisiert und operationalisiert werden" (ebd., S. 13). Entscheidend beim Symbolischen Interaktionismus ist jedoch, daß er sich selbst als nichtreduktionistisch verstehen will: "Weder will sie (der symbolische Interaktionismus als Sozialtheorie, J.D.) 'Geist‘ auf beobachtbares Verhalten reduzieren (wie Watsons Behaviorismus es tat) noch wie der Introspektionismus auf die wissenschaftliche Methode der Beobachtung verzichten" (ebd., S. 22). Die grundlegende These Meads lautet: "Das selbstbewußte Subjekt kann sich nur in einer Gemeinschaft handelnder und kommunizierender Menschen herausbilden" (Preglau 1995a, S. 53). Weiterhin geht es beim Symbolischen Interaktionismus nach Brumlik vor allem um: 19 20 Nähere Ausführungen zu Peirce vgl. Brumlik 1973, S. 14-21 Besonders Meads Werk: Mind, Self and Society (1934) Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 72 1. Die Analyse jedermann zugänglicher Alltagserfahrungen. 2. Die Beobachtung normal-spontanen, nicht experimentell erzeugten Verhaltens. 3. Die Annahme, daß Individuen auf soziale Beziehungen zu anderen angewiesen sind, um ein Selbst bzw. Identität zu erringen. 4. Die Annahme, daß die Gesellschaft als ein Geflecht interagierender Individuen mit Werten und Normen dem einzelnen Individuum vorausgeht. 5. Das soziale Geschehen als offener Prozeß. 6. Menschliches Verhalten, das sich nicht durch Stimulus-Reiz-Schemata erklären läßt, sondern durch die Verankerung des Individuums in seiner symbolischen Umwelt, in der alle Gegenstände, Strukturen, Personen und Verhaltensweisen ihre Bedeutung durch soziale Beziehungen erhalten. (vgl. Brumlik 1973, S. 120) Nach Gerl kann die symbolische Interaktion als "sinnabhängiger Modus menschlichen Handelns" (Gerl 1980, S. 374) begriffen werden. Entscheidend dabei ist, daß in Situationen symbolischer Interaktion Bedeutungen enthalten sind, die "den Wert dar(stellen), der den in einer Situation vorfindlichen Gegenständen, also in allen Dingen, Worten, Personen, von den Beteiligten im praktischen Umgang zugemessen wird" (ebd., S. 375). Es geht also um die symbolhafte Darstellung der Welt beim Subjekt und gleichzeitig um die Teilung der Symbole in der menschlichen Gemeinschaft. Ausgangslage der Meadschen Theorie ist die Sonderstellung des Menschen, dem Mead eine menschliche Instinktarmut und Weltoffenheit konstatiert, die durch das Prinzip der sozialen Differenzierung ersetzt wird. Dadurch, daß der Mensch nicht mehr auf Instinkte angewiesen ist, hat er eine relative Wahlfreiheit in seinem Verhalten und kann sich seine ökologische Nische aussuchen und gestalten (vgl. Preglau 1995a, S. 54): "Menschliches Verhalten werde vielmehr symbolisch vermittelt, durch sprachliche Kommunikation gesteuert, die der Festlegung und Mitteilung von Verhaltenserwartungen ebenso dient wie der Interpretation der sowie der Verständigung über die Umwelt" (ebd., S. 54). Im Gegensatz zu den anderen Lebewesen ist aber diese evolutionäre Anpassung des Menschen nicht zufällig geschehen, sondern beruht "auf der gezielten Erfindung und systematischen Erprobung von Lösungen für Anpassungsprobleme" (ebd., S. 55), was Mead als bewußte Anpassung versteht. Durch diese Anpassung kann der Mensch seine Umwelt kontrollieren und diese Kontrolle zusätzlich steigern. In dieser Sonderstellung des Menschen sind bereits die zentralen Elemente der Meadschen Theorie enthalten: die symbolische Vermittlung des menschlichen Verhaltens und Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 73 die Rolle der symbolisch vermittelten Interaktion für die Entstehung und Entwicklung von Bewußtsein, individueller Identität und Gesellschaft (vgl. ebd., S. 55): • Die symbolisch vermittelte Interaktion ist nach Mead dabei charakteristisch für soziales Handeln und zeichnet sich durch die Tatsache aus, "daß der Handelnde nunmehr auch sich selbst die im Ansatz befindliche Handlung anzuzeigen vermag, dadurch in die Lage versetzt wird, auf seine eigene Handlung zu reagieren und mit dieser Reaktion die Reaktion seines Interaktionspartners zu anitizipieren. Auf Grundlage dieser Antizipation kann der Handelnde dann den ursprünglichen Handlungsansatz ausführen, ihn gegebenfalls auch modifizieren oder unterlassen" (ebd., S. 56). Das Handlungssubjekt reagiert also bei seinen Handlungen auf der Stufe der symbolischen Interaktion nicht nur auf die anderen, sondern auch auf sich selbst. • Nach Mead ist das Bewußtsein das "Wissen um die Bedeutung von Objekten" (ebd., S. 58), welches in der Interaktion mit anderen entsteht. Auch hier geht es um die Reflektion der eigenen Reaktionen auf Reize, und das Handlungssubjekt macht sich selbst zu einem Objekt, dessen Bedeutung analysiert wird: "Das Wissen, das aus dieser Bedeutungsanalyse resultiert, ist Selbstbewußtsein, Bewußtsein der eigenen Bedeutung" (ebd., S. 58). Aufgebaut und erworben wird das Bewußtsein nach Mead durch signifikante Symbole, also in Form von sozial vermittelter Sprache. Somit sieht Mead Denken "als ein 'Spiel der (signifikanten) Gebärden‘ innerhalb des Individuums, als ein ‘nach innen verlagertes Gespräch‘ (Mead 1980, S. 245)" (ebd., S. 59). • Mit dem Bewußtsein ist auch die Identität des Subjekts verknüpft. Sie entsteht, wenn das Subjekt sich selbst zum Objekt machen und ein Bewußtsein über die eigene Bedeutung entwickeln kann. Die Identität besitzt eine gesellschaftliche Struktur, die von der gesellschaftlichen Erfahrung und dem Prozeß der symbolisch vermittelten Interaktion geprägt ist, da auch diese Selbsterfahrung in sprachlichen Begriffen und durch Haltungsübernahmen der anderen erfolgt. Hierbei kommt auch die Rollentheorie Meads zum Vorschein, nach der es in diesen Interaktionsprozessen zu einer Rollenübernahme anderer kommt (vgl. ebd., S. 59). Mead unterscheidet dabei das "Me" vom "I". Das "Me" ist "die Summe der durch Rollenübernahme erworbenen Elemente" (ebd., S. 60), wobei das "I" als eine "Reaktion auf die Haltung und Sichtweisen der Gruppe, die das 'Mich' ("Me", J.D.) bestimmt" (ebd., S. 60), angesehen werden kann. "Me" und "I" bedingen einander und die Identität des Individuums kann somit verstanden werden als "ein permanenter Prozeß bestehend aus dem Wechselspiel von 'Mich' und 'Ich' ('Me' und 'I', J.D.): das ‘Mich’ liefert den Anlaß für die Reaktion des 'Ich‘. Diese Reaktion wird ihrerseits – vermittelt, gespiegelt durch die Reaktion, das 'feed-back‘ der anderen darauf – zu einem Teil des 'Mich‘, auf das wiederum spontan die Antwort des 'Ich‘ erfolgt usw." (ebd., S. 61). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung • 74 Durch dieses Wechselspiel von "Me" und "I" kommt es zu einer Vermittlung von Subjekt und Gesellschaft und gleichzeitig zur Möglichkeit neuer Erfahrungen und Veränderungen: "Nur im spontanen Ausdruck des 'Ich‘ kann sich Neues manifestieren, aber erst die (durch die Haltung der Anderen vermittelte) Reflexion auf dieses 'Ich‘, die aus ihm einen Bestandteil des 'Mich‘ macht, ermöglicht den verantwortungsvollen Umgang mit dem Neuen" (ebd., S. 61). Weiterentwickelt wurde der Symbolische Interaktionismus durch die Handlungstheorie Parsons, der jedoch die Formung des Individuums durch gesellschaftliche Symbole und Normen in den Vordergrund stellt, während durch die amerikanische Schule des Symbolischen Interaktionismus (Blumer; im deutschsprachigen Raum: Matthes, Steinert) eher die Kreativität und Interpretationsleistung des Individuums betont wird (vgl. Preglau 1995a, S. 65). Dies hatte auch methodologische Folgen für die Sozialforschung, die als kommunikativer Prozeß verstanden werden soll, "dessen Ziel nicht die Konstruktion von Theorien zum Zweck der Erklärung, sondern die verstehende Rekonstruktion der Absichten und Strategien der Handelnden" (ebd., S. 65) sein soll21. Weiterhin wurde auch Habermas' Konzept des kommunikativen Handelns von Meads Sozialtheorie beeinflußt. Doch welche Verbindung besteht zwischen dem Symbolischen Interaktionismus und der Erwachsenenbildung, bzw. dem Deutungsmusteransatz? Großen Einfluß hatte der Symbolische Interaktionismus vor allem in den 60er Jahren, der Zeit der Studentenbewegungen und gesellschaftlichen Umbrüche, in denen die Erwachsenenbildung sich u.a. mit der Frage nach dem Abbau von Herrschaft durch Bildung beschäftigte. Bei der Rezeption des Symbolischen Interaktionismus ging es vor allem um das Problem von Sozialisation, Normativität und Methodik: Sozialisation: "Wie überhaupt in der Gesellschaft neue Individuen entstehen und sich unter gegebenen Bedingungen fortentwickeln, und auf die die Theorie der Sozialisation antwortet" (Brumlik 1973, S. 129). Normativität: "Mit welchen Eigenschaften sie ausgestattet sein sollen, und wie diese Ausstattung vor sich gehen soll, worauf normative Begründungen zu antworten hätten" (ebd., S. 129). Methodik: "Wie sich der Gesellschaft und den einzelnen zu nähern ist, um sie recht zu verstehen, und wie normativ begründete Ziele unter den Annahmen einer gegebenen Sozialisationstheorie im konkreten Bildungs- und Erziehungs- 21 Dies soll u.a. durch die Methode der teilnehmenden Beobachtung geschehen, die auch von den Ethnomethodologen (Cicourel, Garfinkel) verwendet wird. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 75 vorgang erreicht werden, worauf die Methodik zu antworten hätte" (ebd., S. 129). Siebert zeigt auf, wie Blumer die soziale Dimension dieser Theorie andeutet: "1. Menschen handeln gegenüber 'Dingen‘ auf der Grundlage von Bedeutungen. 2. Diese Bedeutungen sind aus der Interaktion mit den Mitmenschen entstanden. 3. Diese Deutungen können in interpretativen Prozessen mit anderen korrigiert werden" (Siebert 1982, S. 81). Dies ist für Siebert zugleich die Erklärung für die Entstehung kollektiver Deutungsmuster aufgrund gemeinsamer Erfahrungen und Probleme in homogenen Bezugsgruppen (vgl. Siebert 1982, S. 81). Er kritisiert aber zugleich, daß die politische Dimension der "Differenz zwischen den von der Bewußtseinsindustrie produzierten Ideologien und den tatsächlichen Lebensverhältnissen" (Siebert 1982, S. 81) von den Vertretern des Symbolischen Interaktionismus ausgeblendet wird. Er fordert für eine didaktisch orientierte Lebensweltforschung neben der Erfassung der subjektiven Einstellungen und Deutungsmustern auch eine Analyse der objektiven Lebensbedingungen einer Zielgruppe. Generell läßt sich sagen, daß der Symbolische Interaktionismus deswegen für die Erwachsenenbildung wichtig ist, weil er sowohl auf die Bedeutungen in der Lehr-LernSituation eingeht, die als sprachliche, begriffliche Symbole benannt und festgehalten werden, als auch aufgrund dieser Bedeutungen auf eine geteilte Welt aufmerksam macht. Er erinnert daran, "daß es in jeder Lernsituation (...) um menschliche, von Subjekten getragene Wertentscheidungen geht, die grundsätzlich von allen Beteiligten bedacht, besprochen, kritisiert, akzeptiert oder verändert werden können" (Gerl 1980, S. 376). Damit verbunden ist aber auch die Frage, wie mit diesen Bedeutungen umzugehen ist. Für Gerl hängt dieser Umgang eng mit Interessen zusammen: "Wir sollen dieses Auswählen und Wertsetzen in Lernsituationen mit Willen und Bewußtsein tun und unsere Wahl soll unseren Interessen und Bedürfnissen entsprechen. Sie soll unser 'Selbst' repräsentieren" (Gerl 1980, S. 376). Einzug in das Deutungsmusterkonzept erhielt der Symbolische Interaktionismus dadurch, daß Oevermann die Rezeption der Piagetschen Entwicklungstheorie als nicht ausreichend empfand. Oevermann sah die Integration eines Konzeptes sozialer Interaktion als erforderlich an, um diese Erklärungsschwierigkeiten zu beheben: "Das sich entwickelnde Individuum ist eingefaßt in soziale Interaktionszusammenhänge, die seine subjektive Struktur konstituieren" (Bude 1982, S. 135). Lempert erkennt, daß der Symbolische Interaktionismus die Interpretationsregeln aufdeckt, "die jenen Sinn erzeugen, der nach der Auffassung der symbolischen Interaktionisten soziales Handeln (...) sowohl kanalisiert als auch (historisch und biographisch) aus ihm hervorgeht" (Lempert 1979, S. 444). Er unter- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 76 scheidet dabei die gesellschaftliche Komponente der Deutungsmuster von der individuellbiographischen. Während erstere die Repräsentation der sozialen Identität stützt, untermauert die zweite Komponente die persönliche Identität: "Das heißt im symbolischinteraktionistischen Identitätsbegriff sind soziale Deutungsmuster mitgedacht, und die Identifizierung sozialer und persönlicher Identitäten setzt die Aufdeckung von Deutungsmustern voraus" (Lempert 1979, S. 445). Weiterhin sieht Lüdemann (1991), daß sich Deutungsmuster u.a. durch symbolische Informationen erwerben lassen, was ebenfalls Bezüge zum Symbolischen Interaktionismus aufweist. Als eine weitere Parallele zwischen Symbolischem Interaktionismus und Deutungsmusteransatz sei noch die klare Abgrenzung vom Behaviorismus genannt. Aber dennoch: Obwohl die Verbindung zwischen Deutungsmusteransatz und Symbolischem Interaktionismus auf den ersten Blick problemlos erscheint, bzw. wie vorher aufgezeigt wurde, der Symbolische Interaktionismus als Grundlage für den Deutungsmusteransatz steht, gilt dies nach Lempert nicht für alle Varianten des Symbolischen Interaktionismus: "Nur nach der strukturalistischen Variante werden Situationsdeutungen überwiegend nach relativ stabilen, weitgehend soziogenen Interpretationsregeln generiert, nach der existenzialistischen entspringen sie mehr momentaner individueller Intuition" (Lempert 1979, S. 445). 2.3.2 Alltagswissen Beim Deutungsmusteransatz spielt das Alltagswissen der Subjekte eine entscheidende Rolle (vgl. das Bedeutungselement "Plausibilität und Alltagswissen" bei Arnold). Alltagstheorien können dabei als Deutungsmuster fungieren, die "Resultat erfolgreicher, funktionierender Lösungen von wiederkehrenden, individuell-biographisch zentralen gesellschaftlichen Handlungsproblemen" (Neuendorff 1980, S 33) sind. Die logische Konsequenz für eine deutungsmusterorientierte Erwachsenenbildung wäre somit die Bezugnahme auf das Alltagswissen der Teilnehmer. Tietgens fordert, "der Erwachsenenbildung ein alltagstheoretisches Fundament zu geben" (Tietgens 1983, S. 63), um "etwas von dem Bestätigungsreservoir zu identifizieren, aus dem Deutungsmuster ihre Festigkeit beziehen und das Handeln oder Unterlassen bestimmen" (ebd., S. 63). Wegen dieser engen Verknüpfung des Deutungsmusteransatzes mit dem Alltagswissensbegriff ist eine kurze Darstellung des Alltagsbegriffs unumgänglich, um Parallelen zwischen beiden Konzepten ziehen zu können. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 77 Der Einzug des Alltagsbegriffs, der ursprünglich aus der Phänomenologie (Husserls) kommt und später von der Wissenssoziologie (Schütz, Berger/Luckmann) adaptiert wurde, kam in die Erwachsenenbildung mit der sogenannten Alltagswende Anfang der 80er Jahre. Das Interesse am Alltag bestand zum einen aus dem "Wunsch nach handlungsanweisender Theorie" (Forneck 1982, S. 11) und zum anderen aus der "Erkenntnis des sozialen Seins von Individuen" (ebd., S. 11). Hierbei nahm die Theorie der Erwachsenenbildung einen soziologischen Subjekt-, Entwicklungs- und Handlungsbegriff des Erwachsenen auf und stellte diesen in den Mittelpunkt ihrer Analyse (vgl. Frank 1982 S. 67). Ausgangspunkt der Rezeption dieser Begriffe war die grundlegende Kritik an bildungsökonomischen Konzepten in der Erwachsenenbildung, die seit der realistischen Wende vorherrschten: "Die 'Unfaßbarkeit' von 'Gesellschaftsstruktur', wie sie in auf bildungsökonomischer Grundlage aufruhenden Bildungskonzeptionen zum Problem wird, sowie die Abstraktheit von 'Wissenschaft' in der Curriculumdiskussion und den stark lernpsychologisch affizierten Varianten der Erwachsenenbildung und die damit verbundenen Negativerfolge in der Bildungsarbeit, führten bekann(t)lich zu einer alltagsorientierten Bildungsarbeit" (Dewe 1982, S. 92). Somit kann die "Erwachsenenbildung als eine soziale Institution (...) unter anderem auch als ein Prozeß der Vermittlung von Wissen betrachtet werden" (Dewe 1980, S. 308). Ausgehend von der Wissenssoziologie werden dabei verschiedene Wissenstypen unterschieden, und die Erwachsenenbildung hat sich sowohl damit auseinanderzusetzen in welchem Verhältnis diese Wissenstypen stehen als auch zu prüfen, wie es zu einer Vermittlung von Wissen im Bildungsprozeß kommen kann: "Diese Vermittlung herzustellen, ist ein zentraler Aspekt der Tätigkeit von professionellem Personal in der Erwachsenenbildung" (Dewe 1980, S. 308; vgl. auch Dewe 1982, S. 87). Obwohl die wissenssoziologische Perspektive, die sich für die "Strukturen und Mechanismen der sozialen Wissensverteilung" (Dewe 1997, S. 71) interessiert, dabei vor allem mit unterschiedlichen Wissenstypologien arbeitet (Allerweltswissen, Alltagswissen, Rezeptwissen, Routinewissen, Expertenwissen, Erfahrungswissen usw.), beschränken sich z.B. Dewe und Arnold auf die grundsätzliche Unterscheidung zwischen dem Alltagswissen der Teilnehmer und dem wissenschaftlichen, bzw. systematischen Wissen (vgl. Dewe 1980), die dann über kommunikative Vermittlungsrollen (z.B. Erwachsenenbildung) als Bildungswissen zum Laien kommen (vgl. Dewe 1980, S. 311). Wie unterscheidet sich nun das Alltagswissen vom wissenschaftlichen Wissen? Nach Dewe kann es nur zu einer näheren Beschreibung von Alltag und Alltagswissen kommen, wenn man sich vor Augen hält, was "Nicht-Alltag" und "Nicht-Alltagswissen" (vgl. Dewe 1980, S. 309; Dewe 1998) ist, was eben als wissenschaftliches oder systematisches Wissen bezeichnet wird. Bei der Übertragung auf die Erwachsenenbildung kommt es somit zu einer Differenzierung, bei der die Alltagswelt die Welt der Teilnehmer und die Wissen- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 78 schaft die Welt der Dozenten und Lehrstoffe repräsentieren (vgl. Schulenberg 1982, S. 227). Eine grundlegende Unterscheidung zwischen den beiden Wissenstypen bezieht sich darauf, daß es bei dieser kategorialen Differenzierung nicht um die Inhalte des Wissens geht, sondern um die Struktur des Wissensbestandes (vgl. Dewe 1980, S. 309). D.h. auch, daß beiden Wissensformen unterschiedliche Logiken zugrunde liegen. Das Wissen des Alltags, der "als die übliche Form sozialen Handelns" (Dewe 1980, S. 309) oder als "die Menge der eingelebten Gewohnheitshandlungen (...), (die) sich in einer Erfahrungsstruktur (gründen), durch die gesellschaftliche Wirklichkeit zur Kenntnis genommen wird" (Runkel 1976, S. 11), begriffen werden kann, ist sowohl unmittelbar mit praktischem Handeln verknüpft als auch situationsbezogen und biographiespezifisch. Deswegen ist der Alltag sowohl Ausgangspunkt als auch Bezugspunkt "für jede Form von Wissen" (Dewe 1980, S. 310), und das alltägliche Wissen "ist dasjenige Wissen, über das sich die praktische Relevanz auch des systematischen Wissens herstellt" (Dewe 1980, S. 310). Zu beachten ist dabei, daß das Handeln im Alltag nicht als eine bloße Reaktion auf äußere Reize gilt, da "jedes Handlungsobjekt trotz des routinehaften Verlaufs des Alltagshandelns unter dem prinzipiellen Zwang steht, die einzelne Handlung mit den in seiner Biographie aufgeschichteten Handlungsentwürfen und deren Geltungsregeln vereinbar zu halten" (Schmitz 1992, S. 58). Geprägt ist das Handeln im Alltag auch von einem permanenten Zeitdruck und gleichzeitig von einem Begründungszwang bei der Entscheidung über die gewählte Handlungsalternative (vgl. Schmitz 1992, S. 58). Dieser läßt sich in zwei Begründungstypen fassen: "Erstens Begründungen dafür, daß eine Entscheidung angemessen ist, das heißt, gemeinsamen Standards des moralischen Urteils folgt, und zweitens, Begründungen dafür, daß sie richtig ist, das heißt, mit dem jeweiligen Stand gesicherten Wissens über die objektive Wirklichkeit vereinbar ist" (Schmitz 1992, S. 58 f.). Dem Alltagswissen liegt also eine Handlungslogik zugrunde, und ihm "gehören jene Elemente des sozialen Wissensvorrats (an), die routinemäßig an jedermann/jedefrau übermittelt werden (vgl. Luckmann 1977)" (Dewe 1997, S. 79). Es handelt sich somit um ein "pragmatisch motiviertes Rezeptwissen (...), welches angibt, wie in typischen Situationen typische Ergebnisse mit typischen Mitteln zu erreichen sind" (Dewe 1997, S. 73). Sowohl darüber hinausgehende Detailkenntnisse als auch deren Zusammenhänge sind für die Alltagswelt und das Verständnis darüber nicht notwendig und werden als unabänderliche Randbedingungen nicht hinterfragt (vgl. Dewe 1997, S. 73). Dieses Rezeptwissen entsteht durch Erfahrungen, wobei es zum Aufbau das Alltagswissensvorrats nicht nötig ist, allein auf eigene Erfahrungen zurückzugreifen, denn "nur ein geringer Teil des beherrschten Wissens entstammt eigenen Erfahrungen, zum überwiegenden Teil stellt es 'sozial abgeleitetes Wissen' (Schütz) dar" (Dewe 1997, S. 73). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 79 Das wissenschaftliche Wissen auf der anderen Seite ist nicht durch seine praktische Relevanz geprägt, sondern enthält "die Tendenz, das Verständnis einer Gesamtsituation dem Studium von Teilphänomenen unterzuordnen" (Dewe 1980, S. 310). Es ist somit ein allgemeingültiges Wissen, das frei von konkreten Handlungskontexten (vgl. Dewe 1982, S. 105) und von allgemeiner und formaler Art ist (vgl. Dewe 1980, S. 310). Ebenso kann es als eine Art Sonderwissen verstanden werden, weil es innerhalb einer bestimmten sozialen Gruppe, also den Wissenschaftlern, hervorgebracht und durch eigene Normen und Werte kontrolliert wird (vgl. Dewe 1980, S. 310). Ebenso folgt es "den strukturellen Differenzierungen, die als Folge gesellschaftlicher Arbeitsteilung und Modernisierung anzusehen sind" (Dewe 1997, S. 79). Während die Wissenschaft versucht Zweck-Mittel-Beziehungen mittels eigener wissenschaftlicher Verfahren und Logik nachzuvollziehen, und es dabei um Klarheit und Genauigkeit geht, genügt dem Handlungssubjekt ein Alltagswissen, das sich auf Analogien von Objekten beschränkt (vgl. Dewe 1980, S. 310). Es geht hierbei um spezielle Erfahrungen, die durch vage Ähnlichkeiten in Beziehung gebracht werden, um dem eigenen Ziel der raschen Orientierung in der Lebenswelt gerecht werden zu können. Anhand dieser Unterschiede folgert Dewe: "Alltag und alltagsweltliche Lebenspraxis sind somit als Oppositionsbegriffe zur Wissenschaft zu betrachten" (Dewe 1980, S. 310), wobei "das Verhältnis von Alltagswissen im Sinne von Handlungswissen und wissenschaftlichem Sonderwissen (...) auch verstanden werden (kann) als das zweier unterschiedlicher Formen der gesellschaftlichen Wirklichkeitskonstruktion bzw. unterschiedliche Formen gesellschaftlichen Wissens" (Dewe 1980, S. 310). Hier wird auch der Zusammenhang zwischen Alltagswissen und Deutungsmuster ersichtlich: "Deutungsmuster, Typiken und Relevanzstrukturen können als Konstruktionen des 'Alltagsverstandes' aufgefaßt werden. Die in ihnen organisierten Sinnzusammenhänge erscheinen gleichsam als durch sedimentierte kollektive Erfahrungen konstituierte reduzierte Strategien von Wirklichkeitsauffassungen, welche konkrete Einstellungen, Meinungen und Handlungsstrategien generieren. Sie sind affektiv-motivationale und kognitiv bestimmte Auswahlraster für Wahrnehmungen, die damit vor Überflutung durch sinnliche Eindrücke schützen und Identität erst möglich machen. Sie zeigen aber auch den Zwang der Identitätserhaltung: in einem laufend als Angst erfahrenen, aber 'vertrauten Chaos' doch noch Selbstverständlichkeiten aufrechterhalten" (Dewe 1980, S. 311). Während Dewe 1980 Deutungsmuster noch als alltägliche Theorien auffaßt, die "vom Standpunkt eines Interesses in einer bestimmten sozialen Lage durchaus rational und mit einer eigenen 'Zusammenschau' argumentieren" (Dewe 1980, S. 311), ergänzt er 1982: "So sind Deutungsmuster also in Kontrast zu wissenschaftlichen Theorien - und hier trifft man auf ein Problem, wenn man soziale Deutungsmuster schlicht und ohne Einschränkung als 'Alltagstheorien' (Neuendorff/Sabel 1978) definiert, bei dem Ansinnen, das (ledig- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 80 lich) in bestimmter Hinsicht 'Theoriehafte' an ihnen zu betonen" (Dewe 1982, S. 108). Dies vor allem, da Deutungsmuster "nicht institutionell verankert (sind) und die ihnen eigene 'Logik' nicht im Sinne einer Forschungslogik formalisiert und offiziell und ein für allemal gültig expliziert und zudem nicht systematisch im Sinne einer statischen Ordnungsvorstellung methodisch exakt generiert" (Dewe 1982, S. 108) ist. Hierbei stützt sich Dewe offensichtlich auf Oevermann: "Im Prinzip unterscheiden sich in dem hier gewählten Ansatz wissenschaftliche Interpretationen nicht von der Struktur sozialer Deutungsmuster. Gegenüber den alltagsrelevanten sozialen Deutungsmustern zeichnen sich wissenschaftliche Interpretationen durch Formalisierung, allgemeine Explikation und institutionelle Verankerung der Standards ihrer Geltung, nämlich der Forschungslogik aus" (Oevermann 1973, S. 11). Doch trotz dieser fehlenden Systematik der Deutungsmuster und Alltagstheorien darf das wissenschaftliche Wissen erkenntnislogisch nicht höher als das Alltagswissen bewertet werden (vgl. Dewe 1980, S. 31122; vgl. auch Neuendorff/Sabel 1978, S. 842 und Liebau 1987, S. 42). Dewe zeigt auf, "daß dem spezialisierten Wissen des Experten nicht die pure Unkenntnis des Laien gegenübersteht, sondern ein Wissen anderer Art" (Dewe 1997, S. 73). Tietgens erinnert daran, daß diese Auffassung schon von Alfred Mann geteilt wurde: " 'Volksdenken ist als Instanz gemeint, die neben der Wissenschaft steht.' Und dann die Fußnote: 'Wohl gemerkt neben der Wissenschaft, nicht etwa unter ihr. Es handelt sich beim Volksdenken nicht um ein nicht ganz scharfes oder nicht ganz richtiges Denken.' (Mann 1948, 35)" (Tietgens 1989, S. 78). Und nach J. Kades Meinung trägt die Erwachsenenbildung zu einer weiteren Entsubjektivierung bei, wenn sie nicht Bezug auf die Erfahrungen der Teilnehmer nimmt (vgl. Giesecke-Schmelzle 1985, S. 82): "Er23 wendet sich deshalb gegen 'kognitiv überdeterminierte Lernprozesse' und will Erfahrungen nicht als vorwissenschaftliches naives Wissen gelten lassen. Lebensweltliche Erfahrungen sind seiner Meinung nach zu gleich präziser und unpräziser als wissenschaftliche Erfahrungen" (Giesecke-Schmelzle 1985, S. 82). Durch die oben genannten Unterschiede der beiden Wissenstypen kann es dennoch zu Schwierigkeiten im Vermittlungsprozeß zwischen Wissenschaft und Alltag kommen, allerdings nicht aufgrund einer Differenz zwischen reinem Nichtwissen des Teilnehmers und dem Expertenwissen des Dozenten, sondern durch die Konfrontation der unterschiedlichen Logiken der beiden Wissensformen. 22 Daß die Differenz zwischen wissenschaftlichem Wissen und Alltagswissen nicht immer als gleichwertig betrachtet wird, läßt sich nachlesen bei Dewe 1997, S. 75 f. Er unterscheidet dort drei Konzepte in der Diskussion um den Wissenschaftstransfer und analysiert sie bezüglich der Hierarchie von wissenschaftlichem Wissen und Alltagswissen. 23 Gemeint ist Jochen Kade. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 81 Für die Erwachsenenbildung stellt sich nun die Frage nach der Möglichkeit von Vermittlungsprozessen zwischen beiden Wissensformen, was mit dem Begriff "Wissenschaftstransfer" (Dewe 1997, S. 74) ausgedrückt werden soll und nach Dewe durch Konzepte wie z.B. "Teilnehmerorientierung" und "Alltagsbezug" nur unzureichend bezeichnet wird. Dewe unterscheidet dabei zwei grundlegende Arten, wie mit dem Alltagswissen der Teilnehmer im Lehr-Lern-Prozeß umgegangen werden kann: 1. Das Alltagswissen wird theoretisch-konzeptionell als Anknüpfungspunkt für die Konstitution von Lernprozessen verstanden. 2. Das vorwissenschaftliche Erfahrungs- und Deutungswissen wird über das Umgehen mit lebensweltlichen Sinnzusammenhängen und Handlungsstrukturen als (mit-) konstitutiv für die pädagogisch-kommunikative Interaktion im Bildungsprozeß betrachtet. (vgl. Dewe 1980, S. 307; Dewe 1998) Während in der ersten Konzeption zwar das Alltagswissen der Teilnehmer in die pädagogische Interaktion einfließt, kommt es zu keiner Auseinandersetzung mit dessen Inhalten. Die Wissensbestände der Teilnehmer und das damit verknüpfte kommunikative Handeln, die in der Bildungssituation vorhanden sind und auch in der Kommunikation auftreten, werden nach Dewe meistens in den alltagsorientierten Konzeptionen der Erwachsenenbildung nicht reflektiert. Dewe kritisiert, daß hier "keine Wahrheits-, Angemessenheitsund Geltungsansprüche zugebilligt (werden können). Man läßt sich auf seine internen Strukturen nicht ein und kann es folglich auch nicht 'ernst' nehmen. Erwachsenenbildung mischt sich hier letztlich doch mit einem aufgeklärten Besserwissen in die Lebenspraxis und das Alltagswissen der 'laienhaften' Adressaten" (Dewe 1980, S. 307) ein. Da die Einstellung herrscht, daß die Deutungsmuster des Alltagswissens durch Reflexion überwunden werden können und der Bereich der Lebenspraxis als wissenschaftlich uninteressant angesehen wird, sieht Dewe die Gefahr einer "Art Taktik der Programm- und Lehrplanung" (Dewe 1980, S. 307). Dieser ersten Konzeption stellt er nun die zweite gegenüber, die die Sinnstrukturen der Teilnehmer aufgreift, "um eine Einsicht in deren Zusammenhang von naturhaften, kulturellen wie sozialen Sinnimplikaten in Form von lebensgeschichtlichen Konkretionen gesellschaftlicher Deutungsmuster" (Dewe 1980, S. 307 f.) zu erlangen. Dabei ist aber zu beachten, daß bei den Alltagskonzeptionen komplexes wissenschaftliches Wissen nicht einfach auf Handlungswissen reduziert werden kann und daß sozialphänomenologische und wissenssoziologische Theorien sich selbst nicht als praktische Theorien verstehen (vgl. Dewe 1980, S. 308). Eine Umsetzung dieser Konzeptionen in 82 Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung didaktische Strategien mit dem Label der "Alltagswende" erscheint nach Dewe fragwürdig, zumal in der erwachsenenbildnerischen Theoriediskussion "die internen konzeptuellen Annahmen phänomenologischer Orientierungen häufig nur geringe Berücksichtigung finden" (Dewe 1980, S. 308). Dies scheint auch der Grund dafür zu sein, daß es zu einem inflationären Gebrauch der Begriffe "Lebenswelt" bzw. "Lebensweltorientierung", "soziale Deutungsmuster" usw. kommt. Desweiteren müssen sich die alltagsweltlichen Konzeptionen in der Erwachsenenbildung mit dem Tatbestand auseinandersetzen, daß "die theoriegeleitete Rekonstruktion des Handlungsfeldes der Erwachsenenbildung unmittelbar mit Praxiskonzepten und didaktischen Überlegungen" (Dewe 1980, S. 308) zusammenfällt, da pädagogische Handlungsstrategien nicht direkt aus alltagstheoretischen Konzeptionen ableitbar sind. Weiterhin scheint eine Auseinandersetzung mit den Deutungsmustern nicht möglich und auch der Versuch, die Verhaltensweisen der Teilnehmer durch die Bezugnahme auf die Alltagswissensstrukturen und Deutungsmuster zu verändern, ist mit den phänomenologischen Konzeptionen nicht vereinbar (vgl. Dewe 1980, S. 308). Dennoch heißt es dann zusammen mit der Auffassung von der Gleichwertigkeit der beiden Wissensformen bei Dewe: "Erwachsenenbildung kann so auch als Vermittlungsinstanz zwischen zwei in ihrer Relevanz für soziales Handeln als gleichberechtigt zu betrachtenden Wissensformen verstanden werden" (Dewe 1980, S. 311), wobei sie organisiert in die Alltagswissensbestände der Erwachsenen eingreifen kann und somit "die in unter Zweck-Mittel-Anspruch stehenden Interaktionen derart auf die Teilnehmer einwirken, daß ein Wissen erworben bzw. verändert wird, über das die Betroffenen ihr soziales Handeln mehr oder weniger verändern sollen" (Dewe 1980, S. 311). Während Arnold es beim Transfer von wissenschaftlichem Wissen zum Alltagswissen der Teilnehmer für grundlegend hält, "die Strukturmerkmale beider Wissensformen zu analysieren und zu fragen, inwieweit eine Transformation von plausiblem Alltagswissen zu wissenschaftlich begründetem Wissen subjektiv sinnvoll und handlungsfunktional ist" (Arnold 1985a, S. 35), stellt Dewe beim Transformationsproblem die Frage, "wie diese Inhalte auf die interne Struktur - die Deutungsmuster - des Alltagswissens der Teilnehmer einwirken und welche Folgewirkungen dieser Prozeß für die persönliche und soziale Identität der Teilnehmer hat" (Dewe 1980, S. 312). Die "klassische" Vorstellung vom Verhältnis zwischen Wissenschaft und Alltagswissen, die von hierarchischen Unterschieden ausgeht und bei der der Dozent den Teilnehmern das richtigere, logischere Wissen im Bildungsprozeß "nahebringt", soll also zugunsten der Fragestellung nach den "Konfliktzonen von alltäglichem und wissenschaftlich- systematischem Wissen" (Dewe 1980, S. 313) und einer Vorstellung von Wissenschaftstransfer als "Übersetzungsarbeit" (Dewe 1980, S. 313) aufgegeben werden: "D.h., es können nicht für ein Problem täglicher Lebenspraxis die alltäglichen Deutungen z.B. durch Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 83 wissenschaftliche Erklärungen ersetzt werden, vielmehr kann dieses sozialwissenschaftliche Wissen praktisch nur folgenreich werden, wenn es von den Teilnehmern zu einer Revision ihrer alltäglichen Deutungen angenommen wird" (Dewe 1980, S. 313 f.). Trotz der Gleichwertigkeit dieses Wissens sieht Dewe also dennoch die Intention der Erwachsenenbildung zur Veränderung der Deutungsmuster bzw. Alltagstheorien. Dies nimmt Schulenberg als Anlaß für eine Kritik am Alltagswissens- und Deutungsmusterkonzept: "Zwar pflegt man die Gleichwertigkeit beider Welten zu betonen, aber das erweist sich rasch als joviales Schulterklopfen, denn wenig später wird über Strategien der Intervention spekuliert - immer nur zugunsten der Wissenschaft in die Alltagstheorien der Teilnehmer" (Schulenberg 1982, S. 227 f.). Auf der anderen Seite sieht Meueler die Gefahr einer "Idealisierung des Alltagsbewußtseins, das er als magisches und naives Bewußtsein begreift (...) wobei man die eigenen Erfahrungen ernst zu nehmen hat, aber sich bei der weiteren Bearbeitung der Erfahrungen der Kompetenz Dritter vergewissern sollte" (GieseckeSchmelzle 1985, S. 86). Wenn die beiden Wissenstypen wirklich gleichwertig sind und die Erwachsenenbildung als Vermittlungsinstanz mit der Intention der Veränderung der Deutungsmuster der Teilnehmer agiert, so müßten doch aber auch die Alltagswissensbestände einen Einfluß auf das wissenschaftliche, systematische Wissen haben. Dies bleibt aber aus. Weiterhin sieht Schulenberg die beiden Ansätze als gar nicht so neu an und kritisiert neben der didaktischen Verdinglichung des phänomenologischen Begriffes Alltagswissen (vgl. Schulenberg 1982, S. 227) einen "ungebrochen idealisierten Wissenschaftsbegriff" (Schulenberg 1982, S. 228), der schon Anfang des 19. Jahrhunderts bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts hineinreichte: "Wer aber heute glauben machen will, er behebe mit dem Griff zur 'Alltagswende' ein Theoriedefizit der Erwachsenenbildung, dem wird man sagen müssen, daß das tatsächlich zu konstatierende Defizit sich darin offenbart, wie hier mit neuen Vokabeln ein altes Konzept völlig ohne theoriegeschichtliche Reflexion angepriesen wird" (Schulenberg 1982, S. 228). Frank sieht dagegen die Gefahr bei wissenssoziologisch orientierten Ansätzen, "die Handlungsstrukturen in der Erwachsenenbildung auf die Transformation zwischen verschiedenen Wissenstypen bewußtseinstheoretisch zu reduzieren und damit den gesellschaftlichen Gehalt bzw. die sozialstrukturelle Einbettung der Interaktionen zu wenig zu entfalten" (Frank 1982, S. 67). Er bevorzugt einen sozialisationstheoretisch orientierten Ansatz, den er als eher geeignet ansieht, "Handlungsregeln und Wissensformen in der Erwachsenenbildung als objektive Sinnstrukturen zu fassen" (ebd., S. 67 f.). Als Beispiel nennt er Oevermanns genetischstrukturalistische Sozialisationstheorie, die sich mit der Analyse der strukturbildenden Konstruktionstätigkeit des sich entwickelnden Subjekts sowie der objektiven Bedeutungsstruktur der sozialisatorischen Interaktion befaßt (ebd., S. 73 f.). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 2.3.3 84 Lebensweltorientierung Ebenso wie die Ansätze zum Alltagswissen ist das Lebensweltkonzept mit dem Deutungsmusteransatz verbunden. Eine definitorische Erklärung des Deutungsmusteransatzes lautet nach Lüders/Meuser: "In seiner allgemeinsten Bedeutung meint er (der Deutungsmusteransatz, J.D.) die Organisation der Wahrnehmung von sozialer und natürlicher Umwelt in der Lebenswelt des Alltags" (Lüders/Meuser 1997, S. 58). Hierbei wird ebenfalls ersichtlich, daß die Begriffe "Lebenswelt" und "Alltag" nicht nur jeder für sich mit dem Deutungsmusterbegriff zusammenhängen, sondern sich wechselseitig aufeinander beziehen: "Die Begriffe 'Lebenswelt', 'Lebenslauf', 'Identität' und 'Deutungsmuster' sind wechselseitig aufeinander bezogen" (Arnold 1983a, S. 136). Wiedemann weist darauf hin, daß die Deutungsmusteranalyse von den methodologischen Arbeiten von Alfred Schütz beeinflußt ist, dessen Leistung es ist, der Wissenschaft einen Blickwinkel auf die soziale Wirklichkeit zu verschaffen, um zu erkennen, wie das Handlungssubjekt sich diese im Alltag aufbaut (vgl. Wiedemann 1989, S. 213). Entscheidend ist dabei die Schützsche These, "daß Realität nicht an sich bestimmt ist, sondern erst der Sinn unserer Erfahrungen die Wirklichkeit, so wie sie uns als gegeben erscheint, strukturiert. Der Sinnzusammenhang aller unserer Erfahrungen bildet eine Lebenswelt, einen komplexen Wissensund Deutungszusammenhang, auf dem jede Wahrnehmung und Verständigung über Realität beruht" (Wiedemann 1989, S. 213). Entstanden ist der Lebensweltbegriff mit der Arbeit des Philosophen Edmund Husserl, der die sogenannte "Phänomenologische Bewegung" gründete und sich mit seinem Ansatz gegen zwei philosophische Strömungen richtete: Gegen den Positivismus des 19. Jahrhunderts und gegen die Philosophie des deutschen Idealismus. Husserl wollte das philosophische Denken wieder zurück zu den Sachen selbst bringen, wobei er nicht auf die Hegelsche Dialektik zurückgriff, sondern unmittelbar an Kant anknüpfte. Er selbst verstand sich sogar "als der wahre Vollender des transzendentalen Gedankens" (Gadamer, nach Hofmeister 1991, S. 236), wenn er sich auf Bewußtsein und Gegenständlichkeit bezog. Die nach seiner Auffassung naive Vorstellung Kants, daß "im Ding an sich" noch ein realistisches Moment innerhalb des sonst idealistischen Denkens enthalten sei, versuchte Husserl durch eine Analyse der Wahrnehmung aufzuklären. Er kam zu dem Ergebnis, "daß jedes Denken von Sein und damit auch der Gedanke 'eines Dinges an sich' ein vom Bewußtsein konstituierter Sinn vom Sein ist" (Hofmeister 1991, S. 236). Husserl sieht die alltägliche Einstellung zu den Dingen als Grundvoraussetzung für unser Leben. Obwohl diese jedoch generell nicht hinterfragt werden und somit Sicherheit und Erwartbarkeit im Alltag garantieren, können sie durch einen Beobachterwechsel reflektiert Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 85 betrachtet und verändert werden: "Die Aufgabe einer Phänomenologie ist es nun, die Differenz der Einstellung der Alltagswelt, die später von Husserl auch 'Lebenswelt‘ genannt wird, zu wissenschaftlicher, künstlerischer oder jeder anderen Einstellung zu untersuchen" (Hofmeister 1991, S. 241). In Husserls Lebensweltkonzept ergibt sich also "eine Spannung zwischen Lebenswelt in Gestalt einer historisch konkreten, sinnspendenden Kulturwelt und Lebenswelt als einer transzendentalen Bewußtseinsstruktur, die die konkrete lebensweltliche Sinnkonstitution sichtbar und beschreibbar machen soll" (Srubar 1993, S. 55). Damit will sich Husserl von einer Vorstellung über die Existenz der Welt abheben, die als eine vorausgesetzte Selbstverständlichkeit erscheint, und er betont deren Abhängigkeit vom Bewußtsein und Handeln des Handlungssubjekts. Die grundlegende Fragestellung der Husserlschen Phänomenologie ist dabei, wie nun die Sinnkonstitution in der Lebenswelt sichtbar gemacht werden kann. Dies soll nach Husserl so geschehen, "daß die selbstverständliche Geltung der Lebenswelt eingeklammert wird und der philosophische Blick sich auf die Akte und Prozesse konzentriert, die diese Geltung hervorbringen" (Srubar 1993, S. 55). Durch diese phänomenologische Reduktion "wird die Lebenswelt zu einem Phänomen, also zu einer innerhalb des Bewußtseins zu untersuchenden Struktur" (Srubar 1993, S. 55). Es geht somit um universale Sinnstrukturen, die abhängig von Raum, Zeit und subjektivem intentionalem Erleben sind. Während Husserl vom isolierten Subjekt ausgeht (vgl. Matthes/Schütze 1973, S. 17), entwickelt Schütz das Lebensweltkonzept weiter, in dem er zwar ebenfalls von einer Universalität der Sinnstrukturen ausgeht, diese jedoch nicht mehr transzendental begründet. Er betrachtet nunmehr die Lebenswelt als eine Sozialwelt, die von einer eigenen Struktur geprägt ist und integriert Ideen des handlungs- und interaktionsbezogenen amerikanischen Pragmatismus (vgl. ebd., S. 17). Entscheidend dabei ist, daß die soziale Wirklichkeit durch subjektiven Sinn entsteht. Schütz will durch die Anknüpfung an das Husserlsche Lebensweltkonzept die "verstehende Soziologie" von Max Weber mit der Klärung des Sinnbegriffs erweitern, um somit eine Analyse der alltäglichen Sinndeutungs- und Sinnsetzungsprozesse finden zu können (vgl. Preglau 1995b, S. 67). Es geht bei dem Schützschen Konzept also um die Hinterfragung naiver Wahrnehmungstheorien und um die Aufdeckung der (inter-)subjektiven Grundlagen, auf denen die Wahrnehmung basiert. Der methodische Zugang erfolgt dabei über die Untersuchung der Wahrnehmung des Subjekts, indem die alltäglichen natürlichen Einstellungen des Subjekts gegenüber der Welt aufgegeben werden. Für Schütz fällt die soziale Wirklichkeit mit der Welt der alltäglichen Sinndeutungs- und Sinnsetzungsprozesse zusammen, und die Sozialwissenschaften haben nun die Aufgabe, diese soziale Wirklichkeit zu begreifen, d.h. Ordnungsprinzipien aufzudecken, die den alltäglichen Sinndeutungen und Sinnsetzungen Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 86 zugrunde liegen. "Im Vordergrund bei Schütz steht also nicht die Analyse konkreter geschichtlicher Sozialwelten, sondern die Analyse zielt auf Freilegung solcher Strukturen ab, die jede Sozialwelt notwendigerweise und durch allen sozialen Wandel hindurch besitzen muß" (Preglau 1995b, S. 71). Hierbei ist ganz klar eine Parallele zum Deutungsmusteransatz zu erkennen, da es sowohl um die Kategorie des Sinns als eine Grundkategorie der Soziologie als auch um Strukturen sozialer Wirklichkeit geht, die den subjektiven Sinn (mit)konstituieren. Das Schützsche Konzept erfuhr durch die Figur der Lebenswelt eine breite Rezeption, auch über die phänomenologische Soziologie hinaus (vgl. Srubar 1993, S. 57). In der Theorie des kommunikativen Handelns wird der Lebensweltbegriff von Habermas vom Systembegriff abgegrenzt: "Die Gesellschaft ist mehr als die Lebenswelt ihrer Mitglieder" (Axmacher 1990, S. 30), wobei "die Lebenswelt und die Prozesse ihrer Konstitution (...) also auch hier für den universellen Grund von Geltung und Sinn (stehen). Dieser Universalität steht jedoch die Habermassche Teilung der sozialen Wirklichkeit in Lebenswelt und System gegenüber, wobei die Lebenswelt das Korrelat kommunikativen Handelns ist, während das System die institutionalisierte, verdinglichte Struktur der Sachzwänge instrumentellen Handelns darstellt, welches sich aus dem Lebensweltzusammenhang herauslöst und eine eigene instrumentelle Logik entwickelt" (Srubar 1993, S. 57). Grundlegend bei dieser Unterscheidung ist jedoch, daß "diese beiden sozialen Realitäten" (Thomssen 1982, S. 157) oftmals gegeneinanderstehen. D.h. subjektive Bedürfnisse sind entgegengesetzt zu den Handlungsanforderungen des Systems, die als " 'Sachzwänge', als Aufforderung zur Unterwerfung unter abstrakte Verhaltensnormen und als Diskriminierungen" (Thomssen 1982, S. 157) auftreten. Fraglich ist jedoch, ob diese Trennung von Lebenswelt und System sinnvoll erscheint. Denn die strikten Handlungsanforderungen des Systems sind auch eng mit den Sachzwängen des Alltags verbunden, wenn nicht sogar identisch. Wenn ein Arbeitsloser jahrelang auf der Suche nach Arbeit ist und seine Qualifikation für den Arbeitsmarkt nicht mehr ausreicht, so steht der lebensweltlichen Handlungsanforderung der Arbeitssuche der Sachzwang des Systems, z.B. nach besserer Qualifizierung, gegenüber. Doch beide Bereiche überschneiden und bedingen sich gegenseitig, und der Sachzwang des Systems wird ein Teil der eigenen Lebenswelt. Ist also eine Trennung hier sinnvoll? Thomssen merkt hierbei an: "Die Entkoppelung von Lebenswelt und System hat bereits von Anfang an Folgen für die Lebenswelt; diese tritt nicht nur durch die Entkoppelung überhaupt erst in ihrer Eigentümlichkeit in Erscheinung, sondern offenbart zugleich auch ihre tendenzielle Brüchigkeit. Wohl erlaubt sie Enklaven kommunikativer Verständnisbereitschaft und wechselseitige Bestätigungen gemeinsam geteilter Wirklichkeitsinterpretation, aber die vom System aufgezwungenen Handlungsnotwendigkeiten reichen in diesen Kommunikationszusammenhang der Lebenswelt hinein Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 87 und stiften dort ihre Verwirrung" (Thomssen 1982, S. 158). Es kommt somit zu einer Verwischung der Grenzen zwischen System und Lebenswelt und "die tradierten Deutungsmuster (...) sind immer weniger in der Lage, die Zusammenhänge gesellschaftlicher Verhältnisse zu durchschauen und unter Handlungsperspektiven auszuleuchten" (Thomssen 1982, S. 158). Diesem gesellschaftskritischen Lebensweltbegriff steht eine Variante des Lebensweltkonzepts in der Erwachsenenbildung gegenüber, die eher die Stabilitätsfunktion der Le- benswelt betont. So lautet Kaisers Definition zum Begriff der Lebenswelt: "Als Lebenswelten sind alltägliche Handlungszusammenhänge anzusehen, die relativ feste Muster für soziales Handeln anbieten und Verfahren zur Orientierung in der sozialen Welt zur Verfügung stellen" (Kaiser 1990, S. 13). Die grundlegende Funktion der Lebenswelten besteht also darin, dem Handlungssubjekt eine Stabilität zu garantieren, damit seine Handlungsfähigkeit aufrechterhalten werden kann. Da die Handlungssubjekte in ihrer Lebenswelt nur einen Ausschnitt aus der Welt erfahren, stellt die Lebenswelt eine Komplexitätsreduzierung und "bewährte Deutungs- und Handlungsmuster bereit, die eine relativ sichere 'Übereinstimmungsgarantie‘ beinhalten" (Pensé 1994, S. 38 f.). Es geht also um soziale Sicherheit und Erwartbarkeit, denn wenn dies nicht der Fall wäre, also eine Handlung heute Erfolg und morgen keinen Erfolg bringen würde, gäbe es keine Stabilität sowohl bei der Sinnkonstitution als auch beim tatsächlichen Handeln. Weiterhin impliziert diese Vorstellung, daß die Nicht-Erwartbarkeit nicht nur Ordnung in das Leben bringt, sondern auch für das Überleben grundlegend ist: Landwirtschaft zu betreiben, wäre ohne eine generelle Erwartbarkeit nicht möglich. Die Lebenswelten der Subjekte können dabei als natürliche Lebenseinstellungen verstanden werden, die den Subjekten vertraut sind und auch als fraglos gegeben gelten. Dabei werden nach Schütz vom Subjekt zwei grundlegende Erwartungen aufgebaut: 1. Die Idealisierung des "und so weiter": Was sich bisher als gültig erwiesen hat, wird auch weiterhin gültig bleiben. 2. Die Idealisierung des "ich kann immer wieder": Was ich bisher zustande gebracht habe, werde ich auch in Zukunft machen können. Die Lebenswelt ist dabei von einer Modellisierung der Welt geprägt, die die Komplexität der äußeren Wirklichkeit reduziert und durch Erleben, Begreifen und Handeln gebildet wird. Entscheidend dabei ist, daß diese Konstruktion der Lebenswelten aber nicht als rein subjektorientiert aufgefaßt, sondern als durch soziale Interaktion bedingt gesehen wird: "Lebenswelten wie etwa Familie, Beruf, Freizeit, Nachbarschaft stecken damit den Bereich ab, in dem sich das Individuum als soziale Person konstituiert, in dem es soziale Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 88 Fähigkeiten, Kenntnisse erwirbt und innerhalb derer es sich denjenigen Vorrat an Wissen aneignen kann, der zur Deutung sozialer Welt erforderlich ist: Die Vorstellungszusammenhänge des Menschen, seine Deutungsmuster, sind lebensweltlich vermittelt" (Kaiser 1990, S. 13). Abhängig von seiner Lebenswelt baut sich somit das Individuum Wahrnehmungs- und Bewertungsraster auf, sogenannte "soziale Typen"24. Diese verleihen der Lebenswelt eine Struktur, damit das Handlungssubjekt die Welt sinnhaft interpretieren kann, da die Lebenswelt "für das Subjekt erst dann sinnvoll (wird), wenn sie strukturiert ist" (Siebert 1983, S. 27). Die sozialen Typen sind abhängig vom sozialen Milieu, in denen sie erworben werden. Diese Vorstellung impliziert die Annahme, daß in homogenen Milieus gleichartige soziale Typen vermittelt werden, während ein Vergleich zwischen heterogenen Milieus eher unterschiedliche soziale Typen aufweisen würde. Weiterhin folgt daraus, daß durch die historische und raum-zeitliche Abhängigkeit der sozialen Typen auch das dadurch vermittelte Wissen sozial abhängig ist, was zur Folge hat, daß dies in verschiedenen Milieus auch unterschiedliche Bedeutungen für das Handeln und Erleben der Subjekte bereitstellt. Es entsteht für das Subjekt also eine Interaktion zwischen subjektiver und objektiver Wirklichkeit, wobei das erlangte Wissen in die eigene Biographie eingearbeitet wird und als Wissensvorrat die Handlungsmöglichkeiten der Subjekte vorgibt. Diese Interaktion kann als ein Prozeß der Suche nach einer Balance zwischen den objektiven Bedingungen, dem eigenen Wissensvorrat und den Handlungsanforderungen angesehen werden, der zu einer gelungenen Identitätsentwicklung beiträgt und auf Stabilität ausgerichtet ist. Dieser Prozeß kann unterschiedlich ablaufen: 1. Beim Handlungssubjekt treten in der aktuellen Handlungssituation keine Probleme auf. Durch das neue Wissen wird der subjektive Wissensvorrat zwar erweitert, allerdings nur auf inhaltlicher Ebene und nicht strukturell. Dabei werden die sozialen Typen, also die Wahrnehmungs- und Bewertungsraster, als tauglich erachtet und durch den Handlungserfolg bestätigt. 2. Es kommt zu einer unterschiedlichen Bewertung der aktuellen Handlungssituation mit den bisher erlebten Anforderungen, d.h. das bisher erworbene Handlungswissen wird in Frage gestellt und das Individuum muß nun auf diese Diskrepanz reagieren: 24 Der Begriff des "sozialen Typus" ist bei Weber zu finden und wurde von Schütz, später von Berger/Luckmann aufgegriffen. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 89 a) Das neue Wissen wird nicht in den Wissensvorrat integriert. Die Situation wird als z.B. Ausnahmefall angesehen (vgl. dazu auch das Element "Flexibilität, Überprüfung und Wandeln von Deutungsmustern" bei Arnold). b) Das neue Wissen wird in den Wissensvorrat eingebaut. Dadurch sind jedoch grundlegende Veränderungen nötig, d.h. die alten sozialen Typen werden in Frage gestellt und müssen verändert werden. Ebenso wie altes Wissen z.T. revidiert werden muß. Das Lebensweltkonzept hat in der Erwachsenenbildung eine breite Rezeption erfahren25, u.a. bei Alheit 1983, Dewe 1988, Kaiser 1985, Schlutz 1984, 1985, Schmitz 1984 (vgl. Axmacher 1990, S. 28), deren gemeinsamer Nenner folgende Ausrichtung im Bildungsprozeß ist: "Bildung ist eine Pause im Handlungsfluß und dient der Steigerung der deutenden und kognitiven Kompetenzen, mit denen Erwachsene am Aufbau ihrer Wirklichkeit arbeiten" (Luckmann, zit. nach Axmacher 1990, S. 28). Entstanden sind dabei zwei grundsätzliche Richtungen: Einmal die Husserl-Schütz-Luckmann-Linie, die eher in der wissenssoziologisch orientierten Erwachsenenbildung zu finden ist, und auf der anderen Seite Lebensweltkonzepte, die sich am Habermasschen Konzept des kommunikativen Handelns und seiner Unterscheidung zwischen Lebenswelt und System orientieren (vgl. Axmacher 1990, S. 28). Die Bedeutung des Lebensweltkonzepts für die Erwachsenenbildung folgt aus der Annahme, daß es im Lehr-Lern-Prozeß generell um Wissensvermittlung geht26. Die Teilnehmer von Erwachsenenbildungsveranstaltungen kommen mit einem konkreten Handlungsproblem, das gelöst werden soll, da sie mit ihrem vorhandenen Wissen und ihren bisherigen Deutungen die aktuellen Handlungsanforderungen nicht alleine lösen können. Sie suchen deshalb Hilfe in der Erwachsenenbildung, die nun auf verschiedenen Wegen Lösungen anbieten kann: 1. Reine Wissensvermittlung allgemeiner Art. 2. Wissensvermittlung bezogen auf die Handlungsprobleme. 3. Die Handlungsprobleme und Deutungsmuster werden zum Gegenstand des LehrLern-Prozesses gemacht (vgl. dazu auch Dewe’s Wissenskonzept: Dewe 1980, S. 307; Dewe 1998). 25 Barz/Tippelt sprechen von dem Paradigma der Lebensweltorientierung, das seit Anfang der achtziger Jahre Einzug in die Erwachsenenbildung gefunden hat (vgl. Barz/Tippelt 1994, S. 123). 26 Hierbei soll die Wissensvermittlung sowohl technisch-funktionales Wissen als auch Wissen einschließen, das eher auf die Deutungen der Teilnehmer eingeht. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 90 Allgemein formuliert heißt es zum Lebensweltansatz in der Erwachsenenbildung: "Der Lebensweltansatz stellt den pädagogisch motivierten Versuch dar, die Auffassung vom Menschen als handelndem Wesen sowohl in erziehungswissenschaftliche als auch erziehungspraktische Konzepte umzusetzen" (Kaiser 1992, S. 288). Da Lebenswelten die alltäglichen Handlungszusammenhänge mit relativ festen Orientierungsmustern darstellen (vgl. Kaiser 1990, S. 13), wird auch die Analogie zwischen Lebenswelt- und Deutungsmusteransatz ersichtlich: Es geht um die Musterhaftigkeit, die bei Deutung der sozialen Umwelt stabilisierend wirkt: "Die Vorstellungszusammenhänge des Menschen, seine Deutungsmuster, sind lebensweltlich vermittelt" (Kaiser 1990, S.13). Die Aufgabe der Erwachsenenbildung muß sich somit durch ihre Angebote an den lebensweltlich relevanten Fragen, Interessen und Problemen ausrichten, d.h. die beiden Welten Bildungsarbeit und Lebenswelt der Teilnehmer, die früher getrennt betrachtet wurden, sollen nunmehr zusammengeführt werden, um die Bildungsinhalte unter der Perspektive der Lebenswelt betrachten zu können. Grund für diesen Einbezug der Lebenswelt ist die Steigerung der Motivation an der Bildungsveranstaltung, die dadurch erreicht werden soll, daß durch die Thematisierung lebensweltlicher Themen die Teilnehmer die Bildungsinhalte auch als bedeutungsvoll für ihr Leben einschätzen. Entscheidend ist dabei die grundlegende Frage, worauf diese lebensweltliche Fokussierung basiert: Allein auf der Steigerung der Aufmerksamkeit der Teilnehmer, um den Lehr-Lern-Prozeß in Gang zu halten bzw. Störungen zu vermeiden, oder aufgrund eines wirklichen Interesses an der Lebenswelt der Teilnehmer, "weil erst eine Kommunikation der Lebenswelten überlebensfähig macht und eine Bedingung der Humanitätsidee ist" (Tietgens 1982, S. 305). Ersteres kritisiert auch Axmacher am Lebensweltkonzept: "Es ist dieser 'technische‘ Umgang mit lebensweltlichen Motiven und Deutungsbedürfnissen, der heute in Teilen der betrieblichen Weiterbildung in den Dienst der alten, beileibe nicht obsoleten Ziele und Funktionen gestellt wird" (Axmacher 1990, S. 29). Der lebensweltorientierte Lehr-Lern-Prozeß unterscheidet sich nach Kaiser vom klassischen Lernprozeß, der auf ein Gefälle zwischen dem Dozenten als Wissenden und dem Teilnehmer als Nicht-Wissenden basiert. Kaiser nennt dies das "gesellige Paradigma", bei dem der Adressat als Interaktionspartner aufgefaßt wird, der prinzipiell kompetent und nur "vorübergehend und lediglich hinsichtlich einzelner Aspekte seiner Lebenswelt in seinen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt ist" (Kaiser 1990, S. 14). D.h. er kann prinzipiell an der Bildungsveranstaltung teilnehmen und auch sein Wissen an die anderen Teilnehmer und den Dozenten weitergeben. Die strikte Differenzierung zwischen Lernenden und Lehrendem weicht auf, und der Erwachsene wird als Spezialist für die Bewältigung seines Alltags (vgl. Axmacher 1990, S. 27 f.) gesehen. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 91 Daß zwischen Lebensweltorientierung und Biographieorientierung eine enge Verbindung besteht, ist in den vorherigen Ausführungen zumindest implizit schon ersichtlich geworden. In dieser Arbeit kann jedoch auf diese Verbindung nur skizzenartig eingegangen werden. Entscheidend dabei ist jedoch, daß die Lebenswelt immer vom Subjekt abhängig ist und somit auch von seiner Biographie. Während Kohli von einer "Normalbiographie" (vgl. Kohli 1985, S. 1 ff.) ausgeht, die typische Stationen einer Biographie aufzeigt, sieht Alheit dieses Muster ins Wanken geraten, "die um eine Arbeitsbiographie herum organisierte soziale Institution 'Lebenslauf‘ (cf. Kohli 1985, 1986, 1989) wird zunehmend diffuser" (Alheit 1990b, S. 290 f.) und "die Phasenübergänge (sind) zu sozialen Risikolagen geworden" (ebd., S. 291). Damit einher geht die "komplexe Handlungskompetenz" (Arnold/Schüßler 1996, S. 185), die erforderlich wird, um "die zur Bewältigung von Aufgaben und Handlungsproblemen benötigten (fachlichen) Inhalte und Informationen selbst zu erschließen und in ihr Handeln zu integrieren" (ebd., S. 185). Notwendig wird nach Alheit somit "eine Kompetenz, die als 'Biographizität‘ bezeichnet werden soll: die Fähigkeit, moderne Wissensbestände an biographische Sinnressourcen anzuschließen und sich mit diesem Wissen neu zu assoziieren" (Alheit 1990a, S. 66). Die Biographieorientierung der Erwachsenenbildung setzt dabei an Bruchstellen an, die "die Selbstverständlichkeit vorhandener Legitimationsmuster (zerstören), die sich für die Bewältigung dieser Situation als untauglich erweisen" (Dieterich 1980, S. 410). In Bezug auf die Lebensweltorientierung bedeutet dies, daß die Lebenswelt die Individuen ständig vor neue Handlungsprobleme stellt, die in die Biographie eingearbeitet werden müssen, wobei "idealtypisch gesehen (....) (Bildungs-) Institutionen lebensweltlich gefragte Problemlösungsmöglichkeiten auf Dauer" (Schlutz 1989, S. 97) bereitstellen. Somit zeigt sich, daß Deutungsmuster- und Lebensweltansatz sich in einigen Bereichen stark überschneiden bzw. schwer voneinander zu trennen sind. Nach Pensé scheint "die Lebenswelt als vermittelnde Ebene zwischen allgemeine gesellschaftliche Deutungsmuster und individuelle Deutungsmuster geschaltet zu sein" (Pensé 1994), sie ist der "Schnittpunkt von Individuum und Gesellschaft" (Oelschlägel 1986, S. 324). 2.4.3 Der Erfahrungsansatz vs. Deutungsmusteransatz Beide Ansätze sind aus Arbeiten über Arbeiterbewußtsein und Arbeiterbildung entstanden und lassen sich der marxistischen Tradition zuordnen. Hierbei gehen diese Ansätze nicht von der subjektiven Konstruktion von Wissen aus, sondern von der gesellschaftlichen Bedingtheit der Deutungsmuster. D.h. es werden hier "die Wirklichkeit als Fundament Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 92 eines - 'entfremdeten' bzw. 'falschen' - Wissens (ontologische Funktion) betont und die durch das epistemologische Primat charakterisierten Varianten des Deutungsmusteransatzes als bürgerlich-idealistische Aufklärungskonzepte abgelehnt (vgl. Al- heit/Wollenberg 1982, 255 ff.)" (Arnold 1985a, S. 78). Im weiteren Zusammenhang mit dem Deutungsmusteransatz ist auch der Negtsche Gebrauch der Begriffe "soziale Topik" und "Topoi" zu sehen. Der Erfahrungsansatz nach NEGT: Der Auslöser für die Entstehung des Erfahrungsansatzes von Oskar Negt kann Ende der fünfziger Jahre ausgemacht werden, als es bei der Industriegewerkschaft Metall zu einer Diskussion über Verbesserungsmöglichkeiten der gewerkschaftlichen Arbeit kam. Ausgangspunkt waren dabei die Arbeiten von Salm und Strothmann zur Tarifpolitik bzw. Betriebspolitik, die durch die Vorschläge von Matthöfer zu einer Erweiterung der Bildungsarbeit ergänzt wurden (vgl. Brock 21988, S. 16). Inhaltlich ging es bei der Diskussion um eine Verstärkung der politischen Arbeit und der Bildungsarbeit der Gewerkschaften, was zur Folge hatte, daß diese "vermehrt neben den sozialen Interessen auch die politischen Interessen der Gewerkschaftsmitglieder in der Arbeiterschaft von der Basis der Einheitsgewerkschaft aus zu vertreten" (Brock 1988, S. 16) hatten. Beeinflußt von dieser Entwicklung entstand Negts Diskussionsvorschlag "Soziologische Phantasie und exemplarisches Lernen in der Arbeiterbildung - Vorschläge zur inhaltlichen und pädagogischen Reorganisation der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit". In diesem Werk verbindet Negt seine marxistische Position u.a. mit Erkenntnissen aus der Sozialisationsforschung, der empirischen Sozialforschung, der Psychoanalyse, der Erziehungswissenschaften und der kritischen Theorie (vgl. Röhrig 21988, S. 106). Er knüpft dabei an den betrieblichen Erfahrungen von Arbeitern in der Arbeiterbildung exemplarisch an und will durch eine theoretische Analyse der politisch-ökonomischen Situation die ideologischen Beeinflussungen des Bewußtseins überwinden und zu konkretem Handlungswissen gelangen (vgl. Arnold 1985a, S. 78). Entstanden daraus ist sein Begriff des "exemplarischen Lernens", bei dem Negt an der geisteswissenschaftlichen Pädagogik Wagenscheins anknüpft und versucht, das exemplarische Prinzip soziologisch aufzuarbeiten (vgl. Holzapfel 1990, S. 267; Negt 51975, S. 21 ff.). Geprägt war diese Arbeit von der Annahme, "daß die bisherige Bildungsarbeit der Gewerkschaften für die Etappe der liberal-kapitalistischen Gesellschaft der Bundesrepublik nicht ausreicht und daß eine Form der Arbeiterbildung als gewerkschaftliche Bildung zu entwickeln ist, in der die Arbeiter und Lohnabhängigen Subjekt der Lernarbeit sind" (Brock 2 1988, S. 17). Dabei ging es allerdings nicht darum, eine fertige Theorie zur Arbeiterbil- dung vorzulegen, sondern Negt begriff seine Konzeption als "einen Beitrag zu einer zu Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 93 entwickelnden Theorie (...), die sich (...) erst voll entfalten kann, wenn auch eine Theorie der Einheitsgewerkschaft entsteht und zur Basis der Politik der westdeutschen Gewerkschaften wird" (Brock 1988, S. 17). Es soll sich nach Negt eine soziologisch und politisch vermittelte Elementarbildung durchsetzen (vgl. Brock 1988, S. 17), bei der es "nicht primär um theoretische (abstrakte) Wissensvermittlung, sondern vielmehr um die Entwicklung und Anwendung soziologischer Phantasie- und Denkfähigkeit " (Brock 1988, S. 18) der Arbeiter geht. Damit soll erreicht werden, daß die Arbeiter die politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Sachverhalte, mit denen sie konfrontiert werden, "in anschauliche 'außerwissenschaftliche Sprach- und Denkformen' (...) übersetzen, um damit von der Aneignung und Verarbeitung zur Praxis zu gelangen" (Brock 1988, S. 18). Daß Negts Konzept nicht nur ein theoretischer Ansatz zur gewerkschaftlichen Arbeiterbildung unter vielen war, belegt die Tatsache, daß sich drei Arbeitskonzepte mit diesem Ansatz beschäftigten: 1. Die Lambrechter Tage zur Arbeiterbildung 1966 2. Ausweitung und theoretische Verbesserung des Konzepts der betriebsnahen Bildungsarbeit der Bildungsabteilung der IG Metall 3. Der Themenkreis Betrieb ausgehend von den Bildungsabteilungen der IG Chemie und der IG Metall (näheres über diese Arbeitskonzepte vgl. Brock 1988) Dennoch war der Negtsche Erfahrungsansatz nicht erfolgreich genug, um sich in der Erwachsenenbildung oder in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit durchzusetzen. Nach Brock ist davon auszugehen, "daß wohl einzelne Lehrer noch nach der Konzeption vorgehen, die Konzeption (...) selbst aber für die Bildungsarbeit der IG Metall nicht als tragend angesehen wird" (Brock 1988, S. 31), und Conert hält fest: "Nach meiner Kenntnis hat es bisher keinen längerwährenden systematischen und umfassenden Ansatz zur Erprobung der Negtschen Konzeption von Arbeiterbildung gegeben" (Conert 1988, S. 84). Der Deutungsmusteransatz in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit: Durch eine Wende in der soziologischen Theoriediskussion und mit den Schwierigkeiten, die sich ergeben haben, den Negtschen Erfahrungsansatz und seine Erwartungen in die praktische Bildungsarbeit zu übertragen (vgl. Arnold 1985a, S. 78 f.), kam in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit die Diskussion über den Deutungsmusteransatz auf. Hierbei sollte ein neues Begründungsmodell etabliert werden, das die Implikationen des Symbolischen Interaktionismus stärker berücksichtigt, was besonders durch die Theorie der relativen Autonomie von Deutungsmustern, die These von der Konsistenz des Alltagsbewußtseins und die Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit in Erscheinung trat (vgl. Arnold 1985a, S. 79). Bei diesem Ansatz geht es vor allem "um die Rekonstruktion, 94 Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung Aufdeckung und Explikation der Strukturen von Symbolisierungsprozessen, die vermittelnd in das soziale Handeln der Arbeiterschaft eingreifen" (ebd., S. 79) und steht somit entgegengesetzt zum Negtschen Erfahrungsansatz, dessen Begriff der proletarischen Erfahrung grundlegend kritisiert wird: "Denn, so wird kritisiert (von Alheit/Wollenberg 1982, J.D.), außerhalb der unmittelbaren interaktiven Prozesse von Verständigung, Identitätserhalt und Wirklichkeitskonstruktion blieben Strukturen objektiver gesellschaftlicher Realität unbestimmbar; der Kontext der historisch-gesellschaftlich produzierten interaktions- und bewußtseinsformenden Bedingungen entgehe einer solchen präsentisch- interaktionistischen Verengung des Blickwinkels; die Gesichtspunkte der Konsistenz des möglicherweise falschen - Bewußtseins und der Sicherung individueller Orientierungsund Handlungsfähigkeit ließe grundsätzlich die Frage des historischen Materialismus nach den Bewegungsgesetzen und Vermittlungsformen der Subjekt-Objekt-Dialektik unberücksichtigt" (Arnold 1985a, S. 79). Abschließend kann zu der Kontroverse zwischen dem Erfahrungsansatz und dem Thomssenschen Deutungsmusteransatz festgehalten werden, daß beide von einer gleichen Basis ausgehen, der Erfahrungsansatz aber durch das Ansetzen an den Erfahrungen der Arbeiter eher die individuelle Komponente erfaßt, während der Deutungsmusteransatz historisch-gesellschaftlich Normen, Regel- und Wissenssysteme miteinschließt und so die Dialektik zwischen Individuum und Gesellschaft näher betrachtet und die Erfahrungen, die nach Thomssen schon immer gedeutete Erfahrungen sind, aufordnet und in gesellschaftliche Zusammenhänge setzt. 2.4 Didaktische Aspekte des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung Nachdem in den vorherigen Kapiteln eher formale und theoretische Aspekte des Deutungsmusteransatzes diskutiert wurden, wird im folgenden Teil ein Blick auf die Bedeutung des Ansatzes auf die erwachsenenbildnerische Praxis geworfen. Konkret geht es darum, was die Vertreter oder Befürworter des Deutungsmusteransatzes erreichen wollen, d.h. was bietet der Deutungsmusteransatz, was andere Ansätze nicht bieten? Welche Sichtweise hat der Deutungsmusteransatz vom Lehr-Lern-Prozeß, mit welchen Problemen ist zu rechnen und wie sind die Rollen von Dozent und Teilnehmer definiert? Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 2.4.1 95 Ziele des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung Zuerst ein kurzer Rückgriff auf die soziologische Forschung: Wiedemann sieht die Zielsetzungen der Deutungsmusteranalyse bezüglich der Erfassung von Strukturen zur Deutung von Ereignissen folgendermaßen: "Die Analyse von Deutungen ist in den Sozial- und Humanwissenschaften darauf angelegt, die subjektiven Deutungsmuster zu erfassen, die von den untersuchten Personen selbst zur Ausdeutung von Ereignissen herangezogen werden. Dabei interessieren sowohl Fragen nach der Ausdeutung bestimmter Ereignisse wie auch danach, welche Deutungsmuster bestimmte Personen favorisieren. Die Deutungsmusteranalyse steht mit diesen Zielsetzungen im Gegensatz zu Analyseansätzen, die die Eigendeutungen der Untersuchten ausklammern (z.B. behavioristische Ansätze bzw. alle systemischen Ansätze, s. Habermas, 1981)" (Wiedemann 1989, S. 212). Weiter heißt es: "Jede Deutungsmusteranalyse zielt in erster Linie auf die Erfassung der Erfahrungen und Wissensbestände ab, die zur Wahrnehmung und Ausdeutung von Ereignissen genutzt werden. Sie analysiert Interpretationsrelevanzen und Motivationsrelevanzen, die Ereignissen Bedeutungen verleihen" (ebd., S. 216). Während bei Wiedemann die individuelle Komponente des Deutungsmusteransatzes betont wird, sieht Schetsche eher den Bedarf zur Analyse des kollektiven Charakters von Deutungsmustern, um die Dialektik zwischen individueller und sozialer Komponente des Deutungsmusteransatzes zu erfassen: "Beim Deutungsmuster-Konzept scheint es sich um einen Korpus unspezifischer theoretischer und methodischer Hypothesen zu handeln, die zu dem Feld von Theorien gehören, die überindividuelle Bewußtseinsformen beschreiben und analysieren wollen. Das Konzept soll soziales Handeln erklären und damit eine Brücke zwischen individuellem Bewußtsein und sozialstrukturellen Verhältnissen schlagen" (Schetsche 1991, S. 49). Kejcz u.a., die zu Beginn der 80er Jahre eine groß angelegte Untersuchung zur Bildungsurlaubsforschung (BUVEP) mit dem Deutungsmusteransatz als theoretischem Hintergrund durchgeführt haben, sehen beim Deutungsmusterkonzept den "Anspruch, einen wichtigen Aspekt der Verarbeitung von Lebenssituation im Bewußtsein des Individuums erklären zu können" (Kejcz u.a. 1980b, S. 187), und "die Deutungsmustertheorie erklärt, wie das Individuum, unabhängig von organisiertem Lernen, seine Umwelt verarbeitet" (ebd., S. 187). Dieses von anderen relativ unabhängige Lernen wurde auch bei Oevermann festgestellt: "In dem hier vorgeschlagenen Ansatz steht dagegen der zumindestens plausibel belegbare Sachverhalt im Vordergrund, demzufolge auf der individuellen Ebene komplexe Einstellungsmuster wesentlich auch durch vom Individuum selbsttätig geleistetes 'Ausbuchstabieren‘ von Implikationen weniger zentraler 'Schlüsselkonzepte‘ entstehen" (Oevermann 1973, S. 17). Und mit dem schon vorher erwähnten Piagetschen Beispiel bezüglich der Systematik der Ontogenese der Begriffsbildung versucht Oevermann Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 96 auch zu beantworten, "(....) wie diese Kinder diese zentralen generativen Informationen erwerben. Vermutlich geschieht das weniger über den Mechanismus expliziter Indoktrination durch Erwachsene als durch vom Kind selbsttätig vorgenommenes 'Ablesen‘ zentraler Handlungsregeln am beobachtbaren sozialen Handeln in seiner unmittelbaren Umwelt. Das Kind generalisiert selbsttätig und kognitiv strukturiert vom Handlungskontext seiner Umwelt" (Oevermann 1973, S. 18). Diese Annahme über einen generativen Status von Deutungsmustern (vgl. Oevermann 1973, S. 18) scheint offensichtliche Bedeutung für die Erwachsenenbildung zu haben. Dybowski/Thomssen geht es nicht allein um die Lebensbewältigung der Teilnehmer, sondern: "Wenn in der Weiterbildung gelernt werden soll, dann muß dies unter anderem auch darin zum Ausdruck kommen, daß die Teilnehmer die gesellschaftliche Realität differenzierter als bisher deuten und gemessen an den objektiven Handlungsanforderungen erweiterte und bessere Handlungsfähigkeiten entwickeln" (Dybowski/Thomssen 1982, S. 52). Dies soll dadurch geschehen, daß "in der Weiterbildung Deutungsmuster transparent gemacht und deren Funktion für die Entwicklung von Handlungsorientierungen und – fähigkeiten erörtert werden" sollen (ebd., S. 52) und "daß wir das Prozeßhafte des sogenannten subjektiven Faktors interpretieren" (ebd., S. 52). Die Teilnehmer "müssen (...) in der Lage sein, die Deutungsmuster anderer zu erkennen; denn nur so können sie den Deutungen und Handlungen der anderen in der Weise mit eigenen Deutungen und Handlungen begegnen, daß der Interaktionsprozeß durchschaubar wird" (ebd., S. 52). Thomssen fügt noch hinzu, daß die Analyse von Deutungsmustern untersuchen will, "warum Deutungsmuster wegen ihres Verhältnisses zur sozialen Wirklichkeit weder politisch noch pädagogisch beliebig manipulierbar, aber zu einer immanenten Aufklärung fähig sind" (Thomssen 1982, S. 148). Bender, der die Erwachsenenbildung ebenfalls als aufklärerisches Medium sieht, formuliert in Bezug auf Dewe 1988: "Aufgabe der Erwachsenenbildung wäre es demgemäß, unter Einbezug der entsprechenden Sozialwissenschaften zunächst Einsichten sowohl in die Alltagsdeutungen ihrer Adressaten als auch die diesen Interpretationen zugrundeliegende gesellschaftliche Objektivität zu gewinnen" (Bender 1991, S. 47). Daraus ergibt sich die Möglichkeit, "(...) sich reflexiv mit den eigenen Deutungsmustern und mit den dem eigenen Handeln objektiv gesetzten Bedingungen auseinanderzusetzen" (ebd., S. 47). Es geht somit um "die Aufdeckung der Inkonsistenzen der lebensweltlichen Deutungen (Dewe) und die 'stellvertretenden Deutung‘ (Schmitz) auf Basis distanzierter und systematisierender Beobachtung und Erkenntnis der sozialen Wirklichkeit" (ebd., S. 47 f.), um Bildungsprozesse in Gang setzen zu können. Das Ziel ist dabei "die Transformation von unzureichenden oder falschen Deutungen des Alltagsbewußtseins in ein reflektiertes rati- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 97 onales Wissen über die eigene Situation und die gesellschaftliche Objektivität (ist), die gleichermaßen Ursache wie Resultat des individuellen Handelns der Gesellschaftsmitglieder ist (vgl. Ahlheim 1983)" (ebd., S. 48). Während Bender diese Wissenstransformation als festes Ziel festlegt, legen sich Kejcz u.a. erst einmal nicht fest: "Es wird zu fragen sein, ob im pädagogischen Prozeß Lösungen für Handlungsprobleme angeboten werden sollen oder ob man sich auf die Vermittlung von solchen Informationen beschränken soll, die ansonsten für die Zielgruppe kaum zugänglich wären" (Kejcz 1980a, S. 141). Auch Siebert fragt zurückhaltend nach der Aufklärungskraft der Erwachsenenbildung bezüglich der Deutungsmuster der Teilnehmer indem er fragend Probleme der Aufklärung darlegt, z.B.: "Wenn die Deutungsmuster gerade deshalb eine Alltagsbewältigung ermöglichen, weil sie nicht permanent reflektiert werden, beinhaltet dann eine Reflexion von Deutungsmustern nicht die Gefahr einer Verunsicherung und Desorientierung im alltäglichen Handeln" (Siebert 21996, S. 112)? Siebert legt sich nur insofern auf die Legitimation der Aufklärung und Veränderung der Deutungsmuster fest, als daß die Teilnehmer nicht zufrieden mit ihren bisherigen Deutungen sind, sie also von selbst ein Bedürfnis artikulieren, über Deutungsmuster zu reden und diese gegebenenfalls auch zu verändern (vgl. Siebert 2 1996, S. 112 f.; vgl. hierzu auch die fünf Anlässe für ein Deutungslernen bei Siebert 2 1996, S. 113). Dewe sieht generell die institutionelle Aufklärung von Deutungsmuster skeptisch, d.h. die "Aufklärung vorwissenschaftlicher Erfahrungszusammenhänge und Deutungsmuster mittels wissenschaftlicher Sonderwissensbestände (...), da es in der Folge leicht zu einer Destruktion der Dynamik eines Deutungsmusters kommen kann" (Dewe 1984, S. 318 f.). Aber "dennoch sind Deutungsmuster in bestimmten Fällen sehr wohl aufklärungsbedürftig" (ebd., S. 319). Welche Fälle dies sind, nennt Dewe jedoch nicht. Pensé geht es ebenfalls um die Aufklärungskraft des Deutungsmusteransatzes: "Ziel des Deutungsmusteransatzes ist es, im Gegensatz zu enger gefaßten marxistischen Konzepten, bei vermeintlichen Widersprüchen des Denkens nach kognitiven Strukturen zu suchen, die jene logisch vereinigen, also eine faktische Konsistenz im Bewußtsein herstellen. Damit soll ein analytisches Konzept für gesellschaftliches Bewußtsein begründet werden, das Aussagen ermöglicht, die über eine platte Unterscheidung von falschem und wahrem Bewußtsein hinausgehen" (Pensé 1994, S. 30). Währenddessen formulieren Arnold/Schüßler: "Ziel eines Deutungslernen in der Erwachsenenbildung ist es, die Teilnehmenden in der Selbstevaluation bzw. Selbstaufklärung ihrer handlungsleitenden Muster durch die Inszenierung diskursiv-reflexiver Verfahren zu unterstützen und darin auch alternative, z.B. wissenschaftliche Deutungsangebote einzu- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 98 binden" (Arnold/Schüßler 1999, S. 322). Also auch hier geht es um Aufklärung in der Erwachsenenbildung. Festzuhalten bleibt, daß die verschiedenen Aussagen sich nicht grundlegend widersprechen, z.T. aber unterschiedliche Schwerpunkte bei den Zielen des Deutungsmusteransatzes setzen. Dies ist ein weiteres Anzeichen für die Unstrukturiertheit des Deutungsmusteransatzes und läßt die Vermutung zu, daß der Deutungsmusteransatz "in Beschlag" für das jeweilige Konzept des Autors genommen wird. Bei Betrachtung der verschiedenen Aussagen scheint jedoch ein wichtiger Schwerpunkt bei der Rezeption des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung gesetzt zu sein: Die Analyse und Aufdeckung von Strukturen der individuellen Deutungsmuster und gleichzeitig die Schärfung des gesellschaftlichen Bewußtseins. Die Diskussion über die Aufklärungsbedürftigkeit der Teilnehmer und darüber, ob die Erwachsenenbildung überhaupt aufklärerisch wirken sollte, wird in einem späteren Teil fortgesetzt (vgl. "Zur Bedeutung der Sprache in Erwachsenenbildungsveranstaltungen). 2.4.2 Der Deutungsmusteransatz und der Lehr-Lern-Prozeß in der Erwachsenenbildung Der Lehr-Lern-Prozeß in der Erwachsenenbildung Als Ausgangspunkt zum Lehr-Lern-Prozeß seien einige Ausführungen des Lernbegriffs nach Mezirow genannt, dessen "Transformationstheorie" als die Übersetzung des Deutungsmusteransatzes in die amerikanische Andragogik gesehen werden kann. Obwohl Mezirow nicht explizit von Deutungsmustern spricht, werden dennoch Analogien offensichtlich: Er sieht im Mittelpunkt des Lernens das "Schaffen von Bedeutung" (Mezirow 1997, S. 9). Der Lernprozeß kann man dabei "als Erweiterung unserer Fähigkeit verstehen, einige Aspekte unserer Berührung (mit unserer Umwelt, anderen Personen und uns selbst) zu verdeutlichen, (...) einzuordnen, sich (...) anzueignen, (...) in Erinnerung zu rufen, (...) zu validieren und (...) entsprechend zu handeln" (ebd., S. 9). Lernen betrachtet er dabei als "ein(en) Prozeß der Deutung und Aneignung" (ebd., S. 30) und als einen dialektischen Interpretationsvorgang, bei dem die Interaktion mit Ereignissen von vorhergehenden Erfahrungen und Erwartungen geprägt ist (vgl. ebd., S. 10). Darausfolgernd definiert er Lernen folgendermaßen: "Lernen kann als ein Prozeß verstanden werden, bei dem eine früher von einem Individuum vorgenommene Interpretation der Bedeutung einer Erfahrung dazu verwendet wird, um zu einer neuen oder revidierten Interpretation als Orientierungshilfe für künftiges Handeln zu gelangen" (ebd., S. 10). Wenn man nun Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 99 diese Interpretationen, die als "bedeutungsvolle Auslegung von Erfahrung" (ebd., S. 10) gelten, mit dem Begriff Deutungsmuster gleichsetzt, ergeben sich zwei wichtige Punkte für den Lehr-Lern-Prozeß: 1) Da Deutungsmuster wichtige Bestandteile des individuellen Lernens sind, muß ihnen auch im Lehr-Lern-Prozeß die notwendige Beachtung geschenkt werden. 2) Es geht um Veränderungen, die im Lehr-Lern-Prozeß stattfinden. Eine Erwachsenenbildungsveranstaltung wird zumeist besucht, um Handlungsfähigkeit zu erlangen, sei es auf einem bekannten oder bisher unbekannten Gebiet. Da jedoch nach Mezirow jede neue Erfahrung auf alten Erfahrungen aufbaut, wird es somit nötig bisherige Interpretationen und Deutungsmuster "in Erinnerung zu rufen" (ebd., S. 9) und anschließend in Frage zu stellen, um aktualisierte Interpretationen zu ermöglichen und somit dem neuen Handeln eine Orientierung zu geben. Es geht also um Veränderungen im Handeln der Teilnehmer (das offensichtliche Lehrziel) und um Veränderungen bezüglich ihrer Deutungsmuster (der heimliche Lehrplan). Das Ziel der Erwachsenenbildung ist dabei, "erwachsenen Lernenden zu helfen, kritisch reflexiver zu werden" (ebd., S. 191). In diesem Zusammenhang ist das interpretative Paradigma der Erwachsenenbildung zu sehen, bei dem die Erwachsenenbildung nicht mehr allein auf die reine Vermittlung von Wissen abzielt, sondern auch die Eingebundenheit der Teilnehmer in ihrer Lebenswelt und deren Zusammenhänge betrachtet. Diesem Paradigma, das nach Siebert eine lange Tradition hat (vgl. Siebert 1997, S. 293), schreibt Tietgens einen wichtigen Status zu (vgl. Siebert 1982, S. 79) und charakterisiert daran anlehnend die Lehr-Lern-Situation in der Erwachsenenbildung folgendermaßen: "Die jeweilige Lernsituation ist nicht hinreichend gekennzeichnet, wenn ihre objektiven Daten bekannt sind und beschrieben werden. Entscheidend ist vielmehr, wie sie subjektiv wahrgenommen werden. Wir erleben soziale Realität im Modus der Auslegung" (Tietgens 1980, S. 207). Mit diesem Modus der Auslegung beschreibt Tietgens den Umstand, daß wir Ereignisse nicht nur objektiv beurteilen, sondern daß wir ihnen auch einen Sinn geben, also die sich ereignende Situation deuten. Insofern ist nach Siebert "Erwachsenenbildung immer auch ein 'Deutungslernen‘ " (Siebert 21996, S. 111). Bezogen auf den Bildungsprozeß heißt dies: "Es muß in zweifacher Hinsicht mit Interpretationen als Realität gerechnet werden. Sowohl das, was jeweils zu lernen ist, als auch, wie Lernen organisiert wird, interpretiert der Lernende in seinem lebensgeschichtlich bedingten Auslegungszusammenhang (...). Konkret heißt dies: Lernangebote stoßen auf Auslegungsstrukturen, die heute als Deutungsmuster bezeichnet werden und mit denen Lernende Ereignisse, Informationen und Situationen strukturieren" Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 100 (Tietgens 1980, S. 207). D.h. die Lernenden deuten zum einen die Lerninhalte und die Lernorganisation und zum anderen fließen diese Interpretationen wiederum in ihre eigenen Deutungsmuster ein. Für Tietgens ist dies die Begründung für eine Orientierung an den Deutungsmustern der Teilnehmer: Das bedeutet, daß im Lehr-Lern-Prozeß über Deutungsmuster gesprochen wird, wobei damit die Fähigkeit verbunden sein muß, die Deutungsmuster der anderen erkennen zu können. Durch diese Auseinandersetzungen und Reflexion von Deutungsmustern bietet sich die Chance, "unseren Erfahrungshorizont zu erweitern" (Tietgens 1980, S. 208). Wie schon vorher erwähnt, sieht Tietgens die Aufklärung über Deutungsmuster als das Ziel der Erwachsenenbildung an, wenn diese die Lernfähigkeit der Teilnehmer einschränken: "Denn Deutungsmuster sind auch Rechtfertigungsinstrumente, und um sie zu erhalten, werden Abwehrstrategien entwickelt" (Tietgens 1980, S. 208), und das Gesagte, oftmals als Erfahrung behauptet, "sind Deutungsschemata, sind implizite, sind 'naive Theorie‘ (Heider, Laucken)" (ebd., S. 208). Auch Geißler/Ebner sehen, daß im Lehr-Lern-Prozeß "die aus früheren Lernprozessen, speziell aber die in der täglichen Arbeitserfahrung gewonnenen interaktionsstrukturierenden Prädispositionen und eingeschliffenen Bewältigungsmuster in den Veranstaltungssituationen so angewandt (werden), daß möglichst Gewohntes wiederhergestellt wird" (Geißler/Ebner 1984, S. 167). Situationen, in denen das sogenannte Erfahrungswissen der Teilnehmer in Frage gestellt wird und somit zur Verunsicherung beiträgt "sind aber in allen Veranstaltungen der Erwachsenenbildung anzutreffen" (Tietgens 1980, S. 208 f.). Soll diese Verunsicherung nicht zum Abbruch der Veranstaltung beitragen, so "muß der Kursleiter bestrebt sein, sich der Deutungsmuster der Kursteilnehmer zu vergewissern. Nur dann kann er in einer wirksamen Weise 'an Erfahrungen anknüpfen‘ " (Tietgens 1980, S. 209). Hierbei stellt sich die Frage, ob der Deutungsmusteransatz nicht als Instrument eines Defizitausgleichs gemacht wird: Bei Problemen muß man an den Deutungen der Teilnehmer ansetzen, stehen keine an, kann man sie weitgehend ignorieren. Das Anknüpfen an Erfahrungen beschreibt Weymann im Zusammenhang mit Lernen anhand eines Zitats von Enno Schmitz: "Lernen ist das im Lösen von Handlungsproblemen stattfindende Erfahren der Verhaltenserwartungen anderer, die mit dem Bestreben nach erfolgreichem Handeln übernommen und dadurch anerkannt werden" (Schmitz, zit. nach Weymann 1989, S. 84). Während Weinberg das Lernen Erwachsener anfangs recht allgemein formuliert: "Lernen besteht demnach darin, neue Erfahrungen in das schon vorhandene Gedächtnis einzufügen, damit sie das Denk- und Handlungspotential anreichern" (Weinberg 1985, S. 33), zeigt er später auf, daß die Auffassung des Lernens in der Erwachsenenbildung "als soziale Interaktion in die Erwachsenenbildungsdebatte eingeführt" (ebd., S. 37) wurde: "Danach handelt es sich beim Feld des Lehrens und Lernens um einen Binnenraum, dessen Geschehen nur unter Beachtung der institutionellen Bedingungen sowie der sozialen und Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 101 individuellen Voraussetzungen der Beteiligten strukturiert werden kann. Das Lehren und Lernen in diesem Binnenraum kann nur im Anschluß an die Voraussetzungen und nur im Hinblick auf die Anwendung des Gelernten im Lebenszusammenhang der Erwachsenen zustande kommen. (...) Lernen heißt für Erwachsene, das eigene Autonomiepotential auszuloten und in seiner sozialen Tragfähigkeit zu erproben" (Weinberg 1985, S. 37). D.h. es geht um die lebensweltliche Tauglichkeit des Gelernten für den Lernenden, sowohl für aktuelle Handlungsanforderungen als auch bei der Interaktion mit anderen. Bei diesen Ausführungen wird eine Dualität zwischen der individuellen und sozialen Seite des Lernens analog zum Deutungsmusteransatz klar ersichtlich. Weinberg erkennt die Relevanz beider Aspekte, reduziert in seinem Artikel von 1985 seine Sichtweise jedoch auf den "individuell-personellen Aspekt" (Weinberg 1985, S. 37) und stellt die Frage auf, "welchen Stellenwert das Alltagsleben für das Lernen Erwachsener hat" (ebd., S. 37). Eine Antwortmöglichkeit sieht er im Deutungsmusterbegriff nach Dybowski/Thomssen gegeben. Hier wird eine Reduzierung des Deutungsmusterbegriffs auf den individuellen Aspekt entgegen dem ursprünglichen Konzept27 ersichtlich. Entgegen der Annahme, daß Lernen kaum stattfindet, wenn bei allen Beteiligten Übereinstimmung herrscht (vgl. Siebert 1997, S. 292), weichen Weinbergs Auffassung des Deutungsmusterbegriffs und die Bedeutung für den Lehr-Lern-Prozeß von Tietgens eher "problemfokussierten" Ansicht ab, denn der sieht jeglichen Lernprozeß von den Deutungen der Teilnehmer beeinflußt: "Auch wenn es vordergründig nur um das Erlernen einer Fremdsprache geht, so lautet die Annahme, sind durch den Besuch des Kurses bisherige Deutungen, was im Fremdsprachenunterricht überlicherweise geschieht und wozu dieser Unterricht dienen kann, berührt" (Weinberg 1985, S. 37). Während in diesem Beispiel eher latent mitschwingende Deutungen vorkommen, können in anderen Lernveranstaltungen Deutungen zum Ausdruck kommen, die noch direkter in das Lerngeschehen eingreifen und somit auch als eigener Lerngegenstand entwickelt werden können. Diese Unterscheidung nimmt auch Schüßler vor, indem sie eine Unterscheidung zwischen implizitem und explizitem Anschließen an Deutungsmuster im Lehr-Lern-Prozeß trifft (vgl. Schüßler 2000). Diese Deutungen ermöglichen einen Blick auf die Interpretation der gemachten Erfahrungen der Teilnehmer, wie diese "wahrgenommen, erlitten, verarbeitet und beurteilt" (Weinberg 1985, S. 37) werden. Diese Interpretationen sind maßgeblich für den Lehr-LernProzeß entscheidend, denn die "Deutungen steuern also das Lernverhalten, können es negativ oder positiv beeinflussen" (ebd., S. 37) und müssen somit im Lehr-Lern-Prozeß zur Sprache gebracht werden. 27 Hierbei sei das Deutungsmusterkonzept nach Dybowski/Thomssen mit eingeschlossen, die die Dualität von sozialen Deutungsmustern und deren Derivaten klar registrieren. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 102 Holzapfel sieht dabei jedoch die Gefahr, "den Erfolg des Lernens danach zu beurteilen, ob die früheren Deutungsmuster der Teilnehmer über Lernen sich denen der Pädagogen angepaßt haben" (Holzapfel 1978, S. 119) und warnt davor, weder den Lernbegriff "an die Symmetrie der Kommunikationsstrukturen von Pädagogen und Teilnehmern noch an den Konsens von Deutungsmustern zwischen Pädagogen und Teilnehmern" (ebd., S. 119) zu binden. Denn "Lernen findet auch statt, wenn asymmetrisch kommuniziert wird und die Deutungsmuster der Pädagogen durch Teilnehmer nicht angenommen oder zurückgewiesen werden" (ebd., S. 119). Und nicht nur das Abwehren der Deutungsmuster des Dozenten kann problematisch werden, sondern auch die allgemeine Thematisierung der Deutungsmuster, da sich "die Teilnehmer (...) an schulisches Lernen in der Regel gewöhnt haben und mit diesen Einstellungen die Lernsituation auch im Erwachsenenalter strukturieren können" (ebd., S. 119). Diese Einstellungen (also auch Deutungsmuster der Teilnehmer) machen die Teilnehmer handlungsfähig, und somit müssen die Teilnehmer vorsichtig an eine Lernsituation herangeführt werden, die deutungsmusterreflexiv ausgelegt ist (vgl. ebd., S. 120). Während der reflexive Umgang mit Deutungsmustern den Teilnehmern z.T. fremd ist, so stellt der Lerngegenstand für die Teilnehmer oftmals nichts Neues dar. Bei der Untersuchung von Kejcz u.a. zur Bildungsurlaubsforschung wird ersichtlich, daß dieser Lerngegenstand ein "vielleicht zentrales Element ihrer Existenz" (Kejcz u.a. 1980b, S. 188) ist. Hierbei sind Lernveranstaltungen angesprochen, die sich mit dem Alltagswissen der Teilnehmer auseinandersetzen, wobei jener Bereich zum Lerngegenstand gemacht wird, "in dem sie (täglich) zu handeln gezwungen sind, (...) in dem sie Erfahrungen gesammelt und Konfliktlösungsstrategien entwickelt haben" (ebd., S. 188) und dann im Lehr-Lern-Prozeß interpretiert wird: "Die Lebenssituation der Teilnehmer ist üblicherweise im pädagogischen Prozeß nur in diesen Interpretationen verfügbar" (ebd., S. 188). Problematisch in bezug auf Verständigungsschwierigkeiten wird es dann, "wenn es darum geht, die unterschiedlichen Interpretationen in eine Problemstellung zusammenzuführen, die das Erkenntnisinteresse enthält, das in der weiteren Arbeit verfolgt werden soll und wenn es darum geht, bisherige Handlungsstrategien zur Bewältigung der Anforderungen aus der Lebenssituation zu überprüfen oder zu problematisieren" (ebd., S. 189). Als Interpretationshilfe sehen Kejcz u.a. den Deutungsmusteransatz deswegen an, "weil er erklärt, wie das Individuum mit Deutungsmustern Probleme strukturiert und weil er erklärt, welche subjektive Relevanz die im Deutungsmuster enthaltenen Handlungsorientierungen haben" (ebd., S. 189). Auch Griese sieht die sozialwissenschaftliche Theorie, in seinem Fall die Erwachsenensozialisationstheorie, als Hilfe für die "theoretische(n), d.h. deutend-verstehende(n) Reflexion der Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung, (...) (als) Bestandteil des notwendi- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 103 gen Diskurses über Selbstverständlichkeit, Situation, Möglichkeiten und Grenzen der Erwachsenenbildung angesichts der biographischen Erfahrungen und der lebensweltlichen Einbettung ihrer Zielgruppen" (Griese 1994, S. 91). Es geht also um die " 'Reflexion des Lehr-/Lern-Geschehens‘ " (ebd., S. 91) und der biographischen Erfahrungen der Teilnehmer in dem Lehr-Lern-Prozeß, welche somit auf dem Hintergrund deutungsmusterorientierter Erwachsenenbildung 'common sense‘ zu sein scheint. Die Frage ist jedoch, wie mit den reflektierten Deutungsmustern umzugehen ist. Soll es Ziel der Erwachsenenbildung sein, auf konkrete Deutungsmusterveränderungen hinzuarbeiten oder an den Deutungen der Teilnehmer anzuknüpfen, allerdings ohne einen Veränderungsanspruch zu haben ? Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob das Ansetzen an den Deutungen nicht allein dem Zweck dient, das Interesse der Teilnehmer zu wecken und die Teilnehmer trotzdem "im eigenen Saft schmoren zu lassen". Pädagogische Problemfelder in der Erwachsenenbildung Vor allem Kejcz u.a. haben bei ihrer Untersuchung zur Bildungsurlaubsforschung die Problematik der Reflexion von Deutungsmustern im Lehr-Lern-Prozeß aufgezeigt, welche sie die " ‘Problemfelder pädagogischen Handelns im Bildungsurlaub‘ " (Kejcz u.a. 1980a, S. 149) nennen. Dabei setzen sie sich mit dem Unterschied zwischen der Lebenssituation und dem organisierten Lernen über diese Lebenssituation auseinander (vgl. ebd., S 149). Es handelt sich dabei um folgende Problemfelder, die nach Kejcz u.a. allgemein für die Erwachsenenbildung gelten (vgl. ebd., S. 149 f.): • Teilnehmererfahrung und Lerninhalt • Kompetenzverteilung im pädagogischen Prozeß • Verständigung der Lerngruppe über Begriffe und Struktur des Wissensangebots • Behandlung von Deutungsmustern im pädagogischen Prozeß • Die Schwierigkeit, das gleiche Problem zu diskutieren • Das Problem, ein gemeinsames Erkenntnisinteresse zu definieren • Das Problem, Handlungskonsequenzen zu entwickeln (vgl. Kejcz u.a. 1980a, S. 150 - 186; Kejcz 1980b, S. 189 – 202) Exemplarisch werden drei Punkte herausgegriffen und in ihrer Relevanz bezüglich der Deutungsmuster der Teilnehmer diskutiert: Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 104 Die Schwierigkeit, das gleiche Problem zu diskutieren Bei diesem Problemfeld zeigen Kejcz u.a. anhand eines Protokollauszugs auf, wie der Pädagoge zwar ein Problem analysiert und Hilfestellung zu geben versucht, jedoch das eigentliche Probleminteresse der Gruppe nicht erfaßt hat. Das von ihm erkannte Problem hat die Sorgen der Teilnehmer nicht direkt getroffen und "der sozialen Problemdefinition der Teilnehmer steht die analytische des Pädagogen gegenüber" (Kejcz u.a. 1980b, S. 193). Diese beiden Problemdefinitionen bleiben unvermittelt nebeneinander stehen: "Der Pädagoge hat die Analyse der Teilnehmerinnen nicht aufgenommen, sondern durch seine eigene ersetzt" (ebd., S. 193). In dem Beispiel wird ebenfalls ersichtlich, daß die Reaktion der Teilnehmerinnen ironische Züge aufweist, was eventuell zur Folge haben kann, daß sich nicht mehr ernsthaft mit der Problemfindung und –diskussion auseinandergesetzt wird und es zum Abbruch oder Themenwechsel in der Diskussion kommt oder weitere Erfahrungen auf der inhaltlichen Ebene des pädagogischen Vorschlags abgehandelt werden. Das Problem, ein gemeinsames Erkenntnisinteresse zu finden Kejcz u.a. gehen in ihrem Beispiel davon aus, daß das pädagogische Team den Teilnehmern ein Raster für die Ordnung ihrer betrieblichen Erfahrungen angeboten hat. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Teilnehmer dazu bereit sind, dieses Ordnungsschema zu übernehmen: "Übernahme müßte sich ja daran zeigen, daß das in der Problemformulierung enthaltene Erkenntnisinteresse von den Teilnehmerinnen aufgegriffen wird" (ebd., S. 193 f.). Entscheidend bei diesem Problemfeld ist die Frage, wie man die in der Interaktion stattfindende Verständigung über ein gemeinsames Erkenntnisinteresse überprüfen kann und welche Funktion die Beiträge der Teilnehmer dazu haben (vgl. ebd. S. 196). Dabei reicht es nicht aus, "nur danach zu fragen, welche Funktion Teilnehmerinnen und Pädagogen zur Formulierung des Erkenntniszieles haben, sondern es muß genauer bestimmt werden, wie sich die (...) unterschiedlichen Zugangsformen zum Problem aufeinander beziehen. Wir müssen mithin fragen, wie verhalten sich die Deutungsangebote des Pädagogen zu den Beispielen der Teilnehmerinnen?" (ebd., S. 196). Das Beispiel bei Kejcz u.a., bei dem der Pädagoge das Problem "Wie werden Beschäftigte gespalten?" diskutieren wollte und bei dem durch die Erfahrungsschilderungen einer Teilnehmerin mit Streiks der Diskussionsgegenstand verändert wurde, zeigt auf, daß "die Teilnehmerinnen (...) das Deutungsmuster 'Spaltung‘ nicht in ihren Beispielen (übernehmen), (sie) prüfen nicht, inwieweit es zur Interpretation ihrer Streikerfahrungen taugt, sondern arbeiten mit einem anderen Deutungsmuster, dem der 'Uneinigkeit‘ " (ebd., S. 197). Der Pädagoge wiederum stellt sein Deutungsmuster zwar den Teilnehmerinnen gegenüber, nimmt aber deren Deutungsmuster nicht auf und setzt beide nicht in Beziehung, was zur Folge hat, daß "beide Deutungsmuster (...) dadurch im Grunde weder bestätigt noch Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 105 kritisiert noch miteinander verbunden (werden)" (ebd., S. 197). Aus dieser Kritik wird erkenntlich, was Kejcz u.a. als Kriterium für eine gelungene Verständigung ansehen: "wenn man (...) überprüft, wie die in den Erfahrungsschilderungen der Teilnehmer enthaltenen Deutungsmuster sich mit den Deutungsmusterangeboten des Pädagogen vermitteln, in welcher Beziehung sie zueinander stehen und wie sie jeweils aufgegriffen werden" (ebd., S. 197). Das Problem, Handlungskonsequenzen zu entwickeln In diesem Problemfeld zeigen Kejcz u.a. auf, welche Auswirkungen Deutungsmuster in einer Interaktion haben können, wenn das gemeinsame Erkenntnisinteresse gefunden wurde und anschließend Handlungsstrategien entworfen werden sollen. Auch in dieser von Kejcz u.a. dargestellten Interaktionssequenz (vgl. ebd., S. 198 - 200) wird deutlich, daß sich unterschiedliche Deutungen der gleichen sozialen Angelegenheit gegenüberstehen und dadurch zustande kommen, weil die verschiedenen Deutungsmuster verschiedene Blickwinkel erzeugen. Dennoch ist in dieser Interaktion ein Unterschied zu erkennen: Hier "bleiben diese Deutungsmuster nicht einfach nebeneinander stehen, sondern die Teilnehmer versuchen, die Tauglichkeit ihres Deutungsmusters zur Interpretation durch Schildern von Erfahrungen und Beispielen zu belegen (...). Die Teilnehmer belegen aber nicht nur die Adäquanz ihres Deutungsmusters, sondern sie prüfen auch, wie weit das Deutungsmuster des Pädagogen trägt" (ebd., S. 201 f.). Diese Überprüfung und das Austesten der beiden gegenübergestellten Deutungsmuster geschieht jedoch bei den Pädagogen nicht, welche "die aus ihren Deutungsmustern resultierenden Handlungsmöglichkeiten als Appell in der Diskussion (...)" (ebd., S. 202) verwenden. Es kommt zwar zu einer Konfrontation zwischen den alternativen Deutungsmustern der Pädagogen und den Deutungsmustern der Teilnehmer, die Erfahrungen, die Deutungen und Handlungsstrategien der Teilnehmer werden jedoch nicht von den Pädagogen aufgenommen (vgl. ebd,, S. 202). Daß diese Vorgehensweise die Interaktion entscheidend beeinflußt, zeigen die darauf folgenden Beiträge der Teilnehmer und der Umstand, "daß, damit ihre bisherigen Deutungsmuster nicht dysfunktional für die Interpretation geworden sind, sie zeigen, daß sie mit dem Deutungsangebot der Pädagogen ihr zentrales Handlungsproblem (...) nicht klären können" (ebd., S. 202). Diese exemplarische Darstellung von drei pädagogischen Problemfeldern sollte zeigen, "was der Deutungsmusterbegriff zur Analyse konkreter pädagogischer Interaktion taugen kann" (ebd., S. 202), und daß die Deutungsmuster der Teilnehmer und Pädagogen eine entscheidende Rolle im Lehr-Lern-Prozeß haben, da diese sowohl zur Alltagsordnung als auch zur Handlungsfähigkeit dienen. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 106 Didaktische Überlegungen Durch die vorherigen Überlegungen zum Lehr-Lern-Prozeß und die pädagogischen Problemfelder lassen sich didaktische Konsequenzen aus dem Deutungsmusteransatz ableiten, nämlich wie und in welchem Umfang auf die Deutungsmuster der Teilnehmer eingegangen werden soll. Holzapfel stellt in seinem Artikel von 1978, in dem er den Deutungsmusteransatz mit dem Alltagswissenskonzept in der Erwachsenenbildung vergleicht, einige abstrakte Implikationen bezüglich der didaktischen Konsequenzen des Deutungsmusteransatzes vor. Hierbei sieht er es als grundlegend an, daß für die Aufnahme und Verarbeitung neuer handlungsstrukturierender Deutungsmuster erst die alten in den Bildungsprozeß eingebrachten Deutungsmuster von den Teilnehmern erkannt und artikuliert werden müssen. Wichtig sowohl für den Anfang als auch für die folgenden Lernsequenzen im Bildungsprozeß sind dabei die zur Sprache gebrachten Erfahrungen, die die Identität des Teilnehmers bedrohen, wobei diese nicht zwingend in Verbindung mit dem eigentlichen Thema des Bildungsprozesses stehen müssen. Weiterhin wirft er die Frage auf, "ob ein gelungener Lernprozeß sich zwischen den Polen Analyse- und Verallgemeinerungsebene bewegen muß (...), oder ob es nicht genügen kann (bei verschiedenen Zielgruppen und bei verschiedenen Erfahrungen mit Weiterbildung bei einzelnen Zielgruppen), zunächst einige Stufen zu realisieren" (Holzapfel 1978, S. 130). In diesem Zusammenhang bringt er auch dieselbe Kritik wie Alheit/Wollenberg, die die Erkenntnishierarchie des Thomssenschen Deutungsmusteransatzes kritisieren (vgl. Punkt 2.1): Ein "Mißverständnis (...) besteht nach meiner Ansicht vor allem darin, daß Stufen der Erkenntnis, die allenfalls analytisch voneinander unterschieden werden können, identisch gesetzt werden mit zeitlichen Abfolgen des Erkenntnisprozesses (von der Erfahrung zum Bewußtsein, vom Bewußtsein zum praktischen Handeln). Es wäre zu prüfen, ob das Problemlöseverhalten von Erwachsenen in solchen zeitlichen Stufenfolgen überhaupt abläuft" (Holzapfel 1978, S. 131). Arnold/Schüßler, die ebenfalls von einer Reflexion als Grundlage für die Veränderung von Deutungsmustern ausgehen, sehen das Anknüpfen an die Biographie der Teilnehmer und deren Einbindung in den Bildungsprozeß als grundlegend an, da Lerninhalte sonst an der Oberfläche bleiben und als nicht wichtig für die eigene Lebenswelt erachtet werden, falls sie sich nicht an den Erfahrungen der Teilnehmer anknüpfen lassen (vgl. Arnold/Schüßler 1996, S. 194). Nachdem die Teilnehmer ihre Deutungsmuster durch die Darstellung von eigenen Erfahrungen expliziert haben, kommt es nun beim Konzept des Deutungslernens zu einer Gegenüberstellung von anderen Sichtweisen, die mit den Deutungsmustern der Teilnehmer in Konfrontation stehen. Dadurch "können Lernprozesse Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 107 angeregt und über Reflexionsimpulse Einsichten in die eigenen Wahrnehmungs-, Gefühls- und Denkvorgänge entwickelt werden" (ebd., S. 194). Daß dies gerade für die Erwachsenenbildung eine wichtige Aufgabe ist, hängt mit der Latenz der Deutungsmuster zusammen. Diese also eher unterbewußt gelagerten Deutungsmuster ermöglichen es dem Individuum, handlungsfähig zu bleiben, da nicht ständig über Handlungssituationen reflektiert werden muß, soweit es zu keinen außergewöhnlichen Schwierigkeiten kommt. D.h. aber auch, daß durch diese Latenz das Individuum generell nicht über diese Deutungsmuster reflektiert. Die Erwachsenenbildung übernimmt somit diese Aufgabe und bietet eine "stellvertretende Deutung" (vgl. u.a. Schmitz 1989, S. 71 ff.) an, um die Reflexion der eigenen Deutungsmuster durch eine Gegenüberstellung zu ermöglichen. Arnold/Schüßler gehen dabei nicht zwingend von grundlegenden Veränderungen der Deutungsmuster aus, aber die in diesem Prozeß stattfindende "bewußt hergestellte Differenzerfahrungen" (ebd., S. 195) können die Teilnehmer dabei sensibilisieren, "daß und warum andere Individuen ihre Umgebung anders wahrnehmen und auch anders denken" (ebd., S. 195). Die Bedeutung der Verknüpfung von Lerninhalt und Erfahrungen der Teilnehmer, also "die Relevanz von Weiterbildung für die Lebenspraxis ihrer Teilnehmer" (Kejcz u.a. 1980b, S. 188), sehen auch Kejcz u.a.. Dabei ist es entscheidend, daß die Lerninhalte auch wirklich an den alltäglichen Problemen der Teilnehmer orientiert sind, wobei "diese Problemorientierung pädagogischer Planung (...) sich in der Konstruktion der Zielgruppen wieder(findet) (...), deren jeweilige Lebenssituation im Zentrum des pädagogischen Prozesses steht" (ebd., S. 188). Hierbei wird ersichtlich, daß Zielgruppenorientierung als ein didaktisches Kriterium des Deutungsmusteransatzes festgehalten werden kann. Kejcz u.a. sind bei ihrer Untersuchung zum Bildungsurlaub zu dem Ergebnis gekommen, daß der Bildungsprozeß in zwei grundlegende didaktische Phasen geteilt werden kann, nämlich erstens die Verständigung über ein Problem und als zweite Phase die Verständigung über die darauf folgende Handlungsorientierung (vgl. ebd., S. 202). Als "Strategie reflexiver Programmplanung (...), die das erfahrungsgeprägte Alltagswissen und die Lebenswelten der Teilnehmer als Anschlußebene einer teilnehmerorientierten (Breloer/Dauber/Tietgens, 1980) bzw. an Deutungsmuster anknüpfenden Planung von Erwachsenenbildung aufgreift" (Arnold 1983b, S. 50), sieht Arnold didaktische Lebensweltanalysen. Durch solche Programmplanungen, die an den alltäglichen Erfahrungen der Teilnehmer anknüpfen, wird es nach Arnold möglich, Lernchancen und Lernbarrieren besser zu verdeutlichen, und "solche teilnehmerorientierten Untersuchungen ermöglichen eine didaktische Planung im Vorfeld der Bildungsmaßnahmen und dienen der 'Antizipation‘ von Lernproblemen" (Siebert, zit. nach Arnold 1983b, S. 51). Die in diesem Kon- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 108 text gebrauchten didaktischen Konzepte der Teilnehmerorientierung und Zielgruppenorientierung sind mit dem Problem behaftet, daß es gänzlich unterschiedliche Verwendungen der Begriffe gibt, so daß beide Begriffe zum Teil als Synonyme gebraucht werden. In dieser Arbeit wird an die Unterscheidung der Begriffe nach Mader/Weymann angeknüpft, bei der sowohl Teilnehmerorientierung als auch Zielgruppenorientierung zwar auf die Lebenswelt und die Deutungsmuster der Teilnehmer eingehen, die Zielgruppenorientierung jedoch als Phase vor und die Teilnehmerorientierung als Phase im Bildungsprozeß betrachtet wird (vgl. Mader/Weymann 1979). Giesecke-Schmelzle fordert für eine erfahrungsorientierte Bildungsarbeit, daß diese "sich dann entweder vorab oder in der Lernsituation selbst der Deutungen der Teilnehmer vergewisser(t), ja sie muß sie quasi transparent machen, um Widersprüche zwischen Deutungen im Denkprozeß herauszuarbeiten, um ergänzendes Wissen anzubieten und neue Erfahrungen zulassen zu können" (Giesecke-Schmelzle 1985, S. 85). Wenn nun aber der Deutungsmusteransatz in seiner ursprünglichen Konzeption von sozialen Deutungsmustern und individuellen Deutungsmustern ausgeht, so hat dies auch Konsequenzen für die Didaktik der Erwachsenenbildung bezüglich Teilnehmerorientierung und Zielgruppenorientierung. Zielgruppenorientierung, verstanden als dem Bildungsprozeß vorgeschaltete Phase, hat somit auf die sozialen Deutungsmuster einzugehen, d.h. sie muß die sozialen Deutungsmuster der Zielgruppe analysieren. Dabei wird davon ausgegangen, daß bei dieser Zielgruppe grundlegend gleiche oder ähnliche soziale Deutungsmuster vorherrschen und der Deutungsmusteransatz die Möglichkeit bietet, "Zielgruppen mit Hilfe synonymer Deutungsmuster zu differenzieren" (Bergeest 1992, S. 7). Diese Deutungsmusteranalyse macht es somit möglich, eine erste Orientierung für die Programmplanung im Vorfeld des Bildungsprozesses zu erhalten (Makrodidaktik). Nach Bergeest müssen solche Recherchen im Vorfeld des Kursgeschehens verstärkt Anwendung finden, "um Deutungsmuster zu analysieren (vgl. Arnold, 1985, S. 96) und Lernbarrieren zu antizipieren (vgl. Mader, in: Siebert, 1979, S. 355)" (Bergeest 1992, S. 8). Dennoch kann dabei nicht davon ausgegangen werden, daß diese "Vermutungen" bezüglich der Teilnehmer auch wirklich zutreffen, denn das wäre ein "Überstülpen" von Annahmen über die Teilnehmer und würde die Deutungsmusterorientierung zu sehr auf Klischees reduzieren. Eine Annahme, die nach Dewe ein Mißverständnis ist, denn "erst wenn Deutungsmuster ihre prinzipielle Entwicklungsfähigkeit und Erfahrungsoffenheit einbüßen und sich zu Stereotypen und Klischees verwandeln und etwa konkretistische Topoi ausbilden, stimmt die Rede von der 'Dummheit der Deutungsmuster‘ (Brammerts 1976)" (Dewe 1982, S. 112). Um dies zu vermeiden ist es entscheidend, im Bildungsprozeß teilnehmerorientiert zu handeln, d.h. auf die Derivate der sozialen Deutungsmuster, also die Deutungsmuster der Teilnehmer, direkt Bezug zu nehmen (Mikrodidaktik), da die sozialen Deutungsmuster und somit auch Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 109 die Dualität zwischen individueller und sozialer Ebene durch die Latenz der sozialen Deutungsmuster nicht direkt erfaßt werden kann. Somit scheint die Auffassung Brammerts unsinnig, daß individuelle Deutungsmuster in der Erwachsenenbildungsveranstaltung ausgeblendet oder gar zurückgedrängt werden müssen , "weil sie vom Lehrzweck abführen" (Brammerts 21977, S. 163). Eine weitere didaktische Zielsetzung, die auf die automatische Verwicklung in "Akte des Bedeutungszumessens und Wertentscheidens (...), sobald wir in Lernsituationen eintreten" (Gerl 1980, S. 376) bezug nimmt, wäre der schon vorher erwähnte Anspruch Gerls: "Wir sollen dieses Auswählen und Wertsetzen in Lernsituationen mit Willen und Bewußtsein tun und unsere Wahl soll unseren Interessen und Bedürfnissen entsprechen. Sie soll unser 'Selbst‘ repräsentieren" (ebd., S. 376). Auch er verlangt also die Kommunikation über Deutungsmuster zwischen Teilnehmern und Dozenten im Lehr-Lern-Prozeß und fordert, "den der Symbolisierung und offenen Kommunikation zugänglichen Teil erfahrbarer Wirklichkeit in einer Lerngruppe zu maximieren und umgekehrt den 'Bereich des Vermeidens und Verbergens‘ (Luft 1971, S. 22) zu minimieren" (ebd., S. 381). Das Verhältnis zum Teilnehmer Nachdem nun vorher grundlegende didaktische Annahmen des Deutungsmusteransatzes für den Lehr-Lern-Prozeß diskutiert wurden, stellt sich nun die Frage, wie das Verhältnis zwischen Dozent und Teilnehmer genauer in diesem Ansatz definiert ist, da ein an Deutungsmuster anknüpfendes Lernen sicherlich nicht mit dem klassischen Lernprozeß im Sinne einer one-way-education zu erreichen ist. Frank stellt in seinem Aufsatz zur sozialisationstheoretischen Begründung von Erwachsenenbildung die Schmitzsche lebensweltorientierte Auffassung vom Teilnehmer dar, die diesen "als ein kompetentes Subjekt (betrachtet), das seine lebenspraktischen Probleme auf der Grundlage eines biografisch erworbenen Alltagswissens bewältigt und für das Lernen nur insofern zu einem Bedürfnis wird, wie dadurch eben dieses Alltagswissen verbessert wird" (Schmitz, zit. nach Frank 1982, S. 82). Eine Auffassung, die auch Kaiser teilt, indem er den Teilnehmer als prinzipiell kompetenten Interaktionspartner (vgl. Kaiser 1990, S. 14) und nicht als "Bildungsamputierten" (Kaiser 1980, S. 175) versteht. Jochen Kade zeigt auf, daß Anfang der achtziger Jahre eine Neuorientierung in der Erwachsenenbildung mit der sogenannten reflexiven Wende stattgefunden hat, die die Forderung hatte, "die Formen und Inhalte der Erwachsenenbildung durch eine konsequente Berücksichtigung des Teilnehmers sowie seiner lebensweltlichen und biographischen Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 110 Lebenslage neu zu bestimmen" (J. Kade 1994, S. 315). Eine Forderung, die mit dem Schlagwort ".'Hinwendung zum Teilnehmer' " (vgl. ebd., S. 315) charakterisiert werden kann und "die lebenspraktischen Probleme der Teilnehmer und die Formen ihrer Lösung zum zentralen, eigenständigen Bezugspunkt der Analyse von Erwachsenenbildung" (J. Kade 1994, S. 315 f.) machen will28. Entscheidend dabei ist, daß zumindest in der politischen Bildung von einer "Identitätskrise des Individuums, die Ausgangspunkt des Bildungsprozesses sein muß" (Holzapfel 1978, S. 124), gesprochen wird. Denn "ohne diese Krise und (der) damit verbundenen Bereitschaft, neue Deutungen in das vorhandene Bezugssystem des Individuums zu integrieren, muß jede politische Bildung am Teilnehmer vorbeigehen" (ebd., S. 124). Somit muß sich die Erwachsenenbildung die Frage stellen, "in welchem Sinne die Erwachsenenbildung in modernen Gesellschaften von den Teilnehmern zur Lösung ihrer Identitätsprobleme in Anspruch genommen wird" (J. Kade 1994, S. 315). Es geht also um die Aneignung der Erwachsenenbildung durch die Teilnehmer (vgl. Kade 1994), wobei Kade eine "Ohnmacht der Institution Erwachsenenbildung gegenüber den Teilnehmern als Aneignungssubjekte" (ebd., S. 319) aufzeigt. Nuissl hält fest, daß der Deutungsmusteransatz viel zu dieser Neuorientierung in der Erwachsenenbildung beigetragen hat, indem die Teilnehmer verstanden werden als "lernende Erwachsene in allen Lehr-Lern-Prozessen, die mit Aspekten ihres alltäglichen Lebens zu tun haben, (und) als gleichberechtigte Teilnehmer der pädagogischen Interaktion ernst zu nehmen sind" (Nuissl 1991, S. 48). Somit werden auch die Interessen der Teilnehmer als wichtig betrachtet, denn "Deutungsmuster 'repräsentieren die für das Individuum gültigen Strategien zur Durchsetzung subjektiver Interessen in bestimmten Handlungssituationen‘, sie 'liefern dem Individuum adäquate Handlungsanleitungen für die Vermittlung von subjektiven Interessen und objektiven Bedingungen‘ (Kejcz u.a. 1980, 187)" (Nuissl 1991, S. 47). Interessen werden dabei immer als schon interpretiert und als von den Deutungsmustern wesentlich gesteuert (vgl. Dybowski/Thomssen 1982, S. 54) betrachtet. Frank fragt allerdings nicht allein nach den Möglichkeiten der Bildung, an den Erfahrungsstrukturen der Teilnehmer anzuknüpfen, sondern stellt die Problemfrage auf, "inwieweit die durch Sozialisation erworbenen Kompetenzen der Teilnehmer und ihre sozialen und individuellen Identitätsformationen konstitutiv sind für die Handlungsstrukturen in der Erwachsenenbildung" (Frank 1982, S. 83). Gleichzeitig verwahrt er sich jedoch da28 Weitere Erläuterungen zur reflexiven Wende und die Abgrenzung zur realistischen Wende finden sich u.a. bei Arnold 1990b. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 111 vor, sich nur noch auf diese Bedingungen zu konzentrieren (nach ihm ein modischer Trend der Alltagswende) und "die Erwachsenenbildung nur noch als Instrument der internen Differenzierung und Verbesserung der alltäglichen Erfahrungsmuster und Problemlösungsstrategien" (ebd., S. 83) zu begreifen. Er sieht die Erwachsenenbildung "weder als einseitige Vermittlung der 'externen‘ allgemeinen Rationalität von Wissenschaft und Bildung noch als bloße Erweiterung der 'internen‘ besonderen Rationalität der Alltagsdeutungen und –handlungen, sondern als 'Diskurs‘ zwischen beiden Rationalitätsformen, als ihre gegenseitige Explikation. Dabei dürfen die Gefahren der durch die Verwissenschaftlichung von Erwachsenenbildung drohenden Entwertung von Erfahrungspotentialen und Technokratisierung von Lebensweltstrukturen ebensowenig übersehen werden wie die Aufklärungsbedürftigkeit von Wissen und Handeln im Alltag" (Frank 1982, S. 84). Aufgaben und Kompetenzen des Dozenten Diese oben beschriebene Sichtweise vom Teilnehmer kann nicht für sich alleine stehen, will sie auch praktisch umgesetzt werden. D.h. es werden vom Dozenten bestimmte Kompetenzen und Aufgaben verlangt, die dazu führen, den Lehr-Lern-Prozeß teilnehmerorientiert zu gestalten. Dabei soll jedoch nicht nur an den Erfahrungen der Teilnehmer angeknüpft werden, sondern auch eine Gegenposition oder andere Sichtweise bzw. Deutung, zwar nicht übergestülpt, aber dennoch dargestellt werden. Diese Vorgehensweise im Lehr-Lern-Prozeß ist in der Erwachsenenbildung unter dem Begriff der "stellvertretenden Deutung" (Schmitz) bekannt und kann als eine wichtige didaktische Kategorie festgehalten werden, die dem Erwachsenenbildner gewisse Aufgaben und Kompetenzen abverlangt. Dabei ist die Vorgehensweise des Dozenten dadurch geprägt, daß er auf die Erfahrungen und Probleme der Teilnehmer eingeht, jedoch versucht, diese " ‘aus der Distanz stellvertretend wissenschaftlich reflektiert zu bearbeiten‘ (ebd., S. 14) und dabei gleichzeitig in den generellen thematischen Kontext des Seminars" (Dewe, zit. nach Arnold/Schüßler 1996, S. 201) zu stellen. Es geht dabei vor allem um die Äußerung von Erfahrungen und die darauffolgende Systematisierung der mitgeteilten Erfahrungen durch den Dozenten, der dies "von außen" eher leisten kann als die Teilnehmer selbst, und weiterhin um die Vermittlung von Wissen, um die alltäglichen Deutungen der Teilnehmer zu erweitern und ihnen "zur Selbstaufklärung ihres Alltagswissens zu verhelfen" (Arnold/Schüßler 1996, S. 201; vgl. auch Tietgens 1989, S. 79). Dabei haben die Erwachsenenbildner nach Brater die Aufgabe, "als 'Hebammen der Problemformulierung (zu) arbeiten, mit dem Ziel, das meist zunächst relativ diffuse Unbehagen in immer präzisere Frageformen zu gießen‘ " (Brater, zit. nach Dewe 1980, S. 315). Eine wesentliche Aufgabe des Dozenten liegt also darin, ein Interaktionssetting zu organisieren, in dem die oben genannten Prozesse ablaufen, was z.B. mit der Moderationsmethode ermöglicht werden Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 112 kann. Tietgens konstatiert eine Zurückhaltung bezüglich des Konzepts der stellvertretenden Deutung, was seiner Ansicht nach "von den Vermittlungsgegenständen aus(geht), also von der didaktischen Reichweite des Ansatzes (...) (und von der) Sorge auf die Interaktionsverläufe, die (...) zu einseitig werden könnten" (Tietgens 1989, S. 79). Diese Bedenken versucht Tietgens zu zerstreuen29 und hält fest: "...womit denn auch die zentrale Position der stellvertretenden Deutung aufgehoben ist. Es wird daran noch deutlicher, daß es nicht um das Aufzeigen des einen Lösungsweges gehen kann, sondern um das Bewußtsein für das Repertoire der Lösungswege und um ein Sensibilisieren für die Maßstäbe der Beurteilungskriterien, wenn es um diesen oder jenen Weg geht" (ebd., S. 82). Auch Hoerning stellt fest, daß "wenn Erwachsenenbildung die Rolle der 'stellvertretenden Deutung der Wirklichkeit‘ übernimmt, bedeutet das, daß sie sich an der Konstruktion, Reproduktion und Transformation von Biographien beteiligt. Sie muß die biographische Geschichtlichkeit ihrer Subjekte, für deren Zukunft sie deutend tätig wird, beobachten und analysieren. Die Ergebnisse (...) können für die Ausbildung der Biographie (...) immer nur als ein 'Modell lebenspraktischer Aufklärung‘ als Bewußtmachung, nicht aber als individuelle Lebenshilfe verstanden werden" (Hoerning 1989, S. 161). Und obwohl Alheit durch die stellvertretende Deutung eine Verlagerung des "professionelle(n) Selbstverständnis von Andragogen sukzessive von pädagogischen zu therapeutischen Interaktionsprozessen" (Alheit 1990b, S. 305) sieht, scheint sich die Rolle des Erwachsenenbildners eher als eine beratende denn therapeutische zu verstehen. Somit steht diese Auffassung entgegengesetzt zu der Kritik Foucaults (1971, 1974), "daß die stellvertretende Deutung durch Psychotherapie, Medizin, Justiz, Bildung und andere Instanzen der wissenschaftlichen Humanisierung des menschlichen Zusammenlebens die Enteignung der lebensweltlichen Autonomie ihrer Klientel lediglich beschleunigt" (Weymann 1989, S. 89), daß "der Wille zum Wissen (...) mit dem Willen zur Macht identisch" und "die stellvertretende Deutung (...) die Ausschaltung des Diskurses der Anderen, der anderen Diskurse" (ebd., S. 89) sei. Nach Giesecke-Schmelzle werden dabei an den Erwachsenenbildner "aber doppelte Anforderungen gestellt. Er benötigt eine hohe Sensibilität gegenüber der artikulierten Erfahrungswelt der Teilnehmer und eine hohe, auf verschiedene Abstraktionsebenen flexibel nutzbare Kompetenz im zu behandelnden Sachgegenstand" (Giesecke-Schmelze 1985, S. 87). Die Rolle des Dozenten ist dabei die des Ermöglichers und Organisators eines Erfahrungsaustausches, indem er z.B. durch die mäeutische Fragetechnik ein Nachfragen ermöglicht und strukturiert, einen Fragenzusammenhang bewußt herstellt und somit ei29 Die genaue Argumentation Tietgens kann hier nicht dargestellt werden. Vgl. dazu Tietgens 1989, S. 79 - 82. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 113 nen iterativen Prozeß der Selbstreflexion initiiert. Arnold/Schüßler sprechen hierbei von einer "Ermöglichungsdidaktik" (vgl. Arnold/Schüßler 1998, S. 124). Für diesen Erfahrungsaustausch kann dabei das Gespräch die Methode sein, um wissenschaftliche Erklärungsmodelle an die Beispiele der Teilnehmer anzuknüpfen und somit auf die Deutungen der Teilnehmer zu transformieren. Der Dozent unterstützt dabei die Erfahrungsartikulation durch sprachliche Wiederholung, zyklisch-progressives Fragen und Widerspiegeln. Entscheidend dabei ist aber auch die Einbindung aller am Interaktionsprozeß Beteiligten, die nicht als "Störer", sondern als "Deutungshelfer" verstanden werden (vgl. Arnold/Schüßler 1996, S. 195 ff.). Diese Kommunikationsprozesse muß der Erwachsenenbildner also "themenzentriert in moderierender Funktion steuern sowie die darin ablaufenden gruppendynamischen Prozesse und deren Wirkung für die Herstellung von Erfahrungschancen verstehen können" (ebd., S. 126), und er sollte über die "eigene Biographie reflexiv verfügen, um so für die lebensgeschichtlich erworbenen Deutungs- und Handlungsmuster der Teilnehmerinnen sensibilisiert zu sein (vgl. Arnold 1985a, S. 126 f.)" (ebd., S. 201). Die Ermöglichung dieser Perspektivenverschränkungen sieht Arnold durch sein "Steinbruchmodell des Lernens" beschrieben: "Der Lehrende präsentiert bzw. moderiert ein offizielles Thema, welches von den Lernenden als 'Steinbruch‘ genutzt wird, d.h. sie entnehmen ihm gewissermaßen die Bausteine bzw. Sinn(-bestand-)teile, die sie zur Bearbeitung ihrer eigenen Lernthemen, d.h. (...) zum Bau bzw. Wiederaufbau ihres eigenen Sinnhauses, benötigen" (Arnold 1995, S. 137). Somit kann festgehalten werden, daß die " ‘sanfte Kunst des Umdeutens‘ " (Arnold 1995, S. 138) und "das Angebot alternativer Deutungen und Problemlösungen (...) festgefahrene Ansichten lockern und auf diese Weise die Entwicklung neuer Handlungsoptionen für den Alltag anregen" (Arnold/Schüßler 1999, S. 318) kann, indem der Dozent dabei "durch Herstellung von Perspektivenvielfalt und Perspektivenverfremdung, d.h. durch den Vorschlag übersehener, provozierender, weiterführender und in-Frage-stellender anderer Sichtweisen" (Arnold 1995, S. 136), Lernprozesse anregt. Die Rolle des Kursleiters ist dabei einer Veränderung unterworfen: Während beim klassischen Bildungsprozeß der Kursleiter der Fachmann für sein Wissensgebiet war, treten nun stärker die kommunikativen und didaktischen Fähigkeiten auf. Er wird somit der "Spezialist fürs Fach und für die Kommunikation" (Romberg 1992, S. 70) und benötigt als Kompetenz die "Fähigkeit zur 'Beobachtung II. Ordnung' " (Siebert 21996, S. 115). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 114 Zur Bedeutung der Sprache in Erwachsenenbildungsveranstaltungen Wie bisher ersichtlich wurde, steht das kommunikative Aufarbeiten von Erfahrungen bei deutungsmusterorientierter Erwachsenenbildung im Mittelpunkt. Deswegen wird nun auf die Bedeutung der Sprache eingegangen, da diese wohl das dafür wesentliche Medium darstellt: "Sprache ist zentraler Bestandteil von Kommunikation" (Schlutz 1985, S. 158) und zugleich "Medium sozialen Handelns" (ebd., S. 158). Ebenso spielt die sprachliche Vermittlung der sozialen Konstitution von Bedeutung beim Oevermannschen Begriff der "latenten Sinnstruktur" mit Rückgriff auf Mead eine wichtige Rolle (vgl. Bude 1982, S. 137). Bude stellt dar, daß sich Bedeutungen in sozialen Interaktionen bilden, die durch sprachlich vermittelte Bedeutungsregeln organisiert werden: "Nicht also die Zusammenführung subjektiv-intentionaler Bedeutungen bringt die objektive Bedeutung des gemeinsamen Handlungsprozesses hervor, sondern es verhält sich gerade umgekehrt: Den subjektiven Intentionen ist die interaktiv sich ausformende Bedeutungsdimension vorausgesetzt. Jene entstehen als subjektiv-perspektivische Abschattungen objektiver Bedeutungsfiguren" (ebd., S. 137), die dann im Interaktionsprozeß und in die objektive Bedeutungsbildung integriert werden. Der Lehr-Lern-Prozeß ist geprägt von einem " 'Feld von Bedeutungen' " (Gerl 1980, S. 377), die "benannt und festgehalten (werden) durch (in der Regel) sprachliche, begriffliche Symbole"( ebd., S. 377), wobei die Bedeutungen fragwürdig werden, "wenn es um die Benennung sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Zusammenhänge geht" (ebd., S. 378). Diese Zusammenhänge werden im Lehr-Lern-Prozeß symbolisch dargestellt und diskutiert, und somit werden ihnen von Dozent und Teilnehmern auch unterschiedliche Bedeutungen verliehen. Die Bedeutung des Symbols ist dabei abhängig von den Werten, die bei der Verwendung des Symbols transportiert werden (vgl. ebd., S. 378). Und dennoch können "Begriffe (...) streng genommen keine ausschließlich individuell-privaten Bedeutungen haben. Sie dienen dazu, Bedeutungen und Einschätzungen von Wirklichkeit mit anderen zu teilen und schließen folgerichtig nicht nur je eigene Erfahrungen mit dieser Wirklichkeit, sondern auch die Erfahrungen anderer (...) ein" (ebd., S. 378). "Da Sprache als System historisch vorgegeben ist und in Situationen zwischenmenschlicher Erfahrung angeeignet wird, gehen in die eigene Sprache immer kollektive und gruppenspezifische Momente mit ein", die die Sprache zu einem "einzigartige(n) Mittel der Selbstdarstellung und der Vermittlung zwischen persönlicher Identität (sich ausdrücken) und sozialer Identität (verstanden werden)" (Schlutz 1985, S. 158) machen. Schlutz sieht die sprachliche Kommunikation sowohl als Bildungsinhalt (vgl. ebd., S. 161 ff.) als auch als Bildungsprinzip (vgl. ebd., S. 165 ff.): "In der Verständigungssituation geht es um das Mitteilen und Teilen von Bedeutungen und damit um sprachliches Lernen" (ebd., S. 167). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 115 Erpenbeck unterscheidet dabei drei grundlegende Handlungsebenen der Sprachverwendung: 1. Die sensumotorische Handlungsebene: Die unterste Stufe "umfaßt die aus dem Tierreich übernommene und entsprechend weiterentwickelte Kommunikation. (...) Es handelt sich dabei aber nicht um Sprache im engeren Sinne, für die bereits Symbole und Symbolsysteme erforderlich sind" (Erpenbeck 1997, S. 52). 2. Die Stufe der symbolischen Handlungsebene I Auf dieser Ebene sind nun Symbole und Symbolsysteme verfügbar. Sie "beinhaltet die Verwendung der operativen Sprache" (ebd., S. 52), wobei der "Mensch (hierbei) mit sprachlichen Begriffen und Begriffsbeziehungen anstelle der realen Gegenstände und Beziehungen umgehen und seine Handlungen damit vom unmittelbaren Realitätsbezug langsam ablösen kann" (ebd., S. 52). 3. Die Stufe der symbolischen Handlungsebene II Auf dieser Ebene kommt die reflexive Sprache zur Geltung, "welche metasprachliche und reflexive Begriffe, weltanschauliche und wissenschaftliche Aussagensysteme, Theorien und Kunstwerke umfaßt" (ebd., S. 152). Entscheidend dabei ist die Feststellung Erpenbecks, daß dieser Entwicklungsprozeß "durch eine zunehmende Ablösung vom Realitätsbezug gekennzeichnet" (ebd., S. 53) ist, die den Menschen handlungs- und kommunikationsfähiger macht. Dieser Realitätsbezug der Sprache wirft ein weiteres Problem auf, mit dem sich der Deutungsmusteransatz beschäftigt. Es geht dabei um die kontrovers diskutierte Frage nach der Wahrheit und somit auch um die Aufklärungsbedürftigkeit von Deutungsmustern, denn wenn Deutungsmuster im Lehr-Lern-Prozeß aufgeklärt werden sollen, so muß es einen Maßstab für die Beurteilung der Deutungsmuster geben. Die Frage stellt sich dabei, wie dieser Maßstab aussieht (die Wahrheit?) und wer den Maßstab festlegt (der Dozent?). Hierbei stellt Siebert allgemein fest, daß "Deutungsmuster (...) durch neue soziale Kontakte und neue Interaktionen auch im Erwachsenenalter verändert und erweitert werden" (Siebert 1985a, S. 25 f.) können und "auch der Kurs in der Erwachsenenbildung (...) ein Interaktionsfeld sein (kann), in dem Deutungsmuster überprüft werden" (ebd., S. 26). Ein Beispiel dafür, daß die Deutungsmuster aufgeklärt werden sollten, bringt Lisop: "Deutungsmuster sind ja, pädagogisch betrachtet, Verdichtungen von Erfahrungen hin zu einer Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 116 bestimmten Formgebung des Bewußtseins, das deutend nach Aufklärung sucht" (Lisop 1987, S. 361; vgl. weiterhin u.a.: Thomssen 1982; Dewe 1982; Bender 1991; Tietgens 1980; Siebert 1985b). Ausnahmen dazu bildet Arnold 1995: "Erwachsenenlernen arbeitet mit fremden Lebenswelten und fremden Deutungsmustern, und der Anspruch diese 'aufklären' zu wollen, hält einer erkenntnistheoretischen Prüfung30 kaum Stand" (Arnold 1995, S. 138), bzw. die "abgemilderte" Modifikation nach Arnold/Schüßler: "... ihnen anschließend durch wissenschaftliches Hintergrundwissen zur Selbstaufklärung ihres Alltagswissens zu verhelfen" (Arnold/Schüßler 1996, S. 201). Bei letzterer Auffassung wird nun nicht mehr von einer Unmöglichkeit der Aufklärung ausgegangen, aber dennoch wird die Aufklärung dem Teilnehmer überlassen. Man will sich nicht "mit den inhaltlichen Implikaten der Deutungsmuster argumentativ auseinandersetzen (...) und ihren jeweiligen Erklärungseffekt (...) (beurteilen)" (Bender 1991, S. 46). Auch Alheit/Wollenberg kritisieren die Aufklärung von Deutungsmustern, da "diese Aufklärung die 'Aufklärer‘ gleich mitliefert" (Alheit/Wollenberg 1982, S. 260), und die Untergliederung des Lehr-Lern-Prozesses in Bewußtmachung, Differenzierung und Veränderung nach Dybowski/Thomssen "ist allenfalls eine geschicktere Formulierung für jene Variante des Lernprozesses (...), die offenbar meint, man könne 'richtiges' Bewußtsein in die 'Köpfe der Arbeiter' tragen (vgl. H. Werner 1975a; H. Brammerts 1976)" (Alheit/Wollenberg 1982, S. 260)31. Die Aufklärungsbedürftigkeit wird also unterschiedlich eingeschätzt, wobei festgehalten werden kann, daß innerhalb der Diskussion die Aufklärungsbedürftigkeit der Deutungsmuster postuliert wird. Aus diesen zwei unterschiedlichen Ansichten lassen sich generell zwei Schlußfolgerungen ziehen: 1. Die Erwachsenenbildung sollte nicht den Anspruch haben, Deutungsmuster aufzuklären. Hierbei stellt sich die Frage, wie dann mit den Deutungsmustern umzugehen ist. 2. Deutungsmuster müssen aufgeklärt werden, wobei hier die Frage nach einem Maßstab für die Aufklärung auftaucht. 30 Arnold meint hier sicher eine radikal konstruktivistische erkenntnistheoretische Prüfung. 31 Hierbei sei angemerkt, daß Brammerts dennoch eine Aufklärung sozialer Deutungsmuster für notwendig hält und dies sogar in einer sehr expliziten Wortwahl unterstützt: "...Deutungsmuster zu zerstören" (Brammerts 21977, S. 164); "... Deutungsmuster aufspießen..." (Brammerts 21977, S. 165). Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 117 Zu 1.: Alheit/Wollenberg kritisieren ja die Aufklärungsbedürftigkeit, weil sie dabei ein Gefälle zwischen Dozent und Teilnehmern sehen, "ein Prozeß 'von oben nach unten‘ " (Al- heit/Wollenberg 1982, S. 262) und sie halten den Negtschen Erfahrungsansatz entgegen, der sich aber auch u.a. in der Arbeiterbildung nicht durchsetzen konnte. Wie beim Deutungsmusteransatz geht es um die Erfahrungen, bzw. Explikation von Erfahrungen, nur daß die Verwendung im Bildungsprozeß eine andere ist. Anders als beim Deutungsmusteransatz soll hierbei nicht zwischen falschem und richtigem Bewußtsein unterschieden werden. Doch stellt sich die Frage, was dann diese Explikation von Erfahrungen und Deutungsmuster leisten kann. Bleibt die Diskussion über diese nur auf die eigene Lebenswelt (z.B. die Lebenswelt der Arbeiter) begrenzt, so unterbleibt eine Konfrontation mit anderen Lebenswelten (z.B. die Lebenswelt der Unternehmer), bedingt durch die "Kritik am organisierten systematischen, wissenschaftsgestützten Lernen" (GieseckeSchmelzle 1985, S. 74), "daß Erfahrungswelten vor dem sogenannten feindlichen wissenschaftlichen Wissen geschützt werden müssen" (ebd., S. 75). Dies hat zur Folge, "daß die Verfügung über Herrschaftswissen auch in Form von wissenschaftlichem Wissen nur der Elite vorbehalten bleibt und die Masse der Bevölkerung angehalten wird, ihre Erfahrungsarmut auszugleichen durch aktives Erfahrungsaneignen, was wiederum durch Bildungsprozesse unterstützt werden soll" (ebd., S. 75). Daraus folgert Giesecke- Schmelzle, daß "mit dieser Form von Bildung (...) letztlich kein Einblick gewonnen und damit kein Einfluß auf gesellschaftliche, d.h. ökonomische und ökologische Probleme genommen werden kann" (ebd., S. 75). Die Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen wird somit also weder angesprochen noch im Ansatz ermöglicht, und diese Art der Explikation von Erfahrungen scheint eher einer Art gemeinsamen Bedauerns gleichzukommen als einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen individuellen und gesellschaftlichen Lebensbedingungen. Somit "bleibt (...) das Ziel einer Aufklärung, 'der Befreiung des Menschen aus fremden Zwängen (eigenen inneren und fremden äußeren) durch Bildung‘ (Arnold 1989, S. 48) ein uneingelöster Anspruch" (Bender 1991, S. 46 f.). Zu 2.: Wenn jedoch Deutungsmuster aufgeklärt werden müssen, um die Handlungsfähigkeit der Teilnehmer zu erweitern, dann muß auch die Rolle des Erwachsenenbildners diesbezüglich genauer definiert werden. Ist er nun der Aufklärer oder der Ermöglicher von Aufklärung, bzw. Vermittler verschiedener Ansichten? Die Kritik Alheit/Wollenbergs, die dem 118 Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung Deutungsmusteransatz durch den Aufklärungsanspruch eine Überheblichkeit konstatiert, scheint nicht die eigentliche Intention des Ansatzes zu treffen. Ein Überstülpen der Wahrheit durch Aufklärung ist sicherlich nicht impliziert, denn das würde dem teilnehmerorientierten Anspruch des Konzepts widersprechen. Die Wahrheitsfrage wird gerade in der erwachsenenbildnerischen Konstruktivismusdiskussion grundlegend diskutiert32. Da Arnold und Schüßler33 ihr Konzept des Deutungslernens stark unter die Prämisse des Radikalen Konstruktivismus stellen, ist es bei ihnen nur logisch, daß die Wahrheit keine Rolle spielt, sondern ausschließlich die Viabilität, d.h. die Paßfähigkeit der Deutungen bzw. Deutungsmuster. Bei dieser Tendenz ist aber auch offensichtlich, daß eine generelle Aufklärung nicht möglich erscheint, da, wenn die Deutungsmuster "passen", der Teilnehmer auch keine Probleme hat. Ähnlich wie bei Tietgens Auffassung erscheint das Konzept des Deutungslernens somit rein problemfokussiert zu funktionieren. Wenn nun Deu- tungsmuster identitätsproblematisch werden, diese aber zur Identitätserhaltung von den Teilnehmern (unbewußt) ausgeblendet werden, hat der Erwachsenenbildner weder die Chance, die Diskrepanzen zwischen subjektiver Wahrnehmung und gesellschaftlichen Handlungsbedingungen aufzugreifen, noch diese zu reflektieren und schon gar nicht aufzuklären. Somit bleiben die latenten Deutungsmuster vom Bildungsprozeß unberührt und nur die offensichtlichen, auf der Oberfläche der Bewußtseinsstruktur vorhandenen, Deutungsmuster werden thematisiert. Die Tendenz einer "Laienpsychologie" sollte dabei nicht unterschätzt werden (vgl. dazu auch den Ausschnitt aus einem Bildungsprozeß bei Arnold/Schüßler 1996, der doch stark oberflächlich bleibt). Dennoch hat der Konstruktivismus gezeigt, daß es "die" Wahrheit nicht gibt und daß gemäß dem Sozialen Konstruktivismus die Sinn- und Deutungswelt gesellschaftlich vermittelt ist. Realitätsverzerrungen sind somit durch diese selektive Wahrnehmung vorprogrammiert (vgl. Prokop 1985, S. 100). Deswegen geht es auch nicht darum, den Teilnehmern die objektive Wahrheit zu vermitteln, damit sie aus dem Bildungsprozeß durch reine Wissensvermittlung aufgeklärter herausgehen. Eine Diskussion über die verschiedenen Wahrnehmungen der Wirklichkeit kann aber dennoch erfolgen, denn die Sprache bietet uns durch ihren grammatikalischen Aufbau die Möglichkeit, uns daran zu orientieren und argumentativ zu kritisieren. Kommunikation geschieht somit "unter Maßgabe gemeinsamer 'Wahrheits‘-Suche" (Gerl 1980, S. 378), eine prozeßartige Auseinandersetzung über kommunizierte Inhalte und Argumente, also auch über Deutungsmuster, die zwar nicht 32 33 Eine Darstellung der konstruktivistischen Implikationen kann hier nicht erfolgen. Vgl. die aktuelle Veröffentlichung von Schüßler (2000): Deutungslernen: Erwachsenenbildung im Modus der Auslegung. Der theoretische Teil besteht aus drei Kapiteln: 1. Symbolischer Interaktionismus 2. Der Deutungsmusteransatz in der Erwachsenenbildung 3. Konstruktivistische Erwachsenenbildung. Letzteres Kapitel ist ausschließlich auf der Grundlage des Radikalen Konstruktivismus aufgebaut. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 119 das endgültige Erreichen "der" Wahrheit festlegt, aber dennoch den Weg und die Wahrheits-Suche proklamiert34. Somit wird "die Alltagsfrage 'klappt’s oder klappt’s nicht?‘ (...) durch die wissenschaftliche Frage nach der Wahrheit und Richtigkeit abgelöst" (Bender 1991, S. 48). Das Ziel dieses Prozesses stellt "die Transformation von unzureichenden oder falschen Deutungen des Alltagsbewußtseins in ein reflektiertes rationales Wissen über die eigene Situation und die gesellschaftliche Objektivität, die gleichermaßen Ursache wie Resultat des individuellen Handelns der Gesellschaftsmitglieder ist (vgl. Alheim 1983)" (Bender 1991, S. 48), dar. Es geht also um "das Verhältnis zwischen der Realität (...) auf der einen und ihrer Symbolisierung im Denken und Sprechen der Menschen auf der anderen Seite" (Gerl 1982, S. 160 f.). Daß diese im sozialen Diskurs verhandelten Bewertungskriterien keine "Überkriterien" sind, die für die Wahrheit stehen, erscheint logisch, da sie sowohl historisch-kulturell gebunden als auch "theorieabhängig und bestimmt von den jeweiligen Menschenbildern und Gesellschaftkonzeptionen (s. James 1890; Habermas 1980)" (Wiedemann 1985, S. 215) sind. 2.5 Einschätzung des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung Die Chancen des Deutungsmusteransatzes erkannte Tietgens schon Anfang der achtziger Jahre bei der reflexiven Wende, als die Rezeption des Ansatzes in der Erwachsenenbildung gerade einsetzte und er die Aufklärung über Deutungsmuster sogar als das Ziel der Erwachsenenbildung postulierte (vgl. Tietgens 1980, S. 208). Ausgehend von den Schwierigkeiten bei der Kommunikation zwischen verschiedenen Lebenswelten, die er dennoch als überlebenswichtig erachtet, sieht er den Deutungsmusteransatz als Chance für die Verwirklichung der Humanitätsidee in der Erwachsenenbildung (vgl. Tietgens 1982, S. 305). Dem Deutungsmusteransatz gelingt dies nach Tietgens, da er folgende Gegenstände beleuchtet: • Thematisierung der verschiedenen Perspektiven • Chance des Einübens in die Rollendistanz • Kriterien für die didaktische Reduktion in bezug auf Ich-Horizont und Welt-Horizont • Metakommunikative Näherung des Zieles der Passung • Möglichkeiten der Vergegenwärtigung und der Verfremdung (vgl. ebd., S. 305) 34 Dabei sei nicht zwingend eine Übereinstimmung der Argumente im Bildungsprozeß impliziert. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 120 Tietgens sieht den Deutungsmusteransatz somit als "eine Voraussetzung für die Realisierung der Reflexivität als Kriterium erwachsenengerechter Lernprozesse" (ebd., S. 305). Er ist nicht ausschließlich an die Praxis der Arbeiterbildung gebunden, da der Deutungsmusteransatz "auf ein allgemeines menschliches Verhaltensmuster" (ebd., S. 305) verweist, also in allen Bereichen der Erwachsenenbildung einzusetzen ist. Aber dennoch muß nach Tietgens der Deutungsmusteransatz in der Erwachsenenbildung weiterentwickelt werden: "Worum es also im Weiterverfolgen des Deutungsmusteransatzes geht, ist, dahin zu wirken, daß dem Interpretationsinstrument zwischen Individuierung und Fixierung ein erkenntnisträchtiges Suchfeld überlassen bleibt, damit es Kern und Ränder, Kumulationen und Bandbreiten der Deutungsleistungen ausmachen kann. Denn der Grad der Beweglichkeit der Situationsinterpretation ist ein Bedingungskriterium der Lehr-Lern-Aktivitäten, insbesondere dann, wenn es um das Verarbeiten von Ambivalenzen geht" (Tietgens 1982, S. 306 f.). Tietgens meint damit, daß trotz des interpretativen Paradigmas und seiner Zuwendung zum Subjekt die Einbezugnahme gesellschaftlicher Bedeutungszusammenhänge wieder stärker ins Blickfeld des Bildungsprozesses geraten muß. Denn er mahnt an, daß "in der Diskussion Subjektivität unter der Hand auf Individualität verengt wird" (ebd., S. 306). Allerdings soll dies wiederum nicht zur Folge haben, daß damit "der Begriff des Musters starrer und verfestigter verstanden wird, als er gemeint war, wenn er zur Grundlage der Situationsinterpretation und eines Forschungskonzept dienen sollte" (ebd., S 306). D.h. die Dualität zwischen objektiven Handlungsbedingungen und subjektiver Deutungsleistung muß noch näher bestimmt werden und weder dem einen noch dem anderen soll ein Übergewicht zukommen, was u.a. mit einer Präzisierung der Begrifflichkeiten des Ansatzes einhergehen muß. Was Tietgens hierbei andeutet, expliziert Nuissl genauer indem er kritisiert, daß die soziologische Kategorie des Deutungsmusteransatzes in der Erwachsenenbildung nicht zu einer pädagogischen Kategorie übersetzt worden ist und daß Deutungsmuster "von Begriff und Entstehung her etwas ähnliches wie Lehr-Lern-Prozesse" (Nuissl 1991, S. 50) seien. Er stellt dabei fest, daß die Orientierung an den Deutungsmustern es notwendig macht, "Probleme zu definieren, Interessen zu klären und Handlungskonsequenzen zu entwickeln" (ebd., S. 50). Deutungsmuster sind also nicht mit dem Bildungsprozeß gleichzusetzen, und es zeigt sich, daß die Deutungsmuster nicht einfach als reine Strukturkategorie auf die Erwachsenenbildung angewendet werden können, denn sonst "erleiden sie das Schicksal wie andere soziologische Kategorien auch: Ihre erklärende Kraft endet genau da, wo das genuin Pädagogische im Lehr-Lern-Prozeß beginnt" (ebd., S. 50). Die Deutungsmusterkategorie bedarf also einer Übersetzung auf den erwachsenen- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 121 bildnerischen Bildungsprozeß als eine eigene pädagogische Kategorie (vgl. ebd., S. 50), die nach Nuissl an folgenden drei Punkten ansetzen könnte: 1. Erkennen von neuen Handlungsproblemen, die zur Annahme von Lernangeboten führen. 2. Parallelisierung von bestehenden Deutungsmustern, also alternative Deutungsangebote zu bieten. 3. Rekonstruktion der Entstehung der Deutungsmuster, damit vorhandene Deutungsmuster neu aufgebaut werden können. Schwierigkeiten ergeben sich beim ersten Punkt, wenn es um Handlungsprobleme geht, die so nicht im Alltag vorkommen (nicht vorhandene Lebensweltorientierung!) oder bereits mit vorhandenen Deutungsmustern gelöst werden können. Beim zweiten Punkt kann das Angebot alternativer Deutungen scheitern, wenn die bei den Teilnehmern vorhandenen Deutungsmuster subjektiv tauglich sind und es keine Gründe für eine Veränderung gibt (vgl. ebd., S. 50). Trotz dieser drei Anknüpfungspunkte und "Sympathie" für den Deutungsmusteransatz konstatiert Nuissl ihm sowohl die mangelnde pädagogische Entfaltung seiner Deutungsmusterkategorie und die ungenügende Differenzierung für das pädagogische Handeln als auch die Schwierigkeit, mit dem Charakter der Strukturkategorie umzugehen, die nicht genügend Erklärungskraft für den Bildungsprozeß bietet: "Deutungsmuster sind nicht wie Bildungsprozesse 'deutende Aneignung von symbolisch repräsentierter Wirklichkeit‘ (SCHMITZ 1984, S. 97), sondern Strukturelemente subjektiver Wirklichkeitskonstitution; ihnen fehlt das Element des Erkenntnisfortschritts" (ebd., S. 50 f.). Ausgehend von Individualisierungstendenzen in unserer Gesellschaft entsteht nach Nuissl das grundlegende Problem beim Deutungsmusteransatz in der Erwachsenenbildung, wenn der Bildungsprozeß "die subjektive Wirklichkeit in zwei Richtungen hin (....) beeinflussen (will): zum einen in Richtung auf gemeinsames Deuten und Handeln von Menschen, zum anderen in Richtung auf Inhalte" (ebd., S. 51). Das zentrale Problem politischer Bildung, nämlich die Vermittlung zwischen individuellen Deutungen und objektiven Handlungsanforderungen, sieht Nuissl nicht durch den Deutungsmusteransatz entkräftet. Doch auch hier kommt die Dialektik zwischen sozialen und individuellen Deutungsmustern ins Spiel: Nuissls Kritik erscheint angemessen, wenn es im Bildungsprozeß zu einer reinen Fokussierung auf die individuellen Deutungen der Teilnehmer kommt, wie bei Arnold/Schüßlers Konzept des Deutungslernens. Wird jedoch die ursprüngliche Dialektik der Deutungsmusterkategorie im Bildungsprozeß übernommen, so greift diese Kritik Nuissls nicht mehr, da es dabei Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 122 eben (auch) um die Thematisierung und Vermittlung von sozialen Handlungsanforderungen und individuellen Deutungen geht. Nuissl sieht den Deutungsmusteransatz trotzdem als grundlegend geeignet für den erwachsenenbildnerischen Bildungsprozeß an, fordert aber weitere empirische Analysen "der Rolle, die Deutungsmuster in organisierten Lehr-Lern-Prozessen spielen" (ebd., S. 51) und eine Weiterarbeit "an einer pädagogischen Präzisierung und Differenzierung des Deutungsmusteransatzes, die in der Interpretation von Interaktionsverläufen erfolgen könnte" (ebd., S. 52). Dies betrifft aber auch die Diskussion in der erwachsenenbildnerischen Methodologie, und Nuissl fordert von der qualitativen Forschung fallübergreifende Kategorien, die seiner Meinung nach auch qualitativ erzielbar sind: "Diese aber sind unabdingbar, wenn wissenschaftliche Analyse nicht nur rückblickende Einsicht, sondern auch in die Zukunft gerichtete Forschungs- und Handlungsperspektiven gleichermaßen erhalten soll" (ebd., S. 52). Schulenberg hingegen, der zwar dem Deutungsmusteransatz generell kritisch gegenübersteht, erkennt jedoch die Funktion des Ansatzes an, daß dieser bei der Analyse des Zusammenhangs zwischen Subjekt und Welt hilfreich vermitteln kann (vgl. Schulenberg 1982, S. 230). Gleichzeitig kritisiert er jedoch, daß mittels des Deutungsmusteransatzes bei adäquater Betrachtung des Bildungsprozesses eine Unzahl zu interpretierender Informationen (vgl. ebd., S. 229) entstehen würde, die dann auf einen gemeinsamen Nenner, nämlich ein "Deutungsmuster", gebracht werden. Er sieht somit den Ansatz als eine Metapher für "eine Fülle verschiedener psychischer Vorgänge und Phänomene, wie Erfahrungen, Erwartungen, Vorstellungen, Urteile, Vorurteile, Wünsche (...), die das Wahrnehmen und Deuten von Situationen und größeren Lebenszusammenhängen prägen und damit Lernen und Handeln vorbestimmen" (ebd., S. 230). Trotz der Nützlichkeit, die subjektiven Bedingungen des Bildungsprozesses zu betonen, darf dies nach Schulenberg "nicht als Ersatz für differenziertere Einsichten und genauere, wenn auch mühselige Untersuchungen dienen" (ebd., S. 231). Es besteht nach Schulenberg dann die Gefahr, daß durch die Metapher des Deutungsmusterbegriffs Auswahlraster gebildet werden, die den Subjekten bindend zugeschrieben werden, "die man nur festzustellen braucht, um seinen Lernprozeß in den Griff zu bekommen. Der Begriff dient dann als das, was er angeblich beschreibt: Das Deutungsmuster 'Deutungsmuster‘ wird zum Auswahlraster, das vor Überflutung durch widersprüchliche Erfahrungen und komplizierte wissenschaftliche Einsichten schützt" (ebd., S. 231). Auch Romberg kritisiert den Deutungsmusteransatz in der Erwachsenenbildung und konstatiert, daß die anfangs großen Erwartungen nicht bestätigt wurden, da sich weder die Deutungsmuster noch die sie tragenden Gruppen haben identifizieren lassen (vgl. Rom- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 123 berg 1992, S. 56 f.) und er fragt: "Bestimmen Deutungsmuster tatsächlich das Handeln der Individuen oder werden sie ständig reinterpretiert, überspielt und in anderen Gruppenmitgliedschaften abgewählt und ersetzt?" (Romberg 1992, S. 57). Er wirft somit die Frage auf, ob die Deutungsmuster nicht vom Kursleiter durch sein "Vor- und Besserwissen" (ebd., S. 57) bei den Teilnehmern überhaupt erst konstruiert werden. Griese kritisiert den Deutungsmusteransatz indirekt indem er aus der Perspektive der qualitativ-hermeneutischen Forschung die Frage nach einer Forschungsethik stellt. Er kritisiert, daß diese Forschung die Tendenz zu einer "Aus-Forschung" hat mit einem "potentiell besseren (pädagogischen) Zugriff auf jene Menschen, die dann auch in der Praxis besser 'in den Griff genommen‘ werden (können) – ohne nach ihrer Einwilligung gefragt zu werden" (Griese 1994, S. 93). Dabei sei "der Wunschtraum der Forschung (...) die Entschlüsselung der Persönlichkeit" (ebd., S. 93) mit dem Ziel des "gläsernen Menschen" (ebd., S. 93). Aus dieser Kritik fordert er "eine am Subjekt ausgerichtete sozialisationstheoretische Begründung von Erwachsenenbildung", die "sowohl in der Forschung als auch in der Bildungspraxis die Probanden/Zielgruppen/Teilnehmer eben als 'Subjekte‘ – nicht als (Forschungs)Objekte, Gegenstand oder Klientel" (ebd., S. 93) begreift und diese somit am Bildungs- und Forschungsprozeß mitbestimmen läßt. Lisop will gar eine Revision des Deutungsmusteransatzes skizzieren und fragt u.a.: "Könnte es sein, daß der Deutungsmusteransatz ein Versuch war, Ziele der emanzipatorischen Bildung und des Arbeiterbildungsansatzes dadurch zu retten, daß man sie über die Erfahrung der Teilnehmer 'hereinzuholen‘ gedachte? (...) Könnte es sein, daß man Bildungsarbeit mit Sozialarbeit und Therapie verwechselte?" (Lisop 1987, S. 363). Auch bei ihr wird die Kritik am Ansetzen an den Erfahrungen der Teilnehmer ohne deren ausdrücklichen Wunsch und Einverständnis ersichtlich. Weiterhin sei eine Kritik von Bender bezüglich der Arnoldschen Auffassung von der Orientierungs- und Komplexitätsreduktionsfunktion der Deutungsmuster aufgegriffen. Ausgehend von der Annahme, "daß die Orientierung (im Alltagshandeln, J.D.) umso einfacher wird, je weniger man über die situativen Bedingungen weiß" (Bender 1991, S. 44), folgert Bender: "Würde der Gedanke einer Orientierung ernst genommen, so wäre offensichtlich, daß das Individuum, um sich in einer komplexen Wirklichkeit tatsächlich auszukennen, bzw. sich diese zu eigen machen zu können, auch das dieser Realität entsprechende differenzierte Wissen braucht. Erst auf der Basis der Kenntnis der Zusammenhänge gesellschaftlichen Lebens im Alltag mitsamt den zugrundeliegenden Interessen und Zwecken wird es überhaupt erst möglich, die tatsächlich vorhandenen Handlungsalternativen zu überprüfen und sich auf der Basis von weitergehender Handlungssicherheit bewußt zu entscheiden bzw. Entscheidungsspielräume zu erkämpfen" (Bender 1991, S. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 124 44). Die Annahme, daß man mit einem größeren Wissensvorrat über die Handlungsbedingungen mehr Handlungsalternativen zur Verfügung hat und diese auch adäquater überprüfen kann, erscheint logisch. Auf der anderen Seite kann aber eine Vielzahl von Handlungsalternativen auch zur Verunsicherung beitragen. Die grundlegende Frage ist jedoch, inwieweit nach Handlungsalternativen überhaupt gesucht wird! Werden mit einem bestimmten Deutungsmuster in bestimmten Situationen noch keine stark negativen Erfahrungen gemacht, stellt sich die Frage nach Handlungsalternativen nicht, und weitergehendes Wissen wird nicht benötigt, da die Orientierungsfunktion des Deutungsmusters ausreicht. Und gerade an diesem Punkt tritt die Aufgabe einer an Deutungsmuster anknüpfenden Erwachsenenbildung in den Vordergrund, die nun Handlungs- und Deutungsalternativen aufzeigt (stellvertretende Deutung) und somit ein differenzierteres Wissen beim Teilnehmer ermöglicht. Die Kritik Benders stützt sich jedoch vor allem darauf, daß "die 'Orientierungs'funktion der Deutungsmuster (...) für Arnold vor allem in einer Selbstzufriedenheit ermöglichenden Sinngebung von bereits vollzogenen Handlungen oder durch andere getroffene Entscheidungen (besteht)" (Bender 1991, S. 44) und damit verbunden auf die Annahme, "daß die jeweilige Viabilität der Deutungsmuster nur von den Handelnden selbst – im Handeln – beurteilt werden kann" (Arnold/Siebert 1999, S. 147). Bender kritisiert zu Recht die Arnoldsche Auffassung, daß "der Erfolg von 'deutungsmusteranknüpfendem Lernen‘ (...) sich daran (bemessen läßt), ob sich die 'weiterentwickelten Deutungsmuster als tragfähig, plausibel und als biographische Rationalität sichernd herausstellen‘ (Arnold 1985a, S. 150)" (Bender 1991, S. 45). Und obwohl die neuen Deutungsmuster nur angenommen werden, wenn sie in die Lebenswelt der Teilnehmer "passen", d.h. auch wirklich Handlungsfähigkeit ermöglichen, läßt sich daraus nicht folgern, daß die bei den Teilnehmern vorhandenen Deutungsmuster nicht inhaltlich kritisiert werden können und interne Widersprüche nicht aufgedeckt werden dürfen (vgl. Bender 1991, S. 45), nur um ihre Handlungssicherheit nicht zu gefährden. Wird diese Kritik nicht in den Bildungsprozeß integriert, "bleibt (...) das Ziel einer Aufklärung, 'der Befreiung des Menschen aus fremden Zwängen (eigenen inneren und fremden äußeren) durch Bildung‘ (Arnold 1989, S. 48) ein uneingelöster Anspruch" (Bender 1991, S. 46 f.). Es erscheint verwunderlich, daß Arnold sich gegen solche Verunsicherungen stellt, da er ja mit dem Radikalen Konstruktivismus argumentiert, und nach diesem kommt es nur zu Veränderungen durch "Perturbationen", also Störungen. Er setzt jedoch "Viabilität" höher an und es stellt sich somit die Frage, ob die Erwachsenenbildung dadurch zu einer "Bestätigungsinstitution" von vorhandenen Deutungsmustern wird. Welchen Sinn hätte dies ? Arnold nennt u.a. die oben genannte Kritik "objektivistisch" und merkt an: "Deutlich wird dies u.a. bei Walter Bender, der in seinen kritischen Anmerkungen zum DeutungsmusterAnsatz zwar zu Recht auf die unbearbeitete Problematik der 'inhaltliche(n) Ausprägung der Deutungsmuster‘ verweist (Bender 1991, S. 45), doch diese selber auch nur objekti- Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 125 vistisch 'anzugehen‘ vermag, indem er etwa glaubt, nicht darauf 'verzichten‘ zu können, 'vorfindliche Inhalte alltäglicher Deutungsmuster zu kritisieren – und dadurch erst Lernmöglichkeiten zu eröffnen -‘ und 'die Frage nach deren inhaltlicher wie situativer Angemessenheit‘ zu klären, um 'ihren jeweiligen Erklärungseffekt zu beurteilen‘ (ebd., S. 46)" (Arnold/Siebert 1999, S. 146). Arnold argumentiert also mit der Behauptung, daß diese Kritik an (seinem) Deutungsmusteransatz eine "objektivistische Illusion" (ebd., S. 146) sei. In den vorherigen Kapiteln wurde schon erläutert, daß und warum im Bildungsprozeß Deutungsmuster nicht nur reflektiert, sondern auch kritisiert werden sollen und daß durch die Verwendung von Sprache (also im sozialen Diskurs) Beurteilungsmaßstäbe, wenn nicht objektiv, so aber dennoch als Orientierung und Verständigung, ermöglicht werden. Arnolds Kritik erscheint somit unangemessen und vermag (außer vielleicht Radikalen Konstruktivisten) nicht zu überzeugen. Pensé jedoch kritisiert am Deutungsmusteransatz eine objektivistische Tendenz und den beim Oevermannschen Konzept vorhandenen "latente(n) Soziologismus" (vgl. Pensé 1994, S. 32). Dieser liegt darin begründet, "daß allein sozialtypische Deutungsmusterstrukturen aufgespürt werden, womit die Ebene der subjektiven Aneignung dieser sozialen Sinnvorgaben ausgeklammert bleibt" (ebd., S. 32). Diese Tendenz wird jedoch seiner Meinung nach durch den Thomssenschen Deutungsmusteransatz und seinen Bezug auf die theoretischen Überlegungen Max Webers entschärft, da hier die "Dialektik von objektiven Deutungsstrukturen und subjektiven Deutungsleistungen" (ebd., S. 32) nicht (wie zumeist) ausgeklammert wird. Weiterhin scheint auch die Gefahr gegeben, daß der Deutungsmusteransatz vereinnahmt wird, d.h. das Ansetzen an den Deutungsmustern wird "zweckentfremdet" verwendet. Es geht dann gar nicht um die Deutungen der Teilnehmer, sondern um andere Ziele, die unter dem Deckmantel eines deutungsmusteranknüpfenden Lernens erreicht werden sollen. Arnold sieht diese Vorgehensweise u.a. im Bereich der Personalentwicklung als eine ",‘strategische‘ Hinwendung zum Subjekt, mit dem Ziel, dessen intimsten Motivationsebenen, die den Wert- und Sinnbezug seines Handelns betreffen, ebenfalls für den Unternehmenserfolg zu 'mobilisieren‘ " (Arnold 1990a, S. 154). Desweiteren erscheint es mir sinnvoll, den Deutungsmusteransatz nicht als eine Theorie der Erwachsenenbildung zu sehen. Die Unterscheidung zwischen "theory" und "conceptual framework", die Stryker bezüglich des Symbolischen Interaktionismus getroffen hat, scheint auch auf den Deutungsmusteransatz zuzutreffen (vgl. dazu Punkt 2.4.1). Obwohl u.a. Arnold/Schüßler in den letzten Jahren die Deutungsmusterforschung vorangetrieben haben, weicht zwar Tietgens Kritik, daß der Deutungsmusteransatz "eher als Möglichkeit Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 126 genannt, denn als Wirklichkeit erprobt wird" (Tietgens 1982, S. 305) allmählich auf, aber dennoch bleibt Nuissls oben genannte Kritik immer noch berechtigt. Um den Deutungsmusteransatz in der Erwachsenenbildung zu einem gehaltvolleren theoretischen Status zu verhelfen, müssen weitere empirische Untersuchungen folgen. Nur so können die Begrifflichkeiten und Aussagen des Ansatzes zu einem Aussagesystem mit empirisch überprüfbaren Hypothesen und Erklärungen verbunden werden. Anzeichen dafür, daß der Deutungsmusteransatz noch keinen theoretischen Status mit den oben genannten Elementen hat, zeigen sich sowohl in der Erwachsenenbildung als auch in der Soziologie: • Eine völlig unsystematische Diskussion mit unterschiedlichen und vagen Begriffsdefinitionen und -verwendungen (vgl. u.a. Pensé 1994, S.32; Punkt 1.6). Nuissls Einschätzung ist dabei programmatisch: "Deutungsmuster sind weder Bewußtsein noch Erfahrung, noch Wissen, noch Einstellung, aber sie haben mit alldem zu tun" (Nuissl 1991, S. 46). • Unterschiedliche, entgegengesetzt stehende wissenschaftstheoretische Ansätze werden miteinander verknüpft (Deutungsmusteransatz – Radikaler Konstruktivismus; vgl. u.a. Arnold/Siebert 1999; Arnold/Schüßler 1998; Schüßler 2000). • Unklarheit in der Methodologie (vgl. Punkte 1.6 und 2.2). Grundlegend läßt sich somit festhalten, daß trotz der genannten Kritikpunkte der Deutungsmusteransatz zumeist positiv von der Erwachsenenbildung aufgenommen wurde. Kritik gegenüber dem Ansatz läßt sich relativ selten finden, Anerkennung dagegen öfter. Schetsche spricht von einer "große(n) Prominenz und Relevanz" (Schetsche 2000, S. 116) der Deutungsmusterkategorie. Die Gefahr dabei ist jedoch die schon oftmals erwähnte Tendenz der Verwässerung des Deutungsmusterbegriffs, was auch mit der Tatsache verbunden ist, daß sich "die Kategorie des Deutungsmusters (...) seit Ende der siebziger Jahre mit großer Selbstverständlichkeit und in vielfältiger Weise in der erwachsenenpädagogischen Diskussion (findet)" (Nuissl 1991, S. 48), und dadurch, daß der Deutungsmusteransatz ein immer noch aktueller Theorieansatz zu sein scheint, was die gerade erschienene Veröffentlichung von Schüßler (2000) zeigt, könnte diese Selbstverständlichkeit eine kritischere Betrachtung verhindern. Nur, weil der Deutungsmusteransatz "modern" erscheint, wird er fraglos übernommen, die ursprünglichen Implikationen werden dabei nicht berücksichtigt und somit schwindet die Aussagekraft des Begriffs und wird zu einem "modischen" Begriff: "Es wird wenig Fortschritte in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung geben, wenn Kategorien, die in den Bezugswissenschaften 'modern‘ sind, übernommen, aber nicht unter pädagogischen Fragestellungen weiterentwickelt werden. Sie verschwinden dann allzu rasch in der Mottenkiste überholter Begriffe, ohne auf ihre Tauglichkeit als pädagogische Kategorie überprüft worden zu sein" (Nuissl 1991, Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 127 S. 52). Aber nicht nur der Fortschritt des Deutungsmusteransatzes ist bei dieser Tendenz in Gefahr, sondern auch die Praxisrelevanz, denn durch unzureichende Aussagekraft wird "für den Erwachsenenbildner selber (...) oft keinen Deut klarer, wie diese Forderungen (gemeint ist das Anknüpfen an Deutungsmuster im Bildungsangebot, J.D.) zu realisieren sind, ja was Deutungsmuster überhaupt bedeuten" (Arnold 1985b, S. 26). Abschließend kann also festgehalten werden, daß der Deutungsmusteransatz wichtige Anhaltspunkte für den erwachsenenbildnerischen Bildungsprozeß bietet. Entscheidend dabei ist es, die Dialektik zwischen individueller Deutung und objektiven Handlungsanforderungen nicht zu übersehen, die aber wie in dieser Arbeit aufgezeigt oft vernachlässigt wird. Deswegen erscheint eine Orientierung an sozialen Deutungsmustern im Bereich der Zielgruppenorientierung sinnvoll zu sein, bei der es um die Planung des Bildungsprozesses geht und wo der Erwachsenenbildner Anhaltspunkte für eventuelle individuelle Deutungsmuster seiner Teilnehmer erhält. Dies darf aber nicht zur Folge haben, daß auf diesen ersten Annahmen der Zielgruppenorientierung beharrt wird und der Schein erweckt wird, somit Probleme aus dem Bildungsprozeß fern halten zu können. Hierbei kommt die Orientierung an den individuellen Deutungsmustern der Teilnehmer im Bildungsprozeß selbst ins Spiel. Die Orientierung an Deutungsmustern im Bildungsprozeß schließt dabei sowohl das Explizitmachen und Arbeiten mit latenten Deutungsmustern (inhaltliche Ebene) mit ein als auch eine Orientierung an den Deutungsmustern der Teilnehmer bezüglich der Bildungsprozeßplanung (didaktische Ebene). Aber auch hier soll es nicht zu einer ausschließlichen Konzentration auf die individuellen Deutungen kommen und einer damit verbundenen Vernachlässigung der Inhalte. Denn so wie "das Lernen Erwachsener nie nur den Maßgaben von Inhaltsbezügen folgt, sondern immer auch in die biographischen und aktuellen Interaktionsbeziehungen 'eingebettet‘ ist" (Arnold 1995, S. 131), erscheint auch eine ausschließliche Orientierung an den Erfahrungen der Teilnehmer nicht sinnvoll: "Daß pure Sachorientierung sehr bald auf Grenzen der Lernwirksamkeit stößt, ist unbestritten. Aus guten Gründen hat man sich auch in der Erwachsenenbildung dagegen verwahrt, Fachidioten zu erzeugen. Eine solche Einstellung sollte nun aber nicht dazu führen, in völliger Umkehr des Ansatzes Erlebnisidioten heranzubilden. Dies kann sehr leicht geschehen, wenn jedes fremdbestimmte Lernen vermieden werden soll" (Tietgens 1980, S. 228 f.). Es muß also ein "Mittelmaß" gefunden werden, das zwischen Teilnehmerorientierung und Sachorientierung (hier als gegensätzliche Extrempole verstanden) vermittelt, um den Bildungsprozeß erfolgreich zu unterstützen und weder den einen noch den anderen Pol als "blinden Fleck" im Bildungsprozeß zu ignorieren. Abhängig ist die oben beschriebene Vorgehensweise auch von der Art der Bildungsveranstaltung selber, da es in der Erwachsenenbildung Bereiche gibt, "in denen die Deutungsproblematik ihrer Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 128 Teilnehmer weniger virulent ist, weshalb ein professionelles 'Beharren' auf der Deutungsfunktion hier nicht am Platze ist" (Arnold 1990b, S. 303). Es geht somit um die Frage, ob Deutungsmuster und Deutungen eher latent im Bildungsprozeß mitschwingen und z.T. transparent gemacht werden, bzw. an sie angeknüpft wird, oder ob die Deutungsmuster selbst zum Thema der Bildungsveranstaltung gemacht werden. Die von Schüßler gebrachte Unterscheidung zwischen implizitem (latentes Deutungsmusteranknüpfen) und explizitem (manifestes Deutungsmusteranknüpfen) Deutungslernen (vgl. Schüßler 2000) erscheint somit als sinnvoll. Ebenso die Feststellung Reischmann/Dieckhoffs zum "lebendigen Lernen", das auch mit dem Deutungsmusteransatz bzw. dem Ansetzen an den Deutungsmustern der Teilnehmer verknüpft ist: "Dann lautet die zentrale didaktische Frage: Wann, für wen und wozu ist wieviel/wiewenig/welche Lebendigkeit richtig? Das aber kann wie immer im Bildungsgeschäft nur in der je einmaligen Einzelsituation durch den verantwortlichen Bildungsspezialisten nach bestem Wissen und Gewissen ausgewogen werden" (Reischmann/Dieckhoff 1996, S. 181). Daraus folgt, daß es nicht in jedem Fall sinnvoll und begründbar ist, direkt an den Deutungsmustern der Teilnehmer anzusetzen, denn der Erfolg einer deutungsmusterorientierten Erwachsenenbildung ist von mehreren Faktoren abhängig, u.a. von: den Teilnehmern: Sind die Teilnehmer auch selbst bereit, ihre Deutungsmuster mitzuteilen oder haben sie Hemmungen? Welche Deutungsmuster können überhaupt bewußt gemacht werden, d.h. können die Teilnehmer verbalisieren ? dem Lerninhalt: Ist es für den Lerninhalt sinnvoll, explizit auf die Deutungsmuster einzugehen (vgl. Sprachkursbeispiel) und somit die Frage welche Deutungsmuster überhaupt relevant für den Lerninhalt sind? der Lernsituation: Mit einem Rückgriff auf das lebendige Lernen: " 'Lernen in Wohlbefinden' ist erfreulich, aber nicht immer einrichtbar, und kostet seinen Preis: Zeit, aufwendige Arrangements oder Ablenkung. Es gibt Lernsituationen, in denen Erwachsene für 'schnell, unaufwendig, konzentriert' auf manches an Wohlbefinden zu verzichten bereit sind" (Reischmann/ Dieckhoff 1996, S. 181). Das heißt, daß die Erwachsenenbildung nicht um ein ständiges Abwägen, welche Art der Deutungsmusterorientierung in der jeweiligen Veranstaltung und in der jeweiligen Situation angebracht ist, herumkommt: Explizites Deutungslernen, d.h. ein direktes Ansetzen an den Deutungsmustern der Teilnehmer und diese auch zum Lerninhalt machen oder ein eher implizites Deutungslernen, bei dem die Deutungsmuster zwar nicht zum Lerninhalt gemacht werden, aber dennoch beim Kursleiter "im Hinterkopf" bleiben. Ein generelles Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 129 Ausschließen von Deutungsmustern birgt das Risiko in sich, die Veranstaltung "über den Köpfen" der Teilnehmer zu planen und durchzuführen und somit das eigentliche Ziel der Erwachsenenbildung, nämlich das Lösen von Handlungsproblemen, zu gefährden. Es stellt sich somit nicht die Frage "Deutungslernen - ja oder nein?", sondern welche Intensität des Deutungsmusteranknüpfens in der jeweiligen Bildungssituation angebracht ist. Der Deutungsmusteransatz – Herkunft, Bedeutung und Konsequenzen für die Erwachsenenbildung 130 Literatur Alheit, Peter/Wollenberg, Jörg (1982): Der "Erfahrungsansatz" in der Arbeiterbildung. In: Nuissl, Ekkehard (Hrsg.): Taschenbuch der Erwachsenenbildung. Baltmannsweiler: Pädagogischer Verlag Burgbücherei Schneider, S. 245 - 291. Alheit, Peter (1990a): Biographizität als Projekt - Der "biographische Ansatz" in der Erwachsenenbildung. 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Anhang Stichwortsammlung Stichwort SOZIOLOGIE Literatur Seite Lüders 1991 378 Dybowski Thomssen 1982 53 Dybowski Thomssen 1982 Garz/Kraimer 1994 Reichertz 1986 Bude 1982 Schetsche 1991 Bude 1982 Lüders 1991 53 12 131 141 57 137 f. 381 Arnold 1985 Dybowski Thomssen 1982 Reichertz 1986 40 53 131 Arnold 1985 Meuser/Sackmann 1991 Oevermann 1973 Meuser/Sackmann 1991 Reichertz 1986 Reichertz 1986 Meuser/Sackmann 1991 Meuser/Sackmann 1991 Meuser/Sackmann 1991 Meuser/Sackmann 1991 Schüßler 2000 Meuser/Sackmann 1991 Schüßler 2000 Meuser/Sackmann 1991 Wiedemann 1985 Oevermann 1973 Reichertz 1986 Bude 1982 Matthiesen 1994 Matthiesen 1994 Matthiesen 1994 Wiedemann 1985 Reichertz 1986 40 16 8 f. 29 130 139 17 28 21 21 f. 69 ff. 24 f. 76 26f. 214 6 152 143 77 81 81 ? 213 130 Reichertz 1997 ILMES Internet-Lexikon Schüßler 2000 33 1/1 73 Zur Unschärfe des DMA-Begriffes Veränderbarkeit von DM/Modifikationen Latenz von DM die "latente Sinnstruktur" sozialer Interaktion Manifestationen Theoretische Einflüsse Chomsky Cicourel Verwandte Ansätze Bourdieu Goffamn Rahmenanalyse Ethnomethodologie Freud Husserls/Sozialphänomenologie Schütz/Luckmann soziale DM als Weltinterpretationen =Relevanzsysteme von Schütz Cicourel knüpft an weber "gemeinsame Bezugsschemata" Levi-Strauss Piaget Van De Voort Mead/Symbolischer Interaktionismus Mannheim Schütz/Berger Luckmann Weber (Protestantische Ethik) Weber Allgemein Reichertz 1986 Bude 1982 Reichertz 1986 Bude 1982 Edelstein/Keller Reichertz 1986 Bude 1982 Edelstein/Keller Lüders/Meuser 1997 Lüders/Meuser 1997 Reichertz 1986 Thomssen 1980 (vgl. Pensé) THOMSSEN 1991 Lüders 1991 133 ff 143 142 135 9 ff. 146 135 11 ff. 65 65 129 Arnold 1985 Dybowski Thomssen 1982 thommssen 1991 Reichertz 1986 Dewe 1982 Lüders 1991 41 53 55 131 111 383 Arnold 1985 Nuissl 1991 47f 46 Arnold 1985 Dybowski Thomssen 1982 thommssen 1991 50 53 52 Arnold 1985 Meuser/Sackmann 1991 Oevermann 1973 Lüdes 1991 51-59 20 4 384 Arnold 1985 Arnold 1985 63 bedeutungselement 7 54 379 innere Logik Oevermann soziale Topik soziale Topik Definition nach Negt stabilität von DM Veränderung von Deutungsmustern/Veränderung der objektiven Handlungsbedingungen Neuinterpretation von DM bei Dissonanzen Beibehaltung von DM, d.h. manche DM kann man behalten, ohne handlungsunfähig zu werden Definition des DM-Begriffs Lüders 1991 Lüders 1991 Dybowski Thomssen 1982 Arnold 1983 Arnold 1985 THOMSSEN 1991 Reichertz 1986 Kejcz 1980 "In seiner allgemeinsten Bedeutung meint er die Organisation Lüders/Meuser 1997 der Wahrnehmung von sozialer und natürlicher Umwelt in der Lebenswelt des Alltags" !!!!! Allgemein: DM Begriff macht wenig Sinn 384 f. 380 52-53 894 23 52 f 129 187 58 Strukturtheoretische Perspektive Lüders/Meuser 1997 wissenssoziologische Perspektive Lüders/Meuser 1997 Schetsche 1991 Soziale DM als Argumentationszusammenhänge Pensé "DM sind ja, pädagogisch betrachtet, Verdichtungen von Lisop 1987 Erfahrungen hin zu einer bestimmten Formgebung des Bewußtseins, das deutend nach Aufklärung sucht" "DM sind weder Bewußtsein noch Erfahrung, noch Wissen, Nuissl 1991 noch Einstelung, aber sie haben mit alldem zu tun" DM sind (...) die 'Bewußtsein und Erfahrung verbindende und Nuissl 1991 handlungsrelevante Interpretationen der Wirklichkeit' (Holzapfel u.a. 1978, 58) Oevermann 1973 Defintion DM: Unter Deutungsmuster sollen nicht isolierte Meinungen oder Einstellungen zu einem usw. Begriff: Deutung Der Begriff des DEUTENS 7 Merkmale von sozialen DM Das Neue am DM-Begriff DM und der Bildungsprozeß des Subjekts Dewe zeigt, daß DM oft falsch verwendet im Sinne von Klischees, Images verwendet werden. Daher kommt auch der Spruch von der "Dummheit der DM". Dies z.B. bei Alheit/Wollenberg 1981. Siehe auch Brammerts 1976) 60 64 59 29 361 46 46 3 Wiedemann 1985 THOMSSEN 1982 THOMSSEN 1991 Lüdemann 1991 THOMSSEN 1991 Dewe 1982 Dewe 1982 212 151 53 118 f. 53 S. 100 ff. 112 Dybowski Thomssen 1982 Wiedemann 1985 53 214 Dybowski Thomssen 1982 Wiedemann 1985 Dewe 1982 Giesecke-Schmelzle 1985 54 215 111 84 Giesecke-Schmelzle 1985 84 Lüders 1991 385 Reichertz 1986 Dybowski Thomssen 1982 Holzapfel 1978 132 55 126 (soziale) Relevanz der DM Verhältnis von Deutung und objektiver Handlungssituation "in diesem Sinne haben DM etwas objektives" "Dabei bleiben die objektiven gesellschaftlichen Bedingungen, auf die bezogen Deutungen erfolgen, in den Deutungen selbst transparent (Thomssen 1982, S. 152) "Deutungen sind also nicht abgehoben von den objektiven Bedingungen, sie sind aber auch nicht durch sie determiniert" Entstehung/Entwicklung von Deutungsmustern Erwerb von DM Entstehung des Deutungsmusteransatzes in der Soziologie Meuser/Sackmann 1991 Reichertz 1997 Nuissl 1991 Pensé Matthiesen 1994 THOMSSEN 1991 Reichertz 1986 Schetsche 2000 14 ff 33 46 32 75 f. 51 129 110 relative Zeitstabilität Schetsche 1991 55 unmittelbare Handlungsrelevanz Schetsche 1991 56 Weltanschauungen nicht für das DM Konzept geeignet. Schetsche 1991 Schetsche 1991 56 56 Latenz Schetsche 1991 57 Ausschließlichkeit Schetsche 1991 58 Meuser/Sackmann 1991 Meuser/Sackmann 1991 Lüders/Meuser 1997 Lüders/Meuser 1997 Schüßler 2000 21 20 59 67 94 Dybowski Thomssen 1982 56 Arnold 1985 72 Dybowski Thomssen 1982 56/57 Dybowski Thomssen 1982 Meuser/Sackmann 1991 57 16 Meuser/Sackmann 1991 Oevermann 1973 Reichertz 1986 16 4f 130 Oevermann als Urheber des DM-Begriffes !!!!!!!!! Ursprung DMA Eigenschaften von DM Mindestkomplexität Determination/Emergenz Determination/Emergenz grafik normativer Aspekt der DM Hierarchie von Deutungsmuster Vielzahl von DM Lebensgeschichte empirische Forschung/Variablensoziologie Konzept des regelgeleiteten Handelns/implizites Regelwissen kommunikatives Handeln Oevermann 1973 Garz/Kraimer 1994 Aneignung von Wissen und Regeln nur durch komm. Handeln Frank 1982 möglich Regelbegriff 5 9 70 Oevermann 1973 Reichertz 1986 Typen sozialer Regeln Reichertz 1986 epistemischen Subjekt/soziohist. Spez. Bewußtseinsmsuter Bude 1982 Regelbegriff konstitutive und regulative Regeln Basis- und Oberflächenregeln 6 130 149 142 Meuser/Sackmann 1991 Meuser/Sackmann 1991 Meuser/Sackmann 1991 Lüders/Meuser 1997 Schüßler 2000 17 18 28 60 72 ff. THOMSSEN 1982 Wiedemann 1985 Wiedemann 1985 Schetsche 1991 Pensé Dybowski Thomssen 1982 148 212 216 f 49 30 52 DMA/Ziele von DMA Objektive Hermeneutik Objektive Hermeneutik Grundprinzipien der Objektiven Hermeneutik Garz/Kraimer 1994 Matthiesen 1994 Matthiesen 1994 Reichertz 1997 Matthiesen 1994 ????? oder: Garz/Kraimer 1994 ????? Sequentialität 7 81 anfang 31 - 55 Garz/Kraimer 1994 ? Garz/Kraimer 1994 Garz/Kraimer 1994 11 11 od. 12 ? Oevermanns Stellung zwischen epist + ontologischen Primat Der Strukturbegriff Matthiesen 1994 Matthiesen 1994 Reichertz 1986 Reichertz 1986 Lüders/Meuser 1997 Reichertz 1997 "Die transformierte Struktur reproduziert sich dann in ihrer Reichertz 1997 neuen Form - bis zur nächsten Transformation" Arnold 1985 Tiefenstruktur/Oberflächenstruktur von DM Schetsche 1991 Reichertz 1986 Struktur und Strukturbeschreibung Matthiesen 1994 Strukturalismus 79 80 130 131 62 34 34 39/40 57 136 75 oder 76 ? Verhältnis von Handlung und Struktur "Diese Def.merkmale (=essentials) zeigen, daß der DMA innerhalb der Diskussion über das Verhältnis von Handlung und Struktur zu verorten ist" Lüders/Meuser 1997 59 zwei DM-Ansätze: strukturtheoretisch/wissenssoziologisch THOMSSEN 1991 6 charakteristische Eigenschaften von DM Schetsche 1991 THOMSSEN 1991 Zum Oevermannschen Ansatz Zur Struktur der DM Reichertz 1986 Oevermanns Stellung zwischen Interaktionismus und Reichertz 1986 Strukturtheorie Oevermanns Stellung zwischen Interaktionismus und Reichertz 1986 Strukturtheorie 60 54 61 136 137 152 Kompetenz und Performanz Reichertz 1986 Frank 1982 die kognitivistische Entwicklungstheorie Kohlbergs Frank 1982 EB !!! Frank 1982 Arnold Schüßler 1999 Reichertz 1986 Kompetenzträger Arnold 1985 Performanz Reichertz 1986 Lüders 1991 139 74 79 83 320 150 40 139 380 Kritik an Oevermanns Konzept/Deutungsmusteransatz Ist die methodologische Auffassung der sozialen Realität als Bude 1982 Text angemessen ? Die Deutungsleistung wird sehr stark als passiver Vollzug der pensé Deutngsregeln gesehen Unterbetonung von Erfahrungsaspekten pensé Objektivismus auf der Ebene der Sinnstrukturen pensé Definition des DM-Begriffs zu vage pensé Ein latenter Soziologismus des DM pensé pensé Wiedemann 1985 Bewertung von DMA 138 f. 31 31 31 32 32 33 215 Persönlichkeit "Im Erwachsenenalter (...) sind nur AUSPRÄGUNGEN der Frank 1982 zuvor erworbenen Persönlichkeitsstrukturen möglich" 72 Sozialisation Frank 1982 S. = Vergesellschaftung UND Individuierung Frank 1982 Oevermanns genetisch-strukturalistische Sozialisationstheorie Mittelpunkt: die Analyse der strukturbildenden Frank 1982 Konstruktionstätigkeit des sich entwickelnden Subjekts und die objektive Bedeutungsstruktur der sozialisatorischen Interaktion Weinberg 1985 Sozialisation nicht nur ein individueller vorgang, sondern ein sozialer Prozeß Weinberg 1985 "... Sozialisation um den Erwerb, Verinnerlichung und Auseinandersetzung mit den realen kulturellen Gegebenheiten, in denen ein Mensch aufwächst" (Enkulturation) Weinberg 1985 Zivilisationsprozeß (Elias) 73 73 73/74 33 34 34 zwei DM-Ansätze: strukturtheoretisch/wissenssoziologisch Lüders/Meuser 1997 STRUKTURTHEORETISCHER ANSATZ: Lüders/Meuser 1997 zwei Theorieversionen strikt naturaler Ansatz Lüders/Meuser 1997 soziale Wirklichkeit bzw. menschliches Handeln als im strikten Sinne regelgeleitet durch ein eigenlogisches System von Strukturen Lüders/Meuser 1997 interaktionistischer Ansatz DM als historisch, in Interaktionen ausgebildete Lüders/Meuser 1997 Interpretationsmuster der Weltdeutung und Problemlösung Betonung der generierenden und gestaltenden Rolle Lüders/Meuser 1997 handlungsfähiger Subjekte Dualität der Struktur Lüders/Meuser 1997 Handelnde Subjekte weniger Träger von DM, sondern deren Lüders/Meuser 1997 Erzeuger, Gestalter und Verwender WISSENSTHEROETISCHER ANSATZ: 1. Mannheim Lüders/Meuser 1997 2. Schütz - Berger/Luckmann Lüders/Meuser 1997 "eine wissenssoziologisch orientierte DMA beinhaltet virtuell Lüders/Meuser 1997 beide Perspektiven" 61 61 f. 62 f. 62 f. 62 f. 63 63 65 65 65 Logik der DM DM müssen nicht in völliger übereinstimmung sein Lüders/Meuser 1997 Dewe 1982 60 107 Lüders/Meuser 1997 Pensé Dewe 1982 66 30 102 Lüders/Meuser 1997 Lüders/Meuser 1997 Lüders/Meuser 1997 lüdemann 1991 lüdemann 1991 66 68 f. 71 f. 133 133 f. relative Autonomie der DM Forschung/Methodische Verfahren diachronisch angelegte DMA Sequenzanalyse Analyse großer Textmengen Untersuchungsdesign Wie stellt man den kollektiven Charakter von DM fest ? "Je häufiger eine bestimmte inhaltliche Interpretation (bei lüdemann 1991 verschiedenen Personen) auftritt, desto eher existiert eine Deutungs-Norm und umgekehrt" lüdemann 1991 verschiedene Verfahren: cognitive mapping subjektive Pfadanalyse Struktur-Lege-Technik narrative Interviews komparative Kasuistik Analyse von Metaphern Bude 1982 sequentielle Feinanalyse Wiedemann 1985 DMA Verfahren 134 134 141 222 Offene Fragen Lüders/Meuser 1997 Lüders 1991 74 f. 401 f. Ähnliche Begriffe Schetsche 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 49 115 115 THOMSSEN 1991 THOMSSEN 1991 Arnold 1985 Arnold 1985 Tietgens 209 56 f. 58 25 24-25 209 Schetsche 1991 Schetsche 1991 60 61 f. Schetsche 1991 Schetsche 1991 Schetsche 1991 65 f. 66 66 Schetsche 1991 Schetsche 1991 Schetsche 1991 Dybowski/Thommsen 1982 Schetsche 1996 67 67 68 148 f. 67/68 Schetsche 1996 68 - 78 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 Lüdemann 1991 120 120 121 121 121 121 122 122 124 Lüdemann 1991 4 mögliche Konsequenzen von DM 01 Deutungsmuster lösen Handlungsprobleme 02 sind konsistent zu bereits im Wissensvorrat enthaltenen Normen oder DM 03 Die Anwendung der DM weist mich in einer sozial hoch angesehenen Gruppen auf 04 ich bekomme eine Orieniterung in einer spezifischen Situation 125 Labeling-, Etikettierung-, Reaktionsansatz verschiedene Alltagstheorien in der Psychologie Topoi Binnenstruktur der DM Grafik nähere Erläuterungen Funktionen der DM 1. Komplexitätsreduktion 2. Beschleunigung der Reaktion auf komplexe Situationen 3. Verdeckung von Widersprüchen 4. Erleichterung der Verständigung 5. Erlangung von Selbstbestätigung 3 primäre Aufgaben Elemente erfolgreicher Problemmuster 7 Elemente Ursachen der DM/Erwerb von DM objektive Handlungsprobleme verschiedene Sozialisationserfahrungen Erwerb von DM auf 3 Wegen: 1. Modellbeobachtungen 2. Symbolische Information 3. Formulierung eigener Deutungen Deutungsmuster als Entscheidungsverhalten "Erwartung", "Valenz", "Netto-Nutzen" "daß man dasjenige Verhalten ausführt, das einem von allen wahrgenommenen Verhaltensalternativen subjektiv vermutlich am meisten Vorteile und/oder am wenigsten Nachteile bringt" Konsequenzen der DM Wahrnehmung (selektive) Wahrnehmung Prokop 100 THOMSSEN 1982 149 Extrapunkte Verhältnis Theorie + Wirklichkeit (In)Konsistenz von DM neue Erfahrungen verunsichern bewährte DM soziale Veränderung Verarbeitung von Erfahrungen "Subjekte sind Träger von Deutungsmustern" Verhältnis von eigenen und fremden Deutungen (Labeling-Ansatz) THOMSSEN 1982 Reichertz 1986 Dewe 1982 Lüders 1991 THOMSSEN 1982 153 131 111 383 153 THOMSSEN 1982 THOMSSEN 1982 Matthiesen 1994 Wiedemann 1985 154 154 f. 79 216 ? THOMSSEN 1991 Wiedemann 1985 Wiedemann 1985 THOMSSEN 1991 Oevermann 1973 Reichertz 1986 Reichertz 1986 Arnold 1985 Reichertz 1986 Weiterentwicklung von DM Reichertz 1986 Rekonstruktion von DM Reichertz 1986 Entwicklungslogik Bude 1982 Reichertz 1986 Prozeß der Dingkonstitution Reichertz 1986 Theorie der herrschaftsfreien Kommunikation Reichertz 1986 Intersubjektivität Reichertz 1986 Vernunft Holzapfel 1978 gesellschaftliche Realität Bude 1982 Holzapfel 1978 Bewußtsein pensé Holzapfel 1978 Marx - Deutsche Ideologie "Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Holzapfel 1978 Individuum innewohenendes Abstraktumj. In Seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse" (MARX zit. Nach Holzapfel 1978) "Bewußtsein ist also von vorneherein ein gesellschaftliches Holzapfel 1978 Produkt und bleibt es, solange überhaupt Menschen existieren" (MARX zit nach Holzapfel 1978) Vorannahmen der DMA Deutungsstrategien Gefahren unbewußte Motivierungen im Handeln Handeln und Realität Kategorie der Einstellung Bewußtseinskonstitution/gesellschaftliche Wirklichkeit Holzapfel 1978 verschiedene Erklärungsansätze zur Bewußtseinskonstitution Holzapfel 1978 Reflexion von DM Reichweite von DM Kritik an interpretativer Sozialforschung Gegenstand der objektiven Hermeneutik Gegenpositionen Soziologie als Textwissenschaft soziale Konstitution von Bedeutung und ihre sprachliche Vermitteltheit Ideologiekritik des DM Konzepts Oevermann 1973 Arnold 1985 Bude 1982 Bude 1982 Bude 1982 Bude 1982 Bude 1982 bude 1982 ? 55 218 221 53 5 130 130 24/25 131 f 132 143 136 144 148 149 149 112 f 137 112f 30 112 112 112 114 f 115 8 24/25 135 135 f. 136 136 137 Krise der DM faits sociaux Popper welt 3 bude 1982 ? Lüders/Meuser 1997 Lüders/Meuser 1997 z.T. Dewe 1980 60 60 314 Hoerning 1989 158 Literatur Seite Reproduktion / Transformation Stichwort ERWACHSENENBILDUNG Allgemein Arnold 1985 Arnold 1985 Arnold 1985 "Bislang scheint das eher wissenssoziologisch als Frank 1982 "sozialisationstheoretisch argumentierende DM-Konzept, das Erwachsenenbildung als Aufklärung des als eigenständige Erkenntnisform begriffenen Alltagswissens betrachtet, dieser Gefahr zu entgehen, Bildung als Entmündigungszusammenhang zu konzeptualisieren" 19-24 30 100 - 150 82 Definition EB/WB Definition WB "EB, die sich von Anfang an auch und vor allem als Sozialwissenschaft begriffen hat" Dieterich 1980 Griese 1994 408 90 Dieterich 1980 THOMSSEN 1991 Kade, Jochen 1994 Kade, Jochen 1994 Arnold 1985 Tietgens 1982 Siebert 1997b Kade, S. 1994 Siebert 1982 Griese 1994 Griese 1994 Tietgens 1989 Matthes-Nagel 1989 409 63 316 315 26 302 293 78 92 93 83 ganz Arnold 1985 45 Arnold 1985 Arnold 1985 Bender Arnold 1985 Dewe 1982 45 44 45/46 110 Dewe 1982 112 Zur gesellschaftlichen Entwicklung und EB Dilemma der Weiterbildung EB und Probleme der Moderne Neuorientierung in der EB interpretatives Paradigma/Wende Subjektorientierung Umgehen mit DM in der EB Stereotypen DM als Stereotypen/Reduktion Element der Komplexitätsreduktion und Filterung Kritik an Reduktionsgedanken Stereotypen - Komplexitätsreduzierung DM - prinzipiell entwicklungsoffen und reflexionsfähig; Stereotyp starr "... Verkommen in der Folge zum Stereotyp...." ALLTAGSWISSEN Alltagswissen/Alltagsorientierung allgemein Anlässe Alltagswissen etc. in die EB zu rezipieren Alheit sieht die Chancen der Alltagsorientierung, aber auch die Gefahren einer 'Kolonialisierung' und 'Pädagogisierung' der LW der Teilnehmer Holzapfel 1978 THOMSSEN 1982 Tietgens 1982 Holzapfel 1990 Holzapfel 1990 108 ff 149 f 303 277 f. Alltagswissen <-> wissenschaftliches Wissen Arnold 1985 Reichertz 1986 Reichertz 1986 Zitat Holzkamp Bender Alltagswelt = Teilnehmer Schulenberg Wissenschaft = Welt der Dozenten und Lehrstoffe Dewe 1997 wie läßt sich die Relationierung zw wissenschaftl und alltäglichen Wissen der TN transparent machen ? Dewe 1997 Experte - Laie - EB soziale Verteilung des Wissens "Laiiesierung des Alltagshandelnden" Dewe 1997 durch Veränderungen in der Struktur und sozialen Verteilung des gesellschaftlichen Wissens Dewe 1997 zunehmender Zwang, sich bei alltags- und berufspraktischen Problemlösungen eines bestimmten Sonderwissens zu bedienen Dewe 1997 neuartige Institutionalisierung von "Experten-LaienBeziehungen" "Experte" und "Laie" als Strukturtypen des subjektiven Dewe 1997 Wissensvorrats zu betrachten Dewe 1997 Definition "Alltagswissen" Dewe 1997 "sozial abgeleitetes Wissen" (Weber) Dewe 1997 sozial anerkanntes Wissen Dewe 1997 Wissenschaftstransfer 3 Konzepte zur Entwicklung des Wissenschaftstransfers: Dewe 1997 01. Struktur-funktionalistische und behavioristische Theorien: technischer/sozialtechnischer Transfer 02. Phänomenologisch-interaktionistische und kognitionspsychologische Theorieansätze (2 Stufen) 03.Begegnung von wissenschaftlichen und alltagspraktischen Wissen: Relationierung von Wissen "Wissenschaftswissen und Handlungswissen stehen im Dewe 1997 Verhältnis der Komplementarität. Es entsteht als Ergebnis der 'wechselseitigen Beobachtung' eine Relationierung der Perspektiven, die nicht mehr versöhnt bzw. auf die eine oder andere Wissenform reduziert werden kann" Dewe 1997 Allgemeinwissen = Die Elemente des sozialen Wissenvorrats, die routinemäßig an jedermann/jedefrau übermittelt werden 34/35 129 131 48 227 70 f. 71 f. 72 72 72 72 73 73 73 74 74 f. 78 f. 79 Dewe 1997 Sonderwissen = folgt den strukturellen Differenzierungen, die als Folge gesellschaftlicher Arbeitsteilung und Modernisierung anzusehen sind Dewe 1997 "Im Rahmen meiner Überlegungen wird von einer Kontinuität zwischen Wissensbeständen und Konstruktionen des alltäglichen Lebens einerseits und (sozial)wissenschaftlichen Wissen andererseits ausgegangen und ein dialektisches Verhältnis zwischen 79 82 beiden insofern unterstellt, als das Alltagswissen die Erfahrungsbasis für den Erkenntnisfortschritt der WIssenschaft angibt. Insofern hängen wissenschaftliche Theorien also von den Deutungsmustern der alltäglichen Lebenspraxis ab. Sie erzeugen selbst in einem primären SInne keine neuen Erfahrungen, sondern purifizieren vielmehr die Erfahrung aus lebenspraktischen Kontexten. Von daher wiederum ist die Entwicklung des Alltagswissens auf die wissenschaftlich angeleitete Reorganisation vorgängiger Erfahrungen angewiesen (vgl. Oevermann 1985)" "EB (...) stellt einen Prozeß dar, bei dem ein bereits handlungsfähiges Individuum (...) das Repertoire seiner Denk- und Verhaltensweisen ändert oder erweitert. EB wendet sich stets an Individuen, die bereits in Phasen schulischer und beruflicher Sozialisation allgemein relevante Kompetenzen mehr oder weniger erfolgreich erworben haben, mittels derer eine Identität aufgebaut wurde." "Organisiertes 'Identitätslernen' im Erwachsenenalter bedeutet damit stets einen Eingriff in die subjektiven Sinnzusammenhänge." "EB kann zur Folge haben, daß DM und Routinen (...) destabilisiert werden" EB fungiert dabei als 'Mittler' zwischen Alltag und NichtAlltag, verstanden als Verbreitungswelt von 'Expertenwissen Verhältnis der Wissensformen "Kritik des Alltags" notwendig für die EB Konsequenzen für die EB sokratischer Dialog mäeutische Pädagogik wissenschaftliche Erkenntnis - Alltagserkenntnis (Konstruktivismus) Logik der Systematisierung' - 'Logik der Praxis' 4 Phasen der verwissenschaftlichung eines Gegenstandes Durch die verwissenschaftlichung entstehen in der wissenschaft deutungsschemata, die mit denen des Alltagswissens inhaltlich nicht mehr übereinstimmen Dewe 1997 83 Dewe 1997 83 Dewe 1997 83 f. Dewe 1997 85 Dewe 1997 Dewe 1997 Dewe 1997 86 86 f. 88 Siebert 1997b 298 Dewe 1982 Dewe 1982 Dewe 1982 102 102 104 f. Dewe 1982 105 Verwissenschaftlichung wissenschaftliches Wissen ist übertragbar Alltagswissen nicht charakteristikum des Alltagswissens Schwierigkeit das wiss. Wissen in praktische handlungszusammenhänge zu integrieren Resistenz des Alltagswissens DM stehen in Kontrast zu wissenschaftlichen Wissen Problem: DM schlicht als Alltagstheorien zu sehen, weil: Schmitz/Thomssen 1989 Dewe 1982 37 f. 105 Dewe 1982 Dewe 1982 105 106 Dewe 1982 Dewe 1982 Dewe 1982 106 f. 108 108 01. DM nicht institutionelle verankert 02. Haben keine Logik im Sinne einer Forschungslogik 03. Sind nicht systematisch methodisch exakt generiert Giesecke-Schmelzle 1985 Kade: Erfahrung soll nicht als vorwissenschaftliches Wissen gelten Giesecke-Schmelzle 1985 Meueler: gegen eine Idealisierung des Alltagsbewußtseins, das er als magisches und naives Bewußtsein begreift Tietgens 1989 82 86 78 Alltagshandeln Schmitz 1992 58 Ziele des DMA in der Erwachsenenbildung Kejcz 1980 Anspruch des DM-Konzepts einen wichtigen Aspekt der Verarbeitung von Kejcz 1980 Lebenssituationen im Bewußtsein des Individuums zu erklären Dybowski Thomssen 1982 Ziele des DM Ansatzes in der EB Aufgabe der EB wäre es, zunächst Einsichten sowohl in die Bender Alltagsdeutungen ihrer Adressaten als auch die diesen Interpretationen zugrundeliegenden gesellschaftliche Objektivität zu gewinnen. (...) sich reflexiv mit den eigenen nDM und mit den dem eigenen Handeln objektiv gesetzten Bedingungen auseinanderzusetzen "Aufdeckung der Inkonsistenzen der lebensweltlichen Bender Deutungen (Dewe) und die stellvertretene Deutung (Schmitz) Transformation von unzureichenden Deutungen des Bender Alltagsbewußtseins in ein reflektiertes rationales Wissen über die eigene Situation und die gesellschaftliche Objektivität, die gleichermaßen Ursache wie Resultat des individuellen Handelns der Gesellschaftsmitglieder ist" vgl. dazu: "Lösung von Handlungsproblemen oder Vermittlung Kejcz/Nuissl/Pratsch von Informationen breit stellen ? Dieterich 1980 Aufgabe der WB soziale Kontrolle intersubjektive Verständigung THOMSSEN 1982 DMA/Ziele von DMA Wiedemann 1985 Wiedemann 1985 Schetsche 1991 Pensé 187 52 47 47/48 48 141 409 148 212 216 f 49 30 Arnold Schüßler 1999 Alternative Deutungsangebote Weymann 1989 über das Alltagsgespräch hinausgehende Gesprächer sind nötig, wenn die sozialen DM nicht mehr problemlos an bisherige Gegebenheiten angeschlossen werden können 322 88 f. realistische Wende Tietgens 1982 Siebert 1982 Siebert 1982 295 74 85 Arnold 1985 Arnold 1983 c Griese 1994 Giesecke-Schmelzle 1985 893 893 86 78 Arnold Schüßler 1999 314 Holzapfel 1990 Holzapfel 1990 281 282 reflexive Wende entstand anfang der 80er/weitere informationen Sie geht nicht direkt auf die reflexive Wende ein, bringt aber ein paar Ausführungen zu der Hinwendung zu den Deutungen der Lebenswelt Erwachsener (ein Abschnitt) Subjektwende Begin der 80er; synonym zur reflexiven Wende Überwindung der Krise der politischen Bildung durch eine notwendig gewordene 'Subjektivierung des Politischen' Alltag(swende) Holzapfel 1978 Alltagswissenstheorie in der EB Didaktik 3 Ansätze (Runkel, Mader/Weymann, Dybowski/Thomssen, Holzapfel 1978 v. Werder) Frank 1982 Alltagswende, TNO, erfahrungsbezogene Bildung aus der Tradition der Wissenssoziologie stammend Frank 1982 Gefahr: "die HANDLUNGSSTRUKTUREN IN DER EB auf die Frank 1982 Transformation zwischen verschiedenen Wissenstypen bewußtseinstheoretisch und damit den gesellschaftlichen Gehalt bzw. die sozialstrukturelle Einbettung der Interaktion zu wenig zu entfalten" Handlungsregeln und Wissensformen in der EB als objektive Frank 1982 Sinnstrukturen zu fassen historische Betrachtung: Vergeselllschaftung Frank 1982 Dewe 1980 EB als soziale Institution/Prozeß der Vermittlung von Wissen/ Alltagswissen - systematisches Wissen "Diese Vermittlung herzustellen ist ein zentraler Aspekt der Dewe 1980 Tätigkeit von professionellen Personal in der EB" Dewe 1980 Kritik an TNO - Alltagsbezug Dewe 1980 Unterschied Alltagswissen und wissenschaftliches Wissen Dewe 1980 Definition "Alltagswissen" Dewe 1980 "Alltagswissen" und soziale Deutungsmuster Dewe 1980 Probleme bei der Vermittlung von wissenschaftlichen und Alltagswissen 116 116-122 67 67 67 67/68 68 f. 308 308 309 309 309 f. 311 312 f. Didaktische Überlegungen didaktische Bedingung/Kriterien Einbindung der Biographie bewußt hergestellte Differenzerfahrungen Holzapfel 1978 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 129 f 194 195 Kejcz 1980 Wie Individuen unabhängig von organisierten Lernen ihre Umwelt verarbeiten Kejcz 1980 Bildungsurlaubsforschung wichtig ist die Relevanz der Weiterbildung für die Kejcz 1980 Lebenspraxis der Tner päd. Planung: Konstruktion der Zielgruppe Kejcz 1980 187 188 188 Schwierigkeiten im päd. Prozeß Kejcz 1980 -> unterschiedliche Interpretationen zusammenzuführen Kejcz 1980 -> bisherige Handlungsstrategien zu problematisieren Kejcz 1980 "Die Schwierigkeit, das gleiche Problem zu diskutieren" Kejcz 1980 "Das Problem ein gmeinsames Erkenntnisinteresse zu Kejcz 1980 definieren" "Das Problem, Handlungskonsequenzen zu entwickeln" Kejcz 1980 Kejcz 1980 Aussage: DM sollen nicht nur nebeneinander stehen, sondern müssen verglichen und kritisiert werden. Kejcz 1980 didaktische Phasen Kejcz 1980 Erklären von Erscheinungen wird durch DM-Ansatz möglich Kejcz 1980 Den DM der Teilneherm muss rechnung getragen werden, wenn die bisherige Lebenspraxis der Tner verändert werden soll Kejcz 1980 DM als handlungsrelevante Vermittlung von Interesse und Lebenssituation 188 f. 189 189 189 189 189 201 202 203 203 203 Sprache Schlutz ???? Sprache als Medium sozialen Handelns "da Sprache historisch vorgegeben ist .... Gehen in die Schlutz ???? eigene Sprache immer kollektive und gruppenspezifische Momente mit ein" Schlutz ???? Sprachliche Kommunikation als Bildungsinhalt Schlutz ???? Sprachliche Kommunikation als Bildungsprinzip "in der Verständigungssituation geht es um das Mitteilen und Schlutz ???? Teilen von Bedeutungen und damit um sprachliches Lernen" 158 158 161 165 167 Wert, Bedeutung, Sinn Lüders 1991 Erpenbeck 1997 Alles Wissen ist wert- und handlungsdeterminiertes Konstrukt Erpenbeck 1997 Warum hat "Wert" Bedeutung für die EB ? Erpenbeck 1997 Wertfreiheit der Sozialwissenschaften ? Entsubjektivierung Erpenbeck 1997 Trennung von Objekt- und Selbsterkenntnis Erpenbeck 1997 Erpenbeck 1997 Desanthropomorphisierung >>>> fortschreitende Grenzziehung zwischen Alltagsdenken Erpenbeck 1997 und wissenschaftlich verobjektivierender Widerspiegelung der an sich seienden Wirklichkeit Erpenbeck 1997 Weber Wert, Bedeutung, Sinn soll nicht unbeachtet bleiben, sondern Erpenbeck 1997 in das Vorfeld der gesetzeswissenschaftlichen Analyse sozialer Bezihungen verwiesen werden 381 45 45 48 f. 48 48 49 49 50 50 Erpenbeck 1997 51 Erpenbeck 1997 Erpenbeck 1997 51 f. 52 Erpenbeck 1997 4 Wertekommunikationsstfuen Erpenbeck 1997 Was können die Kategorien "Bedeutung" und "Sinn" zusätzlich leisten ? "Weiterbildung vermittelt also in der Tat Wert, Bedeutung Erpenbeck 1997 und Sinn. Um aber zu verstehen, wie dies geschieht und wie unterschiedlich es in den verschiedenen Bildungsbereichen vor sich geht, ist der Rückgriff auf die Kategorie "Wert" und die Erkenntnisse m 53 55 f. Menschenbildung durch Vermittlung von Menschenbildern: deutliche Unterscheidung zwischen Wussen und Werten ! Warum die Hervorhebung der Wertkategorie ? 3 Handlungsebenen bezüglich der Sprachverwendung 58 Lebensweltansatz und DM Ansatz Axmacher 1990 1. Er ist nicht allgemein gültig Axmacher 1990 2. Er kann die Grenzen seiner Geltung nicht theoretisch Axmacher 1990 selbst reflektieren 27 27 27 2 Mängel des LW-Ansatzes Axmacher 1990 Erwachsene sind Spezialisten der Bewältigung ihres Alltags "Bildung ist ein Pause im Handlungsfluß und dient der Axmacher 1990 Steigerung der deutenden und kognitiven Kompetenzen, mit denen Erwachsenen am Aufbau ihrer Wirklichkeit arbeiten" Axmacher 1990 2 unterschiedliche Wissensschaftstränge des LWAnsatzes 1. Husserls-Schütz-Luckmann (Wissenssoziologie) 2. Habermas (kommunikatives Handeln) Axmacher 1990 2 grundlegende Kritikpunkte am LW-Ansatz Axmacher 1990 intersubjektive Verständigung über eine Situation Axmacher 1990 Fachwissen Axmacher 1990 technischer Umgang mit lebensweltlichen Motiven und Deutungsbedürfnissen Axmacher 1990 3 Wissenstypen: 1. Am Lebensweltparadigma orientierte Bildungsansätze 2. Fachwissen 3. Unternehmenskultur "In seiner allgemeinsten Bedeutung meint er die Organisation Lüders/Meuser 1997 der Wahrnehmung von sozialer und natürlicher Umwelt in der Lebenswelt des Alltags" THOMSSEN 1982 Habermas Lebenswelt und System Axmacher 1990 Tietgens 1982 Wiedemann 1985 Lebenswelt Arnold 1985 Pensé Pensé Modernisierung und LW Pensé Lebensstil 27 f. 28 28 28 28 28 f. 29 29 f. 58 157 f. 30 304 213 26 33/34 35 36 "Die Lebenswelt stellt demgegenüber bewährte Deutungs- Pensé und Handlungsmuster beriet, die eine relativ sichere 'Übereinstimmungsgarantie' beinhalten" Arnold 1985 Lebenswelt Lebenslauf Identität Schlutz 1992 Schlutz 1992 Lebenswelt und Bildungsinstitutionen "Idealtypisch gesehen stellen Institutionen lebensweltlich gefragte Problemlösungsmöglichkeiten auf Dauer" 38 f. 26 ganz 97 Lebensweltanalyse Arnold 1983 Strategie reflexiver Programmplanung im Zuhg einer Arnold 1983 sozialwissenschfatllichen Orientierung der Didaktik, die das erfahrungsgeprägte Allltagswissen und die Lebenswelten der Teilnehmer als Anschlußebene einer teilnehmerorientierten bzw. an Deutungsmuster anknüpfenden PLanung von EB aufgreift Siebert: ZGO als Übergangsstadium Arnold 1983 "solche tnorientierten Untersuchungen ermöglichen eine Arnold 1983 didaktische Planung im Vorfeld der Bildungsmaßnahmen und dienen der Antizipation von Lernproblemen" (Siebert) didaktische Lwanalyse für homogene Gruppen ! Arnold 1983 zurückhaltende Bezugnahme auf die lebensweltanalytisch Arnold 1983 ermittelten Vorstrukturen der Teilnehmer Arnold 1983 Erwachsenensoziolisationsforschung: Perspektivenverschiebung vom Alterszentrismus (Griese) zur Lebenslaufperspektive (Kohli) Für LW Untersuchungen sind eher qualitative Verfahren Arnold 1983 einzusetzen, da mit empirisch-quantitativen Verfahren nur das Alltagswissen der Forscher, nicht aber das der untersuchten Zielgruppe zutage gefördert wird EB und Erwachsenensozialisation Frank 1982 Griese 1994 zur sozialisationsforschung Griese 1994 Entstehung der Sozialisationsforschung Griese 1994 Auffassung: "...daß Sozialisation ein lebenslanger Prozeß der Anpassung und Auseinandersetzung eines Individuums mit der soziokulturellen Umwelt darstellt" Griese 1994 Grundfrage für die EB: "Welche Chancen haben Bildungsprozesse gegenüber der sozialisierenden Wirkung der gesellschaftlichen Bildung? Griese 1994 Tendenz: "Während also die allgemeine Sozialisationstheorie tendenziell pädagogisiert wurde (...), wurde bzw. wird die Theorie der EB durch ihre Orientierung an der Sozialforschung (und damit am Alltag, an der Erfahrung, an der Biographie, an den Deutungsmustern, an der Lebenswelt, an der Identität usw. an ihrer Adressaten/Zielgruppen) mehr und mehr versozialwissenschaftlicht" 50 f. 50 51 51 52 56 57 Fußnote 57 80 f. gesamt 83 84 85 86 Chancen, aber auch Probleme der versozialwissenschaftlichung der EB Frage: Wie weit verändern sich Erwachsenen (noch) ? Wie weit sind sie (noch) lernfähig ? Grundfrage und Grundprobleme der Erwachsenensozialisationsforschung konsensfähig Grundannahmen 3 Grundpositionen zur Theorie der E.sozialisation * das strukturell-funktionale Bild * das interaktionistische Bild * das strukturale Bild 2 zentrale Probleme hinsichtlich des Verhältnis von Sozialwissenschaften und Pädagogik Die E.sozialisationstheorie dient vor allem der theoretischen, d.h. deutend-verstehenden Reflexin der Theorie und Praxis der EB, ist also Bestandteil des notwendigen Diskurses über Selbstverständlichkeit, Situation, Möglichkeiten und Grenzen der EB angesichts der biographischen Erfahrungen und der lebensweltlichen Einbettung ihrer Zielgruppen, ist als Formel formuliert: "Reflexion des Lehr-LernGeschehens" Holzapfel 1990 281 Griese 1994 86 Griese 1994 86/87 Griese 1994 Griese 1994 87/88 87/88 Griese 1994 89 Griese 1994 91 DM-Ansatz in der EB und das Verhältnis zum Tner Erwachsener als kompetentes Subjekt, das seine Frank 1982 lebenspraktische Probleme auf der Grundlage eines biografisch erworbenenn Alltagswissens bewältigt und für das Lernen nur zu einem Bedürfnis wird, wie dadurch eben dieses Alltagswisssen verbessert wird nicht: wie die Bildung an die vorhandenen Frank 1982 Erfahrungsstrukturen der Teilnehmer anknüpfen kann, sondern: inwieweit die durch Sozialisation erworbenen Frank 1982 Kompetenzen der Tner und ihre sozialen und individuellen Identitätsformationen konstitutiv sind für die Handlungsstrukturen in der EB 82 Modischer Trend der Alltagswende: EB nur noch als Instrument der internen Differenzierung und Verbesserung der alltäglichen Erfahrungsmuster und Problemlösungsstrategien Frank 1982 83 "EB ist somit zu verstehen weder als einseitige Vermittlung der 'externen' allg. Rationalität von Wissenschaft und Bildung, noch als bloß Erweiterung der 'internen' besonderen Rationalität der Alltagsdeutungen und -handlungen, sondern als Diskurs zwischen beiden Rationalitätsformen, als ihre gegenseitige Explikation. Dabei dürfen die Gefahren der durch die Verwissenschaftlichung von EB drohenden Entwertung von Erfahrungspotentialen und Technokratisierung von LW-strukturen ebensowenig Frank 1982 84 83 83 übersehen werden wie die Aufklärungsbedürfdigkeit von Wissen und Handeln im Alltag" Kade, Jochen 1994 Lösung von Identitätproblemen Kade, Jochen 1994 Formen der identitätsorientierten Aneignung von EB "bewahren sich Erwachsene ihre Identität u.a. im Medium Dewe 1982 von milieuspezifischen 'world views' und Deutungsmustern als einem Ensemble von Vorstellungen über die physikalische und soziale Umwelt" Holzapfel 1978 Identitätskrise des Individuums durch Erfahrungsartikulation Identitätskrise möglich und Holzapfel 1978 Deutungsmuster werden ersichtlich die kognitivistische Entwicklungstheorie Kohlbergs Frank 1982 THOMSSEN 1982 Identitätsbalance Kade, Jochen 1994 Wechsel der TnerPerspektive Kade, Jochen 1994 Ohnmacht der EB der EB ggüber den Tnern als Aneignungssubjekte "... Als gleichberechtigte Teilnehmer der pädagogischen Nuissl 1991 Interaktion ernst zu nehmen" 315 316 90 124 124 78 153 f. 317 319 48 EB und symbolischer Interaktionismus SI als sinnabhängiger Modus vom menschlichen Handeln z.T. Kritik an der Konzentration ausschließlich am Symbolischen Interaktionismus, aber Darstellung wie z.b. drei prämissen von blumer !!! Gerl 1980 374 Siebert 1982 79 - 83 Bedeutungen im Kontext SI+EB Gerl 1980 "Bedeutungen stellen den Wert dar, der den in einer Situation vorfindlichen Gegenständen, also allen Dingen, Worten, Personen, von den Beteiligten im praktischen Umgang zugemessen wird" Gerl 1980 Bedeutungen regen menschliches Handeln an Gerl 1980 Bedeutungsgehalt einer (Lern-)Situation "daß es in jeder Lernsituation (...) um menschliche, von Gerl 1980 Subjekten getragene Wertentscheidungen geht, die grundsätzlichg von allen Beteiligten bedacht, besprochen, kritisiert, akzeptiert oder verändert werden können" Gerl 1980 didaktische Zielsetzung: wir sollen dieses Auswählen und Wertsetzen in Lernsituationen mit Willen und Bewußtsein tun und unsere Wahl soll unseren Interessen und Bedürfnissen entsprechen. Sie soll unser "Selbst" repräsentieren. Gerl 1980 Bedeutungen als sprachliche, begriffliche Symbole bennant und festgehalten Gerl 1980 Werte Gerl 1980 Geteilte Wirklichkeit "Begriffe können streng genommen keine ausschließlich Gerl 1980 individuell-privaten Bedeutungen haben. Sie dienen dazu, Bedeutngen und Einschätzungen von Wirklichkeit mit anderen zu teilen" Gerl 1980 Methodik 375 375 375 f. 376 376 377 378 378 378 379 wie kann in Lernsituationen Hilfestellung dafür gegeben Gerl 1980 werden, daß die Symbolisierungsbereitschaft der Beteiligten im Hinblick auf ihre eigenen, persönlichen Erfahrungen entwickelt ? Gerl 1980 Kursleiter: er muß fähig sein, sein eigenes Verhalten, sein Zuhören und Verstehen in diese Richtung stilbildend zu wirken Gerl 1980 Kontext nicht-symbolischer Interaktion didaktische Forderung: Symbolisierung Kommunikation Gerl 1980 zugänglich machen 379 379/380 380 381 Veränderungen von DM Dewe 1997 84 Frank 1982 Frank 1982 Frank 1982 Frank 1982 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 77 77 77 77 194 194 Holzapfel 1978 Dewe 1980 Tietgens 1980 131 313 209 Bender Bender Bender 44 45 45 Bender 45 Maßstab der päd Beurteilung ist die Funktionalität für d Bender Herstellung von Handlungsfähigkeit und subj. Geglaubter Handlungssicherheit Orientierungslosigkeit des Ansatzes, der daruf verzichtet Bender vorfindliche Inhalte alltäglicher DM zu kritisieren 45 "Ist es legitim, Erwachsenen gleich Kindern und Jugendlichen einem (Quasi-)Sozialisationsprozeß zu unterwerfen, also: ihnen gesellschaftliche Deutungen zu vermitteln, die sie zur Reorientierung oder zum "Umbau" ihres 'Wissenshaushaltes' zwingen ?" Veränderungen im Handeln Erwachsener Prozeß der situativen Anpassung individuelle vs. Kollektive Anpassung commitment "Transformation der subjektiven Wirklichkeit" Identitätslernen als Prozeß der kommunikativen Suche, Erprobung und Reflexion alternativer DM Zum Verhältnis von DM-Veränderungen und EB Veränderung von DM ohne Empfinden eines Identitätsverlustes Kritik an DM-Ansatz/Einschränkungen am Reduktionsgedanken an der Orientierungsfunktion Schulenberg: Dm als analytische Kategorie der Sozialwissenschaft, um d fülle der Elemente des Alltagsbewußtseins f d phänomenolog. Untersuchung verstehbar zu machen. F. Arnold gilt diese analytische Funktion aber auch als oberste Richtschnur päd. Handelns inhaltliche Ausprägungen der DM werden zweitrangig Das Ziel einer Aufklärung "der Befreiung des Menschen aus fremden Zwängen (eigen inneren und fremden äußeren) durch Bildung" bleibt somit ein uneingelöster Anspruch. didaktische Verdinglichung des DM-Ansatzes Kritik an Alltagswende Kritik an DM-Ansatz Kritik an Sozialisationstheorien mit Bezug auf Ethik 46 Bender 46/47 Lisop 1987 Schulenberg Schulenberg Schulenberg Griese 1994 363 227 228 229 93 Kritik im Zusammenhang der Rezeption des Negtschen Erfahrungsansatzes durchThomssen Kritik an Thommsens DMA, findet Oevermanns und Neuendorff/Sabels DMA theoretisch wesentlich besser ausgearbeitet Die soziologische Kategorie des DM wurde in der EB nicht zu einer pädagogischen Kategorie übersetzt, sondern einfach übernommen Der DMA ist eher als Möglichkeit genannt, als an Wirklichkeit erprobt Problematik des DMA bezüglich selbstgesteuerten Lernens Fachidioten vs. Erlebnisidioten ROMBERG/THOMSSEN Vergleich Wollenberg 1982 258 f. Wollenberg 1982 261 Wollenberg 1982 Nuissl 1991 279 49 f. Romberg Tietgens 1982 305 Tietgens 1980 209 Tietgens 1980 Arnold 1995 Schlutz bei Arnold 1995 Schüßler 2000 229 131 f. S. 133 14 Biographie Holzkamp 19XX Lernen in Abhäbhängigkeit meiner Biographie Arnold/Schüßler 1996 Weg von der Normalbiograhpie "Bisherige Handlungs- und Deutungsmuster, mit denen der Arnold/Schüßler 1996 Alltag bewältigt wurde, verlieren dabei ihre Stabilitäts- und Gewißheitsfunktion un dkönnen, wenn sie nicht an die veränderten Bedingungen angepaßt werden, zu krisenhaften Lebenslagen führen." Arnold/Schüßler 1996 Deutungsnotstand ------> Deutungshilfen Arnold/Schüßler 1996 ALHEIT: Biographizität: Arnold/Schüßler 1996 "die Fähigkeit, 'moderne Wissensbestände an biographische Sinnressourcen anzuschließen und sich mit diesem Wissen neu zu assoziieren' (Alheit 1990, S. 66)" Arnold/Schüßler 1996 Fähigkeit zur Deutungskompetenz und Wissensorganisation "Das Subjekt deutet Ereignisse der Umgebung im Hinblick Arnold/Schüßler 1996 auf die Brauchbarkeit für persönliche Llernprojekte (Siebert 1993), um weiter handlungsfähig zu bleiben." "Der Aufbau dieser Deutungskompetenz setzt voraus, daß Arnold/Schüßler 1996 das Individum konventionelle Deutungsmuster und traditionelle Orientierungen, die bisher handlungsleitend waren, aber ihre Funktionalitä aufgrund von Veränderungen in der Umwelt eingebüßt haben, mit Hilfe von Informationen so transformiert, daß sie wieder ein realitätsangemessenere und identitätsstabilisierende Orientierung ermöglichen" "Modernisierung biographischen Wissens" (Alheit 1992, Arnold/Schüßler 1996 S. 31) zentrales Element der EB: Die Entwicklung der Fähigkeit Arnold/Schüßler 1996 zur Transformation biographischen Wissens Arnold/Schüßler 1996 Offenheit und Differenzierung der Deutungsmuster (Tietgens 1992, S. 19) Wiedemann 1985 184/185 185 185 185 185 185 185 186 186 186 186 215 Biographie- und LW Orientierung wg. Probleme bezüglich des Lernverhaltens Erwachsener ! Entstehung und Vorläufer der biographischen Methode Dieterich 1980 404 Dieterich 1980 405 Dieterich 1980 Grundlegendes zur biograph. Methode Dieterich 1980 Stufen- oder Phasenkonzept Dieterich 1980 Bruchstellen (vgl. mit DM-Krisen) Dieterich 1980 Modell des Konfliktlernens Nicht nur durch Konflikt zu Lernen, sondern auch der Lernprozeß kann konflikthaft sein Dieterich 1980 verschiedene Begriffserklärungen Dieterich 1980 Norm-Entwurf Dieterich 1980 EB und biographische Methode Siebert 1982 Kritik an der biographischen Methode Hoerning 1989 Biographisches Wissen Hoerning 1989 Lebenserfahrung und biographisches Wissen Hoerning 1989 biographische Schemata 405 f. 410 410 411 411 412 414 80 155 156-157 158-159 DM vs. Soziale DM Tietgens 1980 TNO muß Orientierung an DM sein DM ---------------------> TNO den Aspekt der subjektspezifischen Differenz von DM stärker Arnold/Schüßler 1996 zu fokussieren soziale DM ------------> ZGO 191 ZGO Dieterich 1980 413 Siebert 1997b 291 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 190 194 195 195 196 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 196 196 199 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 Arnold/Schüßler 1996 199 200 200 Arnold/Schüßler 1996 Tietgens 1989 Hoerning 1989 Hoerning 1989 Weymann 1989 Nuissl 1991 Alheit 1990 201 79-83 155 161 ganz 50 305 Zielgruppenarbeit Aufgaben/Kompetenzen des Dozentens Methodik Rolle als Ermöglicher/Organisierer von Erfahrungen Erzählen/das Gespräch für den Erfahrungsaustausch Nachfragen ermöglichen/Fragenzusammenhang bewußt herzustellen mäeutische Fragetechnik iterativer Prozeß der Selbstreflexion wissenschaftliche Erklärungsmodelle an Bsp der Tn anzuknüpfen und somit auf die Deutungen der TN zu transformieren sprachliche Wiederholungen/widerspiegeln preisgeben eigener autobiographischer Erfahrungen professionelle Verschränkung von Empathie und Distanz "stellvertretende Deutung" Wissensvermittler zur Selbstaufklärung des Alltagswissens der Tner Inszenierung eines Handlungskontextes, in dem die Kommunikationsprozesse ablaufen können Kommunikationsprozesse themenzentriert in moderierender Funktion steuern sowie die darin ablaufenden gruppendynamischen Prozesse und deren Wirkung für die Herstellung von Erfahrungschancen verstehen können "... Sollte die Dozentin über ihr eigenes 'Gewordensein', bzw. über ihre eigene Biographie reflexiv verfügen, um so für die lebensgeschichtlich erworbenen Deutungsund Handlungsmuster der Tn sensibilisiert zu sein" "An den Pädagogen werden dabei aber doppelte Anforderungen gestellt. Er benötigt eine hohe Ssensibilität gegenüber der artikulierten Erfahrungswelt der Teilnehmer und ein hohe, auf verschiedene Abstraktionsbenen flexibel nutzbare Kompetenz im zu behandelnden Sachgegenstand" Steinbruchmodell Arnold/Schüßler 1996 201 Dewe 1980 Arnold/Schüßler 1996 315 201 Arnold/Schüßler 1996 201 Arnold/Schüßler 1996 201 Giesecke-Schmelzle 1985 87 Arnold/Schüßler 1999 Arnold 1995 Arnold 1995 Arnold 1995 318 136 137 138 Arnold/Schüßler 1996 THOMSSEN 1982 192 153 Pense Lisop 1987 Weinberg 1985 Holzapfel 1990 Wollenberg 1982 361 38 265 257 - 262 Tietgens 1982 Schulenberg 305 230 f. Tietgens 1982 306 Funktionsfähigkeit der DM/sozialer Austausch als Möglich neue Erfahrungen zu strukturieren neue Erfahrungen verunsichern bewährte DM Entstehung des DM-Ansatz in der EB Negt als erster Was bietet der DM-Ansatz der EB ? Chancen/Weiterentwicklungen Chancen Einschränkungen des DM-Ansatzes Perspektiven Tietgens 1982 8 Punkte Lisop 1987 306 364 f. Weiterentwicklungen "antizipatorische Sozialisation" lebenszeitorientierte Entwicklungspsychologie Der Lehr-Lern-Prozess Weinberg 1985 Weinberg 1985 39 39 f. Allgemein "Die jeweilige Lernsituation ist nich thinreichend hekennziechnet, wenn ihre objektiven Daten bekannt sind und beschrieben werden. Entscheidend ist vielmehr, wie sie subjetiv wahrgenommen werden. Wir erleben soziale Realität im Modus der Auslegung" Tietgens 1980 Dies eventuell als Einsteig ins Thema bringen !!!!! 207 Dewe 1982 gesamt Dieterich 1980 Siebert 1982 409 79 - 83 Kejcz/Nuissl/Pratsch 148 Curriculumsdiskussion Dewe kritisiert hauptsächlich die bildungsökonomische EB Lehr-Lernsituation Sozialisation und Desozialisation Der Lehr-Lern-Prozess Vermittlung zwischen Lebenssituation und Lernprozeß -> Auseinandersetzung mit DM/wie gehe ich damit um ? Peters 3 Ebenen: Aktivitäts-, Kommunikations- und Machtstruktur Lernbegriff !!!! In Verbindung mit Alltagswissen der Tner Holzapfel 1978 Holzapfel 1978 Tner haben sich an schulisches Lernen gewöhnt Kejcz 1980 Lebenssituation als Lerngegenstand -> Pädagoge wird hier nicht zuim Handeln gewzungen, Kejcz 1980 sondern organisert die Lernprozesse Gerl 1980 Bedeutungsgehalt einer (Lern-)Situation "daß es in jeder Lernsituation (...) um menschliche, von Gerl 1980 Subjekten getragene Wertentscheidungen geht, die grundsätzlichg von allen Beteiligten bedacht, besprochen, kritisiert, akzeptiert oder verändert werden können" Gerl 1980 Ziel von Lernveranstaltungen: Lernsituationen sollen so organisiert werden, daß in ihnen Gerl 1980 (...) subjektive Erfahrungen symbolisiert, d.h. erkennbar, befragbar, vergleichbar oder generalisierbar gemacht werden können Gerl 1980 jede Lernsituation ist von den gemachten Erfahrungen abhängig didaktische Forderung: die Lernsituation soll gemeinsam Gerl 1980 definiert werden (vgl. 2 Punkte) Gerl 1980 "Lernsituationen sollen so beschaffen sein, daß sie jedem Beteiligten (...) erlauben seine Fragen, Kenntnisse, Zweifel, Fähigkeiten und die ihnen zugrundeliegende Erfahrung bzw. Wahrnehmungsstruktur, kurz: sein Selbst darzustellen Holzkamp 19XX Lernen in Abhäbhängigkeit meiner Biographie Giesecke-Schmelzle 1985 "nur im Prozeß des Deutens können Lernprozesse wirken, können Umdeutungen und Reformulierungen von Erfahrungen einlösbar werden..." berichtet von verschiedenen Deutungsmsuterarten nach Wollenberg 1982 Dybowski/Thomssen Arnold/Schüßler 1996 Deutungslernen 141 f. 119 119 188 188 375 f. 376 379 379 381/382 383 386 84 260 186 Definitionen: Transformation und Entwicklung von Deutungsmustern Arnold/Schüßler 1996 Austauschprozeß von Deutungssystemen und die darin Arnold/Schüßler 1996 eingelagerte selbstgesteuerte Verarbeitung und Aneignung von Lerninhalten Arnold/Schüßler 1996 Vorgang des Deutens Arnold/Schüßler 1996 Handlungsproblem - Lernthema Arnold/Schüßler 1996 Zusammenfassung des Deutungslernens Arnold/Schüßler 1996 Lernen als Steinbruchmodell die systematische, mehrfachreflexive und selbsttätige Arnold/Schüßler 1996 Auseinandersetzung des Erwachsenen mit eigenen und fremden Deutungen "Doch wie ist ein Wertewandel, ein Deutungslernen, eine Siebert 1997b Einstellungsänderung möglich?" arnold/Schüßler 1999 Anforderungen an ein Deutungslernen in der EB 186 191 188 189 201 201 203 290 322-324 Lernen Lernen/Anschlußlernen/Grundlagen des Lernens in der Siebert 1997b EB "Lernen besteht demnach darin, neue Erfahrungen in das Weinberg 1985 schon vorhandene Gedcähtnis einzufügen, damit sie das Denk- und Handlungspotential anreichern" Weinberg 1985 Konzept des Lernens als soziale Interaktion ist in den 60er in die EB eingeführt worden: Das Feld des Lehrens und Lernens wird als Binneraum verstanden, dessen Geschehen nur unter Beachtung der institutionelen Bedingungen sowie der sozialen und individuellen Voraussetzungen der Beteiligten strukturiert werden kann. Weinberg 1985 DM und Lernen: Deutungen steuern also das Lernverhalten, können es negativ oder positiv beeinflussen Diese sozialdifferente Betrachtungsweise des Lernverhaltens und der damit verbundenen Vorstellungen kann inzwischen als allgemein akzeptiert gelten !!!!!!!!!! Definition: Weymann 1989 "Lernen ist das im Lösen von Handlungsproblemen stattfindete Erfahren der Verhaltenserwartungen anderer, die mit dem Bestreben nach erfolgreichen Handeln übernommen und dadurch anerkannt wird" (Schmitz 1984, 102/103) 292 33 37 37f. 37 38 84 Wissensvermittlung EB als bedeutsame Instanz der sozial organisierten Dewe 1997 Wissensvermittlung "wird das Problem der Vermittlung von Erfahrungswissen und Dewe 1982 wissenschaftlich erzeugten Orientierungsmustern weitgehend unberücksichtigt gelassen oder reduktionistisch verkürzt" 70 "Wissensvermittlung kann aber nicht als ein isoliertes Dewe 1982 lerntheoretisches, motivbationales oder aber voreilig im Bbereich von Didaktik anzusiedelndes Problem betrachtet werden, sondern als ein zentraler Aspekt des Bildungsprozesses des Subjekts" Dewe 1982 4 Formen der Wissensvermittlung nach Dewe: 87 87 87 f. 1. Unproblematisches, technisch-instrumentelles Detailwissen 2. Vermittlung von systematischen Wissen auch über die Reflexion von umfassenderen Sinnzusammenhängen, in denen die Adressaten leben 3. EB als Vehikel sozialer Mobilität, das lediglich den Kanon etablierter Bildungsgänge für anerkannte soziale Berechtigungen und Zertifikate verwaltet. 4. Aufklärung das Alltagswissen durch die Wissenschaft Wissensvermittlung - Institutionen - Deutungsprobleme Dewe 1982 89 Problemfelder päd. Handelns zu Bildungsurlaub 1. TN-erfahrung und Lerninhalt Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 2. Kompetenzverteilung im päd. Prozeß Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 3. Verständigung der Lerngruppe über Begriffe und Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 Struktur des Wissensangebotes 4. Behandlung von DM im pädagogischen Prozeß Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 150 162 172 179 Möglichkeiten des Pädagogen "Eine systematische Auseinandersetzung mit dem DMA Giesecke-Schmelzle 1985 macht begreifbar, wie gering oder wie spezifisch die Möglichkeiten des Pädagogen sind, durch Bildungsprozesse auf Deutungen von gesellschaftlicher Realität einzuwirken" 83/84 BUVEP kurze anmerkung holzapfel 1979 Nuissl/Schenk: Problemfeld Bildungsforschung holzapfel 1990 420 f. ??? 275 - 276 Forschungsperspektive Zur Rolle der empirischen Forschung interpretative Erschließung der Grundmuster, die sich hinter ???????? den Manifestatien, also den Äußerungen der Individuen erschließen Arnold 1983 qualitativ orientierte Bildungsforschung Kade, S. 1994 Qualitative vs. Quantitative Forschung Kade, S. 1994 Untersuchungsperspektiven Das Lebensweltkonzept Symbolischer Interaktionismus Das Alltagswissenskonzept Das Deutungsmusterkonzept Das Biographiekonzept Kade, S. 1994 Untersuchungsmethoden Erhebungsverfahren Auswertungs- und Interpretationsverfahren Kade, S. 1994 Untersuchungsergebnisse Siebert 1982 Siebert gibt einen Überblick über verschiedene Forschungsmethodologien Siebert 1982 4 Konzepte einer kontrollierten Auswertung bezüglich des Problems der Geltungsbegründung von Interpretationen" 01. Konzept der kommunikativen Validierung 893 296 299 300 300 301 301 302 303 303 305 307 gesamt 84-85 02. Versuch einer Intergration von dialogischer und empirischer Geltungsbegründung 03. Ansatz der objektiven Hermeneutik 04. Konzept einer argumentativen Geltungsbegründung von Interpretationen Lüders 1991 DMA im Windschatten der qual. Forschung 377 Ergänzungen Realität Deutung sozialer Realität Verzerrung der Realität/Vorurteile Verhältnis von Interessen und DM soziale Identität des Individuums Rechtfertigung Dybowski Thomssen 1982 Thomssen 1991 Prokop 54 59 100 Dybowski Thomssen 1982 THOMSSEN 1991 Nuissl 1991 Dybowski Thomssen 1982 Thomssen 1991 Weymann 1989 Dybowski Thomssen 1982 54 61 47 55 52 87 f. 55 Dybowski Thomssen 1982 Schetsche 1991 Arnold 1985 56 55 s. 66 Kollektivität/individuelle vs. kollektive DM dialektik von DM zwischen individueller und gesellschaftlicher Seite THOMSSEN 1991 THOMSSEN 1991 Holzapfel 1978 Primat des Sozialen in der Tradition Meads Lüders/Meuser 1997 Nuissl 1991 soziale Topoi = kollektiv Nuissl 1991 Dybowski Thomssen 1982 Arnold 1995 53 57 114 59 46 47 f. 13; 51; 55 130 Erfahrungen Wiedemann 1985 THOMSSEN 1991 THOMSSEN 1991 Holzapfel 1978 Erfahrungen als Medium der reflektierten Objektivierung von Frank 1982 Kultur Holzapfel 1978 Erfahrung-Bewußtsein-praktisches Handeln Arnold 1983 Erfahrungs/Subjektorientierung Alltagswissen oder Erfahrungs- und Deutungswissen ? Dewe 1980 Erfahrung vs. DM Anmerkungen zum Erfahrungsbegriff Erfahrungen und Irritationen 214 57 59 112 71 131 893 307 Dybowski Thomssen 1982 holzapfel 1978 Hoerning 1989 Hoerning 1989 56 109 157 159-160 Holzapfel 1990 Brock, Adolf 1988 265 f. 16 Negt exemplarisches Lernen/Erfahrungsansatz Ausgangssituation/Ziel Intention Negts Kritik nach Conert Unterschied zwischen NEGT und THOMSSEN Conert 1988 THOMSSEN 1982 Röhring 1988 THOMSSEN 1991 !!! THOMSSEN 1991 Wollenberg 1982 Giesecke-Schmelzle 1985 Giesecke-Schmelzle 1985 Giesecke-Schmelzle 1985 THOMSSEN 1982 Kontinuität von Erfahrungen "DM sind ja, pädagogisch betrachtet, Verdichtungen von Lisop 1987 Erfahrungen hin zu einer bestimmten Formgebung des Bewußtseins, das deutend nach Aufklärung sucht" THOMSSEN 1982 neue Erfahrungen verunsichern bewährte DM THOMSSEN 1982 Verarbeitung von Erfahrungen Gerl 1980 jede Lernsituation ist von den gemachten Erfahrungen abhängig 148 53 58 f 78 f. 80 84/85 150 361 153 154 f. 381/382 Erfahrungsorientierte Lernkonzepte Giesecke-Schmelzle 1985 normative Prämisse: "daß in organisierten Lernprozessen Lernen nur als erwachsenengemäß gilt, wenn Bezüge zum Efahrungskontext der Teilnehmer hergestellt werden" Giesecke-Schmelzle 1985 Entstehung erfahrungsorientierter Lernarbeit Giesecke-Schmelzle 1985 Zielgruppenarbeit, als ein spezifisch organisiertes Planungskonzept, das sich mit dem didaktischen Prinzip erfahrungsorientierten Lernens verbindet "Bildungsarbeit, die sich erfahrungsorientiert ausrichten will, Giesecke-Schmelzle 1985 muß sich dann entweder vorab oder in der Lernsituation selbst der Deutungen der Teilnehmer vergewissern (...) sie quasi transparent machen, um Widersprüche zwischen Deutungen im Denkprozeß herauszuarbeiten, um ergänzendes Wissen anzubieten und neue Erfahrungen zulassen zu können "..., daß man mit den erfahrungsorientierten Lernansätzen Giesecke-Schmelzle 1985 nicht erreichen kann, daß sich Erfahrungen unmittelbar im Lernprozeß verändern. Erfahrungen entstehen und bewähren sich im jeweils individuellen Handlungsfeld. Im Lernprozeß können deshalb nur Distanzierungsprozesse von bisherigen Erfahrungen und generalisierende sowie identifizierende Einsichten an den gemeinsamen Erfahrungen der Lerngruppe vollzogen werden. Dazu gehört auch das Hinzuziehen von zum jeweiligen Problemfeld vorhandenen systematischen Wissen" Giesecke-Schmelzle 1985 Kritik an den erfahrungsorientierten Lernansätzen 74 75 76 85/85 86 87 f. Wahrheit Wahrheit gemeinsame Wahrheits-Suche THOMSSEN 1982 Wiedemann 1985 Gerl 1980 Bender Gerl 1980 Schmitz 1992 147 215 378 48 378 59 Wahrheit - Wertung Schlutz 1989 96 Aufklärung "DM sind ja, pädagogisch betrachtet, Verdichtungen von Lisop 1987 Erfahrungen hin zu einer bestimmten Formgebung des Bewußtseins, das deutend nach Aufklärung sucht" THOMSSEN 1982 falsche DM/Aufklärung Dewe 1982 Richtigkeit von DM Dewe 1982 Zur Begründung von Aufklärung von DM Das Ziel einer Aufklärung "der Befreiung des Menschen Bender aus fremden Zwängen (eigen inneren und fremden äußeren) durch Bildung" bleibt somit ein uneingelöster Anspruch. Arnold/Schüßler 1996 Wissensvermittler zur Sellbstaufklärung des Alltagswissens der Tner Problem der Aufklärung von DM durch wissenschaftliche Dewe 1982 Sonderwissensbestände Dewe 1982 Trotzdem: sind DM in bestimmten Fällen sehr wohl aufklärungsbedürftig Dewe 1982 praktische Wirksamkeit !!! Wollenberg 1982 Wollenberg kritisiert die Aufklärungsbedürftigkeit der Deutungsmuster Wollenberg 1982 Bewertung von DM nach drei Gesichtspunkten: - nach dem Grad der kollektiven Allgemeinheit - nach dem Grad der Konsistenz und Differenziertheit - nach der Relevanz für Lernziele und-inhalte (Dybowski/Thomssen 1976, 158) "daß Erfahrungswelten vor dem sogenannten feindlichen Giesecke-Schmelzle 1985 wissenschaftlichen Wissen geschützt werden müssen. Mit der Folge, daß die Verfügung über Herrschaftswissen auch in Form von wissenschaftlichen Wissen nur der Elite vorbehalten bleibt und die Masse der Bevölkerung angehalten wird, ihre Erfahrungsarmut auszugleichen durch aktives Erfahrungsaneignen, was wiederum durch Bildungsprozesse unterstützt werden soll" Tietgens 1980 Aufklärung als Ziel der EB, wenn DM die Lernfähigkeit einschränken Arnold 1995 Anspruch der Aufklärung hält einer erkenntnistheoretischen Prüfung kaum Stand !!!! 361 148 113 113 - 122 46/47 201 110 111 111 260 260 75 208 138 Konstruktivismus Wiedemann 1985 213 f. Arnold 1985 Alheit 1990 Schaeffer 1989 Schmitz 1992 Schmitz 1992 45 Therapie/Beratung These: ", daß man eine Unterscheidung zwischen Therapie, Beratung und Erwachsenenbildung a prioir gar nicht treffen kann; denn das, was ein Therapeut, ein Berater oder ein Erwachsenenpädagoge praktisch tut, enthält in jedem Fall zugleich Elemente 129-132 ganz 56 therapeutischen, beratenden und erwachsenenpädagogischen Handelns. Unterschiede ergeben sich lediglich dadurch, daß in den einzelnen Typen intervenierenden Handelns eines dieser Elemente überwiegt" Schmitz 1992 Erwachsenenbildung - Beratung - Therapie Schlutz 1989 Giesecke-Schmelzle 1985 Kritik an erfahrungsorientierte Lernkonzepte 93 87 Extra Dybowski Thomssen 1982 Arnold 1985 Dybowski Thomssen 1982 Widersprüche aufdecken reichertz 1986 Arnold 1985 Hierarchie von Deutungsmuster Kade, Jochen 1994 Dialektik von Aneignung und Konstitution Was ist andragogisches Handeln in der EB ? Prokop Bude 1982 Entwicklungslogik Arnold 1985 Einstellungen Arnold 1985 Reichweite von DM Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 Prozeß der Isolierung bestimmter Elemente sozialer Realität Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 Strukturierung der LW Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 Praxis- und Handlungsdimension Wiedemann 1985 Reflexivität Siebert 1982 Kritik an Übersetzung des DMA von Soziologie nach EB Nuissl 1991 55 72 58 131 72 318 146 f. 135 24-25 24-25 142 EXTRA Zitate Literatur Seite "In der interpretativen Soziologie gilt die Analyse sozialer DM als eine der zentralen Aufgaben soziologischer Forschung und Theoriebildung" DM als der primäre Gegenstand qualitativer Forschung (Lamnek 1988, S. 24f.) "Solch exponierter Positionierung steht eine bemerkenswert verstreute und unsystematische Diskussion sowohl des theoretischen Gehalts des DMKonzepts, als auch der angemessenen methodischen Verfahren gegenüber" "Was DM von verwandten Begriffen (Handlungsmuster, Orientierungsmuster, script, Alltagstheorien) unterscheidet, ist nur undeutlich und schwer zu erkennen" "Als geeignete Verfahren zur Datenerhebung und auswertung bennent er nahezu das gesamte Repertoire der empirischen Sozialforschung (quantitativ und qualitativ)" (Wiedemann ist gemeint) "Wir begreifen DMA als eine Variante der interpretativen Soziologie und als ein Verfahren der qualitativen, rekonstruktiv verfahrenden Sozialforschung" Lüders/Meuser 1997 57 Lüders/Meuser 1997 57 Lüders/Meuser 1997 57 Lüders/Meuser 1997 57 Lüders/Meuser 1997 57 Lüders/Meuser 1997 57 Rechtfertigung 143 143 215 83 - 85 49-50 "Dennoch bilden Individuen trotz ähnlicher biographischer Erfahrungen durchaus unterschiedliche Deutungsmsuter aus und reagieren entsprechend in Situationen different" "Der Impuls des Lernen gründet demnach auf einer Differenzerfahrung, der Differenz zwischen Vertrauten und dem Unbekannten bzw. Neuen, wobei der Lernende darum bemüht ist, diese Differenz durch Umdeutung sowie durch die Aufnahme von Arnold/Schüßler 1996 187 Arnold/Schüßler 1996 188 Informationen auszugleichen, um handlungsfähig zu bleiben (vgl. Miller Kip 1992, S. 108)" Pensé "..., daß DM einerseits durch objektive Bedingungen hervorgebracht werden, andererseits jedoch eine relative Resistenz gegenüber der Erfahrungswelt aufweisen, so daß die Ausdeutung neu auftretender Handlungsprobleme immer wieder auf die gleichen kollektiven Bewußtseinsstrukturen zurückgreift" "DM stellen einen interpretativen Zusammenhang dar, in Pensé dem soziale Sachverhalte in eine sinnhafte Ordnung gebracht werden und in dem darüberhinaus erkennbar wird, in welcher Beziehung die Individuen (und Gruppen) zu den übergreifenden gesellschaftlichen Verhältnissen stehen" "Nach Oevermann führen objektive Handlungsprobleme Lüdemann 1991 zur sozialen Konstruktion von DM" 30 32 120 "Es bleibt etwas von außen, etwas Fremdes, auf das man Tietgens 1982 sich einlassen muß, wenn man etwas lernen will" 301 Tietgens 1982 305 Prokop 99 Prokop Kejcz/Nuissl/Pratsch 1980 103 141 Siebert 1997b 288 Tietgens 1989 78 "Daraus folgt aber, Lehr- und Lern-Prozessen die Aufgabe zuzuweisen, Menschen die Fähigkeit zu vermitteln, Situationsinterpretationen in Frage zu stellen, Deutungsmuster zu differenzieren" "Die Lebensräume der Erwachsenen sind bestimmt von wechselnden Sinndeutungen. Wo Wirklichkeit schwer zu erfassen oder verstellt ist, wenn Erfahrungen mit ihr durch Deutungen ersetzt" "... Muster, wie man lebt" "Wenn das Lernangebot sich auf die jeweilige Zielgruppe beziehen soll, ist jede päd. Strategie aber mit dem Problem konfrontiert, daß die Lebenssituation der Zielgruppe für die Bbearbeitung im päd. Prozeß aufbereitet werden muß" "Zum einem das Prinzip der Selbstorganisation (...), zum anderen der Deutngs(muster)ansatz, demzufolge die Handelnden sich ihre subjektive Wirklichkeit selbst 'konstruieren' und auf der Grundlage dieser Konstruktionen handeln bzw. lehren und lernen" (Arnold 1994, S. VIII) WENIGER: Erwachsenenbildner als "Deuter des gelebten Lebens" Erklärung Ich erkläre hiermit gemäß § 30 Abs. 8 Satz 3 DPO, daß ich die vorstehende Diplomarbeit selbst verfaßt und keine andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. ____________________ ____________________ Datum Jacques Douillet