Logos – das Absolute als Wort Bittgebet auf Marduk

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A.o. Prof. DDr. Hans Schelkshorn
VO Philosophie der Sprache
WS 2015-16
Logos – das Absolute als Wort
Bittgebet auf Marduk-Ellil
Z.3:Wein Wort, das wie ein Wetter dahinfährt..
12/13: Das Wort, das oben die Himmel zerreißt.
14/15:Das Wort, das unten die Erde erschüttert.
29/21: Sein Wort ist eine anstürmende Flut, gegen die es keinen Widerstand gibt.
36/37: ein Wort ist ein Sturm, der alles zur Vernichtung bringt.
60/61: Sein Wort, wenn es leise einhergeht, vernichtet das Land.“
Über Thot (Ägypten)
„Was aus seinem Munde entspringt, das geschieht, und was er spricht, das wird.“
Über Ammon-Re
„Du bist der Eine, der alles schuf, der einzig eine, der schuf, was besteht, aus dessen Augen
die Menschen (scil. Aus den Tränen!), aus dessen Munde die Götter entstanden.“
An die Vac (Rede)
3. „Ich bin die Gebieterin, die Schätze sammelt, die Kundige, die Erste unter den
Opferwürdigen. Mich haben die Götter an viele Orte verteilt, die ich viel Stätten habe und
viele (Formen) annehme.“
4. „Durch mich isst man Speise; wer sieht, wer atmet, wer das Gesprochene hört, (tut es nur
durch mich). Ohne sich darüber Gedanken zu machen, hängen sie von mir ab. Höre, du
Berühmter, ich sage dir Glaubwürdiges!“
5. „Ich selbst verkünde dieses, was von Göttern und Menschen gut aufgenommen wird. Wen
ich liebe, immer nur den mache ich zu einem Gewaltigen, ihn zu einem Hohepriester, ihn zu
einem Rsi, ihn zu einem Weisen“
6. „Ich spanne für Rudra den Bogen, dass sein Geschoß den Feind der heiligen Rede töte. Ich
errege Streit unter dem Volke, ich durchringe Himmel und Erde“
7. „Ich gebäre den Vater im Haupte dieser Welt; mein Ursprung ist im Wasser, im Meere.
Von da verbreite ich mich über alle Welten und rühre mit dem Scheitel an den Himmel dort.“
8. „Ich wehe wie der Wind, alle Welten erfassend, weiter als der Himmel, weiter noch als die
Erde: Solch eine an Größe bin ich geworden.“ (Rigveda 10,125)
„‘Als die sprechende Rede, die wohlklingende Beherrscherin der Götter sich bei den
unvernünftigen (Geschöpfen) niederließ, da ließ sie sich in vier (Strahlen) Nahrung und Milch
aus sich melken. Wohin ist denn ihr bestes Teil gekommen?‘“ (Rigveda VIII 100, 10)
Altes Testament
„Mein Wort, ist das nicht wie ein Feuer, ein Hammer, der Felsen zerschmettert?“ (Jer 23,29)
„Denn wie der Regen … vom Himmel herabkommt und nicht zurückkehrt … so mein Wort,
das aus meinem Mund ‚gegangen‘: Es wird nicht leer zu mir zurückkehren“ (Jes 55,10f.)
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag
über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht …“
(Gen 1,1ff.)
„Der du das all durch dein Wort gemacht hast“ (Weisheit 9,1)
Heraklit:
Fragment 1: „Für den lógos, der dieser hier ist, erweisen die Menschen sich immer als
verständnislos, sowohl bevor sie ihn gehört wie wenn sie ihn zum ersten Mal gehört haben.
Denn obschon alles gemäß diesem lógos geschieht, so gleichen sie doch Unerfahrenen, wenn
sie sich auf die Erfahrung mit solchen Worten (épea) und Werken (érga) einlassen, wie ich sie
behandle, indem ich ein jegliches gemäß seiner Physis auseinanderlege und erkläre, wie es
sich verhält; den anderen Menschen aber bleibt es verborgen, was sie im Wachen tun,
gleichwie sie vergessen, was sie im Schlafe (tun).“ (Übers. K. Held)
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VO Philosophie der Sprache
WS 2015-16
Sophistik
„Die Rede (logos) ist ein großer Bewirker; mit dem kleinsten und unscheinbarsten Körper
vollbringt sie göttliche taten: vermag sie doch Schrecken zu stillen, Schmerz zu beheben,
Freude einzugeben und Rührung zu mehren“ Gorgias DK 82 B 11,8
Was ist das größte Gut? - „Wenn man durch Worte (lógois) zu überreden (peithein) imstande
ist, sowohl an der Gerichtsstätte die Richter, als in der Ratsversammlung die Ratmänner und
in der Gemeinde die Gemeindemänner, und so in jeder anderen Versammlung, die eine
Staatsversammlung ist. Denn hast du dies in deiner Gewalt (dynamei), so wird der Arzt dein
Knecht sein, der Turnmeister dein Knecht sein, und von diesem Erwerbsmann wird sich
zeigen, daß er andern erwirbt und nicht sich selbst, sondern dir, der du verstehst zu sprechen
(légein) und die Menschen zu überreden (peithein).“ Platon, Gorgias 452 de
“Protagoras hat als erster die Ansicht ausgesprochen, um (peri) jede Sache (pragma) gibt es
zwei einander zuwiderlaufende Reden (logoi antikeimenoi allelois)“ Protagoras DK 80 B 6
„Es gilt, dass der schwächere Logos als stärkerer hervorgebracht wird.“
Protagoras DK 80 b 6b
Sokrates
„ich wenigstens habe immer geglaubt, dies wären zwei ganz verschiedene Dinge, Gespräch
miteinander führen und Reden halten“ (allelois dialogemenous kai to demegorein) Platon,
Prot. 336b
„Sokr.: Du Seliger [Polos] gedenkst eben mich auf rednerische Art zu überführen, wie sie
auch an der Gerichtsstätte Beweis zu führen sich einbilden. Denn auch da glaubt ein Teil den
andern überführt zu haben, wenn er für seine Behauptung, die er vorträgt, viele Zeugen
aufstellen kann und angesehene, der Gegenpart aber etwa einen aufstellt oder gar keine. Ein
solcher Beweis ist gar nichts wert, wo es auf die Wahrheit ankommt. Denn gar manches Mal
kann einer den falschen Zeugnissen vieler erliegen, die für etwas Rechtes gehalten
werden.Also mute mir auch nicht zu, Stimmen zu sammeln von den Anwesenden. Sondern
wenn du keinen bessern Beweis hast als diesen, wie ich schon vorhin sagte: so überlaß es nun
mir meinerseits und versuche dich dann an dem Beweise, wie ich glaube, daß er sein muß.
Nämlich ich versteh für das, was ich sag, nur einen Zeugen aufzustellen, den, mit dem ich
jedesmal rede, die andern alle laß ich gehen, und nur von dem einen weiß ich die Stimme
einzufordern, mit den andern aber rede ich nicht einmal. ... Ich nämlich glaube, dass ich und
u und all Menschen das Unrechttun für schlimmer halten als das Unrechtleiden ...“ Platon,
Gorgias 474ab
Platon: Dialog „Kratylos“
a) These des Kratylos: „Kratylos hier, o Sokrates, behauptet, jegliches Ding habe seine von
Natur ihm zukommende richtige Benennung, und nicht das sei ein Name, wie einige unter
sich ausgemacht haben etwas zu nennen, indem sie es einem Teil ihrer besonderen Sprache
anrufen; sondern es gebe eine natürliche Richtigkeit der Wörter, für Hellenen und Barbaren
insgesamt die nämliche.“ 383ab
b) These des Hermogenes: „... daß es eine andere Richtigkeit der Worte gibt, als die sich auf
Vertrag und Übereinkunft (syntheke kai homología) gründet. Denn mich dünkt, welchen
Namen jemand einem Dinge beilegt, der ist auch der rechte, wenn man wieder einen andern
an die Stelle setzt und jenen nicht mehr gebraucht, so ist der letzte nicht minder richtig als der
zuerst beigelegte, wie wir unseren Knechten andere Namen geben. Denn kein Name
irgendeines Dinges gehört ihm von Natur, sondern durch Anordnung (nomo) und Gewohnheit
(ethe) derer, welche die Wörter zu Gewohnheit machen und gebrauchen.“ (384cd)
Sprache ist „ein lehrendes und wesensunterscheidendes Werkzeug“
(„órganon didaskalikòn kaì diakritikòn tes ousías“) Krat 388 bc
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WS 2015-16
Aurelius Augustinus
„Das Wort ist Zeichen (signum) irgendeiner Sache (res), das von einem Hörer verstanden
werden kann und von einem Sprecher hervorgebracht werden muß.“ (De dialectica, 7,6)
„Eine Sache (res) ist das, was entweder wahrgenommen wird oder erkannt wird oder
unbekannt bleibt. Ein Zeichen ist etwas, das sich sowohl selbst der Wahrnehmung als auch
darüber hinaus dem Geist zeigt.“ (De dialectica, 7,6-8)
„In jener ewigen Wahrheit, aus der alles Zeitliche geschaffen wurde, sehen wir in geistiger
Schau die Form, nach der wir sind und nach der wir in uns oder in den Körpern aus wahrer
und richtiger Überlegung etwas tun. Und die von dort empfangene wahre Erkenntnis der
Dinge haben wir wie ein Wort bei uns und sprechen sie in einer inneren Zeugung aus, ohne
daß das Wort sich durch diese Geburt von uns trennt. Wenn wir aber zu anderen sprechen,
dann gewähren wir dem innerlich bleibenden Wort den Dienst der Stimme oder eines anderen
körperlichen Zeichens, damit durch einen solchen sinnlich wahrnehmbaren Hinweis dasjenige
im Geist des Hörenden entsteht, was aus dem Geist des Sprechenden nicht entweicht.“
(De Trinitate, IX, 7,12)
Isokrates (ca. 400 - 338 v. Chr.))
„Auch diejenigen, welche die politische Rede zu lehren versprechen, verdienen Tadel. Denn
auch diese kümmern sich überhaupt nicht um die Wahrheit.“
(Rede gegen Sophisten, c.5)
Durch den logos „ziehen wir die Schlechten zur Verantwortung und anerkennen die Guten.
Durch sie unterrichten wir die Unwissenden und prüfen die Verständigen. Denn zu sprechen
(legein), wie man es soll, ist das beste Zeichen des richtigen Denkens (eu phronein)“
(Brief an Nikokles, c.3)
„so werden wir finden, daß nichts, was mit der Vernunft getan wird, unsprachlich (alógos)
geschieht, sondern daß der logos die Urheberin aller Handlungen und aller Gedanken
(dianoemáton) ist und daß diejenigen, die sie am vortrefflichsten gebrauchen, solche sind, die
im höchsten Maße Vernunft haben.“ (Brief an Nikokles, c.3) [ÜS jeweils nach E. Braun]
Marcus Tullio Cicero (106 – 43 v. Chr.)
- : De oratore/Über den Redner, lat./dt., übers. v. H. Merklin, Stuttgart 31997.
„Daß Weisheit ohne Eloquenz (sapientiam sine eloquentia) den Gemeinwesen wenig nützt
und daß aber Eloquenz ohne Weisheit (eloquentiam sine sapientia) meist außerordentlich
schadet, niemals aber nützt.“ (De oratore, I,1)
„Nach meinem Dafürhalten jedenfalls könnte niemand ein mit höchstem Ansehen
ausgestatteter Redner sein, ohne das Verständnis (scientia) aller bedeutenden Sachverhalte
und Künste zu erlangen; denn aus dem wissen der Sachverhalte muß eine Rede aufkeimen
und sich reich entfalten. Wenn der Sachverhalt vom Redner nicht voll begriffen worden ist,
dann enthält die Rede nur leeres und fast kindliches Geschwätz.“ (De oratore I,20)
„Wenn man nur eines von beiden wählen darf, dann ist mir wortarme Klugheit lieber als
beredte Dummheit. Wenn wir aber nach dem fragen, was allein überhaupt alles andere
überragt, dann gebührt dem gelehrten Redner die Palme. Wenn man ihn zugleich als
Philosophen gelten läßt, so ist die Kontroverse [zwischen Philosophie und Rhetorik]
behoben.“ (De Oratore III,143)
Peri hermeneias
ARISTOTELES
(16.13) I . Niiii sind also dieVerlautbarungen unserer Stimme (ipovi) ein
Symbol (inypohov) der in d e r Seele hervorgerufenen Eindrücke (nbVq&arn).iind die Schrift ( y e a q d p ~ v a wiederum
)
istein Symbol derverlautbarungen unserer Stimme.
Und wie die Buchstaben nicht für alle dieselben sind, so sind auch die
Wort-Lauie nicht dieselben (für alle). Dagegen ist das, wofür die WortLaute an erster Stelle Zeichen sind, die Eindrücke der Seele, für alle dasselbe, und ehciiso die Dinge, deren Abbildungen die Eindrücke sind. Doch
darüber ist in der Schrift >Über die Seele6 gehandelt worden, da dieses in
eine niidere Disziplin gehört.
Wie es iii der Seele bisweilen einen Gedanken ohne Wahrheit und Falschheit gibt. bisweilen ihm entweder das eine oder das andere notwendig zukommt. soverliält essich auch mit dem Wort-Laut. Denn die Falschheit und
die Wahrheit gibt es nur aufgrund vonVerbindung (~6vf?eol5)undTrennung
( ~ L ~ ~ O E Die
O L Nennworte
S).
und dieVerben als solche aber sind gleich dem
Gedaiikeii ohne Verbindung und Auseinanderlegung. so zum Beispiel
..Meiiscli'. oder ,.weißu. wenn nichts hinzugefügt wird. Hier gibt es weder
Falschheit iioch Wahrheit. Ein Hinweis dafür ist folgender: Auch das Wort
,.Bockhirsch" bedeutet zwar etwas. aber weder Wahres noch Falsches, solange iiiclit ,.sciii" oder .,nichtsein" hinzugefügt wird. sei esschlechtliinoder
zii eiiier hestimniten Zeit.
2. Das Nei~i~ii,ori
nun ist Wort-Laut mit Bedeutung aufgrund Iiistorischer
Eiiiricliiiiiig oliiie Zeit. dessenTeile für sich keine Bedeutung haben. Denn
so hcclciiict iii dcm Neiiiiwort Kallipos Hippos (Pferd) für sich iiiclits, wie
nämlich i i i dcrn Ausdruck kalos hippos (schönes Pferd).
Aber so. wie bei deii einfachen Nennworten. verhält es sich iiiclit bei den
zusamniciigesetzteii: den11bei jenen bedeutet derTeil iiiclits. bei diesen aber
will er (der Teil) etwas bedeuten, aber nichts getrennt. wie in dem Wort
,,Epaktrokeies" (Seeräuberschiff) ..Kelesn für sich nichts bedeutet.
Die Bestimmung ..aufgrund historischer Einrichtung" will sagen, daß kein
* Uhcrs. V. E d ~ n u n dBraun
89
Nennwort von Natur ein solches ist, sondern erst, wenn es zti eineiii Symbol
(oii~ßohov)geworden ist: denn auch die unartikuiierteii Laute wie die der
Tiere machen etwas offenkundig, und doch ist keiner davon aher cin Nennwort.
.,Nichtmensch" ist kein Nennwort. Es gibt aber auch kein Nennwort, das
dieses bezeichnen könnte. Denn es ist weder ein An-Spruch (A6yo~)noch
ein Ab-Spruch (6n6ipaot5). So möge es ein unbestimmtes Nennwort sein,
weil es gleichermaßen bei allem vorfindbar ist, sei es bei Seicnden oder
Nichtseiendem.
Auch sind weder ,.PhilonsU noch .,PhilonX (Dativ) (griecli.: QiAwvog,
Oihwv~)und dergleichen Nennworte, sondern es sind Dek1iii:itionsf'alle
eines Nennwortes.
Der Begriff voii diesem ist sonst derselbe, aber die Verbindung dieser
Formen mit „istu, .,warMund „wird sein" ergibt nichts Wuhres oder Falsches,
wohl aber die Verbindung des Nennwortes mit diesen immer. So ztim Beispiel ist ,,Philons ist" oder „Philons ist nicht" weder wahr iiocli iiiiscl:.
(16b6) 3. Das Verb ist etwas, das die Zeit mit bedeutct, dessciiTeile nic
etwas für sich bedeuten, und das immer Zeichen für etwas ist. das von etwas
anderem ausgesagt wird. Ich meine damit, daß es die Zeit mitbestimmt, daß
zum Beispiel Gesundheit ein Nennwort ist und „gesundetmein Verb ist, weil
es mitbestimmt, daß die Gesundheit jetzt vorliegt. Und immer ist einVerb
ein Zeichen von etwas, was von etwas anderem ausgesagt wird, was nlimlich
an oder in einem Zugrundeliegenden ( f i x o x e i ~ ~ v o ist.
v)
Dagegen „nicht-gesundet" und „nicht-erkrankt" nenne ich nicht Verb;
denn es bestimmt zwardie Zeit mit und liegt immer aucli bei irgeiidciiiem andereii vor, aber es liegt für den Unterschied kein Nennwort vor. Doch möge
es ein unbestiinmtes Verb sein. weil e s gleichermaßen bei allem vorfindbiir
ist, sei es bei Seiendem oder Nichtseiendem.
Ebenso sind .,gesundeteu oder ..wird gesunden" keine Verbeii. sondern
Konjugatiansformen des Verbs. Sie unterscheiden sich voiii Verh d;i<lurch,
daß dieses die gegenwärtige Zeit mitbestimmt, die beiden Formcn iiur die
umliegenden (die Zeit vorher und nachher).
An sich sind die Verben für sich allein ausgesagt Nennwörter ( d v 6 p a ~ a )
und bedeuten etwas; (denn wer sie aussagt, hält einen Gedanken fest, und
wer sie hört. verweilt dabei) aber sie bedeuten nicht. daß dieses Etwas ist
oder nicht ist.
Auch „seinw oder ..nichtsein" ist kein'zeichen eines Dinges ( n ~ i r y p a ) .
ebenso wie wenn man für sich ohne etwas „seiendu sagt. Denn dieses ist an
sich nichts, bestimmt aber irgendeine Verbindung mit. die müii ;!her ohne
die verbundenen Elemente nicht denken kann.
,
90
Aristoieles
J. I l c r 1~roi01oiiie
Aii.rpii~ch( h 6 y o ~ ist
) eine Verlautbarung. die etwas bedeiitct (rpi:ivil oilpu\,rizii) aufgrund einer historisclien Einrichtung ( x a r b
oiivfilxilv). dcreii Teile für sich etwas bedeuten, ein einfaches Sagen
(rpciorg). iibei iiocli i i i c l i t Zuspruch (Bejahung) oder Absprucli (Verneiiiung). Icli meiiie daniir. daO ..Menschn zum Beispiel etwas bedeute!. aber
doch nicht. d:iß dieses Etwas ist oder nicht ist; aber ein Zuspriicli ( x a r a ipaois) oder Absprucli (dnocpao~c)k o m m t erst zustande, wenn etwas hinzugefügt \i,ir<l Aber aucli eine einzige Silbe des Wortes Anthropos bedeutet
iiicliis. Dciiii ;iucli iii ..Mausu bedeutet das .,aus" nichts, sondern es ist nur
eiii hlolier L a ~ i (rpwvri).
i
Bei den zusammengesetzten (Worten) bedeuten
dieTcile zwar ciwas, abcr nicht für sich allein. wie w i r eben darlegten.
(17a I ) Jeder eröffnende Anspruch i s t n u n bedeutend (semantisch), aber
niclit in der Weisc eines natürlichen Organs (6eyavov). sonderii, wie wir
zuvor darlegteii. aufgrund historischer Einrichtung. Nicht jede eröffnende
A r i s ~ ~ r c c i ~ t ist
i i i gaussagend (&nopavrrx$, sondern n u r diejenige, i n welcher M';ilir\icit oder Falschheit vorliegt. D e n n nicht in allen Weisendeseröffiientleii Aiisl~riichsliegt (Wahrheit oder Falschheit) vor. so zum Beispiel ist
die Bitte zwar ciii eröffnender Anspruch, aber weder wahr noch falsch.Von
den aiideren Weisen soll hier abgesehen werden, denn ihre Betrachtung gehört eher in die Rhetorik oder Poetik. H i e r handelt es sich um die aussagende.
(17;iS) 5 . Der erste einheitliche aussagende Anspruch ( h o y o ~dnorpavri.xii,) isi i l c i Zuspruch (xar&cpao~5)und dann der Absprucli (hnorpaatg).
Die ;iiiilcrcii bind durch Verbindung einheitlich. Jeder aussagende A n spriicli iiiiiß ciii Verb enthalten oder eine Konjugationsform eines Verbs.
Deiiii der B c c r i f l (hicr logos gleichlautend m i t eröffnender Anspruch)
des Meiisciieii ist, weiin nicht ein ..ist" oder ..waru oder ..wird sein" hinzugcsttzi ist oder dergleichen, noch kein aussagender Anspruch (hoyog
hn<iipci\,~ixO~j
\\'\i;iiiiiii ,..ii!i
Fiißcii gchendes Landtier" ein Eines u n d niclit Vieles ist? Dic Eiiilicii ivird j;i iiiclit dadurch entstehen. daß die Worte eng hintereiniiiidcr ;iiis~csprochcriwerden. Das aber isr i n einer anderen Disziplin ahzuIiaiidcli:.
Der aussagende Anspruch ist eines. wenn er entweder eines offenbar
maclii oder durch eine Verbindung eines ist; eine Vielheit bilden diejenigen,
die vicles und nicht eines ausdrücken oder unverbunden sind.
Das Nciiiiu,ort oder Verb allein soll also nur ein einfaches Sagen (rpaors)
sciii. ci;i cb iiiclii niöslich ist, wenn jemand durch eine solche Verlautbarung
ciwiis 50 allciibar macht. es 'Aussagen' zu nennen. weder wenn er fragt,
noch weiiii cr iiicht fragt. sondern nur wenn er sich für eins entscheidet.
Voii solclicii ist die Aussage teils einfach, indem sie etwas zu- oder etwas
abspricht, teils aus solchen zusammengesetzt. indem sieeiiicn zusniiiineiigesetzten eröffnenden Anspruch ( h 6 y o ~o u v 6 e r o ~ darstellt.
)
Es ist also eine einfache Aussage eine bedeutsameVerlautbarungüber das
Vorliegen oder Nichtvorliegen von etwas. je nach dem Unterschied der
Zeiteii
(17a25) 6. D e r Zurpruch (die Bejahung) ( x a ~ h v a o r c )ist eiii :\iispriicli
(ein Ansprechen). der etwas als etwas anspricht ( & n o ~ u i . v ~ o ~dci
l a Ah~~.
spruch (die Negierung) (dn6rpaorg) ist ein Anspriich. der cinern ciwas ahspricht (&n6giavarj). D a es nun möglich ist. dasvorliegende als nicht vorliegend aufzuzeigen u n d das Nichtvorliegende als vorliegend. und wiederum
das Vorliegende als vorliegend und das Nicht-Vorliegende als iiicht vorliegend, und da es sich ebenso für die Zeiten außerhalb der Gegciiwart so verhält, so Iäßt sich alles. was einer zuspricht. absprechen und alles. wos ciner
abspricht, zusprechen. M a n sieht daher sofort, daßjedeni Zuspriicli eiii Ahspruch entgegengesetzt ist und jedem Abspruch ein Zusprucli. U i i d dies,
entgegengesetzter Zuspruch und Abspruch. soll Widersprlich ( d v i i r p a n t ~ )
(Kontradiktion) heißen. Ich sprecheaber von .,entgegengesetztw. wenn dasselbe demselben zu- und abgesprochen wird. aber nicht homonymisch, und
was sonst noch alles an Begriffsbestimmungen gegenüber deii sopliisiisclieii
Belästigungen hinzugefügt werden muß.
(17a38) 7. D a nun das Seiende teils allgemein. teils eiiizelii i s i - i i i i t i ! - allgemein verstehe ich das. was naturgemäß mehreren Seiendeii zugesl~roclien
wird. unter einzeln, was nicht mehreren zugesprochen werde11 kaiin. wie
zum Beispiel Mensch eines von den allgemeinen. Kallias eines von dem einzelnen ist so ist es notwendig. daß das Aufzeigen (ClxocpuiLveoflnr). da8
etwas vorliegt oder nicht vorliegt, für ein allgemeines oder für ciii eiiizelnes
gilt.
-.
Ao. Prof. DDr. Hans Schelkshorn
VO Philosophie der Sprache
WS 2015/16
Nikolaus von Kues (1401-1464)
Werkausgaben:
Nikolaus von Kues. Philosophisch-theologische Schriften, hg. v. L. Gabriel, übers. v. D.u.W.
Dupré, Wien 1964-1967 (zit.: Schr. I-III)
Nikolaus von Kues. Der Laie über den Geist, Hamburg 1995 (in der Reihe der lat.-dt.
Studienausgaben der Philosophischen Bibliothek des Meiner Verlags)
Zur Sprachphilosophie
K.-O. Apel: Die Idee der Sprache bei Nikolaus von Kues, in: Archiv für Begriffsgeschichte 1
(1953), 200-221.
H.-G. Gadamer: Wahrheit und Methode, Tübingen, 4. Aufl. 1975, 411ff.
St. Meier-Oeser: Nikolaus von Kues, in: T. Borsche (Hrsg.): Klassiker der Sprachphilosophie,
München 1996, 95-110.
1. Überwindung des Universalienstreits in der Schrift: „Idiota de mente“
a) Peripatetiker: „Wer also glaubt, daß es nichts in der Vernunft geben kann, das nicht im
Verstand ist, der glaubt auch, daß nichts in der Vernunft sein kann, das nicht vorher im Sinn
war.“ - Ein solcher Mensch „würde die Urbilder und Ideen (exemplaria ac ideas) für nichts
achten.“ (Schr., III, 495/7)
b) Akademiker: „Diejenigen hingegen, die zugeben, daß es in der vernünftigen Einsicht des
Geistes etwas gibt, daß weder in Sinn noch Verstand war, wie zum Beispiel das Urbild und
die nicht mitteilbare Wahrheit der Formen, welche in den Sinnendingen widerstrahlen - diese
Menschen sagen, daß die Urbilder von Natur aus den Sinnendingen vorangehen, so wie die
Wahrheit dem Abbild.“ (ebd., 497)
c) Neuer Ansatz: „Alle diese unterschiedlichen Betrachtungsarten und wie viele sich sonst
noch denken lassen, können leicht auf ihren Ursprung zurückgeführt werden, und zur
Übereinstimmung gebracht werden, wenn der Geist sich zur Unendlichkeit erhebt.“ - Denn:
es „ist die unendliche Form nur eine und die einfachste; sie strahlt in allen Dingen als das
angemessene Urbild von allem und den einzelnen formbaren Dingen wider. Daher ist es
vollkommen wahr, daß es nicht viele getrennte Urbilder und viele Ideen der Dinge gibt. Diese
unendliche Form mag jedoch kein Verstand zu erreichen. Aus diesem Grund ist sie durch
keine der Wortbezeichnungen, welche mittels der Bewegung des Verstandes eingesetzt
werden, aussagbar und kann nicht erfaßt werden. Das Ding, wie es unter die Wortbedeutung
fällt, ist ein Abbild seines unaussagbaren, eigentümlichen und angemessenen Urbildes. Es
gibt also das eine unaussagbare Wort (verbum ineffabile), welches der genaue Name aller
Dinge ist, die mittels der Verstandes-Bewegung bezeichnet werden. Dieser unaussagbare
Name strahlt in allen Namen auf seine Weise wider; er ist die unendliche Nennbarkeit aller
Namen und die unendliche Aussagbarkeit alles durch Worte Aussagbaren, so daß auf diese
Weise jeder Name ein Abbild des genauen Namens ist.“ (Schr., III, 499) (quia infinita
nominabilitas omnium nominum, et infinita vocabilitas omnium voce expressibilium...“)
Ao. Prof. DDr. Hans Schelkshorn
VO Philosophie der Sprache
WS 2015/16
2. Das göttliche Wort als Ursprung menschlichen Sprache - „De filiatione“
Beispiel des Lehrgesprächs: In der sprachlichen Mitteilung des Lehrers spiegelt sich die
trinitarische Struktur des göttlichen Ursprungs.
„In einer solchen Äußerung (in tali quidem expressio) der Lehre des Meisters strahlt
(a) das liebende Streben des Lehrers wider (affectus magistri), das in seinem vortragenden
Ansprechen (in pronuntiatione [nicht bloß: pronuntio]) aufleuchtet, und zwar gemäß den
verschiedenen Ausdrucksweisen [Aussprache, Redeführung, Redeaufbau];
(b) damit das Wort Frucht bringe, strahlt das liebende Streben des Lehrers durch das
Bedeuten der Worte (verborum significatione) als geistiger Gehalt (concecptus) wider;
(c) und schließlich strahlt das Magisterium des Lehrers selbst wider, von dem ein so
fruchtbares und lehrhaftes [Wort] ausströmt.“ (Schr., II, 638; eigene Übers.)
Die „expressio“ läßt sich differenzieren in die Aspekte
affectus
conceptus
ipsa magisterium
Intention
Vortrag/Ausdrucksweisen
Bedeutung
Begriff
Könnerschaft/Vernunft genitor verborum
(Augustinus)
(voluntas - Geist)
(intellectus - Sohn)
(memoria - Vater)
Grenzen der „expressio“:
„Weder erreichen alle Weisen des Vortragens das liebende Streben (affectus), denn diese ist
so groß, daß es nicht genügend vorgetragen werden kann;
noch erreichen alle Weisen der Rede (modi orationum) den Gedanken (conceptus), der von
unausdrückbarer Fruchtbarkeit ist, insofern darin die Kunst des Magisteriums liegt;
noch können Rede und ansprechendes Vortragen (oratio et pronuntiatio) mit allen möglichen
Ausdrucksweisen das geistige Magisterium selbst ausdrücken, obwohl in jeder Rede nichts
anderes geschieht (exsistat) und bezeichnet wird als ihre eigene Manifestation mit dem Ziel,
den Schüler zu einer ähnlichen Meisterschaft zu verwandeln.“ (Schr., II, 630, eig. Übers.)
Durchführung des Vergleichs: das Lehrgesprächs als Gleichnis für die Beziehung Gott-Welt:
„In einer solchen Ähnlichkeit erschuf unser dreieiniger Ursprung in seiner Güte diese
sinnliche Welt, um der vernunfthaften Geister willen; ihre Materie machte er zu einer Stimme
(vocem), in der er das geistige Wort mannigfach widerstrahlen ließ (mentale verbum varie
fecit resplendare), so daß alles Sinnliche Aussprüche verschiedener Äußerungen sind
(elocutionem variarum orationes), die von Gott dem Vater durch seinen Sohn, das Wort, im
Geist zu dem Zweck expliziert werden, damit sich durch die sinnlichen Zeichen die Lehre des
höchsten Lehrers in den menschlichen Geister ergieße und sie zu einer ähnlichen
Meisterschaft verwandle und vervollkommne.“ (Schr., II, 633 - ÜS geändert)
„dann wird ihm offenbar, daß die Kraft (virtus) des Unsagbaren alles Aussagbare umfaßt, und
daß nichts gesagt werden kann, in dem nicht auf seine Weise der Grund jedes
Sagenden/Sprechenden und Gesagten wiederstrahlt.“
(Schr., II, 639, Übers. verändert - ... „es nihil dice posse, in quo suo causa dicentis et dicti non
resplendat.“)
Ao. Prof. DDr. Hans Schelkshorn
VO Philosophie der Sprache
WS 2015/16
Wilhelm v. Humboldt (1867-1835)
Sprachphilosophisches Hauptwerk:
Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige
Entwicklung des Menschengeschlechts (1830-1835), in: W.v. Humboldt: Werke Bd. 3:
Schriften zur Sprachphilosophie, hrsg. v. A. Flitner/K. Giel, Stuttgart 1963.
Sekundärliteratur:
T. Borsche: Sprachansichten. Der Begriff der menschlichen Rede in der Sprachphilosophie Wilhelm
von Humboldts, Stuttgart 1981.
J. Trabant: Apeliotes oder der Sinn der Sprache. Wilhelm von Humboldts Sprach-Bild, München
1986.
Ders.: Traditionen Humboldts, Frankfurt/M. 1990.
Das lebendige Wesen der Sprache (Energeia)
(Schriften zur Sprachphilosophie III, S. 418f)
Ao. Prof. DDr. Hans Schelkshorn
VO Philosophie der Sprache
WS 2015/16
Sprache als Dialog:
„Alles sprechen ruht auf der Wechselrede, in der, auch unter Mehreren, der Redende die
Angeredeten immer sich als Einheit gegenüberstellt. Der Mensch spricht sogar in Gedanken
nur mit einem Andren, oder mit sich, wie mit einem Andren, und zieht danach die Kreise
seiner geistigen Verwandtschaft, sondert die, wie er Redenden von den anders Redenden ab.
Diese, das Menschengeschlecht in zwei Classen, Einheimische und Fremde theilende
Absonderung ist die Grundlage aller ursprünglichen geselligen Verbindung.“
(III, 137f - Über den Dualis)
Grenzen der Sprache - Verstehen und Nicht-Verstehen
„Keiner denkt bei dem Wort gerade und genau das, was der andre, und die noch so kleine
Verschiedenheit zittert, wie ein Kreis im Wasser, durch die ganze Sprache fort. Alles
Verstehen ist daher immer zugleich ein Nicht-Verstehen, alle Übereinstimmung in Gedanken
und Gefühlen zugleich ein Auseinandergehen.“ (III, 439)
„Dennoch muß die Seele immerfort versuchen, sich von dem Gebiete der Sprache unabhängig
zu machen, da das Wort allerdings eine Schranke ihres inneren, immer mehr enthaltenden
Empfindens ist und oft gerade sehr eigenthümliche Nüancen desselben durch seine im Laut
mehr materielle, in der Bedeutung zu allgemeine Natur zu ersticken droht.“
(III, 478)
„Der Mensch denkt, fühlt und lebt allein in der Sprache... Aber er empfindet und weiss, dass
sie ihm nur Mittel ist, dass es ein unsichtbares Gebiet ausser ihr giebt, in dem er nur durch sie
einheimisch zu werden trachtet. Die alltägliche Empfindung und das tiefsinnigste Denken
klagen über die Unzulänglichkeit der Sprache, und sehen jenes Gebiet als ein fernes Land an,
zu dem nur sie, und sie nie ganz führt.“ (GS 4,432)
Schöpferische Dimension der Sprache
„Die Sprache ist daher, wenn nicht überhaupt, doch wenigstens das Mittel, durch welches der
Mensch zugleich sich selbst und die Welt bildet oder vielmehr seiner dadurch bewußt wird,
daß er eine Welt von sich abscheidet.“ (Der Briefwechsel zwischen Friedrich Schiller und
Wilhelm v. Humboldt, hg. v. S. Seidel, Bd. II, Berlin 1962, S. 207)
Vielfalt der Nationalsprachen und ihre Bedrohung
„Die Sprache ist gleichsam die äusserliche Erscheinung des Geistes der Völker; ihre Sprache
ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache; man kann sich beide nie identisch genug denken.“
(III, 415)
„da in der Welt sich offenbarende Geist durch keine gegebene Menge von Ansichten
erschöpfend erkannt werden kann, sondern jede neue [Sprache] immer etwas Neues entdeckt,
so wäre es vielmehr gut, die verschiedenen Sprache so sehr zu vervielfältigen (!), als immer
die Zahl der Erdboden bewohnenden Menschen erlaubt.“ (GS 3,167f)
„alle einzelnen geselligen Bestrebungen waren bei den Alten noch nicht so geschieden, als bei
uns; sie konnten, was sie besassen, viel weniger ohne den Geist mittheilen, der es geschaffen
hatte. Weil sich diese jetzt bei uns durchaus anders verhält und eine unserer eignen
Civilisation liegende Gewalt uns immer bestimmter in diese Richtung forttreibt, so
bekommen unter unserem Einfluß die Völker eine viel gleichförmigerer Gestalt, und die
Ausbildung der originellen Volkseigenthümlichkeit wird oft, auch da, wo sie vielleicht statt
gefunden hätte, im Aufkeimen erstickt.“ (III, 402f)
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