Inhalt - Institut für Elektrische Energiewandlung

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Universität
Stuttgart
Institut für Leistungselektronik
und Elektrische Antriebe
Abt. Elektrische Energiewandlung
Prof. Dr.-Ing. N. Parspour
Inhalt 4
Halbleiterelektronik – Diode ...................................................................................................... 4-1
4.1 Leitungsmechanismus in Halbleitern .................................................................................. 4-1
4.1.1
Kristallaufbau ............................................................................................................... 4-1
4.1.2
Eigenleitung in Halbleitern .......................................................................................... 4-2
4.1.3
Dotierung ..................................................................................................................... 4-2
4.2 Halbleiterdiode .................................................................................................................... 4-4
4.2.1
Der stromlose p-n-Übergang........................................................................................ 4-4
4.2.2
Stromdurchflossener p-n-Übergang ............................................................................. 4-5
4.2.3
Die ideale Diodenkennlinie.......................................................................................... 4-7
4.2.4
Die reale Diodenkennlinie ........................................................................................... 4-7
4.2.5
Die linearisierte Diodenkennlinie .............................................................................. 4-14
4.2.6
Bauarten von Dioden ................................................................................................. 4-15
4-1
4
Halbleiterelektronik – Diode
4.1
Leitungsmechanismus in Halbleitern
4.1.1
Kristallaufbau
Die technisch wichtigsten Halbleiter bestehen aus Elementen der vierten Hauptgruppe des
Periodensystems (Silizium, Germanium). Diese Stoffe haben in Reinform eine Kristallstruktur. Sie
sind wie ein Diamantgitter tetraederförmig aufgebaut.
Bild 4.1 Gitterstruktur eines Diamantkristalls
Zur vereinfachten Darstellung des Leitungsmechanismus in Halbleitern ist es sinnvoll, das Gitter in
eine Ebene zu projizieren.
Bild 4.2 Projektion der Diamantstruktur in eine Ebene
Reine Halbleiter sind bei tiefen Temperaturen elektrisch nichtleitend. Alle Außen-Elektronen sind an
der kovalenten chemischen Bindung beteiligt und daher in der Kristallstruktur unbeweglich. Sie
befinden
sich
energetisch
im sogenannten
Valenzband
(vergleichbar
mit
der
äußeren
Elektronenschale eines Atoms). In technischen Anwendungen bestehen die weitaus meisten
Halbleiter aus Silizium (höhere Temperatur- und Spannungsfestigkeit gegenüber Germanium).
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-2
4.1.2
Eigenleitung in Halbleitern
Bei höheren Temperaturen werden durch die thermische Bewegung einzelne Elektronen aus dem
Valenzband in das energetisch gesehen nächsthöhere (Energie)band, das sogenannte Leitungsband,
gehoben. Das Leitungsband entspricht der nächsten energetischen Stufe oberhalb der äußeren
Elektronenschale eines Atoms. Dadurch entstehen frei bewegliche Elektronen im Leitungsband, die
eine elektrische Leitfähigkeit des Kristalls bewirken. Parallel zu diesen frei beweglichen Elektronen
im Leitungsband entstehen Fehlstellen im Valenzband, die ebenfalls zur elektrischen Leitfähigkeit
des Kristalls beitragen.
In einem Halbleiter liegen parallel zwei Leitungsmechanismen vor:
ƒ
Im Leitungsband wandern Elektronen vom Minus- zum Pluspol. Es handelt sich um eine Leitung
durch negative Ladungsträger (n-Leitung)
ƒ
Im Valenzband wandern Fehlstellen (Defektelektronen oder Löcher) vom Plus- zum Minuspol.
Es handelt sich um eine Leitung von „positiven“ Ladungsträgern (p-Leitung).
Im Unterschied zur metallischen Leitung steigt die Leitfähigkeit eines Halbleiters mit der
Temperatur an, da durch die thermische Bewegung zunehmend mehr Elektronen genügend Energie
zugeführt bekommen, um einen Wechsel in das Leitungsband vollziehen zu können. Dieser
Mechanismus wird Eigenleitung genannt.
4.1.3
Dotierung
Als Dotierung bezeichnet man die gezielte Verunreinigung eines Kristalls durch Fremdatome.
Wenn hierzu Elemente aus der fünften Hauptgruppe (P, As oder Sb) benutzt werden, ist eines der
Außenelektronen des Fremdatoms nicht an der Bindung beteiligt (siehe Bild 4.3). Das zusätzliche
freie Elektron bewirkt eine Erhöhung der Leitfähigkeit. Ein solches Fremdatom wird als Donator
(Elektronenspender) bezeichnet, der Halbleiter ist n-dotiert.
Wenn zur Dotierung Elemente der dritten Hauptgruppe (B, Al, Ga oder In) benutzt werden, fehlen
Elektronen im Valenzband, d. h. es werden Defektelektronen erzeugt. Auch das Defektelektron
bewirkt eine Erhöhung der Leitfähigkeit. Ein solches Fremdatom wird als Akzeptor bezeichnet, der
Halbleiter ist p-dotiert (siehe Bild 4.3).
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-3
n-dotierter Halbleiter (Donator grau)
Bild 4.3
p-dotierter Halbleiter (Akzeptor grau)
Dotierungen von Halbleiter
Dotierte Halbleiter weisen daher in einem gewissen Temperaturbereich eine deutlich höhere
Leitfähigkeit als Reinkristalle auf (siehe Bild 4.4). Die Störstellenleitung setzt bei niedrigen
Temperaturen (um 100 K) abhängig von der Konzentration der Donatoren (N-) bzw. Akzeptoren
(N+) ein. In einem mittleren Bereich (etwa 200 – 400 K) befinden sich alle Elektronen der Donatoren
im Leitungsband (Störstellenerschöpfung). Bei sehr hohen Temperaturen nähert sich der spezifische
Widerstand dem der Eigenleitung, da die thermische Bewegung mehr Elektronen und
Defektelektronen freisetzt als durch die Dotierung zur Verfügung gestellt werden.
Bild 4.4
Spezifischer Widerstand ρ von undotiertem und n-dotiertem Germanium
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-4
4.2
Halbleiterdiode
4.2.1
Der stromlose p-n-Übergang
In technischen Anwendungen werden oft beide Dotierungsarten in unterschiedlichen Bereichen eines
Bauteils verwendet. Bild 4.5 zeigt die einfachste Kombination, den sogenannten p-n-Übergang. Im
Bereich des Übergangs diffundieren die überschüssigen Elektronen aus dem Leitungsband des
n-Bereichs in das energetisch niedrigere Valenzband des p-Bereichs (im Bild 4.5 von rechts nach
links).
Bild 4.5
p-n-Übergang und Diffusionsstrom der Ladungsträger
In größerer Entfernung vom Übergang bleiben die Elektronen und die Defektelektronen erhalten.
Die Strömung der Elektronen im Übergangsbereich, die durch das Streben eines Elektrons von der
n-Seite in das energetisch niedrigere Valenzband der p-Seite zustande kommt, wird Diffusionsstrom
genannt. Die Atome auf der n-Seite, die ein Elektron verloren haben, sind nach dem Verlust des
Elektrons elektrisch positiv geladen. Gleichzeitig sind die Atome, die auf der p-Seite ein Elektron
erhalten haben, elektrisch negativ geladen. Dadurch entstehen im Kristall zwei Bereiche mit
unterschiedlichen Ladungen (Raumladungszone). Es entsteht ein elektrisches Feld, welches im
Bild 4.5 von rechts nach links gerichtet ist. Durch das elektrische Feld entsteht dann eine elektrische
Spannung zwischen den beiden Raumladungszonen, die so gerichtet ist, dass eine weitere
Wanderung der Elektronen von der n-Seite zur p-Seite verhindert wird.
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-5
Der Bereich des p-n-Übergangs wird als Sperrschicht bezeichnet, da er praktisch frei von
beweglichen Ladungsträgern ist. Die Breite der Sperrschicht wird im (äußerlich) stromlosen Zustand
hauptsächlich durch die Konzentration der Ladungsträger, d. h. durch die Dotierung bestimmt.
Die Spannungsdifferenz zwischen n- und p-Gebiet wird als Diffusionsspannung UD bezeichnet. Sie
hängt vom Material (Energiedifferenz zwischen Valenz- und Leitungsband) und von der
Konzentration der Dotierung ab. Die Diffusionsspannung beträgt bei
ƒ
Silizium:
UD ≈ 0,6 - 0,7 V
ƒ
Germanium:
UD ≈ 0,2 - 0,3 V
ƒ
III-V-Halbleitern (z. B. GaAs):
UD ≈ 1,4 - 2,9 V
4.2.2
Stromdurchflossener p-n-Übergang
Wenn eine äußere Spannung an den p-n-Übergang angelegt wird, verändern sich die
Konzentrationen der Ladungsträger, da vom Minuspol Elektronen nachgeschoben werden und vom
Pluspol Elektronen abgesaugt werden. Die unterschiedliche Konzentration der Ladungsträger
bewirkt einen Diffusionsstrom im p-n-Übergang.
Bei Anlegen einer positiven Spannung zwischen der p-Schicht und der n-Schicht erhöht sich die
Konzentration der Ladungsträger und die Breite der Sperrschicht verringert sich. Der Strom steigt
exponentiell mit der Spannung an.
Bei Anlegen einer negativen Spannung zwischen der p-Schicht und der n-Schicht verringert sich die
Konzentration der Ladungsträger und die Breite der Sperrschicht vergrößert sich. Der Strom wird
geringer und nähert sich einem durch Diffusion bestimmten (recht niedrigen) Wert.
Das bedeutet, dass ein p-n-Übergang einen stromabhängigen Widerstand besitzt:
ƒ
für U > 0 wird der Widerstand sehr klein
ƒ
für U < 0 wird der Widerstand sehr groß
Dieses stromrichtungsabhängige Verhalten wird technisch in (Halbleiter-) Dioden genutzt. Die
Strom-Spannungs-Kennlinie (SSK) einer (realen) Diode ist im Bild 4.6 dargestellt.
In der Realität treten noch die folgenden Effekte auf:
ƒ
Der gesamte Halbleiter hat in den Bereichen außerhalb der Diffusionszonen einen ohmschen
Widerstand (Bahnwiderstand). Dadurch steigt mit zunehmendem Diodenstrom I > 0 auch die
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Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-6
Spannung U an der Diode an. Der Widerstand ist von der Dotierungskonzentration und von der
Querschnittsfläche der Diode abhängig; er kann Werte zwischen einigen mΩ und einigen zehn
Ω annehmen.
ƒ
Bei negativen Spannungen fließt zunächst (fast) kein Strom durch die Diode. Jedoch wird ab
einer gewissen negativen Spannung die Feldstärke im Halbleiter so groß, dass durch die Energie
im elektrischen Feld weitere Ladungsträger freigesetzt werden. Der Strom in negativer Richtung
steigt somit stark an. Die aufgrund der entstehenden Verluste einsetzende Erwärmung bedingt
eine weitere thermisch bedingte Freisetzung von Ladungsträgern. Der Vorgang wird als
(Lawinen-) Durchbruch bezeichnet. Die Spannung an der Diode ist bei diesem Vorgang nahezu
konstant. Sie wird als Durchbruchs- oder Zener-Spannung UZ bezeichnet. UZ hängt hauptsächlich
von der Dotierungskonzentration ab: niedrige Dotierung bedeutet hohe Durchbruchsspannung
und umgekehrt. Der Durchbruch ist reversibel, solange es nicht zu einer thermischen Überlastung
der Diode kommt.
Bild 4.6
Strom-Spannungs-Kennlinie (SSK) einer realen Diode
Der Aufbau einer Diode ist im Bild 4.7 schematisch dargestellt.
Bild 4.7 Aufbau einer Diode (schematisch)
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-7
Die Diode bekommt ein eigenes Schaltsymbol (siehe Bild 4.8). Die beiden Anschlüsse werden als
Anode (A) und Kathode (K) bezeichnet.
4.2.3
Die ideale Diodenkennlinie
Für eine grobe Analyse und Synthese von elektrischen Schaltungen ist es meist nicht erforderlich, die
in Bild 4.6 dargestellte (reale) Kennlinie zu berücksichtigen. Oft genügt es, eine „ideale“ Diode zu
betrachten (siehe Bild 4.8).
I
A
Bild 4.8
Ideale Diode –
K
UAK
Kennlinie (links) und
Schaltsymbol (Mitte)
Die ideale Diode ist durch die im Bild 4.8 dargestellte Strom-Spannungs-Kennlinie gekennzeichnet.
Es gelten folgende Zusammenhänge:
ƒ
UAK = 0
für
I>0
ƒ
I=0
für
UAK < 0
Sowohl für die reale als auch für die ideale Diode werden dieselben Schaltsymbole verwendet. Die
ideale Diode repräsentiert einen elektrisch gesteuerten Schalter. Der Schalter leitet, wenn die
angelegte Spannung zwischen Anode und Kathode positiv ist, und sperrt, wenn die Spannung
zwischen Anode und Kathode negativ ist.
4.2.4
Die reale Diodenkennlinie
Für eine genaue Berechnung von elektrischen Schaltungen muss mit der im Bild 4.6 dargestellten
realen Diodenkennlinie gearbeitet werden. Da die reale Diodenkennlinie eine nichtlineare Kennlinie
ist, wird an dieser Stelle eine kurze Einführung im Umgang mit nichtlinearen Elementen in
elektrischen Schaltungen gegeben.
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-8
4.2.4.1 Nichtlineare Bauelemente und Netzwerke
Viele Materialien und elektronische Bauelemente weisen ein nichtlineares Verhalten in ihrer StromSpannungs-Kennlinie auf, welches sich durch einen nichtlinearen Zusammenhang der physikalischen
Größen bemerkbar macht.
Im Beispiel der hier vorgestellten Halbleiterdiode ist der Zusammenhang zwischen Diodenstrom und
Spannung an der Diode nichtlinear.
Weitere wichtige Typen von nichtlinearen elektrischen Bauelementen sind:
ƒ
Heißleiter (z. B. Thermistor)
ƒ
Kaltleiter (z. B. Glühlampe)
ƒ
Halbleiter (z. B. Diode, Transistor)
Im Bild 4.9 sind die Strom-Spannungs-Kennlinien von einigen nichtlinearen Bauelementen
dargestellt. Im Gegensatz zu einer linearen Strom-Spannungs-Kennlinie, bei der der Wert des
Widerstands R (Steigung der Kennlinie) konstant ist, ändert sich bei nicht linearen StromSpannungs-Kennlinien der Widerstandswert in jedem Punkt der Kennlinie. Bei nichtlinearen
Kennlinien ist es daher sinnvoll zwei Widerstände zu definieren:
1.
Statischer Widerstand:
Er bezieht sich auf den Wert des Widerstands in einem jeden Punkt der Strom-SpannungsKennlinie.
2.
Differentieller Widerstand:
Er entspricht dem Wert des Widerstands der einem kleinen Arbeitsbereich auf der Kennlinie
zugeordnet ist (Steigung der Tangente bzw. Sekante).
Im nachfolgenden Bild 4.9 sind einige Strom-Spannungs-Kennlinien von elektrotechnischen
Bauelementen abgebildet.
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-9
a) Widerstände:
b) Diode
1 linearer (ohmscher) Widerrstand
2 Glühlampe
3 Thermistor
c) Eingangskennlinie eines
Bipolartransistors
d) Ausgangskennlinie eines
Bipolartransistors
Bild 4.9 Strom-Spannungs-Kennlinien einiger Bauelemente der Elektrotechnik
Zur genaueren Erklärung der oben eingeführten Widerstände betrachten wir die Kennlinie aus dem
nachfolgenden Bild 4.10.
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-10
I[A]
U A = l UA ⋅ m U
A
∆I
IA
I A = lIA ⋅ m I
[m U ] =
V
cm
[m I ] =
A
cm
α
β
∆U
U[V]
UA
Bild 4.10
Statischer und differentieller Widerstand
ƒ Der statische Widerstand im Punkt A wird definiert als:
RS =
U A m U ⋅ l UA
l
=
= m R UA = m R ⋅ tan α
IA
m I ⋅ l IA
l IA
(4.1)
mU, mI und mR sind die Maßstäbe für die Spannung, den Strom und den Widerstand (z. B.
mU =
1V
). Der Winkel α ist der Winkel zwischen der Strom-Achse und der Gerade, die den Punkt
cm
A auf der I-U-Kennlinie mit dem Koordinatenursprung (Koordinatenanfangspunkt) verbindet.
ƒ Der differentielle bzw. dynamische Widerstand im Punkt A wird definiert als:
Rd =
dU
∆U
= lim
= m R ⋅ tan β
I
0
∆
→
dI
∆I
(4.2)
Er entspricht der Ableitung der Spannung nach dem Strom im Punkt A (Tangente im Punkt A). Der
Winkel β liegt zwischen der Tangente zur I-U-Kennlinie im Punkt A und der Stromachse. Für die im
Bild 4.10 gegebene Kennlinie ist der Winkel β kleiner als der Winkel α, so dass in diesem Beispiel
der dynamische Widerstand im Punkt A auch kleiner als der statische Widerstand im Punkt A ist.
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-11
Anmerkung 1: Im Gegensatz zum statischen Widerstand, der positiv oder gleich Null sein kann, kann
der dynamische Widerstand positiv, negativ oder gleich Null sein.
Anmerkung 2: In einem linearen Element ist der dynamische Widerstand gleich dem statischen
Widerstand.
Häufig wird bei grafischen Lösungen die Tangente durch eine Sekante ersetzt:
Rd =
dU ∆U
≈
dI
∆I
(4.3)
4.2.4.2 Berechnung von nichtlinearen Netzwerken
Ein Netzwerk, das mindestens einen nichtlinearen Widerstand enthält, wird als nichtlineares Netzwerk definiert. Für die Berechnung von nichtlinearen Netzwerken werden die Kirchhoffschen Gesetze (Knoten- bzw. Maschenregel), das Ohmsche Gesetz und alle Rechenverfahren mit Ausnahme
vom Überlagerungssatz (!) angewendet. Um die gesuchten Werte für Spannungen und Ströme zu
ermitteln, gibt es die Möglichkeit sowohl grafische als auch analytische Methoden zu benutzen.
Grafische Methode:
Zur Erläuterung der grafischen Lösung wird das nichtlineare Netzwerk aus dem Bild 4.11 (rechts)
betrachtet. Dieses Netzwerk besteht aus der Reihenschaltung eines linearen Widerstands RL und
eines nichtlinearen Widerstands RN. Die Kennlinie des nichtlinearen Widerstands ist im linken Teil
von Bild 4.11 dargestellt.
IN
I
RL
UL
RN
UN
Uq
UN
a) Schaltung
Bild 4.11
b) Kennlinie des nichtlinearen Bauelements RN
Schaltung mit einem linearen (RL) und einem nichtlinearen Widerstand (RN)
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-12
Folgende Daten seien bekannt:
Spannung Uq, der Wert des linearen Widerstands RL und die Strom-Spannungskennlinie des
nichtlinearen Widerstandes IN = f(UN).
Zu ermitteln sind:
Der Strom I und die Spannungen UL und UN.
Es gibt einige grafische Ansätze, die zum selben Ergebnis führen. Hier wird eine Methode erläutert,
die als „Methode der Ersatzspannungsquelle zur Lösung des nichtlinearen Netzwerks“ bezeichnet
wird. Die Bezeichnung impliziert die Voraussetzung, dass ein Netzwerk mit einem nichtlinearen
Element als eine Ersatzspannungsquelle (bzw. Ersatzstromquelle) zusammengefasst werden kann,
die das nichtlineare Element als „Verbraucher“ hat.
Zuerst werden sinnvolle Maßstäbe mI für den Strom I und mU für die Spannung U gewählt und die
I-U-Kennlinie des nichtlinearen Widerstands gezeichnet.
I
1
I
IK
'
U12
(I) = UN (I)
''
U12
(I)
Uq
RN
UL
A
IA
UA
Bild 4.12
Uq
U
RL
UN
U12
2
Ermittlung des Stroms I nach der Methode der Ersatzspannungsquelle
In der Schaltung wird dann die Spannungsquelle Uq zusammen mit dem linearen Widerstand RL als
eine reale Spannungsquelle betrachtet. Für die Klemmenspannung U12 folgen aus der Maschenregel
zwei Gleichungen:
1.
Spannungsabfall am Widerstand RN (gegeben durch die nichtlineare Kennlinie im Bild 4.11)
'
U12
= U N ( I)
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
(4.4)
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-13
2.
Die Spannung an den Klemmen der realen Spannungsquelle:
''
U12
= Uq − R 1 ⋅ I
(4.5)
Diese Spannung ist durch die Gerade im Bild 4.12 gegeben.
Die grafische Lösung der Aufgabe ist der Schnittpunkt der beiden Kurven. Denn nur in dem
Schnittpunkt gilt:
'
''
U12 = U12
= U12
(4.6)
Im Punkt A ist die Gleichung (4.6) erfüllt. Die gesuchten Werte für den Strom und die Spannung
können dann aus dem Diagramm abgelesen werden. Bei Betrieb der Schaltung an der Spannung Uq
stellt ein Betriebszustand entsprechend Punk A ein. Er wird daher als Arbeitspunkt (AP) bezeichnet.
Analytische Methode:
Für kleine Änderungen innerhalb eines Arbeitsbereichs bzw. um einen Arbeitspunkt des
nichtlinearen Widerstandes wird die Strom-Spannungskennlinie um diesen Arbeitspunkt linearisiert.
Gegeben sei wiederum die Strom-Spannungskennlinie des nichtlinearen Widerstandes (siehe
Bild 4.13 a), sowie der Arbeitspunkt „A“ bzw. der Arbeitsbereich (siehe Bild 4.13 b).
Bild 4.13
Zur Ermittlung der Ersatzspannung US und des differentiellen Widerstandes Rd
Die I-U-Kennlinie wird durch die Sekante „S“ um den Punkt „A“, die im Spannungsbereich ∆U gut
mit der I-U-Kennlinie übereinstimmt, ersetzt. Das nichtlineare Element wird innerhalb des
definierten Arbeitsbereichs durch die lineare Gleichung der Sekante beschrieben. Die Gleichung
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-14
dieser Sekante im I-U-Kennlinienfeld ist eine Geradengleichung, die wie folgt beschrieben werden
kann:
U = US + R d ⋅ I
(4.7)
Diese Gleichung beschreibt den Zusammenhang zwischen der Klemmenspannung U und dem
Klemmenstrom I einer Schaltung, die aus einem Widerstand Rd und einer Spannungsquelle Us
besteht. Dieser Zusammenhang ist durch das lineare Ersatzschaltbild im Bild 4.13 c wiedergegeben.
Die unbekannten Werte für Rd und Us werden wie folgt bestimmt:
Nach der Definition ist Rd der differentielle Widerstand im Arbeitspunkt A:
Rd =
∆U U2 − U1
=
∆I
I2 − I1
(4.8)
Die Spannung Us ergibt sich z. B. für den Punkt U1 und I1, der im Arbeitsbereich liegt, aus
Gleichung (4.7) zu:
U S = U1 − R d ⋅ I1
4.2.5
(4.9)
Die linearisierte Diodenkennlinie
Wird die Diodenkennlinie in Durchlassrichtung um einen Arbeitspunkt linearisiert, so ergibt sich das
elektrische Ersatzschaltbild, welches im Bild 4.13 bereits angegeben ist. In diesem Ersatzschaltbild
beschreiben der Widerstand Rd und die Spannungsquelle Us die linearisierte Kennlinie.
Die in Reihe zu Rd und Us geschaltete ideale Diode (mit der Kennlinie entsprechend Bild 4.8)
begrenzt die Linearisierung auf den ersten Quadranten, der Durchlassrichtung, der Diode.
Anmerkung 3: In der Praxis ist der nach der Linearisierung ermittelte Wert der Spannung Us in der
Größenordnung der Diffusionsspannung der Diode: US ≈ UD , sodass das Ersatzschaltbild gemäß
Bild 4.11 das Verhalten der Diode sehr gut beschreibt. Damit die ideale Diode im Bild 4.14 leitend
wird, muss die Spannung an dieser positiv werden. Dies wird erst dann möglich, wenn die Spannung
zwischen Anode und Kathode der realen Diode den Wert der Diffusionsspannung übersteigt.
Einführung in die Elektrotechnik Teil II
Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-15
Bild 4.14
4.2.6
Linearisierte Diodenkennlinie
Bauarten von Dioden
Dioden werden für die verschiedensten Anwendungen gebaut:
ƒ
In der Signalelektronik müssen Dioden vor allem schnell schalten. Sie sind daher relativ klein
und weisen geringe Kapazitäten und Diffusionswege auf. Der Durchlassstrom liegt bei einigen
10 mA. Die Grenzfrequenzen liegen im GHz-Bereich.
ƒ
In der Energietechnik müssen Dioden große Ströme und Spannungen schalten Sie sind daher
deutlich größer. Der Durchlassstrom solcher Leistungsdioden liegt zwischen 1 A und einigen kA.
ƒ
In einigen Dioden wird der Effekt genutzt, dass die Durchbruchspannung nahezu unabhängig
vom Strom ist (Durchbruchspannung nahezu konstant). Diese Dioden nennt man Zenerdioden.
Sie werden z. B. zur Spannungsstabilisierung eingesetzt.
Bild 4.15
Zenerdiode als Konstantspannungsquelle (idealisiert)
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Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-16
ƒ
Im p-n-Übergang entstehen Sprünge der Elektronen vom Valenz- in das Leitungsband und
umgekehrt. Dies wird in Leuchtdioden (LED) zur Emission von Licht. Die Wellenlänge kann aus
der für den Sprung vom Valenz- in das Leitungsband notwendigen Energie W abgeschätzt
werden (mit UD: Diffusionsspannung, e+: Elementarladung, h: Planck’sches Wirkungsquantum,
f: Frequenz, c: Lichtgeschwindigkeit und λ: Wellenlänge):
W = U D ⋅ e+ = h ⋅ f = h ⋅
c
λ
(4.10)
Für LEDs werden Halbleiter aus III-V-Elementen (z. B. GaAs) genutzt, die eine höhere
Diffusionsspannung (etwa 2 V) aufweisen und damit sichtbares Licht erzeugen. LEDs erzeugen
monochromatisches Licht. „Weiße“ LEDs können durch die Mischung der Farben mehrerer
LEDs (Multi-LED) oder durch die Mischung der Lichtstrahlungen einer Blau- und einer UVLED mit gelber Photoluminenszenz-Schicht gebaut werden. LEDs weisen einen höheren
Wirkungsgrad und eine höhere Lebensdauer als herkömmliche Glühlampen auf. Sie werden als
Anzeigeelemente und zunehmend auch als Leuchtmittel eingesetzt.
ƒ
Umgekehrt kann auch Lichtenergie in elektrische Energie umgewandelt werden. Eine solche
Diode wird als Solarzelle bezeichnet.
ƒ
Die Sperrschicht von Dioden weist eine Kapazität auf, die durch die Sperrschichtbreite bestimmt
wird. Durch Variation der Sperrspannung kann die Sperrschichtbreite und somit die Kapazität
des p-n-Übergangs variiert werden. Dioden bei denen dieser Effekt genutzt wird bezeichnet man
als Kapazitätsdioden.
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Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
4-17
Dioden für signalelektronische Anwendungen.
Stromtragfähigkeit bis 1 A.
(Infineon)
L
Länge L = 80 mm
D
Brückengleichrichter aus 6 Dioden zur Gleichrichtung von
Drehstrom aus dem 0,4 kV Drehstromnetz.
(Infineon)
Höchstleistungsdiode.
6 kV / 3 kA
Durchmesser D = 200 mm
Anwendung in Bahnantrieben.
(eupec)
LED-Kfz-Rücklicht
(Audi)
Solarzellen
(RWE Schott)
Bild 4.16 Bauformen von Dioden für verschiedene Anwendungen
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Kapitel 4: Halbleiterelektronik – Diode
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