Interpretative Ansätze 187 Ausgangspunkt – Historische Wurzeln Wertewandel - Diskussion (materialistische postmaterialistische Werte) Kritik am situativen Ansatz und an der „technokratischen Unternehmensführung“ Einfluss der Ethnologie (Völkerkunde) und Kulturanthropologie (Erforschung der Eigenart von Kulturen) Unternehmen sollen nicht länger als rationale Gebilde (intendiert oder faktisch) betrachtet werden, sondern als Lebens-/ Deutungsgemeinschaften. 188 Begriff der Unternehmenskultur Deal/Kennedy: „ The way we do the things around here“ = Abstellen auf sichtbare Elemente Hofstede: Kollektive mentale Programmierung = Abstellen auf nicht beobachtbare Elemente Schein: Gemeinsamer Bestand an Verhaltensweisen, Werten und Normen sowie Basisannahmen 189 Kulturebenen und ihr Zusammenhang Verhaltensweisen und -ergebnisse Analyserichtung Beeinflussungsrichtung Sprache, Rituale, Kleidung, Umgangsformen usw. Werte und Normen sichtbar, aber interpretationsbeddürftig teils sichtbar, Maximen, "Ideologien", Ver- teils unbewusst haltensrichtilinien, Verbote Basis - Annahmen über: Umweltbezug Welt Wesen des Menschen unsichtbar, meist unbewusst Wesen menschlicher Handlungen Wesen menschlicher Beziehungen Quelle: nach Schein, E.H.: Coming to a new awareness fo organizational culture, in: Sloan Management Review, 25. Jg., Heft 2 190 Abgrenzung zum Organisationalen Lernen und zur Unternehmensethik Unternehmenskultur: untersucht die empirisch vorgefundenen Werte, Normen und Verhaltensweisen Organisationales Lernen: Beschränkt sich auf die gemeinsamen kognitiven Strukturen, die sich in Regeln und Routinen niederschlagen Unternehmensethik (abweichend vom angelsächsischen Gebrauch!): befasst sich mit der Begründung von Normen 191 Theoretische Grundlagen (1) Methodologischer Holismus /Systemtheorie Radikaler Konstruktivismus ( Dies ist der Ansatz der in Kieser, A. (2001) Konstruktivistische Ansätze, In: Kieser (Hrsg.): Organisationstheorien, 4. Aufl., S. 287 – 318, gewählt wurde. Methodologischer Individualismus Dieser Ansatz wird hier gewählt. Beide Ansätze greifen aber auf den „Symbolischen Interaktionismus“ zurück. 192 Der symbolische Interaktionismus Thomas – Theorem: „Wenn Menschen Situationen als real definieren, sind sie in ihren Konsequenzen real“. Watzlawick: Geschichte mit dem Hammer Unbeabsichtigte Nebenwirkungen George Herbert Mead: Fragt nach dem Entstehen der Situationsdefinitionen Person ist zugleich Subjekt und Objekt ihres Denkens Unterscheidung „I“, „me“, „self“ und „generalized other“ soziale Ordnung ist eine kommunikativ erzeugte Ordnung, die auf den „generalized other“ zurückgeführt wird Herbert Blumer: Menschen handeln auf der Grundlage von Bedeutungen von Dingen ihrer Umwelt Die Bedeutung der Dinge konstituiert sich in sozialer Interaktion Sie kann durch Interpretationen, die in den Interaktionen entstehen, verändert werden 193 Perspektivenwandel und die Konsequenzen Prozess des Perspektivenwandels, der nicht nur für die Objekte der wissenschaftlichen Analyse gilt, sondern als Erkenntnisprinzip für die Sozialforschung anerkannt wird = Paradigmenwechsel theoretische Konsequenz Doppelte Hermeneutik“ (Anthony Giddens): Beobachterperspektive und Teilnehmerperspektive müssen aufeinander bezogen werden Gegenposition zu deterministischen Konzepten wie die situativen und ökonomischen Ansätze Statt S R Nun S O R forschungsmethodische Konsequenz: interpretative, qualitative Methoden, z.B. narrative Interviews, teilnehmende Beobachtung 194 Ausprägungen von Konzepten der Unternehmenskultur Quelle: In Anlehnung an Smircich, L: Concepts for Culture and Organizational Analysis, in: Administrative Science Quarterly 1983, 28. Jg., S. 343 ff. 195 Kultur als Variable Diese Ansätze gehören eigentlich nicht zum „interpretativen Paradigma“, sondern sind eher erweiterte Varianten des situativen Ansatzes mit „Kultur“ als einem weiteren situativen Faktor. Kultur als externe Einflussgrösse: „Cross Cultural Management“ (Hofstede 1980) Kultur als interne Einflussgrösse: (Peters/Waterman 1982) Merkmale einer starken Unternehmenskultur: Primat des Handelns Nähe zum Kunden Freiraum für Unternehmertum Produktivität durch Menschen Sichtbar gelebtes Wertsystem Bindung an das angestammte Geschäft Einfacher, flexibler Aufbau Straff – lockere Führung 196 Eine Organisation ist eine Kultur = interpretatives Paradigma „Gärtner“ – Ansatz „Autonomie“ oder diskursiver - Ansatz 197 Ansätze die Organisationen als kulturelle Systeme sehen, orientieren sich am sog. interpretativen Paradigma der Sozialwissenschaften (vgl. Osterloh 1993). Gemäss Ebers (1985) lässt sich bezüglich diesen Ansätzen von einem Paradigmenwechsel sprechen, weil sie von grundlegend anderen, wissenschaftstheoretischen Prämissen ausgehen als bisherige Theorien der Organisation. VertreterInnen des interpretativen Paradigmas gehen nicht von der Annahme aus, dass die Welt objektiv gegeben und messbar ist. Die Realität wird vielmehr als ein Prozess sozialer Konstruktion von Bedeutung betrachtet. Das Interesse dieses Forschungsstrangs richtet sich erstens auf die Interpretationsschemata (subjektiv gemeinter Sinn) der Akteure in Organisationen, zweitens auf die sozialen Interaktionen bzw. Prozesse, in denen diese Weltbilder konstruiert werden und drittens auf die Sinnstrukturen, die den Handlungen meist unbewusst zu Grunde liegen. Deshalb unterscheidet sich auch die empirische Forschung dieser Ansätze deutlich von Forschungsweisen des kritischen Rationalismus und orientiert sich an interpretativen Methoden, die oft qualitativ sind. Vernachlässigung objektiver Restriktionen Wenig Einbeziehung der empirischen Psychologie 198 Ausprägungen von Konzepten der Unternehmensethik Non-kognitivistische Ethiken Betrachten Normen als hypothetische Konstrukte, deren Konsequenzen untersucht werden können (Werturteilsfreiheit) Relativistische Ethiken Normen sind gültig, wenn sie der moralischen Tradition einer Gesellschaft entsprechen. Ethische Konflike zwischen verschiedenen Traditionen können nicht gelöst werden. Kognitivistische Ethiken Durch den Gebrauch der Vernunft kann man zu begründbaren, allgemeinverbindlichen Normen gelangen 199 Beurteilung und Grenzen der interpretativen Ansätze Kognitivistische Ethiken können sein Inhaltsethiken ( teleologische Ethiken), z.B. 10 Gebote Utilitarismus („grösstes Glück der grössten Zahl“) Prozessethiken, (deontologische Ethiken) z.B. Kategorischer Imperativ von Kant („handele so, dass die Maxime deines Handelns zum allgemeinen Gesetz werden könnte“) Diskursethik (Apel, Habermas)(„zwangloser Zwang des besseren Arguments“ als regulative Idee) 200 Begriffsmerkmale der diskursiven Unternehmensethik nach Steinmann/Löhr Gegenstand: Normen Normen sind Aufforderungen, in bestimmten Situationen bestimmte Handlungen auszuführen oder zu unterbinden. Basis: Gute Gründe Die Normen sind nicht beliebig, sondern für sie müssen gute Gründe geltend gemacht werden können. Verfahren: Dialog Was gute Gründe sind, muss in einem Prozess der friedlichen, dialogischen Verständigung festgestellt werden, der sachverständig (Argumentation statt Unwissen), unvoreingenommen (Argumentation statt Tradition), nichtpersuasiv (Argumentation statt Appell) und machtfrei (Argumentation statt Macht) sein soll. Wirkung: Beschränkung des Gewinnstrebens in ethischen Konfliktsituationen Bindungsform: Selbstverpflichtung Das heisst, nicht alles was rechtlich erlaubt ist, ist auch ethisch geboten. Ansatzpunkt: Unternehmenszweck 201 Begriffsmerkmale der Wirtschaftsethik nach Homann = nonkognitivistische Ethik - „Der systematische Ort der Moral in der modernen Wirtschaft ist die Rahmenordnung“ - Diese ist auf den faktischen Konsens unter dem „Schleier der Unwissenheit“ gegründet. - Die Rahmenordnung muss dem „h-o-Test“ (h-o= homo oeconomicus) standhalten Kritik: Der h-o-Test schafft eine sich selbst erfüllende Prophezeiung 202