Pressemitteilung - the Leibniz Institute on Aging

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Information für die Presse
19.01.2010
Alzheimer-Plaques:
Vermächtnis sterbender Zellen?
Vorstand
Prof. Dr. Peter Herrlich
Wissenschaftlicher Direktor, Sprecher
Dr. Daniele Barthel
Administrativer Vorstand
Die altersbedingte Demenz, insbesondere Alzheimer, nimmt weiterhin
rasant in der Bevölkerung zu. Als Krankheitsursache wird die
Verklumpung von Eiweißen zu Amyloidplaques angesehen, die sich im
Endstadium außerhalb der Zellen ablagern. Solche Plaque-Ablagerungen
sind in den Gehirnen von Alzheimer-Patienten zu finden. Bisher war der
Entstehungsweg der Plaques innerhalb oder außerhalb der Zellen völlig
unbekannt. Am Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-LipmannInstitut in Jena konnte erstmalig gezeigt werden, dass die
plaquebildenden Eiweiße von lebenden Zellen aufgenommen werden, im
Zellinneren verklumpen und nach dem Zelltod als Plaques abgelagert
werden.
Pressekontakt
Dr. Eberhard Fritz
Tel.: +49 (0)3641 – 65-6333
Fax: +49 (0)3641 – 65-6335
mail: [email protected]
Anschrift
Beutenberg Campus
Beutenbergstr. 11
07745 Jena
Internet
www.fli-leibniz.de
Die Demenz (lat. dementia: „ohne Geist“) ist auf Erkrankungen des Gehirns zurückzuführen. Sie
äußert sich durch einen stetig zunehmenden Zerfall intellektueller Fähigkeiten wie Gedächtnis,
Lernfähigkeit, Orientierung und Sprache. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Ursache für
Demenz und betrifft hauptsächlich ältere Menschen. Neben den für 2010 weltweit geschätzten 35
Millionen Patienten werden auch deren Pfleger, Familien und Freunde sowie die
Gesundheitssysteme beeinträchtigt.
Als Auslöser der Alzheimer-Demenz werden kurze Eiweißmoleküle angesehen, sogenannte Abeta-Peptide, die im Gehirn von verschiedenen Zellen produziert werden können. Auf bisher
unbekannte Weise schädigen die A-beta-Peptide die Nervenzellen, vermutlich wegen ihrer starken
Tendenz, sich zusammenzulagern: Nach massiver Anhäufung und Verkettung zu langen A-betaFibrillen verklumpen diese schließlich zu sogenannten Plaques. Letztere sind dann außerhalb der
Zellen im Gehirn von Alzheimer-Patienten erkennbar. Findet diese Anhäufung, Verkettung und
Verklumpung nur außerhalb der Nervenzellen und der sie umgebenden Gewebezellen statt? Sind
die Zellen im Gehirn überhaupt direkt daran beteiligt?
Zur Beantwortung dieser Fragen wurden am Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-LipmannInstitut (FLI) in Jena Zellen in Kulturschalen mit biotechnologisch hergestelltem A-beta-Peptid
zusammengebracht. „Bereits im Lichtmikroskop konnten wir gut erkennen, dass typische
Alzheimer-Plaques nur entstehen, wenn lebende Zellen anwesend sind“, so Dr. Marcus Fändrich,
Leiter und Initiator der Studie am FLI. Somit konnte erstmals die direkte Beteiligung lebender
Zellen am Auftreten der Plaques bestätigt werden. Doch nicht nur das. „Kurze A-beta-Peptide
werden zunächst in die lebenden Zellen aufgenommen, vermutlich durch membran-abhängige
Prozesse wie Endozytose oder Phagozytose“, erklärt Dr. Ralf Friedrich, Postdoktorand am FLI und
einer der beiden Erstautoren der jüngst veröffentlichten Studie. In membran-umschlossenen
Reaktionsräumen im Inneren der Zellen, sogenannten Vesikeln, wird das A-beta-Peptid
offensichtlich angehäuft und beginnt, sich zu langen Fibrillen zusammenzulagern.
Im Elektronenmikroskop waren weitere Überraschungen erkennbar: Lange A-beta-Fibrillen können
die Membran der Vesikel durchstoßen und in das Zytoplasma der Zellen eindringen. Der Verdacht
liegt also nahe, dass mit zunehmender Verlängerung und Verklumpung der A-beta-Fibrillen die
Membranen der Vesikel und möglicherweise auch andere Zellstrukturen zerstört werden. „Ob dies
aber unmittelbar zum Absterben der Zellen führt, ist derzeit noch unklar“, so der
Forschungsgruppenleiter Dr. Christoph Kaether. Allerdings werden erst nach dem Absterben der
Zellen die A-beta-Fibrillen als Plaques außen abgelagert, fanden die beteiligten Wissenschaftler.
Die Ergebnisse der Studie wurden in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Neurobiologie in
Magdeburg und dem Elektronenmikroskopischen Zentrum der Friedrich-Schiller-Universität Jena
erzielt. Sie stehen im Einklang mit vielen bisher unerklärbaren Befunden anderer Forschergruppen.
„Unsere Daten führen somit zu einem plausiblen Modell, wie A-beta-Peptide in ihren
verschiedenen Verkettungsstadien lebende Zellen und ihre Kompartimente durchlaufen, diese
aufbrechen und somit am Tod der Zellen beteiligt sein können“, so Fändrich, der seine Forschung
an der Max-Planck-Forschungsstelle in Halle (Saale) weiterführt. „An den kultivierten Zellen
konnten wir somit neue Mechanismen der Plaqueentstehung bei der Alzheimer-Erkrankung
erkennen“. Ob direkt in den Nervenzellen des Gehirns die gleichen Mechanismen ablaufen, ist die
spannende Frage von Experimenten, die derzeit verfolgt werden.
Kontakte:
Prof. Peter Herrlich
Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
Beutenbergstr. 11
D-07745 Jena
Tel. +49 3641 656334
Fax +49 3641 656335
[email protected]
Dr. Marcus Fändrich
Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung
Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg
Weinbergweg 22
D-06120 Halle (Saale)
Tel. +49-345-5524970
Fax +49-345-5527282
[email protected]
Originalveröffentlichung:
Mechanism of amyloid plaque formation suggests an intracellular basis of Aβ pathogenicity.
Ralf P. Friedrich, Katharina Tepper, Raik Rönicke, Malle Soom, Martin Westermann, Klaus
Reymann, Christoph Kaether, Marcus Fändrich.
Proc.Natl.Acad.Sci.USA (online Vorab-Veröffentlichung, 19.01.2010, http://www.pnas.org)
Cytoplasma
Vesikel
Bild:
Elektronenmikroskopische Aufnahme von A-betaPeptiden (gefärbt durch Goldkügelchen, hier
Schwarz), die in Vesikeln kultivierter Zellen
angehäuft sind. Dunkle Bündel von A-betaFibrillen (Pfeile) durchdringen von innen die
Vesikelmembran.
(R.P.Friedrich, FLI)
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