Zwangs- und Zwangsspektrumsstörungen

Werbung
Zwangs- und
Zwangsspektrumsstörungen
Dr. med. Christine Poppe
9. März 2016
Zwangs- und Zwangsspektrumsstörungen Einleitung
•  Repetitive und stereotype Verhaltensweisen als
phänomenologische Gemeinsamkeit
•  Neue Klassifikation im DSM-V
•  Diagnostische Herausforderung
•  Verheimlichungstendenz
•  Differenzialdiagnostik
•  Häufig unzureichende Versorgung
•  Therapieambivalenz seitens der Patienten
•  Patienten suchen anderweitige Hilfe
•  Therapeutischer Nihilismus
DSM-V: Zwangsstörungen und verwandte
Störungen
•  Zwangsstörung
•  Körperdysmorphe Störung
•  Pathologisches Horten
•  Trichotillomanie
•  Dermatillomanie
•  Substanz/ -Medikamenteninduzierte Zwangsstörung und
verwandte Störungen
•  Zwangsstörung und verwandte Störung aufgrund eines anderen
medizinischen Krankheitsfaktors
•  Andere näher bezeichnete Zwangsstörung und verwandte
Störung
•  Andere nicht näher bezeichnete Zwangsstörung und verwandte
Störung
DSM-V: Zwangsstörungen und verwandte
Störungen - Begründung
•  Kardinalsymptome sind repetitive Gedanken und
Verhaltensweisen sowie eine gestörte Verhaltensinhibition
•  Angst nicht als primäre Emotion im Rahmen von
Zwangsstörungen, sondern allenfalls sekundär
•  Überlappung bezüglich Alter bei Beginn, Komorbidität und
familiärer Belastung
•  Beteiligung von benachbarten neuronalen Netzwerken und
Neurotransmittern
•  Ähnliches therapeutisches Vorgehen
Fineberg et al., 2014; Hollander et al., 2007; Stein et al., 2010;
Van Ameringen et al., 2014
Erweitertes Zwangsspektrum
•  Tics und Tourette-Syndrom
•  Repetitive Verhaltensweisen bei Entwicklungsstörungen
(z. B.: Autismus)
•  Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
•  DSM-V Zwangsstörungen und verwandte Störungen
•  Kleptomanie
•  Pathologisches Spielen
•  Binge Eating Störung
•  Suchterkrankungen
Impulsivität und Kompulsivität
Impulsivität
Kompulsivität
•  Unfähigkeit, einem inneren Drang
zu widerstehen
•  Defizite, Belohnungen
aufzuschieben
•  Kurzfristige vor langfristiger
Belohnung, primär angenehm
•  Unüberlegte Entscheidungen
•  Risikoverhalten
•  Handeln ohne Voraussicht
•  Schwierigkeiten, Handeln an sich
verändernde Umstände
anzupassen
•  Ich-synton
•  Persistierende, exzessive und
repetitive Verhaltensweisen
•  Situationsunangebrachtes
Verhalten
•  Einfache und komplexe
Handlungen
•  Motivation, Schaden zu
verhindern
•  Durchführung, fühlt sich
unangenehm an
•  Ego-Dyston
•  z. B.: ADHS, pathologisches
Spielen, Substanzabusus
•  Z. B.: Zwangsstörung
sive
ght,
ive,
nces
(ie,
e or
ften
ghts
eans
r is
dual
nseng is
Dimensionales Modell von Impulsivität und
Zwanghaftigkeit
COMPULSIVITY, IMPULSIVITY, AND THE DSM-5 PROCESS 63
FIGURE 1. Dimensional model of behavior, where compulsive and
impulsive disorders lie on opposite ends of a spectrum. Reproduced from
Hollander E, Poskar S, Gerard A. Subtypes and spectrumHollander,
issues. In:Poskar,
Zohar Gerad, 2012
Spektrumsmodell:
Zwangsspektrumsstörungen zwischen
BERLIN & AngstE. HOLLANDER und Abhängigkeitsstörungen
Berlinbehaviors
et Hollander,
Unique illustration of the spectrum model of psychopathology, where obsessive-compulsive spectrum
act as a2013
bridge betwee
Spektrumsmodell
•  Impulsivität und Zwanghaftigkeit können in einer Störung
vorkommen
•  Impulsives Verhalten kann mit der Zeit gewohnheitsmässig werden
(z. B.: gewohnheitsmässiges Trinken)
•  Impulsives Verhalten kann eingesetzt werden, um Stress zu
reduzieren
•  Fortsetzen von impulsivem Verhalten trotz negativer Konsequenzen
•  Gefühl des Kontrollverlustes
•  Störung der Top-Down Verhaltenshemmung bei Impulsivität und
Zwanghaftigkeit von Bedeutung (OCD, BDD,TTM)
•  Dysfunktion im fronto-cortico-striatalen Regelkreis
•  Definition von Subgruppen
•  Tics bei Zwang: früher Beginn, häufig aggressive u. sexuelle
Zwangsgedanken, Zählzwänge und Horten
•  Familiarität
Berlin et Hollander, 2013, Fineberg et al., 2014; Phililips et al., 2010
OrthogonalesFIGURE
Modell
von ofImpulsivität
und where obsessive-c
2. Unique illustration
the spectrum model of psychopathology,
disorders and substance use and other addictive disorders.
Zwanghaftigkeit
Berlin et Hollander, 2014
FIGURE 3. Unique illustration of an orthogonal grouping of
psychopathology. The orthogonal model plots disorders together according
to their phenotypic compulsivity or impulsivity.
of onse
religiou
compul
Com
sympto
exampl
restrict
with OC
anxiety,
dysmor
Brain
behavio
separate
from sim
in inhib
dysregu
ple com
which
Zwangsspektrumsstörungen –
gemeinsame Faktoren aus klinischer Sicht
• Zwanghaftigkeit
• Impulsivität
• Evolutionspsychologische Perspektive
• Emotionale Vermeidung
• Perfektionismus
• Scham
• Interpersonelle Schwierigkeiten
Perfektionismus - Motivation
Stärkung des Selbstwerts
Selbst-orientiert
Perfektionismus
Anerkennung und
Vermeidung von Kritik
Sozial-verordnet
Erwartungen an andere
Anderen verordnet
Scham – eine Definition
•  Tiefe und schmerzliche, selbstreferentielle Emotion
•  Beurteilung der eigenen Person als grundsätzlich ungenügend
und wertlos
•  Motiviert Vermeidung und Rückzug
•  Beeinträchtigt Funktionsfähigkeit im Alltag
•  Interpersonelle Auswirkungen
•  Abgrenzung zu
•  Schuld:
•  Scham:
•  Peinlichkeit:
negative Beurteilung eines Verhaltens
Angst, negativ beurteilt zu werden
flüchtige Emotion in der Öffentlichkeit
Zwangsspektrum
Störungsbilder
Zwangsstörungen
Videobeispiel
follows: r ! 0.399 (N ! 545, p " 0.001); r ! 0.429 (N ! 448,
p " 0.001); r ! 0.407 (N ! 429, p " 0.001); r ! 0.522,
N ! 405, p " 0.001); r ! 0.607 (N ! 377, p " 0.001); r ! 0.382
(N ! 344, p " 0.001); and r ! 0.484 (N ! 328, p " 0.001).
These correlation-coefficients represent medium to large
effect-sizes.
Figure 2 represents the mean score achieved by indiZürich-Studie:
(Alteronvon
20/21
viduals
with OCD, OCS and1979
OC symptoms
our redefined SCL-90-R OC subscale, compared with community
controls (no evidence of any OC symptoms) over the study
Zwangssymptome - ein häufiges Phänomen
J.) bis 2008 (Alter 49/50 J.)
•  Gewichtete Lebenszeitprävalenz
•  Zwangsstörungen 3,5%
•  Zwangssyndrome 9,7%
•  Zwangssymptome 11,2%
•  Zwangsstörungen häufiger bei Frauen
•  Zwangssyndrome häufiger bei Männern
•  Beginn häufig in Kindheit o. Adoleszenz,
selten nach dem 30. Lj.
Figure 1. Cumulative 1-year rates of OC symptomatology.
•  Männer jünger bei Beginn
•  Keine kulturellen Unterschiede
Fineberg et al. & Angst, 2013
Zwangsstörungen – die heimliche Krankheit
•  60-70% der Betroffenen sucht nie professionelle Hilfe aus
•  Latenzzeit bis zum Aufsuchen einer Fachperson im Schnitt bei
10 Jahren
•  Deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität und Ausbleiben
wesentlicher Entwicklungsschritte
•  33-55% der Betroffenen erhalten in westlichen Ländern keine
störungsspezifische KVT
Metaanalyse: Schwartz et al., 2014
•  Hälfte der Erwachsenen erreicht
innerhalb von 5 Jahren eine Remission
Sharma et al, 2014
Diagnostisches Screening
S3- Leitlinie der AWMF zur Diagnostik
•  Waschen oder putzen Sie sehr viel?
•  Kontrollieren Sie sehr viel?
•  Haben Sie quälende Gedanken, die Sie loswerden möchten aber
nicht können?
•  Brauchen Sie für Alltagstätigkeiten sehr lange?
•  Machen Sie sich Gedanken um Ordnung und Symmetrie?
Hohagen et al., 2015
Differenzierte Diagnostik
S3- Leitlinie der AWMF zur Diagnostik
•  Bei Verdacht
•  Überprüfung der ICD-10 Kriterien
•  Ausschluss somatischer Ursachen
•  Bei Krankheitsbeginn nach 50. LJ. Hirnorganische Abklärung
•  Status und Verlaufsdiagnostik
•  Y-BOCS, HZI
•  Erfassung der Auswirkungen
•  Aktivitäten, Lebensqualität, Teilhabe, interpersonell
•  Einbezug von Angehörigen
Hohagen et al., 2015
Zwangsstörung: ICD-10-Kriterien
Mindestens 2 Wochen lang Zwangsgedanken oder -handlungen,
die als quälend erlebt werden, die normale Aktivität einschränken und
folgende Merkmale aufweisen:
1. Sie müssen als eigene Gedanken oder Impulse für den
Patienten erkennbar sein.
2. Wenigstens einem Gedanken oder einer Handlung muss
wenn auch erfolglos Widerstand geleistet werden, selbst
wenn sich der Patient gegen andere nicht mehr wehrt.
3. Der Gedanke oder die Handlungsausführung dürfen
nicht an sich angenehm sein.
4. Die Gedanken, Vorstellungen oder Impulse müssen sich
in unangemessener Form wiederholen.
Zwangshandlungen (‚compulsions‘)
• Definition
•  Wiederholt auftretende
ursprünglich zweckgerichtete
Verhaltensweisen, die meist in
ritualisierter Form ausgeführt
werden.
•  Sie sollen Anspannung
reduzieren oder ein
befürchtetes Ereignis
verhindern.
Winkelmann et al., 1994
Zwangsgedanken (‚obsessions‘)
• Definition
•  Ideen, Vorstellungen und
Impulse, die sich dem
Betroffenen gegen seinen
Willen aufdrängen
•  Sie werden fast immer als
sinnlos und quälend erlebt.
Winkelmann et al., 1994
Zwangsstörungen –
häufig komplexe Störungsbilder
•  Hohe Komorbidität mit Achse-I Störungen und psychosoziale
Belastung (National Comorbidity Survey Replication Study)
•  Angststörungen
•  Affektive Störungen
•  Impulskontrollstörungen
•  Substanzmissbrauch
75,8 %
63,5 %
55,9 %
38,6 %
Ruscio, Stein et al. 2008
•  Ungünstige Effekte einer schweren Depression auf
Therapieresponse
Fineberg et al., 2013
•  Hohe Komorbidität mit Achse-II (Cluster C)
•  Zwanghafte PS nicht als Voraussetzung
•  Ungünstige Therapieresponse bei schizotyper PS, narzisstischen PS
und Vorhandensein von mehr als 2 PS
Thiel et al., 2014
Kognitiv-behaviorales Modell der Zwangsstörung
Salkovskis et al., 1999
Frühe Erfahrungen
Kritische Ereignisse
(Vulnerabilität für Zwang)
(Auslöser des Zwangs)
Grundannahmen, generelle Überzeugungen
(z.B. Besser sicher als sich sorgen)
Aufdringliche Gedanken, Bilder, Impulse, Zweifel
Neutralisieren
Aufmerksamkeitsfokussierung
(Rituale, Rückversichern,
Argumentieren)
Dysfunktionale
Sicherheitsstrategien
Gedankenunterdrückung,
Vermeidung
Fehlbewertung der Bedeutung
der aufdringlichen Gedanken
(Suche nach Gefahr)
Unbehagen
(Stress, Angst,
Depression)
Zugrundeliegende dysfunktionale
Annahmen und Überzeugungen
• Verantwortlichkeit und Überschätzung von Gefahr
• Perfektionismus und Intoleranz von Unsicherheit
• Bedeutung der Kontrollierbarkeit von Gedanken
Abramowitz et al 2008
Obsessive Compulsive Cognitions Work Group, 2005
Steketee et al 199,
Motivation zur Ausführung von Zwängen
•  Vermeidung von Gefahr
•  Unvollständigkeitsgefühle
•  Beides
Integrative Sicht von Zwangsstörungen unter
Berücksichtigung der Funktionalität
Schutz vor unangenehmen Emotionen
Angst, Wut, Ärger, Schuldgefühle, Versagensängste..
Intrapsychisch
Interpersonell
•  Emotionsregulation
•  Autonomie –
Abhängigkeitskonflikte
•  Einbindung von
Bezugspersonen
•  Nähe und Bindung
•  Konfliktregulation
•  Abgrenzung von den
Anforderungen der Umwelt
•  Zwang als Bestätigung
•  Zwang als Beschäftigung
•  Schutz vor
Verantwortungsübernahme
Hand, 2000;
Psychotherapie
S3- Leitlinie der AWMF zur Behandlung, 2013
•  Bei einer Zwangsstörung soll eine störungsspezifische Kognitive
Verhaltenstherapie (KVT) einschliesslich Exposition und
Reaktionsmanagement als Psychotherapie der ersten Wahl
angeboten werden.
A
Entstehung und Aufrechterhaltung
der Zwangssymptomatik
•  Befürchtung, die Angst würde ins
Unermessliche steigen
Angst / Anspannung
•  Zwanghaftes Verhalten/Flucht wird
durch die Reduktion der Angst
häufiger.
Erwartung
•  Vermeidendes Verhalten schützt vor
dem Auftauchen der Angst.
•  Fehlende Überprüfung des
tatsächlichen Risikos der Situation
Stimulus
Zeit
Expositionstraining mit Reaktionsmanagement
•  Hervorrufen verschiedener Gefühle
•  Validierung und Bewältigung der
Gefühle
Angst / Anspannung
•  Erfahrung, dass die Angst auch
ohne Ritual nachlässt
Erwartung
•  Gewöhnungseffekt an die
Problemsituation
•  Aufgabe des Vermeidungsverhalten
•  Neue Risikobeurteilung der
Situation
Stimulus
Zeit
•  Positive Einschätzung eigener
Handlungsmöglichkeiten
•  Aufbau eines neuen
Verhaltensmuster
Kognitive Therapieansätze
•  Psychoedukation
•  Symptomebene
•  Neueinordnung der Zwangsgedanken als aufdringliche Gedanken
des Bewusstseinsstroms
•  Verlagerung des Problems von von einem potentiellen Risiko zu
problematischem Bewältigungsverhalten
•  Realistische Risikoeinschätzung
•  Katastrophisieren
•  Emotionale Distanzierung
•  Dysfunktionale Grundannahmen, Überzeugungen und Schemata
• 
• 
• 
• 
Identifikation
Lebensgeschichtliche Einordnung
Würdigen der Funktionalität der Zwänge
Modifikation und Entwicklung von Flexibilität
Psychotherapie bei Zwangsstörungen –
Empirische Belege
L.-G. Öst et al. / Clinical Psychology Review 40 (2015) 156–169
Table 2
Effect sizes (Hedges' g) on Y-BOCS for all OCD RCTs and divided on comparison conditions
for post-treatment assessments.
Comparison
k
All studies
CBT vs. WLC
CBT vs. placebo: all
CBT vs. placebo:
psychological
CBT vs. all active Tx
Individual vs. Group Tx
ERP vs. CT
ERP/CBT vs. Medication
ERP/ERP + Pla. vs.
ERP + Med
62
15
8
6
0.57
1.31
1.33
1.29
37
6
7
4
6
0.09
0.17
0.07
0.55
−0.25
g-Value
z-Value
Q-value
I2
0.39–0.75
1.08–1.55
0.91–1.76
0.76–1.81
6.20c
10.85c
6.18c
4.81c
305.4c
22.3
24.7b
21.3b
80
37
72
77
−0.05–0.22
−0.06–0.40
−0.15–0.30
0.05–1.04
−0.46–0.03
1.19
1.45
0.64
2.17a
1.71
70.5b
2.6
5.5
9.7a
5.1
49
0
0
69
0
95% CI
Regarding CSC the subgroup ana
Qbetween (df 5) = 12.66, p b 0.05. The th
Meta-Analyse
von
nation with medication gave similar
Ost
etwere
al., higher
2015 than for placebo or
which
As described in the Method section
7.0 to 14.3Effekte
points reduction
on Y
• from
Deutliche
von KVT
7 to 16
points on Y-BOCS. Me
• from
Keine/
minimale
that the proportion of response was
Unterschiede zw.
was (z = −4.17, p b 0.0001). For CSC
Einzel
– Gruppe,
higher
proportion
of CSC the more le
Expo
– Kognitiv
(z =
−1.64,
p = 0.10).
•  KVT überlegen gg.
3.3.7.
Moderator analyses
Medikation
The following continuous variables, f
ies provided information, were analyzed
ule in the CMA program using fixed
patients declining participation in the
starting treatment, proportion of dropo
age of the participants, proportion of p
ments concurrently with the CBT, wee
for the OCD RCTs. Regarding the overall ES the trim-and-fill method
sions, number of therapy hours, inten
• 
Aufrechterhaltung
der
Therapieerfolge
im
Langzeitverlauf
suggested that 9 studies should be trimmed which would reduce the
year of publication, and methodological
mean ES from 0.57 to 0.31. Concerning the Placebo-, Individual vs. Rufer
ing
etvariables
al., 2005 yielded a significant poin
group-, and ERP/CBT vs. medication two studies each should be
with higher proportion of women (z =
Note: k = number of comparisons. A positive g-value means that the first treatment in the
comparison is better and a negative g-value means that the second treatment is better.
a
p b 0.05.
b
p b 0.001.
c
p b 0.0001.
Psychotherapie der Zwangsstörung –
ACT
Achtsam
keit
Metakognitiv
KT
LT
VT
1950
1960
KVT
ERP
1970
Internettherapie
1980
1990
Subgruppen
2000
2010
Schema
therapie
S3 Leitlinie zur Pharmakotherapie
•  1. Wahl: SSRI
•  2. Wahl: Clomipramin
A
•  Vorgehen bei Nichtansprechen:
•  SSRI – Clomipramin, Adhärenz, Serumspiegel
Augmentation mit Antipsychotika
B
Hohagen et al., 2015
Antidepressiva mit
Serotonin-Wiederaufnahmehemmung
bei Zwangsstörungen
Behandlungsempfehlungen der SGZ
Substanz
Registrierte
Indikation
CH
Empfehlung
SGZ für
Erwachsene
Empfehlung
SGZ für Kinder
Jugendliche
Citalopram
Ja
Ja ++
(+)
Escitalopram
Ja
Ja ++
Fluvoxamin
Ja
Ja ++
+(+)
100 – 300 mg
Paroxetin
Ja
Ja ++
(+)
20 – 60 mg
Sertralin
Ja
Ja ++
++
150 – 200 mg
Fluoxetin
Nein
Ja ++
++
20 – 60 mg
Venlafaxin
Nein
(Ja)a
Ja
Ja ++b
Clomipramin
Empfohlene
Dosis
20 – 40 mg
20 – 20mg
150 – 300 mg
(+)
150 – 300 mg
++ = mind. 2 placebokontrollierte Studien; + = mindestens 1 kontrollierte Studie; (+) = mindestens 1 offene Studie
a Keine placebokontrollierte Studie, aber Vergleich mit Clomipramin und Paroxetin; b= aufgrund häufiger Nebenwirkungen 2.
Wahl
Augmentation mit Antipsychotika
•  Zeitlich begrenzter Therapieversuch in Kombination mit SRI
•  Niedrige Dosierung
•  Therapieeffekt nach 3-4 Wochen erkennbar
•  Günstige Daten aus Metaanalysen zu
•  Aripiprazol
•  Haloperidol
•  Risperidon
Dold et al., 2015
•  Empfohlen bei
•  Therapieresistenz
•  Magischen Zwangsinhalten
•  Begleitenden Tics
•  Cave Induktion von Zwängen unter atypischen Antipsychotika
Schirmbeck et al., 2015
Pathologisches Sammeln und Horten
DSM-V: Pathologisches Horten
a.  Anhaltende Schwierigkeit, Gegenstände wegzuwerfen oder
sich zu trennen, unabhängig von deren tatsächlichem Wert
b.  Empfundenes Bedürfnis, Gegenstände aufheben zu müssen,
und Unbehagen beim Wegwerfen
c.  Exzessive Anhäufung und Vermüllung des Lebensraums
d.  Damit verbundenes Leiden und Beeinträchtigungen im
Lebensalltag
e.  Nicht auf eine andere medizinische Erkrankung zurückzuführen
f. 
Kann nicht durch andere psychische Erkrankung erklärt
werden
g.  Mit/ ohne exzessive Anschaffung
h.  Grad der Einsichtsfähigkeit
Sammeln und Horten –
Epidemiologie und Verlauf
•  Weit verbreitetes menschliches Verhalten mit evolutionsbiologischem
Nutzen
•  Kontinuum der Ausprägung
•  Vorkommen als Krankheitssymptom in unterschiedlichen Kontexten
(Schizophrenie, Essstörungen, Hirnverletzungen, Zwangsstörungen,
zwanghafte Persönlichkeit, isoliert)
•  Lebenszeitprävalenz von 4%
•  Beginn mit 11 – 15 Jahren mit milder Ausprägung
•  Chronischer Verlauf
•  Ausgeprägte Symptomschwere ab mittlerem Lebensalter
•  76% Geschichte interpersoneller Gewalt, Beziehungsabbrüche
•  Verschlechterungen assoziiert mit traumatischen Lebensereignissen und
Stress
Ruscio et al., 2008; Samuels et al., 2008; Tolin et al., 2010
Sammeln und Horten –
Störungsmodell
•  Defizite der Informationsverarbeitung bzgl. Aufmerksamkeit,
Kategorisieren und Entscheiden
•  Hohe ängstliche Sensitivität und Intoleranz von Unsicherheit
•  Akt des Sammelns als Vermeidung emotionalen Stresses
durch Nicht-Sammeln
•  Ungewöhnliche Gedanken bezüglich Besitz
•  Angst der materiellen Deprivation
•  Sentimentale Anhaftung
•  Vermeidung, sich beim Wegwerfen falsch zu entscheiden und
unangenehmes Gefühl aushalten zu müssen
Frost et Steketee, 1996; Gordon et al., 2013; Grishan et al., 2009; Medley et al., 2013;
Steketee et Frost, 2003
Sammeln und Horten –
Therapieansätze
•  Exposition bzgl. Nichtanschaffen und Wegwerfen von
Gegenständen
•  Strategien zur Entscheidungsfindung und Organisation von
Aufbewahrung
•  Kognitive Bearbeitung von Themen wie ‚emotionale Anhaftung‘
und Folgen des Wegwerfens
Saxena & Maidment 2004, Steketee & Frost 2003
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
Genauigkeit
Pünktlichkeit
Verlässlichkeit
Ordnung
Verantwortung
Perfektionismus
Kontrolle
Rigidität
1.6
1.4
1.2
1
0.8
Fahrlässigkeit
0.6
Zwanghaftigkeit
0.4
0.2
0
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
(nach DSM-V)
1. 
Beschäftigt sich übermässig mit Details, Regeln, Listen, Ordnung,
Organisation oder Plänen, sodass das Wesentliche verlorengeht.
2. 
Perfektionismus, der die Aufgabenerfüllung behindert
3. 
Übermässige Verpflichtung an die Arbeit unter Ausschluss von
Freizeitaktivitäten und Freundschaften
4. 
Übermässig gewissenhaft, skrupulös und rigide in Fragen von
Moral Ethik oder Werten
5. 
Unfähigkeit, verschliessene oder wertlose Dinge wegzuwerfen
6. 
Widerwillige Bereitschaft zur Delegation, arbeitet lieber alleine
7. 
Geizig
8. 
Rigidität und Halsstarrigkeit
ZPS - Klinisches Bild
•  Häufigkeit von ca. 2%-8% in der Allgemeinbevölkerung
Matusiewicz, et al., 2010
•  Ich-Synton
•  Geringer emotionaler Zugang, überwiegendes Ärgerempfinden
•  Kommen nie zu Behandlung wegen der ZPS
•  Häufigste Gründe für den ärztlichen Kontakt
•  Verstimmung, Depression, „Burn out“
•  Angststörungen: GAS, Panik
•  Körperliche und psychosomatische Beschwerden
•  Alkohol- und Drogenmissbrauch /-sucht
•  Paar-Beziehungsprobleme
•  Probleme am Arbeitsplatz, andere Psychosoziale Konflikte
•  Essstörungen, Zwangsstörungen
Einflussfaktoren ZPS
•  Angeborene Temperament und Persönlichkeitsfaktoren
•  Hinweise auf mögliche verbale, emotionale oder physische
Misshandlung
•  Theorien: Erziehung
w zu strenge Sauberkeitserziehung in früher Kindheit
w strenge, kontrollierende Erziehung
w zu stark leistungsbezogene Erziehung
w auf Fehler fokussierte Erziehung
w zu wenig spürbare Emotionen
w emotionale Verwahrlosung
w...
Behandlung der ZPS
•  Ziele
•  Verständnis für die eigene Entwicklung
•  Erhöhung der Lebensqualität!
•  Vorgehen in Teilschritten
•  Erhöhung von Sicherheit und Entspannung
•  Abbau von Stress
•  Herausfinden eigener Bedürfnisse, Wünsche,
Empfindungen und Gefühle
•  Angestrebt wird
•  Flexibler Umgang mit Regeln und Prinzipien
Körperdysmorphe Störung
‚Obsession de la honte du corps‘
Janet, 1903
DSM-V: Körperdysmorphe Störung
a.  Übermässige Beschäftigung mit einem oder mehreren
wahrgenommen Mängeln im äusseren Erscheinungsbild, die
für andere nicht erkennbar sind oder nur geringfügig
erscheinen
b.  Wiederholende Verhaltensweisen als Reaktionen auf diese
Befürchtungen (z. B.: übertriebene Spiegelkontrolle,
Körperpflege) oder mentale Handlungen (z. B.: Vergleichen mit
anderen)
c.  Damit einhergehendes Leiden und Beeinträchtigungen im
Lebensalltag
d.  Kann nicht im Rahmen einer Essstörung erklärt werden
e.  Mit/ ohne Muskeldysmorphophobie
f.  Ausmass der Einsichtsfähigkeit
Körperdysmorphe Störung - Prävalenz
•  Allgemeinbevölkerung
•  1 – 2% Punktprävalenz in repräsentativer Gesundheitsbefragung in
Deutschland
Buhlmann et al., 2009; Rief et al., 2006
•  Stationäre psychiatrische Patienten
•  Meist unerkannt
•  Primäre Hospitalisation wegen Depression, Angststörungen u.
Substanzmissbrauch
•  5,8% von 432 konsekutiven Aufnahmen in US-Klinik (DSM-IV)
Veale et al., 2015
•  16% von 155 konsekutiven Aufnahmen in deutscher Klinik (DSM-IV)
Kollei et al., 2011
•  Kosmetische Chirurgie und Dermatologie
•  14 – 57% der Patienten (strukturierte Interviews)
de Bristo et al., 2016
Psychologie und Psychotherapie, Bergische Universität Wuppertal
e
Körperdysmorphe Störung –
Tab. 1 Lokalisation der häufigsten Makel bei über 500
Lokalisation der häufigsten
Makel
KDS-Patienten [2].
Beitrags ist es, das Störungsbild der körorphen Störung (KDS) zu beschreiben
erungen in den Diagnosekriterien und
ifikation
aufzuzeigen.
Es wird der aktuN=500
Patienten
tnisstand zur Epidemiologie, dem Verder Nosologie der Störung dargestellt.
erden Modelle der Entstehung und Aufltung der Störung sowie wirksame Besmöglichkeiten beschrieben.
ibung des Störungsbildes
on
KDS versteht man eine übermäßige Beng mit einem Makel in der äußeren Erg. Der Makel ist für andere Personen
hrnehmbar oder so geringfügig ausgeass die Beschäftigung damit deutlich
en ist. Betroffene leiden unter der überPhillips, 2005
Beschäftigung
mit dem Makel und sind
Körperregion
prozentuale Häufigkeit der betroffenen
Körperregionen
Haut
73
Haare
56
Nase
37
Gewicht
22
Bauch
22
Brust/Brustwarzen
21
Augen
20
Oberschenkel
20
Zähne
20
Beine (generell)
18
Körperstatur
16
Gesicht (generell)
14
Gesichtsform/Gesichtsgröße
12
Lippen
12
Po
12
Kinn
11
Augenbrauen
11
Hüfte
11
VNR
276051
Bibliog
DOI htt
10.1055
Psychot
64: 397
© Georg
Stuttgar
ISSN 09
Korresp
Dr. phil.
Psychos
Psychot
Universi
Schwab
91054 E
ines.koll
Körperdysmorphe Störung - Epidemiologie
•  Frauen und Männer gleich häufig betroffen
•  Frauen
•  Haut, Bauch, Gewicht
•  Männer
•  Genitalien, Körperbau (Muskeldysmorphophobie), Haare
•  Kontinuum der Einsichtsfähigkeit
Phillips et al., 2014
•  Beginn mit durchschnittlich 16 Jahren
•  Verlauf tendenziell chronisch mit
•  geringer Aussicht auf vollständige Remission
•  Hohe Rückfallwahrscheinlichkeit
Philips et al., 2013; Veale et al., 2015
Körperdysmorphe Störung – Klinisches Bild
•  Stille und verborgene Erkrankung
•  Betroffene denken 3 – 8 Stunden/ Tag über ihr Aussehen nach
Philips et al., 2005
•  Hohe generelle Scham
•  Speziell körperbezogene Scham
•  Therapeutische Ambivalenz
•  Häufige soziale Isolation
•  Ausgeprägte Komorbidität mit
• 
• 
• 
• 
Depressionen
soziale Phobie
Zwangsstörung
Substanzabusus
63%
32%
25%
8%
Gunstad et Phillips, 2003
•  Suizidrate 45-mal höher als in der Allgemeinbevölkerung
Phillips et al., 2006; Rief et al., 2006
Kognitiv-behaviorales Modell der körperdysmorphen Störung
Cognitive-behavioral BDD model
Life experiences
Ordinary appearance concerns
Childhood experiences, teasing,
family and cultural values
“My skin looks red”
Your mind as a filter
Personality traits and
core beliefs
(e.g., rejection sensitivity,
fear of negative evaluation,
perfectionism)
Selective attention
and overfocusing
Maladaptive
interpretations
“Staring at and
thinking about
my skin”
“My skin is so
disgusting; nobody
will ever love me”
Triggers
(e.g., stress, negative
comments, physical
changes during
adolescence,
negative mood)
Neurobiology and genetics
(e.g., preoccupation with
appearance might
run in the family)
Distressing feelings
(e.g., anxious, ashamed, disgusted, sad)
Self-defeating coping strategies
Avoidance (e.g., of social situations, of bright lights)
Rituals (e.g., mirror checking, makeup application
to check, hide, or improve appearance)
Wilhelm, 2006
Körperdysmorphe Störung – Chirurgische
und andere nicht-psychiatrische
Behandlungen
•  22 – 76,4% der Betroffenen suchen chirurgische,
dermatologische und kosmetische Behandlungen auf
•  66% der Betroffenen erhalten diese auch
•  Am häufigsten
•  Kollageninjektionen
•  Rhinoplastik
•  Microdermabrasionen
•  Brustvergrösserung
50%
37,7%
19,2%
8,2%
•  2,3% berichten Langzeitverbesserungen nach solchen
Behandlungen
•  Vorhandensein einer körperdysmorphen Störung sagt
Unzufriedenheit mit dem chirurgischen Resultat voraus
Crerand et al., 2010
Körperdysmorphe Störung - Psychotherapie
•  Metaanalyse von Williams et al., 2006
•  Insgesamt schwache Studienlage
•  Günstige Effekte bei kognitiver Verhaltenstherapie
•  Überlegenheit von KVT gegenüber Pharmakotherapie
•  Modulare Kognitive Verhaltenstherapie
•  Hohe Response (81%) mit signifikanten Effekten bzgl.
körperbezogener Symptomen, Depressivität, Einsicht und
allgemeinen Einschränkungen in randomisierter Studie
Wilhelm, Phililips,.., Steketee, 2014
•  ACT – Pilotstudie
•  Hohe Akzeptanz und günstige Effekte
Linde et al., 2015
Körperdysmorphe Störung –
Modulare kognitive Verhaltenstherapie
•  Psychoedukation und individuelles Störungsmodell
•  Aufbau von Therapiemotivation
•  Kognitive Interventionen
•  Alles-oder-Nichts-Denken, Übergeneralisieren
•  Neubewertungen, Bearbeitung von Einstellungen und Schemata
•  Achtsamkeit/ Wahrnehmungstraining
•  Öffnen der Wahrnehmung für einen gesamthaften Blick und die Aussenwelt
•  Expositionstraining mit Reaktionsverhinderung
•  Rückfallprophylaxe
•  Zusatzmodule
• 
• 
• 
• 
Zwanghaftes Hautzupfen und Haareausreissen
Besorgnis um muskulösen Körperbau/ Figur/ Gewicht
Zwanghaftes Aufsuchen von kosmetischen Behandlungen
Emotionsregulation
Wilhelm et al., 2011 und 2014
Körperdysmorphe Störung - Pharmakotherapie
•  Offene Studien und wenige kleine randomisierte Studien
•  Keine direkten Vergleiche zu KVT oder als add-on
•  Hinweise auf die Wirksamkeit von SSRIs mit einer
Latenz von 6-8 Wochen
•  Fluoxetin
•  Fluvoxamin
•  Escitalopram
•  Clomipramin
Review Phillips et Hollander, 2008
Trichotillomanie –
pathologisches Haareausreissen
DSM-V Trichotillomanie
a.  Wiederkehrendes Haareausreissen mit Haarverlust
b.  Widerholte Versuche, das Haareausreissen zu unterlassen
c.  Damit verbundenes Leiden und Lebensbeeinträchtigungen
d.  Haareausreissen und Haarverlust sind nicht die Folge einer
medizinischen Erkrankung
e.  Haareausreissen kann nicht durch eine andere psychische
Erkrankung erklärt werden
Trichotillomanie - Epidemiologie
•  Lebenszeitprävalenz 0,6 – 3,6% bei Erwachsenen
•  DD: Kleinkindliches Spielen mit den Haaren remittiert meist
spontan mit 4-5 Jahren
•  Frauen : Männern = 9 : 1
•  Beginn im Schnitt mit 13 Jahren
•  Häufig chronischer und fluktuierender Verlauf
Christensen et al., 1991; Hajak et al., 2006; Flessner et al., 2009
Trichotillomanie - Diagnostik
•  Klinisch
• 
• 
• 
• 
Irregulärer Haarverlust
Abgebrochene haare unterschiedlicher Länge
Erytheme und Entzündungszeichen
Kratzspuren
•  Messen des Haarverlustes
•  Fotos, Massband
•  Funktionelle Verhaltensanalyse
•  Fragebögen
•  Yale-Brown Obsessive-Compulsive Scale - Trichotillomanie
Trichotillomanie - Verhalten
•  Einfache und mechanische Bewegungen
•  Meist mit Daumen und Zeigefinger, seltener mit Pinzette
•  Vorausgehende Rituale
•  Kämmen, Haare befühlen, visuelles Absuchen der Haare
•  Typischerweise 1 – 2 Haare
•  Ausgesucht nach bestimmten Charakteristika wie Struktur,
Länge, Farbe
•  Nachfolgende Verhaltensweisen
•  Mit den Haaren spielen, darauf beissen, essen (Trichobezoar!)
•  Im Schnitt 45 Minuten / Tag
•  Typische Lokalisation
•  Kopfhaut, Augenbrauen und –lider, Schamhaare
Flessner et al., 2009; Woods et al., 2006
Trichotillomanie - Formen
• Automatisch – unbewusst (80%)
•  Passive Situationen wie Fernsehen, Lesen, Hausarbeit,
Vorlesung, Warten, Blick in den Spiegel
•  Angenehmes Gefühl
• Fokussiert – Bewusst
•  Zwanghaftes Haareausreisen aus einem Gefühl heraus, dass
diese nicht ganz richtig sein (Perfektionismus)
•  Getriggert durch aversive Emotionen oder Kognitionen
• Gemischt
•  Unbewusstes und bewusstes Haareausreissen
•  Am häufigsten
Woods et al., 2006
Trichotillomanie – klinisches Bild
•  Symptombezogene und körperliche Schamgefühle meist eher
sekundär aufgrund des Haarverlusts
•  Vermeidung von sozialen Situationen, Sport, Intimität und
medizinischen Untersuchungen
•  Camuflage
•  Einbezug von Angehörigen
•  Etwa die Hälfte verspürt Druck, auch die Haare von nahen Angehörigen
auszureissen
•  Ein Drittel tut es tatsächlich, meist bewusst
•  Ungünstige Effekte auf die Lebensqualität
(Beziehungen, Beruf, Sozialleben, finanziell)
Duke et al., 2009; Falkenstein et Haga, 2016; Weingarden et Renshaw, 2015; Woods et al., 2006
Trichotillomanie - Komorbidität
•  Über ein Drittel wird wegen weiterer psychischer Erkrankungen
behandelt
• 
• 
• 
• 
Angststörungen
Depressionen
Zwangsstörungen
ADHS
•  Etwa zwei Drittel zeigt eine weitere Zwangsspektrumsstörung
(Dermatillomanie, Nagelbeissen)
Stein et al., 2010; Walther et al., 2013; Woods et al., 2006
Trichotillomanie - emotionale Prozesse
Regulation
Emotionen
Haareausreissen
•  Zusammenhang der Schwere der
Trichotillomanie mit negativen
Emotionen, insbesondere
depressiven Empfindungen
•  Hinweise auf Alexithymie
•  Reduzierte psychische Flexibilität im
Umgang mit emotionalen
Empfindungen
•  Vermeidender emotionaler Stil
•  Beeinträchtigungen der Regulation
von positiven wie auch negativen
Emotionen
•  Fortbestehen der emotionalen
Schwierigkeiten auch nach
erfolgreicher Therapie
Houghton et al., 2014; Rufer et al., 2014; Roberts et al., 2014 (Rev); Shusterman et al., 2009;
Weidt et al., 2016; Wetterneck et al., 2016
Trichotillomanie - Störungsmodell
Externale Trigger
Haarbürste, Pinzette
Schlafzimmer
Spiegel
Begünstigende Faktoren
Alleinsein, Fernsehen,
Lesen, Klassenzimmer...
Konsequenzen
Internale Trigger
Sensorisch
Rauhes Haar, Farbe
Innerer
Drang
Haareausreissen
Negative Verstärkung
Erleichterung
Kognitiv
Warum sind Haare
so dicht?
Kann nicht aufhören..
Affektiv
Depressiv
Frustration
Langeweile
Anspannung
Positive Verstärkung
Angenehmes Gefühl
Etwas korrigiert
Hemmende Faktoren
In Gesellschaft, Sport
manuelle Tätigkeit
Trichotillomanie - Psychotherapie
•  Stimuluskontrolle
•  Habit Reversal Training
•  Selbsthilfeprogramme
•  Acceptance und Commitment Therapy
Twohig et Woods, 2004
•  Dialektisch Behaviorale Therapie
Keuthen et al., 2012
Reviews: Snorrason et al., 2015; Woods et Houghton, 2014
Stimuluskontrolle
Auslösende Stimuli
Intervention
Spiegel
Spiegel abdecken
Helles Licht
Licht dimmen
Arm aus der Lehne beim Sitzen auf
der Couch
In der Mitte der Couch sitzen
Monotone Tätigkeiten
Zeiten einschränken
Fingernägel
Handschuhe, Bandagen
Habit Reversal Training
•  Wahrnehmungstraining
•  Genaue Analyse was vor, während und nach dem
Haareausreissen passiert. Vorhandensein von Warnsignalen
•  Wahrnehmungsschulung mit Unterstützung des Therapeuten in
der Stunde
•  Konkurrenzierende Verhaltensweisen
•  Sobald die Hände zum z. B. Kopf gehen
•  Für 1 Minute
•  Faust ballen, auf den Händen sitzen, Hände in die Tasche
stecken
•  Soziale Unterstützung
•  Erinnerung an die konkurrenzierenden Verhaltensweisen
•  Positive Verstärkung für den Einsatz der konkurrenzierenden
Verhaltensweisen
Azirin et al., 1980
< 0.001), with less heterogeneity [Q(5) ¼ 11.47, p ¼ 0.04,
%].
relative to unblind self-report raters (SMD ¼ 1.11
difference was not statistically significant (p ¼ 0.09
was a significant association between number of t
tact hours and ES (p < 0.01). Fifth, there was no sig
ation between study methodological quality and
Finally, when examining BT treatment subtypes, a
ference emerged between trials that used core B
Wirksamkeit psychotherapeutischer
presentsVerfahren
results for moderator analyses. First, no sig-
ators of BT
sociation was observed between mean participant age
Fig. 2. Efficacy of behavior therapy relative to control conditions for the treatment of hair pulling severity.
Metananalyse von McGuire et al., 2014
•  Gutes Ansprechen auf Stiumuluskontrolle und Habit Reversal Training
•  Grössere Effektstärke bei Berücksichtigung emotionaler Aspekte
ference was identified across comparison conditions for
(SMD ¼ 2.14), PLBO trials (SMD ¼ 1.43), and AC trials
23, see Table 2).
trials (SMD ¼ 0.75, see Table 2).
4. Discussion
This study examined the efficacy of BT and SRIs for th
Trichotillomanie
Pharmakotherapie
ment effects of SRIs
ment of TTM, and explored treatment moderators. A large e
BT was found across RCTs for TTM. This is consistent with th
n in Fig. 3, a random effects meta-analysis identified a
meta-analysis (Bloch et al., 2007), and supports expert con
summary effect
of SRI medications
relative
to controlundthat
BT is an efficacious treatment for individuals wit
•  Insgesamt
geringe
Datenlage
Evidenz
(SMD ¼ 0.41, 95% CI: 0.06, 0.75, z ¼ 2.29, p ¼ 0.02). Visual
(Flessner et al., 2010). Moderator analyses revealed that trial
2
of the forest plot, Q statistic, and I indicated minimal
greater number of therapeutic contact hours exhibited lar
2
The relationship between increased number of therapy sess
eity among ES across trials [Q(5) ¼ 1.74, p ¼ 0.88, I ¼ 0%].
Meta-Analyse zu SSRIs (McGuire et al., 2014)
Fig. 3. Efficacy of serotonin reuptake inhibitors compared to control conditions for the treatment of hair pulling severity.
Spektrum: Symptomatologie
Gedanken
Rituale
Zwang
Körperdysmorphe St.
Trichotillomanie
Sammeln
Horten
Wiederkehrende
intrusive Gedanken,
Impulse, störend
Ich-dyston
Wiederkehrende
Gedanken um Körper
Ich-synton
Selten
Wenige um Besitz
Einfache mechanische
unbewusst – bewusst
Urge
Keine eigentlichen
Rituale
Einfache und
komplexe,
unterschiedliche,
mental – offen
situativ – gedankl.
Auf den Körper
bezogene Rituale,
Handlungen
Exzessives
Anschaffen
Vermeidungsverhalten
+++
++
-
-
Intention
Schaden verhindern,
genau richtig
Makel ausgleichen,
kaschieren
Gratifikation
Meist unbewusst,
etwas richten
Emotionaler
Bezug zu Besitz
Ausführung
Unangenehm
Unangenehm
Angenehm
Sammeln
angenehm
Effekt
C-
C-
C+, C-
C+
Spannungsabbau
Erleichterung
Evtl. Erleichterung
Abramowitz et al., 2015; Phillips et al., 2010, Stein et al., 2010
Spektrum: Verlauf, Komorbidität, Familarität
Zwang
Körperdysmorphe St.
Trichotillomanie
Sammeln
Horten
Beginn
Kindheit, Adoleszenz
Adoleszenz
Kindheit
Jugend, 40-50J.
Geschlecht
Gleich
Gleich
80-90% Frauen
Männer
Familarität
Zwänge fam. gehäuft
Aggregation Zwang,
MDD, Soziale Phobie,
GAD
fam. Gehäuft mit
Zwang- u.
Spektrumsst.,
häufiger MDD, SP
Genetik
5-HT-1A Transporter
Gemeinsamer Faktor
Komorbidität
Assoziation mit
Spektrum, aber
häufiger MDD, SP,
GAD
27,5% Zwang
Häufiger MDD, SP
Angst und MDD
häufiger als Zwang
Gehäuft Tics und
Zwang, MDD, SA,
GAD
Verlauf
Chronisch, episodisch
Chronisch
Chronisch
Chronisch, sit.
Verschlechterung
Einflüsse
Emotionale
Vernachlässigung,
leistungsbetonter
Erziehungsstil,
Traumata
Häufig Missbrauch,
Vernachlässigung
Keine Daten
Unsicherheit,
Vernachlässigung
Beziehungsabbrüche
50% familiär
Abramowitz et al., 2015; Phillips et al., 2010, Stein et al., 2010
Spektrum: Neurobiologische Korrelate
Zwang
Körperdysmorphe St.
Trichotillomanie
Sammeln
Horten
Neurotransmission
Serotonin
Dopamin
(Glutamat)
(Serotonin)
Neuronale
Substrate
Dysbalance
orbitofronto-striatalpallidal-thalamischer
Regelkreis
Keine Studien
Hinweise auf corticostriatalen
Regelkreislauf,
amygdalahippocampale
Formation
Fronto-limbischer
Regelkreis
Neuropsychologie
Exekutive Defizite:
Detailfokussierte
Motorische Inhibition
Exekutive
Inhibition v kognitiven, Wahrnehmung
Defizite:
Verhaltensprozessen, Selektive u. selbstAufmerksamkeit
Kontrolle und
fokussierte
Gedächtnis
Überwachung von
Aufmerksamkeit
Kategorisieren
Aufgaben
Flexibilität
Visuell-räumliche
Wahrnehmung und
Gedächtnis
Selektive
Wahrnehmung
Chamberlain et al., 2005; Deckersbach et al., 2010; Karch et Pogrell, 2011;
Li et al., 2010; Phillips et al., 2010, Stein et al., 2010
Klinische Hinweise
•  Behandlung im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplanes
•  Beachtung der Funktionalität
•  Förderung der emotionalen Wahrnehmung und Regulation
•  Scham
•  Psychoedukation, Gruppensetting
•  Wertschätzende und nicht wertende, sicherheitsgebende
Beziehungsgestaltung
•  Förderung einer mitfühlenden und freundlichen Haltung sich selbst gegenüber
(Achtsamkeit, ACT)
•  Perfektionismus
•  Klären der funktionalen Entwicklung
•  Kosten-Nutzen, Entwicklung von mehr Flexibilität
•  Einbezug der Angehörigen, Förderung von sozialen Kontakten
•  Soziale Reintegration
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Kompetenzzentrum für
Psychiatrie und Psychotherapie
am Zürichsee
Herunterladen